Gutachten Fall 3

Fall 3
A ist Mitarbeiter der B-AG, die auf der gesamten Welt Baudienstleistungen erbringt. Er übt hierbei die Funktion des Vertriebsleiters für bestimmte ausländische Märkte aus. A weiß, dass es in
diesen Märkten ohne die Zahlung großzügiger „Schmiergelder“ nahezu unmöglich ist, Aufträge
im Bauwesen zu akquirieren. Aus diesem Grund schließt er mit dem selbstständigen Unternehmensberater U einen Vertrag über Beratertätigkeiten, die U in Wahrheit allerdings nicht erbringen soll. U erstellt daraufhin eine Rechnung über 500.000 € mit Umsatzsteuerausweis, die A
abzeichnet und an die Buchhaltung weiterleitet, woraufhin der dort zuständige Mitarbeiter den
Betrag an U auszahlt. Dieser wiederum leitet das Geld abzüglich einer Provision in Höhe von
15.000 € auf ein Konto weiter, für das nur A eine Vollmacht hat. A beabsichtigt, die verbleibenden Mittel in Höhe von 485.000 € als Schmiergelder einzusetzen, um in bestimmten ausländischen Märkten für die B-AG lukrative Aufträge zu erhalten. Der Vorstand der B-AG weiß von
alledem nichts.
Strafbarkeit des A nach dem StGB?
Gutachten
I.
Strafbarkeit des A aus § 263 Abs. 1 StGB
A könnte sich gem. § 263 Abs. 1 StGB gegenüber dem Mitarbeiter der Buchhaltung zum
Vorteil des U und zum Nachteil der B-AG strafbar gemacht haben, indem er dem zuständigen Mitarbeiter der Buchhaltung der B-AG eine Rechnung für eine nicht stattgefundene Beratertätigkeit durch U vorgelegt und diesen so zur Auszahlung von 500.000 € an U veranlasst hat.
1. Tatbestand
a) Objektiver Tatbestand
A müsste eine andere Person über Tatsachen getäuscht haben. Eine Täuschung stellt eine
intellektuelle Einwirkung auf das Vorstellungsbild eines anderen über Tatsachen dar, die
geeignet sein muss, eine diesbezügliche Fehlvorstellung zu erzeugen und die von dem Täter
im Bewusstsein hierüber vorgenommen wird. Tatsachen sind alle konkreten vergangenen
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oder gegenwärtigen Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt und des menschlichen Innenlebens, die sinnlich wahrnehmbar oder zumindest empirisch überprüfbar und damit dem
Beweis grundsätzlich zugänglich sind.
Vorliegend hat A dem Mitarbeiter der Buchhaltung einen in Wirklichkeit nichtigen (da nur
zum Schein geschlossenen, § 117 Abs. 1 BGB) Beratervertrag vorgelegt. Diesem Verhalten
kann zumindest konkludent die Aussage entnommen werden, dass der Vertrag ordnungsgemäß und mit Rechtswirkungen zustande gekommen ist. Das Verhalten des A war mithin
zur Einwirkung auf das intellektuelle Vorstellungsbild des Buchhaltungsmitarbeiters geeignet. Zudem müsste diese Einwirkung auch Aussagen über Tatsachen vermittelt haben.
Durch die Vorlage des abgezeichneten Vertrages hat A eine Erklärung darüber vermittelt,
dass ein wirksamer Vertrag geschlossen wurde; insbesondere hat er insoweit nicht lediglich
seine eigene Rechtsmeinung wiedergegeben, sondern vielmehr durch das Verschweigen der
die Nichtigkeit des Vertrages begründenden Tatsachen auch konkludent mit erklärt, der
Vertrag sei ordnungsgemäß zustande gekommen. Denn Willenskundgabehandlungen stellen äußerlich wahrnehmbare Vorgänge dar, die dem Beweis zugänglich sind und unterfallen mithin dem Begriff der Tatsachen i.S.d. § 263 StGB. Daher hatte das Verhalten des A
einen Tatsachen vermittelnden Erklärungsgehalt. Zudem müsste die Tatsachenbehauptung
auch unwahr gewesen sein. Dies liegt vor, da ein rechtsgeschäftliches Handeln erkennbar
von beiden Seiten nicht vorgelegen hat. Zudem ist dieses völlig selbstverständlich erscheinende Verhalten evident geeignet, bei einem reflektierten Adressaten die Fehlvorstellung
zu erzeugen, ein wirksames Rechtsgeschäft habe tatsächlich stattgefunden. Daher war das
Verhalten des A auch geeignet, einen Irrtum hervorzurufen. Ferner war sich A dessen auch
bewusst. Eine Täuschung über Tatsachen liegt somit vor.
Weiterhin müsste A bei dem Mitarbeiter der Buchhaltung einen Irrtum erregt haben. Auch
wenn sich der Buchhaltungsmitarbeiter keine konkrete Vorstellung von dem Beratervertrag
gemacht haben sollte, ist jedenfalls davon auszugehen, dass er bei von A abgezeichneten
und vorgelegten Verträgen das sachgedankliche Mitbewusstsein im Sinne eines ständigen
Begleitwissens hatte, dass es mit den entsprechenden Verträgen „seine Richtigkeit habe“.
Das Abzeichnen des Vertrages suggerierte jedenfalls dem Mitarbeiter, dass der Vertrag von
A geprüft und für ordnungsgemäß befunden wurde. Da dies im vorliegenden Fall jedoch
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nicht mit der Realität übereinstimmte, erlag der Buchhaltungsmitarbeiter einem entsprechenden Irrtum.
Durch diesen müsste es zu einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung gekommen sein.
Darunter ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen des Getäuschten zu verstehen, das unmittelbar eine Vermögensminderung zur Folge hat. Diese kann im Vermögen des Getäuschten
eingetreten sein. Vorliegend war jedoch nicht das Vermögen des Buchhaltungsmitarbeiters
betroffen, sondern das der B-AG, da dieser irrtumsbedingt die Zahlung von 500.000 € an U
aus dem Vermögen der B-AG angewiesen hat. In den Konstellationen des sog. „Dreiecksbetruges“ ist anerkannt, dass auch das Vermögen eines Dritten betroffen sein kann, auf das
der Getäuschte Zugriffsmöglichkeiten hat. Nach der herrschenden Lagertheorie müssen
diese so ausgestaltet sein, dass der Verfügende aufgrund einer qualifizierten tatsächlichen
Beziehung zum Vermögensinhaber mit dessen Willen in der Lage ist, über dessen Vermögen zu disponieren, also „in dessen Lager steht“. Hiervon ist bei einem Mitarbeiter der
Buchhaltung eines Wirtschaftsunternehmens grundsätzlich auszugehen. Daher liegt eine
täuschungsbedingte Vermögensverfügung vor.
Schließlich müsste der B-AG ein kausal auf der Vermögensverfügung basierender Vermögensschaden entstanden sein. Der Vermögensschaden ist nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung durch einen Vergleich der Vermögenslagen vor und nach dem schädigenden Ereignis zu ermitteln. Ein Vermögensschaden ist dabei nur gegeben, wenn die Vermögensminderung nicht durch ein kompensierendes Äquivalent wieder ausgeglichen wurde. Vorliegend
sind durch die Handlungen des A 500.000 € aus dem Vermögen der B-AG abgeflossen,
ohne dass diese hierfür ein Äquivalent erhalten hat (insbesondere war U aufgrund der Nichtigkeit des Beratervertrags zu keiner Gegenleistung verpflichtet). Die Absicht des A, das
Geld später zugunsten der B-AG verwenden zu wollen, bzw. es für diese „privat zu verwalten“, ist ungeachtet dessen, ob dies überhaupt einen Vermögenswert darstellen kann, unbeachtlich, da die spätere Verwendung der Mittel im Sinne der B-AG allenfalls eine irrelevante nachträgliche Schadenskompensation darstellen würde.
Der objektive Tatbestand des Betruges ist somit erfüllt.
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b) Subjektiver Tatbestand
A handelte vorsätzlich bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale.
Zudem hatte A bezüglich der an U ausgezahlten 15.000 € die Absicht stoffgleicher und
rechtswidriger Bereicherung, denn U sollte den Betrag erhalten, obwohl er wegen der Nichtigkeit des Beratungsvertrages nach § 117 BGB gar keinen Anspruch hierauf hatte. Auch
lag eine Stoffgleichheit der Bereicherung vor, da der rechtswidrige Vermögensvorteil sowie
der eingetretene Schaden auf derselben Vermögensverfügung basierten. Da der Tatbestand
des § 263 StGB eine Drittbereicherungsabsicht ausreichen lässt, genügt es im vorliegenden
Fall zur Erfüllung des subjektiven Tatbestands (jedenfalls hinsichtlich der 15.000 €) auch,
dass durch A eine Bereicherung des U intendiert war.
Hinsichtlich der restlichen 485.000 € ist eine Bereicherungsabsicht allerdings problematisch, da diese aus dem Vermögen des U wieder abfließen und schließlich zu Bestechungszwecken verwendet werden sollten. A hatte nie die Absicht, das Geld zu behalten, sondern
wollte es zugunsten der B-AG einsetzen, also für diese „privat verwalten“. Ungeachtet der
Frage, ob dies überhaupt eine Bereicherung darstellt, muss eine solche jedenfalls am Absichtserfordernis scheitern, da dies nie das Ziel des Verhaltens von A, sondern lediglich eine sichere Folge dessen war. Es liegt diesbezüglich also die schwächere Vorsatzform des
dolus directus zweiten Grades und gerade keine Absicht vor. Die Bereicherungsabsicht hinsichtlich der 485.000 € ist somit zu verneinen.
2. Rechtswidrigkeit und Schuld
A handelte rechtswidrig und schuldhaft.
3. Strafzumessung
Die Strafe könnte jedoch gem. § 263 Abs. 3 StGB zu schärfen sein. Vorliegend kommt eine
Verwirklichung des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB in Betracht.
Dem wäre der Fall, wenn A einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeigeführt hätte.
Ein solcher Vermögensverlust großen Ausmaßes wird nach der Rechtsprechung des BGH
ab einem Betrag von 50.000 € angenommen. Vorliegend ist der subjektive Tatbestand des
A allerdings nur hinsichtlich der 15.000 € erfüllt. Problematisch ist, ob dies der Bejahung
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des Regelbeispiels entgegenstehen könnte. Jedoch ist insoweit eine objektive Betrachtungsweise geboten. Insgesamt wurde nämlich ein Vermögensverlust von 500.000 € herbeigeführt, sodass die Indizwirkung des Regelbeispiels insoweit eingreift. Im vorliegenden
Fall wollte A das Geld jedoch zugunsten der B-AG, also letztlich zugunsten der Geschädigten, verwenden, was es als angemessen erscheinen lässt, die Indizwirkung des Regelbeispiels im Ergebnis als widerlegt anzusehen. Eine Strafschärfung nach § 263 Abs. 3 StGB
kommt mithin nicht in Betracht.
4. Ergebnis
A hat sich gemäß § 263 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
II. Strafbarkeit des A aus § 266 Abs. 1 StGB
A könnte sich gemäß § 266 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er die falsche Rechnung abzeichnete, diese dem zuständigen Mitarbeiter in der Buchhaltung zur Bearbeitung
weiterleitete, diesen einen Betrag von 500.000 € an U auszahlen ließ und dieser wiederum
einen Betrag von 485.000 € auf ein dem Zugriff der B-AG entzogenes Konto weiterleitete.
1. Tatbestand
a) Objektiver Tatbestand
aa) Missbrauchstatbestand
Zunächst müsste eine Verpflichtungs- oder Verfügungsbefugnis über fremdes Vermögen
bestehen. Hierunter ist die wirksam eingeräumte Rechtsmacht, über fremdes Vermögen
durch Übertragung, Aufhebung, Belastung oder Änderung zu verfügen, und die Befugnis zur wirksamen schuldrechtlichen Belastung fremden Vermögens zu verstehen. Eine
solche ist vorliegend gegeben, da A als Vertriebsleiter der B-AG bevollmächtigt war,
Verträge für diese zu schließen und Verfügungen über das Vermögen der B-AG zu treffen.
Diese Befugnis müsste A missbraucht haben. Hierunter ist die Überschreitung des rechtlichen Dürfens im Rahmen des rechtlichen Könnens zu verstehen, also ein Handeln im
Außenverhältnis, das im Innenverhältnis aber pflichtwidrig ist. Strittig ist hierbei, ob das
Handeln innerhalb des rechtlichen Könnens, also des Außenverhältnisses, wirksam sein
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muss.
Eine Ansicht verlangt ein rechtlich wirksames Geschäft. Dies sei erforderlich, um die
Alternativen des § 266 Abs. 1 StGB sinnvoll trennen zu können. Sinn des Missbrauchstatbestands sei es gerade, die Handlungen des Täters zu erfassen, aufgrund derer
die Schädigung als Folge der bestehenden und eingesetzten Vertretungsmacht eintrete.
Schädigende Handlungen rein tatsächlicher Art genügen hiernach nicht. Das Missbräuchliche des Geschäfts müsse sich gerade aus dessen Art und Inhalt ergeben. Kein
Missbrauch könne also vorliegen, wenn der Vertreter z.B. auftragsgemäß Forderungen
einziehe, also rein tatsächlich handle. Hiernach wäre der Missbrauchstatbestand nicht erfüllt, da der A durch das Geschäft mit U die B-AG zwar rechtlich binden konnte, dieses
Geschäft jedoch ein gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtiges Scheingeschäft darstellt, bei
welchem keine rechtswirksame Verpflichtung der B-AG die Folge ist. Hiernach wäre
der Tatbestand des § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB nicht erfüllt.
Die Gegenansicht fordert eine strafrechtsautonome Auslegung und gerade keine zivilrechtsakzessorische Bestimmung des Missbrauchsbegriffs, wonach der Gebrauch der
Außenmacht folglich nicht wirksam sein müsse. Jede vorsätzliche Schädigung fremden
Vermögens solle insoweit genügen. Hierfür sprächen insbesondere kriminalpolitische
Argumente, denn durch die zivilrechtsakzessorische Verengung des Missbrauchsbegriffs
würde der schlimmste Fall des Missbrauchs, nämlich der des bewussten Zusammenwirkens des Täters mit dem Geschäftsgegner zum Schaden des Geschäftsherren, vom Tatbestand gerade nicht erfasst werden. Nach dieser Ansicht reicht das Verhalten des A für
die Erfüllung des Missbrauchstatbestandes aus, da er jedenfalls ein Scheingeschäft mit U
abgeschlossen hat und eine Vermögensminderung von 15.000 € beabsichtigte, also eine
vorsätzliche Schädigung des Vermögens der B-AG anstrebte.
Da die Ansichten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, ist eine Streitentscheidung
erforderlich. Für letztgenannte Ansicht spricht, dass diese Auslegung des Missbrauchstatbestands Strafbarkeitslücken schließt, die durch den Treuebruchtatbestand
nicht in allen Fällen aufgefangen werden kann. Dieser kann nämlich nur für die Fälle der
fremdnützigen, nicht aber für diejenigen der eigennützigen, Treuhand eine Auffangfunk6
tion als lex generalis übernehmen. Zudem ist das Verb ,,missbrauchen” jedenfalls kein
zivilrechtlicher terminus technicus, so dass sich dessen strafrechtsautonome Auslegung
von selbst versteht. Das gegenteilige Verständnis des Begriffes des „Missbrauchs“ erscheint jedoch im Ergebnis als sinnvoller, da derjenige, der unwirksame Geschäfte tätigt,
seine Befugnis nicht missbraucht, sondern nur die faktische Möglichkeit zum Zugriff auf
fremdes Vermögen ausnutzt. Ein echter Gebrauch der Verpflichtungs- und Verfügungsbefugnis i.S.d. § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB liegt somit gerade nicht vor. Auch spricht hierfür der Wortlaut und Zweck des § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB, da hier von einer
,,Pflichtverletzung” die Rede ist. Dieser vom Gesetzgeber neutral formulierte Tatbestand
zeigt, dass unter diesen Tatbestand solche Handlungen zu fassen sind, die nicht in der
Herbeiführung eines wirksamen Rechtsgeschäfts bestehen. Faktische Eingriffe können
und sollen folglich gerade von dem allgemeineren Tatbestand des Treuebruchs aufgefangen werden. Diese Ansicht ist insbesondere im Hinblick darauf vorzuziehen, dass die
Schließung von Strafbarkeitslücken gerade im Wesen des Treuebruchtatbestands liegt.
Mithin ist das Handeln des A als Fall des Treuebruchtatbestandes anzusehen, da er lediglich die faktische Möglichkeit zum Zugriff auf fremdes Vermögen ausgenutzt hat.
§ 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB ist somit nach vorzugswürdiger Auffassung nicht erfüllt.
bb) Treuebruchtatbestand
Gem. § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB müsste zunächst ein Treueverhältnis bestehen, welches
vorliegend in dem Dienstverhältnis (Arbeitsvertrag) zwischen A und der B-AG zu erblicken ist.
A hatte müsste weiterhin eine Vermögensbetreuungspflicht innegehabt haben. Hierunter
versteht man die Pflicht, fremde Vermögensinteressen als Hauptleistungspflicht selbstständig wahrzunehmen. A war als Vertriebsleiter gerade dafür zuständig, im Interesse
der B-AG eigenverantwortlich für diese vorteilhafte Vertragsschlüsse zu erzielen. Dies
zeigt bereits der Abschluss des vermeintlichen Beratervertrages i.H.v 500.000 €, welcher ein jedenfalls nicht völlig unbedeutendes Rechtsgeschäft für die B-AG darstellt.
Die Wahrnehmung auch eigener Interessen des A schadet dabei nicht. Vorliegend bestand daher eine Vermögensbetreuungspflicht.
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Weiterhin müsste A eine erhebliche Pflichtverletzung im Sinne einer Treuebruchhandlung begangen haben. Er müsste also seine Rechte und Pflichten im Rahmen des mit der
B-AG bestehenden Innenverhältnisses überschritten, also die sich aus dem Treueverhältnis ergebende Vermögensbetreuungspflicht verletzt haben. Vorliegend könnten seine
rechtsgeschäftlichen Handlungen, nämlich der Abschluss des Beratervertrags mit U und
die Veranlassung zur Auszahlung von 500.000 € an diesen, die Pflichtverletzung begründen.
Problematisch ist aber, ob das Verhalten des A überhaupt pflichtwidrig sein kann, da er
zugunsten der B-AG handeln wollte, um für diese lukrative Aufträge zu akquirieren.
Hierfür spricht einerseits, dass die Zahlung von Schmiergeldern im Rahmen einer Bestechung verboten ist. Dagegen könnte allerdings der gute Wille des A sprechen, für die BAG Vorteile zu erlangen. Fraglich ist daher, ob die Absicht, die Mittel zugunsten der BAG einzusetzen, überhaupt relevant sein kann. Grundsätzlich wäre die Zahlung von
Schmiergeldern für die B-AG wohl von Vorteil, wenn man unterstellt, dass die hierdurch erlangten Aufträge wesentlich mehr Gewinn abwerfen, als die Zahlung von
Schmiergeldern Einbußen bedeuten würden. Jedoch erscheint es als pflichtwidrig, Vermögensgegenstände aus der Buchhaltung unter Verstoß von Rechtsvorschriften auszusondern und zu verschleiern und hierbei allein nach eigener Zwecksetzung unter Ausschluss der gesellschaftsinternen Kontrollmechanismen zu handeln. Selbst wenn man
unterstellt, dass die Zahlung von Schmiergeldern zur Auftragsakquise von der Unternehmensführung grundsätzlich gebilligt würde, so wird diese jedenfalls die Kontrolle
über ihre Vermögensgegenstände behalten und die Verwendung der Mittel im Einzelfall,
jedenfalls informell, gestatten wollen. Zu beachten ist zudem, dass bezüglich der Bestechung erhebliche Sanktionen wie z.B. Unternehmensbußgelder (§§ 30, 130 OWiG) drohen. Auch könnte dies dem Ansehen der B-AG am Markt und in der Öffentlichkeit
schaden und zu gravierenden Imageschäden führen. Da somit erhebliche Schäden für die
B-AG drohen, waren sowohl der Abschluss des Beratervertrages als auch die Veranlassung der Auszahlung an U pflichtwidrig. Die „gute Absicht“ des A bleibt insoweit außer
Betracht.
Der schließlich notwendige Vermögensnachteil im objektiven Tatbestand entspricht dem
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Vermögensschaden bei § 263 StGB. Da dieser – wie bereits geprüft – vorliegt, hat die BAG einen Vermögensnachteil erlitten.
b) Subjektiver Tatbestand
A handelte vorsätzlich.
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Rechtswidrigkeit und Schuld
A handelte rechtswidrig und schuldhaft.
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Strafzumessung
Eine Strafschärfung gem. § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 1 StGB scheitert
(wie auch schon oben unter I. 3.) an dem altruistischen Handeln des A.
4. Ergebnis
A hat sich gem. § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB strafbar gemacht.
III. Gesamtergebnis
A ist gem. § 263 Abs. 1 sowie gem. § 266 Abs. 1 StGB strafbar. Zwischen § 263 und § 266
StGB besteht Tateinheit, wenn die Nachteilszufügung im Rahmen der Vermögensbetreuungspflicht durch die Täuschungshandlung bewirkt wird oder Dritte getäuscht werden. Da
dem vorliegend der Fall ist, besteht gem. § 52 StGB Tateinheit zwischen den verwirklichten
Delikten.
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