zum MZ-Bericht

Choräle
zum
Buckelgong
MUSIK Ein Gregorianik-Kon-
zert in St. Georg ließ irdischer Schwere entfliehen.
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VON CLAUDIA BÖCKEL, MZ
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OBERTRAUBLING. Mit dem Monochord
bestimmte schon Pythagoras die Teilungsverhältnisse einer Saite. Nimmt
man den Namen wörtlich, dann hat
dieses Musikinstrument nur eine Saite. Die Monochorde allerdings, die Helmut C. Kaiser und Heinz Grobmeier
von Canto di Cosmo am Dreikönigstag
in der Pfarrkirche Obertraubling zum
Einsatz bringen, haben 80 Mal die selbe Saite auf einem rechteckigen Resonanzkörper. Mit diesen Bass-Monochorden in C und G entsteht ein sirrendes Schnarren oder schnarrendes
Sirren, meditative Klänge jedenfalls,
die einen abheben lassen von irdischer
Schwere. Sie bildeten oft die Grundlage der gregorianischen Gesänge und
anderer mittelalterlicher Vokalmusik,
die die Sänger Klaus Wenk und Marcus Weigl mit Canto di Cosmo in
Obertraubling zum Klingen brachten.
Das Projekt hat das Ensemble auch
schon mal in einer Tropfsteinhöhle
stattfinden lassen. Nun war die golden
glänzende Kirche St. Georg der Ort der
Wahl. Und die Inszenierung klappte:
Optisch passte sich der riesige balinesische Buckelgong bestens in die goldglänzende Sphäre vor dem Hochaltar
ein, akustisch wurden die mittelalterlichen Melodien aufs Beste verstärkt
durch den Hall der großen Kirche.
Puer natus est, ein Kind ist uns geboren. Unter diesem Motto spürten die
vier Musiker der Faszination Gregorianik nach. Oft bildeten die gregorianischen Gesänge den Anfang, Heinz
Grobmeier übernahm dann, entwickelte weiter, improvisierte im Sinne
dieser Musik. Er und Kaiser sind ja
ausgewiesene Multiinstrumentalisten.
In Obertraubling kamen Sopran-Saxophon, Klarinette und Pocket-Clarinet
zum Einsatz, Double-Ocarina, Spanische Sopranschalmei, Gotisches Hackbrett, Flöte, Balinesischer Buckelgong,
Steel-Drum, Shrutibox, Monochord,
Chimes, Xylophon und Trommel. Das
brachte Abwechslung in der Klanggestaltung: Gesang mal mit Flötenzwischenspiel, mal mit Hackbrett und
Gong als Begleitung, mal mit Bordunklängen unterlegt, mal mit Klängen
versehen, die sich unermüdlich um
sich selber drehten, mal meditativ, mal
rhythmisch betont. So ging es von Hildegard von Bingen über Perotin, eine
Messe „Orbis Factor“ zu Rorate-Gesängen und schließlich zu Cantigas de
Santa Maria.
Die Lautstärkespitze setzte ein
Gong-Solo in der Mitte des Programms. Kaiser entlockte dem Instrument mit verschiedenen Schlegeln
und Schlagtechniken immer wieder
andere Klänge, psychedelische, unheimliche, intensive, ohrenbetäubende. Bei den Sängern gab es gegen Ende
des Programms ein paar kleine Unstimmigkeiten in der Kongruenz, aber
insgesamt war dieser gregorianische
Bilderbogen eine runde und sehr lebendige Sache, modisch aufgepeppt
mit Saxophon und anderen Instrumenten, aber die mittelalterliche Musik immer ernst nehmend und in den
Mittelpunkt rückend. Genau das Richtige, um die Weihnachtszeit mit Epiphanias ausklingen zu lassen.
Ensemble mit Marcus Weigl, Heinz
Grobmeier, Helmut C. Kaiser und
Foto: Veranstalter
Klaus Wenk (v. l.)