Genomtest für Original Braunvieh

Zucht
Genomtest für Original Braunvieh
FRANZ SEEFRIED, Qualitas
Die Original Braunviehzucht steht vor einem wichtigen Ereignis: ab August stehen genomische Zuchtwerte zur
Verfügung. Dank eines populationsübergreifenden Ansatzes mit BV/BS wird Genomik auch für OB möglich.
Zwei Töchter des Natursprungstieres Domini CH 120.0833.7281.7 auf dem Betrieb Adrian Schmidig, Muotathal. Domini wurde als Jungstier genomisch untersucht und erzielte ein sehr ansprechendes genomisches Resultat, das gute Töchter erwarten lässt.
Bilder: Braunvieh Schweiz
Die OB Zucht steht vor einem wichtigen Ereignis, denn
ab August stehen genomische Zuchtwerte zur Verfügung. Voraussetzung dafür ist eine Laboruntersuchung
(Typisierung), die unter Züchtern auch als «Genomtest» bekannt ist. Für den genomischen Zuchtwert
eines Kalbes werden sog. Effekte benötigt. Diese
stammen aus der Auswertung der Laborergebnisse von
Stieren mit Nachzuchtprüfung (NZP). Typisierte Stiere
mit NZP werden auch als Trainingsstiere bezeichnet.
Die Grösse der Trainingsgruppe ist der entscheidende
Faktor, ob bzw. wie gut Genomik für eine Population
funktioniert. Die Effekte sind umso genauer, je grösser
die Trainingsgruppe ist. So profitieren bisher v. a. grosse
Populationen (z. B. Brown Swiss oder Holstein) von der
genomischen Zuchtwertschätzung. Kleine Populationen haben alleine zu wenig Trainingstiere und müssen
nach wie vor ohne Genomik auskommen. Ein Lösungsansatz sind populationsübergreifende Modelle, in
denen genomische Effekte für kleine Rassen zusammen
mit einer möglichst nah verwandten grösseren Rasse
geschätzt werden. Im Rahmen eines vom Bundesamt
für Landwirtschaft geförderten Projekts wurde dies am
Beispiel von OB und BV/BS ausgewertet.
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Wie genau ist Genomik beim OB?
Auch beim OB sind genomische Zuchtwerte genauer
als die bisherigen Abstammungszuchtwerte. Merkmale
mit höherer Erblichkeit erreichen in der OB-Genomik
ordentliche Genauigkeiten. So hat der rein genomische
Zuchtwert im Merkmal Milch kg ein B% von 53.
Verglichen mit dem bisherigen System bedeutet dies,
dass ein typisiertes OB-Kalb ähnlich genau ist, wie
ein nachzuchtgeprüfter Stier mit 10 Töchtern à 10
Wägungen. Merkmale mit tiefer Erblichkeit erzielen auch
in der Genomik schlechtere Genauigkeiten (Nutzungsdauer B% 25). LBE-Merkmale erzielen im Schnitt ein
B% von 35 %, wenn gleich mit grossen Unterschieden
zwischen den Merkmalen: Sprunggelenksausprägung
B% 15, Euteraufhängung hinten Breite B% 44. Fleischmerkmale erzielen im Schnitt ein B% von ca. 40.
Spezielle Situation beim Original Braunvieh
Obwohl wegen der geschlossenen Reinzucht kein
Genfluss von BS zurück in die OB Population stattgefunden hat, bringt die grosse Schwesterpopulation
zusätzliche Genauigkeit für die OB-Genomik. 100 %
BS-Stiere dagegen werden je nach Merkmal (z. B.
Milch kg) von der Trainingsgruppe ausgeschlossen, da
CHbraunvieh Nr. 6 ∙ Juli/August 2014
Zucht
sie die Genauigkeit für OB senken. Daneben konnte
gezeigt werden, dass OB-Kühe in der Trainingsgruppe
von Vorteil sind. OB wird als erste Rasse in der Schweiz
genomische Zuchtwerte für Fleisch erhalten.
Was bekommt der OB-Züchter?
Der Züchter muss von dem zu untersuchenden Tier
eine Haarprobe zusammen mit dem Auftragsformular (siehe Homepage Braunvieh Schweiz) an die
Qualitas AG schicken. Anschliessend wird das Tier im
Labor untersucht. Als Ergebnis erhält der Züchter rund
6 Wochen später in allen Merkmalen (Milchleistung,
LBE, Fitness, und Fleisch) die genomischen Zuchtwerte.
Dies sind der DGZW (rein genomischer Zuchtwert) und
der GOZW (die Kombination aus dem herkömmlichen
Zuchtwert und dem DGZW).
In der Laboruntersuchung sind neben den genomischen Zuchtwerten eine Reihe zusätzlicher Tests
enthalten. Für OB sind das Kappa Kasein und das Beta
Kasein A2 (Aufpreis von 10 Fr.) von Bedeutung. Neben
dem Kappa Kasein wird v.a. im nordamerikanischen
Raum das Milcheiweiss Beta Kasein A2 immer häufiger
untersucht. Es steht in der Diskussion, einen Effekt
auf die menschliche Gesundheit (Diabetes) zu haben.
Man unterscheidet drei Typen A1A1, A1A2 und A2A2
wobei A2A2 der beste Typ ist.
Potenzial für Verbesserungen
Ein einfacher Weg für eine Verbesserung der Genauigkeit ist die Vergrösserung der Trainingsgruppe. Allerdings ist der Grossteil der verfügbaren OB-Stiere mit
NZP inzwischen typisiert. Die grosse Chance liegt daher
in Zukunft in der aktiven Mitarbeit der OB-Züchter.
Es ist empfehlenswert, dass OB-Züchter noch derzeit
aktive, nicht typisierte Natursprungstiere typisieren
lassen, da diese Stiere als Trainingsstiere verwendet
werden, sobald ihre NZP vorliegt. Entsprechendes gilt
für genotypisierte weibliche Tiere, da OB-Kühe in der
Trainingsgruppe von Vorteil sind. Daher trägt jede typisierte OB-Kuh zu einer Verbesserung der Genauigkeit
bei. Dies kommt schlussendlich der ganzen OB-Population zu gute. Es wäre wünschenswert, wenn möglichst
viele OB-Züchter weibliche Tiere typisieren liessen.
Wie soll der Züchter den Genomtest
anwenden?
Ein zentraler Punkt in der Anwendung ist das Verhältnis
selektierte zu typisierte Kälber. Pro Jahr wurden bisher
rund 300 OB-Stierkälber zur Zucht aufgezogen.
Genomik wirkt sich nur positiv auf den Zuchtfortschritt
aus, wenn zukünftig mehr als 300 OB-Stierkälber
typisiert werden. Denn nur dann dienen genomische Zuchtwerte als Auswahlkriterium für die später
tatsächlich zur Zucht eingesetzten Stiere. Im übertragenen Sinn bedeutet dies für den einzelnen Betrieb, der
z. B. 2 Stierkälber aufziehen möchte, dass er minimal 3
Stierkälber genomisch untersuchen sollte. Die Doppelnutzung Milch / Fleisch kommt der OB-Zucht in der
Anwendung der Genomik sicher entgegen. Denkbar
ist, dass Stierkälber mit schwachen genomischen
Werten in Milch / LBE aber guten genomischen Werten
in den Fleischmerkmalen als Zuchtstiere in die Fleischlinie übergehen. Diese Möglichkeit existiert für die
Züchter von reinen Milchrassen nicht. www.braunvieh.ch ➔ Zuchtwertschätzung
[email protected]
Milton Medina
(E: Egli Hanspeter,
Trachslau, Z: Steiner
Gabriel, Alpthal) ist
die Mutter des genomisch interessanten
Jungstieres Domini.
Nr. 6 ∙ Juli/August 2014 CHbraunvieh
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