Oktober 2015

MICHAELA HOFHEINZ
Rechtsanwältin
Newsletter
„Rund um die Immobilie“
- Oktober 2015 -
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in Bürogemeinschaft mit
Baumberger Rechtsanwälte
Rechtsanwalt Winfried W. Baumberger
Ausgewählte gerichtliche Entscheidung aus den Bereichen des Miet- und Wohnungseigentumsrechts,
Immobilien- und Grundstücksrechts, sowie des privaten Baurechts:
1. Kündigung des Vermieters wegen Eigenbedarf
Urteils des AG Köln, vom 09.08.2015, Az. 212 C 86/13
„Kündigt der Vermieter wegen Eigenbedarfs, muss er die Person, für die er die Wohnung benötigt,
bezeichnen. Nennt der Vermieter eine Person, obwohl bei der Kündigung noch nicht feststeht, wer
genau einziehen soll, ist die Kündigung unwirksam.“
Der Fall:
Der Vermieter einer Wohnung kündigte im Juli 2012 das Mietverhältnis ordentlich aus Gründen des
Eigenbedarfs und verlangt vom Mieter nach Ausspruch der Kündigung die Räumung der Mieträume.
In der Kündigung benannte der Vermieter seinen Lebensgefährten als neuen Mieter.
Im Rahmen der Zeugenbefragung vor Gericht gab der Lebensgefährte auf Nachfrage des
Amtsgerichts an, dass bei Ausspruch der Kündigung noch nicht festgestanden habe, ob er oder der
Vermieter selbst in die Wohnung einziehen sollte.
Die Entscheidung:
Mit Urteil vom 09.08.2015 hat das Amtsgericht die Räumungsklage abgewiesen mit der Begründung,
dass die Eigenbedarfskündigung unwirksam ist.
Nach Ansicht des Gerichts reicht es für eine wirksame Kündigung nicht aus, wenn zum
Kündigungszeitpunkt nur feststeht, dass entweder der Vermieter selbst oder sein Lebensgefährte
einziehen soll.
Im Kündigungszeitpunkt muss bereits konkret feststehen, welche Person einzieht. Diese muss der
Vermieter in seinem Kündigungsschreiben benennen.
An diese Angabe in der Kündigung muss sich der Vermieter „festhalten lassen“.
Anderenfalls könnte ein Vermieter jederzeit nachträglich andere Verwandte oder Haushaltangehörige
„nachschieben“. Damit wäre es einem Mieter nahezu unmöglich, sich gegen eine Eigenbedarfskündigung gerichtlich zu wehren.
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2. Bauträgervertrag: Kaufpreis fast vollständig bezahlt; Bauträger muss Erwerber einziehen
lassen!
Urteil des LG München I, vom 23.04.2015, Az. 8 O 6509/15:
„1. Die Klausel in einem Bauträgervertrag, wonach der Bauträger die Übergabe verweigern kann,
wenn nicht alle bis dahin fälligen Raten gezahlt wurden, ist intransparent und unwirksam.
2. Die Erwerber einer Eigentumswohnung, die den vereinbarten Kaufpreis bis auf 3,5 % vollständig
bezahlt haben und die mit zwei schulpflichtigen Kindern in einem 20 qm großen Nebenraum
"campieren", können im Wege der einstweiligen Verfügung von dem Bauträger die Herausgabe der
erworbenen Wohnräume verlangen.“
Tatbestand:
Die Parteien streiten im einstweiligen Rechtsschutz um die Besitzeinräumung an einer
Eigentumswohnung. Die Verfügungsbeklagte ist Bauträgerin. Die Verfügungskläger erwarben von
dem Bauträger mit Bauträgervertrag vom 04.11.2013 das Eigentum an einer Eigentumswohnung.
Die Käufer haben das Sondereigentum mit Schreiben vom 09.04.2015 abgenommen, wobei Mängel
vorbehalten wurden.
Die Kläger (= Erwerber) begehren die Übergabe der Wohnung. Sie tragen vor, dass die Übergabe
auch nach Zahlung von 96,5 % des Kaufpreises durch die Verfügungsbeklagte verweigert worden
wäre.
Nach
den
vertraglichen
Bestimmungen
könne
die
Verfügungsbeklagte
die
Restfertigstellungsrate nicht verlangen. Zudem bestünden Mängel an der Eigentumswohnung, die ein
Zurückbehaltungsrecht begründen würden.
Die Erwerber trugen vor, sie würden mit ihren zwei schulpflichtigen Kindern derzeit in einem
Nebenraum eines Büros auf 20 qm wohnen. Die bisherige Wohnung hätten sie im Vertrauen auf die
Fertigstellung der Wohnung gekündigt.
Die Beklagte (= Bauträger) meinte, es bestehe kein Anspruch auf Übergabe der Wohnung. Die
Verkäuferin habe die Wohnung mangelfrei errichtet. Es seien daher jetzt alle Raten fällig. Solange die
Verfügungskläger nicht den vollständigen Kaufpreis bezahlt hätten, müsse die Verfügungsbeklagte
nach den vertraglichen Bestimmungen des Kaufvertrags die Wohnung nicht übergeben.
Entscheidungsgründe:
Nach Ansicht des Gerichts haben die Käufer einen Anspruch auf Einräumung des Besitzes, da die
vertraglichen Voraussetzungen, insbesondere die Abnahme des Sondereigentums, erfüllt sind.
Die Regelung im Bauträgervertrag, wonach die Verfügungsbeklagte die Übergabe im Falle der
Nichtzahlung fälliger Raten verweigern kann, ist unwirksam.
Die Voraussetzungen der Besitzübergabe sind gegeben. Die Wohnung wurde nach den Angaben der
Verfügungsbeklagten fertig gestellt und das Sondereigentum wurde abgenommen. Ob eine Abnahme
des Gemeinschaftseigentums stattgefunden hat, konnte vorliegend dahinstehen.
Die Regelung im Bauträgervertrag, wonach der Veräußerer die Übergabe verweigern kann, wenn
nicht alle bis dahin fälligen Raten gezahlt wurden, erweist sich als unwirksam gemäß § 307 Abs. 1
BGB. Bei den Regelungen des Vertrags handelt es sich bereits nach dem äußeren Erscheinungsbild
um für eine Vielzahl von Verträgen formulierte Bedingungen und damit um Allgemeine
Geschäftsbedingungen. Die vorgenannte Regelung ist für den Erwerber als intransparent im Sinne
des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Für den Erwerber besteht die berechtigte Erwartung, nach Zahlung von 94,4 % des Kaufpreises den
Besitz des Vertragsgegenstands zu erhalten.
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Die Regelung unter Ziffer VII. S. 3 des Kaufvertrags stellt überdies eine unangemessene
Benachteiligung des Erwerbers dar. Die sich an die Regelung der Makler- und Bauträgerverordnung
orientierende Zahlung nach Baufortschritt ist als billiger Ausgleich zwischen Erwerber und Bauträger
zu werten.
Diesem billigen Interessenausgleich ist gerade immanent, dass der Besitzübergang vor der
endgültigen Fertigstellung und Fälligkeit der Fertigstellungsrate erfolgt. Es entspricht den
beiderseitigen Interessen, dass die Fertigstellungsrate von 3,5 % des Kaufpreises erst mit
vollständiger Fertigstellung und Beseitigung der Protokollmängel fällig wird. Der Erwerber ist insoweit
schützenswert, eine Sicherheit für die vollständige Vertragserfüllung zu erhalten. Der Bauträger hat
seinerseits demgegenüber bereits zuvor einen Anspruch auf den überwiegenden Anteil des
Kaufpreises.
In diesen Interessenausgleich wird jedoch unbillig eingegriffen, wenn der Bauträger - wie vorliegend die Übergabe als Druckmittel für die vollständige Bezahlung des Kaufpreises zurückhalten kann.
Meistens ist nämlich der Erwerber regelmäßig auf die Einräumung des Besitzes am Wohnraum
angewiesen. Diesem würde dann die in der MaBV vorgesehene Sicherung der Beseitigung der
Protokollmängel genommen. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung für den Erwerber dar.
Nochmaliger Hinweis (aus Newsletter Juni 2015):
Ab 01.11.2015: Vermieterbescheinigung erforderlich, sonst droht Bußgeld!
Die vor 10 Jahren abgeschaffte Vermieterbescheinigung für Vermieter und Verwalter tritt wieder in
Kraft.
Bezüglich der An- und Abmeldung des Mieters beim Einwohnermeldeamt ist der Vermieter gegenüber
dem Mieter verpflichtet, eine Bescheinigung für dessen Ein- bzw. Auszug aus der Wohnung
auszustellen. Diese Vermieterbescheinigung muss dem Mieter dabei innerhalb von zwei Wochen nach
Ein- bzw. Auszug schriftlich oder elektronisch vorgelegt werden. Bei einer Ab- oder Ummeldung des
Mieters beim Einwohnermeldeamt, ist der Mieter künftig verpflichtet, diese entsprechende
Bescheinigung des Vermieters bzw. Verwalters vorzulegen.
Folgende Angaben sind in der Meldebescheinigung Pflicht:
• Name und Anschrift des Wohnungsgebenden
• Art des meldepflichtigen Vorgangs mit Einzugs- oder Auszugsdatum
• Anschrift der Wohnung
• Namen der meldepflichtigen Personen
Achtung:
Kommt der Vermieter bzw. Verwalter dieser Vorgabe nicht vollständig, verspätet oder überhaupt nicht
nach, droht ihm ein Bußgeld von € 1.000,--. Soweit der Vermieter bzw. Verwalter eine Bescheinigung
für jemanden ausstellt, ohne dass dieser tatsächlich einzieht, fällt ein Bußgeld von € 50.000,-- an.
Bitte beachten Sie, dass dieses Informationsschreiben eine individuelle Beratung nicht ersetzen kann. Trotz sorgfältiger und
gewissenhafter Bearbeitung aller Beiträge wird eine Haftung für den Inhalt nicht übernommen.
Gerne stehe ich Ihnen für eine persönliche Beratung jederzeit zur Verfügung.
Michaela Hofheinz
Rechtsanwältin
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