Kapitel 9 Darstellungen von Gruppen Werden die Elemente einer Gruppe und ihre Gruppenoperationen isomorph auf eine konkrete algebraische Struktur abgebildet, dann sprechen wir von einer Realisierung der Gruppe. Erfolgt diese durch lineare Abbildungen auf einem Vektorraum V, so nennt man sie Darstellung der Gruppe. Man sollte aber zwischen einer Gruppe und ihren Darstellungen unterscheiden. Die Gruppeneigenschaften sind universell und unabhängig von den Darstellungen der Gruppe. Eine Gruppe wird im Allgemeinen viele Darstellungen haben. So lassen sich die Drehungen im Euklidschen Raum E3 durch 3−dimensionale Matrizen darstellen; diese sind jedoch nicht die Gruppenelemente selbst, sondern nur eine von unendlich vielen Darstellungen. 9.1 Darstellungen In der Physik sind es gerade die Darstellungen von Gruppen, die gebraucht werden. In der Klassischen Mechanik zum Beispiel die 3-dimensionale Darstellung der Drehgruppe und in der Quantenmechanik alle Darstellungen der Drehgruppe, Lorentzgruppe oder Kristallgruppen. Einzelne Darstellungen können weitere Eigenschaften (z.B. Unitarität) aufweisen, die nicht allgemein für die Gruppe gelten. Auch können bei einer (nicht-treuen) Darstellung Eigenschaften der Gruppe „verloren gehen“. Darstellungen sind Realisierungen der Gruppenelemente als invertierbare lineare Abbildungen V → V eines K-Vektorraums. Diese Gruppe wird mit GL(V) bezeichnet. Nach Wahl einer Basis im n-dimensionalen Vektorraum V kann GL(V) mit der allgemeinen linearen Gruppe GL(n,K) der invertierbaren Matrizen identifiziert werden. Definition 37 (Darstellung) Eine Darstellung D einer Gruppe G auf einem linearen Raum V ist ein Gruppenhomomorphismus D : G −→ GL(V), g −→ D(g) . Eine Darstellung respektiert die Gruppenstruktur, D(g1 g2 ) = D(g1 )D(g2 ), D(e) = 1 =⇒ D(g −1 ) = D−1 (g) . 122 9. Darstellungen von Gruppen 123 9.1. Darstellungen V heißt Trägerraum der Darstellung und dimV Dimension der Darstellung. Eine Darstellung ist eine spezielle Links-Gruppenwirkung mit einem linearen Raum als Wirkungsmenge. Entsprechend nennt man eine injektive Darstellung auch treu. Eine treue Darstellung ist ein Gruppenisomorphismus D : G → Bild(G) ≤ GL(V) und Kern(D) = e ∈ G. Nach Wahl einer Basis in V werden die D(g) zu Matrizen. Es gibt immer die triviale Darstellung, die alle Gruppenelemente auf die Eins-Matrix abbildet. Dabei geht jegliche Information über die Gruppe verloren. Der andere Extremfall sind die treuen Darstellungen bei denen alle Eigenschaften der Gruppe erhalten werden. e2 σ e1 Darstellungen von D3 : Wir stellen die Drehungen und Spiegelungen des gleichseitigen Dreiecks durch lineare Abbildungen auf R2 dar. Die Drehung c3 um 2π/3 und die Spiegelung σ an der Senkrechten erzeugen die Diedergruppe D3 . Es genügt, die Darstellungsmatrizen D2 (g) für erzeugende Elemente anzugeben. Wir wählen eine kartesische Basis e1 , e2 in R2 und setzen X ei −→ D2 (g) ei = ej Dji (g) . j c3 Die Spalten der Darstellungsmatrizen (Dji ) sind die Bilder der Basisvektoren. Das Element c3 beschreibt eine Drehung um ϕ3 ≡ 2π/3, und wird durch ! cos ϕ3 − sin ϕ3 D2 (c3 ) = sin ϕ3 cos ϕ3 (9.1) dargestellt. Das Element σ ist die Spiegelung an der Senkrechten durch den Schwerpunkt und wird durch die Matrix ! −1 0 D2 (σ) = (9.2) 0 1 dargestellt. Dies ist eine treue Darstellung von D3 und wir bezeichnen sie mit D2 . Der Index 2 bezeichnet die Dimension der Darstellung. Des Weiteren gibt es auch noch die Einsdarstellung D11 , für die D11 (c3 ) = D11 (σ) = 1 =⇒ D ≡ 1 (9.3) ist, und die ebenfalls eindimensionale alternierende Darstellung D12 = det D2 (g) mit D12 (c3 ) = 1 und D12 (σ) = −1 . (9.4) Die alternierende Darstellung ordnet den Drehungen die 1 und den Spiegelungen die −1 zu. Allgemein gilt: Für jede Darstellung D ist auch g → det D(g) eine (ein-dimensionale) Darstellung: det D(g1 g2 ) = det D(g1 )D(g2 ) = det D(g1 ) det D(g2 ) . ———————————— A. Wipf, Symmetrien in der Physik 9. Darstellungen von Gruppen 9.2 9.2. Reguläre Darstellung 124 Reguläre Darstellung Die reguläre Darstellung einer endlichen Gruppe enthält alle Darstellungen der Gruppe. Deshalb ist ihr Verständnis auch so wichtig für die Darstellungstheorie. Man konstruiert die n-dimensionale reguläre Darstellung g → R(g) einer Gruppe G der Ordnung n wie folgt: Die Spalten der Gruppentafel werden derart umgeordnet, daß das Einselement e nur noch auf der Diagonalen auftritt: G e g2−1 g3−1 ... gn−1 e e g2−1 g3−1 ... gn−1 g2 g2 e g2 ◦ g3−1 ... g2 ◦ gn−1 g3 .. . g3 .. . g3 ◦ g2−1 .. . e .. . ... ... g3 ◦ gn−1 .. . gn g2−1 ... e gn gn ◦ gn ◦ g3−1 Nun wird dem Element gi diejenige n×n -Matrix R(gi ) zugeordnet die man erhält, wenn man in der obigen Gruppentafel überall gi durch 1 ersetzt und die anderen Elemente durch 0. Insbesondere ist R(e) = 1n . Reguläre Darstellung von D4 Die Gruppentafel für die auf Seite 19 eingeführte Diedergruppe D4 hat folgende Gestalt: D4 e c34 c2 c4 σv σv0 σd σd0 e e c34 c2 c4 σv σv0 σd σd0 c4 c4 e c34 c2 σd0 σd σv σv0 c2 c2 c4 e c34 σv0 σv σd0 σd c34 c34 c2 c4 e σd σd0 σv0 σv σv σv σd0 σv0 σd e c2 c4 c34 σv0 σv0 σd σv σd0 c2 e c34 c4 σd0 σv0 c34 c4 e c2 c4 c34 c2 e σd σd σv σd0 σd0 σv0 σd σv Entsprechend werden die Drehung c4 und Spiegelung σv wie folgt dargestellt: 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 R(c4 ) = 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 0 0 ———————————— A. Wipf, Symmetrien in der Physik 0 0 1 0 0 , 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 R(σv ) = 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 . 0 0 0 0 9. Darstellungen von Gruppen 9.3. Äquivalente Darstellungen 125 Man prüft leicht nach, dass diese Matrizen in der Tat die Gruppe D4 darstellen, R4 (c4 ) = R2 (σv ) = 18 und R(σv )R(c4 )R(σv )R(c4 ) = 18 . Nach diesem Beispiel wenden wir uns wieder der allgemeinen Situation zu. Da verschiedene Spalten der Gruppentafel verschiedene Permutationen der Gruppenelemente enthalten ist die reguläre Darstellung treu. Jede Spalte enthält genau eine 1 und sonst lauter Nullen und hat damit die Norm 1. In verschiedenen Spalten steht die 1 an anderen Stellen und die Spaltenvektoren sind senkrecht zueinander. Dies bedeutet, dass die Darstellungsmatrizen R(g) orthogonale Matrizen sind für alle g ∈ G: Die reguläre Darstellung g → R(g) ist eine orthogonale treue Darstellung der Gruppe G. Um die Darstellungseigenschaft zu beweisen notieren wir, dass Rkj (gi ) = 1 genau dann, wenn gk ◦gj−1 = gi ist oder wenn gk = gi ◦ gj gilt. Wir folgern gi ◦ gj = n X Rpj (gi )gp , (9.5) p=1 und mit der Assoziativität der Gruppenverknüpfung folgt X X X gi ◦ (gj ◦ gk ) = gi ◦ Rpk (gj )gp = Rpk (gj )gi ◦ gp = Rpk (gj )Rqp (gi )gq p = (gi ◦ gj ) ◦ gk = p X pq Rqk (gi ◦ gj )gq =⇒ R(gi )R(gj ) = R(gi ◦ gj ) . (9.6) s Deshalb ist die Abbildung g → R(g) eine treue Darstellung der Gruppe G in die Gruppe SO(|G|, Z2 ). 9.3 Äquivalente Darstellungen Wechseln wir die Basis in V, so wird derselben linearen Transformation eine andere Matrix zugeordnet, die über eine Ähnlichkeitstransformation aus der ersten hervorgeht. Zwei Matrixdarstellungen, die sich nur durch einen Basiswechsel unterscheiden heißen äquivalent und sollen identifiziert werden. e2 f2 Wir könnten zum Beispiel zur Beschreibung der Decktransformationen des Dreiecks eine gedrehte Basis f 1 , f 2 benutzen: Die Basen {ei } und {f i } sind durch eine invertierbare lineare Transformation verbunden ei = f j S ji , y2 x2 e1 x1 y1 f1 ———————————— A. Wipf, Symmetrien in der Physik wobei die Summenkonvention gelten soll. Es folgt, dass die Koordinaten für r = xi ei = y i f i folgendermaßen zusammenhängen: y i = S ij xj bzw. y = Sx . 9. Darstellungen von Gruppen 9.3. Äquivalente Darstellungen 126 In der Basis ei werde dem Gruppenelement g die Matrix D(g) zugeordnet, x −→ D(g)x . Dann gilt y = Sx −→ SD(g)x = SD(g)S −1 y ≡ D̃(g)y . Wie erwartet, gehen die Darstellungsmatrizen D̃(g) durch eine Ähnlichkeitstransformation aus den D(g) hervor, D̃(g) = SD(g)S −1 . (9.7) Diese Konjugation ist eine Äquivalenzrelation, wie wir früher besprochen haben. Die Gruppeneigenschaften dieser beiden äquivalenten Darstellungen sind natürlich gleich D̃(g1 )D̃(g2 ) = SD(g1 )D(g2 )S −1 = SD(g1 g2 )S −1 = D̃(g1 g2 ) . Äquivalente Darstellungen sind wirklich dieselben Darstellungen und sollten identifiziert werden. Ist umgekehrt eine Darstellung gegeben, dann können wir immer unendliche viele äquivalente Darstellungen der Gestalt SD(g)S −1 angeben. Bei der Klassifizierung von Darstellungen kann es sich also nur um die Klassifizierung von inäquivalenten Darstellungen handeln, also Darstellungen die nicht über eine Ähnlichkeitstransformation auseinander hervorgehen. Natürliche dreidimensionale Darstellung von D3 : Wir geben jetzt noch eine dritte Darstellung der Symmetriegruppe D3 des gleichseitigen Dreiecks an. Diese ist bekanntlich isomorph zur Permutationsgruppe S3 , die nun auf eine kartesische Basis von R3 wirke. Unter c3 werde e1 in e2 , e2 in e3 und e3 in e1 abgebildet. Dies ist eine Drehung um die Achse e1 + e2 + e3 mit Winkel 2π/3. Diese lineare Abbildung ist links in Abbildung 9.1 gezeigt. D3 (σ) vertausche dagegen e2 und e3 und ist damit eine Spiegelung an der grau schattierten Ebene in Abbildung 9.1, aufgespannt durch e1 und e2 + e3 . Man erhält 1 0 0 0 0 1 D3 (c3 ) = (9.8) 1 0 0 und D3 (σ) = 0 0 1 . 0 1 0 0 1 0 Die restlichen Darstellungsmatrizen können aus der Multiplikationstabelle, die wegen der Darstellungseigenschaft dieselbe wie diejenige der {g} ist, abgelesen werden. Alle Matrizen D3 (g) sind orthogonal und unimodular. Die Diedergruppe D3 hat folgende Darstellungen: • die eindimensionale Einsdarstellung D11 , • die eindimensionale alternierende Darstellung D12 , • die zweidimensionale Darstellung D2 , • die dreidimensionale natürliche Darstellung D3 . ———————————— A. Wipf, Symmetrien in der Physik 9. Darstellungen von Gruppen 9.4. Reduzible Darstellungen e3 127 e3 D(c6 ) D(σ) e2 e1 e2 e1 Abbildung 9.1: Zur dreidimensionalen Darstellung der Diedergruppe D3 9.4 Reduzible Darstellungen Anhand der dreidimensionalen Darstellung von D3 wollen wir uns dem Begriff einer reduziblen Darstellung nähern. Unter der √ Drehung D3 (c3 ) und der Spiegelung D3 (σ) und damit unter allen D3 (g) ist der von f 1 = (e1 + e2 + e3 )/ 3 aufgespannte eindimensionale Unterraum invariant. Wir ergänzen f 1 folgendermaßen zu einer orthonormierten Basis 1 f 1 = √ (e1 + e2 + e3 ) , 3 1 f 2 = √ (e2 − e3 ) , 2 1 f 3 = √ (−2e1 + e2 + e3 ) . 6 Die Transformation auf die neue Basis f i = ej (S −1 )ji geschieht mit der orthogonalen Matrix √ 2 0 −2 √ 1 √ T −1 S −1 = √ 2 3 1 mit S = S . 6 √ √ 2 − 3 1 Bezüglich der neuen Basis haben die Darstellungsmatrizen D̃ = SDS −1 die Form 1 0 0 1 0 0 D̃3 (c3 ) = 0 cos ϕ3 − sin ϕ3 und D̃3 (σ) = 0 −1 0 . 0 sin ϕ3 cos ϕ3 0 0 1 (9.9) (9.10) (9.11) Wir folgern, dass alle linearen Abbildungen nicht nur den von f 1 aufgespannten eindimensionalen Unterraum invariant lassen, sondern auch den von {f 2 , f 3 } aufgespannten dazu orthogonalen Unterraum. Auf dem ersten Unterraum ist D3 die Einsdarstellung und auf dem zweiten Unterraum die Darstellung D2 . Die natürliche Darstellung ist reduzibel. Definition 38 (irreduzible Darstellungen) Eine Darstellung heißt irreduzibel, falls V keinen echten Teilraum hat, der unter allen D(g) invariant ist. ———————————— A. Wipf, Symmetrien in der Physik 9. Darstellungen von Gruppen 9.4. Reduzible Darstellungen 128 Die Darstellung D2 ist offensichtlich irreduzibel. Dagegen zerfällt der Trägerraum der dreidimensionalen Darstellung D3 in zwei orthogonale Teilräume der Dimensionen 1 und 2, V = V1 ⊕ V2 . Jeder der beiden Unterräume wird von allen linearen Abbildungen in sich abgebildet, D3 : Vi → Vi , i = 1, 2. Auf V1 ist D3 gleich D11 und auf V2 gleich D2 . Man schreibt D3 = D11 ⊕ D2 , dim D3 = dim D11 + dim D2 . (9.12) Ausreduktion von Darstellungen: Nun wollen wir auf Darstellungen D(g) : V → V von beliebigen Gruppen verallgemeinern. Ist eine Darstellung nicht irreduzibel, dann heißt sie reduzibel . Eine reduzible Darstellung hat einen echten invarianten Teilraum in V. Sei nun V1 ein m-dimensionaler echter invarianter Teilraum von V, d.h. jedes D(g) bildet einen Vektor in V1 wieder auf einen Vektor in V1 ab. Wird die Basis so gewählt, dass die ersten m Vektoren V1 aufspannen, so haben die Darstellungsmatrizen der reduziblen Darstellung die Gestalt D1 (g) H(g) , g −→ D(g) = (9.13) 0 D2 (g) wobei D1 eine m-dimensionale und D2 eine (n − m)-dimensionale Matrix ist. Ist speziell H(g) = 0 für alle Gruppenelemente, dann zerfällt die Darstellung D in zwei Darstellungen D1 und D2 und D1 (g) 0 . g −→ 0 D2 (g) Man schreibt D = D1 ⊕D2 . Dieses Verfahren lässt sich möglicherweise fortsetzen, so dass die darstellenden Matrizen in einem geeigneten Koordinatensystem weiter zerfallen: D1 (g) 0 0 ... 0 D2 (g) 0 . . . 0 0 g −→ D(g) = (9.14) .. . .. .. . . . 0 0 0 . . . Dm (g) Die Zerlegung bricht ab, wenn in keinem der invarianten Teilräume V1 , . . . , Vm ein echter invarianter Teilraum existiert. Definition 39 (vollreduzible Darstellung) Eine Darstellung, die irreduzibel ist oder in lauter irreduzible Darstellungen zerfällt, heißt vollreduzibel. Es gibt Gruppen mit nicht-vollreduziblen Darstellungen für die H(g) nicht verschwindet. Die obigen Darstellungen der Diedergruppe sind aber alle orthogonal und damit unitär D† (g) = D−1 (g), und für unitäre Darstellungen haben wir den folgenden Satz 44 Jede unitäre Darstellung ist vollreduzibel. ———————————— A. Wipf, Symmetrien in der Physik 9. Darstellungen von Gruppen 9.5. Darstellungen von Gruppen mit Mittelbildung 129 Beweis: Ist D irreduzibel, so ist nichts zu beweisen. Sei also V1 eine echter invarianter Teilraum von V und W = V1⊥ das unitär-orthogonale Komplement von V1 , W = {w ∈ V|(w, V1 ) = 0} . V1 und W spannen V auf. Jeder Vektor von v ∈ V lässt sich auf eindeutige Weise durch einen Vektor aus v1 ∈ V1 und einen Vektor aus w ∈ W zusammensetzen, v = v1 + w. Nun ist wegen der Unitarität von D(g) (D(g)w, v1 ) = w, D† (g)v1 = w, D(g −1 )v1 = 0 für alle g ∈ G, da D(g −1 )v1 nach Voraussetzung in V1 liegt. Damit liegt mit w auch D(g)w im Unterraum W. Deshalb ist das orthogonale Komplement jedes invarianten Unterraums ebenfalls invariant. Diese Verfahren kann nun fortgesetzt werden, falls ein echter invarianter Teilraum von W existiert. Schließlich erhält man einen Zerfällung der Darstellung in lauter irreduzible Bestandteile. 9.5 Darstellungen von Gruppen mit Mittelbildung In fast allen Anwendungen der Gruppentheorie in der Physik hat man es mit Gruppen zu tun, die eine Mittelbildung für komplexwertige Funktionen f : G → C besitzen. Dann ist folgende Beobachtung für die Darstellungstheorie sehr wichtig: Die Mittelbildung definiert ein invariantes Skalarprodukt für Funktionen auf der Gruppe, (f1 , f2 ) = M f¯1 · f2 , f1 , f2 : G −→ C . (9.15) ? Überzeugen Sie sich davon, dass (f1 , f2 ) die Eigenschaften eines Skalarprodukts hat. Es ist invariant bezüglich der Links- und der Rechtstranslation. Nun gilt der nützliche Satz 45 Jede Darstellung einer Gruppe mit Mittelbildung auf einem Vektorraum mit Skalarprodukt (., .) ist zu einer unitären Darstellung äquivalent. In anderen Worten: Wir können in V immer eine Basis finden, bezüglich der die Matrizen D(g) unitär sind. Beweis: Die dem Beweis zugrunde liegende Idee der Summation über die Gruppe geht auf Hurwitz zurück. Wir bilden folgende quadratische Form auf V: n o h(x) = M D(g)x, D(g)x = x, M D† (g)D(g) x = (x, Qx), x ∈ V . {z } | ≥0 Als Summe von positiven und hermiteschen Formen ist die Form Q positiv und hermitesch, h(x 6= 0) > 0 und Q = Q† , und aufgrund der Translationsinvarianz der Mittelbildung invariant n n o o h D(g̃)x = M D(g)D(g̃)x, D(g)D(g̃)x = M D(gg̃)x, D(gg̃)x = h(x) . ———————————— A. Wipf, Symmetrien in der Physik 9. Darstellungen von Gruppen 9.5. Darstellungen von Gruppen mit Mittelbildung 130 Nun benutzen wir noch, dass für jede positive hermitesche Form h(x) eine Basis existiert, bezüglich welcher h die Normalform hat, X h(y) = ȳi yi . Nach Wahl dieser Basis sind alle darstellenden Matrizen unitär, D† (g) = D−1 (g). 9.5.1 Komplex-konjugierte, reelle und pseudo-reelle Darstellungen Ist g → D(g) eine beliebige Darstellung einer Gruppe auf einem komplexen Vektorraum, dann erhält man durch komplexe Konjugation der Matrizen g 7→ D∗ (g) (9.16) wieder eine Darstellung der Gruppe. Es ist die komplex konjugierte Darstellung. Der Beweis ist einfach: D∗ (e) = 1∗ = 1, ∗ D∗ (g1 g2 ) = (D(g1 )D(g2 )) = D∗ (g1 )D∗ (g2 ) . (9.17) ? † Warum definieren g 7→ D (g) und g 7→ D −1 (g) keine Darstellungen? Definition 40 Ist eine Darstellung äquivalent zu einer Darstellung mit reellen Matrizen, dann heißt sie reell. Sind die Darstellungen D und D∗ äquivalent, dann heißt D pseudo-reell. Offensichtlich ist jede reelle Darstellung auch pseudo-reell. Für eine pseudo-reelle Darstellung existiert eine Matrix S mit D∗ (g) = SD(g)S −1 , für alle g ∈ G . (9.18) Man kann beweisen, dass für eine unitäre Darstellung die Matrix S symmetrisch oder antisymmetrisch gewählt werden kann. SU(2) ist pseudoreell Eine beliebige Matrix in SU(2) hat die Darstellung (7.8). Diese haben die Eigenschaft σ2 U σ2 = U ∗ , (9.19) was bedeutet, dass die Gruppe pseudo-reell ist. Die unitäre Matrix S = σ2 ist antisymmetrisch. Man kann beweisen, dass die Darstellung nur pseudo-reell und nicht reell ist. ———————————— A. Wipf, Symmetrien in der Physik
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