Chronisch entzündliche Darmerkrankungen 156 4 Morbus Crohn zu resezieren, um ein Rezidiv zu vermeiden. Darüber hinaus sind derartige Abszessbildungen häufig mit Stenosen vergesellschaftet (Jürgens et al. 2010). Therapierefraktärer Verlauf Die Operation ausschließlich aufgrund eines therapierefraktären Verlaufs und nicht aufgrund einer Stenose bzw. Fistel ist sehr selten indiziert, da mit der modernen immunsuppressiven Therapie i. d. R. doch eine Remission erzielte werden kann. Die Strategie beim therapierefraktären Verlauf entspricht dem Vorgehen bei Stenosen. Hier sollten sparsame Resektionen erfolgen, um unnötigen Darmverlust zu vermeiden. Zu berücksichtigen ist, dass bei Operationen wegen eines therapierefraktären Verlaufs die Patienten oft mit einer signifikanten immunsuppressiven Medikation zur Operation gelangen. Insbesondere bei hohen Steroiddosierungen ist von einem erhöhten Komplikationsrisiko auszugehen. Dies sollte bei der Verfahrenswahl berücksichtigt werden. 4.3.4 Operationstechnische Aspekte Anastomosen Bei MC sind alle gängigen Anastomosierungstechniken vertretbar. Dies bedeutet, es kann sowohl ein- oder zweireihig, fortlaufend oder in Einzelknopftechnik, mit oder ohne Rückstich anastomosiert werden. Des Weiteren sind auch Klammernahtanastomosen, sofern sie wie die anderen korrekt technisch durchgeführt werden, sehr sicher. Insgesamt ist per se nicht von einer erhöhten Anastomoseninsuffizienz gerade bei MC auszugehen. Allerdings gibt es bei der Crohn-Chirurgie mehrere mögliche Cofaktoren, die das Risiko erhöhen. Dies betrifft die perioperative Medikation, Anastomosen in entzündeten Darmabschnitten sowie Anastomosierungen vor weiterbestehenden Stenosen. Es gibt einige Hinweise, dass die Anlage einer weiten Anastomose mit einem großen Lumen vorteilhaft ist, weil es bei Remanifestationen des MC in der Anastomose und nachfolgenden Fibrosierungen/Narbenkontraktionen bei großem Lumen länger dauert, bis es durch die narbigen Einengungen wieder zu Stenosen mit Symptomatik kommt. Bei der Ana stomosierung ist darauf zu achten, dass diese im makroskopisch entzündungsfreien Darmabschnitt vorgenommen wird. In der Regel ist dies gegeben, wenn die Anastomose ca. 2 cm vom makroskopisch äußerlich entzündeten Darm entfernt platziert wird (Fazio et al. 1996). Ein mikroskopisch freier Resektionsrand ist unnötig und führt nicht zu besseren Langzeitergebnissen. Onkologisch-radikale Resektionen mit großem Sicherheitsabstand sind ebenfalls unnötig und sollten wegen des damit verbundenen größeren Darmverlustes unbedingt vermieden werden. Strikturoplastiken Strikturoplastiken haben den Vorteil, dass sie es ermöglichen, ohne Darmverlust eine Erweiterung von Stenosen herbeizuführen. Hierzu existieren unterschiedliche Techniken. Neben der Strikturoplastik nach Heineke-Mikulicz gibt es die Strikturoplastik nach Finney bei längerstreckigen Stenosen (▶ Abb. 4-8) sowie die Seit-zu-Seit-isoperi staltische Strikturoplastik, die von Michelassi 1996 beschrieben wurde (▶ Abb. 4-9). Zu beachten ist, dass bei der Strikturoplastik das entzündete Areal auf keinen Fall entfernt wird und deshalb anschließend eine Fortsetzung einer medikamentösen Therapie einzuplanen ist. Des Weiteren sollte die Strikturoplastik nicht bei Colonstenosen vorgenommen werden, da hier immer mit Stange: Entzündliche Darmerkrankungen. ISBN: 978-3-7945-3081-6. © Schattauer GmbH 157 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen 4.3 Chirurgische Therapie a b Abb. 4-8 Techniken der Strikturoplastik. a Strikturoplastik nach Heinecke-Mikulicz. Hier wird die kurzstreckige Stenose längs inzidiert und quer vernäht. b Strikturoplastik nach Finney. Diese ist für längerstreckige Stenosen geeignet. Problematisch ist, dass bei der Finney-Plastik ein Blindsack entstehen kann, weshalb im eigenen Vorgehen der Strikturoplastik nach Michelassi (▶ Abb. 4-9) der Vorzug gegeben wird. Allerdings muss bei der Plastik nach Michelassi das Mesenterium durchtrennt werden, was bei der Finney-Plastik entfällt. einem Malignitätsrisiko zu rechnen und eine Tumoreröffnung durch eine Strikturoplastik ungünstig ist, ebenso wie ein potenzielles Belassen von tumorösen Anteilen, die zur Stenose führten. Laparoskopische Operationen Die Operationen bei MC-Patienten werden häufig bei jungen Patienten durchgeführt, die auf ein gutes kosmetisches Ergebnis großen Wert legen. Hier bietet sich die Laparoskopie an. Sofern keine Kontraindikation, wie mehrfache Voroperationen bzw. Konglome- rattumoren oder gravierende Adipositas, vorliegen, können fast alle abdominalen Eingriffe bei MC laparoskopisch erfolgen. Neben einem häufig günstigeren kosmetischen Resultat sind eine schnellere Rekonvaleszenz, geringerer Schmerzmittelbedarf und geringere Rate an Minor-Komplikationen (Wundinfekte, Narbenhernien etc.) als Vorteil der laparoskopischen Chirurgie zu nennen, sodass diese, wenn technisch möglich, als Standard angesehen werden kann. Dennoch ist darauf zu achten, dass laparoskopische Operationen nicht erzwungen werden. Insbesondere wenn aufgrund ungünstiger Begleitfaktoren infol- Stange: Entzündliche Darmerkrankungen. ISBN: 978-3-7945-3081-6. © Schattauer GmbH Chronisch entzündliche Darmerkrankungen 158 4 Morbus Crohn a b c d e f Abb. 4-9 Darstellung einer isoperistaltischen Seit-zu-Seit-Strikturoplastik, die von Michelassi et al. (1996) beschrieben wurde. a Intraoperativer Befund nach Vorverlagerung der stenosierten Dünndarmschlinge via Mini-Laparotomie. b Durchtrennung des Mesenteriums und des Darms. c Nebeneinanderhalten der beiden Darmenden. d Naht der Hinterwand. e Naht der Vorderwand. f Vollständige Seit-zu-Seit-Anastomose mit jetzt weitem Darmlumen ohne Verlust von Dünndarmoberfläche. Stange: Entzündliche Darmerkrankungen. ISBN: 978-3-7945-3081-6. © Schattauer GmbH ge z. B. ausgedehnter abdominaler Verwachsungen die Laparoskopie stark erschwert ist, sollte im Sinne der Patientensicherheit eine Konversion als der bessere Weg angesehen werden. 4.3.5 Indikation zur Stomaanlage Bei Patienten, die an MC leiden, gibt es unterschiedlichste Gründe, warum ein Stoma erforderlich werden kann. Zunächst kann ein perianaler Befall, der zu einer untragbaren Versorgungssituation führt, eine Stomaanlage ratsam und sinnvoll erscheinen lassen. Darüber hinaus können die Stomata sehr sinnvoll bei kritischen Anastomosierungsverhältnissen eingesetzt werden, entweder indem ein protektives Stoma vor einer Anastomose vorgeschaltet oder eine Diskontinuitätsresektion vorgenommen wird. Bei Diskontinuitätsresektionen ist es, sofern technisch möglich, ratsam, ein Stoma im Sinne einer Halbanastomose auszuleiten. Allerdings ist bei dieser Vorgehensweise sorgsam darauf zu achten, dass ein gut platziertes und gut versorgbares Stoma resultiert, damit die Zeit bis zur Stomarückverlagerung pro blemlos überbrückt werden kann. Aufgrund der schlechten Versorgbarkeit sind atypische Stomaanlagen, z. B. die Zäkalfistel oder Stomaanlagen in der Wunde, als obsolet anzusehen. Die Stomaanlagen sollten, wann immer möglich, auch in der Notfallsituation geplant, d. h. mit dem Patienten vorab besprochen werden. Des Weiteren ist es für die spätere Versorgung von enormer Bedeutung, dass das Stoma präoperativ angezeichnet wird und der Patient präoperativ eine Stomaberatung erhält. 4.3.6 Postoperative Behandlung und Komplikations management Für Patienten mit CED gelten die gleichen Grundregeln der modernen postoperativen Behandlung wie für Patienten, die aufgrund anderer Indikationen operiert werden. Dies bedeutet insbesondere, dass ein früher Kostaufbau angestrebt werden sollte. Auf Drainagen sollte möglichst verzichtet werden. Werden diese für unverzichtbar gehalten, sollten sie zügig, d. h. am ersten oder zweiten postoperativen Tag, wieder entfernt werden. Wunddrainagen (Redon-Saugdrainagen) sind ebenfalls nicht vorteilhaft und damit nicht sinnvoll, genauso wie das routinemäßige Belassen von Magensonden bei Elektiveingriffen. Alle diese Maßnahmen belasten den Patienten, verursachen unnötige Schmerzen und verzögern dadurch die Rekonvaleszenz. Magensonden können am Operationsende entfernt werden, sofern sie intraoperativ erforderlich waren. Eine Ausnahme besteht, wenn der Patient in einer Ileus-Situation operiert wurde. Wenn offene Operationsverfahren gewählt werden, ist ein Periduralkatheter für die postoperative Schmerztherapie hilfreich. Nach unserer Erfahrung sind für laparoskopisch operierte Patienten die normalen Analgetika-Gaben systemisch ausreichend; dies umso mehr, wenn die Gabe mit PCA-Pumpen organisiert ist. Kommt es zu einer postoperativen Atonie bzw. einem postoperativen Ileus, ist neben Zuwarten und Abführmaßnahme eine Zurücknahme der Kost sinnvoll. Dies betrifft allerdings nur einen Teil der Patienten. Postoperative Komplikationen bei abdominalen Operationen wegen MC müssen zeitnah erkannt und beherrscht werden. Neben kleineren Komplikationen, wie Wundinfekten, Harnwegsinfekten oder Pneumonie, ist als Hauptproblem die Anastomoseninsuf- Stange: Entzündliche Darmerkrankungen. ISBN: 978-3-7945-3081-6. © Schattauer GmbH 159 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen 4.3 Chirurgische Therapie
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