Herbst - Elfenbein Verlag

elfenbein
V
E
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L
A
G
2015
               
Herbst
AnthonyPowell
RainerKloubert
AlexandrosPapadiamantis
FerdinandPeroutka
ChristophKlimke
HansKrieger
e n g li s c he li te ratur
»D
ie endlos langen, trostlosen Sonntagnachmittage in der Uni­ver­sitätsstadt wurden etwas erträglicher, wenn man Sillerys Tee­­ge­sell­schaften besuchte, wo jeder nach halb vier hereinschauen konnte.
Das Wirken eines mathematischen Gesetzes der Serie regulierte die
Zahl der Anwesenden bei diesen Zusammenkünften immer auf zwi­
schen vier und acht Personen — die meisten von ihnen Studenten, aber
ge­legentlich befand sich auch ein Dozent unter ihnen. Ich wurde etwa
Mit­te meines ersten Trimesters durch Short, einen sanften Studenten
in seinem zweiten Jahr, der zu Sillerys College gehörte und sich für
Poli­tik interessierte, in sie eingeführt. Short erklärte mir, dass Sillerys
Ge­sellschaften seit Jahren eine fest etablierte Rolle in dem Leben der
Uni­versität spielten und dass die Trockenheit des Gebäcks, das ein äu­
ßerst wichtiges Element dieser Nachmittagspartys bildete, zu einem so
abgedroschenen Thema akademischen Humors geworden sei, dass
selbst Sillery manchmal auf die anhaltend ungenießbare Qualität die­
ser aus einer vergessenen Kuchenwelt herübergeretteten Fossilien
an­spiel­te. Bei diesen Gelegenheiten pflegte Sillery seine Gäste an
die spaßigen oder absonderlichen Bemerkungen zu erinnern, die von
früheren Generationen junger Männer, die in längst vergangenen Ta­
gen den Tee bei ihm eingenommen hatten, über das Gebäck fal­len­
ge­lassen worden waren; und er zitierte dabei besonders gern die
glän­zende Schar seiner Bekannten unter den ehemaligen Studenten,
die im späteren Leben zu gewissen Würden aufgestiegen waren — eine
Klasse, der er unverhohlene Hochachtung entgegenbrachte.
«
„Einer der anmutigsten und gescheitesten
Romanzyklen dieses Jahrhunderts.“
(Christian Ferber, 1986, in der „Welt”)
2
© Callum James Books
Anthony Powell (1905—2000) besuchte das Eton College, studierte in
Oxford und heiratete eine Adlige. Er arbeitete als Lektor in einem Lon­
doner Verlag, schrieb Drehbücher und Beiträge für britische Tageszei­
tungen, war Herausgeber des Magazins „Punch“ und Au­tor zahlreicher
Romane. Jene gesellschaftliche Oberschicht Groß­bri­tan­niens, der er
selbst angehörte, porträtierte er in seinem zwölf­bän­digen Romanzyklus
„A Dance to the Music of Time“. Während seine Altersgenossen und
Freunde Evelyn Waugh, Graham Greene und George Orwell sich auch
im deutschsprachigen Raum bis heute großer Popularität erfreuen, ist
Anthony Powell hierzulande noch nahezu unbekannt.
Im Elfenbein Verlag wird Powells Hauptwerk unter dem Titel „Ein Tanz
zur Musik der Zeit“ bis 2019 in zwölf Einzelbänden erscheinen. Jeder
Band ist separat erhältlich. Bei Abnahme des gesamten Zyklus wird
ein Preisnachlass gewährt.
„Ein Tanz zur Musik der Zeit“, Band 1
Anthony Powell
Eine Frage der Erziehung
Roman
Aus dem Englischen übersetzt und mit einem
Nachwort versehen von Heinz Feldmann
Gebunden, ca. 300 Seiten
€ 22,— [D] / € 22,60 [A] / sFr 31,80
ISBN 978–3–941184–36–7
Oktober 2015
Subskriptionspreis bei Abnahme des Gesamtwerks (12 Bände) pro Band:
€ 19,— [D] / € 19,60 [A] / sFr 27,50
3
e n gli s c h e li t e r a t ur
4
D
er zwölfbändige Zyklus „Ein Tanz zur Musik
der Zeit“ — aufgrund sei­ner inhaltlichen
wie formalen Ge­stal­tung immer wieder mit Mar­
cel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen
Zeit“ verglichen — gilt als das Hauptwerk des
bri­
tischen Schriftstellers Anthony Po­
well und
gehört zu den bedeutendsten Ro­
manwerken
des 20. Jahr­hun­derts. In­spi­riert von dem gleich­
namigen Bild des französischen Barockmalers
Nicolas Pous­sin, zeichnet der Zyklus ein facet­
tenreiches Bild der englischen Upperclass vom
Ende des Ers­ten Weltkriegs bis in die späten
sechziger Jahre. Aus der Perspektive des mit
typisch britischem Humor und Understatement
aus­gestatteten Ich-­Erzählers Jenkins — der durch
so manche bio­­grafische Parallele wie Powells
Alter Ego anmutet — bietet der „Tanz“ eine Fülle
von Figuren, Er­eig­nissen, Beobachtungen und
Erinnerungen, die einen einzigartigen und auf­
schlussreichen Ein­­blick geben in die Gedanken­
welt der in England nach wie vor tonangebenden
Gesell­
schafts­
schicht mit ihren durchaus merk­
würdigen Le­bens­­ge­­wohn­heiten. So eröffnet Po­
well sei­nen „Tanz“ in dem Band „Eine Frage der
Er­ziehung“ mit Szenen der Ju­gend: Jenkins in
der Abschlussklasse des Col­­lege, während eines
Sprachaufenthalts in Frank­­reich sowie beim Five
O’ Clock Tea seines Uni­ver­sitätsprofessors. Jahre
später sehen wir ihn im zweiten Teil, „Tendenz:
steigend“, auf Bällen und Partys der Oberklasse,
aber auch der Boheme, wo er neue und immer
wieder alte Bekannte trifft — sowie erste Lieb­
schaften erlebt. Geheimnisvolle ­
spiritistische
Sit­zungen und Dinnerpartys kennzeichnen den
dritten Teil, „Die Welt des Wechsels“, bis im vier­
ten, „Bei Lady Molly“, der Erzähler während eines
Wochenendaufenthalts ein Schloss besucht, wo
er seine zukünftige Frau kennenlernt.
Der historische Hintergrund, die Jahre zwischen
1921 und 1934, scheint dabei immer wieder
überraschend schlaglichtartig auf.
Band 2
Band 3
Band 4
Anthony Powell
Anthony Powell
Anthony Powell
Roman
Roman
Roman
Tendenz: steigend
Die Welt des Wechsels
Bei Lady Molly
Aus dem Englischen übersetzt
von Heinz Feldmann
Aus dem Englischen übersetzt
von Heinz Feldmann
Aus dem Englischen übersetzt
von Heinz Feldmann
Gebunden, ca. 300 Seiten
€ 22,— [D] / € 22,60 [A] / sFr 31,80
Bei Subskription: € 19,— [D] / € 19,60 [A]
Gebunden, ca. 300 Seiten
€ 22,— [D] / € 22,60 [A] / sFr 31,80
Bei Subskription: € 19,— [D] / € 19,60 [A]
Gebunden, ca. 300 Seiten
€ 22,— [D] / € 22,60 [A] / sFr 31,80
Bei Subskription: € 19,— [D] / € 19,60 [A]
ISBN 978–3–941184–37–4
Oktober 2015
ISBN 978–3–941184–38–1
Oktober 2015
ISBN 978–3–941184–39–8
Oktober 2015
In deutscher Sprache ist Powells „Tanz“ recht unbekannt geblieben, mangelte es doch bisher an
einer Übersetzung des gesamten Zyklus. Drei Anläufe hat es in der Vergangenheit ge­ge­ben, alle
scheiterten. Die hier an­gekündigte Ausgabe startet mit den Bän­den 1 bis 4. Sie basiert auf den
in den 80er Jahren von Heinz Feldmann (geb. 1935) angefertigten und noch einmal vollständig
durch­gesehenen ersten drei Teilen. Die Bände 5 bis 12 werden in halb­jährlichem Rhythmus zwi­
schen Frühjahr 2016 und Herbst 2019 erscheinen — aus der Feder desselben Übersetzers, über
den Anthony Powell in seinem Tagebuch vermerkte: “I am lucky to have him as a translator.“
„Das Werk ist wie trockener Sekt, kühl, humorvoll,
durchdacht und genau gebaut. Es ist realistischer als
das Werk von Proust, mit dem es so oft verglichen
wird — und viel vergnüglicher.“
(Evelyn Waugh)
5
de u t s c h e li t e r a t ur
»M
eine Liebe zur Pekinger Küche begann mit der Mutter meiner Frau. Ihr Geburtsjahr war das
letzte Jahr des Kaiserreiches, ihr Geburtsort Peking, wo ihre Schwie­ger­eltern ein großes
Tuchgeschäft besaßen. Sie starb im Alter von neunzig Jahren in Taiwan. Bei meinem letzten Besuch
im Hospital fragte sie mich, eine Krankenschwester musste sie stützen: „Rauchen und trinken Sie
immer noch?“ Als ich nickte, lachte sie.
Ein paar Tage später war sie tot.
Die Bestattungsfeier fand nach Pekinger Ritual in einem pri­vaten Begräbnisinstitut statt. Pekinger
Ritual, vereinfacht. (Bestat­tungs­feiern dauerten in der Regel mehrere Tage.) Links saßen die Frau­
en, rechts die Män­ner. Der aufgebahrte Sarg ruhte zwischen zwei Säulen, buddhistische Priester
re­­zi­tier­ten Suren, begleitet von zwei Saxofonspielern hinter den Säulen. Vor dem Sarg war eine
verkleinerte Nachbildung des Pekinger Stammsitzes der Familie aus Pap­pe auf­gebaut, das — ein
chinesischer Brauch — bei der Bestattung verbrannt werden sollte: Es war ein Pekinger Wohnhof, Diener und Dienerinnen warteten hinter der Geis­termauer am Tor, der Hausherr — mein noch jung
an Jahren gestorbener Schwie­ger­vater — saß im Hof unter einem Baum und las den „Playboy“ (der
Titel war deutlich zu erkennen). Die Kinder der Verstorbenen hatten dreimal vor dem Sarg Kotau
zu machen, also dreimal niederzuknien und neunmal mit der Stirn den Bo­­den zu berühren. Ich als
Schwiegersohn brauchte es nur einmal zu tun. Da­nach waren Verbeugungen mit wechselnden
Kultobjekten und Weihrauchstäbchen an der Reihe. Zwei Assistentinnen links und rechts souf­
flierten und sekundierten … Vor dem Grab platzierte die Schwiegertochter Schalen mit den Lieb­
lingsgerichten der Ver­­storbenen und rief leise und anrührend: „Mama, bitte essen kommen.“ Die
Papp­maché-Nachbildung des Wohnhofes wurde verbrannt, dazu Bündel von To­ten­geld (Hell’s
Banknotes) und Silberbarren aus Papier. Dann wurde der Sarg an Seilen her­un­tergelassen. Als die
Totengräber darangingen, die Öffnung zu verschließen, kom­man­dier­te der Zeremonienmeister:
„Bitte den Rücken kehren.“ Jeder wandte sich ab, um die tote Seele nur ja nicht zu verleiten, weiter
auf Erden zu bleiben.
Ihr Sohn zündete sich eine Zigarette an und schaute dem Rauch nach.
«
Mit „Peking“ beschließt Kloubert nach „Peitaiho“ und „Yuanmingyuan“ seine China-Trilo­gie: In
scharfem Kontrast zur Realität des 21. Jahrhunderts mit seinen Hochhäusern und Schnellstraßen
führt der Erzähler in die alte Kai­ser­­stadt mit ihren Mauern und Toren, Türmen und Palästen, ihren
Gärten, Höfen, Häusern und Stra­ßen, in ihre Restaurants, Spelunken, Läden und Bordelle, zu ih­
ren Bewohnern und ihren Ritualen.
Rainer Kloubert (geb. 1944 in Aachen) studierte in Freiburg,
Tübingen, Hongkong und Taiwan Sinologie und Rechtswissen­
schaften. Er war u. a. Sprachlehrer an der Militärakademie in Tai­
wan, Dolmetscher bei einem chinesischen Wanderzirkus und
Anwalt in Taipeh. Er lebt in Peking und London.
6
Im Elfenbein Verlag erschienen bereits: „Selbstmord ohne Hut.
Dreizehn Shanghai-Moritaten“ (1998), „Kernbeißer und Kreuz­
schnä­bel. Ein Sittenbild aus dem alten Peking“ (2007), die Romane
„Mandschurische Fluchten“ (2000), „Der Quereinsteiger“ (2003),
„Angestellte“ (2008) und „Roons letzter Flug“ (2009) sowie die
beiden ersten Bände seiner China-Trilogie: „Peitaiho. Großer chi­
ne­sischer Raritätenkasten“ (2012) und „Yuanmingyuan. Spuren
einer Zerstörung“ (2013).
„Nach einem Sinologen mit besserer Kenntnis von Land
und Sprache wird man lange suchen müssen. Rainer
Klouberts Bücher sind Pioniertat und Lesegenuss.“
(Jürgen Osterhammel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung)
Rainer Kloubert
Peking
Verlorene Stadt
Mit zahlreichen Abbildungen
Leinen im Schuber, Großformat, Lesebändchen, ca. 500 Seiten
€ 49,— [D] / € 50,60 [A] / sFr 70,80
ISBN 978–3–941184–51-0
Oktober 2015
7
gr iec hi s c he li t e r a t ur
»A
ls Amérsa gegangen war, schloss Frangojannoú, die in der Ecke zwischen dem Herdfeuer
und der Wiege kauerte, aber­mals kein Auge und begann, ihre bitteren und in die Weite
schweifenden Grübeleien fortzusetzen. Als die beiden ältesten Söhne nach Amerika ausgewan­
dert waren und Delcharó heran­gewachsen war, lag es wohl oder übel an der Mutter, die Toch­ter
unter Dach und Fach zu bringen, da der Alte sich nicht durch besonderen Eifer hervortat. Nun, alle
Welt weiß, was es bedeutet, wenn eine nicht einmal verwitwete Mutter ihren Töchtern auch noch
Vater ist. Denn sie muss sie sowohl an den Mann bringen als auch eine Mitgift auftreiben, ebenso
als Heiratsvermittlerin tätig werden und den Ehevertrag aushandeln. Wie ein Mann muss sie Haus,
Weinberg, Acker und Ölbaumfeld abgeben, Geld leihen, zum Notar laufen und Gegenstände ver­
setzen. Als Frau muss sie dann die Aus­steuer anfertigen oder besorgen, nämlich das Heiratsgut
für den Haushalt, als da wären: Bettlaken, bestickte Jacken und Seidengewänder mit Goldsaum.
Als Ehevermittlerin muss sie einen Bräutigam ausfindig machen, ihm auf den Fersen blei­ben, ihn
ins Netz laufen lassen und lebendig einbringen. Und was für einen Bräutigam!
Einen wie Konstandís, der nun jenseits der Trennwand im ne­benan gelegenen Kämmerchen
schnarchte, einen Mann mit schütterem Bart, eine ungehobelte, plumpe Erscheinung. So einer
hat dann auch noch Flausen im Kopf, stellt Ansprüche und sträubt sich; verlangt heute das eine
und morgen ein anderes, an diesem Tag so viel, am nächsten mehr. Und hat häufig ein offenes
Ohr fürs hinterlistige Gerede eigennütziger oder missgünstiger Leute, horcht ringsumher auf Ver­
leumdungen, Ränke und Hetze und will sich einfach nicht festnageln lassen. Und dann zieht er
nach der Verlobung ins Haus der künftigen Schwieger­mutter ein, schustert unversehens einen
Bankert zurecht und verbringt auch noch die ganze Zeit in Saus und Braus.
«
Papadiamantis’ bekannteste Erzählung erschien erstmals 1903 als Fortsetzungsroman in der
Zeitschrift „Panathínäa“. Auf der ägäischen Insel Skiathos wird eine vom Alter gezeichnete Heb­
amme zur Mörderin an mehreren Mädchen, um diesen ein zukünftiges Leben in Abhängigkeit und
Sklaverei zu ersparen. Papa­dia­mantis’ sozialkritischer Blick auf die Stellung der Frau in der Ge­
sellschaft seiner Zeit sowie die herausragend sprachlich-stilistische Form des Textes machen „Die
Mörderin“ (‛H Φόνισσα) zu einem der wichtigsten Werke der neugriechischen Erzählliteratur.
„Ein freier Geist, der sich all den rückwärtsgewandten
Anschauungen seiner Zeit entgegenstellt.“
(Odysseas Elytis über Papadiamantis)
8
Alexandros Papadiamantis (1851—1911), einziger Sohn eines ortho­
doxen Popen auf der Insel Skiathos, entzog sich seiner Familie und
den väterlichen Wünschen durch ein Studium in Athen, das er aller­
dings nie abschloss. In der Hauptstadt überlebte er durch Überset­
zungen und als Privatlehrer. Ab 1879 publizierte er auch eigene Texte
und hatte mit der Erzählung „Das Zigeunermädchen“ (1884) einen
ersten Achtungserfolg, ohne dass sich seine wirtschaftliche Situation
dadurch veränderte. Kirchensänger bei nächtlichen Gottesdiensten,
saß er tagsüber oft in einem ärmlichen Krämerladen und gab nichts
auf seine wachsende Bekanntheit. 1908 kehrte er Athen den Rücken
und verbrachte die letzten Lebensjahre alkohol- und rheumakrank
auf seiner Heimatinsel. Dort starb er an einem Januarmorgen 1911
psalmensingend an einer Lungenentzündung.
Kleine Griechische Bibliothek, Band 8
Alexandros Papadiamantis
Die Mörderin
Roman
Aus dem Griechischen von Andrea Schellinger
Mit einem Nachwort von Danae Coulmas
Klappenbroschur, ca. 200 Seiten
€ 19,— [D] / € 19,60 [A] / sFr 27,50
ISBN 978–3–941184–50–3
Oktober 2015
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p r o f il e de r av a n t g a r de
»M
it der poetischen Wünschelrute oder dem Blindenstock des
Dichters zieht Pasolini durch Rom und die Weltgeschichte,
durch Elend und Ewigkeit, ganz in dem Wunsch, Indianer zu sein. Er
geht flussaufwärts zurück, gegen den Strom, und lässt uns innehalten.
Er will den Rückgewinn unserer Geschichte … Sein Werk ist, so würde
es Theodor Lessing formulieren, eine „Flaschenpost im Eismeer der
Geschichte“. Wen sie erreicht, der weiß, er ist nicht allein. Das ist
schon viel. Schließlich feiert der Dichter, Filmemacher, Essayist und
Polemiker bei aller Skepsis und auch Verzweiflung den möglichen
„Reichtum des Wissens“ und somit die Kunst als vielleicht einzige
Möglichkeit zur Rückbesinnung und zum Innehalten. Bevor der von
Pasolini vorausgesehene „Konsumfaschismus“ seine Kunden auffrisst.
«
„Mischt euch ein, Freunde, mischt euch ein!“, forderte der 1975 er­mor­dete italienische
Dichter und Filmemacher Pier Paolo Pasolini. Visionär beschrieb er in den 60er
und 70er Jahren die drohende Zerstörung der Natur, das Aushungern der „Dritten
Welt“ und die Ent­wertung der großen Ideen durch eine Gesellschaft, die nur noch
konsumiert.
Zum 40. Todestag spürt Klimkes Essay dem politisch-künst­­lerischen Engagement Pa­
so­li­nis quer durch Le­ben und Werk nach.
„Pasolini erweist sich für Klimke als das Ex­empel des
Umgangs einer Gesellschaft mit ihren Außenseitern.“
© Instituto Luce
(Günter Kunert in seiner Laudatio auf Christoph Klimke)
10
Pier Paolo Pasolini (1922—1975) ist vor allem durch seine
sozial­kri­ti­schen Filme „Mamma Roma“, „Das 1. Evange­
lium — Matthäus“ oder „Die 120 Tage von Sodom“ bekannt.
Sein umfangreiches künstlerisches Werk besteht allerdings
auch aus Romanen, Erzählungen, Thea­ter­stücken, Drehbü­
chern, Gedichten sowie zahlreichen politischen Schriften.
Der Mord an Pasolini ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt.
Der zu­nächst geständige und verurteilte Stricher widerrief
später seine Aus­sage mehrmals. Ein politisch motivierter
Auftragsmord wird als nicht un­wahr­scheinlich angesehen,
hatte sich Pasolini doch unmittel­bar vor sei­nem Tode mit
den heute bekannten Verstrickungen des ita­lie­nischen Ge­
heimdienstes in terroristische Attentate beschäftigt.
Christoph Klimke (geb. 1959) hat mehrfach über Leben und Werk Pa­so­linis publiziert, u. a.
das Buch „Wir sind alle in Gefahr“, für das er 1995 den Ernst-Barlach-Preis für Literatur erhielt.
Im Mai 2015 wird sein Stück „Die 120 Tage von Sodom“ (nach de Sade und Pasolini) an der
Volksbühne Berlin uraufgeführt. Klimke lebt in Berlin.
Im Elfenbein Verlag erschien zuletzt sein Gedichtband „Fernweh“ (2013) mit einem Nachwort
von Günter Kunert.
Profile der Avantgarde, Band 4
Christoph Klimke
Dem Skandal ins Auge sehen
Pier Paolo Pasolini
Ein biografischer Essay
Kartoniert, ca. 120 Seiten
€ 19,— [D] / € 19,60 [A] / sFr 27,50
ISBN 978–3–941184–49–7
Oktober 2015
11
t s c h ec hi s c h e li t e r a t ur
»E
s war die Nacht zu Mittwoch, dem 15. März 1939. In einem Prager Restaurant saßen ein paar Bekannte zusammen.
Am Nachmittag hatte sich herumgesprochen, dass jemand in einem
Kaffeehaus erstochen worden war. Ob Tscheche oder Deutscher, war
nicht bekannt.
Frau Pokorná erzählte, dass die junge Französin, die sie von ihrem
Friseur kannte, heute früh ein Telegramm aus Paris bekommen habe,
in dem ihr geraten worden sei, sofort zu packen und abzureisen.
Doktor Pokorný sagte, heute sei ein hoher Beamter aus dem In­nen­
mi­nis­terium in seine Sprechstunde gekommen, der sehr aufgeregt
ge­we­sen sei, aber nicht sagen wollte, weshalb.
Und Novotný berichtete, dass heute, als sie in der Bank versucht hät­
ten, nach Frankfurt zu telefonieren, die Verbindung unterbrochen
wor­den sei.
Über die neusten Neuigkeiten hinsichtlich Adolf Hitlers waren sie
bes­
tens informiert: Bei der Automobilausstellung habe er sich
freund­lich und fröhlich gegeben, am Abend sei er aber mit finste­
rer Miene zum Bankett erschienen und habe über die Köpfe seiner
Ge­­sprächspartner hinweggesehen. Nach kurzer Zeit habe er sich,
irgend­etwas flüsternd, mit seinen Generälen zurückgezogen.
Und der englische Botschafter in Berlin habe seine Golfschläger
nach London geschickt — kein günstiges Zeichen.
«
„Wolke und Walzer“ ist eine der ersten unmittelbaren literarischen
Ausein­an­der­­­setzungen mit dem nationalsozialistischen Terror. In
einem breit angelegten Panorama, in dem Täter, Opfer, Mitläufer
und Gegner an zahlreichen europäischen Schauplätzen auf­treten,
erzählt der Roman vom Ein­bruch des Totalitarismus. Ferdinand Pe­
routkas persönliche Er­leb­­nisse im Konzentrations­lager Buchenwald
nehmen dabei eine zentrale Stellung ein.
Zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus er­
scheint der Ro­man erstmals in deutscher Übersetzung.
Ferdinand Peroutka (1895—1978) arbeitete als Journalist seit den
zwan­ziger Jahren für demokratische Tageszeitungen in Prag. Nach der
deutschen Besetzung 1939 wurde er in „Schutzhaft“ genommen und
nach Buchenwald gebracht. 1945 führte er als überzeugter Demokrat
seine journalistische Arbeit fort. Den Zweiten Weltkrieg verarbeitete er
in dem Drama „Wolke und Walzer“ („Oblak a valčík“), das 1947 in Prag
uraufgeführt wurde. Um einer Verhaftung nach dem kommunistischen
Putsch zu entgehen und sich das freie Wort zu bewahren, floh Peroutka
aus der Tschechoslowakei. Nach kurzem Aufenthalt in England lebte
er in New York, wo er am Aufbau des Senders „Radio Free Europe“
mitwirkte und als Leiter der tschechischen Sektion arbeitete.
12
Im Elfenbein Verlag erschien bereits die Romanutopie „Adieu, Jeanne
oder Die zweite Chance der Jungfrau“ (2010), in der der Erzähler die
Jungfrau von Orléans dem Scheiterhaufen entrinnen lässt.
„Einer der besten tschechischen Romane.“
(Václav Havel, 1989)
Ferdinand Peroutka
Wolke und Walzer
Roman
Aus dem Tschechischen übersetzt
von Mira Sonnenschein
Leinen mit Schutzumschlag, 375 Seiten
€ 22,— [D] / € 22,60 [A] / sFr 31,80
ISBN 978–3–941184–32–9
Mai 2015
13
de u t s c h e li t e r a t ur
Weitere Titel aus unserer Backlist
Hans Krieger
Birkenlicht
Gedichte
Mit Illustrationen von Christine Rieck-Sonntag
Klappenbroschur, ca. 120 Seiten
€ 19,— [D] / € 19,60 [A] / sFr 27,50
ISBN 978–3–941184–52–7
Oktober 2015
„Heiliges Spielzeug“ nannte Heinrich Heine das Gedicht. Es spielt mit den Paradoxien der Spra­
che, die uns die Welt erschließt, aber auch eine Wirklichkeit eigener Art erschafft, nicht nur etwas
mitteilt, sondern Sinn auch gewinnt aus der puren Sinnlichkeit von Klang und Rhythmus.
Spielend erkunden die neuen Gedichte Hans Kriegers die Abgründe der unsicheren, scheinbar
entzauberten Wirklichkeit und die Vexierbilder der Sprache; spielend entlocken sie den Wort­
fügungen geheimnisreiche Weltmuster. Themen sind die entschwindende Natur, die Rätselfiguren
der Mythologie, die Stolperfallen des Erkennens und die Sprache selbst.
„Dieser Blick hält das Leichte wie das Furchtbare aus.“
(Burkhard Müller, Süddeutsche Zeitung)
14
Hans Krieger (geb. 1933 in Frankfurt a. M.), seit 1960 in München ansässig, hat sich zunächst als
Kulturjournalist einen Namen gemacht. Für seine publizistische Arbeit wurde er 1997 mit dem
Friedrich-Märker-Preis ausgezeichnet. Er hat bisher acht Gedichtbände veröffentlicht, zuletzt „Nacht­
flügel“ (2007) und „Apfelfall“ (2010). Auch als Lyrik-Übersetzer ist er hervorgetreten (Paul Verlaine,
Marceline Desbordes-Valmore und zuletzt Gabriele d’Annunzio: „Alcyone“, mit Ernst-Jürgen Dreyer
und Geraldine Gabor, Elfenbein 2013).
978–3–932245–22–0 Al Berto: Horto de Incêndio — Garten der Flammen
EUR 16,–
978–3–932245–21–3 Al Berto: Mondwechsel
EUR 16,–
978–3–932245–54–1 Al Berto: Salsugem — Salz
EUR 18,–
978–3–932245–90–9Isabellle Azoulay: De Gaulle und ich
EUR 19,–
978–3–932245–99–2Isabellle Azoulay: Josty (2. Aufl.)
EUR 19,–
978–3–932245–25–1Egon Bondy: Die invaliden Geschwister
EUR 20,–
978–3–932245–84–8Egon Bondy: Hatto
EUR 19,–
978–3–932245–35–0Raul Brandão: Die Fischer
EUR 18,–
978–3–932245–28–2 Luís de Camões: Os Lusíadas — Die Lusiaden
EUR 75,–
978–3–932245–87–9 Luís de Camões: Sämtliche Gedichte
EUR 75,–
978–3–941184–34–3 Luís de Camões: Dramen und Briefe
EUR 48,–
978–3–941184–25–1 Luís de Camões: Com que voz? Mit welcher Stimme? EUR 24,–
978–3–941184–16–9Gabriele d’Annunzio: Alcyone
EUR 48,–
978–3–932245–04–6 José Riço Direitinho: Das Haus am Rande ...
EUR 18,–
978–3–932245–31–2 José Riço Direitinho: Kerker der Engel
EUR 18,–
978–3–932245–74–9 José Riço Direitinho: Willkommen i. d. Finsternis
EUR 18,–
978–3–932245–36–7Odysseas Elytis: To Axion Esti — Gepriesen Sei
EUR 24,–
978–3–932245–58–9Odysseas Elytis: Die Träume. Wörter, Menschen, Orte EUR 18,–
978–3–941184–33–6Odysseas Elytis: O Ilios O Iliatoras. Die Sonne …
EUR 19,–
978–3–932245–78–7Günter Dietz: Wundpsalmen
EUR 24,–
978–3–932245–79–4Louis Dudek: For you, you – Für dich, dir
EUR 18,–
978–3–932245–44–2Christian Filips: Schluck Auf Stein
EUR 12,–
978–3–932245–85–5Manuel Forcano: Der Zug nach Bagdad
EUR 19,–
978–3–932245–56–5Jaime Gil de Biedma: Las personas del verbo
EUR 24,–
978–3–932245–83–1 Ralph Roger Glöckler: Madre
EUR 19,–
978–3–941184–15–2 Ralph Roger Glöckler: Mr. Ives und die Vettern …
EUR 19,–
978–3–941184–29–9 Ralph Roger Glöckler: Tamar
EUR 19,–
978–3–932245–92–3 Ralph Roger Glöckler: Vulkanische Reise
EUR 19,–
978–3–941184–22–0 Alban Nikolai Herbst: Thetis. Anderswelt
EUR 29,–
978–3–941184–24–4 Alban Nikolai Herbst: Argo. Anderswelt
EUR 39,–
978–3–932245–63–3 Alban Nikolai Herbst: Die Illusion ist das Fleisch
EUR 17,–
978–3–941184–10–7 Alban Nikolai Herbst: Das bleibende Thier
EUR 20,–
978–3–941184–14–5Tobias Herold: Ausfahrt
EUR 16,–
978–3–941184–02–2Tobias Herold: Kruste
EUR 16,–
978–3–932245–46–6Franz Hillebrandt: Jagdsaison
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978–3–941184–03–9Ulrich Holbein: Bitte umblättern!
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978–3–932245–30–5Ulrich Holbein: Isis entschleiert (2. Aufl.)
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978–3–932245–57–2Ulrich Holbein: Januskopfweh
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978–3–941184–17–6P. Howard (Rejtő): Ein Seemann in der Fremdenlegion EUR 22,–
978–3–932245–93–0P. Howard (Rejtő): Ein Seemann und ein Gentleman EUR 22,–
978–3–941184–28–2P. Howard (Rejtő): Ein Seemann und ein Musketier
EUR 22,–
978–3–932245–64–0P. Howard (Rejtő): Ein Seemann von Welt (3. Aufl.)
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978–3–941184–18–3 Klabund: Literaturgeschichte
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978–3–941184–26–8Christoph Klimke: Fernweh
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978–3–932245–91–6Rainer Kloubert: Angestellte EUR 22,–
978–3–932245–61–9Rainer Kloubert: Der Quereinsteiger (3. Aufl.)
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978–3–932245–33–6Rainer Kloubert: Mandschurische Fluchten
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978–3–941184–00–8Rainer Kloubert: Roons letzter Flug
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978–3–941184–12–1Rainer Kloubert: Peitaiho
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978–3–941184–20–6Rainer Kloubert: Yuanmingyuan
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978–3–941184–06–0Stephan Krass: Das Konzil der Planeten
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978–3–932245–52–7Stephan Krass: Tropen im Tau (2. Aufl.)
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978–3–932245–70–1Stephan Krass: Lichtbesen aus Blei
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978–3–932245–47–3Paul Leppin: Daniel Jesus
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978–3–932245–50–3 Peter de Mendelssohn: Fertig mit Berlin? (2. Aufl.)
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978–3–941184–30–5 Johann Martin Miller: Liederton und Triller
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978–3–941184–07–7Ferdinand Peroutka: Adieu, Jeanne …
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978–3–932245–43–5Baltasar Porcel: Galopp in die Finsternis
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978–3–932245–24–4José Régio: Blindekuh
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978–3–932245–55–8José Régio: Der Prinz mit den Eselsohren
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978–3–932245–80–0 Pierre de Ronsard: Amoren f. Cassandre (2. Aufl.)
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978–3–941184–09–1Einar Schleef: „Ich habe kein Deutschland gefunden“ EUR 29,–
978–3–932245–53–4Anton Schnack: Werke in zwei Bänden
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