86 PERSÖNLICH_HR-KARRIERE Der nächste Schritt TIPP. Karriere machen – was heißt das? Diese Frage muss jeder für sich beantworten. Für die Positionierung nach dem Berufseinstieg bieten sich mehrere Optionen an. Von Heike Gorges K arriere ist ein Entwicklungsprozess, in dessen Verlauf eine Person ihre Stärken und Interessen für sich zufriedenstellend und wirtschaftlich erfolgreich anwendet. So lautet unsere Begriffsdefinition. Nach über fünfhundert Karriereberatungen für HR-Führungskräfte und Experten stellten wir fest, dass innerhalb einer HR-Laufbahn immer wieder typische Fragen auftreten. Daraus entstand das Berufslebensphasenmodell (siehe Grafik), das Orientierung und Hilfestellung bei der Karriereplanung bietet. Es unterscheidet fünf Phasen der beruflichen Karriere und synchronisiert diese mit den Lebensphasen sowie begleitenden persönlichen Themen. Auch wenn sich individuell Phasen und Themen überlappen, verschieben oder auch wiederholen können – eine Frage bleibt immer gleich: Was kann ich heute tun, um mich auf meine weitere Karriere vorzubereiten, und wie sieht mein nächster konkreter Schritt aus? Positionierung und Findung Im Folgenden geht es um die berufliche Phase nach den ersten Jahren als Berufseinsteiger, die Positionierungsphase. Nach den ersten Berufsjahren sollte ein ganz gutes Bild vorliegen, über welche persönlichen Stärken und fachlichen Interessen eine Person verfügt und welche Aufgaben mehr oder weniger Spaß machen. Die Entscheidung, dass der HRBereich die richtige Wahl war, ist weitgehend geklärt. PHASEN DES BERUFSLEBENS Lebensalter Berufsausstieg Neuorientierung Rollenflexibilität Gesundheit Verantwortung Abhängigkeit Positionierung Familienplanung Berufseinstieg Selbstständigkeit 5 10 25 35 plus Berufserfahrung in Jahren Typische Phasen einer HR-Karriere nach dem HR-Blue-Berufslebensphasen-Modell. Berufslebensphasen können sich inhaltlich überschneiden und wiederholen. QUELLE: HR BLUE AG Der Beginn der Positionierungsphase ist durch folgende Fragen gekennzeichnet: Welche Stärken und Interessen habe ich? Welches Arbeitsumfeld passt am besten zu mir? Eigne ich mich eher für eine Fach- oder eine Führungskarriere? Welche Position ist die richtige? Was ist mein Profil am Markt wert? Welche Positionierung kann ich erreichen? Wie mobil möchte ich in den nächsten Jahren sein? Wie wichtig sind mir Sicherheit und Kontinuität? Zu diesem Zeitpunkt sollte zudem die Frage nach einem Auslandseinsatz beantwortet werden. Dieser ist zunehmend erforderlich, wenn die Übernahme einer Top-Experten- oder Führungsposition im HR-Bereich angedacht ist. Persönlich ste- hen Fragen nach Familienplanung, nach Kontinuität mit dem Freundeskreis und die Frage „Wo will ich leben“ an. Der erste Schritt ist, sich die Fragen bewusst zu machen und aktiv nach Lösungen zu suchen. Der Austausch mit anderen hilft, das eigene Selbstbild zu verifizieren und weiter zu klären. Kenntnisse über Marktentwicklung und HRRollen unterstützen bei der realistischen Einschätzung der Möglichkeiten. Selten gibt es nur einen nächsten Schritt. Meist sind mehrere Optionen möglich. Option eins: Operative Rolle Eine Station im operativen HR-Management als Ansprechpartner der Führungskräfte birgt als Entwicklungsschritt einipersonalmagazin 01 / 16 87 ge Vorteile: Die Rollen-Inhaber lernen aus erster Hand die Themen und Bedarfe der Führungskräfte kennen. Die internen Kunden schätzen deren HR-Fachund Methodenkompetenz für die Lösung von Aufgabenstellungen. Ein direktes Feedback der Führungskräfte trägt zur Beschleunigung der Lernkurve bei. Ähnliche Erfahrungen machte Manuel Fischer, HR-Manager bei Goodyear Dunlop Tires Germany: „Ich kann jedem nur empfehlen, einmal ins operative Personalgeschäft einzutauchen. Die Erfahrung steigert die Akzeptanz bei den Führungskräften und als Nebeneffekt ergeben sich täglich konkrete Erfolgserlebnisse.“ Option zwei: Expertenrolle Für Personen mit starken inhaltlichen Interessen bietet es sich an, ihr Thema in einer Expertenrolle auszuüben. So sind mehr fachliche Tiefe und gezielte Weiterbildungen möglich. Damit die Rolle nicht zur Sackgasse wird, ist es wichtig, fachlich immer up-to-date zu sein. Der Erfolg in dieser Rolle hängt meist auch von der Bedeutung des Fachthemas im jeweiligen Unternehmen ab. Dies sollte im Vorfeld unbedingt geprüft werden. Thomas Burmeister, Strategischer Personalentwickler bei HAWE Hydraulik sagt: „Mein Tipp: Systematisch über die eigenen Interessen und Karrieretreiber reflektieren. Das hilft, die innere Motivation zu klären und bei der Frage, ob eine Rolle als Themen-Experte interessant und erfüllend sein kann.“ Option drei: Projektleitung Die Projektleiter-Rolle gewinnt an Bedeutung. Projektmanagement-Kompetenz wird häufig in Führungspositionen gefordert, nicht nur innerhalb des HRBereichs. Die Projektleitung lernt unterschiedliche Unternehmensbereiche kennen und muss sich cross-funktional vernetzen. Wenn es um ein detailliertes Verständnis des Unternehmens und eine Erweiterung des Aufgabenportfolios geht, dann ist diese Rolle unschlagbar. Die Inhaber können zudem ihre 01 / 16 personalmagazin Selten steht nur ein nächster Karriereschritt zur Disposition. Meist sind mehrere Optionen möglich, die zum nächsten Karriereziel führen können. methodischen Fähigkeiten und ihr Führungstalent unter Beweis stellen. Alexander Tur, HR-Projektleitung, berichtet: „In einer größeren Projektverantwortung lernt man auch schon mal die Grenzen der eigenen Belastbarkeit kennen – das gehört dazu und ist eine sehr wertvolle Erfahrung für die Übernahme einer Führungsrolle.“ Option vier: Beraterrolle Wem sehr früh klar ist, dass sein Karriereziel eine Beraterrolle ist, der muss in der Positionierungsphase Erfahrungen sammeln. Methodenkompetenzen wie Auftragsklärung, Analyse, Problemlösung, Konzeption, Moderation, Projekt und Change Management sowie das Erstellen und Halten von Präsentationen sind zu erlernen. Es gibt hierfür zwei alternative Schritte: Entweder wechseln die Personen in ein Beratungsunternehmen und erwerben dort die Beratungskompetenzen sowie Projekterfahrung. Oder sie übernehmen eine HR- oder Businessrolle und absolvieren parallel eine Weiterbildung zum Berater. Marijke Feenstra, Transformation & Talent Management bei H.C. Starck, hat folgende Erfahrung gemacht: „Um als Berater glaubwürdig zu sein, braucht es mehrere Jahre Branchenerfahrung. Die Erfahrungen sollten breit angelegt sein, verschiedene Unternehmen, Rollen und Stationen im In- und Ausland abdecken. Vor allem die Nähe zum Business ist entscheidend.“ Option fünf: Führungsrolle Eine Führungsrolle zu übernehmen, ist ein populäres Karriereziel. Nicht immer ist jedem gleich klar, was das tatsächlich bedeutet. Die Beobachtung von und der Austausch mit Rollenvorbildern helfen, sich im Vorfeld mehr Klarheit zur Rolle und den dazugehörigen Aufgaben zu verschaffen. Entspricht diese den eigenen Interessen, sollte der nächste Schritt erste Führungsaufgaben enthalten. Das kann eine fachliche Führungsaufgabe sein, eine Stellvertreterrolle oder die Leitung eines kleinen Teams. Sabine Scharf, Head of HR bei MeilerGHP, berichtet: „In dieser Phase ist es ganz wichtig, sich über die eigenen Interessen klar zu werden. Diesen sollte man dann mutig folgen und durchaus auch mal ins kalte Wasser springen und eine größere Verantwortung übernehmen.“ Ähnliches hat Kathleen Matthes, Senior Manager HR bei Xing Events, festgestellt: „Nach den ersten Berufsjahren weiß man zwar schon, was man kann – trotzdem ist es auch noch möglich, etwas auszuprobieren, da der größte Teil der Berufskarriere noch vor einem liegt. In dieser Phase geht es darum, unterschiedliche Erfahrungen zu sammeln.“ Die nächste Phase vorbereiten Wer sich in der Positionierungsphase befindet, hat den größten Teil seiner Berufskarriere noch vor sich. Das heißt: Der nächste Schritt ist zwar wichtig, er kann aber leicht wieder korrigiert werden. Das gilt zwar theoretisch für alle beruflichen Schritte, wird aber in späteren Berufslebensphasen von außen betrachtet meist anders bewertet. Grundsätzlich gilt es in dieser Phase, den übernächsten Schritt bereits mit zu bedenken, um mögliche Sackgassen zu vermeiden. Denn einige Jahre nach diesem Karriereschritt steht der nächste Schritt an. Deshalb gilt es, offen für neue Optionen zu bleiben und regelmäßig die eigenen Stärken und Interessen zu reflektieren. HEIKE GORGES ist Vorstand der auf die Besetzung von HR-Positionen spezialisierten Personalberatung HRblue AG. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]
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