was ist passiert/was bleibt?

EVENTS 39
Evaluation, Qualität und Forschung als Leitthemen des 6. Fachkongresses Telemedizin
10 Jahre DG Telemed –
was ist passiert/was bleibt?
Autorin: Mirjam Bauer
So begann der Kongress im November auch mit
den Grußworten des Präsidenten der französischen „Association Nationale de Télémédecine“, der sich für vier Jahre fruchtbare Partnerschaft bedankte. Die Sessions „Politik und
Selbstverwaltung“, „Patient und Telemedizin“
sowie „Evaluation, Qualität und Forschung“
standen am ersten Tag auf der Agenda. Am Folgetag wurde „Gesundheit als App?“ diskutiert
und der „Dialog mit Fachgesellschaften“ aufrechterhalten, zuletzt stellten Ärzte und Industrie „aktuelle Projekte in der Telemedizin“ vor.
Den mit 5000 € dotierten Telemedizinpreis erhielten am Abend des ersten Tages drei Notfallmediziner des Aachener Universitätsklinikums,
die sich mit ihrem holistischen Tele-Notarztsystem in der Routineversorgung gegen elf andere
Einreichungen durchgesetzt hatten.
Das System nutzt moderne Informationsund Kommunikationstechnologien im Rettungsdienst, um den Einsatz von Notärzten zu optimieren und die Qualität der notärztlichen
Versorgung zu steigern. Rettungsassistenten
oder Sanitäter schalten kurz nach Eintreffen an
der Unfallstelle den Telenotarzt per Knopfdruck
zu. So kann dieser die Untersuchung des Patienten steuern und Diagnostik sowie weitere
Maßnahmen einleiten. Durch die eingesparte
Fahrzeit kann der Telenotarzt drei- bis viermal
so viele Einsätze durchführen wie ein traditionell eingesetzter Notarzt. Das vollständige Versorgungskonzept ist rechtlich geprüft; standardisierte Handlungsabläufe haben nachweislich
die Qualität und Behandlung verbessert.
Dr. Karsten Neumann, Geschäftsführer und
Bereichsleiter Krankenversicherung des IGES
Instituts, Berlin, sieht im Innovationsfonds noch
offene Fragen zur Ausgestaltung, beispielsweise zum Zeitplan, zu förderwürdigen Leistungen,
Übertragbarkeit, Projektgröße, Themenvorauswahl und der Rolle der Telematik. Ein Evaluationskonzept sollte von Anfang an bedacht
mt½medizintechnik | ausgabe 1.2016
>> Für eilige Leser
Zehn Personen gründeten vor zehn
Jahren die Deutsche Gesellschaft
für Telemedizin, heute sind es 135
Mitglieder. Die bundesweite Vereinigung zur Förderung, Verbreitung,
Markteinführung und Publizierung
moderner, innovativer Entwicklungen, Lösungen und Produkte in der
Telemedizin versteht sich als Forum
für Kommunikation, Diskussion und
Interessenvertretung in Deutschland und Europa.
werden, zahlreiche Partner – auch die Technik
– sollten so früh wie möglich mit einbezogen
werden.
Die Anhörung zum E-Health-Gesetz hatte am
Vortag gezeigt, so Prof. Dr. Britta Böckmann,
FH Dortmund und Vorsitzende im wissenschaftlichen Beirat der DG Telemed, dass die Politik
zwar gelernt habe, aber trotzdem noch vieles
fehle. Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. HansJochen Brauns mahnte unter anderem die verfassungsmäßig geregelte Gleichwertigkeit der
Lebensverhältnisse an, telemedizinische Versorgung darf nicht vom Bundesland abhängen.
Ferner sollten die Einschränkungen durch das
Fernbehandlungsverbotes abgeschafft werden.
Rainer Beckers, Geschäftsführer des Zentrums
für Telemedizin und Telematik (ZTG), Bochum:
„Die Stufen zur Vergütung der Telemedizin – Berücksichtigung von Studien, Evaluationsmethodik, Zuständigkeit und Nutzenbewertung – sind
viel zu langsam für den schnellen technischen
Fortschritt.“ Katrin Arnold und Madlen Scheibe,
Zentrum für evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden, bestätigten diese Aussagen
nach Studien für die CCS Telehealth Plattform
Ostsachen: „Die Evaluation der Telemedizin
ist noch defizitär und in heterogener Qualität,
es gibt keine evidenz- und konsensbasierten
Grundsätze.“
Laut Dr. Franz-Joseph Bartmann, Vorsitzender
des Telematikausschusses der Bundesärztekammer und Präsident der Landesärztekammer
Schleswig-Holstein, Flensburg, gibt es keine
einheitliche Sicht der Ärzte auf die Telemedizin.
Ärztliche Kommunikation kann jedoch Versorgungslücken schließen. Evidenz, Rahmenbedingungen und Finanzierung sind dabei noch zu
klären. Nahezu jedes medizinische Fachgebiet
kann mit Telemedizin ergänzt werden.
Die effektive Vernetzung ist der Schlüssel zum
Erfolg, so Günter van Aalst, Techniker Krankenkasse. Der Nutzen der Vernetzung muss jedoch
vom Patienten eingefordert, das Handeln also
von ihm aus gedacht werden, um sektorenübergreifende Versorgung zu erreichen. Unzählige
Apps im Gesundheitsbereich bestätigen diese
Aussage. „Internetmedizin ist weit mehr, als
wir zu denken geglaubt haben: Information,
Diagnostik und Therapie“, so Christian Lautner,
Geschäftsführer flyinghealth, Start-up-Begleitagentur. Er sieht die Mayo-Klinik, USA, als Vorbild, die für das Jahr 2020 circa 200 Millionen
Fallzahlen plant, auch aufgrund ihrer Präsenz in
den sozialen Medien.
Neu vorgestellt wurden unter anderen ein
mobiles Tele-Augenkonsil, das die augenheilkundliche Versorgung auf dem Land und in
Altenheimen verbessert; die telemedizinische
Nachsorge bei Nierentransplantationen – mit
dem Ergebnis, dass frühe Behandlung Kosten
spart –, und die Videosprechstunde „Arztkonsultation.de“ mit oberarzttauglicher Bedienbarkeit und gesichertem Datenschutz.
40 EVENTS
die Vorstellung vieler neuer Projektideen – und
unterstrich die anhaltenden Herausforderungen
bei der Evaluation. Die Steigerung der Lebensqualität durch Telemedizin liegt jedoch auf der
Hand, so Brauns: Patienten vermeiden Logistikaufwand und gewinnen unter anderem Zeit.
Im nächsten Jahr vom 3. bis 4. November wird
der siebte Fachkongress Telemedizin zeigen,
wie sich diese Disziplin weiterentwickelt hat.
Autorin
Mirjam Bauer
Vorstandsvorsitzender der DG Telemed, Prof. Dr. Hans-Jochen Brauns: „Telemedizin bringt einen
Gewinn an Lebensqualität für Patienten“.
Die Patienten stehen der Telemedizin aufgeschlossen gegenüber. Sie sind zufrieden mit
Zuwendung, Gesprächsdauer und der sozialen Komponente, die ebenso gegeben ist wie
im direkten, persönlichen Kontakt. Die ArztPatient-Beziehung bleibt stabil, die Patienten
fühlen sich ernstgenommen, so eine explora-
tive Untersuchung des Instituts für Arbeit und
Technik des FSP, Gesundheitswirtschaft und
Lebensqualität Gelsenkirchen, vorgestellt von
Denise Becka.
Rückblickend auf die Vorträge bewertete Prof.
Dr. Brauns die Entwicklung der TelemedizinInfrastruktur optimistisch. Er freute sich über
Mirjam Bauer, Kommunikationsmanagerin
(depak) und freie Journalistin (VMWJ), im
Gesundheitswesen tätig seit über 20 Jahren.
Schwerpunkte: Management & Technologie,
Labor, IT, Bildgebung und QM. Setzt sich für
eine bessere Frauenquote und Start-ups ein.
E-Mail: [email protected]
Veranstaltungen
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Med·Industry + Pharma Day
www.medindustry-pharmaday.de/
T5 Jobmesse der Healthcare-Branche
– Karrieremesse für Absolventen und
Berufserfahrene
www.t5-karriereportal.de/jobmesse/
stuttgart
Medtec Europe 2016
www.medteceurope.com/europe
TUI Kongress „Best Practice”
www.tui-service-akademie.de/kliniken/tui-kongress-best-practice.html
17.03.2016 bis 18.03.2016, Berlin
15. Nationales DRG-Forum
www.drg-forum.de
15.04.2016 bis 16.04.2016, Mainz
1st International Conference on 3D
Printing in Medicine
www.bb-mc.com
20. und 21.04.2016, Gelsenkirchen
Fachmesse KrankenhausTechnologie
www.fktmesse.de
07.04.2016 bis 08.04.2016, Erfurt
7. International Technology Transfer
Days BIOMATERIAL
www.b2match.eu/biomaterial2016
mt
mt½½medizintechnik || ausgabe
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