Was unser Vorgarten für Geschichten erzählt-

Universität Hohenheim
Studium Generale 16.Juli 2015
Was unser Vorgarten für Geschichten erzählt‐
20 000 Jahre Natur ‐ und Kulturgeschichte in Baden‐Württemberg?
von
Karl Stahr & Andreas Lehmann
Prolog
Das Gleichnis von Sämann
Ein Mann ging hinaus, um zu säen. Als er die Samen auf das
Feld streute, fielen einige auf den Weg und die Vögel kamen
und fraßen sie auf. Einige fielen auf felsigen Grund, wo es nur
wenig Erde gab. Die Samen keimten schnell, da das Erdreich
flach war; doch als die Sonne hochstieg, versengte sie die
jungen Pflanzen und die Saat verdorrte, weil die Wurzeln
nicht tief genug wachsen konnten. Einige der Samen fielen
zwischen die Dornenbüsche, die heranwuchsen und die
Sämlinge erstickten. Aber einige Samen fielen auf guten
Boden und trugen Frucht; manche von ihnen hundert Körner,
manche
sechzig
und
andere
dreißig.
Und Jesus sprach: „Wer Ohren hat zum Hören, der höre!“
(Matthäus 13, 3‐9)
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Stahr & Lehmann
Was haben die Böden Württembergs
in den letzten 20 000 Jahren erlebt
Gliederung
1. Boden – was ist das?
2. vor 20.000 Jahren
Mammutjagd im Staubsturm
3. vor 13.000 Jahren
Einsamkeit im Birkenwald – Global Change
4. vor 7.000 Jahren
Waldbrand und der erste saure Regen
5. vor 5.500 Jahren
Gewitter über dem Dinkelacker – Agrarrevolution
6. vor 200 Jahren
Dorfidylle mit Filderkraut und doch Hungersnot
7. heute
Die Autobahn als Silberstreif im Fernsehturm
8. und jetzt
Gründe für Bodenschutz
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Stahr & Lehmann
1. Boden – Was ist das?
Umgangssprache:
Böden sind Flächen, auf die man etwas
stellen kann.
Naturwissenschaft: Böden sind Naturkörper und als solche
vierdimensionale Ausschnitte aus der oberen
Erdkruste, in denen sich Gestein, Wasser, Luft
und Lebewelt durchdringen.
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Stahr & Lehmann
Was macht einen Boden aus?
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Stahr & Lehmann
Beginn der Menschheitsgeschichte
vor 4,4 Mio. Jahren
in Afrika:
Ardipithecus ramidus
„Lucy“
vor 3,2 Mio Jahren
(Australopithecus
afarensis)
D. Sauer
Homo habilis
vor 2,5-1,6 Mio Jahren
1,6 Mio. - 11 500 Jahre vor heute,
Pleistozän
Homo
neanderthalensis
das
(Quartär)
 bedeutendste
Vereisungen der
Erdgeschichte
Entwicklung
des Menschen
Zeitweise sind
über 30% des
Festlandes
vergletschert.
Australopithecus
D. Sauer
v. links n. rechts:
(bis vor ca. 1 Mio J.)
Homo neandertal.
Homo sapiens
300 000
30 000
2. Ein Stadtboden berichtet aus
20.000 Jahren
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Stahr & Lehmann
Vor 20.000 Jahren
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Stahr & Lehmann
Eiszeitliche Kältesteppe, Staubsturm auf den Fildern
Vor 20 000 Jahren: Höhepunkt der letzten Eiszeit
D. Sauer
Portugal
Südsee
Wadi Natrun
Alpenrhein
Ätna
Malaysia
3 37,5 47,5 30,3
102 15
9,5 30,5
+
+
+
+50
37
0
173
-150
±0
FlachSchotter- BinnenLaub- Glet- Tun- Wald- Regenwald scher dra steppe wald Vulkan aue
see Küste meer
Fi.
ParaAnRotRambla
braunSand
erde
(Kies)
moor
erde
KalkEiche
Geschiebe- grauer
WaldBasalt
Mergel
mergel
Hasel
boden
Buche
B
i
r
k
e
Kiefer
Anmoor
Parabraune.
Parabraune.
gr. Waldb.
Säugerreste
Vergangenheit
(Zeit)
Temp.
Regen
m 0 +20°C
0 500 1000mm
°C
Höhe
mm
Geol.
Zeitalter
Subatlantikum
500
700
Subboreal
2 000
Atlantikum
5 000
5 Mio.
Landschnecken
Roterde
Säugerzähne
Korallen
Schwämme
Ammoniten
Tertiär
Ober-
Mittel
10 Mio.
Unter
25 Mio.
Oligozän
Kreide
Ober Jura
300
1 000
Boreal
Präboreal
Jüng.
8 000
Alleröd Dryas
Ältere
10 000
Weichsl/Würm
0,1 Mio.
Eem
Saale/Riß
0,2 Mio.
Holstein
Elster/Mindel
1,5-2 Mio.
Pliozän
100
Säugerreste,
Laubblätter
Muscheln
Jahre
Miozän
20
30
52
36
+
riff
schlamm
Lichtholz 10
69
32
+
heutige Erdoberfläche
(Raum)
Quartär
Pleistozän Holozän
Schattholz Torf
Weißrußland
+540
Tiefe
m Moor
Lichtholz ?
°B: 47,7 N 80
°L: 8,7 E
mNN: +560 +
N-Skandinavien
Heute
z.B. in:
Grönland
SW-Deutschland
Böden in Raum und Zeit
Eozän
Malm
35 Mio.
65 Mio.
135 Mio.
Entwurf: E. Schlichting
Lössablagerung in der Vorbergzone
Löß der letzten Kaltzeit
ca. 3.000 kg x m‐2
Zeit der Lößbildung
ca. 30.000 – 20.000 J. vor heute
Jährliche Ablagerung
300 g x m‐2 x a‐1 = 3 t x ha‐1
Zusammensetzung der Minerale
45 – 60 % Quarz
15 – 25 % Feldspäte
10 – 15 % Glimmer
5 – 10 % Tonminerale
10 – 35 % Kalk und Dolomit
Zusammensetzung der Korngrößen
10 % Ton
85 % Schluff/ Staub
5 % Sand
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Stahr & Lehmann
Einfluss der Lössanwehung auf unsere Böden
Wasserspeicher
(nFK =
l x m-2)
Kaliumvorrat
kg x m-2
Phosphorvorrat
kg x m-2
Gestein
Boden
Wurzelraum
(cm)
Buntsandstein
Podsol
50
63
0,5
0,03
Löß
Parabraunerde
120
210
6,0
0,7
Gneis
Braunerde
75
155
22,0
0,4
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Stahr & Lehmann
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Stahr & Lehmann
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Stahr & Lehmann
Mammutstoßzähne unter dem Löß
Grabung am Seelberg in Bad Cannstatt - 1816
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3. Vor 13.000 Jahren
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Stahr & Lehmann
Vor 13 000 Jahren
Humusanreicherung
Kalkauswaschung
Das Klima wird wärmer. Die Eiszeit naht dem Ende (vor 11 500 Jahren).
Universität
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D. Sauer
Stahr & Lehmann
Global Change Humus – Kalk
HUMUSVORRAT IN PARARENDZINA
100 t C ha‐1 = 10 kg C m‐2 Wiese > Wald > Acker
STREUBILDUNG = ASSIMILATION
2 – 5 t C ha‐1 = 0.2 – 0.5 kg C m‐2
HUMUSAKKUMULATION = MINERALISATION
0.05 – 0.2 kg C m ‐2
Gleichgewicht bei Änderung nach 100 – 200 Jahren
KALKVORRAT IN LÖSS (Verlust in 10 – 15.000 Jahren)
3000 t Kalk x ha‐1 = 400 t C x ha‐1
ENTKALKUNG
0.1 – 0.3 t Kalk x ha‐1 x a‐1 = 10 – 30 g Kalk m‐2 x a‐1
KOHLENSTOFFFREISETZUNG AUS ENTKALKUNG
3 g C m‐2 x a‐1 = C‐Gehalt 15 m‐3 Luft
aber:
Heizöl 2.000 l x a‐1 = 1.2 t C a‐1
Heizölverbrauch 1 Hauses = Ernte – C von 5.000 m²
Heizölverbrauch 1 Hauses = C‐Gehalt 6 Mill. m³ Luft
Global Change durch Humusschwund?
Humusbilanz
> 0 Humusakkumulation
Streubildung – Mineralisation
= 0 Stabilität
< 0 Humusabbau
Streubildung
Streuart x Zersetzung x Verwesung x Humifizierung
Bioturbation
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 Humusform
Stahr & Lehmann
4. Vor 7.000 Jahren
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Stahr & Lehmann
Vor 7000 Jahren
Verbraunung
Nach der Kalkauswaschung sinkt der pH.
Die Minerale werden dadurch stärker
angegriffen und z. T. aufgelöst, sie verwittern.
In den Mineralen enthaltenes Eisen wird dabei
freigesetzt und oxidiert.
Durch die Eisenoxide wird der Boden braun
gefärbt.
Verlehmung
Aus den durch Verwitterung entstandenen
Einzelteilen werden Tonminerale aufgebaut.
Dadurch steigt der Tongehalt des Bodens.
Der Boden fühlt sich nicht mehr staubig an
wie Löss sondern lehmig.
D. Sauer
Erste Waldrodungen
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Stahr & Lehmann
5. Vor 5.500 Jahren
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Stahr & Lehmann
Vor 5500 Jahren
Tonverlagerung
Humusanreicherungshorizont
Tonverarmungshorizont
Tonanreicherungshorizont
Typischer Filderboden:
Löss
Parabraunerde
D. Sauer
Deutlicher Rückgang des Waldanteils durch landwirtschaftliche Nutzung
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Stahr & Lehmann
Eine Lösslandschaft zur Bronzezeit vor 5.500 Jahren
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Stahr & Lehmann
Eine Lösslandschaft zur Eisenzeit vor 4.500 Jahren
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Stahr & Lehmann
Wirkung von WASSER und SÄURE Mineralverwitterung ‐ Mineralneubildung
Insgesamt
jährliche Rate
Entbasung (ohne Kalk)
2.0 Kmol x m‐2
=
60 kg (Na, K, Mg, Ca) ha‐1 x a‐1
Feldspatverwitterung
300 kg x m‐2
=
200 kg x ha‐1 x a‐1
Verbraunung (Oxide)
30 kg x m‐2
=
20 kg x ha‐1 x a‐1
Verlehmung (Ton)
150 kg x m‐2
=
100 kg x ha‐1 x a‐1
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Stahr & Lehmann
Verwitterungs‐ bzw. Neubildungsrate von Bodenmineralen und die Halbwertszeit der Umwandlung unter verschiedenen Umweltbedingungen
Umsatz (g x m‐2 x a‐1)
50 % Umsatz (a)
Lanzarote, Spanien
Tonbildung
(Basaltische Aschen) Oxidbildung
Karbonatisation
5
0.3
1
100.000
130.000
80.000
SW‐Deutschland
(Löß)
Tonbildung
Oxidbildung
Entkalkung
10
2
20
50.000
12.500
15.000
Schwarzwald (Granit)
Tonbildung
Oxidbildung
Feldspatverwitterung
12
1.5
40
100.000
30.000
20.000
Region (Gestein)
Prozess
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Verwitterung aus Flüssebilanzen (kg x m‐2 = kg x ha‐1 x a‐1)
Albit
Anorthit
% an
Orthokla
s
Biotit
Podsol
178
76
46
44
13
Einzugsgebiet 174
110
55
15
14
Podsol
40
25
55
51
10
Einzugsgebiet
165
76
44
37
9
Braunerde
41
49
54
84
> 8
Einzugsgebiet
49
35
41
11
> 10
Bärhalde
Schluchsee
Villingen
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Stahr & Lehmann
Verwitterung aus Elementbilanzen (kg x m‐2)
Albit
Anorthit
% an
Orthokla
s
Biotit
460
6 (17)*
1,5 (4)
83,4
0,6
266
7 (14)
2,6 (5)
8,0
2,3
Podsol
Bärhalde
Podsol
Schluchsee
*) Zahlen in Klammern berücksichtigen silikatisches Calcium
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Verwitterung aus Mineralbilanzen Podsol – Bärhalde (kg x m‐2)
Plagioklas Orthoklas Glimmer + Illit
Ton‐
min.
Eisenoxid
e
Vorrat 1992
130
592
159
150
9
Gewinn/ Verlust
‐292
‐131
+23
+124
+9
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6. Vor 200 Jahren
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Transport in Böden und
Landschaften
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Verwendung von Erosionstracern zur Ermittlung der aktuellen Erosion Universität Hohenheim – 16. Juli 2015
Stahr & Lehmann
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37. Umwelttagung der Universität Hohenheim – 01. April 2011
Erosion durch Ackerbau seit 5.000 Jahren
Landschaft Gondelsheim
Erosion
Anteil der Fläche %
nicht erodiert
mäßig erodiert
stark erodiert
vollständig verfüllt
erodiert
10,4
14,3
12,4
26,4
26,8
Gesamte Verluste 7.600 t x ha‐1 = ca. 1,5 t x ha‐1 x a‐1
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36
Stickstoffvorräte und Nutzung (kg x ha‐1)
Wald
Grünland
Acker
Bärhalde
10.100
16.200
‐
Kraichtal
9.600
‐
4.900
Münstertal
14.600
21.400
‐
Durchschnitt
(n = 241)
Baden‐Württemberg
7.600
12.200
10.100
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Stahr & Lehmann
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Stahr & Lehmann
7. Heute
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Stahr & Lehmann
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Stahr & Lehmann
Bilanz von Schwermetallen und Hauptelementen in einem verkehrsfernen Gebiet des Hochschwarzwaldes (Bärhalde) (mg x m‐2 x a)
Element Lufteintrag
Bilanzen
Auswaschung
Wasser
Boden
Be
0.030
‐
‐
0.67
Cd
0.450
+
‐
0.15
Co
1.0
+
‐
0.80
Cu
2.0
+
‐
0.88
Ni
4.2
+
‐
2.50
Mn
10
‐
‐
48.50
Pb
13
+
+
0.75
Zn
18
+
‐
8.10
P
40
+
‐
11.30
Fe
42
‐
‐
220
Al
54
‐
‐
260
Si
70
‐
‐
3300
Mg
95
‐
‐
380
K
290
‐
‐
653
Ca
430
‐
‐
2040
Na
40
‐
‐
2020
Stuttgart – Gaisburg 1825
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Stahr & Lehmann
Stuttgart – Gaisburg 1901
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Stahr & Lehmann
Stuttgart – Gaisburg 1998
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Stahr & Lehmann
Böden, vom Menschen gemacht
Reduktosol aus Klärschlamm
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Stahr & Lehmann
Umschreibung anthrogpogener Böden/ von Stadtböden
Naturferne Böden
Böden der Anthroposphäre
Böden, die durch
•
•
•
•
•
Siedlung
Handwerk
Industrie
Verkehr
Krieg
verändert sind
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Stahr & Lehmann
Untergliederung anthropogener Böden/ Stadtböden
Anthropogen beeinflusste Böden
Böden mit anthropogen gestörter Horizontierung
ohne Artefakte
Anthropogen veränderte Böden
Böden vorwiegend aus natürlichem
Bodenmaterial mit Artekfakten
Technogene Böden
Böden vorwiegend aus Artefakten
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Stahr & Lehmann
Definitionen anthropogener Böden/ Stadtböden
anthropogene inner-urbane Böden/
anthropogene Stadtböden
Böden innerhalb abgegrenzter Siedlungen, die durch (nichtland-wirtschaftliche)
Aktivitäten verändert sind, die potenziell oder tatsächlich Artefakte einbringen
natürliche inner-urbane Böden/ natürliche Stadtböden
Böden innerhalb abgegrenzter Siedlungen mit weitgehend natürlicher Horizontierung
anthropogene extra-urbane Böden/
meist: Industrie-, Straßenbegleit-, Bergbau-, Kriegsböden
Böden außerhalb abgegrenzter Siedlungen, die durch (nichtland-wirtschaftliche)
Aktivitäten verändert sind, die potenziell oder tatsächlich Artefakte einbringen
durch Landbewirtschaftung veränderte anthropogene Böden
Böden mit einer Horizontierung, die unmittelbar durch landwirtschaftliche Maßnahmen
gestört ist
Klassifizierung anthropogener Stadtböden in Deutschland
Bodentyp
z. B.:
Pararendzina
Regosol
Kolluvisol
Hortisol
Substrat
aus
über
mit
z. B.:
Erdaushub
Oberbodenmaterial
Bauschutt
Hausmüll
Kokereiabfälle
Klärschlamm
...
Klassifizierung der Technosols in der WRB (1/5)
Technosols
sind Böden, die keine Anthrosols sind, mit
mindestens 20 Prozent Artefakten (...)
oder
versiegelte
Böden
oder Böden mit einer
Geomembran (...)
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Die Funktionalität von Stadtböden und Bodenparameter
hohe Funktionalität
gerine Funktionalität
Versiegelung
Reduktgase
Kontamination
Verdichtung
Verdichtung
Reduktgase
locker
tiefgründig
> OM
locker
tiefgründig
> OM
> Nährstoffe
städtischer Problemboden aus Müll - Kurzportrait
Normreduktosol aus umgelagertem Bodenmaterial aus Löß über Haus- und Gewerbemüll
Garbic Technosol
(Ruptic, Toxic, Reductic, Humic, Skeletic)
in einem Wald nahe bei Leinfelden-Echterdingen
gelegen
von 1969 bis 1980 als Mülldeponie genutzt
danach mit Erdaushub mit einer geplanten Mächtigkeit
von 1,5 m abgedeckt
unterliegt gegenwärtig der natürlichen Sukzession
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städtischer Problemboden aus Müll - Details
Organische Masse
<50cm: mittlerer Humusgehalt
>50cm: sehr hoch, kurzkettig
Aggregierung
<50 cm: krümelig bis polyedrisch, >50 cm kohärent
Luft- und Wasserhaushalt
<20cm: hohe Kapazität für Luft und pflanzenverfüg. Wasser
>20 und <50cm: geringen Kapazitäten durch dichte Lagerung
>50 cm: absoluter Sauerstoffmangel durch CO2 und Methan
durch Zersetzung kurzkettiger organischer Substanz
Nährstoffe
<50 cm: mittel
>50 cm: sehr hoch durch Lebensmittelreste
Schadstoffe
<50 cm: unauffällig, >50 cm: sehr hoch durch unsortierten Müll
Mikrobielle Aktivität
<20cm: hoch
>20 und <50cm: gering durch dichte Lagerung
>50 cm: durch hohes Angebot an kurzkettiger OM
städtischer versiegelter Boden - Kurzportrait
Felshumusboden aus Teerdecke über
Straßenunterbau mit Schlacken über Emscher Mergel
über Gas-Pipeline
Spolic Ekranic Technosol
(Reductic)
im Ruhrgebiet gelegen
geprägt durch die Versiegelung und
aus einer leckenden Gasleitung
strömendem Erdgas
1m
Stadtboden als Lebensgrundlage – Kurzportrait
Normpararendzina aus natürlichem
Bodenmaterial, Bauschutt und Müllkompost
Eutric Cambisol
(Humic,Clayic,Technic)
in Stuttgart am Wolfersberg gelegen
Weinbergsboden aus Keupertonaushub
des Straßenbahntunnelbaus aus den
1970ern mit Müllkompostauflage, partiell
geprägt durch tiefe Verdichtungen aus
der Zeit des Bodenauftrags in Steillage
1m
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Stahr & Lehmann
Stadtboden als Lebensgrundlage – Details
Organische Masse
hoch bis in über 1 m Tiefe
Aggregierung
ohne extreme Verdichtung:
wie bei einem natürlichen Boden
in extrem verdichteten tiefen Partien: kohärent
Luft- und Wasserhaushalt
in den verdichteten tiefen Partien keine
erkennbare Wasserbewegung
Nährstoffe
extrem hohes Phosphatangebot
Schadstoffe
im Oberboden deutlich erhöht
Mikrobielle Aktivität
1m
im Oberboden unauffällig,
in den verdichteten tiefen Partien äußerst gering
Stadtboden als Lebensgrundlage: Kurzpotrait
Normparendzina aus Bodenaushub, Asche
und Industriemüll
Urbic Technosol (Humic)
Tiefe
Farbe
Struktur
in 5 cm
Schritten
Durch- Körnung Lagerungs- pH-H2O Corg
Ctech CaCO3
dichte
wurzelung
FAO
g*cm-3
Gewichts Gewichts Gewichts
%
%
%
-5 dkl. braun krümelig
-25
baun
-80 Dkl. braun
-160
braun
krümelig
subpol.
Einzelkorn
L
n.a.
3
7
3
2
5
6
16
10
14
8
7
stark
CL
1.3
SL
0.7
SL
0.7
8
3
in einem Stuttgart Park gelegen, entwickelt aus
Löss und Abfällen einer Kokerei und eines
Schlachthauses (viele Knochen und Asche), die vor
90 Jahre abgelagert wurden und mit
Oberbodenmaterial überdeckt sind
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Stahr & Lehmann
Stadtboden als Lebensgrundlage: Kurzportrait
Primäre Prozesse
schwache Entkalkung
an einigen Stellen
Eisen-Hydrolyse
(Verbraunung)
an einigen Stellen
< CaCO3
> amorphous Fe
In der Vergangenheit (angenommen)
Zersetzung kurzgettigen OM
Emission von CO2 und CH4
Reduktion und Oxidation
uttgarter Böden im Überblick –
edlungsböden
Stuttgarter Böden im Überblick –
Böden mit Kriegsschutt
Stuttgarter Böden im Überblick - Böden von Bahnflächen
Stuttgarter Böden im Überblick - unter traditionellem Rebland
Stuttgarter Böden im Überblick –
unter Rebland mit Böden mit Müllkompost
Stuttgarter Böden im Überblick - Friedhöfe
Stuttgarter Böden im Überblick Problemböden
Stuttgarter Böden im Überblick - wo sie eine Nebenrolle spielen
Stuttgarter Böden im Überblick –
wo sie beim Hausbau eine Nebenrolle spielen
Stuttgarter Böden im Überblick wo sie bei großen Baumaßnahmen eine Nebenrolle spielen
Timetable Mittlerer Schlossgarten area Stuttgart
before 1272:
no reported flooding, flooding and sediment accumulation most probable
1272, 1306, 1343, 1368, 1374, 1430, 1433, 1481:
historical documented flooding, no information about damages,
sediment accumulation most probable
1492 Stuttgart: flooding destroyed buildings, some persons died
sediment accumulation most probable
1508 Stuttgart: flooding destroyed buildings and a part of the town wall,
11 persons died
sediment accumulation most probable
1492, 1612, 1640, 1651:
destructive flooding, sediment accumulation probable
1652 flooding and sediment accumulation
1806 park construction
Loess (uL)
Keuper (km5-km1)
(T+S)
Nesenbach
Soil pit
1788
Universität Hohenheim – 16. Juli 2015
Stahr & Lehmann
1946
2008
2012
2012
Timetable construction site Mittlerer Schlossgarten Stuttgart and background information
7.11.1995 framework contract for the substitution of the surface sub-end railway station
by an underground through station (S21) in Stuttgart
28.1.2005 official approval plan:
the soils in the Mittlerer Schlossgarten are strongly disturbed
and from low ecological value
no statement about their archival information
30.9.2010 clearing of the construction site
until today preconstruction activities
30.9.2013 191. “Monday demonstration” against S21
Timetable pedological activities in the Mittlerer Schlossgarten Stuttgart
mid 1992
insight into an open ditch showing near-natural soils
11/2012-3/2013 excavation of soil monolithes to 1,2 m depth to make exponates
finding of a portrait bust in 1,2 m depth
soil sampling to 1,2 m depth
soil mapping to 2 m depth
8/2013
decision for joined pedological and archaeological work
until today
no (joined) activities because of the preparation of a bomb disposal
Soil description
recent topsoil
30% clay
18 cm
subsoil
30% clay
with pieces of ceramics
subsoil
40% clay
with various coarse material
60 cm
45% clay
subsoil
100 cm
from fluvial sediments
50% clay
120 cm
Endofluvic Cambisol (calcaric,humic,ruptic,clayic)
Soil description
recent topsoil
30% clay
18 cm
subsoil
30% clay
with pieces of ceramics
subsoil
40% clay
with various coarse material
60 cm
45% clay
subsoil
100 cm
from fluvial sediments
50% clay
120 cm
depth of an archaeological artefact
18 cm
60 cm
100 cm
depth of a potrait bust
120 cm
Universität Hohenheim – 16. Juli 2015
Stahr & Lehmann
C14 age and depth of an
archaeological artefact
18 cm
60 cm
C14 age: 1250 AD
depth of the potrait bust
100 cm
120 cm
Umschreibung anthrogpogener Böden/ von Stadtböden
Naturferne Böden
Böden der Anthroposphäre
Böden, die durch
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•
•
•
Siedlung
Handwerk
Industrie
Verkehr
Krieg
verändert sind
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Stahr & Lehmann
Klassifizierung der Technosols in der WRB (2/5)
Artefakte
sind
feste oder flüssige menschengemachte Materialien (...)
oder ist
durch den Bergbau gefördertes naturfremdes Material
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Stahr & Lehmann
8. Warum müssen Böden geschützt werden?
Weil Böden ein Recht auf Erhaltung haben!
Böden sind
a) Naturkörper
b) Erdgeschichtliche Urkunden
c) Naturschönheiten
Weil Böden Leistungen im Naturhaushalt und in der Gesellschaft
erbringen können.
Böden haben
a) Biotische Potentiale
Transformation
Nahrungsproduktion
Werkstoffproduktion
Energiegewinnung
Artenerhaltung
b) Abiotische Potentiale
Wassergewinnung
Rohstoffgewinnung
Luftreinhaltung
c) Flächenpotentiale
Standplatz
Verkehrsfläche
Entsorgungsfläche
Erholungsraum
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Stahr & Lehmann
Wie sollen Böden geschützt werden?
Böden können als Naturobjekte bewahrt werden
 Naturkörper
Böden können in ihrer Nutzbarkeit erhalten werden
 Funktionsschutz
Bodenzerstörung soll eingeschränkt werden
 Schadensbegrenzung
 Altlastensanierung
 Rekultivierung
Bodenschutz ist Zukunftsfürsorge
 Potentialschutz
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Stahr & Lehmann
Bodenkundler empfehlen:
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Flächennutzung regulieren: Grünland > Wald > Acker >>> alles andere
Landnutzung dem Wasserhaushalt anpassen
Kohlenstoff-Haushalt erforschen
Phosphorversorgung langfristig sichern
Ressourceneffizienz steigern
Frei nach Bioökonomierat (2010)
Forstliche Landnutzung ist ein Klimapuffer
Agrarische Landnutzung kann ein Klimapuffer sein
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Stahr & Lehmann
Wünsche für die Zukunft
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Permanente Bodenbedeckung
Standortsgemäße (hohe) Humusvorräte
Gute Bodenstruktur
Wiederherstellbarkeit nach gesellschaftlicher
Nutzung
• Minimale Eingriffe
• Dauerhaft Nullrunden bei der Nettoversiegelung
• Bodenkundliche Baubegleitung
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Stahr & Lehmann
Mit der Natur eins werden
Danke für Ihre
Aufmerksamkeit
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Stahr & Lehmann