leserbriefe KULTUR Alles kann Kunst sein. Aber wann ist es Kunst? Foto: Luca Meneghel Seit 100 Jahren verwenden Künstler Materialien aus dem Alltag für ihre Arbeiten. Obwohl das so ist, sorgt die Kunst aus Müll für Aufregung. Oder wird entsorgt, wie das Werk von Goldi & Chiari im Museion. Ist das Kunst oder kann das weg? Die Arbeit von Goldi & Chiari im Atelierhaus des Museion in Bozen: Von der Putzfrau als Müll entsorgt und wieder rekonstruiert. A m Samstag, dem 7. November, wurde im Raum 1.03 der Freien Universität Bozen schon wieder Müll als Kunst präsentiert. Den Rahmen bildete das Symposion der italienischen anthropologischen Gesellschaft. Silvia Lelli aus Florenz, Anthropologin und Künstlerin, arbeitet mit Abfällen, die das Meer anschwemmt: Sie kombiniert Organisches und Anorganisches, untersucht Ähnlichkeiten und schafft fließende Übergänge. Dabei entstehen kleine Skulp- 74 turen, die manchmal ironisch auf den kunsthistorischen Bildtyp des Stilllebens Bezug nehmen. Hintergrund sind die auch von Anthropologen untersuchten gigantischen Inseln aus Plastikmüll, die auf den Weltmeeren schwimmen und inzwischen von manchen als eigener Kontinent angesehen werden. Die Auseinandersetzung mit Müll, Abfällen beziehungsweise Resten der Konsumgesellschaft hat sich seit einigen Jahren als ein wichtiges Thema der Kunst No. 46 / 2015 etabliert. „The Rest of Now“ hieß 2008 die von Raqs Media Collective aus Delhi verantwortete Sektion der Manifesta 7 in der Bozner Alumix. Auf der diesjährigen Biennale von Venedig ist im italienischen Pavillon ganz prominent eine künstliche Bauruine des Schweizer Künstlers Thomas Hirschhorn platziert, wie er sie ähnlich schon 2012 auf der Manifesta 10 in der Eremitage von St. Petersburg gezeigt hatte. Der kürzlich im Museion präsentierte Designer ® © Alle Rechte vorbehalten/Riproduzione riservata – FF-Media GmbH/Srl Die 50 reichsten Südtiroler ff 46/15 brachte das Ranking der wohlhabendsten Menschen im Land Die 50 reichsten Südtiroler: und Familie Ebner erst auf Platz 19. Es gibt also doch noch gute Nachrichten. Waldemar Kerschbaumer, Bozen Betoniertes Erbe Wie viel Neubauten verträgt das Weltnaturerbe? ff 43/15 über ungebremstes Bauen in den Dolomiten Es stimmt: Das Elbtal in Dresden ist aus der UnescoListe gestrichen worden, weil eine Brücke gebaut wurde. Diese Brücke hat aber nicht die Politik oder die Baulobby durchgesetzt, sondern im Mittagsmagazin Das Radio-Magazin mit aktuellen Tagesthemen aus Politik, Chronik, Gesellschaft und Kultur. Von Montag bis Samstag täglich ab 12.10 Uhr auf Südtirol 1, Radio Tirol, Radio Holiday, Teleradio Vinschgau, Radio Grüne Welle, Stadtradio Meran, Radio Gherdeina, Radio Gherdeina2 und Radio Nord. www.nachrichten.it No. 47 / 2015 Ein-Spruch: „Was spricht dagegen, das Leitbild eines Museums so anzupassen, dass man sich nach den Bedürfnissen der Bevölkerung richtet?“ Verena Engele Knoll, Museum Studies, Harvard University J ahre 2005 hat die Bevölkerung mittels Volksentscheid bei einer Wahlbeteiligung von 50,8 Prozent mit 67,9 Prozent für den Brückenbau gestimmt, wohl wissend, dass damit das Unesco-Zertifikat gefährdet ist. Der Dresdner Bevölkerung war eine tägliche Verbesserung der Verkehrssituation wichtiger, als einigen Inspektoren, die alle paar Jahre vorbeischauen, ein schönes Fotomotiv zu präsentieren. Da die ff-Redaktion sich immer für die direkte Demokratie ausspricht, sollte sie den Lesern nicht das Resultat von Volksentscheiden vorenthalten, wenn das Resultat nicht gefällt. Wir haben das Anrecht auf eine komplette Berichterstattung. Christian Perathoner, St. Christina Alles kann Kunst sein. Aber wann ist es Kunst? Andreas Hapkemeyer in ff 46/15 über die Kunst, die aus dem Müll entsteht: Sie sorgt für Aufregung. Oder wird verräumt wie im Museion in Bozen. Noch ist das Ereignis mit dem Frosch fest in unser aller Gedächtnis verankert, schon passiert das nächste Missgeschick. Die Marketing- und Presseabteilung im Museion scheint ihrer Aufgabe nicht gewachsen. Schon heißt es: Mittel kürzen, Führung austauschen, die ewige Frage „Was ist Kunst“ wird wieder aus der untersten Schublade hervorgeholt, aber so einfach ist es nicht. Jedes Museum basiert auf einer „Mission“, dem Leitbild, einem Zweck, den es zu erfüllen gilt. In diesem Fall handelt es sich, wie auf der Homepage des Museion nachzulesen, um das Sammeln, Bewahren, Erforschen und Zugänglichmachen von moderner Kunst und Gegenwartskunst. Damit ist der Handlungsspielraum für das Museion klar definiert und eingeschränkt. Dem gegenüber stehen die Interessen der Südtiroler, die Einwohnerzahl, die Ausstellungsfläche und die Mittel, die dem Museum zur Verfügung gestellt werden. Warum soll ein Museum in einer vergleichsweise kleinen Stadt nicht in der Lage sein, seine disziplinären Grenzen zu überwinden, um eine breitere Schicht der Bevölkerung anzusprechen? Das Museum besteht nicht zum Selbstzweck, sondern muss als ein Instrument betrachtet werden, besonders wenn die Allgemeinheit dieses Instrument finanziert. Was spricht dagegen, das Leitbild eines Museums so anzupassen, dass man sich nach den Bedürfnissen des Publikums richtet? Eine solche Vorgehensweise wird von vielen Experten als Verlust an Qualität zugunsten von Schaffung einer Massenattraktion beschrieben. Oder gar als Hinwendung zu einer Eventkultur. Das gilt in Kunstkreisen als verpönt, man müsste fast glauben, wenn es dem Publikum gefällt, fehlt einem Werk die nötige künstlerische Tiefe. Dieser Gedanke ist rückständig. Früher war es die Aufgabe eines Museums, Kunstgegenstände zu sammeln, diese zu erforschen und für die Nachwelt zu bewahren. Heute besteht die Hauptaufgabe darin, Werte für die Besucher zu generieren, wenn die Institution Museum weiterhin einen relevanten Beitrag in unserer Gesellschaft leisten soll. Wenn das nicht passiert, kann ein Museum nur mit massiver staatlicher Unterstützung überleben, so wie es bei uns Dachdeckerei d. Thaler Hubert & Kaufmann Rudolf Wir sanieren Ihnen das komplette DACH! Abbau von asbesthaltigem Material Wir sind spezialisiert auf Glockentürme, Kirchen und denkmalgeschützte Gebäude. Naraun 3 - 39010 Tisens - Tel. 335 5 492 528 Meran - Tel. 339 7 145 744 - E-Mail: [email protected] ® © Alle Rechte vorbehalten/Riproduzione riservata – FF-Media GmbH/Srl und vielerorts in Europa der Fall ist. Unsere staatlich gestützte Kulturfinanzierung ist nicht falsch, aber nicht mehr tragbar, wenn die Allgemeinheit nicht hinter dem Museum steht und einen Nutzen daraus zieht. Wird das eingangs genannte Leitbild nur einem Bruchteil der Bevölkerung gerecht, muss etwas passieren. Das Museum für Moderne Kunst gehört zu Bozen genauso wie das archäologische Museum, die Universität oder die Europäische Akademie. Mir geht es hier in keiner Weise um populistische Parolen oder das Schlechtmachen der Direktion des Museion, das ist eine reichlich banale Vorgehensweise. Vielmehr müssen konkrete Denkan stöße geliefert werden, um einen Dialog zu schaffen. Es braucht kompetente, vorausdenkende Beiträge und ein Einbeziehen der Bozner/-innen. Ein Museum kann heute nur mehr einen relevanten Beitrag leisten, wenn es „für jemanden“ besteht und nicht nur „etwas“ repräsentiert. Verena Engele Knoll, Museum Studies, Harvard University (USA) Nach dem Besuch vieler Museen für moderne Kunst (sogar im Vatikan!) ist meine persönliche Meinung dazu total negativ. Im Internet habe ich viele Beiträge zu der Frage „Was ist ® © Alle Rechte vorbehalten/Riproduzione riservata – FF-Media GmbH/Srl No. 47 / 2015 leserbriefe Kunst?“ gefunden, folgende könnten interessieren: • Die Kunst ist das einzig Ernsthafte auf der Welt (Oscar Wilde). • Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit (Schiller). • Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar (Paul Klee). • Kunst ist eine Vermittlerin des Unaussprechlichen (Goethe). • Wenn ich wüsste, was Kunst ist, würde ich es nicht ver raten (Pablo Picasso). Otto Senoner, St. Ulrich Politiker und das Geld ff 46/15 brachte in der Rubrik Panorama einen Kurzkommentar zum Gehalt des Landeshauptmanns Norbert Dall’Ò schreibt, dass es uns egal sein könnte, ob der Landeshauptmann 2.000, 5.000 oder 10.000 Euro verdient. Mir ist das nicht egal, der sollte sogar mehr als die 10.668 Euro netto verdienen, denn seine Arbeit ist schon sehr anspruchsvoll und sehr wichtig für uns alle. Aber bei dieser Debatte geht es nicht um die Höhe der Diäten eines Landeshauptmannes. Es steht etwas viel Wichtigeres auf dem Spiel. Es geht um nichts weniger als die Glaubwürdigkeit unseres Rechtsstaates, die in den letzten Jahren durch die vielen Politskandale mehr als gelitten hat. Wenn das Monti-Dekret zu den Politikerentschädigungen gewisse Einkommensgrenzen vorgibt, müssen die auch eingehalten werden, so wie viele andere Monti-Spardekrete Die Online-Umfrage auf www.ff-online.com 90 % 10 % „Wollen Sie die doppelte Staatsbürgerschaft?“ Ja Nein durch die Landesregierung umgehend umgesetzt wurden, und die betrafen oft die Einkommensschwächsten. Es ist viel politisches Porzellan zerschlagen worden, jetzt müssen die Volksvertreter alles tun, um das Vertrauen der Bürger wieder zurückzugewinnen. Dazu gehört auch, Gesetze bei sich selber anzuwenden, die wehtun. Martin Volgger, Sterzing Erdgas oder Diesel SPEZIALANGEBOTE FÜR SÜDTIROLER PURES WELLNESSVERGNÜGEN 29.11. - 03.12.15 & 03.12. - 06.12.15 im DZ Pergola inkl. theiner’s Verwöhnpension und € 50,Wellnessgutschein pro Buchung € 297,- pro Person WELLNESSANGEBOT ZUM 8. DEZEMBER 05.12. - 08.12.15 im DZ Pergola inkl. theiner’s Verwöhnpension, late check-out bis 18 Uhr, Mittagsimbiss und Benützung des Wellnessbereiches mit entspannenden Saunaaufgüssen am Abreisetag € 396,- pro Person NOCH KEIN PASSENDES WEIHNACHTSGESCHENK? Wie wär’s mit einem Restaurant-, Spa- oder Urlaubsgutschein von theiner’s garten! 1 · I-39010 Gargazon bei Meran Andreas-Hofer-Straße No. 47 / 2015 T. +39 0473 490 880 · www.theinersgarten.it Die öffentlichen Busse in Verona fahren mit Erdgas. Warum beharrt man in Südtirol auf Diesel? In Verona wurden unlängst weitere sieben Erdgasbusse für den öffentlichen Personennahverkehr vorgestellt, das heißt, 80 Prozent der Kilometer in Verona werden mit erdgasbetriebenen Bussen gefahren, und bald werden es 100 sein mit dem Ankauf von weiteren Erdgasbussen. Warum werden in Bozen und Umgebung Erdgasbusse so gering geschätzt? Seit 2011 frage ich mich, was in Südtirol und in der Landeshauptstadt passiert. Man rühmt sich mit den fünf Wasserstoffbussen als „Green region“, wobei weitere zwanzig in den nächsten drei Jahren hinzukommen werden. Diese H₂-Busse sind – im Vergleich zu Erdgasbussen und mit Abzug der EU-Beiträge – circa doppelt so teuer. Faktisch sind diese H₂-Busse nur ein großes Feigenblatt, weil man bereits 2013 über 150 Dieselbusse angekauft hat, Metrobus inklusiv. Es sind Entscheidungen, die Sasa und Sad im stillen Kämmerchen getroffen haben. Man weiß nicht, wer konkret diese völlig danebengeratenen Entscheidungen trifft, und dies ist eigenartig, weil es sich um Gesellschaften mit öffentlicher Beteiligung handelt, wobei die beteiligten öffentlichen Körperschaften diese Entscheidungen kritiklos billigen. Auf jeden Fall stehen die Entscheidungen zugunsten von Dieselbussen klar in Gegensatz zu den Richtlinien des Klimaplans Energie-Südtirol-2050, der von der Landesregierung im Juni 2011 genehmigt wurde. Dieselbe Landesregierung finanziert dann problemlos den Ankauf von Bussen mit Dieselantrieb. Es ist ein echter politischer, verwaltungsmäßiger und Management-Kurzschluss. Aber niemand scheint bereit zu sein, diesen Widerspruch ein für alle Mal in Frage zu stellen. Michele De Luca, Bozen Leserbriefe Die Briefe in der ff sind ein freies Forum. Jeder Brief ist uns willkommen, möglichst sollten alle Platz finden. Wir bitten Sie, sich kurz zu halten. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Postanschrift: ff – Das Südtiroler Wochenmagazin Brennerstraße 7a, 39100 Bozen E-Mail: [email protected] Fax: 0471 304 510 ® © Alle Rechte vorbehalten/Riproduzione riservata – FF-Media GmbH/Srl
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