2015: ein Schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit

KOFF
Newsletter
Nr. 139, Juli 2015
2015: ein Schlüsseljahr
für Frieden, Entwicklung
und Sicherheit
KOFF NEWSLETTER NR. 139 - 2015: ein schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit
2
Editorial
Die Review des New Deal für das Engagement in fragilen Staaten, die Verabschiedung nachhaltiger Entwicklungsziele
(SDGs), das fünfzehnjährige Bestehen der UN-Resolution 1325, die Review der UN-Friedensarchitektur und der UN-Friedensmissionen: Im aktuellen Jahr sind die Bereiche Friedensförderung, Entwicklung und Sicherheit von einer Vielzahl laufender, internationaler politischer Prozesse geprägt – eine immense Chance, aber gleichzeitig auch eine Herausforderung
für die Internationale Zusammenarbeit (IZA).
Welches sind die Konsequenzen dieser Gleichzeitigkeit? Ermöglicht sie, endlich eine Verbindung zwischen den Themen
Frieden, Entwicklung und Sicherheit herzustellen oder zumindest grössere Aufmerksamkeit auf diese zu lenken? Welcher
Stellenwert wird dem Frieden innerhalb der Debatten zugestanden? Und welche Rolle übernehmen die Zivilgesellschaft
und die Schweizer Behörden in diesen Prozessen? Der Newsletter Nr. 139 präsentiert mögliche Antworten und hilft, die
Planung der zukünftigen Ausgestaltung der internationalen Zusammenarbeit besser zu verstehen.
Marie Seidel
Redakteurin
Inhalt
SCHWERPUNKT
>> Mehr Rückhalt für die Friedensförderung
in der Internationalen Zusammenarbeit
dossier
>> Verhandlungen für eine nachhaltige Zukunft
>> Die AMS und die Entwicklungsagenda
post-2015
9
>> 100 Jahre WILPF – eine Friedenskonferenz
10
>> swisspeace Weiterbildungsangebot 2015/16
11
>> Internationale Partnerorganisationen
11
PUBLIKATIONEN
>> Rebellen für die Staatsbildung
12
>> Mediation und Poetik
13
WEBTIPP
>> „Microdata Library“: Offene Daten für bessere
Forschung
13
AGENDA
>> Bevorstehende Veranstaltungen
13
3
4
5
>> Einbeziehung der Zivilgesellschaft in die Review
der UN-Friedensmissionen und der Friedensarchitektur
6
>> Weissbuch zur Friedensförderung
6
>> Die Review der UN-Friedensarchitektur:
eine FriEnt Perspektive
7
>> Die Review der UN-Friedensarchitektur:
die Perspektive der Schweiz
8
>> DEZA: Treffen des International Dialogue
on Peacebuilding and Statebuilding
aktuelles
>> 2015: ein wichtiges Jahr für KOFF
9
Herausgeber:
Kompetenzzentrum
Friedensförderung KOFF
Sonnenbergstrasse 17
CH - 3000 Bern 7
Tel: +41 (0)31 330 12 12
www.koff.ch
KOFF
Kompetenzzentrum Friedensförderung
Centre pour la promotion de la paix
Centre for Peacebuilding
SCHWERPUNKT
3
Mehr Rückhalt für die Friedensförderung
in der Internationalen Zusammenarbeit
Im Jahr 2015 kreuzen sich mehrere entwicklungspolitische Prozesse, die für die künftige Gestaltung der Internationalen
Zusammenarbeit (IZA) von entscheidender Tragweite sind: die Auswertung der Pilotphase des New Deal für das Engagement in fragilen Staaten, die definitive Aushandlung der Entwicklungsagenda post-2015, die Diskussion über die Zukunft
der Entwicklungsfinanzierung und die Review der UN-Friedensarchitektur. Die Verbindung von Sicherheit, Frieden und
Entwicklung wird dabei so prominent berücksichtigt, wie noch nie. Dies ist zu begrüssen, allerdings bloss als Zwischenerfolg zu verbuchen.
KOFF
Christian Scherer
Links
Weltentwicklungsbericht 2011
der Weltbank: „Conflict, Security, and Development“
New Deal - International
Dialogue for Peacebuilding
& Statebuilding
Entwicklungsagenda nach
2015
Entwicklungsfinanzierungsprozess
Review der UN-Friedensarchitektur
Kofi Annans Ausspruch am Weltgipfel 2005, dass es ohne Sicherheit keine Entwicklung und ohne Entwicklung keine Sicherheit gebe, hat wohl mittlerweile etwas
Staub angesetzt. Endlich aber wird dieser Zusammenhang auch in den entwicklungspolitischen Diskursen und Agenden der IZA reflektiert. Unlängst erst hat der
Weltentwicklungsbericht 2011 der Weltbank unter dem Titel „Conflict, Security,
and Development“ Unsicherheit und Gewalt als Haupthindernisse für Entwicklung
identifiziert. Er hat Entwicklungsakteure in die Pflicht genommen, ihre Programme
so auszulegen, dass Konfliktdynamiken durchbrochen und so die nötigen Rahmenbedingungen für nachhaltige Entwicklung geschaffen werden können.
Ebenfalls 2011 ist unter dem Schirm des „International Dialogue for Peacebuilding & Statebuilding“ (IDPS) der New Deal für das Engagement in fragilen Staaten
unterzeichnet worden, der von einer Gruppe sich selbst als fragil und konfliktbetroffen bezeichnender Staaten (g7+) initiiert worden ist. In aller Deutlichkeit
betont der New Deal die Notwendigkeit kontextspezifischer Lösungen und lokal
abgestützter Prozesse. Explizit fordert er auch eine konstruktive Zusammenarbeit
der Regierungen mit der Zivilgesellschaft. Kaum vier Jahre später ist der New
Deal als Referenzpunkt des internationalen Engagements in fragilen Kontexten
nicht mehr wegzudenken, obschon seine Umsetzung weder unbestritten, noch von
sichtbarem Erfolg gekrönt ist. Derweil sich der New Deal eigentlich als eminent
politischer Prozess versteht, wurden seine Aktivitäten in den Pilotländern leider
oft allzu mechanisch und unter Zeitdruck durchgeführt. Die hohen Erwartungen
seitens der g7+ an eine neue Art der Zusammenarbeit sind kaum erfüllt worden
und bei der Wahl der Umsetzungsmodalitäten zeigt der New Deal den schwerfälligen Geberorganisationen unter dem Druck ihrer Parlamente die Grenzen ihrer
Risikobereitschaft auf.
Der New Deal ist jedoch insofern bahnbrechend, als sich mit der g7+ zum ersten
Mal eine Ländergruppe formiert hat, die sich aus eigenem Antrieb mit ihren institutionellen Schwächen und strukturellen Konfliktpotenzialen auseinandersetzte
und sich damit als Kollektiv an die internationale Gemeinschaft wandte. Mit dem
IDPS kümmert sich nun erstmals eine globale Dialogstruktur ausschliesslich um
die Anliegen fragiler Kontexte. Der New Deal hat dazu beigetragen, dass Fragen der
legitimen Regierungsführung, der Sicherheit und der politischen Partizipation im
Entwicklungsdiskurs verankert worden sind. Inspiration oder Sündenbock – die
IZA hat sich in diesen ersten dreieinhalb Jahren intensiv am New Deal gerieben. In
seiner Pilotphase hat er Aufsehen erregt und viel Aufmerksamkeit auf die Probleme fragiler Kontexte gelenkt. 2015 wird eine Rückschau das Potenzial und den
Nutzen des New Deal beleuchten und über seine Fortführung entscheiden.
Mit der Entwicklungsagenda post-2015 steht eine weitere wichtige Weichenstellung vor der Tür. Sie wird die Schwerpunkte der IZA auf Jahre bestimmen.
Derweil zwar noch die letzten Details der Agenda verhandelt werden, kann man
bereits annehmen, dass sich die 17 Ziele für die nachhaltige Entwicklung (SDGs)
bis zu ihrer Verabschiedung an der UN-Generalversammlung im September 2015
nicht mehr grundlegend ändern werden. Im Gegensatz zu den 8 MillenniumsEntwicklungszielen des Jahres 2000 ist das Bewusstsein um den Nexus von
Sicherheit, Frieden und Entwicklung nun tief verankert. Mit einem eigenen „Friedensziel“, dem Ziel 16, hat es prominent Einzug in die neue Entwicklungsagenda
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2015: ein schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit
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gehalten. Dieses beabsichtigt „friedliche und inklusive Gesellschaften im Sinne
einer nachhaltigen Entwicklung zu fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz zu
ermöglichen und effektive, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf
allen Ebenen aufzubauen.“
Angesichts des Einflusses, den die Agenda post-2015 ausüben wird, kann
erwartet werden, dass die internationale Friedensförderung in der IZA dadurch
Rückenwind erhält. So erschliessen sich durch das Ziel 16 möglicherweise gerade
für Organisationen, die ihr Engagement in der Friedensförderung gegenüber ihren
Gebern bisher „versteckt“ als Komponenten technischer Sektorprogramme auszuweisen pflegten, neue Finanzierungsmöglichkeiten. Wie der New Deal wird auch
das Ziel 16 die hohen Ansprüche und Erwartungen nie gänzlich erfüllen können.
Aber es wird Analysen und Berichte sowie Aufmerksamkeit und Wissen generieren
und damit der Arbeit im Brennpunkt von Frieden, Sicherheit und Entwicklung mehr
Prominenz und Gewicht geben.
Parallel zu den Schlussverhandlungen über die SDGs wird in Addis Abeba die
dritte internationale Konferenz über Entwicklungsfinanzierung tagen. Es ist zu
hoffen, dass die Gleichzeitigkeit und die bemerkenswerte personelle Vernetzung
der beiden Prozesse für ein möglichst hohes Mass an Kohärenz sorgen werden.
Ebenfalls in diesem Jahr findet ausserdem im Auftrag des UN-Generalsekretärs
die Review der UN-Friedensmissionen statt. Koordiniert durch das UN-Sekretariat
und eine hochrangige unabhängige Gruppe wird sie es ermöglichen, die Organisation der UN-Friedensmissionen kritisch zu untersuchen und auf deren verbesserte
institutionelle Kohärenz mit den UN-Aktivitäten in der zivilen Friedensförderung
hinzuarbeiten. Die Befunde der Überprüfung werden voraussichtlich auch bei der
diesjährigen UN-Generalversammlung präsentiert. Des Weiteren wird die Expertengruppe zur Review der UN-Friedensarchitektur insbesondere der UN-Kommission für Friedenskonsolidierung ebenfalls im Herbst ihren Bericht abgeben und
mit den Mitgliedstaaten konsultieren.
Anlässlich des 15-jährigen
Bestehens der UN-Resolution
1325 wird KOFF in der Oktoberausgabe des Newsletters detailliert auf die Evaluation ihrer
Umsetzung zurückkommen.
Es ist in der Tat bemerkenswert, dass diese Prozesse gleichzeitig stattfinden.
Daraus ergeben sich Synergien und ein gemeinsames Verständnis der Herausforderungen der IZA. Erfreulich ist zudem, dass die Anliegen der Friedensförderung
darin tatsächlich aufgenommen werden. Zumindest auf der Ebene der entwicklungspolitischen Zielformulierung scheint sich ein Paradigmenwechsel vollzogen zu haben. Dies ist das Resultat zäher Lobbyarbeit und Aufklärung und soll
entsprechend gewürdigt werden – allerdings bloss als Zwischenerfolg, denn die
Überprüfungen werden auch deutlich aufzeigen, dass wir bei der Tat dem Wort
noch meilenweit hinterherhinken. Den Akteuren der Zivilgesellschaft fällt ein
wichtiger Teil der Verantwortung zu, diese oft abstrakten entwicklungspolitischen
Prozesse in die konkrete, positive Veränderung der Realität vor Ort zu übersetzen.
dossier
Verhandlungen für eine nachhaltige Zukunft
Alliance Sud
Eva Schmassmann
Fachverantwortliche
Entwicklungspolitik
Alle Formen von Gewalt signifikant reduzieren, den Rechtsstaat fördern, unlautere
Finanzflüsse und Waffenhandel signifikant reduzieren sowie in jedem Land ein
Geburtenregister einführen. Dies sind nur einige der Unterziele, die das Ziel 16 der
Entwicklungsagenda post-2015 einführen will. Diese breite Palette lässt erkennen,
dass das Ziel zur Förderung friedlicher Gesellschaften selber das Ergebnis von
zähen Verhandlungen ist. Nur so lässt sich das Nebeneinander der verschiedenen
Anliegen unter einem gemeinsamen Titel erklären.
In den Verhandlungen der offenen Arbeitsgruppe, die einen ersten Vorschlag
für die Agenda ausarbeitete, hatten die Schweiz und andere westliche Länder ein
KOFF NEWSLETTER NR. 139
2015: ein schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit
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Links
Die Entwicklungspolitik von
Alliance Sud
Positionspapier von Alliance
Sud zur Entwicklungsagenda
post-2015
Ziel zur Friedensförderung auf ihre Prioritätenliste gesetzt. Entwicklungsländer
wollten mit der Agenda lieber die Ungleichheit zwischen den Ländern reduzieren.
Kompromisse waren nötig. So konnten die Entwicklungsländer das für sie wichtige
Thema der unlauteren Finanzflüsse einbringen. Entgegen der allgemeinen Annahme
fliesst nämlich immer noch mehr Geld von Süden nach Norden als umgekehrt.
Für die Entwicklungsländer ebenfalls wichtig war eine bessere Vertretung in
den globalen Entscheidungsprozessen. Insbesondere Entscheide zu Wirtschaft
und dem globalen Finanzmarkt werden weiterhin unter Ausschluss der Entwicklungsländer in der OECD oder der G20 gefasst. Zwar vage und schwach formuliert,
findet sich nun unter den Unterzielen auch eines, das die Beteiligung der Entwicklungsländer in Institutionen der globalen Gouvernanz stärken will.
Die Entwicklungsagenda post-2015 ist ein ambitioniertes Rahmenwerk. Ob sie
sich tatsächlich zur oft beschworenen transformativen Kraft entwickelt, wird sich
zeigen. In den verbleibenden Verhandlungsmonaten geht es deshalb darum, einen
ebenfalls ambitionierten Überprüfungsmechanismus zustande zu bringen. Nach
der Verabschiedung muss die Zivilgesellschaft dranbleiben. Alliance Sud wird
jedenfalls in den kommenden Jahren die Versprechen von der Schweiz einfordern.
Die AMS und die Entwicklungsagenda
post-2015
Abteilung Menschliche
Sicherheit (AMS)
Anina Mathis
Programmverantwortliche
Sektion Multilaterale
Friedenspolitik
Links
Abteilung Menschliche
Sicherheit
Geneva Declaration on Armed
Violence and Development
KOFF NEWSLETTER NR. 139
Die Dimension „Frieden und Sicherheit“ wird voraussichtlich mit Ziel 16 über
friedliche und inklusive Gesellschaften erstmals in eine universelle Entwicklungsagenda integriert. Auch in der Schweiz wird die Botschaft zur internationalen
Zusammenarbeit 2017-2020 erstmals neben der Entwicklungszusammenarbeit
und der humanitären Hilfe auch die Instrumente zur Förderung des Friedens und
der menschlichen Sicherheit beinhalten. Somit setzt die Schweiz konsequent um,
was der New Deal 2011 auf internationaler Ebene verankerte und kommenden
September mit der Verabschiedung der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs)
globale Anerkennung erhalten wird: Die Erkenntnis nämlich, dass es ohne Frieden
keine nachhaltige Entwicklung und ohne nachhaltige Entwicklung keinen Frieden
geben kann.
Bereits 2006 lancierte die Schweiz zusammen mit UNDP die „Geneva Declaration
on Armed Violence and Development“ mit dem Ziel, die internationale Gemeinschaft zu sensibilisieren und dazu beizutragen, Frieden und Sicherheit in die
Entwicklungsagenda post-2015 zu integrieren. Zusammen mit ihren Partnern hat
die Schweiz seither versucht, dieses Ziel auf multilateraler Ebene zu fördern und
mittels konkreter Massnahmen den negativen Wechselwirkungen zwischen bewaffneter Gewalt und sozioökonomischer Unterentwicklung entgegenzuwirken. Mit
der ausgewiesenen Expertise der Abteilung Menschliche Sicherheit (AMS) und den
seit 2004 aufeinanderfolgenden Rahmenkrediten zur Förderung des Friedens und
der menschlichen Sicherheit verfügt die Schweiz bereits seit mehr als zehn Jahren
über ein spezifisches, zielgerichtetes und wirksames Instrument zur Umsetzung von Ziel 16 und zur Erreichung von mehr Frieden und Sicherheit in der Welt.
Die Gesamtheit der Aktivitäten der AMS bezweckt, in der Tat, die Förderung von
friedlichen und inklusiven Gesellschaften. Das EDA ist darauf bedacht, durch die
zielgerichteten Aktivitäten der AMS, komplementär zu denjenigen der DEZA und
des SECO, bewaffnete Gewalt und Menschenrechtsverletzungen an deren Wurzeln
anzugehen und Einfluss auf politische und gesellschaftliche Prozesse zu nehmen,
welche Konflikte schüren und die Entwicklung durch Armut und Fragilität hemmen.
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Einbeziehung der Zivilgesellschaft
in die Review der UN-Friedensmissionen
und der UN-Friedensarchitektur
Quaker UN Office
Camilla Campisi
UN-Beauftragte
Links
QUNO/GPPAC. Filling the Gap:
How civil society engagement
can help the UN’s Peacebuilding Architecture meet its
purpose. April 2015
Briefingdokument der New
York Peacebuilding Group zur
Konsultation der Zivilgesellschaft im März 2015
QUNO
Die UNO überprüft 2015 ihre Friedensmissionen, ihre Friedensarchitektur sowie die
Resolution 1325, wobei ein Blick auf die wichtige Rolle der Frauen für Frieden und
Sicherheit geworfen wird. Angesichts der Herausforderungen, vor denen die UNO
bei ihren Friedensmissionen und Friedensförderungsbemühungen steht, besonders
durch das erneute Aufflammen der Konflikte im Südsudan und in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), ist dies der richtige Zeitpunkt für eine Überprüfung. Es
stellt sich die Frage, ob die UNO über die richtigen Werkzeuge verfügt oder ob es
kreativere und effizientere Wege der Friedensförderung und Prävention gibt.
Eine stärkere Zusammenarbeit der UNO mit der Zivilgesellschaft auf lokaler
und internationaler Ebene ist möglicherweise ein Schritt nach vorne und erhält
vom Quaker UN Office (QUNO) in New York und anderen Partnern bereits Unterstützung.
QUNO und die Global Partnership for the Prevention of Armed Conflict (GPPAC)
haben als Beitrag zur Überprüfung 2015 gemeinsam einen neuen Bericht mit dem
Titel „Filling the Gap: How civil society engagement can help the UN’s Peacebuilding
Architecture meet its purpose“ erarbeitet. Der Bericht basiert auf Interviews mit
UN-AkteurInnen in New York sowie Untersuchungen lokaler FriedensaktivistInnen
in Burundi, der ZAR und Liberia. Er bietet konkrete Empfehlungen für eine Zusammenarbeit der UNO mit der Zivilgesellschaft, von der Analyse und Planung bis hin
zur Umsetzung.
QUNO koordiniert zudem die New York Peacebuilding Group, eine informelle Zusammenkunft von Organisationen (die Dag Hammarskjöld Foundation, die GPPAC,
das International Peace Institute, Interpeace, PAX, Peace Direct, QUNO und World
Vision), die sich mit den UN-Friedensthemen befassen. Im März 2015 brachte die
Gruppe lokale PartnerInnen aus Afrika, Asien und Lateinamerika nach New York,
um deren Perspektiven mit den für die Review der Friedensmissionen und der Friedensarchitektur zuständigen ExpertInnen zu teilen.
Mithilfe dieser und vieler anderer Anregungen werden die Überprüfungen hoffentlich eine bessere Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft sowie eine deutlichere Reaktion der UNO auf die Bedürfnisse nach Frieden und Sicherheit lokaler
Gemeinden zum Ergebnis haben.
Weissbuch zur Friedensförderung
Geneva Peacebuilding
Platform
Achim Wennmann
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Das Weissbuch zur Friedensförderung reflektiert einen zwölfmonatigen Prozess
bestehend aus ausführlichen Gesprächen, einer Serie von Hintergrunddokumenten und Rücksprachen mit Fachleuten der Friedensförderung aus allen Regionen.
Ziel war es, eine Vielfalt verschiedener Stimmen zu Wort kommen zu lassen, die
sich zur Zukunft der Friedensförderung äussern und auch dazu, wie Länder und
Gesellschaften selbst zu nachhaltigem Frieden kommen und wie die UNO und
andere internationale und lokale AkteurInnen solche Prozessen unterstützen
können.
2015: ein schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit
7
Links
Weissbuch zur
Friedensförderung
Geneva Peacebuilding
Platform
Der Grund für die Ausweitung der Diskussion rund um die Friedensförderung
ist die Tatsache, dass das nächste Jahrzehnt mehr Spannungen auf allen Ebenen
institutioneller und gesellschaftlicher Systeme mit sich bringt und dass das Konfliktrisiko durch diese Spannungen steigen dürfte. Um diesen Herausforderungen
entgegenzutreten, müssen die Kapazitäten der Friedensförderung und Prävention
weiterentwickelt und effizienter gestaltet werden. Ausserdem gehen die Ansichten
darüber, „was“ Friedensförderung auf internationaler oder lokaler Ebene ist sowie
über das „wie“, „warum“ und „wer“ der Friedensförderung weiter auseinander.
Die im Weissbuch enthaltenen Überlegungen kommen zum richtigen Zeitpunkt:
Die UN-Friedensarchitektur wird derzeit nach zehn Jahren überprüft und der UNGeneralsekretär hat eine hochrangige unabhängige Gruppe für Friedensmissionen
bestellt, welche die Organisation der UN-Friedensmissionen untersuchen wird.
Dadurch wird ermöglicht, die Rolle der UNO bei der Friedensförderung zu überdenken
und nachzuvollziehen, in welcher Form die Organisation auf allgemeine Trends in
der Praxis der Friedensförderung reagiert. Das Weissbuch trägt dazu bei, indem es
den globalen Kontext der Friedensförderung untersucht und Perspektiven zu den
Herausforderungen und Chancen sowie der Zukunft der Friedensförderung hervorhebt.
Der Weissbuchprozess wurde durch die Geneva Peacebuilding Platform (GPP)
koordiniert und durch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) finanziert.
Die Review der UN-Friedensarchitektur:
eine FriEnt Perspektive
FriEnt
Marius Müller-Hennig
Vertreter der Friedrich-EbertStiftung im FriEnt-Team
Links
Marc Baxmann und Marius
Müller-Hennig. A New Deal
for the Peacebuilding Commission? FriEnt/FES-Expert
Discussion Report. 3. November 2014
Marius Müller-Hennig. Peacebuilding bei den UN in 2015 –
Ein großes Ganzes oder viele,
viele bunte Silos? FriEntImpuls. 11/2014
Die Review der UN-Friedensarchitektur (UN PBA) fällt in diesem Jahr mit einer
Reihe thematisch sehr eng verwandter Prozesse bei den Vereinten Nationen
zusammen: Die hochrangige unabhängige Gruppe für Friedensmissionen wird im
Sommer ihren Bericht vorlegen und im Herbst werden die nachhaltigen Entwicklungsziele verabschiedet. Es ist eine spannende Zeit für die Friedensförderung im
UN-Kontext: Die zentrale Frage ist, ob sich die verschiedenen Prozesse zu einem
stimmigen Gesamtbild fügen werden. Das institutionelle Silo-Denken im UNSystem – ebenso wie bei den meisten UN-Mitgliedstaaten inklusive der Bundesrepublik Deutschland – lässt einen kohärenten Ansatz weiterhin unwahrscheinlich
erscheinen.
Sieht man die Review der UN PBA als isolierten Prozess, fällt die Einschätzung
positiver aus. Zwar ist sie weiterhin andauernder Kritik ausgesetzt, doch verspricht das Vorgehen der Überprüfung mit fünf Fallstudien deutlich spannendere
Einsichten, als noch die letzte Review der UN-Kommission für Friedenskonsolidierung 2010 – ganz unabhängig davon, ob daraus tatsächlich die notwendigen
Schlüsse gezogen und institutionelle Reformen angestossen werden, die der Kommission als Herzstück der UN PBA neues Leben und neue Relevanz einhauchen
können. Denn dies steht auf einem anderen Blatt, das die Politiker und Diplomaten
erst noch beschreiben müssen.
Seit letztem Jahr begleitet die Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung
FriEnt den Überprüfungsprozess der UN PBA, unter anderem mit einem Fachgespräch zu den Schnittstellen zwischen der UN PBA und dem New Deal, einem
Beitrag in den FriEnt-Impulsen und verschiedenen Hintergrundgesprächen mit Vertretern der beteiligten deutschen Ministerien sowie der Zivilgesellschaft. Die Ergebnisse der Fallstudien der Überprüfung wird FriEnt in die deutsche Fachdiskussion
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2015: ein schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit
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einspeisen. Im Rahmen des „FriEnt Peacebuilding Forums“ Ende September will
FriEnt schliesslich den Blick auf das Gesamtbild der anstehenden UN-Prozesse
von der Review der UN PBA bis zu den nachhaltigen Entwicklungszielen richten.
Die Review der UN-Friedensarchitektur:
die Perspektive der Schweiz
Abteilung Vereinte Nationen
und internationale Organisationen des EDA
Christoph Bühler
Diplomatischer Mitarbeiter
Link
Abteilung Vereinte Nationen
und internationale Organisationen des EDA
Die Schweiz unterstützt und beteiligt sich seit Jahrzehnten an Friedenssicherungseinsätzen. Mehrere hundert ExpertInnen stehen bei militärischen und zivilen Friedensoperationen auf vier Kontinenten im Einsatz. In Konfliktgebieten konzentriert
sich die Schweiz auf die Entsendung von Kontingenten, Kleindetachementen und
Militärbeobachtern sowie zivilen und militärischen Fachpersonen, zum Beispiel in
den Bereichen Polizei, humanitäre Minenräumung, Gesundheitswesen und Reform
des Sicherheitssektors. Die Schweiz hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Kapazität in
der militärischen Friedensförderung sowohl qualitativ als auch quantitativ weiter
zu erhöhen.
In den aktuell laufenden Überprüfungsprozessen betonte die Schweiz wiederholt in verschiedenen Stellungnahmen und in persönlichen Gesprächen mit hochrangigen UN-Vertretern, dass Konflikte ganzheitlich von der Prävention bis hin zur
Friedenskonsolidierung betrachtet werden müssen. Nur wenn sich das UN-System
in seiner Gesamtheit auch um Aspekte wie Menschenrechte, Reform des Sicherheitssektors oder Rechtsstaatlichkeit kümmert, kann der Komplexität aktueller
Konflikte begegnet werden. Daher begrüsst die Schweiz, dass auch die politischen
Mandate (Special Political Missions) als Teil der Review der UN-Friedensarchitektur betrachtet werden.
Als Vertragspartei der Genfer Konventionen setzt sich die Schweiz traditionellerweise für den Schutz von Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten ein. Der
Schweiz kommt dabei eine von der internationalen Gemeinschaft anerkannte Rolle
zu. Ausdruck dafür ist unter anderem der Schweizer Vorsitz der „Group of Friends
on the Protection of Civilians“ in New York. Immer mehr Friedensoperationen der
UNO beinhalten ein Mandat zum Schutz der Zivilbevölkerung, weswegen diesem
Aspekt besondere Beachtung zu schenken ist.
Weiter teilt die Schweiz die Sorge über steigende Opferzahlen unter den für
die Friedensförderung eingesetzten Truppen mit vielen anderen Staaten. Der
Schutz und die Sicherheit der Truppen, die in einem zunehmend risikoreichen
Umfeld agieren, müssen gewährleistet werden. Dies impliziert eine umfassende
Ausbildung und die situationsangepasste Zurverfügungstellung von Material und
entsprechender Technologie. Daneben setzt sich die Schweiz auch für die Bekämpfung der Straflosigkeit, die bessere Koordination verschiedener Missionen
und für effiziente Transitionsprozesse ein.
KOFF NEWSLETTER NR. 139
2015: ein schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit
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DEZA: Treffen des International Dialogue
on Peacebuilding and Statebuilding
Direktion für Entwicklung und
Zusammenarbeit (DEZA)
Markus Heiniger
Links
Sicherheit für alle und
Rechtsstaatlichkeit sind unerlässliche Voraussetzungen für
die Entwicklung. Artikel von
der DEZA. Mai 2015
Internationalen Netzwerk
Konflikt und Fragilität der
OECD (INCAF)
International Dialogue on
Peacebuilding and Statebuilding
Die Schweiz – vertreten durch die DEZA – nahm am 25. Mai in Abidjan am Treffen des
International Dialogue on Peacebuilding and Statebuilding (IDPS) teil. Die Zusammenkunft führte zu zwei wesentlichen Ergebnissen: Erstens ist darauf zu achten,
dass im Entwicklungsfinanzierungsprozess die Anliegen der fragilen Kontexte gut
verteidigt werden. Da „friedliche und inklusive Gesellschaften“ (Ziel 16) gleichzeitig
Voraussetzung und Auslöser für die Akquirierung von Finanzmitteln sind, ist es
wichtig, den fragilen und konfliktbetroffenen Staaten innerhalb des neuen Rahmens
für die Entwicklungsfinanzierung Aufmerksamkeit zu schenken. Die öffentliche
Entwicklungshilfe sollte vermehrt an Länder mit systemischen Schwächen gehen,
wo die Bedürfnisse und Herausforderungen besonders gross sind und der Zugang
zu alternativen Finanzierungsquellen (z. B. Privatinvestitionen) ungenügend ist.
Zweitens ist die Review des New Deal mit der Ausschreibung für die Beraterteams
angelaufen. Leider wurden keine genaueren Termine für die Konsultationen bekannt. Die INCAF-VertreterInnen und die Civil Society Platform for Peacebuilding
and Statebuilding (CSPPS) pochten darauf, dass die Überprüfung ein unabhängiger
und inklusiver Prozess sein muss.
In einem Aufruf mit dem Titel „2015 – Year of opportunity for addressing conflict and fragility“ weisen die INCAF Co-Chairs Schweiz und UNDP zudem auf die
Chancen hin, welche die Gleichzeitigkeit der Prozesse zu Ziel 16 sowie zur Review
des New Deal, zur UN-Kommission für Friedenskonsolidierung und zur UN-Resolution 1325 mit sich bringt. Dies müsse genutzt werden, um einen verbesserten
globalen Ansatz zu erarbeiten, der darauf abzielt, friedliche und inklusive Gesellschaften hervorzubringen und sich mit den Konflikttreibern zu befassen, welche
die Entwicklung untergraben. Es müsse ein breiter holistischer Ansatz aufgebaut
werden, der der komplexen und multipolaren Natur von Konflikt, Fragilität und
Gewalt gerecht wird. Es soll ein gemeinsamer INCAF-Vorschlag ausgearbeitet
werden, der analysiert, warum die Entwicklungshilfe noch schlecht darauf abgestimmt ist, sich mit den Ursachen und Treibern von Konflikten und Fragilität zu
befassen. Ausserdem soll gezeigt werden, wie die Wirksamkeit der Hilfe zu verbessern ist, mit dem Ziel, auf die Peace and Statebuilding Goals (PSGs), auf Ziel 16 und
auf die Umsetzung des New Deal hinzuarbeiten. Dieser Ansatz sollte auf dem New
Deal aufbauen und die PSGs im Kontext einer universellen, nachhaltigen Entwicklungsagenda fördern, in der Frieden zum ersten Mal als Entwicklungsziel hervorgehoben wird.
aktuelles
2015: ein wichtiges Jahr für KOFF
KOFF
Marie Seidel
Sidonia Gabriel
Links
KOFF Webseite
KOFF NEWSLETTER NR. 139
Etwa 30 Teilnehmende von NGOs und der Schweizer Verwaltung trafen sich am
9. Juni zur KOFF Trägerversammlung in Bern. Es bot sich einmal mehr die Gelegenheit, über die zukünftige Strategie, die ab 2016 umgesetzt wird, zu sprechen.
Nachdem der Fokus bislang erfolgreich auf die Stärkung der Kapazitäten der
Friedensarbeit gelegt worden war, soll die Rolle von KOFF nun ausgeweitet und
Prozesse, welche die Friedenspolitik auf lokaler, schweizerischer und internationaler Ebene beeinflussen, fazilitiert werden. Hierfür möchte KOFF vor Ort die
Durchführung von Lernforen ermöglichen, um den Dialog und den Austausch von
2015: ein schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit
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KOFF Newsletter Nr. 138 Die
Schweizer Friedensarchitektur. Juni 2015
artasfoundation
IAMANEH Schweiz
Informationen sowie die Erarbeitung ihrer Dokumentation zu fördern. Die Foren
werden auf Initiative und im Interesse der Trägerorganisationen entwickelt, KOFF
spielt dabei nur die Rolle des Fazilitators. Das langfristige Ziel ist es, das Wissen
rund um die Friedensförderung sichtbar und einfacher zugänglich zu machen,
die Entwicklung innovativer und gemeinsamer Ansätze zu fördern und die Arbeit
eines jeden Trägers wirksamer zu machen. In Bern stellen dieses Wissen und
diese Initiativen eine Schlüsselressource dar, um mithilfe von Rundtischen und
Diskussionen Ansätze zu entwickeln, die vor Ort sowie in der Friedensförderung
und Friedenspolitik der Schweiz auf allen Ebenen wieder einfliessen können. Dies
dient dazu, der Friedensförderung in der Politik sowie in der Öffentlichkeit mehr
Sichtbarkeit und Relevanz zu verleihen.
Der thematische Teil der Versammlung war im Übrigen der Schweizer Friedenspolitik gewidmet. Bei dieser Gelegenheit sprach Andreas Zumach, freiberuflicher
Journalist am UN-Hauptsitz in Genf, über die Kohärenz – oder vielmehr die fehlende
Kohärenz – bei den Inhalten der verschiedenen Schweizer Politikfelder (auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit, Entwicklung, Wirtschaft, Handel, Migration/
Flüchtlinge). Seiner Meinung nach kann die Schweiz, solange es an inhaltlicher
Kohärenz fehlt, nicht für sich in Anspruch nehmen, eine echte Friedenspolitik zu
verfolgen. Bei der anschliessenden Diskussion wurde die Rolle der Zivilgesellschaft bei Behebung dieser Wiedersprüche betont.
Schliesslich bot die Versammlung auch die Gelegenheit, über den Beitritt
von zwei neuen KOFF Trägerorganisationen, der artasfoundation und IAMANEH
Schweiz, zu informieren.
100 Jahre WILPF – eine Friedenskonferenz
cfd
Sarah Diack
Links
cfd: feministische Friedenspolitik
WILPF
Vom 27. – 29. April 2015 fand die Konferenz zum 100. Geburtstag der Women’s
International League for Peace and Freedom (WILPF) in Den Haag statt, an der
auch cfd vertreten war. Über 1‘000 Frauen aus 80 Ländern, darunter Friedensnobelpreisträgerinnen wie Shirin Ebadi, Leymah Gbowee, Jody Williams und die
UN-Beauftragte Radhika Coomaraswamy, forderten das Gleiche wie bereits die
WILPF-Gründerinnen 1915: Frieden.
Friedenskonferenzen, die sich nicht durch den globalen Militarisierungstrend
zweckentfremden lassen, sind rar. Die WILPF-Konferenz war eine solche Ausnahme.
Sie gab denjenigen eine Stimme, die ein Ende von Krieg und Gewalt wollen: der
Mehrheit der Weltbevölkerung.
Damit Frieden überhaupt möglich wird, müssen die kapitalistischen und
patriarchalen Machtstrukturen, die das Gewaltprogramm und die Kriegsökonomie antreiben, durchbrochen und dekonstruiert werden. Das internationale
juristische Regelwerk dazu existiert bereits. Die UN-Charta verbrieft unser Recht
auf Frieden – wir müssen es nun zurückfordern. Der Weg dahin heisst De- und
Entmilitarisierung: Letztes Jahr flossen weltweit 1’776’000’000’000 US Dollar ins
Kriegsgeschäft, was 480-mal dem UN-Jahresbudget entspricht. Dieses Geld soll
für Frieden investiert werden, fordert WILPF, denn Gewalt erzeugt Gegengewalt.
Shirin Ebadi brachte es auf den Punkt: „Werft Bücher statt Bomben und ihr werdet
sehen, dass die Welt sich ändert.“
KOFF NEWSLETTER NR. 139
2015: ein schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit
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swisspeace Weiterbildungsangebot 2015/16
swisspeace
Franziska Sigrist
Link
swisspeace Academy
Viele Länder sind von gewaltsamen Konflikten betroffen. Ziel der Weiterbildungskurse von swisspeace ist es, zu verstehen, wie zivile Friedensförderung die Transformation gewalttätiger Konflikte herbeiführen kann – durch friedliche Mittel,
Friedensförderung, Wiederaufbau der vom Krieg betroffenen Gesellschaften und
Verhinderung erneuter Gewaltausbrüche. Die Kurse verbinden Forschungsergebnisse mit aktuellen Erkenntnissen aus der Praxis der Friedensförderung und sind
auf PraktikerInnen mit akademischem Hintergrund zugeschnitten, die ihre eigenen Erfahrungen kritisch hinterfragen, ihre Fähigkeiten weiterentwickeln und ihr
Netzwerk an Fachleuten der Friedensförderung stärken wollen. Mit dem neuen
Weiterbildungsangebot 2015/16 bietet swisspeace wieder eine Vielfalt an kurzen,
fachspezifischen Kursen, die mit einem Nachdiplomstudium von swisspeace und
der Universität Basel verbunden werden können. Interessierte können sich jetzt
anmelden.
>>
Zivile Friedensförderung Nachdiplomstudiengänge, September 2015-August 2016
>>
Business, Conflict & Peace Kurs, 2.-6. November 2015
>>
Conflict Analysis Training, 18.-20. November 2015
>>
Conflict Prevention & Early Warning Kurs, 25.-27. November 2015
>>
Gender Equality & Peacebuilding Kurs, 25.-29. Januar 2016
>>
Theories of Change Training, 17.-19. Februar 2016
>>
National Dialogue & Peace Mediation Kurs, 29. Februar-4. März 2016
>>
Fragility, Conflict & Statebuilding Kurs, 4.-8. April 2016
>>
Conflict Sensitivity Training, 27.-29. April 2016
>>
Dealing with the Past Kurs, 9.-13. Mai 2016
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Connecting Human Rights & Conflict Transformation Training, 8.-10. Juni 2016
>>
Sommerschule 27. Juni-1. Juli 2016
Internationale Partnerorganisationen
Neuigkeiten aus der internationalen Friedensförderung und
den Partnerorganisationen
von KOFF
Berghof Foundation
CDA Collaborative
Learning Projects
Conciliation Resources
EIP
KOFF NEWSLETTER NR. 139
EPLO
Am 23. und 24. April trafen sich die Mitglieder des European Peacebuilding Liaison
Office (EPLO) zur zweimal im Jahr stattfindenden Generalversammlung in London.
Für die zwei Vakanzen im EPLO Steering Committee wurden Wahlen durchgeführt:
Gewonnen haben Doris Mariani von Nonviolent Peaceforce und Sanne Tielemans
von Conciliation Resources. Darüber hinaus hiess die Generalversammlung drei
Mitgliedsanträge gut, womit die Zahl der Mitglieder auf 35 steigt: EPLO heisst
Concordis International, die Gemeinschaft Sant’Egidio und die Guerrand-Hermès
Foundation for Peace herzlich willkommen. Ausserdem genehmigte die Generalversammlung die Ernennung von Sonya Reines-Djivanides zur neuen Geschäftsleiterin. Sonya hat über zehn Jahre Erfahrung in der Friedensförderung. Bevor sie
zum EPLO kam, war sie Leiterin des Hauptsitzes von Search For Common Ground in
Brüssel, wo sie für Spendensammlungen in Europa, Zusammenarbeit, AdvocacyArbeiten und die Programmunterstützung verantwortlich war. Zudem leitete sie
2015: ein schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit
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EPLO
forumZFD
FriEnt
Geneva Peacebuilding
Platform
GIZ
GPPAC
International Alert
Plattform Zivile
Konfliktbearbeitung
die Entwicklung und die Umsetzung des Track-II-Programms von SFCG. Sonya hat
einen Master of Arts in International Relations mit dem Schwerpunkt International
Conflict Negotiation und ein Fortgeschrittenenzertifikat in International Conflict
Management an der Maxwell School of Citizenship and Public Affairs der Syracuse
University abgeschlossen.
FriEnt
In der neusten Ausgabe von FriEnt-Impulse analysieren Cécile Druey (swisspeace)
und Sidonia Gabriel (KOFF/swisspeace) sowohl die Rolle der OSZE in der Ukraine
und ihrer Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft als auch die Rolle der ukrainischen Zivilgesellschaft und die grossen Herausforderungen, mit denen sie
konfrontiert ist. Klar wird dabei, dass ihre friedensfördernde Rolle gestärkt werden
muss, um dem gesellschaftspolitischen Auseinanderdriften der verschiedenen
politischen Lager in der Ukraine entgegenzuwirken. Im Artikel werden Empfehlungen
gemacht, wie die OSZE ihr Engagement mit der Zivilgesellschaft weiterentwickeln
muss, damit es im Rahmen des rotierenden OSZE-Vorsitzes weitergeführt, im
OSZE-Raum erweitert und somit mittelfristig stärker in der Organisation verankert
wird. In diesem Zusammenhang und im Hinblick auf den deutschen Vorsitz 2016
hat FriEnt zudem zusammen mit KOFF Ende Mai ein Arbeitsgespräch zu diesem
Thema organisiert.
Conciliation Resources
Die Frage, ob der Dialog mit bewaffneten Gruppen eröffnet werden soll oder nicht,
ist nach wie vor Gegenstand vieler Debatten auf internationaler Ebene. Auf lokaler
Ebene engagieren sich jedoch zahlreiche Gemeinschaften aktiv an Gesprächen mit
bewaffneten Gruppen, um so deren Verhalten zu ändern und eine Konflikttransformation anzustossen – meist lange, bevor formelle Verhandlungen stattfinden.
In der zweiten Ausgabe von Accord Insight mit dem Titel „Local engagement with
armed groups: In the midst of violence“ widmet sich Conciliation Resources den
Gemeinschaften, die den Dialog aufgenommen haben und analysiert die damit
einhergehenden Risiken sowie die Schlüsselrolle der Gemeinschaften für die Friedensförderung.
PUBLIKATIONEN
Rebellen für die Staatsbildung
Link
Didier Péclard und Delphine
Mechoulan. Rebel Governance
and the Politics of Civil
War. swisspeace Working
Paper 1/2015.
KOFF NEWSLETTER NR. 139
In der Publikationsreihe Working Papers von swisspeace greifen ExpertInnen
aktuelle Forschungsfragen zu den Schwerpunktthemen von swisspeace auf. Die
neueste Ausgabe „Rebel Governance and the Politics of Civil War“ befasst sich
mit dem Zusammenhang zwischen gewalttätigen Konflikten und Staatsbildung: In
der im 21. Jahrhundert dominanten Forschungsperspektive auf die Bürgerkriege
in Afrika werden gewalttätige Konflikte oft als Ausdruck der Schwäche oder des
Kollapses politischer Institutionen gesehen. Guerilla-Bewegungen wurden im
21. Jahrhundert mehr und mehr zu umherziehenden Banditen, die plünderten, was
von einem verfallenen Staat übrig geblieben war. Diese Perspektive spricht jedoch
der Rebellion ihre Motive ab. Ausserdem zerstören Bürgerkriege – so grausam sie
auch sein mögen – nicht nur einfach politische Strukturen, sondern tragen gleichzeitig dazu bei, diese zu produzieren und zu formen. Oder anders gesagt: Bürgerkriege sind Bestandteil des Prozesses der Staatsbildung.
2015: ein schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit
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Mediation und Poetik
Interessierte melden sich bei
Rachel Gasser
Der Dichter und der Mediator haben mehr gemeinsam, als man zunächst vermuten
würde. Sie arbeiten mit demselben Instrument: das Wort, geschrieben und
gesprochen. Beide sind sie mit der Aufgabe konfrontiert, an sich unübersetzbare
menschliche Befindlichkeiten, Konflikte, Streit, Schmerz und Missverständnisse
in die menschgemachte Sprache zu übertragen. Und sowohl der Dichter als auch
der Mediator braucht Geduld, Beharrlichkeit, Demut und Empathie, um seine Ziele
zu erreichen. Inspiriert von Rainer Maria Rilkes Briefen an einen jungen Dichter,
veröffentlicht swisspeace die „Letters to a Young Mediator“, geschrieben von einigen der grossen Mediatoren unserer Zeit, wie zum Beispiel John Paul Lederach.
Sie reflektieren darin über die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Tätigkeit als Vermittler zwischen Fronten.
WEBTIPP
„Microdata Library“:
Offene Daten für bessere Forschung
Link
Micodata Library von der
Weltbank
Die Weltbank setzt sich für die freie Verfügbarkeit von Information ein. In diesem
Zusammenhang baute sie die „Microdata Library“ auf; eine Datenbank, die
Informationen über Entwicklungsländer bereitstellt. Sie zeigt, wie das Leben der
Menschen in solchen Gebieten aussieht, wie es um ihre Institutionen, die Umwelt,
die Gesellschaft und die Ökonomie bestellt ist. Ziel ist es, eine Demokratisierung
der Forschung zu fördern. Die „Microdata Library“ beinhaltet einerseits Daten,
die von der Weltbank selbst erhoben worden sind. Andererseits stellen hier auch
andere internationale Organisationen und Statistik-Agenturen die Resultate ihrer
Erhebungen und Untersuchungen gratis zur Verfügung.
AGENDA
Bevorstehende Veranstaltungen
16. - 19. Juli 2015
KOFF NEWSLETTER NR. 139
Das Internationale Forum für Friedensschaffende, das bereits zum zweiten Mal
in Folge von Caux – Initiativen der Veränderung und dem Institut für Konfliktbearbeitung und Friedensentwicklung (ICP) organisiert wird, findet dieses Jahr vom
16. bis 19. Juli in Caux (Schweiz) statt. Das Thema dieses Jahr lautet „Gewaltfreie
Konflikttransformation: Menschenwürde, Partizipation und Inklusion“. Das Forum
bietet den TeilnehmerInnen die Gelegenheit, sich auszutauschen, zu diskutieren
sowie Netzwerke zu schaffen und Synergien zu nutzen. Weitere Informationen und
Kontakt.
2015: ein schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit
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Bis 20. Juli 2015
swisspeace bietet nun schon das vierte Jahr in Folge den Nachdiplomkurs „Civilian
Peacebuilding“ (CAS) an. Der auf PraktikerInnen mit akademischem Hintergrund
zugeschnittene Kurs dauert 21 Tage über ein Jahr verteilt. Er vermittelt ein ganzheitliches Verständnis für zivile Friedensförderung, setzt sich kritisch mit Friedensförderungspraktiken auseinander und berücksichtigt aktuelle Forschungsergebnisse.
Weitere Informationen und Anmeldung bis zum 20. Juli 2015.
31. August - 4. September
2015
Gesellschaftspolitische Veränderungsprozesse in Krisenregionen stellen hohe
Anforderungen an internationale sowie lokale Akteure. Partnerorganisationen
müssen in der Regel Infrastruktur aufbauen und verwalten, um wirksame Veränderungsimpulse zu entwickeln. Alle zivilen Akteure benötigen hierfür in ihrem Methodenrepertoire Basiskompetenzen der Organisationsentwicklung. „Building peace
by managing change“ ist ein von Steps for Peace organisierter Trainingskurs, der
MitarbeiterInnen unterstützt, ein differenzierteres Verständnis von organisatorischen Rahmenbedingungen in gesellschaftspolitischen Veränderungsprozessen
zu entwickeln und Projekte kontextspezifischer einzuschätzen, zu planen und zu
begleiten. Weitere Informationen und Anmeldung.
18. September 2015
Genf ist seit 2013 die Heimat der Geneva Peace Talks. Die Veranstaltung ist öffentlich zugänglich und findet dieses Jahr am 18. September unter dem Titel „It’s Time
for Peace!“ im Palais des Nations statt. Angesichts der täglichen Schlagzeilen
über Krieg und gewalttätige Konflikte werden die diesjährigen Geneva Peace Talks
aufzeigen, wie dringend die Unterstützung für Friedensbemühungen weltweit
gebraucht wird. Es wird auf frühere Friedensbemühungen und aktuelle Initiativen
eingegangen, woraus Schlussfolgerungen für die Zukunft der Friedensförderung
gezogen werden. Weitere Informationen.
2. - 6. November 2015
Der fünftägige Kurs „Business, Conflict & Peace“ von swisspeace beleuchtet die
Rollen von Initiativen und Strategien verschiedener Wirtschaftsakteure in Konflikten
und im Frieden. Praktische Einblicke in das Engagement von Staat, Unternehmen
und Zivilgesellschaft werden kritisch hinterfragt. Weitere Informationen und
Anmeldung bis zum 31. August 2015.
18. - 20. November 2015
Das Training „Conflict Analysis“ von KOFF bietet Orientierung bezüglich einer
Auswahl von Tools zur Konfliktanalyse. Ausserdem beinhaltet es Erkenntnisse aus
der Praxis vor Ort darüber, wie die wichtigsten Herausforderungen der Ausführung,
Aktualisierung und Anwendung wirksamer Konfliktanalyse angegangen werden
sollen. Weitere Informationen und Anmeldung bis zum 31. August 2015.
25. - 27. November 2015
Der fünftägige Kurs „Conflict Prevention & Early Warning“ von swisspeace bietet
einen Einblick in die wichtigsten Forschungserkenntnisse im Bereich Konfliktprävention, eine Übersicht über die aktuellen Bestrebungen in der Vorbeugung von
Konflikten und thematisiert mögliche Wege zur Verbesserung der Frühwarnung.
Weitere Informationen und Anmeldung bis zum 30. September 2015.
KOFF-Veranstaltungen
Auf der KOFF-Webseite finden Sie weitere Informationen zu den aktuellen
Rundtischen und Veranstaltungen des KOFF.
KOFF NEWSLETTER NR. 139
2015: ein schlüsseljahr für Frieden, Entwicklung und Sicherheit
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KOFF
Kompetenzzentrum Friedensförderung
Centre pour la promotion de la paix
Centre for Peacebuilding
Herausgeber
KOFF von swisspeace
Kontakt
Sonnenbergstrasse 17
Postfach, CH-3000 Bern 7
Tel.: +41 (0)31 330 12 12
Redaktion
Marie Seidel, Lorenz Häberli
Layout
Liliana Rossier
Übersetzung
Furrer Übersetzungen
Übersetzergruppe Zürich
Bildmaterial
„Verknotete Pistole“: Symbol
für Gewaltlosigkeit vor dem
UN-Hauptgebäude in New York.
Copyright: Håkan Dahlström,
Creative Commons
KOFF ist ein Projekt der Schweizerischen Friedensstiftung swisspeace. Es wird gemeinsam
getragen vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten und den
folgenden Schweizer Nichtregierungsorganisationen:
Alliance Sud
APRED
artasfoundation
BAHA’I
Brücke · Le pont
Caritas Schweiz
Caux - Initiativen
der Veränderung
cfd
DCAF
Eirene Schweiz
Fastenopfer
Fondation Hirondelle
FriedensFrauen Weltweit
Frauen für den Frieden
Schweiz
Gesellschaft für bedrohte
Völker
Geneva Call
Graines de Paix
Green Cross Schweiz
GSoA
HEKS
HELVETAS Swiss Int.
IAMANEH Schweiz
Institute for Conflict Transformation and Peacebuilding
IFOR-Schweiz
Interpeace
Luzerner Initiative für Frieden
und Sicherheit (LIPS)
Medico International Schweiz
Medienhilfe
mission 21
miva Schweiz - transportiert Hilfe
Palmyrah
Peace Watch Switzerland
Peace Brigades International
Quaker United Nations Office
Schweizerische Flüchtlingshilfe
Schweizerischer Friedensrat
Schweizerischer Katholischer
Frauenbund
Schweizerisches Rotes Kreuz
SCI Schweiz
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Stiftung Kinderdorf Pestalozzi
Swiss Academy for Development
Swissaid
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