Mal mir ein Schaf! Dieser Satz stammt aus dem Buch: Der kleine Prinz. Die meisten hier werden das wissen. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere auch daran, in welche Nöte diese Bitte den Erzähler der Geschichte brachte. Kein Schaf war so, wie der kleine Prinz es haben wollte. Am Ende malt der Erzähler eine Kiste und übergibt das Bild mit den Worten: Das Schaf, das du willst, steckt in der Kiste. Und - wie überraschend - der kleine Prinz akzeptiert diese Black Box. Er nimmt das Bild an. Wie sieht Gott aus? fragte mich meine 4jährige Tochter und brachte mich damit in ähnliche Nöte, wie der kleine Prinz den Piloten. Was sollte ich denn sagen? Nach all den harten Jahren des Theologiestudiums fiel mir einfach keine Antwort ein. Hätte ich eine Kiste malen sollen? Würden wir Gott in der Kiste akzeptieren? Ich glaube nicht. Denken wir mal an die mitunter karikaturartigen Bilder, die von Gott im Umlauf sind. Ein alter Mann mit Heiligenschein, weißem Vollbart und Nachthemd schaut von einer Wolke mehr oder weniger interessiert auf die Erde hinab. Der bärtige Mann - die wohl älteste Darstellung von Gott, man denke nur Michelangelos Sixtinische Kapelle. Ist das Gott - ein Mann? All den tausenden Darstellungen zum Trotz, die Bibel sieht Gott nicht so, die Bibel macht aus Gott keinen Mann. Natürlich gibt es eine männliche Bildsprache, um Gott zu beschreiben, natürlich gibt es den Vater, den Hirten, den König - maskuline Worte die als Beschreibungshilfen, als Sprachkrücken dienen, mit deren Hilfe wir der Unnennbarkeit, der Unaussprechlichkeit Gottes hinterhumpeln. Aber es gibt, Dank sei Gott, auch die weibliche Seite, die femininen Bilder von Gott, wie in der Jahreslosung von 2016. Im Buch Jesaja 66,13, da können wie es finden: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet. Gott, die Mutter. Fällt es uns schwer, Gott so zu denken? Sitzt das Bild vom bärtigen Opa so tief? Dann sollte spätestens jetzt deutlich werden, dass all die Sprachbilder nichts über Gottes Wesen aussagen, nichts darüber aussagen, wie Gott aussieht , wie er ist. Wer das will, muss eine Kiste, eine Black Box malen. Die Bilder, mit denen die Bibel randvoll ist, sagen allein etwas über die Erfahrungen aus, die die Erzähler mit Gott gemacht haben. Gott als Mutter - was steckt da für eine warme und leuchtende Erfahrung dahinter? Wir Menschen werden diesen Bilder oft gar nicht gerecht. Wie viele Väter und Mütter gibt es, die alles andere als gute Erfahrungen vermitteln, die Enttäuschung, Schmerz und Dunkelheit hinterlassen. Aber Jesaja spricht von einer Mutter, die tröstet, die Geborgenheit und Sicherheit schenkt und ihr gefallenes Kind wieder aufrichtet. Denn natürlich, in diesem Bild sind wir die Kinder. Wir sind eingeladen, uns diese Erfahrung schenken zu lassen. Das Jahr ist noch jung, so viel kann passieren. Vielleicht erleben wir ja etwas, durch das wir nicht nur sagen können: Abba, lieber Vater, sondern auch: Mama, liebe Mutter. Amen.
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