Artikel von Julia Konstantinidis

Bildung.
| Montag, 14. September 2015 | Seite 25
Wortwörtlich
Sturm und Drang
Bewegte
Stagnation
Das Smartphone,
mein Freund
Von Hilde Weiss
Von Saskia Olsson
Der Wortschatz spiegelt Wissen und
Erfahrung, auch über Stillstand und
Fortgang, Beharrlichkeit und Veränderung – eine bewegte Stagnation.
Ob in einem fort, immerfort,
fortlaufend, fortgesetzt: Fort geht auf
ein germanisches Wort für vorwärts
zurück, das auch zum Fortschritt führt.
Aber wenn etwas ständig und beständig
ist, kommt das vom Stand und vom
Bestand und diese vom Stehen. Auch
was resistent ist, kommt vom Stehen
(Lateinisch sistere, hinstellen), zusammen mit dem Insistieren, «dem Bestehen», und der Persistenz, «dem Bestehenbleiben». Zur engen Verwandtschaft (über das Verb stare für stehen)
gehört auch die Konstanz, «die steht»,
das Konstatieren, «das Feststellen», Status und Statuten, Stativ und Statik, Statisten, Statistik, Stabilität, Stagnation,
Stationen und der Rest, «der zurückbleibt» (der steht) – obstinat, «auf etwas
bestehend».
Wenn etwas andauert, kommt das vom
lateinischen Verb durare für hart
werden, trocknen, dörren, sich halten
(einen Winter lang). Fortwährend – das
kommt vom alten Verb wesen für
verweilen, sich aufhalten, bleiben, eng
verwandt mit dem Anwesen, «wo man
anwesend ist», dem Unwesen, dem
Wesentlichen, den An- und Abwesenden, dem Verwesen – langwierig,
«langwährend». Kontinuierlich, vom
lateinischen Verb continere für
zusammenhalten, fortsetzen, eng
verwandt – anhaltend – mit dem Tenor,
«der (die Melodie) hält», und dem
Tenor, «dem Gehalt» (Inhalt).
Es war vor ungefähr fünf Jahren, als ich
während eines Hongkong-Urlaubs
darüber gewitzelt habe, dass die
Asiaten keine Konversation mehr
miteinander führen. Beobachtet man
dort in einem Restaurant einen
Nebentisch, an dem mehrere Personen
sitzen, darf man – vom ungehemmten
Schmatzen und Rülpsen einmal
abgesehen – keine sonstigen Geräusche
erwarten, die in Richtung einer
Unterhaltung zielen könnten. Ausser
natürlich den nervigen Tönen, wenn
eine neue WhatsApp-Nachricht oder
eine SMS ankommt. Diese hört man
immer und überall. Ein soziales Miteinander findet praktisch nicht statt. Jeder
glotzt auf die kleinen Bildschirme –
wahlweise auch eines Laptops oder
Tablets – und hat damit offiziell nichts
mehr mit seinen Mitmenschen zu tun.
Man fragt sich, warum Asiaten überhaupt noch miteinander essen gehen,
wenn sie sich sowieso nichts zu erzählen haben. Ob sich die am Tisch sitzenden Personen jedoch einfach per
WhatsApp oder via SMS miteinander
unterhalten, um die Kiefermuskeln
nur noch beim Essen anstrengen zu
müssen, habe ich leider nie herausgefunden.
Anhaltend und endlos
Immer und ewig, immerzu, immerdar, immerwährend: Immer, «je mehr»,
ist mit der Ewigkeit verwandt, die auf
das germanische Wort aiwi für das
Ewige zurückgeht und weiter auf die
indoeuropäische Wurzel eiw- für
Lebenskraft, Lebenszeit. Beharrlich –
das bedeutete ursprünglich, festzustecken, nicht mehr weiterzukönnen,
verharren. Stockend, «stocksteif».
Unaufhörlich heisst, ohne aufzuhorchen, ohne aufhorchend abzulassen.
Pausenlos – vom griechischen Verb
paúein für beenden, «aufhören
machen». Unentwegt, «unverrückt» –
vom alten Verb entwegen für auseinander bewegen, vom Fleck rücken. In
einer Tour, einer «Umdrehung» – vom
griechischen Wort tórnos für
Dreheisen, Drechseleisen. Laufend.
Am laufenden Band (am Fliessband).
Durchgehend. Langsam heisst lang
dauernd. Das Nachhaltige, «das
Rückhaltige» (das man zurückbehält),
kommt vom alten Verb nachhalten für
andauern, anhalten. Anhaltend sind
auch das Chronische (griechisch
chrónos, Zeit) und das Hektische,
ursprünglich in der Medizin ein Wort
für hartnäckig, verzehrend – vom
griechischen Wort hektikós für
gewohnheitsmässig, andauernd, eng
verwandt mit dem Epochalen,
«dem Anhaltenden» – vom
griechischen Verb échein für halten,
haben, festhalten. Und versessen heisst
«hartnäckig versitzend» (sitzen
bleibend). Ende – das kommt über das
Germanische vom indoeuropäischen
Wort hant für Vorderseite, Stirn,
«Ende». Endlos.
Arbeitsort Jugendtreff. Der Wirkungsbereich der Gemeindeanimatoren ist weit gespannt.
Vielfältige Aufgaben
Die neue Ausbildung zur Gemeindeanimatorin ist startbereit
Von Julia Konstantinidis
Luzern. Eine Gruppe Jugendlicher eckt
mit ihren Aktivitäten im Quartier immer
wieder an. Engagierte Senioren möchten einen Ort der Begegnung einrichten,
oder Migrantinnen organisieren ein
Fest mit Leckerbissen aus aller Herren
Länder: Der Wirkungsbereich der
Gemeindeanimatorinnen
ist
weit
gespannt. Wer in einem Jugendtreff, bei
einer Kirchgemeinde oder in einem
Quartierzentrum arbeitet, geht einer
komplexen Beschäftigung nach: Die
Zielgruppen der betroffenen Institutionen sollen gefördert und deren Lebensqualität verbessert werden. Dabei sollen
auch die individuellen Bedürfnisse der
Besucherinnen und Besucher berücksichtigt werden. Und gleichzeitig
müssen die Fachleute die ihren Tätigkeitsbereich tangierenden gesellschaftlichen Fragen mitverfolgen und ihr
Angebot entsprechend gestalten.
Start im Sommer 2016
Das Rüstzeug für diese vielfältigen
Aufgaben erhielten Fachleute, die in
gemeindenahen Bereichen wie etwa
der offenen Kinder- und Jugendarbeit
oder auch in Kirchgemeinden arbeiten,
bisher im Studiengang zum soziokulturellen Animator. Allerdings wird diese
Ausbildung von Fachhochschulen
angeboten und setzt somit eine Matura
voraus – womit sie Menschen mit einer
beruflichen Grundausbildung bisher
verwehrt blieb. Ein neuer Lehrgang zur
Gemeindeanimatorin mit dem Diplom
einer Höheren Fachschule ändert dies
nun. «Im August 2016 starten wir mit
dem ersten Ausbildungsgang, der
insgesamt vier Jahre dauert», freut sich
Eusebius Spescha, Verantwortlicher der
Höheren Fachschule für Gemeindeanimation Luzern. Er war an der Ausarbeitung des eidgenössisch anerkannten
Rahmenlehrplans für die neue
Ausbildung beteiligt.
Zukünftige Gemeindeanimatorinnen und -animatoren sollten laut
Eusebius Spescha kommunikativ und
belastbar sein: «Sie müssen auf unterschiedliche Menschengruppen und ihre
Gemeinsame Trägerschaft
Experten diskutieren über die Spitalpläne
Basel. Die Gesundheitspolitik ist eine
Grossbaustelle.
Steigende
Kosten
belasten die öffentlichen Budgets.
Permanent wird um Fallpauschalen,
Spitalbetten und Leistungskataloge
gerungen, derweil die Krankenkassenprämien weiter steigen. In dieser
Situation präsentieren die Regierungen
der beiden Basel Pläne für eine gemeinsame Trägerschaft von Universitätsspital Basel und Kantonsspital Baselland.
Das Bruderholzspital würde in der heutigen Form nicht weiterbestehen. Was
ist von diesem Vorschlag zu halten?
Welche Folgen hat er für die Wirtschaftlichkeit der Spitäler, welche für die Pati-
Foto Pino Covino
entinnen und Patienten, welche für das
Personal? Sind die Kantone überhaupt
bereit für den Schulterschluss?
Zum «Stadtgespräch» eingeladen
haben die Volkshochschule beider Basel
und das Regionaljournal BS/BL von
Schweizer Radio und Fernsehen SRF. Es
reden unter anderem die beiden Regierungsräte Thomas Weber (BL) und
Lukas Engelberger (BS).
«Stadtgespräch: Operation am offenen
Herzen – Basel und Baselland legen die
Spitäler zusammen», Mittwoch, 23. 9. 2015,
20–21.30 Uhr, Grand Hotel Les Trois Rois,
Salle Belle Epoque, Blumenrain 2, Basel.
Eintritt frei. Live auf SRF 4 News.
Bedürfnisse eingehen können und
darum auch konfliktfähig sein.» Das
Thema der sozialen Integration
verschiedenster Bevölkerungsgruppen,
insbesondere solcher am Rande der
Gesellschaft, sei heute zentral:
«Gemeindeanimatoren arbeiten an den
Schnittstellen und versuchen, Integrationshindernisse abzubauen.»
Starker Praxisbezug
Der Schwerpunkt im ersten Jahr der
berufsbegleitenden Ausbildung liegt
denn auch auf Themen, welche eine
solide Grundlage für diese Arbeit
schaffen. Auf dem Lehrplan stehen
Fächer wie Psychologie und Soziologie,
aber auch die Vermittlung von Handlungsmethoden sowie Kenntnisse im
organisatorischen Bereich. In den zwei
Jahren des Hauptstudiums wird dieses
Wissen vertieft und die Studierenden
setzen das Gelernte in Projekten an
ihrem Arbeitsplatz um. «Eine Anstellung von mindestens 50 Prozent in einer
entsprechenden Institution ist deshalb
So wird man
Gemeindeanimator/-in
Die vierjährige berufsbegleitende
Ausbildung zum diplomierten
Gemeindeanimator/-in HF wird von der
Höheren Fachschule für Gemeindeanimation in Luzern durchgeführt. Voraussetzung für die Zulassung ist eine
abgeschlossene Berufslehre oder ein
anderer Abschluss auf Sekundarstufe II
mit mindestens einem Jahr Berufserfahrung. Die Studierenden müssen zu
mindestens 50 Prozent in einer
Institution im Bereich der Gemeindeanimation arbeiten. Das Diplom der
Höheren Fachschule öffnet den Zugang
zu weiterführenden Ausbildungen.
Nächste Informationsveranstaltung:
Dienstag, 22. September, 16.30 Uhr,
Höhere Fachschule für Gemeindeanimation, Abendweg 1, Luzern.
Anmeldung zur Info-Veranstaltung:
[email protected]
Weitere Informationen:
www.hfgemeindeanimation.ch
Jugendliche
im Stress
Zürich. Nahezu die Hälfte der Jugendli-
chen befindet sich im Alltagsstress.
Auslöser sind Schule, Universität, berufliche Grundbildung, Leistungsdruck und
Überforderung, während Privatleben
und Freizeit keine auslösenden Faktoren
sind. Ängste um ihre berufliche Zukunft
setzen die Jugendlichen unter Druck.
Übermässiger Stress beeinträchtigt die
Psyche, provoziert mangelndes Selbstvertrauen und Niedergeschlagenheit.
Die Resultate stammen aus der vierten
Jugendstudie «Juvenir», die von der
Jacobs Foundation bei über 1500 Personen zwischen 15 und 21 Jahren in der
Schweiz durchgeführt wurde.
Voraussetzung für die Zulassung zum
Lehrgang», betont Spescha. Während
der Ausbildung werde zudem auch die
Leistung am Arbeitsplatz bewertet, weshalb die Arbeitgeber den Studierenden
einen Praxisbegleiter zur Verfügung
stellen und ein Ausbildungskonzept
vorlegen
müssen.
Der
starke
Praxisbezug des Lehrgangs zeigt sich
auch im Abschlussjahr. Um das Diplom
zu erhalten, müssen die Studierenden
mit dem erlernten theoretischen Wissen
eine Projektarbeit realisieren und diese
schriftlich dokumentieren.
Offene Ohren in Basel
«Sowohl bei künfigten Studierenden als auch bei den Arbeitgebern
ist das Interesse an der neuen Ausbildung gross», weiss Eusebius Spescha.
20 Personen können nächsten Sommer
an der Luzerner Schule ihre Ausbildung
als Gemeindeanimatorin oder -animator
in Angriff nehmen. Zurzeit überarbeitet
auch das Theologisch-Diakonische Seminar Aarau seinen Lehrplan und wird die
Ausbildung voraussichtlich ab dem kommenden Sommer ebenfalls anbieten.
Auch in Basel ist das neue Bildungsangebot auf offene Ohren gestossen:
«Gerade weil sie nicht auf Fachhochschul-Ebene angesiedelt ist, bietet die
Ausbildung eine riesige Chance, Berufsleute praxisnah auszubilden», sagt Thomas Leimgruber, Leiter der Abteilung
Hauswirtschaft und Soziale Berufe an
der Berufsfachschule Basel. Man habe
deshalb auch im vergangenen Mai in
Basel eine Informationsveranstaltung
zum neuen Angebot in Luzern durchgeführt. Der Lehrgang würde auch
nach Basel passen: «Besonders der
Bereich der Stadtentwicklung, in dem
die Mitwirkung der Bevölkerung und
die Zusammenarbeit mit Quartierzentren wichtig ist, bietet ein ideales Tätigkeitsfeld für Gemeindeanimatoren.»
Um den Lehrgang in Basel einzuführen,
seien allerdings umfangreiche Vorarbeiten nötig, die erst noch in Angriff
genommen werden müssen, so Leimgruber. «Zu einem späteren Zeitpunkt
ist dieses Ausbildungsangebot bei uns
jedoch durchaus denkbar.»
Mit dem Smartphone auf dem Klo
Das Erschreckende an dieser bereits
älteren Episode aus meinem Urlaub ist
die Tatsache, dass dieses Phänomen
auch immer häufiger in unseren
Breitengraden auftaucht. Es scheint,
als ob sich Menschen keine zwei
Minuten mehr alleine beschäftigen
können. Im Tram, auf dem Klo, beim
Rauchen: Immer ist das Smartphone in
der jeweils nicht bereits genutzten
Hand. Wir können uns scheinbar keine
Sekunde mehr einfach nur mit uns
selbst oder unseren Gedanken
beschäftigen. Kein Wunder also, dass es
für viele wie das Fehlen eines
Körperteils ist, wenn der Akku des
Smartphones mal dummerweise eine
halbe Stunde vor Feierabend den Geist
aufgibt und die Heimfahrt ohne Musik
und gleichzeitiges Checken des
Facebook-Accounts hinter sich gebracht
werden muss. Ich selbst will übrigens
gar nicht versuchen, mich hierbei aus
der Affäre zu ziehen. Da mein iPhone
gleichzeitig mein Wecker ist, führt
(fast) kein Weg daran vorbei, dass der
erste Handgriff morgens zum
Smartphone führt. Wenn ich es dann
erst mal in der Hand halte, checke ich
auch gleich noch Mails, Facebook und
Instagram. Das ist die heutige Realität,
und ich wage zu behaupten, dass ich
nicht die einzige Person hierzulande
bin, der es so geht.Irgendwie ist die
Erfindung des Smartphones wohl Fluch
und Segen zugleich. Niemand kann mir
sagen, dass es nicht praktisch ist, sich
heutzutage fast alle Informationen, die
man braucht, über dieses kleine
elektronische Ding zu holen. Die
Vorteile überwiegen für mich definitiv.
Und trotzdem wäre für manche Leute
sicher auch mal eine «handyfreie Zeit»
nicht schlecht. Selbst wenn es sich auch
nur um die halbe Stunde während der
gemeinsamen Nahrungsaufnahme handelt.
In der Rubrik «Sturm und Drang»
schreiben Jungjournalisten der Basler
Zeitung über Themen, die sie umtreiben.
Roboterberater als Berufsgattung
Gemäss Trendforschern könnte das ein neuer Job werden
Zürich. Digitale Bestatter und Roboterberater – gemäss Trendforschern könnten dies Berufe der Zukunft sein. Die
tatsächlich in der Schweiz neu angebotenen Berufslehren hingegen tönen viel
profaner. Ein Nostaloge (Nostalgist)
richtet Wohnumgebungen ein für ältere
Menschen. Der Experte für Einfachheit
(Simplicity Expert) hilft Unternehmen,
die administrativen Prozesse zu vereinfachen. Ein persönlicher Brandmanager
schleift an den Profilen von Herrn und
Frau Muster in sozialen Netzwerken.
In der Studie der Stiftung Canadian
Scholarship Trust Plan nennen die
Forscher neue Berufe als die Jobs von
morgen, konkret ab 2030. Insgesamt
250 anerkannte Berufe gibt es in der
Schweiz. Sie werden regelmässig aktualisiert. Der Beruf Netzwerkelektriker
etwa wird seit einem Jahr in drei Spielarten (Strom, öffentlicher Verkehr, Telekom) statt nur in einer Ausrichtung
angeboten. Einige Berufe sind ganz neu
– zwischen 2013 und 2015 – entstanden, etwa Fachfrau/Fachmann öffentlicher Verkehr EFZ (Eidg. Fähigkeitszeugnis), die Systemgastronomiefachfrau EFZ oder der Entwässerungstechnologe EFZ. Das tönt zwar nicht so
dynamisch wie Roboterberater, ist aber
nicht minder zukunftsträchtig.