offene kinder- und jugendarbeit - Steirischer Dachverband der

Leitfaden für die
OFFENE KINDERUND JUGENDARBEIT
in der Steiermark
4., überarbeitete Fassung
Leitfaden für die
OFFENE KINDERUND JUGENDARBEIT
in der Steiermark
4., überarbeitete Fassung
Impressum: Herausgeber und f.d.I.v.:
Steirischer Dachverband der Offenen Jugendarbeit
Karmeliterhof
Karmeliterplatz 2, 8010 Graz
www.dv-jugend.at
ZVR-Nr: 531839399
© 2013
Inhalt
Einleitung .................................................................................................................................................................6
Arbeitsprozess .........................................................................................................................................................7
Zielsetzung . .............................................................................................................................................................8
Josef Scheipl: Offene Jugendarbeit – zwischen gesellschaftspolitischem Auftrag
und Auftrag von Seiten der Jugendlichden . ........................................................................................................10
I.
Grundlagen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit .....................................17
Offene Kinder- und Jugendarbeit ...........................................................................................................17
I.1.
Themen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit ...................................................................................19
I.1.1.
I.1.2.
I.1.3.
I.1.4.
I.1.5.
Freizeit gestalten . .....................................................................................................................................19
Persönlichkeit und Beziehung entwickeln ..............................................................................................20
Geschlechtsidentität entwickeln ..............................................................................................................20
Partizipation erproben und Lebenswelten gestalten ............................................................................20
Werthaltungen ..........................................................................................................................................21
I.2.
Zielgruppen ...............................................................................................................................................21
I.2.1.
I.2.2.
I.2.3.
I.2.4.
I.2.5.
I.2.6.
I.2.7.
Kinder . .......................................................................................................................................................21
Jugendliche ................................................................................................................................................22
Mädchen und Burschen ............................................................................................................................23
Cliquen .......................................................................................................................................................24
Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund .............................................................................24
Jugendkulturen .........................................................................................................................................24
Randgruppen . ...........................................................................................................................................24
I.3.
Arbeitsansätze und Methoden ................................................................................................................25
I.3.1.
I.3.2.
I.3.3.
I.3.4.
I.3.5.
I.3.6.
Geschlechtsbezogene Jugendarbeit ........................................................................................................25
Interkulturelle Kinder- und Jugendarbeit ...............................................................................................26
Sport und Bewegung ................................................................................................................................26
Freizeitaktivitäten .....................................................................................................................................27
Jugendkulturelle Jugendarbeit . ..............................................................................................................27
Themenzentrierte Arbeit und Projektarbeit ..........................................................................................27
Fortsetzung Arbeitsansätze und Methoden
I.3.7.
I.3.8.
I.3.9.
I.3.10.
I.3.11.
I.3.12.
I.3.13.
I.3.14.
I.3.15.
I.3.16.
I.3.17.
I.3.18.
I.3.19.
Bildungsarbeit ...........................................................................................................................................27
Einzel–, Gruppen- und Gemeinwesenarbeit ...........................................................................................28
Sozialräumliche Jugendarbeit ..................................................................................................................28
Präventionsarbeit ......................................................................................................................................29
Emanzipatorische und subjektorientierte Jugendarbeit .......................................................................29
Jugendsozialarbeit ....................................................................................................................................30
Cliquenorientierter Ansatz . .....................................................................................................................30
Arbeiten mit „Randgruppen“ ..................................................................................................................30
Mobile und aufsuchende Jugendarbeit ..................................................................................................31
Soziokulturelle Animation . ......................................................................................................................31
Partizipation ..............................................................................................................................................32
Spielpädagogik . ........................................................................................................................................33
Erlebnispädagogik ....................................................................................................................................34
II.
Strukturen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit .......................................36
II.1.
Einrichtungstypen . ...................................................................................................................................36
II.1.1. Einrichtungen der Offenen/Mobilen Kinderarbeit ................................................................................36
II.1.1.1. Spielmobile ................................................................................................................................................37
II.1.1.2. Abenteuerspielplatz .................................................................................................................................37
II.1.2.
Einrichtungstypen der Offenen Jugendarbeit .......................................................................................38
II.1.2.1 Jugendzentren . .........................................................................................................................................38
II.1.2.2. Jugendtreffs ..............................................................................................................................................39
II.1.2.3 Jugendraum ...............................................................................................................................................39
II.1.2.4. Jugendhaus . ..............................................................................................................................................39
II.1.2.5. Jugendkulturzentren ................................................................................................................................39
II.1.2.6. Jugendcafés ...............................................................................................................................................40
II.1.2.7. Selbstverwaltete Jugendzentren .............................................................................................................41
II.1.2.8. Mädchenzentren .......................................................................................................................................42
II.1.2.9. Soziokulturelle Zentren ............................................................................................................................42
II.1.2.10.Stadtteiltreffs und Begegnungszentren .................................................................................................43
II.1.2.11.Container, Bauwagen und Hütten . .........................................................................................................44
II.1.2.12. Initiativgruppen ........................................................................................................................................44
II.1.3.
Zusammenarbeit im Netzwerk . ...............................................................................................................44
II.1.3.1. Beratungs- und Informationszentren ......................................................................................................44
II.1.3.2. Fachstellen .................................................................................................................................................44
II.1.3.3. Strukturen der Kinder- und Jugendbeteiligung .....................................................................................44
II.1.4.
Ausblick ......................................................................................................................................................45
II.2.
TrägerInnenschaften . ...............................................................................................................................46
II.2.1
II.2.2
Formen der TrägerInnen . .........................................................................................................................46
Finanzierung der TrägerInnen . ................................................................................................................46
II.3.
MitarbeiterInnen in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit . ..............................................................46
II.3.1.
II.3.2.
II.3.3.
II.3.4.
II.3.5.
II.3.6.
II.3.7.
II.3.8.
II.3.9.
Gender Mainstreaming . ...........................................................................................................................46
Qualifizierung . ..........................................................................................................................................47
Entlohnung ................................................................................................................................................48
Berufsbild / Anforderungen an die MitarbeiterInnen ...........................................................................48
Arbeitsplatzbeschreibung / Stellenprofil ................................................................................................49
Team ...........................................................................................................................................................50
Supervision ................................................................................................................................................50
Fort- und Weiterbildung . .........................................................................................................................51
Ehrenamtliche MitarbeiterInnen, PraktikantInnen, Zivildiener ............................................................51
II.4.
Finanzierung . ............................................................................................................................................52
II.4.1
II.4.2
Finanzierungssicherung ............................................................................................................................52
Finanzierungsmöglichkeiten ....................................................................................................................53
II.5.
Qualitätsmanagement . ............................................................................................................................54
II.5.1.
II.5.2.
II.5.3.
Qualitätsentwicklung ...............................................................................................................................54
Evaluation ..................................................................................................................................................55
Qualitätssicherung ....................................................................................................................................56
III.
Resümee ...........................................................................................................57
IV.
Standards für die Offene Kinder- und Jugendarbeit? Das fehlt
gerade noch! Kommentar Dr. Heinz Schoibl, Helix Forschung .....................59
V.
Offene Jugendarbeit in Österreich. Eine erste Begriffsklärung
als Grundlage für eine bundesweite Vernetzung...........................................64
VI.
Literaturverzeichnis .........................................................................................70
Einleitung
Bemerkungen zu der Offenen Kinder- und
Jugendarbeit in der Steiermark
Die Zusammenstellung dieses Leitfadens wurde im
Rahmen eines intensiven Arbeitsprozesses des Stei-
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit in der Stei-
rischen Dachverbands der Offenen Jugendarbeit in
ermark
Kooperation mit seinen Mitgliedern im Zuge einer
Handlungsfeld. Es ist charakterisiert durch einen
„Jugendzentrumstour“
in
ist
ein
sehr
komplexes
pädagogisches
Regionalarbeitskreisen,
beständigen Veränderungsprozess, der auf die sich
Klausuren, einer Tagung, einer Generalversammlung
wandelnden Kinder und Jugendlichen und ihre Fra-
und anhand österreichischer und internationaler Lite-
gen und Probleme immer neu antwortet und ant-
raturrecherche erarbeitet.
worten muss. So haben sich im Laufe der Entwicklung
Der Leitfaden besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil
der Offenen Kinder- und Jugendarbeit vielfältige
befasst sich mit Grundlagen der Offenen Kinder- und
Arbeitsweisen, institutionelle Formen, konzeptuelle
Jugendarbeit und setzt sich mit den Themen sowie
Grundfragen und methodische Handlungsweisen
mit den Zielgruppen Arbeitsansätzen und Methoden
ausgebildet. Die Differenziertheit und Prozessförmig-
der Offenen Kinder- und Jugendarbeit auseinander.
keit des Feldes spiegelt sich in den vielfältigen päda-
Als Arbeitsgrundlage diente in erster Linie Literatur,
gogischen Debatten und Konzepten in der Praxis der
die als Maßstab für das Arbeitsfeld im deutschspra-
Offenen Kinder- und Jugendarbeit wider (vgl. Deinet/
chigen Raum gilt.
Sturzenhecker 2005, S. 11).
Der zweite Teil befasst sich mit den Strukturen: Die
allgemeine Beschreibung von Einrichtungstypen und
Die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendar-
insbesondere die Strukturen der TrägerInnenschaf-
beit in der Steiermark verfolgen - wie es Heinz Schoibl
ten, MitarbeiterInnen, Finanzierung oder das Qua-
auch für die Offene Jugendarbeit in Vorarlberg
litätsmanagement sind hier beschrieben. Diese sind
beschreibt - ausgesprochen unterschiedliche Arbeits-
Voraussetzungen, die für eine qualitäts- und ergeb-
ansätze und unterscheiden sich voneinander auch
nisorientierte Arbeit notwendig sind.
hinsichtlich ihrer Arbeitsschwerpunkte. Als gemein-
Der Leitfaden teilt sich bewusst in zwei Teile, sodass
samen Nenner weisen sie ihren niederschwelligen
beide getrennt voneinander zweckmäßig sind. Aber
Zugang, die Schaffung, Entwicklung und Sicherung
um ein berühmtes Zitat von Aristoteles zu erwähnen:
eines Freiraumes für Kinder und Jugendliche auf, an
Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile …
dem sich alle bestehenden Einrichtungen orientieren.
Dieser Freiraum ist Ausgangspunkt zu Förderung,
Zuvor noch einige Anmerkungen zur Situation der
Stützung und/oder Anleitung von Beteiligungsan-
Offenen Kinder- und Jugendarbeit in der Steiermark
sätzen bis hin zu Selbstorganisationsprozessen bei
und zur Entstehung des Leitfadens: Wir möchten auf
Kindern und Jugendlichen.
die intensive Beteiligung durch den dieser Leitfaden
entstand ist, hinweisen. Nicht zuletzt aufgrund des
Zur Klärung seien hier noch die Prinzipien der Offe-
Engagements der Mitglieder und der zahlreichen
nen Kinder- und Jugendarbeit postuliert: Flexibilität,
fachlich kompetenten Beiträge zum Thema konnten
stärken- und nicht defizitorientierter Ansatz, Nieder-
wir diese an uns gestellte Aufgabe verwirklichen.
schwelligkeit, Prävention, Partizipation, Offenheit,
geschlechts- und altersspezifischer Ansatz, interkulturelles und sozialräumlich orientiertes Arbeiten,
Bedürfnisorientiertheit, Ganzheitlichkeit, Lebenswelt­
orientiertheit, Authentizität.
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass sich grob
Arbeitsprozess
gesehen zwei Formen der Arbeit in Einrichtungen der
Offenen Kinder- und Jugendarbeit unterscheiden
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit in der Stei-
lassen:
ermark ist bunt und vielfältig. Das machte es nicht
gerade einfach einen Leitfaden für dieses Arbeitsfeld
•
•
Begleiteter Freiraum für Selbstorganisati-
zu entwickeln, in dem sich die Einrichtungen und
onsprozesse und die Möglichkeit Lebens­
deren MitarbeiterInnen wiederfinden und vertreten
konzepte ausagieren zu können.
fühlen.
Sozialisationsorte mit partizipativen Gestal-
Der Steirische Dachverband der Offenen Jugendar-
tungsmöglichkeiten, Ergänzung familiärer
beit wurde in Jahr 2002 vom Landesjugendreferat
Erziehung, schulischer Bildung und kulturel-
Steiermark damit beauftragt, Rahmenbedingungen
ler Ausdrucksformen.
(Standards) für eine „qualitätsorientierte“ Offene
Jugendarbeit zu erarbeiten, sie im Land Steiermark zu
Ganz erhebliche Unterschiede finden sich auch in der
verankern und letztendlich in die Praxis umzusetzen.
Konstruktion des organisatorischen Rahmens sowie
der Infrastrukturausstattung (Personal, Räumlich-
Die Zusammenstellung dieses Standardpapiers wurde
keiten, Finanzen) der einzelnen Einrichtungen. Der
im Rahmen eines intensiven Arbeitsprozesses des
Bogen spannt sich hier von ehrenamtlich geführten
Steirischen Dachverbandes der Offenen Jugendar-
Stätten gemeinsamer Freizeitbetätigung bis hin zu
beit in Kooperation mit seinen Mitgliedern im Zuge
sozialpädagogisch/sozialarbeiterisch
einer „Jugendzentrumstour“, Regionalarbeitskreisen,
ausgerichteten
Einrichtungen mit guter Infrastruktur.
Klausuren, Fragebögen, einer Tagung, einer Generalversammlung und anhand österreichischer und inter-
Das hängt von mehreren Faktoren ab. Finanzielle Mit-
nationaler Literaturrecherchen erarbeitet.
tel, Anzahl und Qualifikation der MitarbeiterInnen
und deren Engagement, aber auch die Möglichkeiten
Eines stand von Beginn an fest: Es sollte ein breit
der Träger und/oder der FördergeberInnen spielen
angelegter Beteiligungsprozess in Gang kommen,
hier eine Rolle. Gerade was die Unterstützungen
untermauert durch internationale Fachliteratur, in
seitens der steirischen Gemeinden betrifft, lassen sich
den sich alle Mitglieder des Steirischen Dachverban-
gravierende Unterschiede beobachten.
des der Offenen Jugendarbeit einbringen können.
Die große Herausforderung an all jene, denen die
Das Papier, das eigentlich im Land Steiermark und in
Offene Kinder- und Jugendarbeit am Herzen liegt,
den steirischen Gemeinden verankert und letztlich in
besteht darin, die Weiterentwicklung und Ausdiffe-
die Praxis umgesetzt werden sollte – von dem 2003
renzierung des Arbeitsfeldes zu fördern und zu unter-
sogar eine zweite, korrigierte Auflage entstand
stützen sowie bei denjenigen Überzeugungs­arbeit zu
- schaffte es nicht, die in dem Arbeitsfeld tätigen Ein-
leisten, die noch nicht erkannt haben, welche unab-
richtungen und deren MitarbeiterInnen zufrieden zu
dingbare Notwendigkeit die Handlungsansätze der
stellen. Die jahrelange Diskussion über „Standards“
Offenen Kinder- und Jugendarbeit darstellt, Kindern
und das Problem, wirkliche „Qualitätsstandards“ zu
und Jugendlichen ein „Hineinwachsen“ in die Gesell-
definieren, in denen sich die breite und bunte Vielfalt
schaft zu erleichtern.
unserer Mitglieder wiederfindet und vertreten fühlt,
konnte damit nicht beendet werden, sondern wurde
Einen kleinen aber wichtigen Beitrag für diesen Pro-
im Jahr 2006 wieder zu einem wichtigen Thema
zess soll der Leitfaden für die Offene Kinder- und
innerhalb des Steirischen Dachverbandes der Offenen
Jugendarbeit in der Steiermark leisten.
Jugendarbeit und seiner Mitglieder.
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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Nach langem Überlegen, wie es möglich ist, das
Zielsetzung
Arbeitsfeld im Ganzen darzustellen und weiterzuentwickeln, ist der Steirische Dachverband der Offenen
Mit dem Leitfaden sollen die Resultate der über einen
Jugendarbeit zum Entschluss gekommen, sich in einer
längeren Zeitraum andauernden Diskussion über
Klausur nicht weiter mit „Standards“ – im bekannten
Standards verschriftlicht und den aktuellen Gegeben-
und engen Sinne – sondern mit den Grundlagen und
heiten angepasst werden.
Strukturen der Offenen Jugendarbeit in der SteierAn welche AdressatInnen wenden sich der Leitfaden
mark auseinander zu setzen.
für die Offene Kinder- und Jugendarbeit? Oder, besDas neue Ziel war es, einen „Leitfaden für die Offene
ser formuliert: Wer soll am Ende von den schon längst
Kinder- und Jugendarbeit in der Steiermark“ zu erar-
fälligen Leitlinien profitieren?
beiten, der für die Mitglieder und die gesamte steirische Offene Kinder- und Jugendarbeit Grundlage
An erster Stelle stehen natürlich die Kinder und
ist, sowie für die Öffentlichkeit eine Erklärung und
Jugendlichen. Mit dem erarbeiteten Leitfaden für
Darstellung des Arbeitsfeldes bieten kann.
die Offene Kinder- und Jugendarbeit wollen wir dazu
beitragen, dass die bereits bestehenden Angebote
Der Leitfaden soll die Grundlagen der Offenen
für Kinder und Jugendliche aufgewertet und erhalten
Kinder- und Jugendarbeit (Themen der Offenen
sowie neue Angebote geschaffen werden. Die Siche-
Jugendarbeit, die Zielgruppe, die Arbeitsansätze
rung struktureller Ressourcen und Ausdifferenzie-
und Methoden) und auch die Strukturen der Offenen
rung der Angebote durch eine qualitätsorientierte,
Kinder- und Jugendarbeit (Einrichtungstypen, Träge-
professionelle Offene Kinder- und Jugendarbeit
rInnen, MitarbeiterInnen, Finanzierung, Qualitätsma-
stehen hier im Vordergrund. Das Ziel muss sein, in
nagement) beinhalten. Die positive Rückmeldung und
Zukunft unter wesentlich verbesserten Voraussetzun-
die intensive, interessierte und engagierte Mitarbeit
gen verschiedene bedarfsorientierte Angebote für
der Mitglieder zeigten, dass der nun neu gegangene
Kinder und Jugendliche in der Steiermark bereitstel-
Weg sich als richtig herausstellt.
len zu können.
Endlich wird gezeigt, was Offene Kinder- und Jugend-
Ganz entscheidend soll der Leitfaden für die Offene
arbeit in der Steiermark bedeutet, was sie leistet, aber
Kinder- und Jugendarbeit zur Verbesserung der allge-
auch was zu deren Qualität und Qualitätssicherung
meinen Situation der einzelnen MitarbeiterInnen in
unbedingt erforderlich ist!
den Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugend-
In diesem offenen und sich ständig wandelnden
arbeit beitragen. Es gilt, wesentliche Verbesserun-
Arbeitsfeld wird die laufende Modifikation und Über-
gen der Rahmen- und Arbeitsbedingungen für die
arbeitung des Leitfadens immer eine wesentliche
MitarbeiterInnen zu erreichen, um die Qualität und
Rolle spielen.
Professionalität im Arbeitsfeld steigern zu können.
Dazu gehört auch die politische und gesellschaftliche
„Nichts ist in Ruhe, alles bewegt sich, alles ist in
Anerkennung des Arbeitsfeldes der Offenen Kinder-
Schwingung“ (3. hermetisches Prinzip).
und Jugendarbeit, eine entsprechende Aus- und Weiterbildung der MitarbeiterInnen und die adäquate
Förderung von Inhalten, der Infrastruktur und Personalkosten, um die notwendigen Aufgabenbereiche
abdecken zu können.
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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Die Ziele des Leitfadens sind mannigfaltig.
Auch den EntscheidungsträgerInnen erwachsen durch
Der Leitfaden soll:
einen Leitfaden für die Offene Kinder- und Jugendarbeit in der Steiermark Vorteile. Regionale- und
• eine Grundsatzerklärung zur Offenen Kinder- und
Jugendarbeit in der Steiermark sein
sozialräumliche Bedürfnisse können klarer definiert
werden, die Arbeitsaufträge bzw. die Leistungen, die
das Arbeitsfeld erbringen, können klarer festgemacht
• die Ansätze und Methoden der Kinder- und
Jugendarbeit beschreiben
und formuliert werden. Dadurch entsteht mehr
Transparenz im pädagogischen Handlungsfeld der
Offenen Kinder- und Jugendarbeit, was wiederum zu
• die Offene Kinder- und Jugendarbeit im Allgemeinen skizzieren
einer Ausdifferenzierung und Weiterentwicklung der
Erwartungen, Rahmenbedingungen, Methoden und
Arbeitsansätze führt.
• Begrifflichkeiten und deren Verwendung normieren
Die Bereicherung und der Mehrwert durch Offene
• den Arbeitsbereich der in der Kinder- und Jugendarbeit Tätigen beschreiben
Kinder- und Jugendarbeit im Gemeinwesen liegen
klar auf der Hand: Sie übernimmt Aufgaben als Sozialisationsort, vermittelt Werthaltungen und gesell-
• Qualitätsstandards festlegen
schaftspolitische Bildungsaufgaben, verbessert soziale und kommunikative Kompetenzen, leistet (inter-)
• eine Basis für Qualitätsmanagement und Quali-
kulturelle Arbeit usw.
tätssicherung sein
• eine Basis bieten, was für gute Kinder- und
Jugendarbeit notwendig ist
• offene Fragen klären
• wie das Arbeitsfeld ständig erweitert, hinterfragt
und angepasst werden
• Vorlage für Gemeinden und Ämter sein, wenn ein
Jugendzentrum eingerichtet wird
• Klärung für das Arbeitsfeld bringen
• nicht als Ersatz zu den Konzepten jeder Einrichtung gesehen werden
• informieren, einfordern, klären, festschreiben
• die Offene Kinder- und Jugendarbeit in ihrer
Mannigfaltigkeit erfassen und die gebührende
Akzeptanz dieses Arbeitsbereiches sichern
• die Grundlagen wie auch die Strukturen des
Arbeitsbereichs beschreiben
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
-9-
Offene Jugendarbeit –
zwischen gesellschaftspolitischem Auftrag und
Auftrag von Seiten der
Jugendlichen
Jugendarbeit greift die Sehnsüchte, Entwicklungsmöglichkeiten
auf,
ist
also
ressourcenorientiert
anzugehen (vgl. SCHEIPL 2004). Dazu braucht es in
der Jugendarbeit eine verstehende Haltung und die
Bereitschaft zum Dialog. Dialogische Soziale Arbeit/
Jugendarbeit beobachtet und versteht zunächst. Das
ist ihr Ausgangspunkt. Doch führt sie ihr Verstehen
stets auf einen Dialog und auf eine Handlung zu;
ihr geht es um Verständigung. Eine solche Verstän-
Univ. Prof. Dr. Josef Scheipl
digung schließt die Anerkennung des Gegenübers
als einmalige, gleichwertige Person ebenso ein wie
die nur dadurch mögliche eigene Bestätigung (vgl.
1. Jugendarbeit als Eigenwert –
nicht nur ein Vehikel zur Prävention
KUNSTREICH 2004, S. 34). Jugendkultur und Gesellschaft setzen sich also mit- und gegeneinander auseinander.
Im Rahmen der österreichischen Jugendforschung
scheint mir einleitend eine Tendenz erörterungs- und
diskussionswürdig: Das ist die Forcierung des Präven-
2. Jugendarbeit und doppeltes Mandat
tionsgedankens. Dies wird besonders im 4. Jugendbericht (2003) der österreichischen Bundesregierung
In dieser Auseinandersetzung befindet sich Offene
deutlich (vgl. 4. Bericht zur Lage der Jugend in Öster-
Jugendarbeit (OJA) im Schnittpunkt zwischen Ju-
reich. Teil 1, Jugendradar 2003. Teil B: Prävention in
gendkultur und Gesellschaft. Das heißt: OJA ist mit
der ausserschulischen Jugendarbeit, Wien 2003). Dort
einem doppelten Mandat konfrontiert, das in sich
wird – wie im Titel von Teil B des Berichtes bereits
vielfältig ist:
angesprochen – Jugendarbeit im Wesentlichen unter
dem Aspekt der Prävention untersucht. Damit wird
• Sie hat einerseits die Interessen der Jugendlichen
Jugendarbeit allerdings zu eng konzipiert. In der
zu vertreten und von diesen auszugehen. Aber
Jugendarbeit dominieren Bedürfnis-, Objekt- und
diese Interessen sind unterschiedlich, vielfältig.
Erfahrungsorientierung, Bemündigung, Partizipation
Daher wird es für die OJA von Seiten der Jugendli-
und aktuell die Alltagsorientierung. Die Präven-
chen auch nicht nur einen Auftrag geben!
tion kann als Leitkategorie diese Aspekte niemals
adäquat umfassen. Jugendarbeit würde unter dem
• OJA kann anderseits an der (beauftragenden,
Aspekt der Prävention lediglich als Instrument für
zahlenden) Gesellschaft (den Behörden) nicht un-
eine andere Sache verstanden werden, als Mittel für
bekümmert vorbei agieren, sie nicht völlig igno-
einen „höheren“, anderen Zweck. Jugendarbeit unter
rieren. Doch was ist dabei deren gesellschaftspoli-
dem Aspekt der Prävention verliert ihren Eigenwert.
tischer Auftrag? In einer demokratisch organisier-
Sie wird instrumentalisiert!
ten Gesellschaft – wo sonst gibt es eine OJA? – gibt
Jugendarbeit um der Bedürfnisse, Interessen etc. der
es nicht nur einen Auftrag, wie es in demokratisch
Jugendlichen willen, als eigenständige, selbstbezo-
organisierten Gesellschaften auch nicht nur eine
gen Größe! – Das muss die Botschaft sein – und nicht
sogenannte
Jugendarbeit, damit vorgebeugt wird, dass Jugend-
Vorstellung gibt. Es gibt daher mindestens unter-
liche nicht dies tun bzw. jenes lassen oder nicht auf
schiedliche, möglicherweise sogar gegensätzliche
sogenannte unerwünschte Gedanken kommen. Hier
Vorstellungen von dem, was gesellschaftspolitisch
würde Jugendarbeit bloß von der Perspektive mög-
wünschenswert ist, was gesellschaftspolitisch „für
licher Defizite und aus der dominierenden Erwachse-
wahr gehalten“ wird. Somit gibt es unterschied-
nenperspektive aus gestaltet.
liche bis widersprüchliche Aufträge. Ein Auftrag
„richtige“
gesellschaftspolitische
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 10 -
ist also bereits eine unzulässige Verkürzung im
und verkaufbar scheint OJA dann, wenn sie mit der
Konzert der gesellschaftspolitischen Interessen.
Bewältigung von Problemen bei bzw. mit Jugendlichen befasst wird. Geht es „lediglich“ um Lebensge-
• Wenn die Gesellschaft nicht zahlt (nicht beauf-
staltung, hängt also kein offensichtliches Problem
tragt), wäre man dann in der OJA „autonom“,
dran, dann ist das politisch weniger gut zu verkaufen.
ungebunden? Meines Erachtens nicht! Denn es
– „Wozu Geld investieren, wo es doch ohnedies keine
tut sich die Verantwortung auf gegenüber den
Probleme gibt?“
Jugendlichen und deren Zukunft. Diese wird nicht
Das macht sich aktuell darin bemerkbar, dass OJA
völlig unabhängig oder völlig außerhalb der Ge-
nicht selten zur Jugendsozialarbeit umorientiert
sellschaft zu finden sein.
wird. Jugendzentren müssen Lernhilfen, Beratung
etc. anbieten, um öffentliche Förderungen zu luk-
Die von mir angedeuteten Ambivalenzen und Unein-
rieren. Jugendsozialarbeit kann im Rahmen einer
deutigkeiten sind prinzipieller Natur. Daraus entste-
ganzheitlichen Sicht der Jugendarbeit natürlich an-
hen in der Regel Konflikte, die sich nicht selten zu Ge-
geboten werden. Aber Jugendarbeit darf nicht auf
gensätzen vertiefen. Diese sind in der Jugendarbeit
Jugendsozialarbeit reduziert werden!
produktiv zu bewältigen, Balancen sind zu finden.
Und schließlich ist auf Seiten der Auftraggeber ein
Zuweilen werden das auch Widersprüche sein müs-
gewisser Aktionismus, man könnte es auch „Projekt-
sen, wenn sich die Gesellschaft nicht bewegt.
geilheit“ nennen, im Spiel. Eine „bloße“ Beziehungsarbeit reicht nicht mehr. In unserer neokapitalisti-
Dieser Grundsachverhalt beeinflusst nicht nur die An-
schen Leistungsgesellschaft werden Projekte, Aktio-
forderungen an die MitarbeiterInnen in der OJA. Er
nen gefordert. Jugendliche und JugendarbeiterInnen
scheint konstitutiv für Jugendarbeit insgesamt – auch
müssen unterwegs, in Bewegung sein. Aber dahinter
der Verbandlichen Jugendarbeit – zu sein.
steht natürlich auch die oftmalige Erfahrung, dass
Beziehungsarbeit in der Jugendarbeit verwechselt
wurde mit bloßem Abhängen im Sinne eines laissez
3. Die Jugendarbeit im Rahmen
des doppelten Mandats
faire.
Es gehört Professionalität von Seiten des Jugendarbeiters dazu, dem Jugendlichen zu signalisieren, dass
Die Grundlinie des Gegensatzes zwischen Erwartun-
man für ihn da ist, an seinen Problemen bzw. Themen
gen der Jugendlichen und beauftragender Gesell-
Anteil nimmt, dass man gemeinsam an Perspektiven
schaft ist davon beeinflusst, dass Jugendkulturen die
arbeitet etc. Dies scheint unspektakulär – ist es wohl
Erwachsenenwelt in der Regel beunruhigen.
in gewisser Weise auch. Aber das ist das Fatale an
sozialpädagogischer Arbeit: – dass hohe Professio-
3.1 Erwartungen der Auftraggeber
nalität hinter einem unspektakulären Erfolg steht
– dass sich z.B. der Jugendliche verstanden fühlt, dass
Die Auftraggeber erwarten – in ihrer Unsicherheit –,
er Mut fasst, etc. Und genau diese Professionalität
dass Jugendkulturen „normalisiert“ werden, zumin-
für das Unspektakuläre bringt es dann mit sich, dass
dest, dass nichts aus dem Ruder läuft. Dahinter steht
hoch professionelle JA von der Gesellschaft nicht ge-
möglicherweise auch die Angst der Gesellschaft vor
würdigt wird, die Jugendarbeit politisch als vernach-
ihren eigenen Problemen, die sie in ihrem Umgang
lässigbare Größe gilt.
mit den Jugendlichen bekämpft – beispielhaft seien
der Umgang mit Alkohol und Drogen oder mit dem
Konsum genannt
Von Seiten der Gesellschaft gesehen muss sich OJA
überdies lohnen bzw. rechnen. Politisch vertretbar
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 11 -
3.2 Erwartungen der Jugendlichen
• Erwartungen an einen „Vollservice“ der Jugend­
Jugendzeit wurde bisher als Moratorium und Experi-
• Allgemein Fun.
mentierphase verstanden. Doch in den vergangenen
• Manches Mal auch die Delegation von Problembe-
zwanzig Jahren haben sich die äußeren strukturellen
wältigung an die JugendarbeiterInnen (Unterstüt-
Rahmenbedingungen der Lebensphase Jugend ver-
zung bei Behördenwegen, Lehrstellensuche etc.).
arbeit mit erlebnisintensiven Events.
ändert. Es ist ungeklärt, welches Jugendmodell die
• Familienersatz (Das Jugendzentrum als zweite
neue Arbeitsgesellschaft hervorbringen wird.
Familie) – als frei gewählte „Familie“ mit den
Gegenwärtig ist es so, dass die Mehrheit der Jugend-
Bezugspersonen, die man sich aussucht (Abkoppe-
lichen – neben einer gut funktionierenden Familie
lung von der Herkunftsfamilie – daher: männliche
– nach wie vor einen guten und auskommenssicheren
und weibliche JugendarbeiterInnen).
sowie interessanten Beruf in den Mittelpunkt ihrer
Lebensperspektive stellt.
Die konstruktiven und positiven Ziele der Jugendlichen, die einen Raum für sich wollen, die gemeinsam
Aber es macht sich eine Entgrenzung breit: Die Le-
etwas erleben wollen etc., werden in der Regel nur
bensphase Jugend verliert zusehens ihre Abgrenzung
dann von der Gesellschaft unterstützt, wenn die
sowohl zum Beginn u.v.a. zum Ende hin. Die Über-
Jugendlichen selbst mitarbeiten. Das läuft unter
gänge ins Erwachsenenalter werden für viele länger,
den Titeln „Partizipation“, „Stärkung der Eigenini-
unstrukturierter und unsicherer aber auch individuell
tiative“ und der „Verantwortlichkeit“. Das finde ich
folgenschwerer. Der bisher zeitlich umgrenzte Frei-
zunächst durchaus in Ordnung. Problematisch im
raum, die Experimentierphase, in der man auspro-
Sinne einer OJA wird es dann, wenn diese Aktivitäten
bieren, sich eventuell auch austoben konnte, beginnt
gesellschaftskonform abgeliefert werden müssen;
sich aufzulösen. Darüber hinaus werden „Jugendliche
wenn kein Raum bleibt für eine Partizipation, welche
früh und zu einer Zeit mit psychosozialen Problemen
Auseinandersetzung produziert. Eine Auseinander-
konfrontiert, vor denen sie eigentlich – nach dem
setzung produzierende Partizipation ist aber häufig
Jugendbild des Moratoriums – geschützt, und von
unerwünscht.
denen sie noch nicht behelligt sein sollten. So schiebt
sich die Bewältigungsperspektive für die Jugend zu-
Prinzipiell gilt hinsichtlich Partizipation, Eigeninitia-
nehmend vor die Bildungsperspektive“ (BÖHNISCH
tive und Verantwortlichkeit: „Offene Jugendarbeit
2007, S. 196).
kann gar nicht anders, als die Subjektivität und die
Autonomie ihrer BesucherInnen zu respektieren und
Jugend ist also nicht mehr nur Experimentier­phase.
ernst zu nehmen. Sonst läuft sie (…) Gefahr, dass sie
Jugend ist in unserer komplexen Welt vielmehr zu
letztlich ohne Kinder und Jugendliche stattfindet.
einer
Bewälti-
Tatsächlich würde sie damit ihre zentrale Chance ver-
gungskonstellation geworden (vgl. BÖHNISCH 2005,
tun, gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen
S. 139ff).
einen Freiraum für selbstbestimmte Entwicklung be-
biographisch
vielfältig
variierten
reit zu stellen“ (SCHOIBL 2007, S. 7). Dies kann aber
Zentrale Erwartungen bzw. Wünsche der Jugendli-
für die JugendarbeiterInnen nicht bedeuten, dass
chen an die OJA in dieser unsicheren und ambivalen-
sie die Kids sich selbst überlassen: Partizipation von
ten Situation sind:
Kindern/Jugendlichen schließt immer auch eine interpretierende, begleitende und wohl auch anleitend-
• Unkontrollierte Räume, in denen gesetzliche Vorschriften nicht unbedingt gelten.
transformatorische Mitsprache der MitarbeiterInnen
ein.
• Durchsetzung der eigenen kulturellen Normen,
insbesondere was die Konfliktregelung betrifft.
Grundsätzlich sollte eine die Partizipation, Eigeninitiative und Verantwortung fördernde Jugendarbeit
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 12 -
immer einkalkulieren, dass Jugendliche Vorbehalte
• Von ausländischen Jugendlichen wird erwartet,
gegen eine pädagogische Betreuung einbringen.
dass die OJA ihnen und ihren Lebensweisen Ak-
Eventuell wäre hier ein Weg in der Weise zu finden,
zeptanz verschafft. Es wird der Schutz der einen
dass solche stark selbstbestimmten Gruppen – z.B.
(inländischen) Jugendlichen vor den anderen (aus-
in autonomen Jugendzentren – entscheiden, ob sie
ländischen) Jugendlichen erwartet usw.
pädagogische Fachkräfte als Mediatoren für gewisse
Aufgaben heranziehen. Im Fall von Konflikten könn-
Diese alltäglichen Widersprüche sind die Wertekon-
ten diese eine vermittelnde und zugleich modellhafte
flikte, die bei den JugendarbeiterInnen in der tägli-
Rolle einnehmen. Auf diese Weise bräuchten sich die
chen Arbeit im Vordergrund stehen.
Jugendlichen nicht als Objekte pädagogischer oder
staatlicher Bevormundung zu fühlen. Sie würden ihre
Die Reaktionen der JugendarbeiterInnen darauf zei-
Entscheidungssouveränität behalten.
gen meist folgende Mischung:
Eine solche beratende, an Empowerment ausgerich-
• Grundsätzlich vertreten sie eine anwaltschaftliche
tete Funktion von Jugendpädagogik in selbstorga-
(keine vormundschaftliche) Haltung gegenüber
nisierten Jugendzentren würde m. E. akzeptiert,
den Jugendlichen – und sie zeigen viel Verständnis
wenn über einen längeren Zeitraum hinweg die
für deren Verhaltensweisen.
Erfahrung gemacht werden könnte, dass die Rolle
• Durchaus nicht selten aber ist diese Haltung durch-
professioneller MitarbeiterInnen nicht auf Kosten der
setzt mit bewussten oder vielfach unbewussten
Selbstbestimmung gehen muss. Allerdings müsste
der/die Jugendpädagoge/in institutionell so abgesi-
eigenen Interessen und Vorstellungen.
• Manches Mal dienen die Jugendlichen den Ju-
chert sein, damit er/sie nicht durch einzelne Gruppen
gendarbeiterInnen
erpressbar wird. Prinzipiell müsste in der Jugendzen-
eigene Veränderungswünsche und Dissidenz.
als
Projektionsflächen
für
trums-Szene erfahrbar werden, dass pädagogisches
Empowerment durch pädagogische Fachkräfte bei
Der Ungang mit diesen (bewussten und unbewuss-
selbstorganisierten Jugendgruppen ohne Direktiv-
ten) Spannungen stellt hohe professionelle Anforde-
und Kontrollfunktion machbar ist.
rungen, an die Berufsrolle.
4. Widersprüche und Wertkonflikte
im Arbeitsfeld der OJA
5. Professionalität der Berufsrolle
wird gefordert
Die Auftraggeber schieben der OJA Ordnungsauf-
Der Umgang mit Jugendkulturen ist immer eine an-
gaben und Aufgaben der Nacherziehung zu (vgl.
forderungsreiche Tätigkeit. Es geht nicht nur um die
BUSCHOR u.a. 2007; STEINER 2007).
Bearbeitung bekannter Differenzen – wie Schichtunterschiede und Altersunterschiede oder auch Ge-
• Es wird erwartet, dass man als JugendarbeiterIn
schlechtsunterschiede. Es geht darüber hinaus um die
weiß, wie man Konflikte mit/von Jugendlichen im
Arbeit mit vielen Aktionsweisen und Widersprüchen.
öffentlichen Raum ohne Polizeieingriffe löst.
Das verlangt hohe professionelle Kompetenz – und
• Es wird erwartet, dass immer mehr Jugendliche
aktiv und in (verbindlicher) Kontinuität die Ange-
dazu ist die Ausbildung wichtig. Es braucht: Professionelle Distanz bei persönlicher Nähe!
bote nutzen (hohe Besucherzahlen).
• Es wird erwartet, dass alle Jugendlichen und nicht
Mit diesen Anforderungen an die Verbesserung der
bloß eine Clique durch OJA angesprochen wer-
Qualifikation der einzelnen Jugendarbeiter sollte sich
den.
die Gesellschaft neben der höheren Entlohnung und
der hoffentlich steigenden Anerkennung auch darum
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 13 -
bemühen, den einzelnen MitarbeiterInnen Pers-
Literatur:
pektiven zu eröffnen. Damit meine ich, wenn man
sich auf diese zwar hochinteressante, aber durchaus
BÖHNISCH, L.: Sozialpädagogik der Lebensalter.
auch schwierige, ungesicherte und meist unbedankte
Weinheim und München 2005.4
Arbeit einlässt, dann hat man auch ein Anrecht auf
Karriereplanung. Das dient wieder durchaus einer
BÖHNISCH, L.: Schule und Lebensbewältigung. In:
größeren beruflichen Zufriedenheit. Das ist für Ju-
G. KNAPP/LAUERMANN, K: (Hg.): Schule und Soziale
gendarbeiterInnen etwas selbstverständlich Erstre-
Arbeit. Zur Reform der öffentlichen Erziehung und
benswertes und hinsichtlich der Zukunft der Jugend
Bildung in Österreich. Klagenfurt, Laibach, Wien
etwas durchaus Wünschenswertes.
2007, S. 196-203.
––––––––
BUSCHOR
K./FUCHS,
C./SCHENKER,
D./STEINER,
A./WETTSTEIN, H.: Mitten im Minenfeld. Die offene
Jugendarbeit muss zwischen den Ansprüchen der
Dr. Josef Scheipl, Univ.-Prof. am Institut für Erzie-
Jugendkultur und der Politik balancieren. In: Sozial
hungs- und Bildungswissenschaft, Univ. Graz. Leiter
Aktuell 7/8, 2007, S. 7-8.
des Arbeitsbereiches für Sozialpädagogik. Veröffentlichungen zur Entwicklung und Gegenwartsproble-
KUNSTREICH, T. u.a.: Dialog statt Diagnose. In: Hei-
matik des österreichischen Bildungswesens sowie zu
ner, M. (Hg.): Diagnostik und Diagnosen in der Sozia-
historischen, systematischen und aktuellen Themen
len Arbeit. Ein Handbuch. Berlin 2004, S. 26-39.
der Sozialen Arbeit. Leiter der zwei Universitätslehrgänge für „Sozialpädagogische Arbeit und soziokul-
SCHEIPL, J.: Jugendforschung in Österreich. In: Sozial-
turelle Animation in offenen Handlungsfeldern“.
pädagogische Impulse 1/2004, s. 30-32.
SCHOIBL, H.: Standards für die offene Kinder- und Jugendarbeit? Das fehlt gerade noch! In: Jugend Inside.
Leitfaden für die offene Kinder- und Jugendarbeit,
Nr. 3/2007, S. 6-8.
STEINER, O.: Jugendkulturen zwischen Konsum und
Widerstand. In: Sozial Aktuell 7/8, 2007, S. 3-5
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 14 -
Aktuelle Infos: Studien zur
Jugendkultur:
(Der Artikel ist erschienen in: Steirischer Dachverband
der Offenen Jugendarbeit (Hrsg.):
Jugend inside,
Nr. 1 / März 2008, S. 3 ff.)
Aktuelle österreichische Publikationen:
KROMER, Ingrid u.a.: Österreichische Jugendwertestudie 2006, Österreichisches Institut für Jugendforschung, Wien 2007 (wurde anlässlich der 4. Konferenz
des ÖIJ am 23.11.2007 in Wien präsentiert.)
VEREIN WIENER JUGENDZENTREN (Hg.): Positionspapier. Partizipation und gesellschaftliche Teilhabe von
Kindern und Jugendlichen. Wien, Jänner 2007 (hektogr. Manuskript)
SCHOIBL, Heinz/GÖDL, Doris: Offene Kinder- und Jugendarbeit in Graz. Endbericht, Salzburg 12/2005.
Ausbildungsunterlagen:
LANDESJUGENDREFERAT
der
Steierm.
Landes­
regierung/INSTITUT für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der KFUG/PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULE
Steiermark/KIRCHLICHE PÄDAGOGISCHE Hochschule
der Diözese Graz-Seckau: Hochschullehrgang „Jugend- und Soziokulturarbeit. Graz, Juli 2007.
PRIVATE PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULE DER DIÖZESE
LINZ (Studienkommission): Studienplan des Hochschullehrganges „Freizeitpädagogik“. Linz, 4.6.2007.
Publikationen in der Bundesrepublik Deutschland:
HURRELMANN Klaus und Deutsche Shell-Aktiengesellschaft: Jugend 2006. Eine pragmatische Generation unter Druck. 15. Shell-Jugendstudie.
VILLANYI, Dirk/WITTE, Matthias/SANDER, U. (Hg.):
Globale Jugend und Jugendkulturen. Weinheim,
München 2007.
LINDNER, W. (Hg.): Kinder- und Jugendarbeit wirkt.
Ein Überblick zu aktuellen und relevanten Evaluationsergebnissen aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen der Kinder- und Jugendarbeit. (Arbeitstitel)
Wiesbaden 2007. (Noch nicht erschienen)
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 15 -
Begleitung
und Förderung
von jungen Menschen
in deren Entwicklung
I. Grundlagen der
Offenen Kinder- und
Jugendarbeit
Jugendarbeit als eigenständiges Lern- und
Erfahrungsfeld ist keineswegs verzichtbar.
Die anhaltenden gesellschaftlichen Krisen und
Modernisierungsrisiken setzen Lernprozesse
im Umgang mit Pluralität, Komplexität und
Ungewissheit auf die Tagesordnung. Angesichts vielfacher Unwägbarkeiten, Ungewissheiten und Risiken der Lebensführung bedarf
Offene Kinder- und Jugendarbeit
es in besonderem Maße hierfür angemessener
Orte und Professionen, in der Kinder und
Die Offene Jugendarbeit ist ein sehr komplexes
Jugendliche ihre individuellen biographischen
pädagogisches Handlungsfeld. Es ist charakterisiert
Optionen austesten können. Hierfür steht die
durch einen beständigen Veränderungsprozess, der
Kinder- und Jugendarbeit als expliziter außer-
auf die sich wandelnden Kinder und Jugendlichen
schulischer Lern- und Bildungsort.
und ihre Fragen und Probleme immer neu antwortet
und antworten muss. Kinder- und Jugendarbeit ist
Festzustellen ist aber, dass – entgegen aller
ein Lernfeld, das Kindern und Jugendlichen die Mög-
Bildungs- und Zukunftsrhetorik – gerade für
lichkeit gibt, die Chancen demokratischer Gestaltung
die Kinder und Jugendlichen ausgewiesenen
zu erfahren. Vielfältige Forschungen zeigen, dass
Bildungsorte Schule, Hochschule, berufliche
Kinder und Jugendliche das Angebot der Jugendar-
Bildung und Kinder- und Jugendarbeit zuneh-
beit vielfach als ein nicht fremdbestimmtes Lern- und
mend auf die Funktion reduziert werden,
Handlungsfeld nutzen und es sehr schätzen. Ganz im
vermeintliche arbeitsmarktrelevante Kompe-
Sinne von Deinet / Sturzenhecker (2005, S. 13 – 15)
tenzen zu produzieren. Prozesse der umfassen-
lässt sich die Offene Kinder- und Jugendarbeit wie
den Persönlichkeitsbildung, die Zeit und Ruhe
folgt beschreiben:
benötigen, scheinen als überflüssiger Luxus zu
gelten.
Die (Offene) Kinder- und Jugendarbeit steht
derzeit vor Herausforderungen bislang unge-
Das für Jugendliche grundlegende Verständnis
kannten Ausmaßes, die sich kaum mehr einer
von Bildung als Selbstbildung in offenen Pro-
Zuordnung zu einer periodisch wiederkehren-
zessen ist eine unverzichtbare Antwort auf die
den Krise decken lassen (Deinet/ Sturzenhecker
derzeitigen gesellschaftlichen Rahmenbedin-
2005, S. 13). Eine sich wechselseitig beschleu-
gungen. Jugendliche verstehen Bildung als ein
nigende
umfassenden
Reservoir von Möglichkeiten und Potenzialen
gesellschaftspolitischen Umbrüchen, [..] stellt
Konstellation
aus
– und nicht als Kanon ein für allemal festge-
auch die bisherige Funktion der Kinder- und
legter Fähigkeiten und Fertigkeiten. Denn
Jugendarbeit in beispielloser Weise in Frage.
eine solche Festlegung bedeutet, dass lediglich
Hinzu kommt der Trend, Einrichtungen und
auf bekannte Anforderungen mit bekann-
Dienste der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
ten Lösungen reagiert und damit verhindert
den Schulen zu unterstellen und damit den
bzw. verunmöglicht würde, dass auf offene,
eigenständigen Charakter und die besonde-
jetzt noch nicht klar konturierte Themen mit
ren pädagogischen Chancen außerschulischer
offenen Auseinandersetzungen, probendem,
Bildung aufzuheben. Die von der Schule häu-
experimentierem und reflektierendem Einlas-
fig vorgegebenen Aufgaben von Betreuung,
sen reagiert würde.
Sozialarbeit, Lernhilfe und sozialer Kontrolle
sind nicht mehr Kinder- und Jugendarbeit im
Die
herkömmlichen Sinne.
Kinder- und Jugendarbeit ermöglichen eine
Rahmenbedingungen
des
Freiraums
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 17 -
emanzipatorische Bildung, die weiter geht
die gerade mit dieser positiven Unterstellung
als die auf Leistungsabschlüsse orientierte,
gefördert werden können.
funktionalisierende Ausbildung an Schule.
In dem Maße, wie nunmehr kurzatmig Struktu-
Selbstbestimmung und demokratische Mit-
ren der Kinder- und Jugendarbeit zerschlagen
verantwortung können nicht didaktisch-curri-
werden, wird ein ganzes Arbeitsfeld zukunfts-
cular erzeugt oder erzwungen werden. Diese
orientierter Lebensbewältigung in großen
Fähigkeiten können Kinder und Jugendliche
Anteilen zur Disposition gestellt. Zugleich
entwickeln, wenn ein sozialer und materieller
werden damit in fahrlässiger Weise strukturell
Raum zur Verfügung steht, den sie tatsächlich
genau die Probleme befördert, die hernach
nach eigenen Interessen selbst bestimmen und
anhand öffentlichkeitswirksam und medien-
gestalten können. Nur wenn Freiheit eröffnet
hysterisch aufbereiteter Einzelfälle – die sich
wird, kann man lernen mit ihr umzugehen.
keineswegs zufällig um die Institution Schule
Jugendarbeit hat große Potentiale als päd-
zentrieren – zum Anlass für ebenso panikartige
agogisch begleiteter, wo nötig schützender
Aktionismen genommen werden.
und verteidigender Erfahrungsraum zwischen
gesellschaftlichen Anforderungen und der Ent-
Vor dieser Sachlage ist den pädagogisch, wis-
wicklung des Eigenen zu vermitteln.
senschaftlich und politisch für Jugendarbeit
Kinder- und Jugendarbeit hat in den vergange-
Verantwortlichen zu empfehlen, folgende
nen Jahren diese Potentiale nicht zureichend
Anforderungen anzuerkennen:
ausgeschöpft und die schwierige Aufgabe
„in Freiheit zur Freiheit“ zu bilden, zu wenig
1. Eine
Grundlage
im
Handlungsfeld
genutzt.
Offene Jugendarbeit bildet Gender
Wir erkennen aber, dass selbst wenn die
- Mainstreaming. Offene Jugendarbeit
– auch von uns formulierten – konzeptionellen
berücksichtigt
Ansprüche an Kinder- und Jugendarbeit nicht
Lebenssituationen und Interessen von
optimal umgesetzt wurden, die Kinder und
Mädchen
Jugendlichen selbst die Angebote der Kinder-
herein und regelmäßig, da es keine
und Jugendarbeit doch sehr positiv bewerten
geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.
und für sich und ihre Entwicklung nutzen. Sie
Geschlechtssensibles
schätzen Jugendarbeit als ein Lernfeld, in dem
Methode und darauf basierend das Set-
ihre Interessen aufgegriffen werden, in dem
zen von fachlichen Angeboten soll zur
sie in ihrer Eigenständigkeit und mit ihren
Geschlechterdemokratie in Österreich
Fähigkeiten anerkannt und unterstützt wer-
beitragen (ARGE Offene Jugendarbeit
den, in dem sie lernen, selbstbestimmt Verant-
und Fachgruppe Offene Jugendarbeit,
wortung zu übernehmen, in dem sie üben, mit
Offene Jugendarbeit in Österreich. Eine
Unterschieden konstruktiv umzugehen und
erste Begriffsklärung als Grundlage für
Konflikte zu bewältigen.
eine bundesweite Vernetzung, Präam-
die
und
unterschiedlichen
Burschen
von
Arbeiten
vorn-
als
bel 2007)
Besonders für gesellschaftlich marginalisierte
Kinder und Jugendliche ist Jugendarbeit eine
2. Jugendliche
benötigen
verlässliche
wichtige Ressource und Förderung. In der
und stabile Angebote der Kinder- und
Jugendarbeit werden sie nicht als defizitäre
Jugendarbeit, die durch Aktionspro-
Problemgruppen sozialtechnisch bearbeitet,
gramme nicht ersetzt werden können.
diszipliniert und befriedet. Stattdessen vermittelt Jugendarbeit ihnen Anerkennung und ent-
3. Wichtig ist eine Kinder- und Jugendar-
deckt ihre Mündigkeitspotenziale und Stärken,
beit, die sich konsequent als ‚Bildungs­
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 18 -
praxis’ und ‚Hilfe zur Lebensbewältigung’ versteht. Dies gilt insbesondere
in den vielfach sich abzeichnenden
I.1. Themen der Offenen
Kinder- und Jugendarbeit
Ko­operationen mit der Schule. Sie
machen nur Sinn, wenn Jugendarbeit
ihren spezifischen Charakter und ihre
I.1.1. Freizeit gestalten
institutionelle Eigenständigkeit behält
und in Distanz und Differenz, eng an
Die Möglichkeiten, die Kindern und Jugendlichen
den Interessen der Kinder und Jugend-
zur Gestaltung ihrer Freizeit zur Verfügung stehen,
lichen für diese jugendarbeiterische
sind von den sozial-kulturellen, ökonomischen und
Bildung und Lebensbewältigung selbst
politischen Strukturen der sich stetig wandelnden
an der Schule eröffnen könnte.
Gesellschaft beeinflusst (Fromme, In: Deinet / Sturzenhecker 2005, S.132). Demzufolge stehen auch die
4. Kinder- und Jugendarbeit muss selber
Ziele und Aufgaben pädagogischer Einrichtungen im
besser werden, um solche Bedarfe und
engen Zusammenhang mit den gesellschaftlichen
Bildungschancen optimal aufzugreifen.
Rahmenbedingungen. Im Unterschied zur Verband-
Dazu muss die Infrastruktur der Jugend-
lichen Kinder- und Jugendarbeit geht es der Offenen
arbeitseinrichtungen und Angebote für
Kinder- und Jugendarbeit weniger um eine starr
Kinder und Jugendliche im Prinzip erhal-
pädagogisch strukturierte Freizeitgestaltung als um
ten werden. Jugendarbeit muss sich
das zur Verfügung stellen von offenen Angeboten
aber selbst auch mit den wandelnden
mit geselligem, unterhaltsamem oder bildendem
Bedürfnissen
Lebenssituationen
Charakter sowie um Freiräume für soziale und kultu-
ihrer AdressatInnen verändern. Kinder-
relle Aktivitäten der Kinder- und Jugendlichen selbst
und Jugendarbeit kann nicht so bleiben
(ebenda, S. 133).
und
wie sie ist, aber sie muss bleiben.
Diese Angebote haben entweder formellen oder
5. Wünschenswert ist die Überwindung
informellen Charakter. Die Einrichtungen der Offe-
verbandlicher
nen Kinder- und Jugendarbeit können auf der
Eigeninteressen zugunsten einer über-
einen Seite von den Heranwachsenden informell für
greifenden
Solidarität,
verschiedenste Aktivitäten der Freizeitgestaltung
die nicht durch einzelne Finanzanreize
genutzt werden, auf der anderen Seite werden auch
auseinander zu dividieren sein dürfte.
Angebote gesetzt, die einen formalen Charakter
institutioneller
und
strategischen
haben, wie beispielsweise Projekte, Workshops und
6. Zu
leisten
schließlich
eine
Veranstaltungen. Mit dem zunehmenden Einflussver-
„Re-Politisierung“
wäre
der
lust „traditioneller“ Instanzen wie der Schule, dem
Kinder- und Jugendarbeit angesichts
Elternhaus und der Kirche gewinnen die Einrichtun-
der Tatsache, dass auch noch so gutes
gen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit für die
fachliches Handeln allein keineswegs
Sozialisation und die Gestaltung des Freizeitverhal-
davor schützt, allfälligen Sparzwängen
tens an Bedeutung. Kinder und Jugendliche suchen
jählings „geopfert“ zu werden. Entge-
in ihrem Leben nach Sicherheit, Orientierung und
gen der Professionsmaxime „Wissen was
Strukturen (ebenda, S.139).
reflektierte
man tut“ käme es nunmehr darauf an
auch zu tun, was man weiß.
Diese Suche und der Aufbau einer eigenen Identität
verlagern sich zunehmend in einen Bereich, in dem es
(Deinet / Sturzenhecker 2005, S. 13 – 15)
keine eindeutigen und verbindlichen Vorlagen gibt.
Hier ist insbesondere der Einfluss der Peer Group zu
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 19 -
nennen. Die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben
dem Kind/Jugendlichen einen (Wert-)Rahmen ver-
sowie der Erwerb von Kompetenzen finden ver-
tritt, den dieser als Orientierungshilfe nutzen kann
mehrt hier statt. Auf der Basis der Freiwilligkeit und
(Schröder, In: Deinet/ Sturzenhecker 2005, S. 144
der Unterschwelligkeit hat die Offene Kinder- und
- 149).
Jugendarbeit die Möglichkeit und Chance, diesen
Entwicklungsprozess pädagogisch zu begleiten sowie
positiv zu unterstützen (ebenda 140f.).
I.1.3. Geschlechtsidentität
entwickeln
I.1.2. Persönlichkeit und
Beziehungen entwickeln
Ausgehend von der Prämisse, dass wir in einer Gesellschaft mit zwei Geschlechtern leben, ist das Ausbilden einer Geschlechtsidentität quasi unumgänglich.
Dass die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung
Geschlechtsidentität lässt sich nicht auf schwarz und
ein zentrales Anliegen der Offenen Kinder- und
weiß reduzieren, ihre Facetten decken das gesamte
Jugendarbeit ist, sei hier als Faktum postuliert.
Spektrum ab. Der Spielraum ist trotzdem nicht unbe-
Persönlichkeitsentwicklung umfasst nicht nur indivi-
grenzt, sondern für jedes Individuum durch seine
duelle Selbstentfaltung sondern auch die Fähigkeit,
reale Lebenslage – das vorhandene ökonomische,
Verantwortung für andere und die Gemeinschaft zu
soziale und kulturelle Kapital – eingegrenzt. Heran-
entwickeln und zu übernehmen. Ein zentrales Kenn-
wachsende bewegen sich in unzähligen informellen
zeichen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit ist
und formellen Gruppen, die unterschiedlich struk-
ihre Offenheit gegenüber Kindern und Jugendlichen
turiert sind. Geschlechtergruppen – also Gruppen,
und deren Bedürfnissen und Eigenarten (Schröder, In:
in denen die gleiche Geschlechtszugehörigkeit das
Deinet/ Sturzenhecker 2005, S.144).
Zugangs- und Verbundkriterium ist, spielen dabei
eine nicht unwichtige Rolle.
Die Offenheit teilt sich in drei Prinzipien: freiwillig,
Die Geschlechtsidentität kann und muss im sozialen
adressatenoffen, ergebnisoffen.
Kontext verstanden werden – sie ist ein Wechselspiel
zwischen Trennung und Integration der Geschlechter.
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit bietet sich
Das Zerbröseln der gängigen Normen und Wertvor-
hier sozusagen als Experimentierfeld an; sie stellt
stellungen macht mit Ausnahme physischer Merk-
Möglichkeiten zur Verfügung, in denen Kinder- und
male eine Unterscheidung immer schwieriger und
Jugendliche sich entfalten, bilden und im sozialen
(ver)birgt ständig neue Herausforderungen (vgl.
Miteinander erproben können. Die Aktivitäten in der
Rose, In: Deinet/ Sturzenhecker 2005, S. 156).
Offenen Kinder- und Jugendarbeit sind auch immer
mit der Funktion verknüpft, Halt zu geben.
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit übernimmt
neben einer Freiraum gewährenden Funktion auch
I.1.4. Partizipation erproben und
Lebenswelten gestalten
eine schützende, (unter)stützende und haltende. Die
Funktion der/des in der Offenen Kinder- und Jugend-
§ 1 Der Erwachsene hat immer Recht.
arbeit Tätige/n ist definiert als nicht verwandt, nicht
§ 2 Der Jugendliche hat nie Recht.
fordernd und nicht aufoktroyierend sondern akzep-
§ 3 Sollte der Jugendliche wider Erwarten doch einmal
tierend und anerkennend. Das ermöglicht ihm/ihr,
Recht haben, ist auf § 1 und § 2 zu verweisen.
eine Rolle in der Persönlichkeits- und Beziehungsentwicklung einzunehmen, die sehr viel zu erreichen in
Glücklicherweise hat sich diese Ansicht geändert und
der Lage ist – alleine dadurch, dass er/sie gegenüber
Kinder und Jugendliche werden nicht mehr als unvoll-
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 20 -
ständige Erwachsene gesehen sondern als Personen
Damit sind Werthaltungen gesellschaftlich relevant
mit eigenen Fähigkeiten, Interessen und Meinungen.
und gelten als zentral für die Organisation einer
Selbstbestimmung und gesellschaftliche Mitverant-
Gesellschaft: Sie bilden Maßstäbe des Handelns
wortung junger Menschen stellen übergeordnete
für zahlreiche Situationen; der Grad ihrer Verbind-
Ziele der Offenen Kinder- und Jugendarbeit dar. Kin-
lichkeit für alle Mitglieder lässt auf die Integration
der- und Jugendarbeit hat den dezidierten Auftrag
einer Gesellschaft schließen. Je widerspruchsfreier
zur Partizipation. Die jungen Erwachsenen sollen ihre
ein gesellschaftliches Wertsystem ist, desto geringer
Interessen erkennen und sich für ihre Anliegen und
sind die Konflikte. Wie auch bei der Entwicklung von
Bedürfnisse einsetzen – und dies nicht nur in den
Geschlechtsidentitäten und der Persönlichkeitsent-
Einrichtungen.
wicklung liegt die Vermittlung dieser Werthaltungen
Die Herausforderung in den Einrichtungen der Offe-
in der Vorbildsituation des/der Mitarbeiters/in.
nen Kinder- und Jugendarbeit besteht darin, dass
sie die Gratwanderung zwischen der Partizipation
der regelmäßigen BesucherInnen einerseits und der
Offenheit gegenüber neuen BesucherInnen andererseits erfolgreich absolviert. Durch Partizipation und
I.2. Zielgruppen
das Tragen von Verantwortung entstehen Selbstvertrauen und das Gefühl etwas bewirken zu können,
In der westeuropäischen Kultur definiert die Jugend-
als auch Respekt und Akzeptanz sowie Toleranz von
phase die Zeit zwischen Kindheit und Erwachsensein.
Seiten der Erwachsenen (vgl. Zinser, In: Deinet/ Stur-
Zieht man zur Abgrenzung qualitative Merkmale wie
zenhecker 2005, S. 157 – 166).
die körperliche Geschlechtsreife als Beginn und das
Erreichen finanzieller und emotionaler Autonomie
als Ende der Jugendphase heran, spielt sich diese
etwa zwischen dem 12. und 21. Lebensjahr ab, wobei
I.1.5. Werthaltungen
festgehalten werden muss, dass die Grenzen fließend
und sowohl nach oben als auch nach unten im Aus-
Fragt man Kinder- und Jugendliche danach, was zu
dehnen begriffen sind.
ihrem ganz persönlichen Lebensglück gehört, werden FreundInnen, die Familie sowie ein/e PartnerIn
Durch das Aufweichen der Grenzen, das bewusste
am häufigsten genannt. Das überrascht nicht, obwohl
Miteinbeziehen der Offenen Kinderarbeit in der
in der Öffentlichkeit oft ein anderes Bild von Kindern
Offenen Jugendarbeit (die Fachliteratur spricht bei-
und Jugendlichen gezeigt wird (Konsum, Besitz,
nahe ausschließlich von Kinder- und Jugendarbeit) ist
Gewalt, ...). Gute Beziehungen (ein sozialer Kontext)
die Kinderarbeit ein fix verankerter Bestandteil der
sind ganz zentral für das persönliche Lebensglück,
Offenen Kinder- und Jugendarbeit.
aber auch Gesundheit, ein guter Job und/oder gute
Ausbildung, Erfolg in der Schule und natürlich auch
Geld. Weiters werden Liebe, Zufriedenheit, Spaß und
Freude genannt. Befasst man sich mit Werten und
I.2.1. Kinder
Werthaltungen Kinder- und Jugendlicher, so muss
zunächst der Versuch unternommen werden, die
Kindheitsbegriff:
Begrifflichkeit zu klären.
Die Kindheit ist der Zeitraum im Leben eines Men-
Werte sind bewusste oder unbewusste Vorstellungen
schen von der Geburt bis zur geschlechtlichen Ent-
des Gewünschten, die sich als Präferenz bei der Wahl
wicklung (Pubertät). Kindheit ist dabei mehr ein
zwischen
niederschlagen
kultureller, sozialer Begriff als ein biologischer. In
(Fuchs – Heinritz (Hrsg.), Lexikon zur Soziologie, 1994,
der Kindheit genießt ein Mensch eine besondere
S. 739).
rechtliche Stellung, diese ist unter anderem durch so
Handlungsalternativen
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 21 -
genannte Kinderrechte geregelt. Die Rechtsfähigkeit
chen Vorstellungen von Kindheit und kindlicher Ent-
des Kindes beginnt in Österreich „mit der Vollendung
wicklung in verschiedenen Kulturen.
der Geburt“, seine Geschäftsfähigkeit und Strafmün-
Dies bedeutet, dass es keine festen Kriterien gibt,
digkeit erlangt es stufenweise später.
anhand derer „das Kind“ in jeder Gesellschaft und
Heute ist es selbstverständlich geworden, Kinder als
zu jedem Zeitpunkt beschrieben werden kann. Es
sich entwickelnde Menschen zu betrachten. Kindheit
existieren auch keine allgemeingültigen Definitions-
ist mittlerweile durch Erwerbsfreiheit und Lernen
merkmale, vielmehr sind die historisch gewachsenen,
gekennzeichnet, wobei die Rechte der Kinder auf
individuellen und gesellschaftlichen Vorstellungen
Schutz, Erziehung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit
ausschlaggebend für die Erwartungen, die an Kin-
immer weiter ausgebaut werden. Der Erwachsene ist
der gestellt werden (http://de.wikipedia.org/wiki/
zu einem „Anwalt des Kindes“ (Honig, Leu, Nissen
Kindheit, 29.08.2007).
1996:
9)
geworden
(http://de.wikipedia.org/wiki/
Kindheit; 29.08.2007).
Die Zielgruppe der Offenen Kinderarbeit beschränkt
sich im Allgemeinen auf Kinder im Alter von 6 bis 14
Jahren.
Die subjektiven Bedürfnisse, Wünsche und Interessen
des Kindes werden hervorgehoben und das Einzel-
I.2.2. Jugendliche
individuum erfährt eine besondere Bedeutung. Wo
Kindern früher kaum Aufmerksamkeit geschenkt
Jugendbegriff:
wurde, werden sie heute ernst genommen und ihre
Unter Jugend versteht man in der westeuropäischen
eigenen Standpunkte treten in den Vordergrund.
Kultur die Zeit zwischen Kindheit und Erwachsensein,
Kinder werden zunehmend als junge Bürger betrach-
also etwa zwischen dem 13. und 21. Lebensjahr. Diese
tet, die eigene Vorstellungen von ihrem Leben in der
Zeit wird auch als Adoleszenz bezeichnet.
Gesellschaft haben und durchaus in der Lage sind, ihre
Die Adoleszenz (v. lat.: adolescere = heranwachsen)
Bedürfnisse selbständig zu formulieren (ZINNECKER
ist das Übergangsstadium in der Entwicklung des
1996). Hinter dem Wandel der Einschätzungen ste-
Menschen von der Kindheit (Pubertät) hin zum vol-
hen laut Zinnecker (1996: 3) zwei Leitideen: Partizipa-
len Erwachsensein und stellt den Zeitabschnitt dar,
tion und Glaubwürdigkeit. Da es einem progressiven
während dessen eine Person biologisch gesehen ein
(Selbst-) Verständnis einer demokratischen Gesell-
Erwachsener, aber emotional und sozial noch nicht
schaft widerspricht, wenn ganze Bevölkerungsgrup-
vollends gereift ist. Das der Adoleszenzphase zuge-
pen von der politischen Gestaltung ausgenommen
ordnete Alter wird in verschiedenen Kulturen unter-
werden, ist es nur natürlich, dass die Bemühungen,
schiedlich aufgefasst. In den Vereinigten Staaten wird
die Gruppe der Kinder in diese einzubeziehen, stär-
die Adoleszenz im Allgemeinen bereits bei Pubertäts-
ker werden. Kinder werden außerdem zunehmend als
beginn angesiedelt: beginnend im Alter von 13 Jah-
„Autoritäten in eigener Sache“ betrachtet. Es werden
ren bis zum 24. Lebensjahr. In Österreich versteht man
beispielsweise nicht mehr nur erwachsene Experten
unter der Adoleszenzphase - je nach Entwicklungssta-
des Kinderlebens befragt, sondern Kinder werden
dium - meist den Zeitraum zwischen 17 und 24 Jahren.
selbst in Untersuchungen einbezogen.
Im Gegensatz dazu definiert die Weltgesundheitsor-
Glogger-Tippelt & Tippelt (1986) begründen die
ganisation (WHO) die Adoleszenz als die Periode des
Betrachtung von Kindheit als soziale Konstruktion
Lebens zwischen 10 und 20 Jahren.
anhand von zwei Argumenten:
Die „Adoleszenz“ ist auch ein kulturelles und soziales
Eine Erklärung sehen sie darin, dass unterschiedliche
Phänomen und seine Definition wird folglich nicht
historische Epochen verschiedene Vorstellungen von
ausschließlich an körperliche Meilensteine gebun-
Kindheit und kindlicher Entwicklung hervorgebracht
den. Die Zeit wird mit drastischen Änderungen im
haben.
Körper, zusammen mit Entwicklungen in der Psyche
Ein zweites Argument sehen sie in den unterschiedli-
und in der akademischen oder berufsbildenden Kar-
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 22 -
riere einer Person gekennzeichnet. Während dieser
eigenen Geldes für den Lebensunterhalt, die Tren-
Periode des Lebens durchlaufen die meisten Jugend-
nung von der Mutter und die Rolle der Großväter
lichen die körperlichen Stadien der Pubertät, die
dabei, die Trennung aus der Dualunion mit der Mutter
häufig im Alter von 9 Jahren bis 13 Jahren beginnt.
bzw. dem Elternhaus zu vollziehen (sog. Initiationsri-
In der Altersgruppe der 13-18 Jährigen kommen
ten sind in alten Kulturen dafür bekannt). Die Suche
dann oftmals erste sexuelle Erfahrungen oder Inter-
nach der Identität ist eines der Probleme, denen ado-
essen hinzu. Die meisten Kulturen sehen jedoch die
leszente Jugendliche häufig gegenüberstehen.
erwachsenwerdenden Kinder und Jugendlichen erst
In diesem Alter sind Vorbilder wie Sportler, Film-
mit unterschiedlichen Jahren als Erwachsene bzw.
und Fernsehschauspieler sehr populär und Jugend-
„Nicht-Mehr-Kinder“ an. So sieht die jüdische Tradi-
liche drücken häufig den Wunsch aus, so wie ihr
tion beispielsweise Dreizehnjährige als Mitglied der
gewähltes Vorbild zu sein. In der Vergangenheit
Erwachsenengemeinschaft – und dieser Übergang
(und noch heute in einigen Kulturen) gab es die Zere-
wird entsprechend gefeiert.
monien des Erwachsensein feiern und gewöhnlich
Natürlich gibt es auch eine juristische Alterdefinition,
findet dieses während der Adoleszenz statt (http:
wann ein Jugendlicher sexuell reif und auch als straf-
//de.wikipedia.org/wiki/Adoleszenz, 29.08.2007).
verantwortlich im Sinne der gerichtlichen Mündigkeit
angesehen wird. Dieses alles ist wie gesagt nicht
nur kulturell bedingt unterschiedlich, sondern jeder
I.2.3. Mädchen und Burschen
Mensch ist auch in seiner Entwicklung unterschiedlich
vorangeschritten. Während die Pubertät sich vorwie-
Arbeit mit Mädchen: Mädchenarbeit hat die Auf-
gend auf die körperliche Reife und das Entdecken der
gabe, diese in ihrem Erwachsenwerden zu unter-
Geschlechtlichkeit bezieht, bezieht die Adoleszenz
stützen und beinhaltet sowohl die Einrichtung von
auch weiterhin die Entwicklung einer beruflichen und
Mädchentreffs, für Mädchen angebotene Veranstal-
sozialen Identität mit ein (http://de.wikipedia.org/
tungen sowie die Akzeptanz dieser aus der Perspek-
wiki/Adoleszenz, 29.08.2007).
tive der Jungen. Mädchen haben genau wie Jungen
In diesem Alter gibt es auch eine größere Wahrschein-
ein Recht auf Gleichheit und Differenz. Der Bedarf,
lichkeit des Drogen- oder Alkoholmissbrauchs oder
was Mädchen brauchen, kann und darf nicht quali-
Geistesprobleme wie Schizophrenie bzw. Identitäts-
tativ bewertet werden. Mädchen, die unter Jungen
diffusion, Essstörungen und depressiver Tiefstand.
sein wollen, brauchen etwas anderes als Mädchen,
Die emotionale Instabilität unter einigen Jugendli-
die unter sich sein wollen (vgl. Graf, In: Deinet/ Stur-
chen verursacht manchmal auch Jugendverbrechen,
zenhecker 2005, S. 60).
siehe z.B. Fever (Roman), oder leichtsinniges Gruppenverhalten bis hin zu Selbstmordgedanken.
Arbeit mit Burschen: Dem klassischen Rollenbild
Die Rebellionsbereitschaft und der Veränderungs-
sollen Alternativen geboten werden, damit auch Jun-
wunsch von Adoleszenten (Sturm und Drang) werden
gen Selbstvertrauen und Selbstrespekt entwickeln
auch als ein wichtiger Faktor in vielen sozialen Bewe-
können sowie die Wertschätzung anderer Personen,
gungen für positive Veränderungen in der Welt gese-
Dinge und Ereignisse lernen. Auch die Akzeptanz des
hen. Der Weg, letztlich auf eigenen Füßen zu stehen,
eigenen Körpers ebenso das Akzeptieren von Gren-
sowohl finanziell als auch mit allen Anforderungen
zen und die Kontrolle der Aggressivität sind wichtige
beruflicher, sozialer und sexueller Art zurechtzukom-
Arbeitsbereiche (Sielert, In: Deinet/ Sturzenhecker
men, ist daher oftmals wenig gefestigt und krisenan-
2005, S. 65 – 70).
fällig (siehe auch Logotherapie und Psychoanalyse).
(Offene Kinder- und Jugendarbeit beginnt NICHT
In diesem Fall wird von einer Adoleszenzkrise gespro-
erst mit der Betreuung mündiger Minderjähriger,
chen.
auch unmündige Minderjährige haben ein Recht,
Thema ist in dieser Zeitspanne oft auch der Auszug
Einrichtungen zu besuchen und deren Angebote zu
des Kindes aus dem Elternhaus, das Verdienen des
nutzen!)
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 23 -
I.2.4. Cliquen
onsarbeit zu leisten.
Die Ansprüche an die Offene Kinder- und Jugend-
Cliquen
unterscheiden
Geschlecht,
soziale
sich
durch
Herkunft,
Geschlechterzusammensetzung,
Alter,
arbeit, was Kinder und Jugendliche mit Migrations-
Gruppengröße,
hintergrund betrifft, unterscheiden sich somit nicht
von
von den Ansprüchen der Kinder- und Jugendarbeit
Cliquennamen,
in Bezug auf Arbeit mit Mädchen, Buben, Cliquen,
Musik, Kleidung, Sprachjargon, Haarschnitt, politi-
rechts-, gewaltorientierter Kinder und Jugendlicher
sche Auffassung, … von anderen Gruppierungen.
(vgl. Bommes, In: Deinet/ Sturzenhecker 2005, S. 104
Gruppen entstehen durch das Zusammenfinden von
– 112).
anderen
Cliquen,
Abgrenzung
Treffpunkten,
Menschen über eine bestimmte Tätigkeit oder ein
gemeinsames Interesse, bei Cliquen hingegen steht
die Gemeinsamkeit und Geschlossenheit als homo-
I.2.6. Jugendkulturen
gene Gruppe im Mittelpunkt.
Jugendkulturen definieren sich über Musik, Mode,
Gruppen und Cliquen drücken ihre Einheit und Zuge-
Sprache, über die Suche nach sozialen Nischen und
hörigkeit vor allem über die von ihnen gestalteten
ganz real nach „Räumen“. Sie sind Gesinnungs-
Räume und ihr Verhalten darin aus (vgl. Deinet/
gemeinschaften,
Krisch 2006, S. 106-109). Cliquenorientierte Arbeit
Hilfswerke, die sich nicht mehr über Herkunft oder
findet dort statt, wo sich Kinder und Jugendliche
Lebenslagen bestimmen lassen.
aufhalten, nicht unbedingt dort, wo von anderen
Jugendkulturen waren immer öffentlichkeitswirksam,
Räumlichkeiten für diese angeboten werden. Die
gaben stets Anlass zur politischen und pädagogischen
Cliquenarbeit fördert die spezifischen kinder- und
Besorgnis, wurden zuweilen als kriminalitätsbelastet
jugendkulturellen Entfaltungs- und Auseinanderset-
verurteilt jedoch auch als innovative Neuerungen
zungsprozesse der Kinder und Jugendlichen durch
gefeiert. Jugendkulturen sind so vielseitig und zahl-
Begleitung, Beratung und Unterstützung; sie ist
reich wie der sprichwörtliche Sand am Meer; sie über-
immer lebensweltorientiert und versucht nicht, Kin-
schneiden sich, eine klare Zuordnung ist kaum mehr
der und Jugendliche zu „fangen“, sondern an ihrem
für deren Mitglieder möglich (vgl. Ferchhoff, In: Dei-
Alltag teilzuhaben (vgl. Krafeld, In: Deinet/ Sturzen-
net/ Sturzenhecker (Hrsg.) 2005, S.113 – 123). In den
hecker (Hrsg.) 2005, S. 75).
im Alltag gelebten Jugendkulturen zeigen sich jeweils
thematisch
fokussierte
soziale
von Clique zu Clique große Unterschiede.
I.2.5. Kinder und Jugendliche
mit Migrationshintergrund
I.2.7. Randgruppen
Besonders bei der Arbeit mit Kindern und Jugendli-
In diesen Bereich fallen Kinder und Jugendliche, die
chen mit Migrationshintergrund ist das Wissen über
von Drogen und Kriminalität gefährdet, wegen sozi-
ihre Herkunft besonders wichtig. Dieses Klientel ist
aler Benachteiligung oder individueller Beeinträch-
seit Mitte der 70er Jahre Bestandteil der Offenen
tigung besondere Schwierigkeiten beim Übergang
Kinder- und Jugendarbeit, insbesondere in den
von der Schule in Ausbildung und Beruf haben (z.B.
Jugendhäusern bzw. Jugendzentren. Diese sind
Jugendliche ohne Hauptschulabschluss, Ausbildungs-
Anlaufstellen, da man hier Zeit verbringen und sich
abbrecher, längerfristig arbeitslose, leistungsschwa-
kostengünstig aufhalten kann. Aufgabe der Offenen
che, psychisch belastete oder sonst schwer vermit-
Kinder- und Jugendarbeit ist es, gegenseitige Vorur-
telbare Jugendliche), Obdachlose, problembelastete
teile abzubauen, das Vertrauen und die Akzeptanz
Jugendliche wie z.B. junge Straffällige, junge Arbeits-
zu stärken, vorgefertigte Rollenbilder zu relativieren
lose oder Jugendliche in stationären Einrichtungen
und bei Bedarf auch zu demontieren sowie Integrati-
sowie Kinder, die wiederholt Straftaten begangen
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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haben, jedoch noch strafunmündig sind. Diese Gruppen waren bis jetzt eher die Zielgruppe der aufsuchenden Jugendarbeit, jedoch sollte sich die Offene
I.3. Arbeitsansätze
und Methoden
Jugendarbeit ihnen nicht verwehren.
Rechts-, gewaltorientierte Kinder und Jugendliche
I.3.1. Geschlechtsbezogene
Jugendarbeit
Ausgehend von einem Gewaltbegriff, der jegliche Einschränkung von Lebensmöglichkeiten beinhaltet und
Gender Mainstreaming ist eine Grundlage in der
der permanenten Suche nicht nur Kinder und Jugend-
Offenen Jugendarbeit. Offene Jugendarbeit berück-
licher nach Gewissheiten finden nicht nur Sekten,
sichtigt die unterschiedlichen Lebenssituationen und
Okkultismus, New Age Bewegungen sondern auch
Interessen von Mädchen und Burschen von vornher-
rechtsradikale Gruppierungen, die versprechen, für
ein und regelmäßig, da es keine geschlechtsneutrale
ihre Mitglieder eine heile Welt auch unter der Zuhil-
Wirklichkeit
fenahme von Gewalt zu erschaffen, ständig Zulauf.
als Methode und darauf basierend das Setzen von
In einer auf Wettbewerb ausgerichteten Gesellschaft,
fachlichen Angeboten ist daher grundlegend. (vgl.
in der nicht jeder mithalten kann, bietet sich Gewalt
ARGE Offene Jugendarbeit und Fachgruppe Offene
als vergleichsweise einfacher Lösungsansatz an, um
Jugendarbeit, Offene Jugendarbeit in Österreich.
Dinge bewirken bzw. verändern zu können. Gewalt
Eine erste Begriffsklärung als Grundlage für eine
wird angewendet als Mittel der Kompensation, als
bundesweite Vernetzung, Präambel 2007).
gibt.
Geschlechtssensibles
Arbeiten
Körpererfahrung, als Ventil, als Antwort auf verbale
Inkompetenz, als Gemeinsamkeit und Identifikation
Gender Mainstreaming auf der Ebene der Projekte
mit einer Gruppe oder Clique (May, In: Deinet/ Stur-
und Maßnahmen stellt die Frage, in welchen For-
zenhecker 2005, S. 97f).
men die Geschlechterperspektive in den Projekten
und Einrichtungen eingenommen und umgesetzt
Für rechtsextreme Kinder- und Jugendliche stellt
werden. Wichtig ist die Formulierung gleichstellungs-
Gewalt ein Mittel dar, das Charakterbild aufrecht zu
relevanter Zielvorstellungen. (Bundesministerium für
erhalten, sich bedrohliches vom Leibe zu halten und
Gesundheit, Familie und Jugend; Fünfter Bericht zur
Klarheit und Gewissheit zu schaffen. Ziel der Arbeit
Lage der Jugend in Österreich – 2007, S. 42).
mit rechts-, gewaltorientierten Kindern und Jugendlichen ist, dass der/die Betroffene lernt, die Verantwor-
Die Entwicklung einer eigenen Geschlechtsidenti-
tung für das Tun zu übernehmen sowie dieses kritisch
tät stellt ein zentrales Lernthema von Kindern und
zu reflektieren, hinterfragen und am Ende dieses Pro-
Jugendlichen dar, das als solches einen unmittelbaren
zesses sein Verhalten zu ändern (ebenda S. 100f.).
Bezug zu jeglicher Arbeit mit Jugendlichen hat (vgl.
Schneebauer 2001, S. 50).
Zur Sicherstellung der Gleichbehandlung von Mädchen und Burschen muss sich dieser Grundsatz auch
in der Parität des Personals der Kinder- und Jugendeinrichtungen widerspiegeln. Entsprechend sind auch
die inhaltlichen Angebote und die methodischen
Arbeitsansätze so zu gestalten, dass eine geschlechtssensible Kinder- und Jugendarbeit möglich ist.
Um die gewünschte Gleichstellung von Mädchen und
Burschen erreichen zu können, bedarf es gezielter
Maßnahmen zur Förderung von Mädchen und der
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 25 -
Entwicklung von mädchenspezifischen Angeboten
österreichische (vgl. Schneebauer 2001, S. 78f.).
(vgl. Vorarlberger Erklärung zur Jugendarbeit, 2000).
Offene Kinder- und Jugendarbeit ist nach diesem
Verständnis so auszurichten, dass alle Kinder und
Mädchenarbeit: Mädchen sollen unterstützt werden,
Jugendlichen
ihr Selbstverständnis und Selbstwertgefühl zu stär-
eigenständige Entwicklung in dieser Gesellschaft
ken, um sich gegen gesellschaftliche Abwertungen
als auch für das Kennenlernen der jeweils anderen
wehren zu können (vgl. Schneebauer 2001, S. 70 f.).
Gesellschaftsformen vorfinden. Durch die gezielte
Ziel der Mädchenarbeit ist es, Freiräume der oft bur-
Gestaltung von interkulturellen Lernfeldern und
schenorientierten Strukturen zu schaffen, die den
Begegnungsmöglichkeiten soll darüber hinaus Sorge
Mädchen zur freien Gestaltung überlassen werden
dafür getragen werden, dass die Unterschiede wahr-
und in denen sie nach ihren Bedürfnissen agieren
genommen und Differenzen anerkannt werden kön-
können. Sie sollen die Möglichkeit haben, sich mit
nen. Dafür müssen spezifische Strukturen aufgebaut
ihren Lebensrealitäten, ihren Wünschen und Per-
werden, die auch in der Lage sind, Benachteiligungen
spektiven auseinander zu setzen und traditionelle
und Zugangsbarrieren zu Bildung, Arbeit und Ein-
Rollenmuster zu hinterfragen (Verein Wiener Jugend-
kommen abzubauen (vgl. Vorarlberger Erklärung zur
zentren 2001, S. 10).
Jugendarbeit 2000).
Burschenarbeit: Burschen sollen ermutigt werden,
Im
Beziehungsfähigkeit zu sich selbst und anderen her-
Hineinwachsen in eine Gemeinschaft, gemeinsame
zustellen indem sie lernen, zu ihren Problemen zu
Lernerfahrungen und die Zusammenarbeit unter-
stehen. Meist lassen sie dies, aus Angst unmännlich
schiedlicher ethnischer Gruppen (vgl. Stadtjugend-
zu gelten, nicht zu (vgl. Schneebauer 2001, S. 74 f.).
ring Kempten 2000, S. 7). Kinder und Jugendliche mit
Ziel der Burschenarbeit ist es, Raum, Zeit und Mög-
Migrationshintergrund brauchen aber unter Umstän-
lichkeiten zu schaffen, sich mit den Lebensrealitäten
den ihre eigenen Räumlichkeiten und BetreuerInnen.
sowohl
Vordergrund
die
stehen
Möglichkeit
für
interkulturelles
eine
Lernen,
der Burschen auseinander zu setzen, alternative
Erlebnis- und Verhaltensebenen bei den Burschen zu
fördern und sich mit ihren Wünschen, Perspektiven
I.3.3. Sport und Bewegung
und Ängsten auseinander zu setzen sowie männlich
Rollenbilder zu hinterfragen (Verein Wiener Jugend-
Sportliche Betätigung, sehr oft verbunden mit dem
zentren, (Hrsg.) 2001, S. 11).
Erwerb bestimmter Trendsportgeräte und -bekleidungen, stellen einen wichtigen Ausschnitt von
Jugendkultur dar. Gerade in den bewegungsarmen,
I.3.2. Interkulturelle Kinderund Jugendarbeit
verregelten und verbauten Wohnumwelten kommt
der Möglichkeit Sport zu betreiben, eine wesentliche
Rolle zu. Sport schafft nicht nur eine Plattform, auf
Offene Kinder- und Jugendarbeit kann Kinder und
der verschiedene Kinder- und Jugendcliquen gemein-
Jugendliche aus verschiedenen Herkunftsländern
sam agieren, sondern auch die Möglichkeit, alleine
durch besondere Angebote fördern, ihre Handlungs-
oder gemeinsam Fähigkeiten zu entwickeln, die
möglichkeiten und damit die Integration erweitern.
eigene Körperlichkeit zu erfahren und auszuleben
Sie berücksichtigt den Umstand, dass unsere Gesell-
(Verein Wiener Jugendzentren, (Hrsg.) 2001, S. 18).
schaft multikulturell strukturiert ist und kann deshalb
auf die Stärkung kultureller Identität abzielen. Wei-
Sportliche Aktivitäten werden ohne Leistungszwang
ters vermittelt sie auch zwischen verschiedenen Kin-
angeboten, fördern die Freude an Bewegung, Stär-
dern und Jugendlichen, die aufeinander treffen.
kung und Entwicklung sozialer Kompetenzen, das
Kinder und Jugendliche anderer Herkunft brauchen
Erfahren eigener Körperlichkeit und die Entwicklung
Räume und die gleichaltrige Gruppe genauso wie
von Teamgeist (vgl. ebenda. 2001 S. 18).
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 26 -
I.3.4. Freizeitaktivitäten
greifen oder die Kinder – und Spielkultur zu fördern
(vgl. ebenda. 2001, S. 16).
Die Förderung einer aktiven und selbst bestimmten
Freizeitgestaltung ist seit jeher eine Hauptaufgabe
der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Diese muss
einerseits Freiraum für selbst bestimmte Aktivitäten
I.3.6. Themenzentrierte Arbeit
und Projektarbeit
und andererseits Anregungen für neue Erfahrungen
gewähren.
Themenzentrierte Arbeit: Die Lebenswelten von
Im Gegensatz zu kommerziellen Angeboten bietet
Kindern und Jugendlichen werden von vielfältigen
Offene Kinder- und Jugendarbeit den Kindern und
strukturellen und individuellen Bedingungen und
Jugendlichen Möglichkeiten, Freizeitangebote ohne
Einflüssen bestimmt, mit denen sie in einer für sie
Konsumzwang, auf Basis der Freiwilligkeit und Offen-
entsprechenden Form der Bewältigung und Aus-
heit, ohne eigene finanzielle Mittel zu nutzen (vgl.
einandersetzung treten. Die Offene Jugendarbeit
Schneebauer 2001, S. 87f.).
versucht zentrale Themen, Partnerschaft, Sexualität, Drogen Berufsorientierung, Politik etc. in einer
Kindern und Jugendlichen Abenteuer in der freien
alltagsweltlichen und zielgruppenadäquaten Form
Natur zu ermöglichen, Raum für Eigenverantwor-
aufzugreifen und damit ein Forum der gemeinsa-
tung und Verantwortung für die Gruppe zu schaffen,
men Auseinadersetzung zu schaffen (Verein Wiener
Unterhaltung, neue Erfahrungen durch ungewöhn-
Jugendzentren (Hrsg.) 2001, S. 14).
liche Bedingungen einzuräumen, sind Ziele vieler
erlebnispädagogischen
Projektarbeit: In der Offenen Kinder- und Jugendar-
Angebote sind ein wesentlicher Beitrag in der Prä-
beit ist mit Projektarbeit nicht unbedingt die alltägli-
ventionsarbeit. Durch Outdooraktivitäten, Wochen-
che Arbeit in den Offenen Kinder- und Jugendeinrich-
endausflügen,
Freizeitaktivitäten.
Diese
Angeboten
tungen gemeint. Projekte entstehen meist aus dem
oder Projektwochen können Beziehungen vertieft
Alltag und der Routine Offener Kinder- und Jugend-
werden aber auch persönliche Grenzen erfahrbar
arbeit, sind jedoch davon abgegrenzt. Ein Pro­jekt ist
gemacht und erweitert werden (vgl. Verein Wiener
ein Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit
Jugendzentren (Hrsg.) 2001, S. 19).
der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet
erlebnispädagogischen
ist wie z. B. Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen, Abgrenzungen
I.3.5. Jugendkulturelle
Jugendarbeit
gegenüber anderer Vorhaben, projekt­spezifische
Organisation (vgl. Schneebauer 2001, S. 81f.).
Jugendkultur ist kein abgehobener Ausschnitt einer
bestimmten
Lebensphase.
Jugendkultur(en),
von
I.3.7. Bildungsarbeit
Medien- und Konsumgüterindustrie überformt, stellen vielmehr das Bündel zentraler Ausdrucksformen,
Allgemeine, politische, soziale Bildung, Persönlich-
aber auch den Orientierungsrahmen von verschiede-
keitsbildung, gesundheitliche, kulturelle, technische
nen Jugend(en) dar. Jugendkultur ist – so gesehen
Bildung usw. sind Schwerpunkte der Jugendarbeit.
– Jugend erleben (Verein Wiener Jugendzentren
Offene Kinder- und Jugendarbeit soll daher, neben
(Hrsg.) 2001, S. 16).
Schule und Elternhaus, in Form von Bildungsangeboten ergänzend wirken. Diese außerschulische Bildung
Jugendkulturarbeit bemüht sich daher Möglichkeiten
soll in einem für Kinder und Jugendliche geeigneten
zur Selbstdarstellung zu bieten, kreative Ausdrucks-
Rahmen stattfinden. Kindern und Jugendlichen soll
formen zu fördern, Jugendkulturen in der Öffentlich-
damit die Weiterbildung in den für sie interessanten
keit zu präsentieren, Trends zu erkennen und aufzu-
und wichtigen Themen ermöglicht werden.
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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I.3.8. Einzel-, Gruppen- und
Gemeinwesenarbeit
Gemeinwesenarbeit ist neben Gruppenarbeit und
Einzelfallhilfe eine der grundlegenden Arbeitsprinzipien der Sozialen Arbeit. Sie nimmt Sozialräume
Einzelarbeit gewinnt an Bedeutung, je mehr das
(Nachbarschaften, Stadtteile und Gemeinden) zum
Jugendalter den Tendenzen einer Entstrukturierung
Gegenstand sozialer Intervention.
und die Jugendbiographie einer zunehmenden Individualisierung unterworfen sind. Beratungs- und
In der Offenen Kinder- und Jugendarbeit wird der
Betreuungsarbeit mit und an einzelnen Kindern und
Sozialraum verstärkt fokussiert, und auch methodi-
Jugendlichen mit den Grundsätzen der Freiwilligkeit,
sche Ansätze der mobilen Kinder- und Jugendarbeit
Vertraulichkeit und Parteilichkeit wäre hier ein Bei-
und der lebensweltbezogenen Kinder- und Jugendar-
spiel.
beit kommen verstärkt zum Zuge. Sozialräumlich orientierte Kinder- und Jugendarbeit ist beispielsweise
• Kinder- und Jugendberatung als Information
gekennzeichnet durch die regelmäßige Präsenz im
sozialen Umfeld, Kontaktaufnahme mit den einzel-
(z.B. Ausbildung, Arbeit, Sexualität,..)
• Kinder- und Jugendberatung als psychosoziale
nen Kindern und Jugendlichen, Cliquen, Gruppen,
Beratung (gemeinsame Bearbeitung von Schwie-
Mobilisierung von Ressourcen, Vernetzung mit ande-
rigkeiten)
ren sozialen Einrichtungen. Die Voraussetzung dafür
• Kinder- und Jugendberatung als Unterstützung
(Familie, Schule, Arbeit,..)
ist aber eine konzeptionelle Absicherung einer sozialräumlichen Arbeitsperspektive im Rahmen einer kollegialen Verständigung auf den Ebenen der Träger,
Erwähnt werden muss dabei aber, dass sich die Bera-
Institutionen und Teams (vgl. Schumann; In: Deinet/
tungstätigkeit in der Offenen Kinder- und Jugend-
Sturzenhecker (Hrsg.) 2005, S. 301f.).
arbeit zur Beratungsarbeit spezieller Beratungseinrichtungen unterscheidet (vgl. Schumann: In Deinet/
Sturzenhecker 2005, S. 287f.)!
I.3.9. Sozialräumliche Jugendarbeit
Gruppenarbeit ist eine Methode, die am häufigsten in
Der sozialräumliche Ansatz beschreibt einen bestimm-
der Offenen Kinder- und Jugendarbeit angewendet
ten Weg in der Kinder- und Jugendarbeit. Er geht von
wird. Hier herrscht oft das Modell von Gruppenarbeit
Orientierungen und Begründungen aus, die sich aus
vor, welches sich an der jugendkulturellen Gruppe,
einem Zusammenhang zwischen dem Verhalten von
der Gleichaltrigengruppe (Peergroup) orientiert (vgl.
Kindern und Jugendlichen sowie den konkreten Räu-
Schumann: In Deinet/ Sturzenhecker 2005, S. 292f.).
men, in denen sie leben, ergeben (Schneebauer 2001,
Dennoch ist das Spektrum an Gruppenarbeit in der
S. 52).
Offenen Kinder- und Jugendarbeit ein weites: Alltagsorientierte Gruppenarbeit (setzt an die spontane
Die sozialräumliche Orientierung richtet den Blick auf
Orientierung der Jugendlichen in der Einrichtung
Orte und Räume, in denen Kinder und Jugendliche
an), gruppenbezogene Projektarbeit, sportbezogene
leben, auf ihre Qualitäten und auch Defizite, und
Gruppenarbeit, erlebnispädagogische Gruppenarbeit
lässt die Kinder- und Jugendarbeit als einen „Raum“
sollen hier genannt werden. Ziele der Gruppenarbeit
von vielen anderen, wie etwa den kommerziellen
sind unter anderem die Auseinandersetzung der
oder den kirchlichen Angeboten, erscheinen.
Einzelnen mit der Gruppe, Rollendifferenzierung,
Innerhalb der zur Verfügung stehenden Räumlichkei-
Stärkung des Teamgeistes, direkte Interaktion zwi-
ten der Offenen Kinder- und Jugendarbeit ist es nun
schen den Kindern und Jugendlichen, die Befähigung
entscheidend, die verschiedenen örtlichen Besonder-
zur Aktivierung eigener Ressourcen (vgl. Simon; In:
heiten zu berücksichtigen, deren Zusammenhänge zu
Braun/ Wetzl/ Dobesberger/ Fraundorfer (Hrsg.).
erkennen und innerhalb der eigenen Möglichkeiten
2005, S. 199f.).
bewusst pädagogisch vielfältige Aneignungsmög-
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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lichkeiten für Kinder und Jugendliche zu schaffen
tet sich an Personen, bei denen ein Suchtverhalten
(ebenda. 2001, S. 53).
bereits latent ist und ist meist nur mehr durch Entzug,
Therapie und Rehabilitation zu bewältigen.
In der Offenen Kinder- und Jugendarbeit muss Pri-
I.3.10. Präventionsarbeit
märprävention ein wichtiger Bestandteil der Arbeit
sein – Sekundärprävention kann kaum betrieben
Prävention ist ein wesentlicher Aspekt in der Kinder-
werden da der/die in der Jugendarbeit Tätige hier mit
und Jugendarbeit. Der Begriff Prävention umfasst alle
Ausnahme weniger außerhalb der Weitervermittlung
Bereiche in der Kinder- und Jugendarbeit. Gewaltprä-
an Fachstellen dafür nicht qualifiziert und ausgebil-
vention, Drogenprävention, Sexualpädagogik, Ess-
det ist.
verhalten und vieles mehr fällt darunter. Prävention
bedeutet vorbeugen und zielt auf eine Stärkung der
I.3.11. Emanzipatorische und subjekt­
orientierte Jugendarbeit
Lebenskompetenz ab.
Prävention teilt sich in drei Bereiche, namentlich
Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention, wobei für
Emanzipatorische Jugendarbeit
den Bereich der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
vornehmlich die Primär- und ansatzweise die Sekun-
Emanzipation bedeutet, den Kindern- und Jugend-
därprävention zum Tragen kommt.
lichen die Möglichkeit zur Selbstentfaltung und das
Leben in einem angstfreien Raum zu ermöglichen. Sie
Primärprävention bezeichnet unter anderem Persön-
lernen für sich selbst stehen und reden zu können,
lichkeits- und Selbstwertstärkung, eine detaillierte
alte Rollenmuster zu überdenken und neue Rollen
Information über Substanzen, deren Wirkungsweise
auszuprobieren (Stadtjugendring Kempten 2000,
sowie deren positive und negative Eigenschaften. Sie
S. 8).
fußt auf einem persönlichkeits-, informations- und
Das Kernstück eines emanzipatorischen Ansatzes ist
gesundheitsbasierten Ansatz, der dem Kind oder
die Hinwendung zu den Individuen, die Stärkung
Jugendlichen
aufzeigt,
ihrer Fähigkeiten und ihres Selbstbewusstseins, und
wenn er mit legalen oder illegalen Substanzen jedwe-
auch der Wunsch, Machtverhältnisse zu verändern
der Art konfrontiert wird. Sie setzt „vor“ dem eigent-
(vgl. Giesecke 1971, in: Schneebauer 2001, S. 58f.).
lichen Konsum an. Sekundärprävention hingegen
Es geht dabei im Kern auch um die Aufgabe, Kinder
beginnt mit dem Auftauchen von Problemen beim
und Jugendliche zu politisch bewussten Akteuren
Konsum substanzgebundener und/oder ungebunde-
ihrer alltäglichen gesellschaftlichen Lebenspraxis zu
ner Substanzen.
erziehen (Schilling 1981; In: Schneebauer 2001, S. 59).
Ausgehend von der Suchtspirale ist hier der Terminus
Subjektorientierte Jugendarbeit
Handlungsmöglichkeiten
„Missbräuchliche Verwendung“ zu verwenden. Dies
bedeutet, dass der/die Konsument/in entweder sich
Ziel einer subjektbezogenen Arbeit ist die Ermögli-
oder der Umgebung Schaden zufügt und bereits eine
chung von Bildungsprozessen zur Verbesserung einer
Toleranzentwicklung eingetreten ist. Bei längerfris-
selbstbewussteren und selbstbestimmteren Lebens­
tigem Konsum besteht hier die Möglichkeit eines
praxis.
Abgleitens in ein Sucht-/Abhängigkeitsverhältnis der
Substanz gegenüber. Sekundärprävention bedeutet
Es wird davon ausgegangen, dass Selbstbewusst-
Krisenintervention, Beratung und Hilfe sowie die
sein und Selbstbestimmung nicht voraussetzungslos
Weitervermittlung an Fachstellen und Maßnahmen
gegeben sind, sondern von der jeweiligen Lebensge-
zur Schadensminimierung. Tertiärprävention rich-
schichte und den sozialen Bedingungen, welche die
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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individuellen Möglichkeiten fördern oder behindern,
I.3.13. Cliquenorientierter Ansatz
abhängen.
Für eine subjektorientierte Offene Jugendarbeit ist
Die Gruppe, Clique der Gleichaltrigen zwischen Kind-
der Ausgangspunkt die Auseinandersetzung mit
heit und Erwachsenenalter gewinnt immer mehr an
den jeweiligen Lebenslagen und den darin begrün-
Bedeutung.
deten Interessen und Bedürfnissen konkreter Kinder
Der Begriff Clique galt lang als negativ, heute ver-
und Jugendlicher in einem Stadtteil oder in einer
wendet man meist den Begriff Peer Group.
Gemeinde. Ziel ist die Gestaltung eines Ortes für die
Das Ziel der cliquenorientierten Arbeit ist es, den
Entwicklung dieser Bedürfnisse. Ein multifunktiona-
Cliquen Beratung, Begleitung und Unterstützung
les Angebot, in denen Bildungsprozesse einschließlich
anzubieten und sie in ihrer Alltagsgestaltung zu
der Bewältigung von Problemen und Unterstützung
unterstützen. Cliquenorientierte Kinder- und Jugend-
bei einer Gefährdung der Lebensgestaltung einher-
arbeit ist zuerst vor allem einmal sozialräumliche und
gehen, sollte geboten werden. Multifunktionalität
beziehungsorientierte Kinder- und Jugendarbeit. Das
muss nicht in einer Einrichtung konzentriert sein,
ist sie deshalb, weil Cliquen sich Orte suchen müssen,
sondern die Differenzierung zwischen den einzelnen
um unter sich sein zu können. Die Inanspruchnahme
Einrichtungen kann und sollte gegeben sein (z.B. in
von Räumen in Kinder- und Jugendeinrichtungen
Städten) (vgl. ebenda S. 61).
durch einzelne Cliquen birgt immer wieder Konfliktpotential unter den verschiedenen konkurrierenden
Jugendlichen.
I.3.12. Jugendsozialarbeit
Hier muss darauf geachtet werden, niemanden
auszugrenzen; Beziehungsarbeit ist hier eindeutig
Die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugend-
der wichtigste Faktor. Aber auch die Vernetzung
arbeit werden auch von Jugendlichen mit eher
und Kooperation mit ihrem Umfeld (Schule, Ämter
niedrigen Chancen auf Bildung, Berufsbildung und
usw.) sind bei der Arbeit mit Cliquen von besonderer
in weiterer Zukunft auf ein adäquates Einkommen
Bedeutung (vgl. Schneebauer 2001, S. 61f.).
frequentiert.
Sie stellen damit einen niederschwelligen Zugang zu
Beratung und psychosozialer Versorgung und gleich-
I.3.14. Arbeiten mit „Randgruppen“
wohl einen wesentlichen Träger von Prävention dar.
Soziale Belastungen, Krisen und Benachteiligungen
Der Begriff Randgruppe findet weitläufig Verwen-
können in diesem Rahmen frühzeitig erkannt und
dung und wird auf nahezu alle Gruppen bezogen, die
es können gezielte Maßnahmen eingeleitet werden,
nicht im Zentrum gesellschaftlichen Fortschritts gese-
damit diese bereits in frühen Phasen ihrer krisenhaf-
hen werden (Soziale Benachteiligung, abweichendes
ten Ausbildung bearbeitet werden können - zielgrup-
Verhalten, oder Lebensweise,...). Der Begriff, der eine
penspezifisch nach Alter, Geschlecht und Herkunft
ambivalente Bedeutung hat, sollte nur als Arbeitster-
und in enger Kooperation mit Beratungsstellen der
minus verwendet werden.
Jugendwohlfahrt und Jugendsozialarbeit (Vorarlberger Erklärung zur Jugendarbeit 2000).
Randgruppenarbeit ist in der Offenen Kinder- und
Jugendarbeit ein oft verwendeter Begriff. Auch wenn
Die Kinder- und Jugendsozialarbeit basiert auf einem
das Klientel, das unter diesem Aspekt begleitet und
anderen Ansatz als Streetwork und ist von diesem
unterstützt wird, ansteigt, kann die Offene Kinder-
abzugrenzen! Über die Jahre hinweg hat sich jedoch
und Jugendarbeit doch nicht damit gleichsetzt wer-
ein produktives Miteinander beider Arbeitsweisen
den. Es können nicht alle BesucherInnen von z. B. Kin-
ergeben.
der- und Jugendzentren zu „Randgruppen“ gezählt
werden, auch wenn mancherorts der Anteil von „problembehafteten Kindern und Jugendlichen“ größer
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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ist. Anzumerken ist, dass es aus der Sicht der Offenen
I.3.16. Soziokulturelle Animation
Kinder- und Jugendarbeit nachteilig ist, Kinder und
Jugendliche als defizitär oder problembeladen, sozial
Soziokulturelle Animation ist professionelles Handeln
schwach usw. zu sehen (Schneebauer 2001, S. 64).
(Aktion/Tätigsein), eingebunden in ein bestimmtes
soziales, kulturelles, ökonomisches und politisches
Eine Zielrichtung wäre eine Begleitung und Unter-
Umfeld. Es umfasst alle Vorgehensweisen, welche Ein-
stützung von Kindern und Jugendlichen unter Zuhil-
zelne, Gruppen und Gemeinschaften für Prozesse der
fenahme sozialräumlicher Ressourcen (vgl. Kilb; In:
Auseinandersetzung mit ihrem Alltagsleben sensibili-
Deinet/ Sturzenhecker (Hrsg.) 2005, S. 252).
sieren und ihnen damit ermöglichen, sich ihre Umwelt
anzueignen, sie zu gestalten und zu verändern.
I.3.15. Mobile und aufsuchende
Jugendarbeit
Ziele der Soziokulturellen Animation sind das Stärken
der Identität und Eigenverantwortung der/des Einzelnen, von Gruppen und Gemeinschaften; das Fördern
Die
ein
tes
zung
mobile
Kinder-
lebensweltKonzept,
zur
das
und
und
sich
traditionellen
als
ist
der Kommunikation zwischen Einzelnen und sozialen
zielgruppenorientier-
Jugendarbeit
Gruppen, das Knüpfen sozialer Netze; die Suche nach
notwendige
Ergän-
emanzipatorischen Bestrebungen und Unterstützung
versteht.
von Handlungsmöglichkeiten; das Sichtbarmachen
Mobile Jugendarbeit ist ein anwaltschaftlicher und
Jugendarbeit
sozialer, gesellschaftlicher und struktureller Gege-
parteilicher Arbeitsansatz, der jugendliche Szenen
benheiten und Veränderungen; das Aufzeigen der
und deren individuelle Lebensziele akzeptiert, aber
damit verbundenen Spannungen; das Schaffen von
auch flexibel auf die Interessen und Bedürfnisse
Raum, damit Einzelne und Gruppen mit ihren spezifi-
junger Menschen und der Bürger des Gemeinwesens
schen Ausdrucks- und Lebensweisen gleichberechtigt
eingeht.
an gesellschaftlichen Prozessen teilhaben können;
das Vermitteln zwischen verschiedenen Positionen,
Ein Hauptaufgabengebiet der mobilen Tätigkeit liegt
unter Umständen Interessenvertretung.
beispielsweise in der Stadtteilarbeit im Sinne jugendkultureller Gesichtspunkte: Wo sind Jugendszenen?
Es liegt an den AnimatorInnen, Verständnis und
Wie ist die sozialräumliche Infrastruktur beschaffen?
Akzeptanz zwischen Kindern und Jugendlichen und
Wo gibt es u. U. Konfliktherde? Diese Informationen
Erwachsenen zu fördern und Verantwortung zu
sollen die Arbeit in den Einrichtungen effektiver und
übernehmen, um jungen Menschen Orientierungs-
zielorientierter unter anderem im Sinne der Bedürf-
hilfen zu geben, ihnen bewusst zu machen, dass ihre
nisorientiertheit machen (vgl. Schneebauer 2001, S.
Entscheidung für ihre Zukunft, für diese Welt wesent-
86).
lich ist. Sie sollen lernen, in dieser Welt nicht nur zu
bestehen, sondern lustvoll nach ihren individuellen,
Die mobile und aufsuchende Kinder- und Jugendar-
unterschiedlichsten Lebenswegen zu suchen.
beit ist von Streetwork abzugrenzen, da beide eigenständige Ansätze sind. Über die Jahre hinweg hat sich
Durch die Förderung von Selbstachtung und Selbst-
aber ein produktives Miteinander beider Arbeitswei-
wertgefühl will die Soziokulturelle Animation ihre
sen ergeben.
Selbstverantwortung und ihr Kreativitätsbewusstsein
steigern. Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen,
damit Jugendliche frei nach ihren Gestaltungsmöglichkeiten ihre jeweils aktuelle Kultur leben können
(vgl. Social-Info, Wörterbuch der Sozialpolitik: Soziokulturelle Animation. http://www.socialinfo.ch/cgibin/dicopossode/show.cfm?id=631; 30.03.2007).
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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I.3.17. Partizipation
In den Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit finden Kinder und Jugendliche ein optimales Klima vor,
Der Begriff Partizipation steht für gesellschaftliche
das ihre Partizipationsideen im Rahmen der gesetz-
Teilhabe und Teilnahme und wird auch als „Berech-
lichen Bestimmungen bzw. finanziellen und perso-
tigung zur Einmischung“ verwendet. Das bedeutet
nellen Ressourcen ermöglicht und fördert. Die sozi-
Kinder und Jugendliche haben das Recht auf Mitspra-
alpädagogischen MitarbeiterInnen setzen Impulse,
che, Mitwirkung und Mitbestimmung (vgl. Zinser; In:
die Partizipation fördern und stehen begleitend zur
Deinet/Sturzenhecker (Hrsg.). 2005, S.158).
Seite. Es gilt natürlich das Prinzip der Freiwilligkeit:
Für die BesucherInnen ist die Beteiligung an der und
Kinder und Jugendliche entscheiden selbst, ob bzw.
für die Einrichtung ein wichtiger Bereich. Durch aktive
welche Möglichkeiten zur Partizipation sie aufgreifen
Mitbestimmung und Mitwirkung, durch Erleben von
und welche nicht.
Solidarität und in der Durchführung von sozialen
Aktionen übernehmen Jugendliche Verantwortung
Im Rahmen sozialpolitischen Lobbyings tretet die
für gesellschaftliche, politische, soziale und ökologi-
Offene Jugendarbeit sowohl gegen Kinder und
sche Bereiche und wachsen darin (vgl. Stadtjugend-
Jugend diskriminierende Missstände als auch gegen
ring Kempten 2000, S. 7).
politische Entscheidungen und gesetzliche Bestim-
Offene Kinder- und Jugendarbeit geht in Bezug auf
mungen auf, die Kinder und Jugendliche ausgrenzen
Partizipation aber auch über die Einrichtung hinaus
(vgl. Positionspapier des Vereins Wiener Jugendzent-
und unterstützt die Kinder und Jugendlichen bei der
ren – Stand Jänner 2007, S.5).
Einmischung in die eigene Lebenswelt und fördert die
aktive Mitgestaltung der kommunalen Partizipation
(vgl. Zinser; In: Deinet/ Sturzenhecker (Hrsg.) 2005,
Qualitätskriterien
S.158).
Wenn Beteiligung/aktive Miteinbindung GrundprinPartizipation von Kindern und Jugendlichen im Hand-
zip in der Offenen Jugendarbeit ist, heißt das:
lungsfeld der Offenen Jugendarbeit
• verschiedenste Möglichkeiten dazu anzubieten.
Unter Partizipation in der Offenen Kinder- und
• Freiräume dafür zu schaffen.
Jugendarbeit wird die aktive Beteiligung von Kindern
• Infos darüber zu geben.
und Jugendlichen an gesellschaftlichen (Entschei-
• bei Entscheidungen die betroffenen Menschen dungs-) Prozessen in Handlungsfeld verstanden.
miteinzubinden.
Junge Menschen sollen aktiv mitwirken können
• hinzuhören, welche Bedürfnisse da sind.
bei Angelegenheiten, die sie direkt und indirekt
• Formen und Methoden anzubieten.
betreffen. Ihre Bedürfnisse und Forderungen müssen
• demokratischen Umgang miteinander zu fördern.
wahrgenommen werden – nicht nur von der Offe-
• partnerschaftlichen Umgang miteinander (z.B.
nen Jugendarbeit, sondern auch von der Politik und
Jugendliche, BetreuerInnen) zu finden.
der Verwaltung. So kann auch die gesellschaftliche
Einstellung Jugendlichen gegenüber positiv beeinflusst werden. Jugendliche tatsächlich zu beteiligen
Die Beteiligten
erfordert Mut und Freude – auch an Experimenten.
Erwachsene sollten sich in diesem Zusammenhang
Die Begleitung von Beteiligungsprozessen braucht
nicht vor vermutetem Kontroll- und Machtverlust
eine kompetente Person/en. Diese Person kann die
ängstigen.
Techniken der Moderation anwenden. Sie ist
Partizipationsprozesse sollten von allen Beteiligten
AnsprechpartnerIn anerkannt und tritt als Vermittle-
ernsthaft und höchst diskursiv, sowie mit offenem
rin der einzelnen Zielgruppen auf.
als
Ausgang betrieben werden.
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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Ein Beteiligungsprozess muss auf die Zielgruppe/n
Beteiligung braucht Kontinuität. Die Maßnahmen,
ausrichtet sein. Vorab muss geklärt sein wer ange-
die gesetzt werden, brauchen Regelmäßigkeit bzw.
sprochen werden soll, Ebenso das WIE und WO. Ein
bei Projekten Fixtermine, Vereinbarungen gewähr-
niederschwelliger Zugang ist wichtig.
leisten diese.
Die Aktivierung ist eine Voraussetzung, um starten
Jede Planung muss überschaubar sein. Der zeitliche
zu können. Es ist wichtig, den Jugendlichen das Teil-
Horizont ist zu beachten, denn dem Alter entspre-
nehmen schmackhaft zu machen, sie vorab zu infor-
chend haben Jugendliche eine eigene Vorstellung
mieren und Anreize zu schaffen.
von Kurz- oder Langfristigkeit.
Und dennoch muss die Freiwilligkeit gewährleistet
Beteiligungsprozesse brauchen Transparenz. Es ist
sein. Die Beteiligten sind ohne Zwang dabei, denn
wichtig Entwicklungsschritte sichtbar zu machen. Das
eine längerfristige Mitarbeit passiert nur durch Frei-
verschafft Einblicke für Beteiligte und Unbeteiligte.
willigkeit
Wenn Entscheidungen getroffen werden, müssen
diese auch verständlich begründet sein. Die Beteilig-
Der Aspekt von Diversity muss berücksichtigt wer-
ten werden auf dem Laufenden gehalten.
den. Es ist wichtig auf Sprache zu achten, zu überprüfen, ob sich die verschiedenen Gruppen angesprochen
Die Öffentlichkeitsarbeit bewirkt positives Image.
fühlen. Respekt vor unterschiedlichen Gruppen, ohne
Die Bevölkerung, andere Jugendliche und natürlich
Ausgrenzung, gehört zu den Grundprinzipien dafür.
auch die FördergeberInnen sehen, was gemeinsam
Es macht manchmal Sinn Möglichkeit zur getrennten
erreicht wurde.
Bearbeitung anzubieten (Stärkung des Einzelnen),
Nach dem Motto: „Wir zeigen was wir tun!“
danach ist eine Zusammenführung der Gruppen
wieder notwendig. Es ist wichtig, dass der Aspekt des
Jedes Projekt hat eine ausführliche Dokumentation
Gendermainstreamings in der täglichen Arbeit mit
und Evaluation. In Form von Protokollen, Zusammen-
Jugendlichen Beachtung findet.
fassungen, Berichten, und Fotos wird dokumentiert.
Wichtig ist auch zwischen zu bilanzieren – Wo stehen
Alle Beteiligten treten dem Beteiligungsprozess mit
wir? Eine selbstkritische Reflexion ermöglicht, sich
Verbindlichkeit gegenüber.
weiterzuentwickeln.
Vereinbarungen werden zu Beginn getroffen.
(www.beteiligung.st)
Alle Beteiligten werden als gleichwertige PartnerIn-
I.3.18. Spielpädagogik
nen angesehen.
Jugendliche und Erwachsene begegnen einander mit
Nicht nur im Schulalter sondern auch im Jugend- und
Respekt und Wertschätzung.
Erwachsenenalter kommt dem Spiel eine bedeutende
Rolle zu. Spielerische Formen des Handelns sind für
die gesamte Individualgeschichte von Bedeutung.
Der Rahmen
„Angeleitetes Spielen“ kann nur der Unterhaltung
Die Rahmenbedingungen sind vorab zu klären. Wel-
dienen, um Spaß zu machen oder es kann genutzt
che Rechte können die Beteiligten in Anspruch neh-
werden um die Stimmung in einer Gruppe zu beein-
men. Welche Pflichten sollen eingehalten werden.
flussen. Mit bestimmten Spielen können Lernerfah-
Ebenso klar sein müssen personelle, finanzielle
rungen herbeigeführt werden. Spiele können auch
strukturelle Ressourcen.
und
eingesetzt werden, um eine körperliche Betätigung
einzuleiten. Mit Hilfe von Spielen können Wirklichkeiten ausprobiert und eröffnet werden (vgl. Pruner,
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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In: Braun/ Wetzl/ Dobesberger/ Fraundorfer (Hrsg.)
Handbuch Methoden der Kinder- und Jugendarbeit
2005, S. 107).
I.3.19. Erlebnispädagogik
Primär sind erlebnispädagogische Aktivitäten natursportliche Aktivitäten, aber auch Indoor-Aktivitäten
wie z.B. künstlerische, musische oder technische
Bereiche fallen darunter.
Erlebnispädagogische Aktivitäten unterstützen u.
a. die Persönlichkeitsentwicklung und die Entwicklung sozialer Kompetenz Kinder und Jugendlicher:
Handlungsfähigkeit, Überwinden persönlicher Grenzen, Erfahrung innerhalb und außerhalb der Natur
machen, soziale Erfahrungen des Miteinanderseins
und des Aufeinanderangewiesenseins in der Gruppe
lernen (vgl. Schneebauer 2001, S. 83f.).
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 34 -
Fle xibilität,
Prozessorientierung
und Kontinuität sind die Qualitätsmerkmale II. Strukturen der
Offenen Kinder- und
Jugendarbeit
Angebote der jeweiligen Einrichtung gestaltet
Je nach Einrichtung und Arbeitsschwerpunkten werden mit zusätzlichen Angeboten weitere jugendliche
Zielgruppen angesprochen. So wird im „Gender Mainstreaming” mit geschlechtsspezifischer Mädchenarbeit und in den letzten Jahren auch zunehmend über
Jungenarbeit versucht, die Chancengleichheit beider
Wie bereits in der allgemeinen Einleitung dieses
Geschlechter zu verbessern.
Leitfadens beschrieben wurde, ist das Arbeitsfeld der
Offenen Kinder- und Jugendarbeit ein sehr breites
Kinderangebote und Teenie- Clubs richten sich an
und unterschiedliches.
jüngere Altersgruppen. In manchen Einrichtungen
Dieses Kapitel befasst sich daher mit strukturellen
existieren nach oben Altersbeschränkungen, um
Bedingungen, die allgemein für eine qualitätsorien-
dem Verdrängen der Kinder durch Jugendliche
tierte Arbeit gültig sind.
entgegenzuwirken. In Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen werden als hauptamtliches, päda-
Der folgende, zweite Teil des Leitfadens beschreibt
gogisches Personal in der Regel Sozialpädagogen,
beispielsweise die verschiedenen Formen von Ein-
Sozialarbeiter, oder andere pädagogische Fachkräfte
richtungen. Des Weiteren werden die Strukturen von
eingesetzt. Häufig wird ein Teil der Arbeit von Zivil-
TrägerInnen, MitarbeiterInnen, der Finanzierung und
dienstleistenden, ehrenamtlichen Mitarbeitern und
des Qualitätsmanagements dargestellt, die für das
engagierten Einzelpersonen übernommen. (vgl. http:
qualitative Arbeiten unumgänglich sind.
//de.wikipedia.org/wiki/Kinder-_und_Jugendfreizeiteinrichtung 29.08.2007).
Die Inhalte im folgenden Kapitel sind nach intensiver
Auseinandersetzung und Reflexion aus der Praxis der
Anmerkung: Die nun folgenden begrifflichen Defini-
steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit heraus
tionen von Einrichtungen sollen einen Überblick über
entstanden und somit ernst zu nehmende Vorausset-
die Vielfalt des Arbeitsfeldes der Offenen Kinder- und
zungen und Forderungen in diesem Arbeitsfeld. Eine
Jugendarbeit bieten.
laufende Modifikation und Überarbeitung des Leitfa-
Bestehende Einrichtung der Offenen Kinder- und
dens wird in diesem offenen Arbeitsfeld aber immer
Jugendarbeit müssen ihre Angebote selbst konzep-
eine wesentliche Rolle spielen.
tionell
ausdifferenzieren.
Überschneidungen
der
Einrichtungstypen und der Arbeitsschwerpunkte sind
daher eher die Regel als die Ausnahme.
II.1. Einrichtungstypen
Unter einer Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung
versteht man eine Einrichtung der Außerschulischen /
II.1.1. Einrichtungstypen der
Offenen / Mobilen Kinderarbeit
Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Oft werden derartige Einrichtungen auch als Jugendhaus, Jugendzen-
Leitprinzipien der Offenen Kinderarbeit sind die
trum, JZ, JUZ, Jugendcafé, Jugendtreff, Jugendklub,
Erreichbarkeit und Offenheit. Die Kindheit ist der
Jugendfreizeitstätte,
Kinderfrei-
Zeitraum im Leben eines Menschen von der Geburt
zeitheim oder ähnlich bezeichnet. Als Häuser der
bis zur geschlechtlichen Entwicklung (Pubertät).
offenen Tür bieten sie Kindern und Jugendlichen
Kindheit ist dabei mehr ein kultureller, sozialer
niederschwellige Angebote und Programme. Oft spe-
Begriff als ein biologischer. Die Zielgruppe der Offe-
zialisieren sich einzelne Einrichtungen auf bestimmte
nen Kinderarbeit beschränkt sich im Allgemeinen auf
Alters- und Zielgruppen; entsprechend werden die
Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren.
Jugendinitiative,
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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Die Kinder nehmen freiwillig, zwanglos und kostenlos
anderen Seite eine kulturpädagogische Ausrichtung.
an der Offenen Kinderarbeit teil. Ihnen werden Wahl-
Die sozialpädagogische Motivation sieht einen kom-
, Entscheidungs- und Initiativmöglichkeiten eröffnet.
pensatorischen Auftrag, gesellschaftlichen Defiziten
Ziele sind die Schaffung von Spiel- und Freiräumen,
durch sozialpädagogisches Wirken entgegenzusteu-
die Förderung der Kreativität und Motorik, die Ver-
ern. Dabei soll gerade in sozialen Brennpunkten das
tretung von Kinderinteressen im Stadtteil und die
Angebot für Kinder und Jugendliche ergänzt wer-
Schaffung einer Lobby für Kinder. Um diese Ziele zu
den, um individuelle Defizite (motorische Unterent-
erreichen, muss die Offene Kinderarbeit ansprechbar
wicklung, geringes Bildungsniveau, geringe Soziale
und kontaktfähig sein, neugierig machen und Eigen-
Kompetenz, etc.) aufzufangen. Ziel einer kulturpäda-
initiative herausfordern, flexibel planen und Alterna-
gogischen Arbeit ist es hingegen, Lern- und Bewusst-
tiven bereitstellen.
seinsprozesse zu initiieren. Dabei ist Kulturpädagogik
Die
Offene
Kinderarbeit
arbeitet
nach
den
Instrument, Experimentierfeld, und Freiraum, in
Ansätzen der Spiel- und Freizeitpädagogik, der
dem sich Kinder und Jugendliche neuen Ideen und
interkulturellen Kommunikation und der Emanzi-
Entwicklungen stellen können. Dem passiven Kultur-
pationspädagogik (vgl. http://www.aka-muenchen.de/
konsum wird bewusst das eigene aktive schöpferische
AKA-Jahresbericht2005.doc, 29.08.2007).
Tun entgegengesetzt. (vgl. http://de.wikipedia.org/
wiki/Spielmobil, 29.08.2007).
II.1.1.1. Spielmobile
Durch seine Mobilität ist das Spielmobil prädestiniert,
die gelebte Kinder- und Jugendkultur in die Öffent-
Reclaim the Street! In einer Zeit motorischer Degene-
lichkeit zu tragen. Als Zielgruppe der Spielmobile
ration, der Reduktion der Kreativität auf speziell für
sind Kinder im Schulalter zu nennen, denen hier
Jugendliche geschaffene Ghettos sowie dem Versuch
Möglichkeiten zur spielerisch motorischen, künstleri-
„das Kind“ als Störfaktor in der Gesellschaft bis zum
schen, kreativen, interaktiven sowie experimentellen
Erreichen der Adoleszenz zu kasernieren, hat sich das
Entfaltung außerhalb ihrer gewohnten Umgebung
Spielmobil als äußerst medienwirksamer Gegenpol
geboten wird bzw. Lücken in der sozialen Infrastruk-
bewährt.
tur gestopft werden.
Spielmobile sind mit Spielmaterial und -geräten ausgestattete Kraftfahrzeuge, Bauwagen, oder ähnliche
mobile Einrichtungen, die zu bestimmten Zeiten
II.1.1.2. Abenteuerspielplatz
Plätze (z.B. Grünflächen, Spielplätze, Schulen) anfahren, um dort als Ergänzung oder Ersatz für fehlende
Als Abenteuerspielplatz wird ein Spielplatz bezeich-
Spielmöglichkeiten
Verfügung
net, der überwiegend älteren Kindern und Heran-
zu stellen. Die Aufgabe von Spielmobilen ist es, die
wachsenden selbst gestaltbare Erlebnisspielräume
Bewegungsentwicklung und Kreativität zu fördern,
bietet und pädagogisch betreut wird. Naturnahe
Spiel-Räume zu schaffen, die Spielmöglichkeiten zu
Erfahrungsbereiche, Materialien und Werkzeuge bie-
verbessern, Treffpunkte und Kommunikationsmög-
ten starke Anreize für vielseitige und schöpferische
lichkeiten für Kinder zu ermöglichen.
Aktivitäten, Spiel und Spaß, Bewegung und soziales
Die Arbeit der Spielmobile ist unterschiedlich konzep-
Lernen. Synonym werden auch die Begriffe “Bauspiel-
tionell ausgerichtet und insgesamt sehr heterogen
platz”, “Aktivspielplatz” oder “Robinsonspielplatz”
organisiert. Dies ist einerseits Ausdruck der unter-
(Schweiz) benutzt.
schiedlichen Trägerschaften der Spielmobile, erklärt
Dieser vereint je nach Konzept Elemente der Spiel-
sich aber maßgeblich mit den pädagogischen Kon-
und Freizeitpädagogik sowie der Sozial- und Kultur-
zepten die hinter der Arbeit stehen. Dabei können
arbeit. Ziel ist die spielerische Aneignung sozialer
zwei Haupttendenzen unterschieden werden, auf
Kompetenz sowie das Lernen eines verantwortungs-
der einen Seite eine sozialpädagogische und auf der
bewussten Umgangs mit der Natur und die Aneig-
Spielangebote
zu
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 37 -
nung künstlerischer, akrobatischer, tierkundlicher,
Jugendarbeit. Gemeinwesenbezogenes Engagement
handwerklicher,
und eine humanistische Wertehaltung, bilden hohe
ökologischer
Fertigkeiten
und
Fähigkeiten. Als Zielgruppe sind auch hier Kinder im
Qualitätskriterien unserer Arbeitsfelder.
Schulalter zu nennen.
Abenteuerspielplätze stehen in der Regel unter der
II.1.2.1. Jugendzentren
Aufsicht von gemeinnützigen Vereinen oder kommunalen Trägern. Typische Merkmale sind Hüttenbaube-
Jugendzentren verfügen über ein großzügiges Raum-
reiche, Feuerstellen, abwechslungsreiche Gelände-
angebot. Dieses Raumangebot kann auch einen
modellierung und außergewöhnliche selbstgebaute
Freibereich mit unterschiedlichen Gestaltungsfor-
Spielgeräte. Beispiele hierfür sind: Grabenbrücken,
men (Skatepark, Sportplatz usw.) beinhalten. Der
extra lange Rutschen, besonders hohe Klettergerüste
Treffpunkt oder das Jugendcafé ist zentraler Bezugs-
und Holzbauten, die mit anderen Spielgeräten z. B.
punkt der Einrichtung. Er wird als Freiraum für die
über Seilbrücken oder Kletterspinnen verbunden
BesucherInnen verstanden, in dem ein zwangloses
sind.
aber strukturiertes Zusammensein möglich ist. Im
Ziel ist die Persönlichkeits- und die soziale Entwick-
Rahmen dieses offenen Raums, wird jungen Men-
lung der Kinder und Jugendlichen. Dazu gehören
schen eine zeitliche, Infra-, und personelle Struktur
Neugier, Mut, Geschicklichkeit, Kreativität, Selbstän-
zur Verfügung gestellt. Für die Erhaltung dieser
digkeit und Eigeninitiative, kognitive, emotionale und
Offenheit sorgen die MitarbeiterInnen und schaffen
motorische Kompetenz, lösungsorientiertes Denken,
somit eine authentische und lebendige Atmosphäre,
Verantwortungsbewusstsein,
Partnerschaftlichkeit
in der Beziehungsarbeit geschieht. Offener Betrieb
und Solidarität, Die Kinder sollen selbst tätig werden
heißt u.a., dass den BesucherInnen die Einrichtung
und ihre Freizeit sinnvoll gestalten.
als Raum ohne Konsumzwang zur Verfügung steht,
Da die Plätze in der Regel sozialpädagogisch betreut
ohne dass sie an festen Veranstaltungen, Gruppen
sind können sie Spielgeräte anbieten, die nicht den
und Programmen teilnehmen müssen - Prinzip der
Spielgeräte-Normen unterworfen bzw. TÜV geprüft
Freiwilligkeit.
sind. Die spielerische Herausforderung stärkt die
Geschicklichkeit und das Eigensicherungsvermögen
Die Arbeit im offenen Betrieb soll so konzipiert sein,
der Kinder und verhindert dadurch das Unfallri-
dass die oft spontanen und differenzierten Interes-
siko
sensäußerungen der Jugendlichen von den Mitarbei-
weitgehend.
(http://de.wikipedia.org/wiki/
terInnen gemeinsam mit den Jugendlichen struktu-
Abenteuerspielplatz, 29.08.2007)
riert und umgesetzt werden. Dabei ist eine ständige
Orientierung an den Bedürfnissen der BesucherInnen
II.1.2. Einrichtungstypen der
Offenen Jugendarbeit
notwendig.
Das Raumangebot muss sich auf multifunktionale
Strukturen konzentrieren, wie z. B. Bar, Aufenthalts-
Die Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit stellen
und Projekt- / Arbeitsräume - je nach Arbeitsschwer-
ein notwendiges Werkzeug dar, jungen Menschen
punkt der Einrichtung.
im Kontext der gesellschaftlichen Wandlungen Frei-
In Jugendzentren arbeitet festangestelltes Personal.
räume
Handlungsmöglichkeiten
In erster Linie sind dies Personen mit einer sozialpä-
aufzuzeigen, die ihnen das Hineinwachsen, sowie
dagogischen Ausbildung. Ein Jugendzentrum unter-
eine
steht einem Träger (Verein) und hat festgelegte und
bereitzustellen,
verantwortungsvolle
Positionierung
in
der
Welt erleichtern und ermöglichen. Die Entwick-
ausgedehnte Öffnungszeiten.
lung zu einer freien und selbstbestimmten Person
und weiterführend zu einer verantwortungsvollen
Die pädagogische Arbeit, die in den Jugendzen-
Gesellschaft, gehört zu den Aufgaben der Offenen
tren geleistet wird ist außerordentlich vielfältig
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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und hängt vom jeweiligen Konzept der Einrichtung
Für die Dauerhafte, zweckmäßige Nutzung solcher
ab. Kennzeichnend für alle Jugendzentren ist der
Jugendräume ist jedoch Voraussetzung, dass fachli-
offene Betrieb. Sämtliche Jugendzentren arbeiten
che und organisatorische Betreuung (z.B. durch kom-
nach dem Prinzip der Freiwilligkeit, Bedürfnisorien-
munale Fachkräfte oder durch ehrenamtliche Mitar-
tierung, Selbstbestimmung, Niederschwelligkeit und
beiterInnen des Trägers) hinreichend gesichert ist.
Partnerschaftlichkeit. Die MitarbeiterInnen sind für
Jugendräume finden sich meist dort, wo es noch
die Offenheit und die Kontinuität in der Einrichtung
keine voll entwickelte Infrastruktur der Offenen Kin-
zuständig. Sie bieten Hilfestellung bei der Kontakt-
der- und Jugendarbeit gibt (vgl. Pletzer, in: Deinet/
aufnahme zwischen den BesucherInnen und leisten
Sturzenhecker (Hrsg.) 2005, S. 359f.).
wertvolle Beziehungsarbeit. Sie animieren die BesucherInnen, die bestehenden Angebote zu nutzen und
selbst aktiv zu werden. Außerdem kontrolliert das
II.1.2.4. Jugendhaus
Team die Einhaltung der Hausordnung.
Zu differenzieren ist zwischen Jugendzentrum und
Jugendhaus.
II.1.2.2. Jugendtreffs
Ein Jugendhaus kann zusätzlich zum Jugendzentrum verschiedene Jugendeinrichtungen oder Bera-
Ein Jugendtreff ist ein Ort der Begegnung, der Unter-
tungsstellen beherbergen. Der Arbeitsansatz und
haltung und der Orientierung. Er steht den Jugend-
Charakter des Jugendzentrums muss aber neben
lichen zur Verfügung, um sich zu treffen, auszutau-
den anderen Einrichtungen der Offenen Jugendar-
schen, Musik zu hören, zu spielen und dergleichen
beit und/oder sozialpädagogischen Arbeit im Haus
mehr. Notwendig ist das Vorhandensein zumindest
gewährt sein!
eines Raumes. Der Treff ist meist kleiner als ein
Ein Jugendhaus ist in Bezug auf Räumlichkeiten sehr
Jugendzentrum, die pädagogische Arbeit beruht
gut ausgestattet. So umfasst es Proberäume, mehrere
hauptsächlich auf der Beziehungsebene und ist oft
Aufenthaltsräume (Fernsehraum, Internetraum usw.),
weniger breit gefächert bzw. weniger stark ausge-
einen großen Garten für Outdooraktivitäten jegli-
prägt als in einem Jugendzentrum. Die MitarbeiterIn-
cher Art, Seminar-/ Workshopräume und dergleichen
nen sind für die Offenheit und die Kontinuität in der
mehr. Die Bezeichnungen Jugendhaus und Jugend-
Einrichtung zuständig. Sie bieten Hilfestellung bei der
zentrum werden jedoch oft synonym verwendet.
Kontaktaufnahme zwischen den BesucherInnen und
leisten wertvolle Beziehungsarbeit. Sie animieren die
BesucherInnen, die bestehenden Angebote zu nutzen
II.1.2.5. Jugendkulturzentren
und selbst aktiv zu werden. Außerdem kontrolliert
das Team die Einhaltung der Hausordnung.
Das Jugendkulturzentrum, ähnlich wie das Soziokulturelle Zentrum soll Jugendlichen den Zugang zu
Kultur und Kunst schmackhaft machen und erleichtern sowie in deren Lebensbild einbeziehen. Den
II.1.2.3. Jugendraum
Jugendlichen bieten sich hier viele Möglichkeiten
Ein Jugendraum ist meist selbst verwaltet. Er wird
der aktiven Gestaltung. Interkulturelle Arbeit und
von Jugendlichen für Jugendliche gemacht und ist
geschlechtssensible Arbeit sind zwei wichtige Berei-
unbetreut. Sie erhalten meist Unterstützung von
che sowohl der soziokulturellen Zentren als auch der
den Gemeinden – d.h. finanzielle Hilfe von der
Jugendkulturzentren.
öffentlichen Hand und die Bereitstellung geeigneter
Gemeinsam Musik machen, auf der Theaterbühne
Räumlichkeiten. Durch die Bereitstellung solcher Ein-
eine ganz neue Rolle spielen, mit der Kamera einen
richtungen kann z.B. die Arbeit von Jugendinitiativen
Videoclip drehen, eine eigene Webseite gestalten,
unterstützt werden.
mit Graffitis den Schulhof verändern oder mit einem
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 39 -
Jugendzirkus eine Vorstellung auf die Beine stellen
eigenen Bildungsanliegen, das sich an der Persönlich-
– das können beispielsweise Aktionen sein, an denen
keitsentwicklung junger Menschen orientiert (http://
Jungen und Mädchen Begeisterung finden.
www.gew.de/Jugendkulturarbeit.html, 29.08.2007).
Jungen und Mädchen sind in der Regel mit Begeis-
Jugendkulturarbeit
terung bei der Sache, wenn es um künstlerische und
Schwerpunkten bietet Jugendlichen die Möglichkeit,
kulturelle Angebote geht. Aktionen wie diese bieten
sich spielerisch, kreativ und aktiv mit der eigenen
die Möglichkeit zum entdeckenden Lernen, zum
Lebenssituation und der anderer auseinanderzu-
Ausprobieren und Experimentieren, Fehler – machen
setzen. Sie arbeitet erfahrungsorientiert, selbstbe-
- Dürfen und – wichtig und nicht zu vergessen – zu
wusstseinsstärkend und präventiv und ist deshalb
Spaß und Lebensfreude. Aber es ist nicht allein der
wirkungsvoll und nachhaltig (http://www.jugendkult
Spaß, der Aktivitäten wie diese so wertvoll macht.
urarbeit.com/pageID_3334038.html, 29.08.2007).
Neben den kreativen Fähigkeiten erwerben die Her-
Ziel einer kulturpädagogischen Arbeit (Kulturpäda-
anwachsenden wichtige Schlüsselkompetenzen wie
gogik) ist es hingegen Lern- und Bewusstseinspro-
Selbstvertrauen, Verlässlichkeit, Teamfähigkeit und
zesse zu initiieren. Dabei ist Kulturpädagogik Instru-
Durchhaltevermögen. Und genau diese Schlüsselkom-
ment, Experimentierfeld, anregungsreicher Raum, in
petenzen sind es, die junge Menschen neben einer
dem sich Menschen neuen Ideen und Entwicklungen
soliden Schul- und Berufsausbildung brauchen, um
stellen können. Dem passiven Kulturkonsum wird
ihr Leben jetzt und in Zukunft verantwortungsvoll
bewusst das eigene aktive schöpferische Tun entge-
meistern zu können. Ganztagsschulen bieten Raum
gengesetzt.
mit
ihren
unterschiedlichen
und Zeit für die kulturpädagogische Arbeit. Dabei
hat es sich als sinnvoll und Gewinn bringend für alle
Beteiligten erwiesen, dass sich die Schulen dafür
II.1.2.6. Jugendcafés
Partner suchen. Außerhalb des schulischen Lebens
und Lernens hat sich in den letzten 30 bis 40 Jahren
Das Jugendcafé ist ein öffentlicher Treffpunkt ohne
eine ausdifferenzierte Fachstruktur entwickelt, die
Konsumzwang, in dem Getränke und Snacks zu
im Arbeitsfeld der kulturellen Kinder- und Jugend-
jugendfreundlichen Preisen ausgegeben, antialko-
bildung (die Begriffe „Kinder- und Jugendkulturar-
holische Getränke wesentlich billiger sind als alko-
beit“ sowie „Kulturpädagogik“ werden in der Regel
holische, Spirituosen nicht ausgeschenkt werden
synonym gebraucht) tätig ist. Vor Ort sind das z.B.
und beim Ausschank spezielles Augenmerk auf das
Jugendkunst- und Musikschulen, Medienwerkstätten
Alter der Konsumierenden gelegt wird. Im Rahmen
und Bibliotheken, Kindermuseen und Spielmobile,
dieses offenen Raums, wird jungen Menschen eine
Musikvereine und Kindertheater. Aber auch die
zeitliche, Infra-, und personelle Struktur zur Verfü-
„Hochkultureinrichtungen“ wie Opern und Museen,
gung gestellt. Für die Erhaltung dieser Offenheit
Theater und Orchester gehören zu diesem Netzwerk
sorgen die SozialpädagogInnen und schaffen somit
und leisten eine qualifizierte kulturelle Kinder- und
eine authentische und lebendige Atmosphäre, in der
Jugendarbeit.
Beziehungsarbeit geschieht.
Die meisten Vereine und Einrichtungen in den Städ-
Das Jugendcafé kann Ausgangspunkt von weiter-
ten und Gemeinden sind geeignete Partner mit lan-
führenden Angebote und Aktivitäten sein. Der/die
ger Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Schulen.
BetreiberInnen des Cafés müssen sowohl Jugend-
Sie verfügen über qualifiziertes Personal (Kulturpä-
arbeiterInnen als auch KellnerInnen sein. Das Café
dagogen, Musikschullehrer, Theaterpädagogen u.a.)
sollte sich über den Thekenbetrieb zu einem gewis-
mit neuen Ideen, Methoden und Arbeitsweisen, die
sen Teil selbst finanzieren. Außerdem sollten neben
sich bereichernd auf das gesamte Schulleben aus-
dem Cafébetrieb auch jugendrelevante Angebote
wirken können. Diese Einrichtungen verstehen sich,
(Spiele, Internet, Zeitungen, Infoecke, …) angeboten
wie Schulen auch, als Bildungsanbieter mit einem
werden.
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 40 -
II.1.2.7. Selbstverwaltete / autonome Jugendzentren
dern und Jugendlichen aus der Umgebung genutzt.
Die Frage der Haftung ist ein ständiger Begleiter der
Unter dem Begriff selbstverwaltet / autonom wird
selbstverwalteten Jugendzentren. In der Steiermark
verstanden, dass in dem Jugendzentrum keine
werden professionell begleitete Formen der Offenen
Sozialpädagogen die Entscheidungsgewalt haben.
Jugendarbeit forciert.
Stattdessen entscheidet meistens der Thekendienst
beziehungsweise der Vorstand oder eine Vollver-
Es soll ein Freiraum geschaffen und den Jugendli-
sammlung der Jugendlichen über die Verwendung
chen die Möglichkeit geboten werden, ihre freie Zeit
der Finanzen, basisdemokratisch. In diesem Rahmen
selbst zu gestalten und nach ihren Vorstellungen mit
können Jugendliche sich selbst und ihre Fähigkeiten
Leben zu füllen. Nur wenn sich genügend Jugendli-
entdecken. Auch lernen sie die Funktionsweise von
che beteiligen und regelmäßig engagieren, können
Demokratie kennen, Interessen durchzusetzen, die
solche Projekte überleben, da nur Veranstaltungen
der anderen zu akzeptieren, und dass nicht allen alles
stattfinden, wenn sie von den Jugendlichen selbst
gerecht werden kann. Oft fehlen finanzielle Mittel,
organisiert worden sind. Dies soll schon früh das Ver-
denn die Städte unterstützen solche Einrichtungen
antwortungsgefühl der Beteiligten fördern und sie zu
nur bedingt (bzw. gar nicht).
demokratischem Denken erziehen, da alle Entscheidungen gemeinsam von allen sich am Jugendzentrum
In den 1970er Jahren war die Frage der Selbstverwal-
beteiligenden Jugendlichen gefällt werden müssen.
tung bzw. der Mitbestimmung oft eine der wesentli-
Angestrebt werden sollen dabei Entscheidungen im
chen Konfliktlinien zwischen den eher auf friedliche
Konsens.
Kooperation bzw. Koexistenz mit den kommunalen
Solche Konzepte zielen darauf ab, dass Jugendliche
Autoritäten setzenden und den auf Konfrontation
eine „Konsummentalität“ ablegen müssen, da in den
setzenden linken Gruppen bzw. einzelnen Jugendli-
Zentren nichts geboten wird, was die Benutzer nicht
chen. Träger sind in der Regel lokale Initiativen oder
selbst initiiert haben. Der Gewinn ist ein maximales
eingetragene Vereine. (http://de.wikipedia.org/wiki/
Maß an Gestaltungsfreiheit für die Jugendlichen.
Kinder_und_Jugendfreizeiteinrichtung#Selbstverwal
Durch den Wegfall an Personal entfallen auch dessen
tete_Jugendh.C3.A4user 29.08.2007).
Kosten - die gesparten Mittel werden in den Zentren
Aus Sicht der Träger und Nutzer von autonomen
möglichst direkt in die Freizeitangebote investiert
Jugendzentren sind herkömmliche Jugendfreizeit-
und zur Subventionierung der Preise, beispielsweise
einrichtungen abzulehnen, wenn dort die Freizeit-
für Getränke, verwendet.
gestaltung von professionellen Kräften organisiert
wird, statt sie den Jugendlichen selbst zu überlassen.
Befürworter solcher Zentren beklagen mangelnde
Gerade dies aber ist Ziel des autonomen Jugendzen-
Unterstützung derselben durch viele Kommunen.
trums.
Diese würden den Jugendlichen die Selbstverwaltung
(http://de.wikipedia.org/wiki/Autonomes_Jugend-
nicht zutrauen. Selbständiges Denken und Handeln
zentrum 29.08.2007).
sowie die Erziehung zu basisdemokratischem und
hierarchiefreiem Denken werden von staatlichen
„Was wir wollen – Freizeit ohne Kontrollen“ war der
Stellen abgelehnt. So mussten viele der in den letzten
revolutionäre Gedanke, der zur Etablierung selbst-
drei Jahrzehnten entstandenen autonomen Jugend-
verwalteter Jugendzentren führte. So unterschiedlich
zentren von den Jugendlichen regelrecht erkämpft
die Einrichtungen, so verschieden auch deren Ziele
werden. Teilweise kann ihre Einrichtung als eine
und Zielpersonen. So finden sich gut ausgestattete,
Befriedungsmaßnahme seitens der lokalen Politik
von Gemeinden finanzierte selbstverwaltete Jugend-
verstanden werden; sich radikalisierende Jugendliche
zentren gleichwohl wie ein Raum mit Sitzgelegenheit.
sollten von der Straße in einen, wenigstens teilweise
Die Zentren dienen entweder einer bestimmten Cli-
kontrollierbaren Bereich konzentriert werden. Sieht
que als Zufluchtsort oder sie werden von vielen Kin-
die Politik diese Notwendigkeit nicht mehr, werden
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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die Zentren häufig und gegen den Protest der Nutze-
professionelle Antwort darauf zu verstehen (http:
rInnen wieder geschlossen. Besucher und Unterstüt-
//www.amazone.or.at/html/ama00.htm. 29.08.2007).
zer der Zentren empfinden dies als staatliche Repression und fühlen sich Verleumdungskampagnen der
örtlichen, meist konservativen, Politik und Medien
II.1.2.9. Soziokulturelle Zentren
ausgesetzt.
Soziokulturelle Zentren verfügen oft über ein breites
Kritiker solcher Projekte bemängeln, dass die Erzie-
Angebot an kultureller Kinder- und Jugendbildung,
hung zu frei denkenden und handelnden Menschen
verfolgen einen altersübergreifenden Ansatz und
in den Zentren real kaum stattfände, da ohnehin nur
sind förderthematisch überwiegend bei der Kultur-
bereits vorgeprägte, politisch stark bis radikal links
förderung angesiedelt. Diese vermitteln kulturelle
engagierte Jugendliche die autonomen Jugendzent-
und soziale Kompetenzen und erschließen individu-
ren besuchten. Weniger oder anders politisierte Men-
elle Zugänge zu Kunst und Kultur sowie künstlerisch-
schen würden informell ausgegrenzt. Auch gingen
handwerkliche Kenntnisse und Ausdrucksmöglichkei-
von den Zentren, nach Meinung vieler Kritiker, Straf-
ten (Kamp, In: Deinet/ Sturzenhecker (Hrsg.) 2005,
taten wie beispielsweise Sachbeschädigung durch
S. 374).
Graffiti aus. Der Jugendschutz werde nicht beachtet,
was den Gebrauch von Drogen oder Alkohol beträfe.
Anfang der 70er entstanden die ersten Soziokulturel-
Nebenher entzünden sich Konflikte mit der Kom-
len Zentren im Zusammenhang mit den neuen sozi-
mune nicht selten an baulichen Mängeln oder an pro-
alen Bewegungen. Sie wurden gegründet als selbst-
fitablen Plänen mit den entsprechenden Gebäuden
verwaltete
bzw.
oder Bürgerhäuser, vielfach gegen den politischen
Grundstücken.
(http://de.wikipedia.org/wiki/
Autonomes_Jugendzentrum, 29.08.2007)
Kommunikationszentren,
Kulturläden
Widerstand von Parteien und Kommunalverwaltungen. In ihrer Entstehungsphase wollten Soziokulturelle Zentren Modell sein für andere gesellschaftliche
II.1.2.8. Mädchenzentren
Arbeits- und Lebensformen. Ihr Selbstverständnis
fand Ausdruck in Begriffen wie „Alternativkultur“,
Sie sind als öffentlicher, positiv besetzter Raum für
„Gegenkultur“
mädchenbezogene Geselligkeit zu verstehen, der
zuletzt wurden sie auch durch die ganz persönlichen
von den Besucherinnen nach deren Bedürfnissen und
Lebensentwürfe und politische Herangehensweisen
Wünschen gestaltet wird. Als geschlechtshomogene
ihrer Akteure geprägt. Diese wollten „gemeinsam
Einrichtungen haben sie Modellfunktion für die Mäd-
leben und arbeiten“ und forderten die „Aufhebung
chenarbeit.
der Trennung von Kopf- und Handarbeit“. Sie streb-
und
„Gegenöffentlichkeit“.
Nicht
ten nach Demokratisierung von Kultur und kultureller
Warum ein Jugendzentrum „only for girls“: Die
Demokratie und forderten Akzeptanz und Gleichbe-
räumliche Organisation und Struktur in der Offenen
handlung der unterschiedlichsten kulturellen Aus-
Jugendarbeit ist erfahrungsgemäß vorwiegend an
drucks- und Organisationsformen durch politische
den Bedürfnissen von Buben orientiert - ebenso wie
Gremien und die Öffentlichkeit. Soziokultur war dem-
die inhaltlichen Angebote, die meist ohne Berück-
nach Antwort, Reaktion und gelebter Gegenentwurf
sichtigung der Geschlechterperspektive geplant und
auf bzw. zu einem konsum- und unterhaltungsorien-
durchgeführt werden. Die Erfahrung zeigt oftmals,
tierten Verständnis von Kultur.
dass Versuche zur Installierung mädcheneigener und
(http://de.wikipedia.org/wiki/Soziokulturelles_Zen-
mädchengerechter Räume in geschlechtergemisch-
trum 29.08.2007).
ten Jugendzentren scheitern oder deren Sicherstellung immer von neuem mühsam verteidigt werden
Heute kann unabhängig von veränderten gesell-
muss. Jugendeinrichtungen „for girls only“ sind als
schaftlichen
Ansprüchen,
individuellen
Standort-
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 42 -
wechseln und plakativen Begrifflichkeiten festgestellt
Tanzveranstaltungen, Buchausleihe) und in der Bil-
werden, dass sich Soziokulturelle Zentren als Kultur-
dungsarbeit und politischen Arbeit (Seminare, Work-
träger gesellschaftlich etabliert haben. Sie bieten
shops, Bildungs­urlaube, Diskussionsveranstaltungen,
ihrem Publikum ein genreübergreifendes und lebens-
Sprachkurse). Darüber hinaus sind soziokulturelle
raumnahes
„365-Tage“-Veranstaltungsprogramm,
Zentren auch „Dienstleister“ in einem Stadtteil, einer
leisten einen Beitrag zur Förderung des künstleri-
Stadt oder Region. Sie überlassen kulturell, sozial oder
schen Nachwuchses in den Sparten Theater, Musik,
politisch tätigen Vereinen, Gruppen und Initiativen
Literatur, Film und Bildender Kunst und ermöglichen
Räumlichkeiten und technische Infrastruktur in eige-
breiten Bevölkerungsschichten die aktive Teilhabe
ner Verantwortung, stellen Proben- und Produktions-
am kulturellen und politischen Leben. Zu ihrer Arbeit
möglichkeiten für Musik- und Theatergruppen sowie
gehört die Integration verschiedener Altersgruppen,
Ateliers für KünstlerInnen zur Verfügung u.v.m.
sozialer Schichten und Nationalitäten, die Unterstüt-
Außerdem gehört zu fast allen Einrichtungen ein
zung und Förderung von sozialer und politischer
offener Kommunikationsbereich mit Gastronomie,
Arbeit sowie die Verwirklichung von demokratischen
als Teestube, Café, Lokal oder Restaurant.
Entscheidungsstrukturen, die Voraussetzung sind
(vgl.
für die aktive und eigenverantwortliche Beteiligung
Zentrum 29.08.2007).
http://de.wikipedia.org/wiki/Soziokulturelles_
möglichst vieler Menschen in den Häusern. Offen,
flexibel und mit Lust am Experiment versuchen sie
auf sich wandelnde gesellschaftliche Anforderungen
II.1.2.10. Stadtteiltreffs und Begegnungszentren
und Gegebenheiten sowie auf veränderte Wünsche
und Bedürfnisse ihrer BesucherInnen zu reagieren.
Diese zeichnen sich durch ziel- und zielgruppenorien-
Dies ist ein Grund, warum es „das“ Soziokulturelle
tierte Angebote aus und sind oftmals eine Mischform
Zentrum nicht gibt. Aus der Vielfalt der individuellen
aus
Fähigkeiten, der regionalen Traditionen, der jewei-
gemeinwesenorientierten Aktivitäten und Einzel-
ligen Finanzierungsmöglichkeiten, aber auch aus
fallhilfe. Durch ihre oft problemorientierten Ansätze
der unterschiedlichen MitarbeiterInnenstruktur und
ist eine enge Zusammenarbeit und Vernetzung mit
der sozialen und altersmäßigen Zusammensetzung
anderen Institutionen, Beratungsstellen sowie die
der NutzerInnen hat sich eine heterogene Zentren-
pädagogische Ausbildung und Schulung des Perso-
Landschaft entwickelt, die sich einer abschließenden
nals besonders wichtig.
aufsuchender
Jugendarbeit,
Gruppenarbeit,
Verallgemeinerung entzieht.
Der Stadtteiltreff ist ein sozialer Ort – er ist gemütlich
Mit unterschiedlicher Akzentuierung betätigen sich
gestaltet, so dass Menschen sich dort treffen können,
soziokulturelle Zentren heute vor allem in der Kin-
um sich auszutauschen, um zu spielen aus Spaß an der
der- und Jugendarbeit (Kinderläden, offener Bereich,
Freude und um Pläne für die Zukunft zu schmieden. 
Hausaufgabenhilfe, Kreativkurse, Ferienfreizeiten,
Das
Berufsvorbereitung
Beratung,
Arbeitsgruppen im Stadtteil. Der Stadtteilladen ist
Beschäftigungsprojekte, offene Werkstätten), in der
eine Anlaufstelle für unterschiedliche Probleme und
Stadtteilarbeit
Stadtteilfeste,
Bedürfnisse: Von Aufenthalt über Arbeitslosigkeit
stadtentwicklungspolitische Initiativen, Zusammen­
oder Probleme bei der Arbeit, aber auch der Unter-
arbeit mit BürgerInnen-Initiativen, Vereinen und
kunft oder Kinderbetreuung.  Allgemein geht es um
Schulen), in der Programm- und Veranstaltungsarbeit
alle Bedürfnisse des täglichen Lebens, die durch nach-
(Theater, Kabarett, Musik, Ausstellungen, Lesun-
barschaftliche Hilfe besser befriedigt und bewältigt
gen, Kino, Disco- und Tanz­veranstaltungen) - auch
werden können (vgl. http://www.kritischebildung.de/
jeweils für bestimmte Zielgruppen, mit Angeboten
site/index.php?id=182, 29.08.2007).
und
-ausbildung,
(Stadt(teil)-Zeitung,
Stadtteilprojekt
informiert
auch
über
die
für SeniorInnen (Kreativ- und Gesundheitsvorsorgekurse, soziale Versorgung, Geschichtswerkstätten,
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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II.1.2.11. Container, Bauwagen und Hütten
• Kinder- und Jugendberatung als psychosoziale
Die Suche nach gemeinsamen Treffpunkten ist für
• Kinder- und Jugendarbeit als Unterstützungs­
Beratung
Kinder und Jugendliche Normalität. Für kleinere
Gruppen und Cliquen bietet der Container oder
arbeit (Support)
• Ansätze der mobilen Tätigkeiten (v.a. Begleitung)
ähnliche bautechnische Gebilde hierzu die passende
Lösung. Die Begleitung der Jugendlichen kann opti-
Die Beratungstätigkeit in Einrichtungen der Offenen
mal über Mobile oder Aufsuchende Jugendarbeit
Kinder- und Jugendarbeit unterscheidet sich aber mit
erfolgen.
Ihrem Ziel von speziellen Beratungseinrichtungen.
Professionelle, lösungsorientierte Beratung erfordert
spezielle Qualifikationen von den MitarbeiterInnen.
II.1.2.12. Initiativgruppen
Die Niederschwelligkeit ist ein Vorteil in der OffeInitiativgruppen formieren sich als Gruppen von Kin-
nen Kinder- und Jugendarbeit und ermöglicht einen
dern und Jugendlichen, die sich regelmäßig treffen
unmittelbaren Zugang zu Kindern und Jugendlichen
und Aktivitäten eher spontan planen. Sie stehen
in ihrem Alltagsgeschehen. Wichtig ist jedoch, die
meist unter der Leitung eines/r Jugendarbeiters/in
eigenen beraterischen Möglichkeiten in der Offenen
oder einer im Kinder- und Jugendbereich engagierten
Kinder- und Jugendarbeit richtig einzuschätzen. Die
bzw. dafür qualifizierten Person. Die Treffen können
Weitervermittlung und Begleitung zu anderen, not-
inhaltlicher, gesellschaftlicher oder handlungsorien-
wendigerweise professionellen Einrichtungen und
tierter Natur sein – entsprechend den Vorstellungen
die Zusammenarbeit mit ihnen gehört daher zu einer
und Wünschen der Gruppe. Das Vorhandensein eines
der Aufgaben der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
fixen Raumes ist nicht unbedingt von Nöten.
(vgl. Schneebauer 2001, S. 89f.).
II.1.3.2. Fachstellen
II.1.3. Zusammenarbeit im Netzwerk
Fachstellen sind Informations-, Kontakt- und Vermittlungsstellen, die Beratung, Fortbildung sowie
II.1.3.1. Beratungs- und Informationszentren
Projekte in ihrem Kompetenzbereich anbieten. Sie
sind grundsätzlich für alle zugänglich. Des Weiteren
Basierend auf der Beziehungsstruktur sind die Mitar-
betreiben Fachstellen Vernetzung und Qualitätssiche-
beiterInnen offener Einrichtungen oder Infostellen
rung. Sie sind größtenteils als Vereine oder GmbHs
Ansprechpersonen für verschiedene Anliegen der
organisiert und werden meist von der Öffentlichen
jugendlichen BesucherInnen. Information und Bera-
Hand subventioniert. Ihre Angebote und Serviceleis-
tung kann neben der täglichen Kommunikation ver-
tungen können durchaus kostenpflichtig ausfallen.
schiedene Auskünfte beinhalten und auch psychosoziale Arbeit bei spezifischen Problemlagen bedeuten.
Informations- und Beratungstätigkeiten sind nicht
II.1.3.3. Strukturen der Kinder- und
nur problemorientiert, sondern beziehen auch das
Jugendbeteiligung
soziale Umfeld der Kinder und Jugendlichen und ihre
Ressourcen mit ein.
Für viele Städte und Gemeinden ist die Beteiligung
Die verschiedenen Dimensionen von Beratung:
von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Diskussion um eine bürgerorientierte Kommunalent-
• Beratung Kinder und Jugendlicher als Informa-
wicklung ein wichtiges Thema geworden.
tion, Auskunft, Ratgebung
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 44 -
Wenn Kinder- und Jugendliche aktiv an der Gestal-
Die Jugendlichen können entweder gewählt werden,
tung ihrer Umgebung teilhaben, wenn sie bei Ent-
von den anderen Jugendlichen entsandt werden oder
scheidungen, die sie und ihr Umfeld betreffen, mit-
der Zugang zum Kinder- und Jugendgemeinderat ist
reden, mitgestalten und mitbestimmen, dann tragen
generell offen für alle Interessierten. Zum anderen
sie zur Stärkung von demokratischen Strukturen bei.
zählen auch die gesetzlichen Maßnahmen zur Einbin-
Für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
dung der Jugendlichen in die kommunalpolitischen
gibt es zahlreiche rechtliche Grundlagen, beispiels-
Entscheidungsprozesse zu dieser Gruppe, wie die
weise die Kinderrechtskonvention der Vereinten
Wahlaltersenkung auf 16 Jahre oder die Bestellung
Nationen, die Agenda 21, das Weißbuch Jugend der
eines/r Kinder- und Jugendbeauftragten.
Europäischen Union, die EU-Equal-Programm-Leitlinien und die Europäische Charta des Europarates zur
(vgl. www.invo.at)
Beteiligung junger Menschen auf kommunaler und
regionaler Ebene. (www.partizipation.at)
Für jede Gemeinde bzw. jedes Projekt bieten sich
andere Beteiligungsformen an. Grundsätzlich kann
man zwischen 3 Grundformen unterscheiden:
II.1.4. Ausblick
Projektbezogene Formen:
Es bleibt festzuhalten, dass klassische Einrichtungen
Dabei handelt es sich im Allgemeinen um Aktivitäten,
der Offenen Kinder- und Jugendarbeit früher oder
die sich um relativ zeitnahe Lösungen für überschau-
später zu einem Auslaufmodell werden. Der inter-
bare und abgrenzbare Probleme bzw. konkrete Pla-
nationale Trend zielt auf eine Überschneidung der
nungsvorhaben bemühen.
Einrichtungen und deren Angebote ab. Die klar abge-
Beispiele: die Planung eines Jugendzentrums, das
grenzten Einrichtungen erscheinen in der sich ständig
Erstellen eines Verkehrskonzepts mit Kindern und
verändernden Gesellschaft und deren Bedürfnissen
Jugendlichen oder die Gestaltung eines Spiel- und
als zu starr. Die Arbeitsfelder (Sozialpädagogik,
Sportplatzes.
Sozialarbeit, Offene Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Kulturarbeit) überschneiden und ergänzen sich
Offene Formen:
(konvergieren). Die Konvergenzthese besagt jedoch
Offene Formen sind Modelle, die jungen Menschen
nicht die Aufgabe, Auflösung bzw. Verschmelzung
die Möglichkeit geben, ihre Meinung gegenüber
der Bereiche, sondern eine Zusammenentwicklung
Politik, Verwaltung oder Medien zu artikulieren.
von Sozialpädagogik und Sozialarbeit in Richtung
Diese Meinungsäußerung kann über ein persönliches
zunehmender Übereinstimmung unter Berücksichti-
Gespräch, aber auch über Umfragen oder Studien
gung ihrer Eigenständigkeit und Eigenart. Die Teil-
erfolgen. Ein wichtiges Merkmal von offenen Beteili-
bereiche kann man in dem Begriff „Soziale Arbeit“
gungsformen besteht darin, dass keine Verpflichtung
zusammenfassen (vgl. Johannes Schilling 1997, Soziale
zu Regelmäßigkeit für die Kinder und Jugendlichen
Arbeit, S. 176f.).
besteht.
Beispiele: Jugendforen, BürgermeisterInnensprechstunden, Jugendstudien, Internetabstimmung durch
Jugendliche oder Jugendstammtische.
Parlamentarische und ähnliche Beteiligung:
Hier findet man zum einen Modelle direkter Beteiligung, die durch Kontinuität und formale Strukturen
ähnlich denen von Erwachsenen gekennzeichnet
sind, zum Beispiel Kinder- und Jugendgemeinderäte.
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 45 -
II.2. TrägerInnenschaften
der Förderbeträge sowie die Zuständigkeiten der
Förderstellen sind je nach Einrichtungstypen sehr
unterschiedlich gestaltet.
Eine Klärung der Förderungenstrukturen würde die
II.2.1. Formen der TrägerInnen
Kontinuität, Professionalität und die Rahmenbedingungen des Arbeitsfeldes ungemein stärken. Oft
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit wird in der Stei-
wird von den einzelnen Einrichtungen zusätzlich
ermark meist von kleinen privaten (Vereinen) oder
durch Projektarbeiten und kommerzielles Sponsoring
öffentlichen TrägerInnen (Gemeinden) organisiert. In
versucht, das Budget aufzubessern.
den letzten Jahren steigt die Tendenz zu landesweit
tätigen privaten TrägerInnenorganisationen (Vereine, GmbHs).
Die Hauptaufgabe der TrägerInnen beruht auf der
II.3. MitarbeiterInnen in der
Offenen Kinder- und Jugendarbeit
Schaffung von räumlichen und organisatorischen
Strukturen, finanziellen Ressourcen und der Aus-
Die Professionalisierung in der Offenen Kinder- und
wahl und der Anstellung von MitarbeiterInnen (vgl.
Jugendarbeit hat sich großteils in den 70er und 80er
Schneebauer 2001, S. 42).
Jahren vollzogen. Heute ist es eine Selbstverständlichkeit geworden, dass überwiegend hauptamtliche
Die TrägerInnenorganisationen in der Steiermark
MitarbeiterInnen im Arbeitsfeld beschäftigt sind.
sind folgendermaßen organisiert:
Meist wird für diese berufliche Tätigkeit nicht mehr
nur eine entsprechende Gesinnung oder Identifikation mit den Zielen des/der jeweiligen TrägerIn son-
• Private TrägerInnen:
Initiativ-
dern eine einschlägige Ausbildung erwartet. Trotz
gruppen gründen selbst einen TrägerInnenver-
dieser offensichtlichen Professionalisierung und einer
ein. Auch landesweit tätige Vereine oder GmbHs
dadurch einhergehenden Qualitätssteigerung im
übernehmen vermehrt TrägerInnenschaften. Diese
Bereich Offener Kinder- und Jugendarbeit sind viel-
übernehmen, von Gemeinden, Interessensgemein-
fach immer noch geringschätzige Meinungen über
schaften oder Initiativgruppen beauftragt, die
dieses Handlungsfeld anzutreffen.
Die
Interessensgemeinschaften
oder
TrägerInnenschaften für die Einrichtungen der
Offenen Kinder- und Jugendarbeit oder bieten sie
Die MitarbeiterInnen der Offenen Kinder- und
diesen an.
Jugendarbeit sind in einem diffus strukturierten und
hochkomplex angelegten pädagogischen Handlungsfeld tätig (vgl. Schneebauer 2001, S. 45).
• Öffentliche TrägerInnen:
Die Einrichtungen der Offenen Kinder- und
Jugendarbeit werden von Ortsgemeinden, Marktoder Stadtgemeinden getragen.
II.3.1. Gender Mainstreaming
Gender Mainstreaming zielt auf das Bemühen um
II.2.2. Finanzierung der TrägerInnen
Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit als
Querschnittsaufgabe, also auf die Veränderung des
Die Finanzierung der TrägerInnenvereine im Bereich
Geschlechterverhältnisses ab. Sowohl den Definiti-
der Offenen Kinder- und Jugendarbeit wird groß-
onen des Europarates (1998) als auch des ESF (EPPD
teils von der öffentlichen Hand getätigt. Diese sind
Ziel 3 2000-2006) zufolge ist Gender Mainstreaming
das Land Steiermark, die steirischen Gemeinden,
einerseits Strategie und Methode und andererseits
Abteilungen des Bundesministeriums sowie EU-
Grundlage für Zieldefinitionen. Gender Mainstrea-
Förder­programme. Die anteilsmäßige Aufteilung
ming steht für ein gesellschaftspolitisches Vorhaben,
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 46 -
das auf strukturelle Veränderungen abzielt. Für die
sehen von der Sensibilisierung und Schulung ist auch
Organisationen der Jugendarbeit hat die Anwen-
die Einbindung der MitarbeiterInnen in die Entwick-
dung von Gender Mainstreaming demnach sowohl
lung und Anwendung der Verfahren und Methoden
Auswirkungen auf die pädagogischen Konzepte und
zur Umsetzung von Gender Mainstreaming zentral.
Methoden als auch auf die Organisationsentwicklung
(vgl. Bundesministerium für Gesundheit, Familie und
und Personalplanung.
Jugend; Fünfter Bericht zur Lage der Jugend in Österreich – 2007, S. 42).
Gender Mainstreaming auf der Organisationsebene:
Grundprinzip von Gender Mainstreaming ist, dass alle
II.3.2. Qualifizierung
AkteurInnen in ihrem jeweiligen Verantwortungsund Tätigkeitsbereich für die Umsetzung zuständig
Eine multiprofessionelle Qualifizierung der Mitarbei-
sind. Von der Konzeption her soll Gender Mainstrea-
terInnen stellt einen wichtigen Punkt im sozialpäda-
ming als „Top-down“-Ansatz von der Führungsebene
gogischen Handlungsfeld der Offenen Kinder- und
ausgehend alle Organisationsebenen durchdringen
Jugendarbeit dar, um professionell und zielgrup-
und dazu führen, dass alle MitarbeiterInnen diese
penorientiert arbeiten zu können. Das komplexe
Strategie anwenden. Dazu sind allerdings sowohl die
Arbeitsfeld erfordert von den MitarbeiterInnen
entsprechenden Kompetenzen als auch Ressourcen
umfangreiche
notwendig, da es sonst beim formalen Bekenntnis
Unterschiedlichste Ausbildungen und Zusatzquali-
bleibt. Zur tatsächlichen Umsetzung von Gender
fikationen aus der sozialen Arbeit sind in der Praxis
Mainstreaming braucht es eine verbindliche Ver-
anzutreffen.
fachliche
Handlungskompetenzen.
pflichtung und Aufträge. Dazu zählen Zielvorgaben
sowohl für die Gesamtorganisation als auch für die
Verschiedene Ausbildungen im Arbeitsfeld:
verschiedenen Arbeitsbereiche und eine Integration
des Prinzips in die jeweiligen Tätigkeitsprofile und
• Universitätsstudium im pädagogischen oder
Arbeitsaufgaben aller MitarbeiterInnen. Angebote
können z.B. extern zugekauft werden oder durch
• Fachspezifische Universitätslehrgänge
interne Gender - ExpertInnen vermittelt werden
• Fachhochschulen für soziale Arbeit
(vgl. Bundesministerium für Gesundheit, Familie und
• Pädagogische Akademien und deren
Jugend; Fünfter Bericht zur Lage der Jugend in Öster-
reich – 2007, S. 41f.).
• Fachspezifische Akademielehrgänge und
Die Ebene der MitarbeiterInnen:
psychologischen Bereich
Nachfolgeformen
deren Nachfolgeformen
• Kolleg für Sozialpädagogik
• Hochschullehrgang Jugend- und Soziokultur­
Die MitarbeiterInnen in der Jugendarbeit spielen eine
arbeit
zentrale Rolle in der Umsetzung von Gender Mainstreaming. Voraussetzung für die Umsetzung von
Ein entscheidender Punkt im Bereich des Ausbil-
Gender Mainstreaming ist, dass die MitarbeiterInnen
dungsgrades der MitarbeiterInnen in der Offenen
über Genderkompetenz verfügen, d.h. über das not-
Kinder- und Jugendarbeit stellen sicherlich die Mög-
wendige Wissen zu Fragen der Gleichstellung, aber
lichkeiten der angebotenen Aus- und Weiterbildung
auch ein Bewusstsein über das eigene Rollenverhal-
dar. Die Möglichkeiten sind vor allem auch deshalb
ten, da diesbezügliche Fragen sehr stark mit persön-
wichtig, da auch viele QuereinsteigerInnen in diesem
lichen Werthaltungen verbunden sind. Ansatzpunkte
Arbeitsfeld anzutreffen sind. Durch spezielle Aus- und
sind daher die laufenden Fort- und Weiterbildungen
Weiterbildungsmöglichkeiten kann die Qualität der
wie auch die Ausbildungspläne der zukünftigen
Arbeit erhöht werden, um so den speziellen Anfor-
MitarbeiterInnen (vgl. Meyer/Ginsheim 2002). Abge-
derungen in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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besser gerecht werden zu können (vgl. Schneebauer
Zulagen:
2001, S. 46).
o Nachtarbeit
Notwendig sind auch psychologisch/sozialpädagogisch
o Überstunden und Mehrstunden
ausgebildete MitarbeiterInnen, die in der Lage sind,
o Sonn- und Feiertagszuschläge
die MitarbeiterInnen ohne einschlägige Ausbildung
o Leitungs- und Funktionszuschläge
(QuereinsteigerInnen, ehrenamtliche MitarbeiterInnen, PraktikantInnen und Zivildiener) anzuleiten und
die Teambildung und -entwicklung zu begleiten (vgl.
• Öffentliche Träger:
Schoibl 1997, S. 72).
Die Entlohnung der MitarbeiterInnen erfolgt über
MitarbeiterInnen ohne fachspezifische Ausbildung,
das Gemeindelohnschema. Die Einstufung in das
die in diesem Arbeitsfeld verweilen möchten, müs-
Gemeindelohnschema erfolgt über die Arbeits-
sen sich in einen einschlägigen Ausbildungsprozess
platzbeschreibung, das Stellenprofil und die Qua-
begeben.
lifikation der MitarbeiterInnen. Bei Neuanstellung
sind die Vordienstzeiten zu berücksichtigen. Die
Entlohnung setzt sich aus dem Ist - Lohn sowie den
II.3.3. Entlohnung
anfallenden Zulagen, die über das Stellenprofil zu
definieren sind, zusammen.
Je nach TrägerInnenschaften sind die Entlohnungsschemen über unterschiedliche Kollektivverträge
Zulagen:
für die MitarbeiterInnen geregelt. Die Entlohnung
setzt sich aus dem Ist - Lohn sowie den anfallenden
o Nachtarbeit
Zulagen, die über das Stellenprofil zu definieren sind,
o Überstunden und Mehrstunden
zusammen.
o Sonn- und Feiertagszuschläge
o Leitungs- und Funktionszuschläge
• TrägerInnen:
Über die Satzung am 1. Mai 2006 hat für MitarbeiterInnen in der Offenen Kinder- und Jugend-
II.3.4. Berufsbild / Anforderungen an die
MitarbeiterInnen
arbeit der BAGS – Kollektivvertrag bundesweit
Gültigkeit. Ausgenommen sind MitarbeiterInnen
die in einer anderen Kollektivvertragsregelung
Berufsbild
beschäftigt sind. Die Einteilung in die Verwendungsgruppen erfolgt über die Arbeitsplatzbe-
Das komplexe Arbeitsfeld erfordert von den Mit-
schreibung, das Stellenprofil und die Qualifikation
arbeiterInnen umfangreiche fachliche Handlungs-
der MitarbeiterInnen. Bei Neuanstellung sind
kompetenzen. Unterschiedlichste Ausbildungen und
die Vordienstzeiten zu berücksichtigen. Die Ent-
Zusatzqualifikationen aus der sozialen Arbeit sind in
lohnung setzt sich aus dem Ist - Lohn sowie den
der Praxis anzutreffen. Aus diesem Grund ist es nicht
anfallenden Zulagen, die über das Stellenprofil zu
leicht aber notwendig, ein passendes Berufsbild für
definieren sind, zusammen (vgl. BAGS – Kollektiv-
die Offene Kinder- und Jugendarbeit zu entwickeln.
vertrag 2006, S. 17).
Ein Berufsbild muss einerseits eine klare Strukturierung des Arbeitsfeldes beinhalten, ohne anderseits
die Offenheit auszuschließen.
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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Das in der Steiermark bestehende Berufsbild des/der
gebraucht als OrganisatorInnen, Projektmananager­
Jugend- und Freizeitpädagogen/-pädagogin wird
Innen, BeraterInnen, KoordinatorInnen zwischen den
diesem Bedürfnis nur unzureichend gerecht.
verschiedenen Instanzen wie beispielsweise Vereinen,
Die Koppelung des Berufsbildes an eine bundesweit
Schulen und Gemeinden, EinrichtungsplanerInnen,
gültige Grundausbildung für das Arbeitsfeld, die wei-
VerwalterInnen von Fördermitteln und bei Bedarf als
terführend in artverwandte Handlungsfelder anre-
EinzelfallberaterInnen und Streetworker­Innen (vgl.
chenbar ist, erscheint aus diesem Grund sinnvoll und
Müller; in: Deinet/ Sturzenhecker(Hrsg.) 2005, S. 50).
notwendig. Diverse bundesweite Arbeitskreise entwickeln dahingehend Konzepte, die diesen Bedürfnissen des Arbeitsfeldes gerecht werden.
Anforderungen an die MitarbeiterInnen
II.3.5. Arbeitsplatzbeschreibung/
Stellenprofil
Die MitarbeiterIn steht hinter der Bar einer Kinder-
Das komplexe Arbeitsfeld erfordert von den Mitar-
und Jugendeinrichtung, gibt Speisen und Getränke
beiterInnen umfangreiche fachliche Handlungskom-
aus, bedient gegebenen Falls die jugendlichen Gäste,
petenzen. Darum ist es so wichtig, eine ausdifferen-
unterhält sich mit ihnen, spielt Billard, hört Musik,
zierte Arbeitsplatzbeschreibung zu erstellen, um
organisiert Veranstaltungen mit den Kindern und
daraus ein klares Stellenprofil zu entwickeln. Eine
Jugendlichen etc. Es mag der Endruck entstehen, dass
unklare Auftragsformulierung ist nicht nur für eine/
das Arbeiten in Einrichtungen der Offenen Kinder-
n TrägerIn problematisch sondern setzt sich in den
und Jugendarbeit ein toller Beruf ist, weil man fürs
Organisationsstrukturen fort.
„Nichtstun“ bezahlt wird und diese Tätigkeit wohl
Darunter leiden nicht nur die Qualität der Arbeit
jeder machen könnte. Tatsächlich ist es aufgrund der
sondern vor allem die einzelnen MitarbeiterInnen in
verschiedenen Ansätze und des breiten Spektrums an
ihrem Handlungsfeld. Unklarheit und Unsicherheit
Aufgaben sehr schwierig, ein genaues Anforderungs-
bei den Strukturen und Methoden sind unweigerlich
profil für in der Kinder- und Jugendarbeit Tätige zu
die Folge.
erstellen (vgl. Schneebauer, 2001, S. 46).
Da das Arbeitsfeld eine enorme Weite hat, sind die
Allgemein erscheinen jedoch unter vielen anderen
Grenzen dessen, was möglich bzw. was notwendig
die Punkte Konfliktfähigkeit, erhöhte Kontakt- und
ist, genau zu beschreiben. Es muss daher zwischen
Kommunikationsfähigkeit
Teamfä-
AuftraggeberIn und der Einrichtung eine klare Zielde-
higkeit eine besondere Bedeutung in diesem Hand-
finition geben, um den MitarbeiterInnen eine präzise
lungsfeld zu haben - wie noch darzustellen sein
Arbeitsplatzbeschreibung und ein klares Stellenprofil
wird. Die auch in den „Grundlagen der Offenen
vorlegen zu können.
und
spezielle
Kinder- und Jugendarbeit“ angeführten Aufgaben
und Methoden innerhalb dieses sozialpädagogischen
In der Arbeitsplatzbeschreibung soll die Verpflich-
Arbeitsfeldes zeigen, welche spezifischen Kenntnisse
tung zur Fort-, Weiterbildung und Supervision fest-
man mitbringen bzw. sich aneignen muss, um den
geschrieben sein, da das Arbeiten in dem komplexen
unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden zu
Arbeitsfeld eine ständige Weiterentwicklung benö-
können (vgl. Schneebauer, S. 46).
tigt. Des Weiteren hat eine Ausdifferenzierung der
Arbeit in direkte und indirekte Arbeit zu erfolgen,
Ihr Bezugfeld sind aber nicht nur die Kinder und
die im Verhältnis von 2/3 zu 1/3 zu stehen hat. Die
Jugendlichen, sondern auch die handelnden Perso-
indirekte Arbeitsleistung sind Vorbereitungen, Proto-
nen im Umfeld, in den Gemeinden, des Stadtteils
kollierungen, Fortbildungen, usw.
und in der Region. Die MitarbeiterInnen sind deshalb
mehr als sozialpädagogisch Tätige. Sie werden auch
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 49 -
II.3.6. Team
begrenzt und thematisch genau beschrieben (vgl.
Eichner, In: Deinet, Sturzenhecker (Hrsg.) 2005, S. 39).
Team und Teamarbeit sind für das Arbeitsfeld der
Gerade für themenzentrierte Angebote, Projektarbei-
Offenen Kinder- und Jugendarbeit ein wesentlicher
ten und Workshops sind Fachhonorarkräfte unerläss-
Bestandteil. Ein gutes Team ist ein multiprofessionel-
lich und effizient einzusetzen.
les Team. Es zeichnet sich unter anderem dadurch aus,
dass es aufgaben-, situations- und problembezogen
(was die pädagogischen Aufgaben betrifft!) orien-
II.3.7. Supervision
tiert ist – und nicht primär seine eigenen Probleme
und Interessen im Sinn hat, also aufgabenbezogen
Die Arbeit in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
und nicht selbstbezogen agiert (Eichner; In: Deinet,
benötigt hohes persönliches Engagement und große
Sturzenhecker (Hrsg.) 2005, S. 46).
Belastbarkeit. Supervision bietet in einem geschützten Rahmen die Möglichkeit:
• Die Teambildung aus verschiedenen, einschlägig
qualifizierten MitarbeiterInnen ist ein wesentli-
• das eigene berufliche Handeln zu reflektieren,
cher Gesichtspunkt, um die Struktur und Qualität
in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit zu ver-
• neue Sichtweisen zu integrieren,
bessern (vgl. Schoibl 1997, S. 72).
• Handlungsalternativen zu finden.
• Die Möglichkeit, das eigene Handeln mit den
Kolleg­Innen zu reflektieren, stellt einen wichtigen
Supervision trägt dazu bei, dass persönliche und
Qualitätsaspekt in der Teamarbeit dar.
berufliche Flexibilität sowie Freude an der Arbeit
erhalten bleiben noch bevor ein Handlungsbedarf
• Notwendig sind auch psychologisch / sozial­päda­
wegen akuter Probleme oder Konflikte entsteht.
gogisch geschulte MitarbeiterInnen, die in der
Damit ist sie eine notwendige Ergänzung zu rein
Lage sind, die MitarbeiterInnen ohne einschlägige
inhaltlich-methodischen
Ausbildung anzuleiten und die Teambildung und
Supervision ist ein unverzichtbarer Bestandteil in der
Entwicklung zu begleiten (vgl. Schoibl 1997, S. 72).
Effizienz- und Qualitätsdiskussion des Arbeitsfeldes
• Mindestens zwei MitarbeiterInnen in den Einrich-
Fortbildungsangeboten.
der Offenen Kinder- und Jugendarbeit.
tungen: Es ist für die sozialpädagogische Arbeit
Da es beim Thema Effizienz und Qualität beruflichen
notwendig, dass gleichzeitig mindestens zwei
Handelns in erster Linie um funktionierende Koope-
MitarbeiterInnen anwesend sind. Dieses ist für
ration und Kommunikation von Menschen in Orga-
eine realistische Zielumsetzung unerlässlich und
nisationen geht, wird Supervision als professionelle
für den Aufbau von tragbaren Beziehungen unbe-
berufliche Beratungsform zunehmend eingesetzt.
dingt notwendig (vgl. Stadtjugendring Kempten
In der Supervision können Entwicklungswünsche,
2000, S. 13).
Fragen und Probleme beruflichen Handelns thematisiert und reflektiert sowie Lösungswege erschlossen
• Zur Sicherstellung der notwendigen geschlechts-
werden, die die Handlungskompetenz im Praxisfeld
sensiblen Arbeit ist die Zweigeschlechtlichkeit des
erweitern.
Teams auf jeden Fall erforderlich!
Laut BAGS – Kollektivvertrag (2006, S. 20) haben
MitarbeiterInnen in pädagogischen Arbeitsbereichen
Honorarkräfte:
Anspruch auf Supervision.
Auf Honorarbasis mitarbeitende Fachkräfte sind häu-
• Den MitarbeiterInnen sollte je nach Bedarf ausrei-
fig in Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugend-
chend Supervision vom Träger / von der Trägerin
arbeit anzutreffen. Ihre Aufgaben sind meist zeitlich
zur Verfügung gestellt werden. Die Supervision ist
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 50 -
als Arbeitszeit zu rechnen, auch allfällige Anreise-
Offenen Kinder- und Jugendarbeit besser gerecht wer-
kosten sind zu vergüten.
den zu können (vgl. Schneebauer, 2001, S. 46).
• Bei schwierigen Arbeitsverhältnissen und auf
Auch die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen in der
Wunsch der MitarbeiterInnen ist Supervision in
Offenen Kinder- und Jugendarbeit sowie Funktionär­
größerem Ausmaß zu stellen.
Innen in TrägerInneneinrichtungen und/oder örtlicher
Kinder- und Jugendpolitik sollen Zugang zu allgemei-
• Auch für ehrenamtliche MitarbeiterInnen muss es
die Möglichkeit geben, Supervision in Anspruch
nen bzw. spezifischen Fort- und Weiterbildungsangeboten haben.
nehmen zu können.
II.3.8. Fort- und Weiterbildung
II.3.9. Ehrenamtliche MitarbeiterInnen,
PraktikantInnen, Zivildiener
Unabhängig davon, wie die multiprofessionellen
Ehrenamtliche
Teams zusammengestellt sind, sind die berufliche
und Zivildiener können als zusätzliche Unterstützer­
Weiterbildung und die Förderung von Qualifikati-
Innen mitgerechnet werden, wenn ihre Mitarbeit
onsschwerpunkten unbedingt notwendig. Das ist auf
kontinuierlich erfolgt. Sie dürfen nicht als Ersatz für
der einen Seite im Interesse der TrägerInnen und der
die angestellten MitarbeiterInnen eingesetzt wer-
MitarbeiterInnen und auf der anderen Seite im Sinne
den, da ihnen nicht die volle Verantwortung und
einer gezielten Weiterentwicklung der Angebotsviel-
Haftung übertragen werden kann. Ehrenamtliche
falt (vgl. Schoibl 1997, S. 73).
MitarbeiterInnen können nicht alle Aufgaben durch-
MitarbeiterInnen,
PraktikantInnen
führen. Es ist eine hauptamtliche Leitung, Betreuung
Laut BAGS - Kollektivvertrag wird unter Fort- und
und Koordination notwendig.
Weiterbildung die Verbesserung oder Vertiefung der
Qualifikation in der bereits ausgeübten beruflichen
Ehrenamtliche MitarbeiterInnen können als zusätz-
Tätigkeit verstanden (BAGS – Kollektivvertrag, S. 19).
liche UnterstützerInnen mitgerechnet werden, wenn
ihre Mitarbeit kontinuierlich erfolgt. Sie dürfen nicht
Bei angeordneten Fortbildungsmaßnahmen sind alle
als Ersatz für die angestellten MitarbeiterInnen einge-
anfallenden Kosten von der Arbeitgeberin / vom Arbeit-
setzt werden, da ihnen nicht die volle Verantwortung
geber zur bezahlen. Bei Fortbildungsmaßnahmen, die
und Haftung übertragen werden kann. Ehrenamtliche
zwischen ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn (Einstu-
MitarbeiterInnen können nicht alle Aufgaben durch-
fung im BAGS – Kollektivvertrag) vereinbart werden,
führen. Es ist eine hauptamtliche Leitung, Begleitung
ist vor Antritt der Bildungsmaßnahme Einvernehmen
und Koordination notwendig.
hinsichtlich der Kostentragung und der Zeitabgeltung
herzustellen (BAGS – Kollektivvertrag, S. 19).
Fachliche Anerkennung: Qualifizierte ehrenamtliche
Tätigkeiten sind als Dienstzeiten anzurechnen und als
Ein entscheidender Punkt im Bereich der Qualifizie-
Berufserfahrung zu sehen. Dienstzeugnisse sind auch
rung von MitarbeiterInnen in der Offenen Kinder- und
im ehrenamtlichen Bereich auszustellen.
Jugendarbeit stellen sicherlich die Möglichkeiten der
angebotenen Aus- und Weiterbildung dar. Die Mög-
Begleitung von Ehrenamtlichen: Notwendig sind auch
lichkeiten sind vor allem auch deshalb wichtig, da auch
psychologisch/sozialpädagogisch geschulte Mitarbei-
viele QuereinsteigerInnen in diesem Arbeitsfeld anzu-
terInnen, die in der Lage sind, die ehrenamt­lichen
treffen sind. Durch spezielle Aus- und Weiterbildungs-
MitarbeiterInnen
möglichkeiten kann die Qualität der Arbeit erhöht
anzuleiten und die Teambildung und -entwicklung zu
werden, um so den speziellen Anforderungen in der
begleiten (vgl. Schoibl 1997, S. 72).
ohne
einschlägige
Ausbildung
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 51 -
Fort- und Weiterbildung: Auch die ehrenamtlichen
II.4. Finanzierung
MitarbeiterInnen in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit sowie Funktionäre/innen in Trägereinrichtungen und/oder örtlicher Kinder- und Jugendpolitik
II.4.1. Finanzierungssicherung
müssen Zugang zu allgemeinen bzw. spezifischen
Fort- und Weiterbildungsangeboten haben.
Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
sind Non Profit – Organisationen, das heißt, die Ein-
Supervision: Auch ehrenamtliche MitarbeiterInnen
richtungen erwirtschaften nur einen geringen Anteil
müssen die Möglichkeit haben, eine Supervision in
des jährlich benötigten Budgets. Die TrägerInnen der
Anspruch nehmen können.
Einrichtungen müssen daher fast die gesamten benö-
PraktikantInnen und Zivildiener sind als Unterstüt-
tigten finanziellen Mittel in das Jahresförderungs-
zung und nicht als volle Arbeitskräfte zu sehen! Sie
budget kalkulieren.
dürfen nicht als Ersatz für die angestellten Mitarbei-
Folgende Kosten müssen gedeckt sein:
terInnen eingesetzt werden, da ihnen nicht die volle
Verantwortung und Haftung übertragen werden
• Personalkosten für die MitarbeiterInnen, eventu-
kann! Es ist eine hauptamtliche Leitung, Begleitung
elle Honorarkräfte, FachreferentInnen; Kosten für
und Koordination notwendig.
Supervision, Fort- und Weiterbildung, Fahrtgeld,
Bildungsreisen, Fachtagungen
Fachliche Anerkennung: Qualifizierte ehrenamtliche
Tätigkeiten sind als Dienstzeiten anzurechnen und als
• Miete
und
Betriebskosten:
Miete,
Heizung,
Berufserfahrung zu sehen. Dienstzeugnisse sind auch
Betriebskosten, Strom, Telefonkosten, Reinigung,
im ehrenamtlichen Bereich auszustellen.
Reparaturen,
Neuanschaffung
von
Möbeln,
Geräte, Renovierungsarbeiten
Begleitung von Ehrenamtlichen: Notwendig sind
auch psychologisch/sozialpädagogisch geschulte MitarbeiterInnen, die in der Lage sind, die ehrenamtli-
• Sachmittel für die Ausstattung und Verbrauchs­
material der Einrichtung
chen MitarbeiterInnen ohne einschlägige Ausbildung
anzuleiten und die Teambildung und -entwicklung zu
begleiten (vgl. Schoibl 1997, S. 72).
• Mittel für Aktionen und Programme: Veranstaltungen, die aus dem Betrieb der Einrichtungen
entstehen
Fort- und Weiterbildung: Auch die ehrenamtlichen
MitarbeiterInnen in der Offenen Kinder- und Jugend-
Weiters benötigt die Offene Kinder- und Jugendar-
arbeit sowie FunktionärInnen in Trägereinrichtungen
beit finanzielle Ressourcen, die auch eine Umsetzung
und/oder örtlicher Kinder- und Jugendpolitik müssen
der mit den Kindern und Jugendlichen gemeinsam ini-
Zugang zu allgemeinen bzw. spezifischen Fort- und
tiierten Projekte und Maßnahmen garantieren kann.
Weiterbildungsangeboten haben.
In den steirischen Gemeinden soll es verbindlich ein
auszuweisendes Jugendbudget geben. Die Vergabe
Supervision: Auch ehrenamtliche MitarbeiterInnen
dieser Mittel hat nach Kriterien der Ausgewogenheit
müssen die Möglichkeit haben, eine Supervision in
(nach Formen der Jugendarbeit, nach Zielgruppen
Anspruch nehmen können.
etc.) sowie nach den Erfordernissen von Kontinuität
und Finanzierungssicherheit zu erfolgen, die von der
steirischen Landesregierung per Verordnung bekannt
gemacht werden sollen.
Kleineren Gemeinden ist – in Anbetracht ihrer finanziellen Möglichkeiten – eine verbindliche Vorsorge
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 52 -
für präventive Kinder- und Jugendarbeit nur ein-
In der Steiermark erhalten alle MitgliederInnen des
geschränkt zumutbar. Aber auch die dort lebenden
Dachverbands der Offenen Kinder- und Jugendar-
Kinder und Jugendlichen benötigen entsprechende
beit Förderungen der Öffentlichen Hand – durch die
Angebote, ihre Bedürfnisse können nicht zur Gänze
Gemeinden und/oder durch das Land Steiermark.
auf Einrichtungen in größeren Gemeinden angewiesen sein. Das ist zudem insbesonders für jüngere
Um sowohl einen finanziellen Anreiz zu schaffen als
Jugendliche im Alter zwischen 12 - 14 Jahren aufgrund
auch die erforderliche Qualität zu sichern, sollte ein
ihres in der Regel sehr eingeschränkten Budgets sowie
Finanzierungsschlüssel
ihrer (noch) eingeschränkten Mobilität vielfach nicht
onen und dem Land Steiermark festgelegt werden.
zwischen
Gemeinden/Regi-
oder nur sehr beschränkt möglich.
Eigenmittel:
Gemeinden mit weniger als 3000 EinwohnerInnen sol-
Zu den Eigenmitteln zählen z.B. eigenes Geldkapital,
len mit ihren Nachbargemeinden einen Regionalver-
schon vorhandene Fahrzeuge oder die Eigenleistung,
bund zur Sicherstellung von jugendadäquater Infra-
z.B. in Form von persönlichen Arbeitsleistungen usw.
struktur und Angeboten der Offenen Kinder- und
Jugendarbeit (Jugendtreffs, Jugendzentren) bilden
Einnahmen:
(Vorarlberger Erklärung zur Jugendarbeit, 2000).
Die Eigenerwirtschaftung der Einrichtungen beträgt
Qualität kostet Geld. Qualitätssteigerung bedeutet
nur einen sehr geringen Teil des benötigten Jahres-
höhere Kosten und bedarf zur Absicherung Finanzie-
budgets. Da es sich um gemeinnützige Vereine oder
rungsmodelle auf Landes-, Bundes- und EU - Ebene.
Non – Profit – Organisationen handelt, dienen die Einnahmen zur Finanzierung der Vereins- oder Organisa-
Ausblick:
tionsziele und werden nicht als Gewinn behandelt.
Es muss eine gesetzliche Gemeindeförderpflicht für
Sponsoring:
die Offene Kinder- und Jugendarbeit festgeschrieben
werden. Auch eine Offenlegung der Finanzvergabe
Auch im Bereich der Offenen Kinder- und Jugend-
von Seiten des Landes ist anzustreben. Besonders zu
arbeit wird durch Sponsoring versucht, das Budget
berücksichtigen ist ein Grundbudget, das längerfri-
aufzubessern. Es gilt hier Firmen, Banken etc. auf-
stige Planungen ermöglicht (mehrjährige Verträge).
zuzeigen, welche Werbemöglichkeiten für ihre Pro-
In Bezug auf Förderungen ist eine viel stärkere Ver-
dukte innerhalb der Offenen Kinder- und Jugend-
netzung und Transparenz unter den Institutionen der
arbeit möglich sind. Hier ist es aber wichtig, sich auf
Offenen Kinder- und Jugendarbeit wünschenswert.
bestimmte Bereiche oder Projekte zu begrenzen, um
nicht in die kommerzielle Richtung abzugleiten oder
mit den Werthaltungen in Konflikt zu geraten. Außerdem sind in vielen Fällen die finanziellen Ressourcen
II.4.2. Finanzierungsmöglichkeiten
möglicher Sponsoren durch bereits bestehende Verpflichtungen ortsansässigen Vereinen gegenüber
Der Großteil der Kosten für Einrichtungen der Offe-
sehr begrenzt. Aus diesem Grund kann Sponsoring
nen Kinder- und Jugendarbeit muss von der öffentli-
lediglich einen bescheidenen Beitrag leisten, nie-
chen Hand getragen werden. Das Jugendförderungs-
mals jedoch die nötige finanzielle Basis sichern oder
gesetz 2004, §3, des Landes Steiermark empfiehlt
wesentlich verbreitern.
der Öffentlichen Hand die Förderung von Offener
Jugendarbeit.
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 53 -
II.5. Qualitätsmanagement
können Konzepte zu einer Profilierung einer fachlich
getragenen Kinder- und Jugendarbeit beitragen und
Qualitätsmanagement soll sicherstellen, dass Quali-
somit inhaltlich Strukturen, die theoretisch fundiert
tätsbelange in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
sind, geschaffen werden (Schneebauer 2001, S. 93).
ihren gebührenden Platz einnehmen. Qualität bezieht
sich dabei sowohl auf die Strukturen und Angebote
Vernetzung
als auch auf die internen Prozesse der Einrichtungen
und ist definiert als das Maß, in dem der betrach-
Um die Qualität Offener Kinder- und Jugendarbeit
tete Arbeitsansatz oder der betrachtete Prozess
sichern bzw. erhöhen zu können, sind Vernetzungs-
den Anforderungen genügt. Diese Anforderungen
bestrebungen und Kommunikation mit anderen
können explizit definiert sein, sie können aber auch
kinder- / jugendrelevanten Einrichtungen unumgäng-
implizit vorausgesetzt werden (Erwartungen). Quali-
lich. Beratung und Betreuung, die von der Einrichtung
tät ist das Ausmaß an Übereinstimmung von Anforde-
nicht abgedeckt werden können, sollen so schnell
rungen (explizit formuliert) und Erwartungen (nicht
und unbürokratisch wie möglich von einer anderen
explizit formuliert). Im Laufe der Zeit werden dann
übernommen werden können. Networking ist ein
die Anforderungen zu Erwartungen. (Wikipedia:
kontinuierlicher Prozess; mit sporadischen Anrufen
Qualitätsmanagement; http://de.wikipedia.org/wiki/
allein ist es nicht getan (Schneebauer, 2001, S. 92).
Qualit%C3%A4tsmanagement, 30.03.2007).
Öffentlichkeitsarbeit
II.5.1. Qualitätsentwicklung
Öffentlichkeitsarbeit ist ein wesentlicher Bestandteil der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Durch
Konzepte
gezielte Aktionen und die Bereitstellung von Informationsmaterial kann über diese Multiplikatoren
Wozu benötigt die Offene Kinder- und Jugendarbeit
ein großer Kreis an Kindern und Jugendlichen über
Konzepte? Einerseits soll durch Konzepte ein theore-
das bestehende Angebot informiert werden als auch
tisches Reflektieren angeregt werden, um Anstöße
die öffentliche Präsenz gesteigert und Vorurteilen
für die alltägliche pädagogische Arbeit mit bestimm-
und Ablehnungen gezielt begegnet sowie über die
ten Zielgruppen zu bekommen, Bewältigungsstrate-
Inhalte aufgeklärt werden. Hier seien beispielsweise
gien für konkrete Konfliktfelder zu entwickeln oder
Folder, Zeitschriften, Plakate, Flyer genannt. Um dies
um inhaltliche Arbeitsschwerpunkte der jeweiligen
zu bewerkstelligen, ist die dafür notwendige Finan-
Einrichtungen herauszuarbeiten (=nach innen gerich-
zierung sicherzustellen (Schneebauer, 2001, S. 91).
tet). Andererseits soll damit dem von den finanzierenden
Stellen
ausgehenden
Legitimationsdruck
Dokumentation
Rechenschaft gezollt werden sowie der Einsatz unterschiedlichster Ressourcen erklärt werden, um deren
Die Dokumentation des Geleisteten ist ein weiterer,
Unterstützung zu gewährleisten bzw. zu erhöhen
unverzichtbarer Bestandteil der Qualitätsentwick-
(nach außen gerichtet). Die nach außen gerichteten
lung. Sie bietet nicht nur das Fundament bei Ver-
Konzepte – Leitziele und Aufgaben der Kinder- und
handlungen sondern ist ausschlaggebend für deren
Jugendeinrichtung – dienen der Geldbeschaffung
positiven oder negativen Abschluss und ist zugleich
sowie der damit verbundenen Legitimation vor den
Stütze der internen Evaluation.
Entscheidungsträgern als auch der Bevölkerung.
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit ist gefangen
im Spannungsfeld zwischen hochgesteckten Zielen
verschiedenster theoretischer Ansätze und einer
gelegentlich turbulenten praktischen Arbeit. Hier
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 54 -
II.5.2. Evaluation
Kinder- und Jugendarbeit bewegt sich ebenso wie
Selbstevaluation:
Kultur-, Sozial- und Bildungsarbeit in öffentlich finanzierten Bereichen, ist mit Aufträgen hinsichtlich der
• Was ist Gegenstand der Evaluation, was wollen
durch gesellschaftlich definierte Werte bestimmten
Qualität reichlich versehen und hat es schwer, die
wir wissen, wozu wollen wir es wissen?
• Zielkatalog erstellen: Welche Qualitätsmerkmale
Wirkung der eigenen Arbeit nachzuweisen. Einen
sollen erreicht werden?
gewissen Konsens gibt es darüber, dass die Qualität
• Klärung der Voraussetzungen: Was muss ich wis-
von Kinder- und Jugendarbeit nicht überwiegend
sen, damit ich die Zielerreichung bez. Evaluations-
quantitativ (z.B. reichweitenbezogen) nachzuwei-
gegenstands tatsächlich erreichen kann?
sen ist und reine ex-post Beurteilungen (summative
• Entwicklung von Erhebungs- und Auswertungsin-
Evaluationen) kaum zu Qualitätsentwicklungen bei-
strumenten: Wie können zusätzliche Informatio-
tragen.
nen zur Qualitätskontrolle erhoben werden?
Als wesentlich zielführender erweisen sich hier
• Planung von Umsetzung oder Konsequenzen:
Methoden, die überwiegend den Grundsätzen von
Wie kann sichergestellt werden, dass mögliche
formativer Evaluation folgen, die im Sinne einer Steu-
neue Erkenntnisse in die künftige Praxis umge-
erungs- und Optimierungsfunktion alle Beteiligten-
setzt werden können (vgl. Trübswasser/ Schoibl
gruppen in den Arbeitsprozess mit einbezieht.
1998, S. 10ff.)?
Sie haben prozessbegleitenden Charakter und stre-
Folgende Ausdifferenzierungen können sich aus den
ben Systemverbesserungen aufgrund von
Ergebnissen ableiten lassen:
• mehr Wissen – über die Situation
• Konfliktlösungsstrategien zu entwickeln
• mehr Kommunikation – zwischen den
• Die Arbeit mit den angestrebten Zielen zu
Beteiligtengruppen
• mehr Verständnis – für Wünsche und Probleme
aller Beteiligten an. (Trübswasser/Schoibl 1998,
S. 5)
vergleichen
• Qualität zu sichern, Qualitätsentwicklung zu
gewährleisten
• Reflektieren zu können
• Ein Fundament für Verhandlungen zu schaffen
Ergebnisse von Evaluierungen sind letztlich das
• Einen Informationsgewinn zu erzielen
Resultat von Vergleichen. Um zu vergleichen, muss
• Zu dokumentieren
man beobachten, um zu beobachten, über Vorwissen
• Bedürfnisse der Zielgruppe zu evaluieren
verfügen, das den Blick schärft. Evaluation ist die
• Die persönlichen Vorstellungen mit dem
Verwissenschaftlichung von Beobachten, Wissen und
Arbeitsfeld anzugleichen
Vergleichen (Beschreibung, Analyse), um die Ergebnisse (Produkte) dann zu dokumentieren und unter
Zuhilfenahme von Kriterien auszuwerten (Bewertung).
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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II.5.3. Qualitätssicherung
gebührt wesentlich den TrägerInneneinrichtungen.
Es geht nicht an, die Verantwortung dafür und das
Qualitätssicherung bedeutet im engeren, eigenen
Risiko den MitarbeiterInnen zu überlassen. In diesem
Bereich der Einrichtung bzw. Initiative aktive und
Sinne ist es Pflicht der Einrichtungen, den Gemein-
kontinuierliche Teamarbeit; Entwicklung und Pflege
den und Regionen ganz klar auch die Bedingungen
eines Arbeitsklimas, das an Qualität, dem Gespräch
zu formulieren, unter denen Offene Kinder- und
über Qualität und der aufbauenden Reflexion über
Jugendarbeit möglich ist: Für wenig Geld also darf es
Ziele, Erfolge sowie Maßnahmen zur Qualitätsent-
nur wenig Angebot geben – für „kein“ Geld keines,
wicklung orientiert ist.
und schon gar keine Offene Kinder- und Jugendarbeit (Schoibl 2000)!
Weiters bedeutet Qualitätssicherung:
Zur umfassenden Qualitätssicherung in der Offenen
• Vernetzung und Zusammenarbeit mit den diver-
Kinder- und Jugendarbeit ist notwendig:
sen KooperationspartnerInnen vor Ort; Ziel sollte
es sein, kontinuierliche und stabile Strukturen
• Entwicklungspläne für die Qualitätskontrolle zu
der bereichsübergreifenden Kommunikation und
erarbeiten
Kooperation zu entwickeln, um auf weite Sicht
• Wiederholungen der Qualitätskontrolle
auch externe Ressourcen für die eigene Arbeit frei
• Regelmäßige Selbstevaluation als Bestandteil von
zu machen.
einmaligen und wiederkehrenden Angeboten,
• Erarbeitung und Umsetzung von Instrumenten
Projekten
der Qualitätssicherung in der konkreten prakti-
• Erarbeitung eine spezifischen Methodensets
schen Arbeit – der Schwerpunkt sollte dabei auf
• Berichtspflicht – auch zur Legitimation der Mittel-
Methoden der Selbstevaluation gelegt werden.
verwendung gegenüber der Öffentlichkeit
Auch hier empfiehlt sich ein offensiver Umgang
• Teamsitzung, wöchentlich
d.h. die weitgehende (wiewohl anonymisierte
• Vorstandssitzungen, Besprechungen mit
etc.) Offenlegung von Ergebnissen. Mit Feigen-
blattaktionen, die die Bedingungen der eigenen
• Klausur
Arbeit und/oder deren Ergebnisse beschönigen,
• Teambesprechungen mit Fachstellen
ist niemandem gedient! Der vordergründige
• Reflexion (im Team / Großteam)
Schutz des „guten Rufes“ der Einrichtung fällt nur
• Vernetzung; Umfeldarbeit
zu leicht derselben auf den Kopf, weil offensicht-
• Hausversammlungen mit Jugendlichen
lich auch ungenügende Ressourcen und Standards
• Projektreflexion (Fragebögen an Jugendliche)
für qualitativ ‚hochwertige‘ Arbeit ausreichen.
• Projektplanung mit Jugendlichen (Matrix) und
• Organisationsentwicklung von unten: d.h. sys-
TrägerInnen
Evaluation
tematisch im eigenen Bereich beginnen, Struk-
• Quartalsplanung; Ziel - Jahresplanung
turen klar definieren, Rollen und Funktionen so
• Supervision/Intervision
formulieren und besetzen, dass sich eher keine
• Krisenmanagement
Überschneidungen, zumindest aber keine Grauzo-
• Dokumentation (Tagesberichte, Jahresberichte,
nen und/oder Widersprüche ergeben; die eigene
BesucherInnenstatistiken, Einzelfalldokumentation)
Aufgabe als Arbeitgeber ernst nehmen heißt auch
dafür zu sorgen, dass die MitarbeiterInnen in den
Die angestrebten Entwicklungspunkte dürfen jedoch
Einrichtungen arbeits- und sozialrechtlich adä-
nicht darüber hinwegtäuschen, dass jede Einrich-
quate Arbeitsbedingungen vorfinden.
tung Zielvorgaben und Arbeitsschwerpunkte in
ihrem jeweiligen Konzept zu beschreiben hat und
Die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für eine qua-
die Rahmenbedingungen ausschlaggebend für einen
litative Offene Kinder- und Jugendarbeit zu sichern,
Qualitäts­sicherungsprozess sind.
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 56 -
Weiters ist für die Qualitätssicherung erforderlich:
III. Resümee
• Multiprofessionelles Team mit qualifizierter Aus-
Nun liegt die vorläufige Endfassung des Leitfadens
für Offene Kinder- und Jugendarbeit in der Steier-
bildung
• Zweigeschlechtliches Team
mark vor. Vorläufig deshalb, weil sich das Arbeitsfeld
• Regelmäßige Weiterbildung – 10 Arbeitstage ste-
der Offenen Kinder- und Jugendarbeit entsprechend
hen pro Jahr zur Verfügung
den gesellschaftlichen Verhältnissen ständig verän-
• Regelmäßige Supervision und Intervision
dert und damit auch die Rahmenbedingungen und
• Entlohnung - Einstufung nach BAGS – Kollektiv-
Qualitätsansprüche einem Wandel unterliegen.
vertrag (wenn nicht nach einem anderen Kollek-
So behält sich der Steirische Dachverband der Offe-
tivvertrag entlohnt wird)
nen Jugendarbeit vor, diese bei Bedarf zu modifizie-
• Gewährung und Sicherstellung von finanzieller
ren und zu ergänzen.
Förderung seitens der öffentlichen Hand
• Verbindliches Kinder- und Jugendbudget in den
Der Leitfaden für Offene Kinder- und Jugendarbeit
beschreibt Rahmenbedingungen, die eine qualitätso-
Gemeinden
• Transparenz in der Fördervergabe seitens der
rientierte, professionelle Offene Kinder- und Jugendarbeit benötigt, um handlungsfähig zu bleiben. Denn
öffentlichen Hand
• Langfristige Sicherstellung der gesamten Kosten
letztendlich bürgen gute Rahmenbedingungen auch
für gute und professionelle Arbeit. Das Umlegen die-
einer Einrichtung
• Gewährleistung und Sicherstellung von Aus- und
Weiterbildungsmöglichkeiten seitens der öffentli-
ser Rahmenbedingungen auf alle Einrichtungen und
Institutionen ist uns ein großes Anliegen.
chen Hand
So bleibt noch, allen zu danken, die den Arbeitsprozess begleitet und gefördert haben. Unseren
Mitgliedern für die Zeit und ihre Erfahrung, die sie
eingebracht haben, dem Landesjugendreferat Steiermark für die (nicht nur) finanzielle Unterstützung und
all jenen Personen, die uns mit Rat und Tat zur Seite
gestanden sind.
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 57 -
Unabhängig von sozialem S tatus ,
Geschlecht, ethnischer
oder religiöser
Zugehörigkeit
IV. Standards für die
Offene Kinder- und
Jugendarbeit?
Das fehlt gerade noch!
nahme von der theoretischen Ebene auf das
Niveau der konkreten praktischen Umsetzung vor
Ort tendenziell ausgeblendet
• auf der Grundlage der vorliegenden Empfehlungen und Standardvorschläge ist es somit nur
vermittelt möglich, einen konkreten Handlungsbedarf zu formulieren und
• die vorgelegten Zielformulierungen auf einen
Heinz Schoibl
sozialräumlich bezogenen Zielrahmen umzulegen
Helix – Forschung und Beratung, Salzburg
und / oder zu übersetzen
Juli / August 2007
• der theoretisch begründete differenzierte Zielrahmen bleibt damit eher sperrig bzw.
• eine gezielte Operationalisierung für den Alltag
Mit dem „Leitfaden für die Offene Kinder- und
der konkret praktischen Qualitätssicherung und
Jugendarbeit in der Steiermark“ hat der Steirische
–entwicklung ist durchgängig (noch) ausgeblen-
Dachverband
einen
det; z.B. hinsichtlich der spezifischen Rollen im
Katalog theoretisch begründeter und ausgefeilter
Rahmen der kinder- und jugendspezifischen Infra-
Standards vorgelegt und eine Standortbestimmung
struktur:
der
Offenen
Jugendarbeit
bezüglich Haltungen und Schwerpunkten eingeleitet.
Damit ist eine gute Arbeitsgrundlage für die Prak-
• regionale JugendkoordinatorInnen
tikerInnen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
• ehrenamtliche Vorstände in den Trägerver-
bereitgestellt, um so die Angebots- und Qualitätsentwicklung auf der Handlungsebene der kinder- und
einen
• JugendreferentInnen
sowie
politisch
jugendspezifischen Angebote vor Ort / in der Region
zuständige JugendstadträtInnen vor Ort
realisieren und fördern zu können. Bevor ich im Fol-
• JugendarbeiterInnen in den Einrichtungen
genden detailliert auf ausgewählte Fragestellungen
– in Relation zu den spezifischen Träger-
eingehe, möchte ich in einem kurzen Überblick eine
strukturen
gesamthafte Bewertung des vorliegenden Leitfadens
vornehmen:
• last but not least die Kinder und Jugendlichen selbst, denen in den vorliegenden
Leitlinien letztlich keine klar ausformulierte
• der theoretische Bezugsrahmen ist ausgesprochen
Position / Funktion beigemessen wird.
ausdifferenziert
• die Vielfalt der Aufgabenstellungen, Anforde-
Für die konkrete weitere Bearbeitung der methodi-
rungen sowie der praktischen Ansätze in der
schen und Kernfragen der strategischen Zielsetzun-
Steiermark und der im deutschsprachigen Raum
gen, wie sie im Leitfaden aufbereitet sind, und für die
realisierten Modelle der Offenen Kinder- und
Umsetzung der daraus abzuleitenden Standardemp-
Jugendarbeit werden im großen Bogen anschau-
fehlungen stehen aus meiner Sicht zentrale Arbeits-
lich abgebildet
schritte zur Hinführung auf die Handlungsebene der
• Leitlinien
und
Leitsätze
werden
theoretisch
belegt, bleiben aber im Wesentlichen etwas abs-
örtlichen / regionalen Kinder- und Jugendarbeit an.
Das betrifft insbesondere die Gesichtspunkte:
trakt und
• in Hinblick auf empirisch nachvollziehbare Grund-
• Positionierung der Offenen Kinder- und Jugendar-
züge, die eine (Selbst-)Bewertung der je eigenen
beit im Kontext der örtlichen / regionalen kinder-
und realisierten Standards ermöglichen würden,
eher zurückhaltend
und jugendspezifischen Infrastruktur
• Stellenwert der Offenen Kinder- und Jugendar-
• dementsprechend wird auch eine direkte Bezug-
beit im regionalen / örtlichen Jugenddiskurs
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 59 -
• Anbindung an die angrenzenden Einrichtungen
der Institutionen / Organisationen in ihrem näheren
der kinder- und jugendspezifischen soziokulturel-
Umfeld (z.B. Schulen, Vereine und Organisationen)
len Infrastruktur (Jugendsozialarbeit, schulische
die Möglichkeit, sich an Entwicklungsprozessen und
und berufliche (Aus-)Bildung, Arbeitsmarkt, Kul-
/ oder Entscheidungen zu beteiligen. In der Regel
tur etc.)
bleibt es dabei, die spezifischen Bedürfnisse und
• Verortung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
die Meinungen / Wünsche der beteiligten Kinder
als AkteurIn der subjektiven Kinder- und Jugend-
und Jugendlichen mehr / minder systematisch zu
politik (Partizipation im politischen Geschehen in
sammeln; eine aktive Mitwirkung und / oder Mitge-
der Gemeinde, in der Region und darüber hinaus)
staltung durch Kinder und Jugendliche ist eher nur in
wenigen Ausnahmen gewährleistet. Der Einfluss von
Zur Positionierung der Offenen
Kindern und Jugendlichen auf ihr gesellschaftliches
Kinder- und Jugendarbeit
Umfeld ist Enden wollend.
Die Betrachtung der vielfältigen Phänomene rund
Das gesellschaftliche Umfeld von Kindern und
um Kindheit und Jugend macht deutlich, dass von
Jugendlichen wird von Erwachsenen / der Genera-
einem ausgesprochen raschen Wechsel und tem-
tion von Eltern geprägt
porären Zyklen auszugehen ist. Die Zielgruppe von
Offener Kinder- und Jugendarbeit besteht aus jeweils
Der institutionelle Rahmen der Entwicklung von Kin-
unterschiedlichen Teilgruppen, die sich in vielerlei
dern und Jugendlichen / ihr soziales Umfeld, in dem
Hinblick voneinander unterscheiden und durch aus-
sie aufwachsen, wird wesentlich von Erwachsenen /
gesprochen unterschiedliche Bedürfnisse auszeich-
von der Generation ihrer Eltern gestaltet und domi-
nen. Das betrifft nicht nur die Altersstreuung in der
niert. Das kindliche und jugendliche Lebensumfeld ist
Spanne von etwa 12 Jahren bis hinauf zum Alter von
weitgehend durch Werthaltungen und Normalitäts-
30 Jahren, die eine zielgruppenspezifische Differen-
vorstellungen von Erwachsenen geprägt. Kindheit
zierung der Angebote erforderlich macht. Weitere
und Jugend sind fremdbestimmt.
wichtige Unterscheidungen betreffen Geschlecht,
Migrationshintergrund sowie die Zugehörigkeit zu
Kinder- und Jugendpolitik findet ohne Kinder und
jugendkulturellen Strömungen und Szenen (Skater,
Jugendliche statt
Hip-Hop, Punk und Heavy Metal, Skins etc.). Jugendkulturen lassen sich ja nicht nur auf unterschiedliche
Im Rahmen der repräsentativen Demokratie (nicht
Moden und musikalische Vorlieben etc. reduzieren,
nur) in Österreich sind (noch) keine Vorsorgen dafür
sondern setzen sich darüber hinaus auch in ihren
getroffen, dass Kinder und Jugendliche sich am
gesellschaftspolitischen Gehalten wesentlich vonein-
politischen Geschehen beteiligt können. Tatsächlich
ander und erst recht von der Mainstreamgesellschaft
findet Kinder- und Jugendpolitik nach wie vor unter
ab bzw. verstehen sich diese teilweise überhaupt als
weit gehendem Ausschluss von Kindern und Jugend-
Gegenpol und –modell zum Establishment.
lichen statt. Kinder- und Jugendpolitik ist stattdessen
Gemeinsam ist dieser heterogenen Zielgruppe ledig-
vor allem eine Angelegenheit von Erwachsenen (in
lich, dass sie in der Gesellschaft der Erwachsenen tat-
Stellvertretung), ohne dass es Vorsorgen für Legiti-
sächlich (noch) keine Stimme hat.
mierung, Repräsentation, Beauftragung und / oder
Kontrolle durch Kinder und Jugendliche gibt. Kinder
Kindheit und Jugend haben keinen direkten und
und Jugendliche haben in der Kinder- und Jugendpo-
eigenständigen Zugang zu sozialer / kultureller
litik keinen Subjektstatus.
demokratischer Teilhabe
Das soziale Umfeld von Kindern und Jugendlichen
bietet diesen (bestenfalls) kleine Nischen innerhalb
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 60 -
Im schulischen Kontext wird die Subjektförderung
schaftlichen Umgebung, die sich dadurch auszeichnet,
von Kindern und Jugendlichen durch das Primat der
dass Kinder und Jugendliche in ihr vorwiegend in der
Lehrstoffvermittlung überlagert
Form der Stellvertretung beteiligt sind. Naheliegend,
wenn auch ausgesprochen unbefriedigend, ist mithin
Die Schulen stehen wesentlich im Zeichen traditio-
zu beobachten und festzustellen, dass sich die Offene
neller pädagogischer Modelle, die wesentlich auf
Kinder- und Jugendarbeit mit der Anforderung aus-
die Erfüllung des Lehrplans abgestellt sind. Fragen
gesprochen schwer tut, Kindern und Jugendlichen
der Persönlichkeitsentwicklung und insbesondere
Zugang zur sozialen und kulturellen demokratischen
der Förderung von persönlicher Autonomie werden
Öffentlichkeit zu verschaffen.
demgegenüber als nachrangig behandelt.
Ich denke, dass es mit dieser spezifischen Verortung
der Offenen Kinder- und Jugendarbeit zu tun hat,
Jugendwohlfahrt ist auf die Durchsetzung der
dass sich diese tendenziell schwer tut, einen systema-
Normalitätsvorstellungen von Erwachsenen ausge-
tischen, kontinuierlichen und effektiven Außenauf-
richtet
tritt zu realisieren und Öffentlichkeit für Kinder und
Jugendliche zu gewährleisten. Nur zu oft kann beob-
Jugendwohlfahrt orientiert sich wesentlich an den
achtet werden, dass Offene Kinder- und Jugendarbeit
klassischen Familienbildern und ist weitgehend als
sich in die (selbstgewählten) Nischen der Kinder- und
normalisierende Intervention (sei es zur Unterstüt-
Jugendhäuser zurückzieht. Stattdessen wäre zu
zung der Familien bei der Erziehung ihrer Kinder
empfehlen, dass die Offene Kinder- und Jugendar-
/ Jugendlichen bzw. als Ersatz dieser familiären
beit sich vermehrt darauf besinnt und konzentriert,
Erziehung im Rahmen einer Familien ersetzenden
offensiv den Kontakt mit den angrenzenden Feldern
Fremderziehung) gestaltet. Lediglich sekundär und
der kinder- und jugendspezifischen Infrastruktur zu
bestenfalls in kleineren Nischen (z.B. im Rahmen
pflegen, mit ihren Angeboten und gemeinsam mit
der Kinder- und Jugendanwaltschaft) ist Jugend-
ihren BesucherInnen / NutzerInnen einen systemati-
wohlfahrt auf die unmittelbare Unterstützung von
schen Außenauftritt realisiert. Kindheit und Jugend
Kindern und Jugendlichen zur Realisierung ihrer je
sichtbar zu machen, die Schnittstellen zu Schulen,
persönlichen Entwicklung ausgerichtet. Wo Jugend-
Jugendsozialarbeit, Kultur und Arbeitswelt gezielt
wohlfahrt draufsteht, so kann mit großer Plausibilität
aufzugreifen, erscheinen – insbesondere in Zeiten
pauschaliert werden, ist (noch) kein Platz für Auto-
eines umfassenden demografischen Wandels unserer
nomie.
Gesellschaft und der weit reichenden Erosion der traditionellen Familie als zentrales Gebot der Stunde.
Zum Selbstverständnis der Offenen Kinder- und
Der vorliegende Leitfaden der Offenen Kinder- und
Jugendarbeit
Jugendarbeit greift die Aspekte der Vernetzung und
der sozialräumlichen Orientierung zentral auf und
In ihren wesentlichen Eckpfeilern der freiwilligen,
eröffnet damit Perspektiven für eine überfällige Wei-
niederschwelligen und nicht konditionalen Angebote
terentwicklung, sowohl in methodischer Hinsicht als
kann die Offene Kinder- und Jugendarbeit gar nicht
auch in Bezug auf das Selbstverständnis vieler Akteu-
anders, als die Subjektivität und die Autonomie ihrer
rInnen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit.
BesucherInnen zu respektieren und ernst zu nehmen.
In diesem Zusammenhang erscheint es mir von großer
Sonst läuft sie nicht nur Gefahr, dass sie letztlich
Bedeutung, sich auf den Gründungszusammenhang
ohne Kinder und Jugendliche stattfindet. Tatsäch-
der Offenen Kinder- und Jugendarbeit zu besinnen.
lich würde sie damit ihre zentrale Chance vertun,
Insbesondere ist dabei die große Rolle zu beachten,
gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen einen
die der Dynamik der ‚bottom up‘ Traditionen in der
Freiraum für selbstbestimmte Entwicklung bereit zu
Entwicklung vieler Einrichtungen der Kinder- und
stellen. Offene Kinder- und Jugendarbeit steht damit
Jugendarbeit zukommt. Demgegenüber verdankt ein
gewissermaßen aber auch im Schatten einer gesell-
großer Teil der jüngeren Einrichtungen der Offenen
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 61 -
Kinder- und Jugendarbeit ihre Existenz einer Top-
für Kinder und Jugend besteht kein Rechtsanspruch
Down-Entscheidung z.B. einer Gemeinde, die für sich
besteht, muss für die Einrichtung von Kinder- und
den Bedarf nach jugendspezifischer Förderung durch
Jugend­zentren und entsprechender offener Ange-
die Bereitstellung von Ressourcen abzudecken sucht
bote häufig appellativ argumentiert werden. Zumeist
und diese an mehr / minder explizit formulierte Vor-
kommen dabei Argumente zum Einsatz, die aus dem
gaben und Funktionen knüpft.
Kontext der objektiven Kinder- und Jugendpolitik
Die Realität der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
stammen, d.h. also den Erwartungen und Bedürfnis-
ist somit durch unterschiedlichste Anforderungen
sen der Erwachsenen / der Generation der Eltern am
und Erwartungen / Aufträgen und Auflagen gekenn-
ehesten entsprechen und auf Funktionen aus ande-
zeichnet, die zum Teil nahezu unversöhnlich einander
ren Arbeitszusammenhängen (Prävention, Bildung
gegenüber stehen. Das betrifft eben einerseits die
etc.) abzielen. Wesentlich erscheint dabei, dass den
Anforderungen und Erwartungen aus der Welt und
Kinder- und JugendarbeiterInnen in diesem Zusam-
der Sicht der Erwachsenen / der Elterngeneration,
menhang wesentlich die Aufgabe der Übersetzung
die nur indirekt den Erwartungen der Zielgruppe
und die Funktion des Brückenschlags zukommt, in
und deren Lebenswelt entsprechen. Dem stehen auf
ihrer Argumentation nicht nur in Stellvertretung der
der anderen Seite die Erwartungen und Bedürfnisse
Kinder und Jugendlichen zu sprechen sondern diese
der Kinder und Jugendlichen gegenüber, denen die
in die Auseinandersetzung mit Standards, mit Qua-
Offene Kinder- und Jugendarbeit, wie oben ausge-
lität, mit Auftrags- und Finanzsicherheit wesentlich
führt, in einer ganz besonderen Ausprägung ver-
mit einzubeziehen.
pflichtet ist. Unterm Strich ergibt sich aus dieser ten-
Um so wichtiger ist es deshalb, dass auf Initiative
denziell widersprüchlichen Anforderungssituation,
des steirischen Dachverbandes nun ein fundierter
dass die Offene Kinder- und Jugendarbeit tendenziell
Standardkatalog vorliegt, der dezidiert auf die Rea-
in den Öffentlichkeitsstatus ihrer Zielgruppe rutscht;
lisierung von Standards, auf die Positionierung der
d.h. aus dem Spektrum der Beteiligung an Kinder-
Offenen Kinder- und Jugendarbeit im Rahmen des
und Jugendpolitik ebenso ausgeschlossen wird, wie
regionalen / örtlichen Jugenddiskurses und auf die
es für die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen
gezielte Pflege und Bearbeitung der Schnittstellen
evident ist.
zu den angrenzenden kinder- und jugendspezifischen
Bereichen der soziokulturellen Infrastruktur (Jugend-
Pragmatismus und Standardentwicklung – (k)ein
wohlfahrt, Bildung, Arbeitsmarkt, Kultur etc.) abzielt.
Widerspruch
Damit die Offene Kinder- und Jugendarbeit tatsächlich eine gewichtige AkteurIn der subjektiven Kin-
Es ist dieser besonderen Ausgangssituation zu danken,
der- und Jugendpolitik (Partizipation im politischen
dass die Offene Kinder- und Jugendarbeit letztlich auf
Geschehen in der Gemeinde, in der Region und dar-
keinerlei gesetzliche Grundlagen zurückgreifen kann,
über hinaus) werden kann, bedarf es nun der weiter-
die gleichermaßen in der Lage wären, Finanz- und
gehenden Bearbeitung und des gezielten Lobbyings
Auftragssicherheit zu gewährleisten. Das Gegenteil
für die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen und
ist der Fall: Es ist den Gemeinden und der Landespo-
gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen.
litik weitgehend freigestellt, ob und in welchem Aus-
Für diese hochgesteckte Aufgabe wünsche ich den
maß Fördermittel bereitgestellt werden. Diese sind in
AkteurInnen der steirischen Kinder- und Jugendar-
diesem Sinne auch nicht an explizit formulierte Stan-
beit Kraft, Freude und hartnäckige Zuversicht.
dardvorgaben (z.B. hinsichtlich der Anzahl der Kinder
und Jugendlichen im engeren Einzugsbereich, der
Raumgröße und der nötigen Ausstattung, der Qua-
(Der Artikel ist erschienen in: Steirischer Dachverband
lifikation und der Anzahl der hauptamtlichen Mitar-
der Offenen Jugendarbeit (Hrsg):
beiterInnen etc.) gebunden. Zumal in diesem Sinne
Jugend inside Nr. 3 / September 2007, S. 6ff.)
auf die Förderung einer professionellen Infrastruktur
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
- 62 -
Offene Jugendarbeit
versteht sich als
lebensweltorientierte
Jugendarbeit
V. Offene Jugendarbeit
in Österreich
profitieren. Obwohl Angebote der Offenen Jugendarbeit auch von Kindern genutzt werden (können)
und bei Bedarf auch spezifische Angebote gesetzt
werden, geht es bei dieser ersten Begriffsklärung im
Sinne einer bundesweiten Vernetzung noch nicht um
Eine erste Begriffsklärung
als Grundlage für eine
bundesweite Vernetzung
die Beschreibung von Arbeitsfeldern in der konkreten
Arbeit mit Kindern. Es wird daher der Begriff „Offene
Kinderarbeit“ noch nicht mit dem Begriff „Offene
Jugendarbeit“
verbunden,
wenngleich
sich
die
Offene Jugendarbeit als der (sozial)pädagogische Ort
versteht, wo die Arbeit mit Kindern entwickelt und
weiter ausgebaut werden kann und soll. Bestehende
Präambel
fachliche Angebote im Kontext der „Offenen Arbeit
mit Kindern“ werden in dieser ersten Begriffsklärung
Die Offene Jugendarbeit in Österreich beinhaltet
mitberücksichtigt. Diese bilden die Grundlage - unter
eine Vielfalt an Angeboten und Methoden, die die
Berücksichtigung von europaweiten Trends - für eine
Qualität der Offenen Jugendarbeit in den einzelnen
weitere Bearbeitung der Fragestellung nach Voraus-
Bundesländern prägt. Eine bundesweite Begriffs-
setzungen, Methoden und Rahmenbedingungen für
klärung heißt, eine Grundlage zu schaffen für die
dezidierte Angebote für Kinder im Handlungsfeld
Vernetzung der Offenen Jugendarbeit in Österreich
„Offene Jugendarbeit“. Diese begriffliche und inhalt-
– sowohl strukturell als auch inhaltlich -, mit dem Ziel
liche Weiterentwicklung von Offener Jugendarbeit
das „größte gemeinsame Vielfache“ zu definieren. Es
zu Offener Kinder- und Jugendarbeit soll in der wei-
kann bei Offener Jugendarbeit bundesweit betrach-
teren konkreten Arbeit im Zuge einer bundesweiten
tet nicht um Bestimmung von organisatorischen,
Vernetzung von Offener Jugendarbeit in Österreich
strukturellen
behandelt werden.
und
finanztechnischen
Grundlagen
gehen. Diese können in der gemeinsamen Begriffsklärung nicht berücksichtigt werden, da sich die
jugendpolitischen Voraussetzungen in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich gestalten.
Grundlage einer gemeinsamen Annäherung müssen
Nutzen und Wirkungen von
Offener Jugendarbeit
fachlich definierte Handlungsprinzipien bilden.
Nutzen und Wirkungen für die jungen Menschen
Offene Jugendarbeit begleitet und fördert junge
Rahmenbedingungen dieser
Begriffsklärung
Menschen in deren Entwicklung. Die Angebote von
Offener Jugendarbeit tragen zur Eigenständigkeit
und Eigenverantwortung junger Menschen bei. Die
OJA findet in Jugendzentren, Jugendtreffs, Jugend-
Förderung von Bildungsprozessen und die Vermitt-
cafes und anderen räumlichen Gegebenheiten, aber
lung von Lebenskompetenzen im Rahmen eines
auch im öffentlichen Raum statt und bietet jungen
Erlebnis- und Erfahrungsraumes unterstützt ein kon-
Menschen die Möglichkeit fachlich begleitete Ange-
struktives Hineinwachsen in die Gesellschaft.
bote in Anspruch zu nehmen. Zielgruppe der Offenen
Jugendarbeit sind junge Menschen unabhängig von
sozialem Status, Geschlecht, ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit. Grundsätzlich können auch
Kinder von Angeboten der Offenen Jugendarbeit
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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Nutzen und Wirkungen für die Öffentlichkeit/
Bildung in der Offenen Jugendarbeit 1)
Gesellschaft
Formale, non - formale und informelle Bildung
Mündige junge Menschen: Die Angebote und Metho-
ergänzen einander und verstärken wechselseitig den
den der Offenen Jugendarbeit bewirken für junge
lebenslangen Lernprozess.
Menschen eine Verbesserung ihrer Möglichkeiten
Non- formale Bildung und informelles Lernen finden
der gesellschaftlichen Teilhabe im Sinne einer akti-
in der Offenen Jugendarbeit ihren Niederschlag:
ven Mitgestaltung. Als Experimentierfeld für dieses
Informelle Bildung bezieht sich auf lebenslange Lern-
Teilhaben begleitet Offene Jugendarbeit junge Men-
prozesse, in denen der (junge) Mensch Haltungen,
schen darin, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden
Werte, Fähigkeiten und Wissen durch Einflüsse und
und wahrzunehmen.
Quellen der eigenen Umgebung erwirbt und aus
der täglichen Erfahrung übernimmt - beispielsweise:
Familie, Nachbarn, Bibliothek, Massenmedien, Arbeit,
Offene Jugendarbeit und ihr politisches Mandat
Spiel, Peer - Group und eben auch OFFENE JUGENDARBEIT.
Offene Jugendarbeit hat ein politisches Mandat (ver-
Non - formale Bildung bezieht sich als Begriff auf
gleiche Handlungsprinzipien) zur Veränderung von
jedes außerhalb des formalen Curriculums geplante
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, um jungen
Programm zur persönlichen und sozialen Bildung für
Menschen im Sinne von Vereinbarkeit von Differenz
junge Menschen, das der Verbesserung bestimmter
und Vielfalt (z.B. sozialräumliche Aneignung) bessere
Fähigkeiten und Kompetenzen dient. Non - formale
Zugänge zu gesellschaftlicher Teilnahme und Mitbe-
Bildung beinhaltet sowohl individuelles Lernen als
stimmung zu ermöglichen.
auch das Lernen in Gruppen. Das „In-Gang-Setzen“
von wesentlichen, nachhaltigen persönlichen und
Weitere Nutzen und Wirkungen
sozialen Bildungsprozessen ist eine besondere Wirkung der Offenen Jugendarbeit.
Präventive Wirkung von Offener Jugendarbeit
Basierend auf der Anwendung der Handlungsprinzipien besteht eine allgemein präventive Wirkung
von Offener Jugendarbeit mit ihren Methoden und
Fachliche Grundlagen von
Offener Jugendarbeit
Angeboten darin Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung zu fördern, Handlungsalternativen zu
Subjektorientierter Ansatz: Der junge Mensch steht
erweitern, neue Perspektiven zu entwickeln und
im Mittelpunkt der Offenen Jugendarbeit. Selbst-
Beteiligung und öffentliche Einflussnahme zu for-
achtung, Selbstverwirklichung und Möglichkeiten
cieren. Der Selbstwert wird gesteigert - das Selbstbe-
der gesellschaftlichen Teilhabe der Jugendlichen sind
wusstsein wird gestärkt. Offene Jugendarbeit trägt
dabei wesentliche Elemente. Die daraus resultierende
zur Gesundheitsförderung in einem ganzheitlichen
Zielgruppenorientierung als Handlungsansatz findet
Sinne (körperlich – geistig – seelisch – emotional) bei.
in allen Handlungsprinzipien ihren Niederschlag.
Offene Jugendarbeit setzt konkrete Angebote mit
Gender-Mainstreaming: Eine Grundlage im Hand-
zahlreichen positiven, nachhaltigen Wirkungen im
lungsfeld Offene Jugendarbeit bildet Gender-Main-
Kontext folgender Fachbereiche: Gewaltprävention,
streaming. Offene Jugendarbeit berücksichtigt die
Suchtprävention, Medienpädagogik, Sexualpädagogik, Ernährung und vieles mehr.
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
1) Vergleiche auch Textquelle: http://www.
kompass.humanrights.ch/cms/front_content.php?idcat=1539
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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unterschiedlichen Lebenssituationen und Interes-
in der Offenen Jugendarbeit und die Qualität ihrer
sen von Mädchen und Burschen von vornherein
Angebote zu gewährleisten braucht diese Form der
und regelmäßig, da es keine geschlechtsneutrale
Jugendarbeit entsprechende Rahmenbedingungen:
Wirklichkeit gibt. Geschlechtssensibles Arbeiten als
finanzielle und personelle Ressourcen, fachlich aus-
Methode und darauf basierend das Setzen von fach-
gebildete MitarbeiterInnen, und eine allgemeine
lichen Angeboten soll zur Geschlechterdemokratie in
gesellschaftspolitische Akzeptanz und Anerkennung
Österreich beitragen.
als wichtiges fachliches Bildungs- und Sozialisationssystem für junge Menschen.
Sozialräumliche Orientierung: Offene Jugendarbeit
und ihre Angebote stehen in Interaktion und Wechselwirkung mit Einflüssen und Effekten von anderen
Sozialisationsprozessen, welchen der junge Mensch
Handlungsprinzipien der
Offenen Jugendarbeit
in vielen anderen Institutionen und Sozialisationsorten ausgesetzt ist bzw. auf welche er sich aktiv
Die fachlichen Grundlagen bilden die Basis für die
einlässt (z.B. Elternhaus, Schule, Peers…). Aus der
nachfolgend
Schnittmenge der Bedürfnisse von jungen Menschen
Diese Grundlagen sind Bestandteil aller Handlungs-
und den Ressourcen bzw. dem Bedarf des sozialen
prinzipien. Diese wiederum sind die Säulen für die
Raums bzw. der regionalen Gegebenheiten und
Entwicklung und das Setzen von konkreten Angebo-
Voraussetzungen ergibt sich auf Basis der Fachlich-
ten und kommen in der Anwendung von Methoden
keit der Jugendarbeiterin/des Jugendarbeiters die
qualitativ zum Tragen.
beschriebenen
Handlungsprinzipien.
sozialräumliche Orientierung der Offenen Jugendarbeit als Rahmenbedingung für ihre Angebote und
Wichtig: Flexibilität, Prozessorientierung und Konti-
Methoden.
nuität sind die Qualitätsmerkmale der Angebote und
Methoden der Offenen Jugendarbeit – sind diese
Professionelle Beziehungsarbeit als eine Methode:
Merkmale nicht gegeben, handelt es sich nicht um
Der Jugendarbeiter/die Jugendarbeiterin tritt mit
Angebote der Offenen Jugendarbeit.
dem jungen Mensch in Kontakt und umgekehrt. Das
Setzen von Angeboten auf Basis der beschriebenen
• Offenheit (Niederschwelligkeit): Offene Jugend-
Handlungsprinzipien ist ein Resultat, welches aus
arbeit stellt jungen Menschen (Frei)Raum an
der Interaktion der professionellen Wahrnehmung
sich kostenlos, ohne Konsumzwang und ohne
der Bedürfnisse, Ressourcen und Lebenswelten der
Verpflichtung zu einer Mitgliedschaft zur Verfü-
jungen Menschen resultiert. Der Beitrag der jungen
gung. Die innerhalb dieses (Frei)Raums möglichen
Menschen zu der wechselseitigen Beziehung besteht
Angebote basieren auf dem Prinzip der Nieder-
unter anderem darin zuzulassen, dass erwachsene
schwelligkeit. Offene Jugendarbeit ist offen für
Personen diesen Einblick bekommen. Die Rolle
verschiedene Zielgruppen. Diese Offenheit drückt
des Jugendarbeiters/der Jugendarbeiterin besteht
sich aus in der Vermittlung des Gefühls von Will-
darin, als Fachperson Orientierung, Begleitung,
kommen seins, des sich Empfangen Fühlens, des
Halt, Lösungsansätze und Handlungsoptionen anzu-
einfach so sein können wie er/sie ist. Dies erfolgt
bieten. Er/sie ist als authentischer Erwachsener ein
durch eine atmosphärische einladende Gestaltung
role - model. Junge Menschen und deren Verhalten
aber auch durch entsprechenden Angebote und
und deren Bedürfnisse stehen in ständiger Wechsel-
Gestaltungsmöglichkeiten. Junge Menschen müs-
wirkung mit den Bedürfnissen, Notwendigkeiten,
sen keine spezifischen Voraussetzungen erfüllen,
Rechtmäßigkeiten und Rahmenbedingungen einer
müssen keine expliziten Verbindlichkeiten einhal-
Gesellschaft.
ten und keine Kontinuität gewährleisten.
Offene
Jugendarbeit
nimmt
diese
Wechselwirkungen bewusst wahr und macht diese
sichtbar und nachvollziehbar. Um die Fachlichkeit
• Freiwilligkeit: Der junge Mensch entscheidet
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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innerhalb des Settings „Offene Jugendarbeit“
diese auch selber als ihre Bedürfnisse, Wünsche,
eigenständig, was er/sie wann, wo und auch mit
Notwendigkeiten usw. wahrnehmen. Diesen in
welcher Motivation in Anspruch nehmen, aktiv
welcher Art auch immer artikulierten Bedürf-
selber gestalten oder fordern und in Folge auch
nissen wird in entsprechenden Angeboten und
umsetzen möchte. Offene Jugendarbeit findet
Methoden Rechnung getragen. Offene Jugend-
in der Freizeit bzw. in der freien Zeit der jungen
arbeit stellt hier auch eine Art Experimentierfeld
Menschen ihren Niederschlag. Damit der junge
für diese Bedürfnisse dar. Andererseits gibt es
Mensch die Angebote der Offenen Jugendarbeit
Bedürfnisse, die jungen Menschen zugeschrieben
freiwillig in Anspruch nimmt, muss er Lust haben
werden bzw. Ansprüche, welchen sie als Mitglied
bzw. Spaß daran haben sich auf diese Angebote
der Gesellschaft Rechnung tragen müssen. Offene
einzulassen und diese Angebote müssen für ihn
Jugendarbeit versucht diesen unter anderem mit-
seiner Wahrnehmung entsprechend Nutzen stif-
tels geschlechtsbezogener Zugänge und Anerken-
ten.
nung von Diversität zu entsprechen.
• Überparteilichkeit und Überkonfessionalität: Die
• Ressourcenorientierung: Jeder (junge) Mensch
Grundhaltung in der Offenen Jugendarbeit ist
hat Ressourcen und Potentiale. Offene Jugend-
politisch gesehen überparteilich und in Bezug auf
arbeit stellt diese in Mittelpunkt der Betrachtung
Religionen überkonfessionell. Die Möglichkeit zur
ihrer Zielgruppe. Junge Menschen erfahren durch
Nutzung der Angebote der Offenen Jugendarbeit
Offene Jugendarbeit einen Zugang zu ihren Stär-
besteht für junge Menschen unabhängig von
ken und Fähigkeiten und durch entsprechende
einer möglichen Parteizugehörigkeit und/oder
Angebote eine Förderung derselben. Als Stärken
Religionszugehörigkeit.
bzw. Ressourcen werden ALLE Potentiale von jungen Menschen akzeptiert.2) Dabei kann und darf
Jugendarbeit
es nicht darum gehen Schwächen, Mängel bzw.
versteht sich als lebensweltorientierte Jugend-
Defizite auszugleichen. Dies kann vielleicht ein
arbeit. Lebens- und alltagsweltliche Deutungen,
möglicher Effekt der Ressourcenorientierung sein.
Interpretationen, Handlungen und Interessen
Von den Prinzipien Lebenswelt-, Bedürfnis- und
der jungen Menschen sind Ausgangspunkte der
Ressourcenorientierung ausgehend leitet sich ein
Angebote der Offenen Jugendarbeit. Ein ganz-
jugendpolitisches Mandat der Offenen Jugendar-
heitliches Verständnis für die Lebenswelten von
beit in Form von Parteilichkeit ab. Ziel ist das Sicht-
jungen Menschen zu entwickeln, bedeutet diese
bar Machen von Interessen, von Bedürfnissen und
in engem Bezug zu ihrer Lebenslage, ihren kon-
Lebenswelten, von Potentialen und insbesondere
kreten Bedingungen in ihrer sozialräumlichen
von Rechten von jungen Menschen in der Interak-
Lebenswelt, ihren Treffpunkten, den Cliquen und
tion mit der Gesellschaft und den Möglichkeiten
Institutionen zu sehen. Aus dieser Lebenswelto-
die sich den jungen Menschen darin bieten und
rientierung heraus versteht sich Offene Jugend-
bieten sollten.
• Lebensweltorientierung:
Offene
arbeit mit ihren Angeboten als Teil der sozialen
Infrastruktur einer Gemeinde bzw. einer Region.
• Partizipation: Die Beteiligung junger Menschen an
sozialräumliche
Gestaltungsprozessen, die Förderung ihrer Selbst-
Bedürfnisse (z.B. Freiräume für Jugendliche) der
organisationsfähigkeit und die Unterstützung
Darüber
hinaus
fordert
sie
jungen Menschen auch in der Öffentlichkeit ein.
Bedürfnisorientierung
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
als Handlungsprinzip in der Offenen Jugendar-
2) Sofern diese Potentiale nicht gültigen Gesetzen und/oder all-
• Bedürfnisorientierung:
beit orientiert sich einerseits an den unmittelbaren Bedürfnissen der jungen Menschen, die
gemeinen Menschenrechten widersprechen und/oder schädliche
(Aus)Wirkungen für den jungen Menschen oder sein Umfeld
haben.
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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der Artikulation ihrer Interessen in unterschiedlichen Zusammenhängen (persönliche Interessen,
lebensweltspezifische Interessen, gesellschaftliche und politische Interessen) stellt als Förderung
ihrer Partizipation ein wichtiges Handlungsprinzip
der Offenen Jugendarbeit dar.
• Kultur der 2./3./4. Chance: Junge Menschen
machen Fehler, gehen (immer wieder) über Grenzen, fordern Sanktionen heraus, indem Grenzen
übertreten werden. Durch das Handlungsprinzip
der „Kultur der 2./3./4. Chance“ in der Offenen
Jugendarbeit erlebt der junge Mensch Konsequenzen seines Handelns nicht als endgültige
Reaktion, sondern auch als Angebot sich fachlich
begleitet (persönlich) weiterentwickeln zu können. Offene Jugendarbeit ist auch für junge Menschen da, wenn sie Grenzen übertreten haben. Sie
sanktioniert zwar und zieht Konsequenzen, bleibt
aber nach wie vor in Beziehung mit dem jungen
Menschen und ermöglicht so Wege alternativer
Meinungsbildungen und Handlungsoptionen.
Ausblick
Durch diese erste bundesweite Begriffsklärung wird
gemeinsame Qualitätsweiterentwicklung der Offenen Jugendarbeit in Österreich ermöglicht. Sie bildet
im Sinne eines dynamischen Begriffsverständnisses
die Grundlage für den Aufbau einer Vernetzung von
Offener Jugendarbeit, fördert Fachlichkeit, wechselseitiges Verständnis und die Vielfalt.
(ARGE Offene Jugendarbeit und Fachgruppe
Offenen Jugendarbeit, 2008)
DVJ: Leitfaden für die OFFENE KINDER- UND JUGENDARBEIT in der Steiermark, Vers. 4 (2013)
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Offene Jugendarbeit
befindet sich
im Schnittpunkt zwischen
Jugendkultur
und Gesellschaft
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