Interview Gebäudevisualisierung: NEST soll helfen, innovative Bauprodukte schneller zur Marktreife zu bringen. Reto Largo ist seit 2013 Geschäftsführer des NEST-Projekts der Empa in Dübendorf. Zuvor leitete er an der ETH das Klimaprojekt Climate-KIC. Auf dem Gelände der Empa in Dübendorf entsteht das Forschungsgebäude NEST. Ab Frühling 2016 können hier Firmen und Forschungsinstitute neue Materialien und Technologien aus dem Bau- und Energiebereich unter Alltagsbedingungen testen. Herr Largo, wie würden Sie jemandem in wenigen Worten erklären, wie das NESTGebäude funktioniert? NEST ist eine Art Baukasten, bei dem einzelne Teile stets ausgetauscht werden können. Wirtschafts- und Forschungspartner finden im Gebäude eine lebensechte Testund Demonstrations-Umgebung. Ziel ist es, den Markttransfer neuer Produkte aus dem Bau- und Energieumfeld zu beschleunigen. Zugleich ist NEST ein spannender Ort, um künftige Technologien im konkreten Gebrauch zu erleben. Hand, die Wirtschaft und die Forschung eng zusammenarbeiten und potenzielle Kunden in Natura erleben können, was heute möglich ist, aber eben auch real funktioniert. Gibt es Vorbilder? Die Hochschulen von Stanford in den USA und BRE in England beispielsweise haben im Baubereich ebenfalls Demonstratoren realisiert, aber nicht mit den Dimensionen und der Flexibilität von NEST. Welche Innovationen sind zu erwarten? Wie entstand die Idee dazu? Initiator ist Empa-Vize-Direktor Peter Richner. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass viele innovative Bauprodukte länger im sogenannten «Tal des Todes» feststecken, als in anderen Branchen üblich. Das heisst, sie funktionieren zwar im Labor, doch der Praxisbeweis fehlt, was die Markteinführung erschwert. Abhilfe schaffen sogenannte Demonstratoren, die bis anhin in der Baubranche fehlten. Sie ermöglichen es, neue Technologien und Systeme in einer lebensechten Umgebung zu prüfen und zur Marktreife zu bringen. NEST ist ein solcher Demonstrator, bei dem die öffentliche 1 Bauen & Modernisieren 2015 NEST stellt ein optimales Umfeld für Forschung und Wirtschaft bereit. Innovationen entstehen aber immer erst dann, wenn Marktnachfrage und neue Technologien zusammentreffen. Innovationen wird es nach meiner Einschätzung beispielsweise bei den Materialien geben. Ich denke dabei an Hybridmaterialien – etwa die Kombination aus Holz und anderen Werkstoffen. Denn in energieeffizienten Gebäuden bekommt die graue Energie ein immer grösseres Gewicht. Grosses Optimierungs- und Innovationspotenzial sehe ich zudem bei den dezentralen Energie-Systemen, die mehrere Gebäude oder ein Quartier versorgen. Dieses Thema ist für uns sehr wichtig. Hier gilt es beispielsweise herauszufinden, was Sinn macht: Ist es gescheiter, Energie zentral oder dezentral zu produzieren und zu speichern? Darauf will NEST Antworten liefern. Ein Fokus gilt auch Technologien zum Sparen von Wasser für Länder mit knappen Ressourcen – ein wichtiger Exportmarkt für unsere Industrie. Nicht zu vergessen sind Benutzeroberflächen und intelligente Technologien wie das Smart-Home sowie neue Bürokonzepte, die es ermöglichen, zu Hause zu arbeiten und Transportenergie zu sparen. Dieser gesamtheitliche Ansatz ist uns wichtig. Neben NEST zeigt deshalb der sogenannte Mobility-Demonstrator Privat- und Nutzfahrzeuge mit neuen Antrieben wie Elektromotoren oder Wasserstoff. Sie erwähnten die Rahmenbedingungen – kann NEST hier Ansätze liefern? NEST wird auch eine Austauschplattform sein, um solche Themen zu diskutieren. Denn ohne langfristige gute Rahmenbedingungen findet keine Innovation statt. NEST soll kein Labor mit verschlossenen Türen sein, sondern ein Gebäude, in dem gewohnt und gearbeitet wird. Wer zieht ein? Wohnen werden im NEST vor allem akademische Gäste der Empa sowie Vertreter der Partner. Andere Wohngäste suchen wir situativ je nach zu testender Technologie aus. Etwa ältere Menschen, die Innovationen für das Wohnen im Alter prüfen könnten. Die Büroflächen wiederum werden von Mitarbeitern der Empa und der benachbarten Wasser-Forschungsanstalt Eawag und von Wirtschaftspartnern genutzt, die ebenfalls am Projekt beteiligt sind. Interview: Reto Westermann Visualisierung & Foto: VCC-BY-SA, Empa/Gramazio & Kohler (1), CC-BY-SA, Empa (1) Das Test-NEST Welchen Stellenwert hat die Energieproduktion durch das Gebäude?
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