Was ist dir heilig? - Kulturkreis Mertingen

Raumsprünge
Neue Ausstellung im Gempfinger Pfarrhof
Was ist dir heilig?
„Was ist dir heilig?“ Diese spannende Frage stellte die Künstlerin Barbara Lorenz Höfer aus
Buxtehude Kindern und Jugendlichen. Die Antworten fielen ganz unterschiedlich aus und
reichten von „Meine Familie“, „Meine Freunde“, „Meine Ohrringe“ bis hin zu der provokanten Äußerung „Mir ist nichts heilig“. Religion und Kirche spielten bei der Werteorientierung
der jungen Generation eine untergeordnete Rolle. Barbara Lorenz Höfer hat die Aussagen zu
einem Kunstwerk zusammengefasst: Zwei weiß grundierte Objektkästen wurden mit vergoldeten Oblaten eingerichtet. Sie bilden den Hintergrund für die kreisrunden Textfelder auf den
Glasdeckeln der Objektrahmen. Diese enthalten die Vornamen, das Alter und die Statements
der Jugendlichen. Ein Stempel, der an den Like-Button von Facebook erinnert, bewertet jede
der Beschriftungen als heilig bzw. nicht heilig – ein Hinweis auf die virtuelle Gegenwart, in
der viele unserer Jugendlichen heute leben.
Barbara Lorenz Höfer greift in ihrer Präsentation bewusst christliche Traditionen und Stilelemente auf: (1) Das sind zunächst die Oblaten, die als konsekrierte Hostie für katholische
Christen das Allerheiligste darstellen. (2) Dazu gehört genauso die Verwendung von Gold,
mit dem in der christlichen Kunst die Gegenstände besonderer Verehrung gestaltet werden.
(3) Auch die Verbindung der beiden Objektrahmen zu einer Klappbox mit Tragegriffen soll
an die christlichen Reisealtäre erinnern.
Dieses Kunstwerk ist eines von zahlreichen Objekten, die in den nächsten Wochen im Gempfinger Pfarrhof gezeigt werden. Barbara Lorenz Höfer mag den Dialog von Kunst und Kirche.
Deshalb bietet der Gempfinger Kirchberg einen idealen Rahmen. Im Pfarrhaus stellt die ge-
lernte Bildhauerin, die ihre Ausbildung an der Fachschule für Holzbildhauerei in Oberammergau gemacht hat, Skulpturen und Plastiken aus.
Raumgreifende Installationen
Inzwischen hat die Künstlerin jedoch den Schwerpunkt ihres Schaffens auf raumgreifende
Installationen gelegt. In diesem Genre hat sie sich mit Ausstellungen in China, Frankreich,
Niederlande und Italien längst einen internationalen Ruf erworben. Im Mittelpunkt ihrer
Rauminszenierungen stehen „Rippengerüste“ von enormer Größe her. Die Formen sind von
einer ausgewogenen Ästhetik, entziehen sich aber meist einer eindeutigen Bestimmung. In
vielen Fällen sind die Objekte mit hauchdünnem Drachenpapier als äußerer Hülle bespannt.
Sie stehen für unser menschliches Dasein. In diesem Sinne stellen Öffnungen, Deformierungen und Brüche menschliche Bedrohungen dar. „Die Verletzlichkeit des Menschen wird umso
größer sein, je weniger Heimat er in sich trägt“, meint Barbara Lorenz Höfer. Diese zentralen
Botschaften sind für sie raum- und zeitlos. So erklärt sich auch der Titel der Ausstellung:
„Raumsprünge“
Workshop mit Schulkindern
Es erfordert vom Künstler viel Zeit und Mühen, Rauminstallationen vorzubereiten. Diesen
Aufwand hat Barbara Lorenz Höfer gerne in Kauf genommen. Ist sie doch ganz angetan von
den Möglichkeiten, die Pfarrhaus, Pfarrgarten und Pfarrstadel bieten. Die Arbeit mit Kindern
liegt Barbara Lorenz Höfer besonders am Herzen. Deshalb wird die Ausstellung von einem
einwöchigen Schulprojekt mit Schülern der Johannes-Bayer-Grundschule Rain begleitet. Die
Frage „Was ist mir heilig?“ ist das Thema des Workshops. Doch werden hier keine Texte,
sondern Lieblingsstücke der Kinder verarbeitet, also ganz persönliche Dinge, die den Schülern „heilig“ sind. Auf das Ergebnis darf man jetzt schon gespannt sein.
Die Ausstellung wird am Freitag, den 1. April 2016 um 19 Uhr in der Gempfing Marienkapelle eröffnet. Die einführenden Worte spricht Dr. Gertrud Roth-Bojadzhiev. Musikalisch umrahmt wird die Veranstaltung vom Singkreis Gempfing und Florian Luderschmid (Orgel). An
den darauffolgenden Sonntagen (3. April, 10. April, 24. April, 1. Mai, 8. Mai und 15. Mai)
kann die Ausstellung jeweils von 14 Uhr bis 17 Uhr besichtigt werden.
Erich Hofgärtner
Die Künstlerin: http://www.blh-sculptor.de/