Kohlendioxid-Emissionen aus dem Seeverkehr

BRIEFING
KOHLENDIOXID-EMISSIONEN
DEM SEEVERKEHR
AUS
JULI 2015
VERORDNUNG DER EU ÜBER
DIE ÜBERWACHUNG VON
KOHLENDIOXIDEMISSIONEN
AUS DEM SEEVERKEHR IST AM
1. JULI 2015 IN KRAFT
GETRETEN.
UMFÄNGLICHE BERICHTSPFLICHTEN KOMMEN AUF
SCHIFFFAHRTSUNTERNEHMEN ZU
Hintergrund
Schon im Weißbuch der EU-Kommission aus dem Jahr 2011 „Fahrplan zu einem
einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten
und ressourcenschonenden Verkehrssystem“ war das Ziel formuliert, bis 2050 die
CO₂-Emissionen von Bunkerölen für die Seeschifffahrt in der EU um 40 % (falls
erreichbar 50 %) zu senken. Auch im 7. Umweltaktionsprogramm hat sich die EU
darauf verständigt, dass alle Wirtschaftssektoren an der Reduktion der Treibhausgasemissionen beteiligt werden müssen, weshalb auch das Weißbuch für den
Verkehr durch solide politische Rahmenregelungen untermauert werden müsse.
“ZIEL DER VERORDNUNG
IST ES, DIE CO₂EMISSIONEN AUS DEM
SEEVERKEHR ZU
REDUZIEREN.”
Die nun vorliegende „Verordnung (EU) 2015/757 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 29. April 2015 über die Überwachung von Kohlendioxidemissionen
aus dem Seeverkehr, die Berichterstattung darüber und die Prüfung dieser
Emissionen und zur Änderung der Richtlinie 2009/16/EG“ (im Folgenden: VO) ist
daher ein erster Schritt, die Emissionen aus dem Seeverkehr in die Treibhausgasverpflichtungen der EU einzubeziehen. Die Verordnung wurde am
28. April 2015 vom Europäischen Parlament angenommen und am 19. Mai 2015
im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Sie ist am 1. Juli 2015 in Kraft getreten.
Regelungen der Verordnung
Ziel der Verordnung ist es, die CO₂-Emissionen aus dem Seeverkehr zu reduzieren.
Dafür soll durch die VO ein System entwickelt werden zur Überwachung von,
Berichterstattung über und Prüfung von CO₂-Emissionen und anderen relevanten
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Watson Farley & Williams
Informationen von Schiffen, die in einem Hafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats
ankommen, sich dort aufhalten oder diesen verlassen (MRV-System).
“DIE VERORDNUNG IST
NUR ANWENDBAR AUF
SCHIFFE MIT MEHR ALS
5 000 BRZ”
“SPÄTESTENS AB 31.
AUGUST 2017 MÜSSEN
DIE SCHIFFFAHRTSUNTERNEHMEN DEN
PRÜFSTELLEN EIN
MONITORINGKONZEPT
FÜR JEDES IHRER SCHIFFE
VORLEGEN”
a.
Anwendungsbereich
Die Verordnung ist nur anwendbar auf Schiffe mit mehr als 5 000 BRZ
(Bruttoraumzahl) und zwar unabhängig davon, wo sie registriert sind, unter
welcher Flagge sie fahren oder welcher ihr Heimathafen ist. Die Verpflichtungen
aus dem MRV-System gelten für alle Fahrten von, nach und zwischen EU-Häfen.
Generell vom Anwendungsbereich ausgenommen sind Kriegsschiffe,
Flottenschiffe, Schiffe für den Fang und die Verarbeitung von Fisch, Holzschiffe
einfacher Bauart, Schiffe ohne Maschinenantrieb oder staatliche Schiffe für
nichtgewerbliche Zwecke (Art. 2 der VO). Das MRV-System erfasst CO₂Emissionen sowie andere relevante Informationen im Zusammenhang mit CO₂Emissionen aufgrund von Kraftstoffverbrauch, den Transportleistungen und der
Energieeffizienz von Schiffen, die es ermöglichen, Emissionstrends zu
analysieren und die Effizienz von Schiffen zu bewerten.
b.
Das Monitoringkonzept
Spätestens ab 31. August 2017 müssen die Schifffahrtsunternehmen (Schiffseigner oder sonstige Personen, die für den Eigner die Verantwortung für den
Betrieb des Schiffes übernommen haben) den Prüfstellen ein Monitoringkonzept
für jedes ihrer Schiffe vorlegen (Art. 6 der VO). Das Monitoringkonzept muss
umfangreiche Angaben enthalten, die in Art. 6 Abs. 3 der VO näher
beschrieben sind. Hierzu zählen z.B. die Identifikation des Schiffes, die
Beschreibung der CO₂-Emissionsquellen, die Beschreibung des Verfahrens zur
Überwachung der Vollständigkeit der Liste der Fahrten, des Kraftstoffverbrauchs,
der Bestimmung jeder Fahrstrecke, der Ladung bzw. der Zahl der Passagiere,
der zwischen Ausgangs- und Bestimmungshafen verbrachten Zeit etc. Das
Monitoringkonzept hat insbesondere die vollständige und transparente
Dokumentation der Überwachungsmethode des Kraftstoffverbrauchs für das
betreffende Schiff zu enthalten. Das Schifffahrtunternehmen kann dabei
zwischen vier verschiedenen Methoden zur Bestimmung der CO₂-Emissionen
wählen (Anhang I B), wobei der tatsächliche Kraftstoffverbrauch bei jeder Fahrt
Grundlage dieser Emissionsbestimmung ist. Die erste Methode ermittelt die CO₂Emissionen anhand der Bunkerlieferbescheinigungen für Bunkerkraftstoff und
von regelmäßigen Kontrollen des Füllstands der Kraftstofftanks. Bei der zweiten
Methode wird der Bunkerkraftstofftank an Bord überwacht. Bei der dritten
Methode werden die CO₂-Emissionen mit Hilfe eines Durchflussmessers für
einzubeziehende Verbrennungsprozesse gemessen. Eine direkte CO₂Emissionsmessung wird bei der vierten Methode durchgeführt.
Außerdem ist das Monitoringkonzept durch die Schifffahrtsunternehmen
mindestens einmal jährlich zu überprüfen und ggf. anzupassen (z.B. im Falle
des Wechsels des Eigners, der Verwendung neuer Kraftstoffe etc.) (Art. 7 der
VO). Die Prüfstelle bewertet, ob das Monitoringkonzept mit den Anforderungen
der Verordnung übereinstimmt (Art. 13 der VO). Ist das nicht der Fall, ist das
Monitoringkonzept ggf. zu überarbeiten.
c.
Überwachung / Berichterstattung
Ab dem 1. Januar 2018 müssen die Schifffahrtsunternehmen anhand des durch
die Prüfstelle bewerteten Monitoringkonzepts die CO₂-Emissionen jedes Schiffes
auf Grundlage der einzelnen Fahrten und auf Jahresbasis überwachen (Art. 8
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der VO). Hinsichtlich der einzelnen Fahrten sind für jedes Schiff, das in einem
Hafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates ankommt oder einen solchen
verlässt und für jede Fahrt von oder zu einem solchen Hafen Datum und Uhrzeit
der Ankunft oder Abfahrt, Menge und Emissionsfaktor für jede Art verbrauchten
Kraftstoffs insgesamt, das emittierte CO₂, die zurückgelegte Fahrstrecke, die auf
See verbrachte Zeit, die beförderte Ladung und die Transportleistung zu überwachen. Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind Schiffe, wenn alle Fahrten
innerhalb eines Jahres in einem Hafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates
beginnen oder enden und das Schiff laut seinem Fahrplan in diesem Jahr mehr
als 300 Fahrten unternimmt. Auf Kalenderjahresbasis sind zusätzlich zu den für
einzelne Fahrten anzugebenden Parametern, welche nun auf Ganzjahresbasis
anzugeben sind, die durchschnittliche Energieeffizienz und die aggregierten
CO₂-Emissionen, aufgeschlüsselt nach Fahrten zwischen Häfen im Hoheitsgebiet
eines Mitgliedstaates, von Häfen eines Mitgliedstaates und zu Häfen eines
Mitgliedstaates zu erfassen (Art. 9, 10 der VO).
Beginnend ab dem Jahr 2019 ist jährlich zum 30. April eines jeden Jahres ein
Emissionsbericht, der durch die Prüfstelle genehmigt wurde, durch die
Schifffahrtsunternehmen bei der Kommission und den Behörden der
betreffenden Flaggenstaaten mittels eines bereitgestellten automatisierten
Systems einzureichen. Der Emissionsbericht muss Informationen zu dem Schiff
und Eigner, zur Identität der Prüfstelle, die den Emissionsbericht bewertet hat,
zur verwendeten Überwachungsmethode und zu den Ergebnissen der jährlichen
Überwachung enthalten (Art. 11 der VO).
“JÄHRLICH … EIN
EMISSIONSBERICHT …
BEI DER KOMMISSION
UND DEN BEHÖRDEN
DER BETREFFENDEN
FLAGGENSTAATEN …
EINZUREICHEN.”
d.
Prüfung / Sanktionen
Prüfstellen sind Einrichtungen, die von der nationalen Akkreditierungsstelle (in
Deutschland der Deutschen Akkreditierungsstelle) akkreditiert worden sind (Art.
16 der VO). Voraussichtlich werden die Klassifizierungsgesellschaften der
International Association of Classification Societies (IACS ) sich als Prüfstellen i.
S. d. Verordnung akkreditieren lassen. Aber auch bei anderen
Überprüfungsgesellschaften, die z.B. auf die Überprüfung von Treibhausgasen
spezialisiert sind, werden Schiffseigner das Monitoringkonzept und den
Emissionsbericht einreichen können, um schließlich die
Konformitätsbescheinigung zu erhalten. Die Prüfgesellschaften bewerten die
Konformität des Monitoringkonzepts und des Emissionsberichts anhand der
Anforderungen der VO. Dazu überprüfen sie die Zuverlässigkeit,
Glaubwürdigkeit und Genauigkeit der Überwachungssysteme sowie der
übermittelten Daten und Informationen zu den CO₂-Emissionen. Für die
Bewertung vergleicht die Prüfstelle die gemeldeten CO₂-Emissionen mit
geschätzten Daten, die sich auf Schiffsverfolgungsdaten und Merkmale wie die
installierte Maschinenleistung stützen. Erfüllt der Emissionsbericht die
Anforderungen der Verordnung, erteilt die Prüfstelle eine
Konformitätsbescheinigung, welche an Bord des betreffenden Schiffes mitzuführen ist. Diese Konformitätsbescheinigung soll zusammen mit den
Zeugnissen und Unterlagen, die gemäß den gemeinschaftlichen Vorschriften für
den Seeverkehr und gemäß Übereinkommen über Sicherheit und
Gefahrenabwehr an Bord mitzuführen sind, an Bord aufbewahrt und auf
Verlangen der Hafenbehörden vorgezeigt werden.
Verstöße gegen die Erfüllung der Überwachungs- und Berichterstattungspflichten
werden durch die nationalen Behörden sanktioniert. Dies kann bei wiederholten
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Watson Farley & Williams
Verstößen bis hin zu einer Ausweisungsanordnung führen, womit das Anlaufen
von Häfen in der EU nicht mehr möglich ist (Art. 20 der VO).
e.
Veröffentlichung
Die Kommission veröffentlicht die Emissionsberichte und weitere Angaben, wie
CO₂-Emissionen pro Jahr, Kraftstoffverbrauch insgesamt pro Jahr, durchschnittlicher Kraftstoffverbrauch pro Jahr und CO₂-Emissionen je zurückgelegte
Strecke, insgesamt pro Jahr auf See verbrachte Zeit für Fahrten, technische
Effizienz des Schiffs etc.
Zusammenfassung
Die Verordnung bringt für Schifffahrtsunternehmen einen nicht unerheblichen
Verwaltungsaufwand mit sich.
Sie müssen bis spätestens zum 31. August 2017 das Monitoringkonzept erstellen
und vorlegen. Auf Grundlage des durch die Prüfstelle genehmigten Monitoringkonzeptes ist ab dem 01. Januar 2018 mit der Überwachung zu beginnen. Das
Ergebnis dieser Überwachung ist als Emissionsbericht, den die Prüfstelle zuvor
genehmigt haben muss, zum ersten Mal zum 31. April 2019 der Kommission und
den nationalen Behörden vorzulegen.
Erleichtert wird die Erfüllung der auferlegten Verpflichtungen wahrscheinlich
dadurch, dass zumindest für den Emissionsbericht ein automatisiertes System
einschließlich elektronischer Vorlagen durch die Kommission zur Verfügung gestellt
werden soll. Solche Vorlagen wird es auch für das Monitoringkonzept geben.
KONTAKT
Sollten Sie Fragen zu diesem Briefing haben, können Sie sich gerne jederzeit
an Ivana Mikešić und Christian Finnern oder Ihre üblichen Ansprechpartner
wenden.
DR. IVANA MIKEŠIĆ
Partner, Frankfurt
T: +49 69 297 291 210
[email protected]
DR. CHRISTIAN FINNERN
Senior Associate, Hamburg
T: +49 40 800 084 414
[email protected]
Publication code number: 56306000v1© Watson Farley & Williams 2015
Alle Verweise auf ‘Watson Farley & Williams’ und das ‘Unternehmen’ in diesem Dokument beziehen sich auf die Watson Farley & Williams LLP und / oder deren verbundene Unternehmen. Alle Nennungen
eines ‘Partners’ beziehen sich auf ein Mitglied von Watson Farley & Williams LLP, ein Mitglied oder einen Partner eines verbundenen Unternehmens oder einen Mitarbeiter bzw. Consultant mit vergleichbarer
Position und Qualifikation. Diese Broschüre ist ein Produkt von Watson Farley & Williams. Sie stellt eine Zusammenfassung zu Rechtsfragen dar und ist nicht darauf ausgerichtet, rechtlichen Rat zu erteilen.
Das hier Dargestellte ist möglicherweise nicht auf Ihre Situation anwendbar. Bei Anfragen oder Wünschen nach einer Rechtsberatung wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei
Watson Farley & Williams. Diese Publikation dient ausschließlich dem Zweck der Werbung.
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