Automorphe Formen

Automorphe Formen
Anton Deitmar
Inhaltsverzeichnis
1
Doppelt-periodische Funktionen
1.1
Definition und erste Eigenschaften . . . . . . . . . .
1.2
Die Weierstraß-Funktion . . . . . . . . . . . . . . .
1.3
Die Differentialgleichung der Weierstraß-Funktion
1.4
Eisensteinreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5
Bernoulli-Zahlen und Werte der Zetafunktion . . .
.
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.
1
1
6
11
12
14
2
Modulformen
2.1
Die Modulgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2
Modulformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3
Abschaetzungen fuer Fourier-Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
16
23
39
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1
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Kapitel 1
Doppelt-periodische Funktionen
1.1
Definition und erste Eigenschaften
Definition 1.1.1. Sei D eine offene Teilmenge der komplexen Ebene C.
Eine meromorphe Funktion f auf D ist eine holomorphe Funktion
f : D r P → C, wobei P ⊂ D eine abzaehlbare Teilmenge ist und die
Funktion in den Punkten von P nichthebbare Pole hat.
Die Menge der Pole P kann leer sein, also ist jede holomorphe Funktion
auch meromorph. Da ein Haeufungspunkt von Polen stets eine
wesentliche Singularitaet ist, kann P keine Haeufungspunkte in D
haben, also koennen sich Pole nur aud dem Rand haeufen.
Definition 1.1.2. Sei b
C = C ∪ {∞} die Einpunkt-Kompaktifizierung der
komplexen Ebene, die man auch die Riemannsche Zahlenkugel nennt.
Sei f meromorph auf D mit Polmenge P ⊂ D. Wir erweitern f zu eine
Abbildung f : D → b
C, in dem wir f (p) := ∞ fuer jedes p ∈ P setzen. Eine
meromorphe Funktion kann also als eine b
C-wertige Abbildung
betrachtet werden.
Definition 1.1.3. Fuer einen Punkt p ∈ D und eine meromorphe
Funktion f auf D existiert genau eine ganze Zahl r ∈ Z so dass
1
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2
f (z) = h(z)(z − p)r , wobei h in p holomorph und h(p) , 0 ist. Diese ganze
Zahl r nennt man die Ordnung von f in p. Wir schreiben
r = ordp f.
Die Ordnung ist also positiv bei einer Nullstelle und negativ bei einem
Pol.
Definition 1.1.4. Ein Gitter in C ist eine Untergruppe Λ von (C, +) von
der speziellen Form
n
o
Λ = Λ(a, b) = Za ⊕ Zb = ka + lb : k, l ∈ Z ,
wobei a, b ∈ C ueber R linear unabhaengig sein sollen. Man sagt dann,
dass das Gitter von a und b erzeugt wird, oder dass a, b eine Z-Basis
des Gitters ist.
Ein Gitter hat viele Untergitter, zum Beispiel ist Λ(na, mb) ein
Untergitter von Λ(a, b), falls n, m ∈ N. Eine Untergruppe Σ ⊂ Λ ist
genau dann ein Untergitter, wenn die Quotientengruppe Λ/Σ endlich
ist (siehe Uebungsaufgabe). Es gilt zum Beispiel
Λ(a, b)/Λ(ma, nb) Z/mZ × Z/nZ.
Definition 1.1.5. Sei Λ ein Gitter in C. Eine meromorphe Funktion f auf
C heist periodisch in Bezug auf Λ, falls
f (z + λ) = f (z)
fuer jedes z ∈ C und jedes λ ∈ Λ. Ist f is periodisch in Bezug auf Λ,
dann ist es periodisch in Bezug auf jedes Untergitter. Eine Funktion f
heisst doppeltperiodisch, falls es ein Gitter Λ gibt, so dass f periodisch
bzgl. Λ ist.
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3
Eine Funktion f ist genau dann doppeltperiodisch, wenn es a, b ∈ C
gibt, die R-linear unabhaengig sind, so dass
f (z + a) = f (z)
f (z + b) = f (z)
und
fuer aller z ∈ C gilt.
Proposition 1.1.6. Eine doppeltperiodische Funktion, die holomorph ist, ist
konstant.
Beweis. Sei f holomorph und doppeltperiodisch. Dann existiert ein
Gitter Λ = Λ(a, b) mit f (z + λ) = f (z) fuer jedes λ ∈ Λ. Sei
n
o
F = F (a, b) := ta + sb : 0 ≤ s, t < 1 .
Die Menge F ist eine beschraenkte Teilmenge von C, also ist sein
Abschluss F kompakt. Die Menge F heisst Fundamentalmasche des
Gitters Λ.
Zwei Punkte z, w ∈ C heissen kongruent modulo Λ, falls z − w ∈ Λ.
b
0t
F
a
Lemma 1.1.7. Sei F eine Fundamentalmasche des Gitters Λ ⊂ C. Dann gilt
C = F + Λ, genauer gibt es zu jedem z ∈ C genau ein λ ∈ Λ, so dass
z + λ ∈ F . Man kann auch sagen, dass es zu jedem z ∈ C genau ein w ∈ F
existiert, so dass z − w ∈ Λ.
Automorphe Formen
4
Beweis des Lemmas. Sei a, b die Z-Basis von Λ, die die
Fundamentalmasche definiert, also F = F (a, b). Da a und b ueber R
linear unabhaengig sind, bilden sie eine Basis von C als R-Vektorraum.
Daher gibt es zu gegebenem z ∈ C eindeutig bestimmte r, v ∈ R mit
z = ra + vb. Dann gibt es eindeutig bestimmte m, n ∈ Z und t, s ∈ [0, 1) so
dass
r=m+t
and v = n + s.
Daher ist
z = ra + vb = ma + nb + ta + sb
| {z } | {z }
∈Λ
∈F
und diese Darstellung ist eindeutig.
Wir beeden den Beweis der Proposition. Da die Funktion f holomorph
ist, ist sie stetig, also ist f F kompakt, also beschraenkt. Nach dem
Lemma gibt es zu gegebenem z ∈ C ein λ ∈ Λ so dass z + λ ∈ F , also
f (z) = f (z + λ) ∈ f (F ). Damit ist die Funktion f beschraenkt auf C, also
nach dem Satz von Liouville konstant.
Proposition 1.1.8. Sei F ein Fundamentalbereich des Gitters Λ ⊂ C und sei
f eine Λ-periodische, meromorphe Funktion. Dann gibt es ein w ∈ C, so dass f
keinen Pol auf dem Rand der verschobenen Masche Fw = F + w hat. Fuer
jedes w ∈ C gilt
Z
∂Fw
f (z)dz = 0,
wobei ∂Fw der positiv orientierte Rand von Fw ist.
Beweis. Haette f fuer jedes w ∈ C Pole auf dem Rand von Fw , dann
muesste f ueberabzaehlbar viele Pole haben, was nicht sei kann. Wir
koennen daher ein w finden, so dass keine Pole auf dem Rand von Fw
liegen.
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5
γ3
w+b
γ4
w+a+b
γ2
Fw
γ1
w
w+a
Der Integrationsweg ∂Fw besteht aus den Teilwegen γ1 , γ2 , γ3 , γ4 wie im
Bild. Der Weg γ3 ist derselbe wie γ1 , nur verschoben um b ∈ Λ und in
der umgekehrten Richtung laufend. Die Funktion f aendert sich nicht,
wenn man das Argument um b verschiebt und Richtungsaenderung bei
einem Weg bringt einen Vorzeichenwechsel beim Integral. Daher ist
Z
Z
Z
Z
f (z) dz +
f (z) dz = 0 und ebenso
f (z) dz +
f (z) dz = 0,
γ1
γ3
zusammen folgt
γ2
R
∂Fw
γ4
f (z) dz = 0 wie behauptet.
Proposition 1.1.9. Sei f , 0 eine meromorphe Funktion, die periodisch bzgl
dem Gitter Λ ⊂ C ist. Sei F ein Fundamentalbereich des Gitters. Fuer jedes
w ∈ C gilt dann
X
Resz ( f ) = 0.
z∈Fw
Beweis. Im Fall, dass kein Pol auf dem Rand von Fw liegt, folgt die
Behauptung aus der letzten Proposition und dem Residuensatz.
Allgemein folgt sie, weil die Summe nicht von w abhaengt, da
kongruente Punkte gleiche Residuen haben. Es folgt
X
z∈Fw
Resz ( f ) =
X
Resz ( f ).
z ∈ C mod Λ
Proposition 1.1.10. Sei F eine Fundamentalmasche des Gitters Λ ⊂ C und
Automorphe Formen
6
sei f , 0 eine Λ-periodische meromorph Funktion. Fuer jedes w ∈ C ist dann
die Anzahl der Nullstellen von f in Fw gleich der Anzahl der Pole von f in
Fw . Hierbei werden Pole und Nullstellen mit ihren jeweiligen Vielfachheiten
gezaehlt, also wird z.B. ein doppelter Pol zweifach gezaehlt.
Beweis. Eine komplexe Zahl z0 ist eine Nullstelle oder ein Pol der
Ordnung k ∈ Z, falls die Funktion
f0
f
einen Pol in z0 vom Residuum k
hat. Damit folgt die Aussage aus der letzten Proposition, da die
Funktion
1.2
f0
f
ebenfalls periodisch in Bezug auf Λ ist.
Die Weierstraß-Funktion
Lemma 1.2.1. Sei Λ ⊂ C ein Gitter und sei s ∈ C. Die Reihe
X 1
|λ|s
λ∈Λ
λ,0
konvergiert absolut, falls Re(s) > 2. Sei b ∈ C r {0} fest und betrachte das
Gitter Λa = Λ(a, b) fuer a ∈ C r Rb. Die Summe
X 1
|λ|s
λ∈Λa
λ,0
n
o
konvergiert gleichmaessig fuer alle (a, s) ∈ C × Re(s) ≥ α , wobei C eine
kompakte Teilmenge von C r Rb und α > 2 sind.
Beweis. Seien α und C wie im Lemma. Wir koennen Re(s) > 0
annehmen, denn sonst kann die Reihe in keiner Reihenfolge
konvergieren, da die Folge der Summanden nicht gegen Null geht.
Ferner reicht es, den Fall s ∈ R zu betrachten, da fuer s ∈ C der
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7
Absolutbetrag von |λ|−s gleich |λ|− Re(s) ist. Beachte nun, dass fuer s > 0
die Funktion x 7→ xs monoton wachsend fuer x > 0 ist.
Sei F (a) eine Fundamentalmasche fuer das Gitter Λa und sei
X 1
ψa,s (z) =
1F (a)+λ (z).
|λ|s
λ∈Λa
λ,0
Es gilt dann
Z
X 1
|F (a)|
=
ψa,s (x + iy) dx dy,
|λ|s
C
λ∈Λa
λ,0
wobei |F (a)| den Flaecheninhalt der Fundamentalmasche F (a)
bezeichnet. Die stetige Abbildung a 7→ |F (a)| nimmt auf der kompakten
Menge C Minimum und Maximum an. Es gilt ψa,s ≤ ψa,α falls s ≥ α, also
R
reicht es, gleichmaessige Konvergenz von C ψa,α (z) dx dy in a zu zeigen.
Sei r > 0 so gross, dass fuer jedes a ∈ C der Durchmesser der
Fundamentalmasche F (a),
diam(F (a)) = sup{|z − w| : z, w ∈ F (a)}
kleiner als r ist. Fuer jedes z ∈ C gilt ψa,α (z) =
1
|λa,z |s
fuer geeignetes
λa,z ∈ Λa mit |z − λa,z | < r. Fuer jedes a ∈ C und z ∈ C mit |z| ≥ r gilt
|λa,z | = |λa,z − z + z| ≤ |λa,z − z| + |z| < r + |z| ≤ 2|z|.
Andererseits gilt fuer |z| ≥ 2r:
1
|λa,z | = |λa,z − z − (−z)| ≥ |λa,z − z| − |z| ≥ |z|.
2
Sei R = 2r. Fuer |z| ≥ R gilt 21s |z|−s ≤ ψa,α (z) ≤ 2s |z|−s fuer jedes a ∈ C. Die
R
stetige Abbildung a 7→ |z|≤R ψa,α (z) dx dy ist auf der kompakten Menge C
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8
beschraenkt. Daher konvergiert die Reihe gleichmaessig fier a ∈ C falls
Z
1
dx dy < ∞.
α
|z|
|z|>R
Wir benutzen nun Polarkoordinaten auf C. Die Abbildung
P : (0, ∞) × (−π, π] → C, gegeben durch
P(r, θ) = reiθ = r cos θ + ir sin θ
ist eine Bijektion auf das Bild C r {0}. Die Jacobi-Determinante dieser
Abbildung ist r, so dass die Transformationsformel die Gleichung
Z
Z πZ ∞
f (x + iy) dx dy =
f (reiθ )r dr dθ
C×
−π
0
liefert. Daher ist
Z
1
dx dy = 2π
α
|z|>R |z|
Z
∞
r1−α dr,
R
so dass die Behauptung folgt.
Satz 1.2.2. Sei Λ ein Gitter in C. Die Reihe
℘(z) :=
X
1
1
1
+
−
z2
(z − λ)2 λ2
λ∈Λr{0}
konvergiert lokal-gleichmaessig absolut in C r Λ. Sie definiert eine
meromorphe, Λ-periodische Funktion, die man die Weierstraßsche
℘-Funktion nennt.
Automorphe Formen
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Beweis. Fuer |z| < 21 |λ| gilt |λ − z| ≥ 12 |λ|. Ferner gilt |2λ − z| ≤ 25 |λ|. Also
|z| 52 |λ|
1
1 λ2 − (z − λ)2 z(2λ − z) 10|z|
−
=
≤
=
.
=
(z − λ)2 λ2 λ2 (z − λ)2 λ2 (z − λ)2 |λ|3
|λ|2 14 |λ|2
Mit Lemma 1.2.1 folgt die lokalgleichmaessige Konvergenz.
Indem wir in der Summation λ durch −λ ersetzen, sehen wir ein, dass
℘ eine gerade Funktion ist:
X
X
1
1
1
1
1
1
−
=
+
−
= ℘(z).
℘(−z) = 2 +
z
(z + λ)2 λ2 z2
(z − λ)2 λ2
λ∈Λr{0}
λ∈Λr{0}
Da die Reihe lokal-gleichmaessig konvergiert und die Summanden
holomorph sind, kann die Reihe gliedweise differenziert werden. Ihre
Ableitung
℘ (z) = −2
0
1
,
3
(z
−
λ)
λ∈Λ
X
ist offensichtlich Λ-periodisch.
Daher ist fuer λ ∈ Λ die Funktion ℘(z + λ) − ℘(z) konstant. Ist λ < 2Λ,
berechnen diese Konstante, indem wir z = − λ2 setzen und die Geradheit
von ℘ ausnutzen:
λ
λ
− ℘ − = 0.
℘
2
2
Das bedeutet, fuer λ ∈ Λ r 2Λ ist ℘(z + λ) = ℘(z) und da die Menge
Λ r 2Λ eine Basis von Λ enthaelt, folgt diese Gleichheit fuer alle
λ ∈ Λ.
Satz 1.2.3 (Laurent-Entwicklung von ℘). Sei r = min{|λ| : λ ∈ Λ r {0}}.
Fuer 0 < |z| < r gilt dann
∞
1 X
℘(z) = 2 +
(2n + 1)G2n+2 z2n ,
z
n=1
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wobei die Summe
Gk = Gk (Λ) =
1
λk
λ∈Λr{0}
X
fuer k ≥ 4 absolut konvergiert.
Beweis. Fuer 0 < |z| < r und λ ∈ Λ r {0} gilt |z/λ| < 1, also


∞
k 
X

1
1
1 
z 
1 +
 ,
=
=
(k
+
1)
λ 
(z − λ)2 λ2 1 − z 2 λ2 
k=1
λ
und daher
∞
Xk+1
1
1
− 2=
zk .
2
k+2
(z − λ)
λ
λ
k=1
Wir summieren ueber alle λ und erhalten
∞
∞
X 1
1 X
1 X
k
℘(z) = 2 +
(k + 1)
z = 2+
(k + 1)Gk+2 zk ,
k+2
z
z
λ
λ,0
k=1
k=1
wo wir die Summationsreihenfolge geaendert haben, was wegen
absoluter Konvergenz erlaubt ist. Diese absolute Konvergenz
wiederum folgt aus
∞
∞
X
k+1 k
1 X k+1 k
|z| ≤
|z|
k+2
k−1
|λ|3
|λ|
|λ|
k=1
k=1
und Lemma 1.2.1. Da ℘ gerade ist, verschwinden die Gk+2 fuer
ungerades k.
Automorphe Formen
1.3
11
Die Differentialgleichung der Weierstraß-Funktion
Satz 1.3.1. Die ℘-Funktion erfuellt die Differentialgleichung
(℘0 (z))2 = 4℘3 (z) − 60G4 ℘(z) − 140G6 .
Beweis. Wir zeigen, dass die Differenz der beiden Seiten keine Pole hat.
Sie ist dann holomorph und Λ-periodisch, also konstant.
Fuer z , 0 eine kleine komplexe Zahl gilt
℘0 (z) = −
2
+ 6G4 z + 20G6 z3 + . . . ,
3
z
also
(℘0 (z))2 =
4 24G4
− 2 − 80G6 + . . . .
z6
z
4℘3 (z) =
4 36G4
+ 2 + 60G6 + . . . ,
z6
z
Andererseits ist
so dass
(℘0 (z))2 − 4℘3 (z) = −
60G4
− 140G6 + . . . .
z2
Schliesslich ist
(℘0 (z))2 − 4℘3 (z) + 60G4 ℘(z) = −140G6 + . . . ,
wobei die linke Seite eine holomorphe, Λ-periodische Funktion ist, also
konstant. Wir setzen in dieser rechten Seite z = 0 ein und sehen, dass
diese Konstante gleich −140G6 ist.
Automorphe Formen
1.4
12
Eisensteinreihen
Definition 1.4.1. Fuer einen Ring R (=kommutativer Ring mit Eins) sei
M2 (R) die menge aller 2 × 2-Matrizen mit Eintraegen aus R. Eine Matrix
a b ∈ M (R) ist genau dann invertierbar, wenn seine Determinante in
2
c d
R invertierbar ist, also wenn ad − bd ∈ R× . Sei GL2 (R) die Gruppe aller
invertierbarer Matrizen in M2 (R). Sie enthaelt die Untergruppe SL2 (R)
aller Matrizen von Determinante 1. Als Beispiel betrachte R = Z. Es ist
Z× = {1, −1}. Also ist GL2 (Z) die Gruppe aller ganzzahligen Matrizen
mit Determinante ±1. Die Untergruppe SL2 (Z) ist in diesem Fall eine
Untergruppe vom Index 2.
Definition 1.4.2. Fuer k ∈ N, k ≥ 4 konvergiert die Reihe
P
Gk (Λ) = λ∈Λr{0} λ−k absolut. Die Menge wΛ ist wieder ein Gitter, falls
w ∈ C× und es gilt
Gk (wΛ) = w−k Gk (Λ).
Ist z eine komplexe Zahl mit Im(z) > 0, dann sind z und 1 linear
unanhaengig ueber R, es gibt also das Gitter Λ(1, z). Wir definieren die
Eisensteinreihe als Funktion der oberen Halbebene
H = {z ∈ C : Im(z) > 0}
durch
Gk (z) = Gk (Λ(z, 1)) =
1
,
k
(mz
+
n)
(m,n),(0,0)
X
wobei die Summe ueber alle m, n ∈ Z laeuft, die nicht beide Null
 sind.
 m 
Mit Matrizenmultiplikation schreiben wir mz + n = z 1  . Die
n
 
 m 
Gruppe Γ(1) := SL2 (Z) operiert auf der Menge der Paare   durch
n
Automorphe Formen
13


 a b 
 ∈ Γ(1) ist
Multiplikation von links. Fuer γ = 

c d

 −k
X 
 m 

Gk (z) =
 z 1  
n
m,n



X 

  m
a
c


 
=
 z 1 

b d n
m,n
= (cz + d)−k
−k



! !!−k
az + b
m
,1
n
cz + d
X
m,n
oder
 −k

X 
 m 

=
 z 1 γt  
n
m,n
!!−k
X
m
(az + b, cz + d)
=
n
m,n
!
az
+
b
= (cz + d)−k Gk
,
cz + d
!
az + b
= (cz + d)k Gk (z).
Gk
cz + d
Proposition 1.4.3. Ist k ≥ 4 gerade, dann ist
lim Gk (iy) = 2ζ(k),
y→∞
wobei
∞
X
1
,
ζ(s) =
ns
Re(s) > 1,
n=1
die Riemannsche Zetafunktion ist.
Beweis. Es gilt
Gk (iy) = 2ζ(k) +
X
(m,n)
m,0
1
.
(miy + n)k
Wir zeigen, dass der zweite Summand fuer y → ∞ gegen Null geht.
Betrachte die Abschaetzung
X
X
1
1
≤
.
k
k + mk yk
(miy
+
n)
n
(m,n)
(m,n)
m,0
m,0
Automorphe Formen
14
Jeder Summand auf der rechten Seite ist monoton fallend fuer y → ∞
und geht gegen Null. Ferner konvergiert die rechte Seite fuer y > 0, so
dass wir mit dominierter Konvergenz schliessen koennen, dass die
ganze Summe gegen Null geht fuer y → ∞.
1.5
Bernoulli-Zahlen und Werte der Zetafunktion
Lemma 1.5.1. Fuer k = 1, 2, 3, . . . gibt es eindeutig bestimmte rationale
Zahlen Bk so dass fuer |z| < 2π gilt
∞
X
z
z z ez + 1
z2k
k
+ =
=1−
(−1) Bk
.
ez − 1 2 2 ez − 1
(2k)!
k=1
Die ersten dieser Zahlen sind B1 = 61 , B2 =
Beweis. Sei f (z) =
z
ez −1
+
z
2
=
z ez +1
2 ez −1 .
1
30 ,
B3 =
1
42 ,
B4 =
1
30 ,
B5 =
5
66 .
Dann ist f holomorph in {|z| < 2π},
also konvergiert ihre Potenzreihe in diesem Kreis. Wir zeigen, dass f
eine gerade Funktion ist:
z e−z + 1
z 1 + ez
f (−z) = − −z
=−
= f (z).
2e − 1
2 1 − ez
Daher gibt es Zahlen Bk ∈ C wie in der Behauptung.
P
k
Sei g(z) = ezz−1 = ∞
k=0 ck z . Wir zeigen, dass die ck rationale Zahlen sind.
Die Gleichung z = g(z)(ez − 1) liefert


∞
n−1
X
X
c j 
n

 .
z=
z 

(n − j)! 
n=0
j=0
Es folgt c0 = 1 und fuer jedes n ≥ 2 ist die Zahl cn−1 eine rationale
Linearkombination der c j mit j < n − 1. Induktiv erhalten wir c j ∈ Q.
Automorphe Formen
15
Proposition 1.5.2. Fuer jede natuerliche Zahl k gilt
22k−1
Bk π2k .
ζ(2k) =
(2k)!
Die ersten Werte sind ζ(2) =
π2
6,
π4
90 ,
ζ(4) =
ζ(6) =
π6
945 .
Beweis. Nach Definition gilt fuer die Cotangens-Funktion
eiz + e−iz
z cot z = zi iz
.
e − e−iz
Ersetzt man z durch z/2i wird dies
z ez + 1
z
z
= z
cot
= f (z),
2i
2i
2e − 1
so dass
z cot z = 1 −
∞
X
k=1
22k z2k
Bk
.
(2k)!
Die Partialbruchentwicklung des Cotangens lautet:
∞ 1 X
1
1
.
π cot(πz) = +
+
z
z+m z−m
m=1
Daher
z cot z = 1 + 2
∞
X
n=1
dies liefert
∞
X
k=1
∞ X
∞
X
z2
z2k
,
=1−2
2k π2k
z2 − n2 π2
n
n=1
k=1
∞
∞
X X z2k
22k z2k
Bk
=2
.
(2k)!
n2k π2k
n=1 k=1
Ein Koeffizientenvergleich liefert die Behauptung.
Kapitel 2
Modulformen
2.1
Die Modulgruppe
Die Gruppe GL2 (C) operiert auf der Menge C2 r {0} durch
Matrixmultiplikation. Da dies eine Operation durch lineare
Abbildungen ist, operiert die Gruppe auch auf dem projektiven Raum
P1 (C), den wir als die Menge aller eindimensionalen Unterraeume von
C2 definieren, oder
.
P1 (C) C2 r {0} C× .
Wir schreiben die Elemente von P1 (C) in der Form [z, w], wobei
(z, w) ∈ C2 r {0} und
[z, w] = [z0 , w0 ] ⇔ ∃λ ∈ C× : (z0 , w0 ) = (λz, λw).
Fuer w , 0 gibt es genau einen Vertreter der Form [z, 1] und die
Abbildung z 7→ [z, 1] ist eine injektive Abbildung C ,→ P1 (C), so dass
wir C als eine Teilmenge von P1 (C) betrachten koennen. Das
Komplement von C in P1 (C) ist ein einzelner Punkt ∞ = [1, 0], so dass
P1 (C) iauch mit der Einpunktkompaktifizierung b
C von C identifiziert
werden kann, also der Riemannschen Zahlenkugel. Wir betrachten die
16
Automorphe Formen
17
Operation von GL2 (C) gegeben durch g.(z, w) = (z, w)gt . Mit g =
haben wir
a b
c d
#
az + b
g.[z, 1] = [az + b, cz + d] =
,1 ,
cz + d
"
az+b
falls cz + d , 0. Die rationale Funktion cz+d
hat genau einen Pol in der
Menge b
C, also definieren wir eine Operation der Gruppe GL2 (C) auf
der Zahlenkugel durch


az+b


 cz+d
g.z = 


∞
falls cz + d , 0,
falls cz + d = 0,
falls z ∈ C. Beachte, dass cz + d und az + b nicht beide Null sein koennen.
Schliesslich


a


falls c , 0,
c
g.∞ = lim g.z = 


Im(z)→∞
∞ sonst.
Eine Matrix der Form λ λ mit λ , 0 operiert trivial, also reicht es, die
Operation auf der Untergruppe SL2 (C) = {g ∈ GL2 (C) : det(g) = 1} zu
betrachten.
Lemma 2.1.1. Die Gruppe SL2 (C) operiert transitiv auf der Riemannschen
Zahlenkugel b
C. Das Element −1
operiert trivial. Schraenken wir die
−1
Operation auf die Untergruppe G = SL2 (R) ein, wird die Menge b
C in drei
b = R ∪ {∞}.
Obiten zerlegt: H und −H und die Menge R
Beweis. Fuer gegebenes z ∈ C gilt z = 1z z−1
.∞, also ist die Operation
1
b im G-Orbit des Punktes ∞.
transitiv. Insbesondere liegt R
Fuer g = ac db ∈ G und z ∈ C rechnet man
Im(g.z) =
Im(z)
.
|cz + d|2
Dies bedeutet, dass die Gruppe G die drei genannten Mengen stabil
Automorphe Formen
laesst. Es ist
1x
1
18
.0 = x ∈ R und
−1
1
b ein G-Orbit.
.0 = ∞, daher ist R
Wir zeigen, dass G auf H transitiv operiert. Fuer gegebenes
z = x + iy ∈ H gilt
 √
 y
z = 
0
√x
y
√1
y


 i.

Definition 2.1.2. Wir schreiben GITT fuer die Menge aller Gitter in C.
Sei BAS die Menge aller R-Basen von C, d.h., die Menge aller Paare
(z, w) ∈ C2 , die ueber R linear unabhaengig ueber R sind. Sei BAS+ die
Teilmenge aller Basen, die im Uhrzeigersinn orientiert sind, d.h., die
Menge aller (z, w) ∈ BAS mit Im(z/w) > 0. Es gibt eine natuerliche
Abbildung
Ψ : BAS+ → GITT,
gegeben durch
Ψ(z, w) = Zz ⊕ Zw.
Diese Abbildung ist surjektiv, aber nicht injektiv, da zum Beispiel
Ψ(z + w, w) = Ψ(z, w). Die Gruppe Γ(1) = SL2 (Z) operiert auf BAS+
t
durch γ.(z, w) = (z, w)γ = (az + bw, cz + dw) falls γ = ac db . Wir erinnern
daran, dass eine invertierbare reelle Matrix genau dann die
Orientierung einer Basis erhaelt, wenn ihre Determinante positiv ist.
Definition 2.1.3. Die Gruppe Γ(1) = SL2 (Z) wird die Modulgruppe
genannt.
Lemma 2.1.4. Zwei Basen werden unter Ψ genau dann auf dasselbe Gitter
geworfen, wenn sie in demselben Γ(1)-Orbit liegen. Daher induziert Ψ eine
Bijektion
Ψ : Γ(1)\BAS+ −→ GITT.
Beweis. Seien (z, w) und (z0 , w0 ) zwei im Uhrzeigersinn orientierte Basen
Automorphe Formen
19
so dass Ψ(z, w) = Λ = Ψ(z0 , w0 ). Dann sind z0 und w0 Elemente des von z
und w erzeugten Gitters, so dass es a, b, c, d ∈ Z gibt mit
(z0 , w0 ) = (az + cw, bz + dw) = (z, w) ac db . Da andererseits z und w in dem
von z0 und w0 erzeugten Gitter liegen, gibt es α, β, γ, δ ∈ Z mit
α β
α β
0
0
(z, w) = (z , w ) γ δ , also (z, w) ac db γ δ = (z, w). Da z und w linear
α β
unabhaengig ueber R sind, folgt ac db γ δ = 1 1 und daher ist
g = ac db ein Element von GL2 (Z). Die Determinante muss dann eine
Einheit in Z sein, also det(g) = ±1. Da g die Orientierung erhaelt, folgt
det(g) > 0, also det(g) = 1, also g ∈ Γ(1), was bedeutet, dass die beiden
Basen in demselben Γ(1)-Orbit liegen. Die umgekehrte Richtung ist
trivial.
Die Gruppe C× operiert auf BAS+ durch die Vorschrift ξ(a, b) = (ξa, ξb).
Wegen (a, b) = b(a/b, 1) hat jedes C× -Orbit genau ein Element der Form
(z, 1) mit z ∈ H. Die Operation von C× vertauscht mit der von Γ(1), also
operiert C× auf Γ(1)\BAS+ . Andererseits operiert C× auch auf GITT
durch Multiplikation und die Abbildung Ψ uebersetzt eine Operation
in die andere, d.h., Ψ(λ(z, w)) = λΨ(z, w). Da Ψ bijektiv ist, bildet Ψ die
Orbits bijektiv auf die Orbits, liefert also eine Bijektion
Ψ : Γ(1)\BAS+ /C× −→ GITT/C× .
Sei nun z ∈ H. Dann ist (z, 1) ∈ BAS+ . Fuer γ =
a b
c d
∈ Γ(1) gilt modulo
der C× -Operation:
!
az
+
b
, 1 C× .
(z, 1)γt C× = (az + b, cz + d)C× =
cz + d
Laesst man Γ(1) auf H durch linear gebrochene Transformationen
operieren, dann ist die Abbildung z 7→ (z, 1)C× aequivariant bzgl. der
Γ(1)-Operationen.
Automorphe Formen
20
Satz 2.1.5. Die Abbildung z 7→ Zz + Z induziert eine Bijektion
φ : Γ(1)\H −→ GITT/C× .
Beweis. Die Abbildung ist eine Komposition der Abbildungen
φ
Γ(1)\H −→ Γ(1)\BAS+ /C× −→ GITT/C×
also ist sie wohldefiniert. Wir muessen zeigen, dass φ bijektiv ist.
Fuer die Surjektivitaet sei (v, w) ∈ BAS+ . Dann ist (v, w)C× = (v/w, 1)C×
und v/w ∈ H, also ist φ surjektiv. Fuer die Injektivitaet sei
φ(Γ(1)z) = φ(Γ(1)w). Das bedeutet Γ(1)(z, 1)C× = Γ(1)(w, 1)C× , also gibt
es γ = ac db ∈ Γ(1) und λ ∈ C× mit (w, 1) = γ(z, 1)λ. Die rechte Seite ist
γ(z, 1)λ = λ(az + b, cz + d) = (w, 1).
Indem man die zweite Koordinate vergleicht, sieht man λ = (cz + d)−1
und so w =
az+b
cz+d
= γ.z, wie verlangt.
Das Element −1 =
−1
−1
operiert trivial auf der oberen Halbebene. Das
motiviert die folgende Definition.
Definition 2.1.6. Sei Γ(1) = Γ(1)/ ± 1. Fuer eine Untergruppe Γ von Γ(1)
sei Γ das Bild von Γ in Γ(1). Dann gilt




[Γ(1) : Γ]
[Γ(1) : Γ] = 


 12 [Γ(1) : Γ]
falls − 1 ∈ Γ,
sonst.
Automorphe Formen
Sei
21


0 −1
 ,
S := 

1 0


1 1
 .
T := 

0 1
Es gilt
Sz =
−1
,
z
Tz = z + 1,
sowie S2 = −1 = (ST)3 . Sei D die Menge aller z ∈ H mit | Re(z)| <
1
2
und
|z| > 1, wie im naechsten Bild. Sei D der Abschluss von D in H. Die
Menge D ist ein sogenannter Fundamentalbereich fuer die Gruppe
SL2 (Z), wie spaeter in Definition ?? erklaert wird.
D
i
e2πi/3
− 12
e2πi/6
0
1
2
Satz 2.1.7.
(a) Fuer jedes z ∈ H gibt es ein γ ∈ Γ(1) mit γz ∈ D.
(b) Liegen z, w ∈ D mit z , w in demselben Γ(1)-Orbit, dann liegen beide
auf dem Rand von D, genauer gilt Re(z) = ± 21 und z = w ± 1, oder
|z| = 1 und w = −1/z.
Automorphe Formen
22
(c) Fuer z ∈ H sei Γ(1)z der Stabilisator von z in Γ(1). Fuer z ∈ D gilt
Γ(1)z = {±1}, ausser wenn
• z = i, dann ist Γ(1)z eine Gruppe der Ordnung 4, erzeugt von S,
• z = ρ = e2πi/6 , dann ist Γ(1)z von Ordnung 6, erzeugt von TS,
• z = −ρ = e2πi/3 , dann ist Γ(1)z von Ordnung 6, erzeugt von ST.
(d) Die Gruppe Γ(1) ist erzeugt von S und T.
Beweis. Sei Γ0 die Untergruppe von Γ(1) erzeugt von S und T. Wir
zeigen, dass es zu jedem z ∈ H ein γ0 ∈ Γ0 gibt, so dass γ0 z ∈ D. Sei
hierzu g = ac db in Γ0 . Fuer z ∈ H gilt
Im(gz) =
Im(z)
.
|cz + d|2
Da c und d ganze Zahlen sind, ist fuer gegebenes M > 0 die Menge aller
Paare (c, d) mit |cz + d| < M endlich. Daher existiert ein γ ∈ Γ0 so dass
Im(γz) maximal ist. Waehle eine ganze Zahl n so dass Tn γz Realteil in
[−1/2, 1/2] hat. Wir behaupten, dass das Element w = Tn γz in D liegt.
Hierzu reicht es zu zeigen, dass |w| ≥ 1. Waere |w| < 1, so haette das
Element −1/w = Sw einen Imaginaerteil echt groesser als Im(w), was
unserer Wahl widerspricht. Es folgt, dass w = Tn γz in D liegt und Teil
(a) ist bewiesen.
Wir zeigen nun (b) und (c). Sei z ∈ D und sei 1 , γ =
a b
c d
∈ Γ(1) mit
γz ∈ D. Indem wir noetigenfalls das Paar (z, γ) durch (γz, γ−1 ) ersetzen,
koennen wir Im(γz) ≥ Im(z) annehmen, also |cz + d| ≤ 1. Dies kann fuer
|c| ≥ 2 nicht stimmmen, also folgt c = 0, 1, −1.
• Ist c = 0, dann ist d = ±1 und wir koennen d = 1 annehmen. Dann
Automorphe Formen
23
ist γz = z + b und b , 0. Da die Realteile beider Zahlen in
[−1/2, 1/2] liegen, folgt b = ±1 und entsprechend Re(z) = ∓1/2.
• Ist c = 1, dann folgt aus |z + d| ≤ 1 schon d = 0, ausser wenn
z = ρ, −ρ in welchen Faellen auch d = 1, −1 moeglich ist.
– Ist d = 0, dann ist |z| = 1 und ad − bc = 1 impliziert b = −1, also
gz = a − 1/z und wir schliessen a = 0, ausser im Falle
Re(z) = ± 21 , was soviel bedeutet wie z = ρ, −ρ.
– Ist z = ρ und d = 1, dann ist a − b = 1 und
gρ = a − 1/(1 + ρ) = a + ρ, also a = 0, 1. Der Fall z = −ρ wird
aehnlich behandelt.
• Ist c = −1, dann kann man die ganze Matrix durch ihre negative
ersetzen und kommt zurueck zum Fall c = 1.
Schliesslich muessen wir noch Γ(1) = Γ0 zeigen. Hierfuer sei γ ∈ Γ(1)
und z ∈ D. Dann gibt es γ0 ∈ Γ0 mit γ0 γz = z, also γ = ±γ0−1 ∈ Γ0 .
2.2
Modulformen
Definition 2.2.1. Sei k ∈ Z. Eine meromorphe Funktion f auf der oberen
Halbebene H heisst schwach modular vom Gewicht k, falls
!
az + b
f
= (cz + d)k f (z)
cz + d
fuer jedes z ∈ H gilt, in welchem f definiert ist und fuer jedes
a b ∈ SL (Z).
2
c d
Damit eine solche Funktion f , 0 existieren kann, muss k eine gerade
Zahl sein, da die Matrix −1 −1 in SL2 (Z) liegt.
Automorphe Formen
24
Bemerkung 2.2.2. Fuer σ =
Abbildung z 7→ σz =
az+b
cz+d
a b
c d
∈ G schreiben wir auch die induzierte
als σ. Dann gilt
d(σz)
1
=
.
dz
(cz + d)2
Hieraus schliessen wir, dass eine holomorphe Funktion f genau dann
schwach modular vom Gewicht 2 ist, wenn die C-wertige
Differentialform ω = f (z)dz = f (z)(dx + idy) auf H unter der Gruppe
Γ(1) invariant ist, d.h. die Gleichung γ∗ ω = ω fuer jedes γ ∈ Γ(1) erfuellt.
Definition 2.2.3. Fuer k ∈ Z und f : H → C definieren wir:
!
az
+
b
,
f |k σ(z) := (cz + d)−k f
cz + d
wobei σ = ac db ∈ G. Ist k fest gewaehlt, lassen wir gelegentlich den
Index k aus, d.h., wir schreiben einfach f |σ.
Lemma 2.2.4. Die Vorschrift f 7→ f |σ definiert eine lineare Rechtsoperation
der Gruppe G auf dem Raum der Abbildungen f : H → C, d.h.,
• fuer jedes σ ∈ G ist die Abbildung f 7→ f |σ linear,
• es gilt f |1 = f und f |(σσ0 ) = ( f |σ)|σ0 fuer alle σ, σ0 ∈ G.
Jede Rechtsoperation kann in eine Linksoperation verwandelt werden,
indem man eine Inversion vorschaltet, indem man also definiert
σ f = f |σ−1 . Dann erhaelt man (σσ0 ) f = σ(σ0 f ).
Beweis. Die einzige nichttriviale Aussage ist f |(σσ0 ) = ( f |σ)|σ0 . Fuer k = 0
ist das einfach
f |(σσ0 )(z) = f (σσ0 z) = f |σ(σ0 z) = ( f |σ)|σ0 (z).
Automorphe Formen
25
Sei j(σ, z) = (cz + d). Man rechnet nach, dass dieser
“Automorphiefaktor” eine sogenannte Kozykelrelation erfuellt:
j(σσ0 , z) = j(σ, σ0 z) j(σ0 , z).
Da f |k σ(z) = j(σ, z)−k f |0 σ(z), gilt
f |k (σσ0 )(z) = j(σσ0 , z)−k f |0 (σσ0 )(z)
= j(σ, σ0 z)−k j(σ0 , z)−k ( f |0 σ)|0 σ0 (z) = ( f |k σ)|k σ0 (z).
Lemma 2.2.5. Sei k ∈ 2Z. Eine meromorphe Funktion f auf H ist genau
dann schwach modular vom Gewicht k, wenn fuer jedes z ∈ H gilt
f (z + 1) = f (z) and
f (−1/z) = zk f (z).
Beweis. Nach Definition ist f genau dann schwach modular, wenn
f |k γ = f fuer jedes γ ∈ Γ(1) gilt, d.h., wenn f unter der
Gruppenoperation von Γ(1) invariant ist. Es reicht, die Invarianz unter
den beiden Erzeugern S und T zu ueberpruefen, und diese Invarianz
entspricht genau den beiden angegebenen Relationen.
Bemerkung 2.2.6. Sei f eine schwach modulare Funktion. Die
Abbildung q : z 7→ e2πiz bildet die obere Halbebene surjektiv auf die
punktierte Kreisscheibe D∗ = {z ∈ C : 0 < |z| < 1} ab. Zwei Punkte z, w in
H haben genau dann dasselbe Bild unter q, wenn es ein m ∈ Z gibt, so
dass w = z + m. Also induziert q eine Bijektion q : Z\H −→ D∗ .
Insbesondere gibt es zu jeder schwach modularen Funktion f auf H
eine Funktion f˜ auf D∗ r q({Polstellen}) mit
f (z) = f˜(q(z)).
Automorphe Formen
26
Das bedeutet, dass fuer w ∈ D∗ gilt
!
log
w
,
f˜(w) = f
2πi
wobei log w ein beliebiger Zweig des Logarithmus ist, der in einer
Umgebung von w definiert ist. Dann ist f˜ eine meromorphe Funktion
auf der punktierten Kreisscheibe.
Definition 2.2.7. Eine schwach modulare Funktion f vom Gewicht k
heisst eine Modulare Funktion vom Gewicht k, falls die induzierte
Funktion f˜ meromorph auf der gesamten Kreisscheibe
D = {z ∈ C : |z| < 1} ist.
Man sagt in diesem Fall auch, dass f “meromorph im Unendlichen” ist.
Die Bedingung ist gleichbedeutend damit, dass f˜(q) im Punkte q = 0
hoechstens einen Pol hat. Es folgt dann, dass die Pole von f˜ in D∗ sich
nicht bei Null haeufen koennen, weil es dort sonst eine wesentliche
Singularitaet gaebe. Fuer die Funktion f bedeutet dies, dass es eine
Schranke T = T f > 0 gibt, so dass f keine Pole in dem Gebiet
{z ∈ H : Im(z) > T} hat.
Bemerkung 2.2.8. Da f (z + 1) = f (z), hat f eine Fourier-Entwicklung.
Diese ist von besonderer Wichtigkeit. Wir zeigen als naechstes, dass die
Fourier-Reihe gleichmaessig konvergiert. Wir schreiben C∞ (R/Z) fuer
die Menge aller unendlich oft differenzierbaren Funktionen g : R → C,
die periodisch sind mit Periode 1, was soviel heisst wie g(x + 1) = g(x)
fuer jedes x ∈ R.
Definition 2.2.9. Sei D ⊂ R eine unbeschraenkte Teilmenge. Eine
Funktion f : D → C heisst schnell fallend, falls fuer jedes N ∈ N die
Funktion xN f (x) in D beschraenkt ist.
Fuer D = N erhaelt man den Spezialfall einer schnell fallenden Folge.
Automorphe Formen
Beispiele 2.2.10.
27
• Fuer D = N ist die Folge ak =
1
k!
schnell fallend.
• Fuer D = [0, ∞) ist die Funktion f (x) = e−x schnell fallend.
2
• Fuer D = R ist die Funktion f (x) = e−x schnell fallend.
Proposition 2.2.11 (Fourierreihen). Ist g in C∞ (R/Z), dann gilt fuer jedes
x ∈ R,
g(x) =
X
ck (g)e2πikx ,
k∈Z
wobei ck (g) =
R1
0
g(t)e−2πikt dt und die Summe gleichmaessig konvergiert. Die
Fourier-Koeffizienten ck = ck (g) sind schnell fallend als Funktionen in k ∈ Z.
Die Fourier-Koeffizienten ck (g) sind in folgendem Sinne eindeutig festgelegt:
Sei (ak )k∈Z eine Familie komplexer Zahlen, so dass fuer jedes x ∈ R die
Gleichung
g(x) =
∞
X
ak e2πikx
k=−∞
mit lokal-gleichmaessiger Konvergenz der Reihe gilt, dann folgt ak = ck (g) fuer
jedes k ∈ Z.
Beweis. Durch wiederholte Anwendung von partieller Integration
erhaelt man fuer k , 0,
Z 1
Z 1
1
|ck (g)| = g(t)e−2πitk dt = g0 (t)e−2πikt dt
−2πik 0
0
Z 1
1
00
−2πikt =
g (t)e
dt ≤ . . .
−4π2 k2 0
Z 1
1
(2n)
−2πikt g
(t)e
dt .
≤
(4π2 k2 )n 0
Damit ist die Folge (ck (g)) schnell fallend. Es folgt, dass die Summe
P
P
2πikx
|c
(g)|
konvergiert,
also
konvergiert
die
Reihe
k
k∈Z
k∈Z ck (g)e
gleichmaessig. Wir muessen zeigen, dass der Grenzwert gleich g ist. Es
Automorphe Formen
28
reicht, dies am Punkte x = 0 zu tun, denn angenommen, wir haben
diese Konvergenz fuer jedes g im Punkt x = 0, dann koennen wir
gx (t) = g(x + t) definieren und wir sehen
g(x) = gx (0) =
X
ck (gx ).
k
Wegen ck (gx ) =
R1
g(t + x)e−2πikt dt = e2πikx ck (g) folgt die Behauptung. Wir
P
muessen also zeigen, dass g(0) = k ck (g). Indem wir g(x) mit g(x) − g(0)
0
ersetzen, sehen wir, dass wir g(0) = 0 annehmen koennen. In diesem
P
Fall ist zu zeigen, dass k ck (g) = 0. Sei
h(x) =
g(x)
.
e2πix − 1
Wegen g(0) = 0 folgt, dass h in C∞ (R/Z) liegt und es gilt
1
Z
ck (g) =
h(x)(e2πix − 1)e−2πikx dx = ck−1 (h) − ck (h).
0
Da h ∈ C∞ (R/Z) konvergiert die Reihe
P
P
k ck (g) =
k (ck−1 (h) − ck (h)) = 0.
P
k ck (h)
ebenfalls absolut und
Nun zur Eindeutigkeit der Fourier-Koeffizienten. Sei (ak )k∈Z wie in der
Proposition. Die folgende Vertauschung von Summation und
Integration ist wegen gleichmaessiger Konvergenz gerechtfertigt. Fuer
l ∈ Z gilt
Z
1
cl (g) =
Z
g(t)e
−2πilt
0
=
∞
X
k=−∞
dt =
1
∞
X
0 k=−∞
Z
1
e2πkt e−2πilt dt.
ak
0
ak e2πkt e−2πilt dt
Automorphe Formen
29
Ferner ist
Z
1
1
Z
e2πkt e−2πilt dt =
0
0




1
2π(k−l)t
e
dt = 


0
falls k = l,
sonst.
Hieraus folgt cl (g) = al .
Sei f eine schwach modulare Funktion vom Gewicht k. Da
f (z) = f (z + 1) gilt und f unendlich oft differenzierbar ist (ausser an den
Polen), kann man f als Fourier-Reihe schreiben:
+∞
X
f (x + iy) =
cn (y)e2πinx ,
n=−∞
falls es keinen Pol auf der Geraden Im(w) = y gibt, was fuer alle bis auf
abzaehlbar viele Werte von y > 0 der Fall ist. Dann ist die Folge der
Koeffizienten (cn (y))n∈Z schnell fallend.
Lemma 2.2.12. Sei f eine modulare Funktion auf der oberen Halbebene H
und sei T > 0 so dass f keine Pole in {Im(z) > T} hat. Fuer jedes n ∈ Z und
jedes y > T gilt cn (y) = an e−2πny fuer eine Konstante an . Dann ist
f (z) =
+∞
X
an e2πinz ,
n=−N
wobei −N die Polordnung der induzierten meromorphen Funktion f˜ in q = 0
ist. Fuer jedes y > 0 ist die Folge an e−yn schnell fallend.
Beweis. Die induzierte Funktion f˜ mit f (z) = f˜(q(z)) oder f˜(q) = f
ist meromorph um den Punkt q = 0. Daher hat f˜ in q = 0 die
Laurent-Entwicklung
f˜(w) =
∞
X
n=−∞
a n wn .
log q 2πi
Automorphe Formen
30
Indem man w durch q(z) ersetzt, erhaelt man
f (z) =
+∞
X
an e2πinz .
n=−∞
Die Behauptung folgt nun aus der Eindeutigkeit der
Fourier-Koeffizienten.
Beachte dass die Fourier-Entwicklung einer modularen Funktion f
gleich der Laurent-Entwicklung der induzierten Funktion f˜ ist.
Definition 2.2.13. Eine modulare Funktion f heisst Modulform, falls
sie holomorph in der oberen Halbebene H und holomorph in ∞ ist,
also an = 0 fuer jedes n < 0 gilt.
Eine Modulform f heisst Spitzenform, falls zusaetzlich a0 = 0 gilt. Man
sagt hierzu auch, dass f in ∞ verschwindet.
Als Beispiel betrachten wir die Eisenstein-Reihen Gk fuer k ≥ 4. Schreibe
q = e2πiz .
Proposition 2.2.14. Fuer gerades k ≥ 4 gilt
∞
(2πi)k X
σk−1 (n)qn ,
Gk (z) = 2ζ(k) + 2
(k − 1)!
n=1
wobei
σk (n) =
X
dk
d|n
die k-te Divisor-Summe ist.
Beweis. Einerseits haben wir die Partialbruchzerlegung des Cotangens
∞ 1 X
1
1
π cot(πz) = +
+
z
z+m z−m
m=1
Automorphe Formen
31
und auf der anderen Seite gilt
∞
X
q+1
cos(πz)
2πi
= iπ
= πi −
= πi − 2πi
π cot(πz) = π
qn .
sin(πz)
q−1
1−q
n=0
Also
∞ ∞
X
1 X
1
1
+
+
= πi − 2πi
qn .
z
z+m z−m
n=0
m=1
Wir differenzieren beide Seiten mehrfach und erhalten fuer k ≥ 4,
∞
X
1
1
k
=
(−2πi)
nk−1 qn .
k
(k − 1)!
(z + m)
m∈Z
n=1
X
Die Eisenstein-Reihe ist
∞ X
X
1
1
=
2ζ(k)
+
2
Gk (z) =
(nz + m)k
(nz + m)k
n=1 m∈Z
(n,m),(0,0)
X
∞
∞
2(−2πi)k X X k−1 ad
= 2ζ(k) +
d q
(k − 1)!
= 2ζ(k) +
d=1 a=1
∞
k X
2(2πi)
(k − 1)!
σk−1 (n)qn .
n=1
Die Proposition ist bewiesen.
Sei f eine modulare Funktion vom Gewicht k. Fuer γ ∈ Γ(1) zeigt die
Formel f (γz) = (cz + d)k f (z), dass die Verschwindungsordnungen von f
in den Punkten z und γz uebereinstimmen. Damit haengt die Ordnung
ordz f nur vom Bild von z in Γ(1)\H ab.
Wir definieren die Ordnung ord∞ ( f ) als die Ordnung von f˜(q) in q = 0,
wobei f˜(e2πiz ) = f (z) gilt. Schliesslich sei fuer z ∈ H die Zahl 2ez die
Automorphe Formen
32
Ordnung der Stabilisatorgruppe von z in Γ(1), also ez =
|Γ(1)z |
2 .
Dann gilt



2 falls z im Γ(1)-Orbit von i liegt,





ez = 
3 falls z im Γ(1)-Orbit von ρ = e2πi/3 liegt,





1 sonst.
Lemma 2.2.15 (Residuensatz fuer Kreissegmente). Sei r0 > 0 und sei f
holomorph auf der Menge {z ∈ C : 0 < |z| < r0 } und f habe einen einfachen Pol
bei z = 0. Sei a, b : [0, r0 ) → (−π, π) stetig mit a(r) ≤ b(r) fuer jedes 0 ≤ r < r0
und fuer 0 < r < r0 sei γr : (a(r), b(r)) → C das Kreissegment γr (t) = reit .
Dann gilt
1
lim
r→0 2πi
Z
γr
f (z) dz =
b(0) − a(0)
Resz=0 f (z).
2π
Beweis. Sei a = Resz=0 f (z), dann schreibt man f (z) = za + h(z), wobei h in
R
1
z = 0 holomorph ist. Da h stetig in Null ist, ist limr→0 2πi
h(z) dz = 0,
γ
also bleibt die Behauptung fuer den Spezialfall f (z) =
a
z
r
zu zeigen, in
welchem man sie explizit nachrechnet.
Satz 2.2.16. Sei f , 0 eine modulare Funktion vom Gewicht k. Dann gilt
ord∞ ( f ) +
X
z∈Γ(1)\H
1
k
ordz ( f ) = .
ez
12
Beweis. Beachte zunaechst, dass die Summ endlich ist, da f nur endlich
viele Pol- und UNullstellen modulo Γ(1) hat.
Automorphe Formen
33
Wir schreiben die Behauptung als
ord∞ ( f ) +
1
1
ordi ( f ) + ordρ ( f ) +
2
3
X
ordz ( f ) =
z∈Γ(1)\H
z,i,ρ
k
.
12
Sei D der Fundamentalbereich von Γ(1) wie in Abschnitt 2.1. Wir
integrieren die Funktion
0
1 f
2πi f
entlang des positiv orientieren Randes
von D wie im Bild.
T
D
i
e2πi/3
− 12
e2πi/6
0
1
2
Nimm zunaechst an, dass f keinen Pol oder Nullstelle auf dem Rand
von D hat, ausser moeglichwerweise i oder ρ, −ρ. Sei C der positiv
orientierte Rand von D, ausser in der Naehe von i, ρ, −ρ, welche wir
durch kleine Kreissegmente k(ρ), k(i) und k(−ρ) umgehen wie im Bild.
Wir schneiden ferner den Bereich D ab bei Im(z) = T fuer ein T > 0
welches groesser sein soll als der Imaginaerteil jedes Poles und jeder
Nullstelle von f in H. Nach dem Residuensatz gilt
Z 0
X
f
1
=
ordz ( f ).
2πi C f
z∈Γ(1)\H
z,i,ρ
Automorphe Formen
34
Andererseits gilt
(a) Indem wir q = e2πiz substituieren, transformieren wir das
Geradensegment 12 + iT, − 21 + iT in einen Kreis ω um q = 0 von
negativer Orientierung. Daher
1
2πi
Z
− 12 +iT
1
2 +iT
f0
1
=
f
2πi
Z
ω
f˜0
= − ord∞ ( f ).
f˜
(b) Das Kreissegment k(ρ) um ρ hat den Grenzwinkel
2.2.15 folgt
Z
1
2πi
k(ρ)
2π
6 .
Nach Lemma
f0
1
→ − ordρ ( f ),
f
6
wenn der Radius des Kreissegments gegen Null geht. Analog
behandelt man die Kreissegmente k(i) und k(−ρ),
Z
Z
f0
f0
1
1
1
1
→ − ordi ( f ),
→ − ordρ ( f ).
2πi k(i) f
2
2πi k(−ρ) f
6
(c) Die vertikalen Wegintegrale addieren sich zu Null auf.
(d) Die zqwei Segmente s1 , s2 des Einheitskreises werden durch die
Transformation z 7→ Sz = −z−1 aufeinander abgebildet. Es gilt
f0
k f0
0
(Sz)S (z) = + (z).
f
z
f
So dass
1
2πi
Z
s1
f0
1
+
f
2πi
Z
s2
!
Z
f0
f0
f0
1
=
(z) − (Sz)S0 (z) dz
f
2πi s1 f
f
Z
1
k
k
=−
dz →
.
2πi s1 z
12
Vergleicht man diese beiden Ausdruecke fuer das Integral und laesst
Automorphe Formen
35
die Radien der kleinen Kreissegmente gegen Null gehen, erhaelt man
die Behauptung.
Hat f weitere Pole oder Nullstellent auf dem Rand von D, modifiziert
man den Integrationsweg, so dass man diese umgeht wie im Bild und
die Behauptung folgt ebenso.
Definition 2.2.17. Sei Mk = Mk (Γ(1)) der komplexe Vektorraum aller
Modulformen vom Gewicht k und sei Sk der Unterraum der
Spitzenformen vom Gewicht k. Dann ist Sk ⊂ Mk der Kern der linearen
Abbildung f 7→ f (i∞).
Nach Definition folgt
Mk Ml ⊂ Mk+l ,
Was soviel bedeutet, dass mit f ∈ Mk und g ∈ Ml das Produkt f g in
Mk+l liegt.
Bemerkung 2.2.18. Sei f holomorph auf H mit f |k γ = f fuer jedes
γ ∈ Γ(1). Dann gilt: f liegt genau dann in Mk wenn der Limes
lim
Im(z)→∞
f (z)
existiert.
In der Differentialgleichung der Weierstraßschen ℘-Funktion traten die
Koeffizienten
g4 = 60G4 ,
g6 = 140G6
auf. Man sieht leicht ein, dass g4 (i∞) = 120ζ(4) und g6 (i∞) = 280ζ(6).
Nach Proposition 1.5.2 gilt
π4
ζ(4) = ,
90
π6
und ζ(6) =
.
945
Automorphe Formen
36
Die Funktion
∆ := g34 − 27g26 ,
erfuellt ∆(i∞) = 0, alos ist ∆ eine Spitzenform vom Gewicht 12.
Satz 2.2.19. Sei k eine gerade ganze Zahl.
(a) Ist k < 0 oder k = 2, dann ist Mk = 0.
(b) Ist k = 0, 4, 6, 8, 10, dann ist Mk ein eindimensionaler Vektorraum
aufgespannt von 1, G4 , G6 , G8 , G10 . In diesen Faellen ist der Raum Sk
der Nullraum.
(c) Multiplikation mit ∆ liefert einen Isomorphismus
Mk−12 −→ Sk .
Beweis. Sei 0 , f ∈ Mk . Alle Ausdruecke auf der linken Seite der
Gleichung
1
1
ord∞ ( f ) + ordi ( f ) + ordρ ( f ) +
2
3
X
z∈Γ(1)\H
z,i,ρ
ordz ( f ) =
k
12
sind ≥ 0. Daher folgt k ≥ 0 und k , 2, da 1/6 nicht in der Form
a + b/2 + c/3 mit a, b, c ∈ N0 geschrieben werden kann. Damit folgt (a).
Ist 0 ≤ k < 12, dann ist ord∞ ( f ) = 0, und daher Sk = 0 und dim Mk ≤ 1.
Damit folgt (b).
Die Funktion ∆ hat Gewicht 12 und ist eine Spitzenform, also
ord∞ (∆) > 0. Die Formel impliziert ord∞ (∆) = 1 und dass ∆ keine
weiteren Nullstellen hat. Die Multiplikation mit ∆ liefert eine Injektive
Automorphe Formen
37
Abbildung Mk−12 → Sk und fuer 0 , f ∈ Sk gilt f /∆ ∈ Mk−12 , so dass die
Multiplikation mit ∆ auch surjektiv ist.
Korollar 2.2.20. (a) Es gilt




falls k ≡ 2 mod 12, k ≥ 0,
[k/12]
dim Mk = 


[k/12] + 1 falls k . 2 mod 12, k ≥ 0.
(b) Der Raum Mk hat eine Basis bestehend aus allen Monomen Gm
Gn mit
4 6
m, n ∈ N0 und 4m + 6n = k.
Beweis. (a) folgt aus Satz 2.2.19. Fuer (b) zeigen wir, dass die Monome
den Raum Mk aufspannen. Fuer k ≤ 6 ist diese Aussage in Satz 2.2.19
enthalten. Fuer k ≥ 8 beweisen wir es durch eine Induktion. Waehle
m, n ∈ N0 so dass 4m + 6n = k. Die Modulform g = Gm
Gn erfuellt
4 6
g(∞) , 0. Daher gibt es fuer gegebenes f ∈ Mk ein λ ∈ C so dass f − λg
ieine Spitzenform ist, also von der Form ∆h fuer ein h ∈ Mk−12 . Nach
Induktionsvoraussetzung liegt die Funktion h im Span der
entsprechenden Monome, also tut auch f dies.
Es bleibt die Lineare Unabhaengigkeit der Monome zu zeigen. Nimm
das Gegenteil an. Eine lineare Gleichung unter den Monomen bei
festem Gewischt fuehrt zu einer polynomialen Gleichung, die von der
Funktion G34 /G26 erfuellt wird. Diese muss also konstant sein. Das kann
aber nicht sein, das aus Satz 2.2.16 folgt, dass G4 in ρ verschwindet, G6
aber nicht.
Sei M =
L∞
k=0
Mk die graduierte Algebra aller Modulformen. Das
Korollar besagt, dass die Abbildung
C[X, Y] → M,
X 7→ G4 ,
ein Isomorphismus von C-Algebren ist.
Y 7→ G6
Automorphe Formen
38
Wir haben gezeigt
∞
(2πi)k X
σk−1 (n)qn ,
Gk (z) = 2ζ(k) + 2
(k − 1)!
n=1
wobei σk (n) =
k
d|n d .
P
Wir schreben die normalisierten
Eisenstein-Reihen als Ek (z) = Gk (z)/(2ζ(k)). Mit γk = (−1)k/2 B2kk/2 folgt
Ek (z) = 1 + γk
∞
X
σk−1 (n)qn .
n=1
Examples.
E4
= 1 + 240
P∞
n=1 σ3 (n)q
n
E6
= 1 − 504
∞
X
σ5 (n)qn
n=1
E8
= 1 + 480
∞
X
σ7 (n)q
E10 = 1 − 264
n
n=1
∞
X
σ9 (n)qn
n=1
∞
E12
65520 X
= 1+
σ11 (n)qn .
691
n=1
Remark. Da die Raeume der Modulformen vom Gewicht 8 und 10
jeweils eindimensional sind, erhalten wir unmittelbar
E24 = E8 ,
E4 E6 = E10 .
Diese Formeln sind aequivalent zu den erstaunlichen Feststellungen:
σ7 (n) = σ3 (n) + 120
n−1
X
m=1
σ3 (m)σ3 (n − m)
Automorphe Formen
39
und
11σ9 (n) = 21σ5 (n) − 10σ3 (n) + 5040
n−1
X
σ3 (m)σ5 (n − m).
m=1
2.3
Abschaetzungen fuer Fourier-Koeffizienten
Sei
f (z) =
∞
X
an qn ,
q = e2πiz
n=0
eine Modulform vom Gewicht k ≥ 4.
Proposition 2.3.1. Ist f = Gk , dann wachsen die Fourier-Koeffizienten an wie
nk−1 , genauer gibt es Konstanten A, B > 0 mit
Ank−1 ≤ |an | ≤ Bnk−1 .
Beweis. Es gibt eine Zahl A > 0 so dass fuer n ≥ 1 gilt
|an | = Aσk−1 (n) ≥ Ank−1 . Auf der anderen Seite ist
∞
X 1
X 1
|an |
=A
≤ A
= Aζ(k − 1) < ∞.
k−1
k−1
nk−1
d
d
d|n
d=1
Satz 2.3.2 (Hecke). Fuer die Fourier-Koeffizienten an einer Spitzenform f
vom Gewicht k ≥ 4 gilt
an = O(nk/2 ).
Definition 2.3.3. Die O-Notation bedeutet, dass es eine Konstante
C > 0 gibt, so dass
|an | ≤ Cnk/2 .