Kino NUMMER 58 Sonderling zum Verlieben Film-Geflüster Nicolas Cage inszeniert Vergewaltigungs-Thriller Nicolas Cage (52, „Joe – Die Rache ist sein“) führt zum zweiten Mal Regie. Nach dem Kinoportal Deadline.com wird der Schauspieler den Thriller „Vengeance: A Love Story“ inszenieren, in dem er auch die Hauptrolle eines Polizisten spielt. 2002 hatte Cage mit „Sonny“ sein Regiedebüt gegeben. Der Film basiert auf der Erzählung „Rape: A Love Story“ der US-Schriftstellerin Joyce Carol Oates. Eine alleinerziehende Mutter wird vor den Augen ihrer 12-jährigen Tochter Opfer einer Bandenvergewaltigung. „Birnenkuchen mit Lavendel“ VON FRED DURAN Oscar-Preisträger Simmons im Superhelden-Team Das Superhelden-Team in „Justice League“ bekommt Zuwachs: Oscar-Preisträger J.K. Simmons (61, „Whiplash“, „Spider-Man“) wird die Rolle des Commissioner Gordon übernehmen, wie der Hollywood Reporter berichtet. In der Superhelden-Story der DC Comics kämpfen Superman (Henry Cavill), Batman (Ben Affleck) und Wonder Woman (Gal Gadot) gegen das Böse. In Fukushima lernt die junge Marie (Rosalie Thomass, links) aus Deutschland die sehr beherrschte, letzte Geisha Satomi (Kaori Momoi) kennen. Foto: Mathias Bothor/Majestic Im Herzen der Sperrzone Amanda Seyfried mit Clive Owen in Sci-Fi-Thriller Amanda Seyfried (30, „Ted 2“) hat den Zuschlag für die Hauptrolle in dem Sci-Fi-Thriller „Anon“ an der Seite von Clive Owen (51, „Children of Men“) bekommen. Variety zufolge sollen die Dreharbeiten unter Regie von Andrew Niccol (51, „Seelen“, „Die Truman Show“) im Sommer anlaufen. Owen spielt in Amanda Seyfried „Anon“ einen Ermittler in einer Welt, in der es keine Privatsphäre gibt. Doch dann begegnet er einer mysteriösen Frau (Seyfried) ohne digitalen Fingerabdruck. (dpa) Unsere Wertungen * sehr schwach ** mäßig *** ordentlich **** sehenswert ***** ausgezeichnet Sonst noch angelaufen ● Der Spion und sein Bruder Nach Ali G., Borat und Brüno kommt jetzt Nobby: Der britische Komiker Sacha Baron Cohen spielt den Typ, der eigentlich alles hat, was man sich in dem heruntergekommenen englischen Fischerort Grimsby wünschen kann: die schönste Freundin (Rebel Wilson) und neun Kinder. Er vermisst nur seinen kleinen Bruder Sebastian (Mark Strong), der als Kind von einer anderen Familie adoptiert wurde. Als er seinen Bruder aufspürt, gibt es ein Problem: Sebastian ist Agent beim Geheimdienst MI6 und auf der Flucht. (Filmstart in etlichen Kinos der Region) ● The Choice – Bis zum letzten Tag Erneut kommt ein Bestseller des US-Autors Nicholas Sparks ins Kino. Das Glück eines jungen Ehepaars wird durch einen Autounfall beendet. Der Tierarzt Travis (Benjamin Walker) muss entscheiden, ob die lebenserhaltenden Geräte seiner Frau Gabby (Teresa Palmer) abgeschaltet werden – und die Mutter von zwei Kindern stirbt. Aber keine Sorge: Es gibt auch diesmal ein Happy End. (Filmstart in Aichach, Augsburg, Ingolstadt, Kaufbeuren, Kempten, Neu-Ulm, Penzing) ● Unsere Wildnis Quer durch Europa führt die Entdeckungstour der französischen Regisseure Jacques Perrin und Jacques Cluzaud („Unsere Ozeane“/„Nomaden der Lüfte“). Diesmal erzählen sie vom Wiedereinsetzen der Jahreszeiten nach einer Jahrtausende währenden Eiszeit – ein goldenes Zeitalter des Waldes. (Filmstart in Aichach, Augsburg, Ingolstadt, Kaufbeuren, Königsbrunn, Neu-Ulm, Penzing) (dpa) DONNERSTAG, 10. MÄRZ 2016 Grüße aus Fukushima Marie ist noch jung, aber schon grandios gescheitert. In Japan möchte sie es besser machen. Am Ende wird ihr geholfen. Doris Dörrie liefert großes Erzählkino VON ANDRÉ WESCHE Mit ihren frühen Erfolgen „Männer“ oder „Ich und Er“ hat das Werk der Regisseurin und Autorin Doris Dörrie heute nichts mehr gemein. Sehr unterhaltsam sind die Geschichten der 60-Jährigen auch heute noch, aber sie loten das Leben ungleich tiefer aus. Eine besondere Vorliebe hat Dörrie für Japan entwickelt, mit Filmen wie „Erleuchtung garantiert“ oder „KirschblütenHanami“ verbindet sie das Angenehme (Fernreisen) mit dem Nützlichen (Broterwerb). Auch ihr neues Werk ist im Land der aufgehenden Sonne angesiedelt. Allerdings an einem Ort, den der westliche Tourist gern weiträumig umfährt. Marie (Rosalie Thomass) ist das Musterbeispiel eines traurigen Clowns. Zu Hause in Deutschland ist ihre geplante Hochzeit grandios gescheitert. Nun macht sich die junge Frau auf nach Fukushima, wo tausende Überlebende der Katastrophe noch immer in Notunterkünften hausen. Die zumeist hochbetagten Frauen haben nach Maries Ansicht eine kleine Aufheiterung nötig. Oder geht es hier vielmehr um sie selbst? Maries unbedarfte Zirkusnummern und Sportübungen erregen allenfalls das Mitleid des Publikums. Sie resigniert und plant die Heimreise, als sie von der greisen Geisha Satomi (Kaori Momoi) so gar nicht asiatisch-zurückhaltend zu einem Fahrdienst zwangsverpflichtet wird. Die Reise führt mitten in die ehemalige Sperrzone, zu Satomis schwer beschädigtem Haus. Marie bringt es nicht übers Herz, die alte Dame ihrem Schicksal zu überlassen. Sie hilft ihr beim Beseitigen der Trümmer und erlangt im Gegenzug tiefe Einblicke in die japanische Kultur. Frauen aller Altersstufen dürften den Löwinnen-Anteil des DorisDörrie-Publikums ausmachen, während Männer mitunter Berüh- rungsängste zeigen. Diese flackern sofort wieder auf, wenn „Grüße aus Fukushima“ mit Bildern von einer Braut beginnt – noch dazu in gediegenem Schwarz-Weiß. Man sollte sich von diesem Einstand aber nicht abschrecken lassen, sonst verpasst man einen wunderbaren Film und eine Geschichtenerzählerin auf dem Höhepunkt ihrer Kunst. Die Hauptfiguren studieren sich gegenseitig intensiv, sie entdecken Gemeinsamkeiten (wenige) und Unterschiede (diverse). Sie lernen einander zu schätzen, wahren aber doch einen gesunden Abstand. Sozi- al- oder Ethnokitsch ist Doris Dörrie fremd. Nichts wirkt gespielt in diesem Film, in dem es neben fremder Kultur auch zwei wunderschöne Frauengesichter zu entdecken gilt. Dokumentarische Aufnahmen der Katastrophe, skurrile Intermezzi aus einer pulsierenden Metropole Nippons und nicht zuletzt eine unheimliche Begegnung der dritten Art sorgen für zusätzliche Tupfer in diesem vielfarbigen Schwarz-WeißFilm. Frau Dörries Bester! **** O Filmstart in Augsburg, Landsberg, Ulm Auf der Straße taucht er plötzlich auf und sie fährt ihn einfach um. Aber bevor Louise (Virginie Efira) aus dem Auto steigen kann, springt der Mann auf, rennt davon und lässt sich mitten auf der Wiese nieder. Der Unfall ist der Beginn einer Freundschaft, deren Ausbaufähigkeit zu einer Liebesbeziehung allerdings unwahrscheinlich erscheint. Louise führt die verschuldete Obstplantage als Witwe weiter, erzieht allein ihre zwei Kinder und will sich mit dem Sonderling nicht noch eine Aufgabe ans Bein binden. Denn, wie sich bald herausstellt, leidet Pierre (Benjamin Lavernhe) am AspergerSyndrom. Vordergründig wirkt Èric Besnards „Birnenkuchen und Lavendel“ wie eine typische romantische Komödie, nur dass das Liebeshindernis eine Krankheit ist, die das soziale Verhalten beeinträchtigt. Das Besondere an Besnards Film ist, dass nicht Pierre sich wandelt, sondern der Blick auf die Figur. Das gilt nicht nur für Louise, die die Qualitäten des Eigenbrötlers zu schätzen lernt, sondern auch für die Kamera von Philippe Guilbert, die sich der Hypersensibilität Pierres anpasst. So ist „Birnenkuchen und Lavendel“ zuallererst ein sehr sinnlicher Film, der die Nähe zur Natur nicht in pittoresken Landschaftstotalen sucht, sondern in Detailaufnahmen von Gräsern, Blüten, Bäumen und Wiesen. Die blühenden Birnbäume, die nachts mit Feuerkübeln gegen den Frost geschützt werden, gehören zu den Bildern, die einen festen Platz im filmischen Gedächtnis bekommen. **** O Filmstart in Augsburg, Ulm Regisseurin Doris Dörrie fasziniert Japans Ambivalenz ● „Grüße aus Fukushima“ ist Ihr vierter Film mit Japan-Bezug. Was fasziniert Sie so an diesem Land? Doris Dörrie: Es ist diese Gleichzeitigkeit von Dingen. Japan ist so wahnsinnig detailverliebt und so genau, so poetisch. Dann gibt es wieder diese irrsinnige Trash-Kultur, Beton und Naturverwüstung. Andererseits hat man diesen kleinen Garten im Teller und betet die Natur an. ● Warum haben Sie sich zu einem Schwarz-Weiß-Film entschlossen? Dörrie: Diese Entscheidung wurde ziemlich schnell getroffen. In Farbe hätte alles sehr matschig ausgesehen. Der Himmel ist graublau, die Luft ist sehr feucht. Es gibt kaum Kontraste. Schwarzweiß hat einen viel höheren Kontrast. Alles kriegt ein ganz anderes Gewicht, es ist sehr „zeichenhaft“ Die Banalität der Farbe verschwindet. ● Die Geisterscheinungen, die im Film eine Rolle spielen, hätten schnell unfreiwillig komisch wirken können. Wie haben Sie Ihren sehr überzeugenden Weg der Darstellung gefunden? Dörrie: Es war eine Idee von meinem wunderbaren Kameramann Hanno Lentz und hat mir sofort eingeleuchtet. Es war von Anfang an im Drehbuch vorgesehen, die Geister ganz real hinzustellen. Ich weiß von meinen Japan-Aufenthalten und Recherchen, dass Geister für die Japaner sehr präsent sind. Sie sind wirklich anwesend. ● Ist die Figur der Marie ein Alter Ego der jungen Doris Dörrie? Dörrie: Als große Frau aus dem Westen werde ich als „Elefant“ wahrgenommen. Auch nach 25 Japan-Besuchen kann ich noch immer nicht alles richtig machen. Der Fremde ist draußen und er wird auch nie nach innen kommen. Interview: André Wesche Bei Louise (Virginie Efira) blüht der sensible Pierre (Benjamin Lavernhe) regelrecht auf. Foto: Neue Visionen Staatschefs müssen sterben Das Stehaufmännchen London Has Fallen Erneut räumt der Leibwächter Benning brachial auf Trumbo Ein geächteter Autor in Hollywood Vor drei Jahren zerlegten Terroristen in Antoine Fuquas „Olympus Has Fallen“ das Weiße Haus. Jetzt bringt das gleiche Produzenteam mit „London Has Fallen“ eine durchaus sehenswerte, aber brachiale Neuauflage des Terrordramas in die Kinos. In dem atemlosen Actionknaller ist der Kampfplatz in die britische Hauptstadt verlegt worden, die Hauptdarsteller sind die gleichen geblieben, und auch diesmal dröhnt es wieder reichlich patriotisch von der Leinwand. Aber der Film in der Regie von Babak Najafi lässt auch subversive Untertöne zu, prangert die glänzenden Geschäfte westlicher Waffenexporteure an und verzichtet auf reine Schwarz-Weiß-Malerei. Allerdings spielt Gerard Butler erneut den bulligen Leibwächter Mike Benning, der seinen eher feingeistigen Präsidenten Benjamin Asher (Aaron Eckhart) auf Schritt und Tritt begleitet. Morgan Freeman ist jetzt Vizepräsident, einen so coolen Burschen wird es in dem Amt wohl nie mehr wieder geben. Als der englische Premiermi- nister unerwartet stirbt, treffen sich in London die Staatschefs der Welt. Es kommt zum tödlichen Szenario, als hunderte Terroristen ein höllisches Inferno entfesseln. Fünf Staatschefs kommen ums Leben, Benning kämpft mit seinem Präsidenten im Schlepptau gegen eine schier unbesiegbare Übermacht. Etwas mulmig wird es dem Zuschauer schon, wenn permanent Autos explodieren und Passanten umherfliegen. Butler, der kantige Schotte, dominiert fast jede Einstellung mit fulminanter körperlicher Präsenz, am Ende steht der bissige Leibwächter jedoch lammfromm und sichtlich erschöpft an der Wiege seiner neugeborenen Tochter. ** (Johannes von der Gathen, dpa) O Filmstart in etlichen Kinos der Region Leibwächter Mike Benning (Gerard Butler, stehend) räumt wieder auf. Foto: Universum VON MARTIN SCHWICKERT Als bei der Oscar-Verleihung 1957 ein gewisser Robert Rich für das Drehbuch zu „The Brave One“ ausgezeichnet wurde, konnte der Sieger den Preis nicht persönlich empfangen. Denn diesen Robert Rich gab es überhaupt nicht. Der Name war Tarnung für Dalton Trumbo, der während der McCarthy-Ära auf die schwarze Liste gesetzt wurde. In „Trumbo“ widmet sich Jay Roach dem wendungsreichen Leben des geächteten Autors und begibt sich in die finstersten Jahre Hollywoods. In den 40er-Jahren gehört Dalton Trumbo (Bryan Cranston) noch zu den erfolgreichsten Drehbuchautoren in Hollywood. Als er 1947 als kommunistisches Parteimitglied vor das „Komitee für unamerikanische Umtriebe“ vorgeladen wird, verweigert er die Aussage und wird zu elf Monaten Haft verurteilt. In Hollywood herrscht eine Atmosphäre von Hetze, Angst und Denunziation. Aber Trumbo hat eine Familie zu ernähren und er hört nicht auf zu schreiben. Andere Autoren decken ihn als Strohmänner. Sein zuverlässigster Alliierter wird der unabhängige B-Movie-Produzent Frank King (fabelhaft: John Goodman). Hundert Seiten in drei Tagen für 1200 Dollar – so lautet der Deal. Erst 1960 zeichnet sich ein Ende des Schreib-Sklaven-Daseins ab. Kirk Douglas (Dean O’Goreman) setzt sich dafür ein, dass Trumbo offiziell als Drehbuchautor von „Spartakus“ genannt wird und auch Otto Preminger (schöner Auftritt: Christian Berkel) lässt verlautbaren, dass er in seinem neuen Film „Exodus“ mit dem geächteten Autoren zusammenarbeitet. Man kann sich ein düstereres Gemälde der McCarthy-Ära vorstellen als Jay Roachs „Trumbo“. Der Film ist weniger als dramatische Aufarbeitung angelegt, sondern als Biopic eines tapferen Stehaufmännchens. Bryan Cranston („Breaking Bad“) spielt den unverbissenen Helden mit einem schalkhaftem Charme. *** O Filmstart in Augsburg, Ulm
© Copyright 2024 ExpyDoc