Mobiles Arbeiten - Universität Tübingen

Mobiles Arbeiten
- arbeitsrechtliche Fragestellungen in der modernen
Arbeitswelt
Dr. Michael Rein
Rechtsanwalt
CMS Hasche Sigle, Stuttgart
Kolloquium zur Praxis des Unternehmensrechts, 02.06.2015
Eberhard Karls Universität Tübingen
Einführung (1/3) - Ausgangslage

Home Office: 33 % der AN in Deutschland arbeiten bereits ganz oder zeitweise von zu
Hause aus (BITKOM)

Arbeitszeit: 77 % der AN in Deutschland sind auch außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit
per Handy/E-Mail erreichbar (BITKOM)

Einsatz privater Hardware/BYOD: 71 % der AN in Deutschland nutzen ein privates
Endgerät auch für berufliche Zwecke (BITKOM)
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
2
Einführung (2/2) - Arbeitsrechtliche Fragestellungen

Zahlreiche Beispiele, u.a.
•
Einführung und vertragliche Absicherung mobiler Arbeit
•
Arbeitsplatzgestaltung im Home und Mobile Office
•
Leistungskontrolle im Home Office
•
Ständige Erreichbarkeit und Arbeitszeit
•
Verfügbarkeitszeiten und Arbeitslohn
•
Zugriff auf Firmendaten auf privater Hardware
•
Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen
•
Beendigung mobiler Arbeit
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
3
"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (1/13)

Situation in der Praxis
•
33 % der Berufstätigen in Deutschland arbeiten
ganz oder zeitweise von zu Hause aus (BITKOM)
•
Rund zwei Drittel der Deutschen wollen (zumindest
teilweise) zu Hause arbeiten (BITKOM)
•
Auswirkungen auf Unternehmen
 kleinere Kernbelegschaft und
 zunehmende Anzahl an (nicht festangestellten)
Projektarbeitern, die außerhalb der Betriebsstätte
arbeiten
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (2/13)

Erscheinungsformen des Home u. Mobile Office
•
Häusliches Home Office
 Tätigkeit ausschließlich am häuslichen AP
•
Alternierendes Home Office
 Tätigkeit teils im Betrieb, teils am häuslichen AP
•
Mobiles Arbeiten
 Tätigkeit an wechselnden Arbeitsstätten, ortsunabhängig
•
Satelliten- /Nachbarschaftsbüros
 Tätigkeit in ausgelagertem Zweigbüro/im Gemeinschaftsbüro
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (3/13)

Vor- und Nachteile des heimischen/mobilen Büros
Vorteile
Nachteile
• Effizientere Flächennutzung
• Soziale Isolation
• Erhöhte Eigenverantwortung und
Selbständigkeit
• Entsolidarisierung mit Kollegen
• Schlechtere Karrierechancen
• Zeit- und Kostenersparnis
• Erhöhte Arbeitsplatzunsicherheit
• Höhere Flexibilität und
Zeitsouveränität
• Leistungsüberwachung schwieriger
• Erweiterte
Beschäftigungsmöglichkeiten
• Fehlende Trennung von Beruf und
Privatleben
• Produktivitätssteigerung
• Eingeschränkte Erreichbarkeit bei
Not- oder Eilfällen
• Mitarbeiterzufriedenheit
• Teamarbeit erschwert
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (4/13)

Rechtliche Umsetzung
•
Grundsatz: Home/Mobile Office arbeitsrechtlich statusneutral, d.h., durch freie
Mitarbeiter, Arbeitnehmer, Heimarbeiter, arbeitnehmerähnliche Personen möglich
•
Mögliche Vertragsformen
 Arbeitsvertrag (95 %),
 aber auch freier Dienstvertrag/Werkvertrag denkbar
 Sonderfall: Heimarbeitsverhältnis
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (5/13)
•
Spätere Änderung: Umstellung "reguläres" AV auf Telearbeitsverhältnis grds. durch zweiseitige
Vereinbarung; daneben denkbar:
 Versetzungsvorbehalte/Direktionsrechtserweiterung (Grenze: § 106 S. GewO; Art. 13 GG)
 Änderungskündigung: hohe Hürden für soziale Rechtfertigung
 Widerruf/Kündigung/Befristung des Home/Mobile Office
•
LAG Düsseldorf v. 10.09.2014 – 12 Sa 505/14: Unwirksamkeit einer arbeitsvertraglichen
Regelung gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, die voraussetzungslose Beendigung der Telearbeit
ermöglicht
•
Verstoß gegen Leitbild des § 106 GewO: Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen
muss im Vertragstext zum Ausdruck kommen
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (6/13)
Stellen Sie sich vor, Sie sind Arbeitgeber und wollen im Rahmen eines
neu abzuschließendes Arbeitsvertrages eine "Home-Office-Klausel"
aufnehmen.
Wie müsste diese Klausel inhaltlich ausgestaltet sein? An welche
Punkte müssen Sie als Arbeitgeber denken?
Unterbreiten Sie einen Formulierungsvorschlag!
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (7/13)

Inhalt einer vertraglichen Regelung
•
Organisatorische Zuordnung des MA
 Welchem Betrieb soll der MA angehören?
•
•
Maßgebliches Kriterium: Ausübung der Leitungsmacht
Kosten
 Wer trägt Kosten der Errichtung und des Unterhalts des Home/Mobile Office?
•
Ohne Regelung: Anspruch des Arbeitnehmers entsprechend § 670 BGB bei Nutzung der
eigenen Räumlichkeiten des Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeitspflicht
 Gelten anfallende Fahrten zur Betriebsstätte als (bezahlte) Dienstreise?
•
Art und Umfang der Arbeitsleistung
 Wo, wann und in welcher Weise ist die Arbeitsleistung zu erbringen?
 Recht des AG, Anwesenheit des AN im Betrieb bei Notwendigkeit anzuordnen?
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (8/13)

Inhalt einer vertraglichen Regelung (Fortsetzung)
•
Arbeitsmaterialien
 Sollen Arbeitsmittel (z.B. Telefon, Laptop) und Büromaterial (z.B. Papier, Druckerpatronen) durch
den Arbeitgeber bereitgestellt werden?
•
Zutrittsrecht (Home Office)/Arbeitsschutz
 Zugangsrecht für AG bei sachlichem Grund (z.B. Kontrolle der Arbeitssicherheit/-Bedingungen)?
 Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen bei Arbeitsplatzgestaltung
 Übertragung der Aufzeichnungspflicht bei Überstunden auf AN
•
Datenschutz und Informationssicherheit
 Pflicht zur Einhaltung des Datenschutzes
 Pflicht, Betriebsgeheimnisse und –Unterlagen vor Fremdzugriff zu schützen
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (9/13)

Beteiligung des Betriebsrats
•
Voraussetzung: Einführung des Home/Mobile Office betrifft AN bzw.
Heimarbeiter des Betriebs
•
Grundsatz: Einführung ist mitbestimmungsfreie Unternehmerentscheidung
("ob")  BR kann Einführung nicht verhindern!
•
Aber: Frage nach dem "wie" des heimischen/mobilen Arbeitseinsatzes
unterliegt der Mitbestimmung des BR!
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (10/13)

Beteiligung des Betriebsrats: Unterrichtungs- u. Beratungsrechte
•
§§ 80, 90, 92 BetrVG: Rechtzeitige und umfassende Information des BR über
Einführung und Ausgestaltung mobiler Arbeit bereits im Planungsstadium; Unterlagen
sind (auf Verlangen) vorzulegen
 Einfluss des Home/Mobile Office auf AN (z.B. erweiterte technische Kenntnisse, erhöhte
Eigenverantwortlichkeit)
 Auswirkungen auf Personalplanung (z.B. wie viele AN sind betroffen? Wie lange soll
Außeneinsatz andauern?)
 BR kann Gegenvorschläge unterbreiten und Bedenken äußern
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (11/13)

Beteiligung des Betriebsrats: Echte Mitbestimmungsrechte
•
§ 87 BetrVG (soziale Angelegenheiten): positives Konsensprinzip  Einigung nötig:
 Arbeitszeit (Beginn und Ende der täglichen AZ, Dauer und Lage der Pausen, Überstunden)
 Technische Überwachungseinrichtungen (z.B. Log-In in Intranet, Zeiterfassung)
 Unfallverhütung (z.B. Bildschirmarbeitsverordnung)
 Lohnfragen (z.B. Zeitlohn, leistungsbezogene Entgelte)
•
§ 99 BetrVG (personelle Einzelmaßnahme), sofern Home Office = Versetzung
 LAG Düsseldorf v. 10.09.2014 – 12 Sa 505/14: Beendigung alternierender Telearbeit ist
regelmäßig Versetzung gem. § 95 Abs. 3 BetrVG, da sich das Bild der Tätigkeit grundlegend ändert
•
§ 102 BetrVG (Anhörung bei Kündigung), sofern Home Office mittels
Änderungskündigung eingeführt oder widerrufen wird
•
§§ 111, 112 BetrVG (Interessenausgleich, Sozialplan), sofern Home Office =
Betriebsänderung
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (12/13)

Arbeitsschutz: Pflichten des AG
•
Home Office: ArbSchG, ArbStättV und BildschArbV (+)
•
Mobile Office: ArbStättV und BildschArbV (-), da keine
regelmäßige Betriebsstätte, aber
 ArbSchG (+), d.h.
 Gefährdungsbeurteilung (z.B. Bildschirmstrahlung, Körperhaltung, jetzt
auch ausdrücklich: psychische Belastungen wie soziale Isolation,
Stress, Erreichbarkeit, §§ 4 Nr. 1, 5 Abs. 3 Nr. 6 ArbSchG n.F.)
 Gegenmaßnahmen zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit (z.B.
Ausstattung mit Arbeitsmitteln, Unterweisung der AN, Begrenzung der
Erreichbarkeit)
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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"Home/Mobile Office": betriebsferner Arbeitseinsatz (13/13)

Unfallversicherung
•
Grundsatz: Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (+), sofern
abhängige Beschäftigung vorliegt (§ 2 SGB VII)
•
Bei häuslichem Arbeitsunfall besteht keine Vermutung gegen die Einordnung als
Arbeitsunfall!
•
AG hat auch bei häuslichem/mobilen Arbeitseinsatz die Vorschriften zur
Unfallverhütung einzuhalten; Grenze: Art. 13 GG (Unverletzlichkeit der Privatwohnung)
•
Probleme:
 Abgrenzung privater und beruflicher Bereich (z.B. Unfall bei Gang zum
häuslichen Briefkasten)
 Wegeunfall beim Mobile Office
•
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
Vgl. aktuell BSG v. 18.06.2013 – B 2 U 7/12 R
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Arbeitszeit: Schranken ständiger Erreichbarkeit (1/12)

Situation in der Praxis
•
17 % der AG erwarten jederzeitige Erreichbarkeit
(BITKOM)
•
z.T. freiwillige Erreichbarkeit der AN, um sich
hervorzutun
•
77 % der AN sind nach Büroschluss per
Internet/Telefon verfügbar; 64 % checken in der
Freizeit häufig berufliche E-Mails (BITKOM)
•
Problem: keine klare Trennung von Arbeit und
Freizeit; Erholung stellt sich nicht ein
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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Arbeitszeit: Schranken ständiger Erreichbarkeit (2/12)

Unterschiedliche Regelungszwecke
Öffentliches Arbeitszeitrecht
Privates Arbeitszeitrecht
• Rechtsgrundlagen
• Vereinheitlichung durch
Arbeitszeitgesetz
(ArbZG)
• Rechtsgrundlagen
• Arbeits- oder Tarifvertrag,
Betriebsvereinbarung
• Gegenstand und Zweck
• Arbeitssicherheit und
Gesundheitsschutz
• AG als Normadressat!
• Gegenstand und Zweck
• Dauer und Lage der AZ
• Umfang der Vergütung
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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Arbeitszeit: Schranken ständiger Erreichbarkeit (3/12)

Gesetzliche Vorgaben des ArbZG
•
Arbeitszeit
 = Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen
 Beginn und Ende: i.d.R. durch betriebliche Regelungen und Vereinbarungen bestimmt
 Arbeitszeiten bei mehreren AG sind zu addieren
•
Höchstarbeitszeit, § 3 ArbZG
 8 Std. werktäglich (= Mo-Sa)
 Bis zu 10 Std.  Ausgleich innerhalb bestimmten Zeitraums!
 Über 10 Std.  nur durch TV oder bei Öffnungsklausel durch BV möglich!
 AG muss AZ oberhalb der 8-Std.-Grenze aufzeichnen und zwei Jahre lang
aufbewahren
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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Arbeitszeit: Schranken ständiger Erreichbarkeit (4/12)

Gesetzliche Vorgaben des ArbZG (Fortsetzung)
•
Ruhepausen, § 4 ArbZG
 = im Voraus feststehende Arbeitsunterbrechung, die der
Erholung dienen soll
 Dauer:
•
6-9 Std. Arbeit  30 Minuten
•
Mehr als 9 Std. Arbeit  45 Minuten
•
Aufteilung in Zeitabschnitte zu je mind. 15 Minuten erlaubt
 Lage: nach spätestens 6 Std. Arbeit
•
Ruhezeit, § 5 ArbZG
 = Zeit zwischen Beendigung und Aufnahme der Arbeit, in der AN nicht arbeiten darf
 Mind. 11 Std. ununterbrochene Ruhezeit
 Problem: Führen "Bagatellunterbrechungen" zur Unterbrechung der Ruhezeit?
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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Arbeitszeit: Schranken ständiger Erreichbarkeit (5/12)

Abgrenzung Arbeitszeit / arbeitsfreie Zeit
Vollarbeit
= AN wird in vollem Umfang für AG eingesetzt, d.h. durch Arbeit voll
beansprucht
Arbeitsbereitschaft
Arbeitszeit
= AN hat während regulärer AZ keine volle Tätigkeit zu verrichten ("Zeit der
wachen Achtsamkeit im Zustand der Entspannung")
Bereitschaftsdienst
= AN hat sich außerhalb regulärer AZ an einer vom AG bestimmten Stelle
aufzuhalten, um auf Abruf unverzüglich Arbeit abzuleisten
Rufbereitschaft
Arbeitsfreie Zeit
= AN muss für AG jederzeit erreichbar sein, um auf Abruf
alsbald Arbeit abzuleisten
Freizeit
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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Arbeitszeit: Schranken ständiger Erreichbarkeit (6/12)

Was darf der Arbeitgeber?
Anordnung der Erreichbarkeit während der Arbeitszeit
Vollarbeit
möglich
Arbeitsbereitschaft
möglich
Arbeitszeit
Merke: kein Recht des AG, AZ nach freiem Ermessen zu bestimmen, wenn AV, BV oder TV
dieses Recht einschränken!
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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Arbeitszeit: Schranken ständiger Erreichbarkeit (7/12)

Was darf der Arbeitgeber? (Fortsetzung)
Anordnung der Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit
Lage der AZ unbestimmt
Lage der AZ bestimmt
möglich
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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Arbeitszeit: Schranken ständiger Erreichbarkeit (8/12)

Was darf der Arbeitgeber? (Fortsetzung)
Anordnung der Erreichbarkeit: bestimmte Lage der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag
festgelegt
•
Regel
 Gestaltungsspielraum durch vertragliche Festlegung verbraucht
 Keine Pflicht des AN zur Arbeit außerhalb vertraglich festgelegter Arbeitszeit
•
Ausnahme
 AN befolgt Anordnungen des AG widerspruchslos
 Zum Schutz betrieblicher Interessen in Notfällen
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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Arbeitszeit: Schranken ständiger Erreichbarkeit (9/12)

Was darf der Arbeitgeber? (Fortsetzung)
Anordnung der Erreichbarkeit: unbestimmte Lage der Arbeitszeit
Bereitschaftsdienst?
Anordnung
führt zu…
Rufbereitschaft?
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
Def.: unverzügliche
Arbeitsaufnahme;
Aufhalten an
bestimmtem Ort
Str.: zwar bestimmt AN
selbst, wann er auf EMails reagiert; anders
aber bei Handy und
vereinbarten ResponseZeiten; zudem
Belastung vergleichbar
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Arbeitszeit: Schranken ständiger Erreichbarkeit (10/12)

Implikationen für das Urlaubsrecht
•
Grundsätze, vgl. § 7 Abs. 2 BUrlG
 Unwiderrufliche Erteilung
 Urlaubsanspruch bei Unterbrechung nicht erfüllt
 Zusammenhängender Urlaub, d.h. mind. 2 Wochen
 Urlaub < 1 Tag = kein Urlaub
•
Mögliche Konsequenzen
 Urlaubstag neu zu gewähren
 Gesamter Urlaub neu zu gewähren
 Übertragung auf nächstes Jahr, wenn im Urlaubsjahr nicht mehr möglich
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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Arbeitszeit: Schranken ständiger Erreichbarkeit (11/12)

Vergütung bei Erreichbarkeit in der Freizeit
Rufbereitschaft ohne
Arbeitsleistung = keine
Arbeitszeit
Freiwillige Erreichbarkeit
= nicht angeordnet
Vergütungspflicht
Vergütungspflicht
Überstundenvergütung
möglich
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
Anordnung durch AG
(auch Rufbereitschaft mit
Arbeitsleistung)
Abgeltung durch
Pauschalierungsklausel?
Aber: AGB-Kontrolle
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Arbeitszeit: Schranken ständiger Erreichbarkeit (12/12)

Vergütung bei Erreichbarkeit in der Freizeit (Fortsetzung)
•
Unwirksame Pauschalierungsklausel
 "Erforderliche Überstunden sind mit dem Monatsgehalt abgegolten" (BAG, 01.09.2010 – 5 AZR
517/09)
•
Geeignete Formulierungsbeispiele
 "Mit dem Monatsgehalt sind zehn geleistete Überstunden pro Monat abgegolten."
 "Mit dem vereinbarten Bruttolohn sind Überstunden bis zu 10 % der vereinbarten Arbeitszeit
monatlich abgegolten."
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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BYOD: Mobiles Arbeiten mit privater Hardware (1/6)

BYOD: was bedeutet das?
•
Definition: Bring your own device = Dienstliche Nutzung
privater mobiler Endgeräte der Beschäftigten
•
Situation in der Praxis
 71 % der AN nutzen private Hardware auch zu dienstlichen
Zwecken (BITKOM)
 27 % der Unternehmen erlauben den AN den Zugriff auf das
interne Firmennetz mit privater Hardware (BITKOM)
 IT-Branche: 43 % der Unternehmen erlauben Zugriff; 60 %
hiervon haben besondere Nutzungsregeln (BITKOM)
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
29
BYOD: Mobiles Arbeiten mit privater Hardware (2/6)

Vor- und Nachteile
Vorteile
• Keine Anschaffungskosten
Nachteile
• Vermischung beruflicher und privater
Belange/Arbeitszeitproblematik
• Hohe Aktualität der Geräte
• Gefährdung der Unternehmens-IT
• Vertrautheit im Umgang mit
Geräten/Synergieeffekte
• Erschwerte Betreuung durch ITAbteilung
• Mitarbeiterzufriedenheit
• Erreichbarkeit/schnellere Reaktion
• Schutz von personenbezogenen
Daten/Betriebsgeheimnissen
schwierig
• Lizenzprobleme (Software)
• Möglicher Kontrollverlust
• Teils unsichere Rechtslage
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
30
BYOD: Mobiles Arbeiten mit privater Hardware (3/6)

Realisierung von BYOD
•
Rechtsgrundlage
 AN nicht verpflichtet, seine private IT zur Verfügung zu stellen!
 Daher: zweiseitige Nutzungsvereinbarung zwischen AG und AN notwendig; diese kann auf
ergänzende Betriebsvereinbarung verweisen
•
Alternative Gestaltungsform ("Chose your own device")?
 AG kauft Wunschgerät des AN und überlässt es diesem zur (dienstlichen und privaten) Nutzung
 Vorteile: kein Kontrollverlust; erweiterter Zugriff wegen Firmeneigentum; einfachere Betreuung
durch IT-Abteilung
 Nachteile: keine Kostenersparnis; Umgang mit Gerät muss erlernt werden
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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BYOD: Mobiles Arbeiten mit privater Hardware (4/6)

Inhalte einer BYOD-Vereinbarung
•
Art und Umfang der Nutzung
 Bereitstellung für welche Zwecke? Welche Geräte werden zugelassen?
 Kompensation und Kostentragung (z.B. Nutzungsentgelt, Datenvolumen, Auslandsgespräche)
•
Datenschutz und Datensicherheit
 Keine Sichtung privater Daten auf Endgerät des AN; strikte Trennung der Daten
•
Lösung durch Einrichtung von Containern für dienstliche Daten
 Schutz personenbezogener Daten vor Fremdzugriff
•
IP-Rechte/Lizenzen
 Keine Nutzung illegaler/unlizenzierter Software
 Keine Nutzung lizenzierter Software für außerbetriebliche Zwecke
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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BYOD: Mobiles Arbeiten mit privater Hardware (5/6)

Inhalte einer BYOD-Vereinbarung (Fortsetzung)
•
Dienstliche Dokumente
 Zugriffsrechte des AG auf unternehmensbezogene Daten
 Beachtung gesetzlicher Aufbewahrungspflichten; Zustimmung zu regelmäßigen Backups
 Schutz von Betriebsgeheimnissen
 Herausgabe/Löschung dienstlicher Dokumente bei Vertragsbeendigung
•
Haftungsfragen/Störfälle
 Ersatz bei Verlust oder Beschädigung?
 Meldepflicht des AN bei Verlust oder Störung?
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
33
BYOD: Mobiles Arbeiten mit privater Hardware (6/6)

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
•
Merke: MBR des Betriebsrats steht neben individualrechtlicher Vereinbarung mit AN!
•
Grundsatz: "ob" der AG BYOD einführen möchte, ist mitbestimmungsfreie
Unternehmerentscheidung
•
Aber: beim "wie" des BYOD greift § 87 BetrVG!
 Verhaltensvorschriften und Umgangsformen (Nr. 1)
 Arbeitszeit und Verfügbarkeitszeiten (Nr. 2, 3)
 Technische Überwachungseinrichtungen (Nr. 6)
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
34
Fazit

Der Arbeitseinsatz im Home/Mobile Office bedarf sorgfältiger Planung und umfassender
vertraglicher Absicherung; dabei ist der Betriebsrat zu beteiligen

Klare Regelungen zu Arbeits- und Verfügbarkeitszeiten schützen den AN vor Überforderung
und schleichendem "Burn-Out"

Gesetzliche Vorgaben des sozialen und technischen Arbeitsschutzes gelten auch im
Home/Mobile Office

"BYOD" ist einer der großen aktuellen Trends; dabei muss jedes Unternehmen für sich
entscheiden, ob die Vorteile die rechtlichen Risiken überwiegen
Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
35
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Dr. Michael Rein
Rechtsanwalt
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Dr. Michael Rein | 2. Juni 2015
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