Gemeinsame Stellungnahme bezüglich der BMASK Aufforderung

Gemeinsame Stellungnahme bezüglich der BMASK Aufforderung zur Angebotslegung betreffend die Vergabe der Studie „Gewalt an und sexueller Missbrauch von Menschen mit Behinderungen“ GZ BMASK-­‐42210/0024-­‐IV/A/10/2015 sowie der Adaptierungen und ergänzenden Informationen zur Angebotsunterlage von Mag. Tobias Buchner (Institut für Bildungswissenschaft – Universität Wien), Mag.a Petra Flieger (freie Sozialwissenschaftlerin), Mag. Dr. Oliver Koenig (Institut für Bildungswissenschaft – Universität Wien), Mag.a Gertraud Kremsner (Institut für Bildungswissenschaft – Universität Wien), Mag.a Sabine Mandl (Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte), Dr.in Hemma Mayrhofer (Institut für Rechts-­‐ und Kriminalsoziologie), DDr. in Ursula Naue (Institut für Politikwissenschaft – Universität Wien), MMag.a Anna Schachner; A.Univ.Prof.i.R. Dr. Volker Schönwiese (Universität Innsbruck), Mag.a Yvonne Seidler (Hazissa – Fachstelle Prävention sexualisierter Gewalt) – in alphabetischer Reihenfolge. Dieses Schreiben ist ein offenes und ergeht neben dem BMASK und der Volksanwaltschaft an VertreterInnen von Parteien und andere Stellen, die mit dem Thema befasst sind. Nach ausführlichen Überlegungen sind die oben genannten Personen, trotz bzw. vielmehr aufgrund der Wichtigkeit der geplanten Studie, zu der Entscheidung gelangt, sich auf Grundlage der derzeit seitens des BMASK definierten Rahmenbedingungen NICHT an der Ausschreibung zu beteiligen. Diese Entscheidung soll jedoch nicht unbegründet bleiben -­‐ womit sich explizit die Hoffnung verbindet, dass die Studie mit veränderten inhaltlichen und methodischen Standards sowie einer angemessenen Budgetierung neu ausgeschrieben wird. In Österreich wird von Seiten der Wissenschaft bereits seit einigen Jahren auf einen eklatanten Mangel an Daten zur Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen hingewiesen (z.B. Schönwiese & Plangger 2009). Dieser Notstand wurde bisher von staatlicher Seite ignoriert -­‐ trotz der Ratifizierung der UN-­‐Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, in der in Artikel 31 (zu Statistik und Datensammlung) die Vertragsparteien zur "Sammlung geeigneter Informationen, einschließlich statistischer Angaben und Forschungsdaten (...) zur Durchführung dieses Übereinkommens" verpflichtet werden. Mit Bezug auf international-­‐vergleichende Studien, wie etwa die DECLOC-­‐Studie (Mansell et al. 2007) sowie die selbstverständliche Generierung und Verfügbarkeit von Daten in anderen europäischen Ländern (z.B. Großbritannien (z.B. Emerson et. al. 2012), Irland (siehe http://nda.ie/Disability-­‐
overview/Disability-­‐Statistics), Tschechische Republik (Siska 2011), Norwegen (Tossebro 2013) oder Schweiz (Müller-­‐Johnson et al. 2014) besteht in Österreich ein eklatanter Mangel an wissenschaftlich erhobenen Daten, was einer Nichterfüllung des Art. 31 UN-­‐BRK gleichkommt. Aufgrund dieser Schieflage ist das vom BMASK bekundete Anliegen, eine umfangreiche Studie zu zumindest einem Aspekt des zu erhebenden Datenberges in Auftrag zu geben, äußerst erfreulich. Eine solche Studie, die auch dem Schutz von „Frauen, Männer[n], Mädchen und Buben mit Behinderungen vor jeder Form 1 von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch einschließlich ihrer geschlechtsspezifischen Aspekte“ (Art. 16 UN-­‐BRK) dient, wäre ein erster, wichtiger Schritt um eine Bearbeitung der skizzierten Missstände in Angriff zu nehmen. Die Beauftragung einer entsprechenden Studie ist nicht nur aus den bis hierhin genannten Gründen erfreulich, sondern auch, weil damit dem regen öffentlichen Interesse und der Anteilnahme in weiten Teilen der Bevölkerung an der Thematik entsprochen wird, die durch die umfangreiche mediale Berichterstattung zu den Missbrauchsfällen in Einrichtungen der Behindertenhilfe in den letzten Jahren hervorgerufen wurde. Weniger erfreulich ist es jedoch, dass eine wissenschaftlich und forschungsethisch seriöse Durchführung einer Untersuchung zur benannten Thematik, innerhalb der in der Ausschreibung vorgesehenen Rahmenbedingungen NICHT möglich ist. In weiterer Folge wollen wir mit Verweis auf die Entstehungsbedingungen von vergleichbaren wissenschaftlichen Studien, durchgeführt von international renommierten WissenschaftlerInnen, Rahmenbedingungen sowie erforderliche inhaltliche und methodische Bausteine (inkl. einer Einschätzung des dafür notwendigen Aufwandes und verbundener Kosten) beschreiben, die unserer Ansicht erforderlich wären, um die Fragestellungen der in der Ausschreibung genannten Leistungsbestandteile beantworten zu können. Notwendige Rahmenbedingungen für eine aus wissenschaftlicher und (forschungs-­‐)ethischer Sicht seriöse Projektdurchführung 1. Realistische Budgetvorgaben und Zahlungskonditionen (siehe beiliegendes Grobbudget) Die Bearbeitung des Themas Gewalt gegen Menschen, die überwiegend in Abhängigkeitsverhältnissen leben, erfordert aus forschungsethischer sowie forschungsmethodischer Sicht eine zeitintensive Vor-­‐ und Nachbereitung und damit einhergehend eine Durchführung der Untersuchungssituation, die durch inhaltlich, methodisch als auch psychologisch kompetente Personen vorgenommen und begleitet wird. Ansonsten besteht nicht nur die Gefahr der Generierung eines verzerrten Datenmaterials (z.B. aufgrund von Antworten nach sozialer Erwünschtheit), sondern auch einer Retraumatisierung von Menschen mit Gewalterfahrungen. Die selbst in standardisierter Form nur in Interviewform durchzuführenden Befragungen von in Einrichtungen lebenden Frauen und Männern mit Behinderung erfordern eine hochkomplexe, sensible 'dialogische Interviewführung' (vgl. BMFSJ 2013, 27ff). Dies setzt im Interview ein flexibles Vorgehen und umsichtiges Eingehen auf die InterviewpartnerInnen mit Blick auf Verständnisprobleme, aber auch auf die Dokumentation und Interpretation der Aussagen von Befragten voraus. Nach Angaben von Prof. Dr.in Monika Schröttle (Universität Dortmund), ihres Zeichens Projektverantwortliche der Studie „Gewalterfahrungen von in Einrichtungen lebenden Frauen mit Behinderungen“ (BMFSJ 2014), waren alleine für die Finanzierung einer speziellen Ausbildung und der Durchführung von komplexen, dialogischen Interviews mit gehörlosen Frauen sowie Frauen mit Lernschwierigkeiten (in Summe 420 Interviews), die in Einrichtungen leben, ein Budget von mehr als € 100.000,-­‐ erforderlich, was bereits die Gesamtsumme der Ausschreibung seitens des BMASK übersteigt. 2 Auch die Entwicklung von Befragungsinstrumenten, die den unterschiedlichen sprachlichen Fähigkeiten Rechnung tragen, bedarf einer zeitintensiven Vorarbeit und methodisch kontrollierten Testläufen. Nur so können qualitativ hochwertige und inhaltlich valide Informationen über die Lebensbedingungen und Gewalterfahrungen von in Einrichtungen lebenden Personen mit Behinderungen gewonnen werden. Methodisch weniger aufwändige Verfahren wie telefonische Befragung oder die postalische Versendung von Fragebögen sind sowohl in Anbetracht der Zielgruppe als auch aufgrund der hohen Sensibilität des zu bearbeitenden Forschungsthemas auszuschließen, da die Untersuchung stark individualisiert angelegt sein muss. Die seitens des BMASK definierten Zahlungskonditionen entsprechen nicht den gängigen Gepflogenheiten zur Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen -­‐ insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade die ersten Monate der ausgeschriebenen Untersuchung als besonders kostenintensiv zu erachten sind. Dies führt dazu, dass für Forschungseinrichtungen aufgrund der vorgesehenen Vorfinanzierung Kosten entstehen, die durch die Form der Zahlungsmodalitäten nicht abgedeckt werden können. Akzeptabel und standardgemäß wäre eine Form der Finanzierung in Tranchen zu 40 % (nach Auftragsvergabe), sowie jeweils 30 % nach Abnahme des Zwischenberichts bzw. Endberichtes. 2. Zeitrahmen der Studie Die in der Ausschreibung geforderten Leistungsbestandteile machen zeitintensive Vorerhebungs-­‐ und Vorbereitungsschritte notwendig, die einen Zeitrahmen von mindestens zwei Jahren für die gesamte Studiendurchführung erforderlich machen. Da die Arbeitszeit eines Großteils der angeschriebenen WissenschaftlerInnen in mehrjährigen Projekten gebunden ist und die Einarbeitung neuer MitarbeiterInnen Zeit erfordert, müssen zwischen Auftragsvergabe und Projektstart mindestens 3 Monate einberaumt werden -­‐ was auch den europäischen wie internationalen Gepflogenheiten entspricht und eine vernünftige bzw. der sensiblen Thematik angepasste Vorbereitungsphase ermöglicht. Ein Projektstart per 01.08.2015 ist daher nicht möglich und würde den ohnehin deutlich zu kurz angesetzten Untersuchungszeitraum nur weiter begrenzen. 3. Klare Vorgaben in einem Rahmen, der die Generierung von aussagekräftigen Ergebnissen zulässt Die Vorgaben der Untersuchung sind mit der inhaltlichen Präzisierung des BMASK nicht klarer geworden. Stattdessen macht der Konkretisierungsversuch deutlich, wie wenig grundlegende Informationen zu den Lebensbedingungen und -­‐situationen von Menschen mit Behinderungen in Österreich bisher existieren. Laut der Erläuterung der inhaltlichen Vorgaben seitens des BMASK wird erwartet, dass nicht nur Menschen aus traditionellen Einrichtungen der Behindertenhilfe zu befragen sind, sondern gemäß Artikel 16 (3) der UN-­‐Konvention auch repräsentative Daten für „alle Einrichtungen und Programme, die für Menschen mit Behinderungen bestimmt sind" zu erheben sind. Diese Vorgabe ist grundsätzlich begrüßenswert. Allerdings können -­‐ wie bereits in den Anfragen gegenüber dem BMASK dargelegt wurde -­‐ Zufallsstichproben bzw. statistische Berechnungen selbst mit begrenztem 3 Repräsentativitätsanspruch nur dann durchgeführt werden, wenn bekannt ist, auf welche Grundgesamtheit sich die Stichprobe bezieht. Laut Angaben der ergänzenden Stellungnahme enthält der Datensatz der Volksanwaltschaft mit über 4.200 Einrichtungen keinerlei Informationen über die Anzahl der in diesen Einrichtungen lebenden Menschen mit einer Behinderung bzw. deren Anteil an der gesamten Population der jeweiligen Institution(en). Das bedeutet, dass selbst das Ziehen einer Zufallsstichprobe keinerlei Aussagen mit einem wie auch immer gearteten Repräsentativitätsanspruch generieren kann, da in keinem Fall angegeben werden kann, auf welche Grundgesamtheit sich die „Zufallsstichprobe“ bezieht. Darüberhinaus liegen keinerlei Informationen über die geschlechtliche Zugehörigkeit, das Alter oder die Form(en) der Beeinträchtigung(en) der in diesen Einrichtungen lebenden Personen vor. Bisherige Untersuchungen haben jedoch gezeigt, wie jede dieser drei Variablen teilweise signifikante Unterschiede bezüglich dem Erleben von Gewalterfahrungen offenbaren kann, weswegen es zwingend notwendig erscheint, auf diese Daten im Vorfeld bereits rekurrieren zu können. Die bisherigen Ausführungen machen deutlich, dass nicht zuletzt aufgrund des extrem weit angelegten Begriffes von Institutionen/Einrichtungen, personal-­‐, zeit-­‐, kooperations-­‐ und kostenintensive Vorarbeiten notwendig sind, die im Grunde eine VORERHEBUNG bzw. Grundlagenstudie unabdingbar machen, um als Ausgangssituation zumindest darstellen zu können, wie viele Menschen mit Behinderungen (mindestens differenziert nach Alter, Geschlecht und Form der Beeinträchtigung) in Institutionen leben. Zu den Einrichtungen der Behindertenhilfe zählen nicht nur Wohneinrichtungen, sondern v.a. auch Einrichtungen der Beschäftigungstherapie. Knapp 21.000 behinderte Frauen (44,8%) und Männer (55,2%) nehmen in Österreich diese Dienstleistung in Anspruch. Da aus internationalen Untersuchungen bekannt, dass Gewalt und Missbrauch an behinderten Menschen auch in Beschäftigungseinrichtungen stattfinden, sollten diese in die Studie inkludiert werden. Die Beauftragung einer dementsprechenden Grundlagen-­‐ oder Vorstudie hätte den unschätzbaren Vorteil, dass empirische Daten generiert werden könnten, die Auskunft über die Lebenssituation (bzw. zumindest den Lebensmittelpunkt) von Menschen mit Behinderungen in Österreich geben. Dabei sollte auch erhoben werden, wie viele Menschen mit Behinderungen selbstständig wohnen, aber tagsüber institutionell betreut werden, z.B. in Werkstätten oder im Rahmen von Assistenzleistungen. Auf dieser Grundlage könnten -­‐ allerdings auch erst dann -­‐ entsprechende Studien wie die ausgeschriebene Untersuchung einsetzen und Detailfragen zu den Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung analysiert und wissenschaftlich valide Forschungsarbeiten durchgeführt werden. Innerhalb des vorgegebenen Budgetrahmens wäre derzeit lediglich eine derartige Vor-­‐ bzw. Grundlagenuntersuchung realisierbar. Dies würde jedoch ein politisches Pouvoir seitens des BMASK und eine umfangreichen Kooperation anderer öffentlicher Organe, v.a. der für die Behindertenhilfe zuständigen Abteilungen der Bundesländer, voraussetzen, um einerseits die Weitergabe und Sekundärauswertung von Verwaltungsdaten zu unterstützen und andererseits die Übermittlung von Kontextdaten seitens der Institutionen zu erleichtern. Schließlich ist anzunehmen, dass keine lückenlose Dokumentation der Daten vorliegt. Zur Ermittlung von Faktoren, die Gewalt fördern oder präventiv wirken, waren vergleichbare Untersuchungen ebenso in der Lage, im Rahmen „geschichteter Zufallsstichproben“ auf institutionelle Kontextfaktoren zurückzugreifen, wozu zumindest Daten hinsichtlich der Faktoren Größe der Einrichtung, Ausstattung & Angebote, regionale Lage (Stadt/Land) zu 4 rechnen sind. Diese Daten sollten idealerweise bereits im Rahmen der angesprochenen Vor-­‐ bzw. Grundlagenstudie zusammengetragen bzw. standardisiert erhoben werden. Hinsichtlich der Anzahl an Befragungspersonen müsste zur statistischen Überprüfung von Zusammenhängen (Signifikanztests) ein Stichprobenumfang von mindestens 500 gültigen Befragungen erreicht werden. Wenn man mitbedenkt, dass quantitativ-­‐
repräsentative Befragungen in Forschungsbereichen, in denen von einem hohen Dunkelfeld auszugehen ist, tendenziell eine größere Stichprobe erfordern, ist diese Anzahl vermutlich eher zu niedrig gegriffen. Dies erhöht den Aufwand und dementsprechend auch die Kosten solcher Umfragen, andererseits sind nur so "Verkreuzungen" unterschiedlicher Variablen bei multivariaten Verfahren zulässig und durchführbar – und damit letztendlich auch erst wirklich aussagekräftige und repräsentative Ergebnisse zu gewährleisten. Da zu den zu untersuchenden Einrichtungen auch unter Punkt 4. „Einrichtungen der Jugend und Familienwohlfahrt“ fallen, sollte sowohl aus forschungsethischen als auch forschungspraktischen Gründen das Alter der Untersuchungspersonen mindestens 14 Jahre betragen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Weite der vorgegebenen Untersuchungen mit unterschiedlichen Institutionen und jeweils spezifischen abzubildenden institutionellen Kontextfaktoren um ein Vielfaches die Notwendigkeit oben definierter Vorarbeiten bzw.-­‐ Untersuchungen erhöht. 4. Notwendigkeit klarer Absprachen zwischen BMASK und Volksanwaltschaft Im Hinblick auf die zu erreichenden Zielsetzungen der Studie gab es vom BMASK und der Volksanwaltschaft unterschiedliche Signale. Seitens der Volksanwaltschaft wurde insbesondere auf ihr Interesse verwiesen, valide Informationen darüber zu erhalten, welche Faktoren tatsächlich präventiv wirken, da laut den Erfahrungen der Volksanwaltschaft sich zwar ein Großteil der Organisationen programmatisch mit dem Thema Gewalt und Gewaltprävention auseinandersetzt, jedoch – so ihre Erfahrungen – die angewandten Mechanismen nicht wirken. Die Volksanwaltschaft hat zudem ein Interesse daran, ihre Dokumentationen/Überprüfungsprotokolle zu den Berichten der OPCAT Kommissionen einer wissenschaftlichen Analyse zuzuführen -­‐ was aber in die Planung der Zeit-­‐ und Budgetvorgaben einfließen müsste. 5. Arbeitspakete, die erforderlich sind, um die Leistungsbeschreibung erfüllen zu können Unter Berücksichtigung der vorausgegangenen Argumentationen können die folgenden Arbeitspakete identifiziert werden, die einerseits quantitative, andererseits qualitative Daten erbringen sollen. Zu betonen ist, dass ein derartiger Mixed-­‐Methods-­‐Ansatz notwendig ist, wenn alle in der Ausschreibung aufgelisteten Punkte (Status Quo, Entwicklung, Faktoren, Maßnahmen etc. betreffend) umfassend und ausreichend erfasst werden sollen. 1. Vorerhebung: Erhebung von Daten (auf der Basis der Liste der VA), um zu einer Grundgesamtheit zu gelangen, die alle Kategorien (unterschiedliche 5 Behinderungs-­‐ und Beeinträchtigungsformen, Geschlecht, Alter, Größe der Einrichtung, Stadt/Land) umfasst. 2. Sichtung, Aufarbeitung & Analyse der Daten (Dokumentationen/Überprüfungsprotokolle) der Volksanwaltschaft 3. Einrichtung eines Beratungsgremiums, bestehend aus VertreterInnen von DPOs (Disabled People´s Organisations = Organisationen, in denen mindestens 51% Personen mit Behinderung in den Entscheidungsgremien vertreten sind), VertreterInnen von Organisationen, der öffentlichen Hand sowie BewohnerInnenvertretungen, die an verschiedenen Stellen mit ihrer Expertise in den Forschungsprozess miteinbezogen werden. 4. Instrumentenentwicklung und Testung o Literaturrecherche o Operationalisierung von Gewalt mit besonderem Fokus auf Gewalt in Institutionen – idealerweise über Fokusgruppen, um sprachliche und kulturelle Dimensionen entsprechend abdecken zu können. o Entwicklung von Instrumenten für Menschen ohne Lautsprache (Expertise im Bereich Unterstützte Kommunikation, Gebärdensprache) und Menschen mit Lernschwierigkeiten (Leichte Sprache, etc.) o Schulung von diesen Vorgaben entsprechenden InterviewerInnen o Vorbereitungen für Feldarbeit / Voruntersuchungen 5. Feldzugang & Gewinnung der Stichprobe: o Festlegung eines Zufallsverfahrens, das zugleich Bias und Einschränkungen reflektiert und offenlegt o Auswahl der Einrichtungen o Kontaktanbahnung zu Einrichtungen mit Zufallsverfahren (sehr zeitintensiv) à Dokumentationssystem der Absagen (Einrichtungen, die ihre Teilnahme verweigern) o Informationsveranstaltungen in den Institutionen, die in die Erhebung eingebunden sind (zumindest an 3 Orten/Bundesländern) 6. Datenerhebung: o Befragungen in 'face-­‐to-­‐face'-­‐ Settings o Fragebogen mit Kontextbedingungen für jene Einrichtungen, in denen Befragungen stattfinden. o Vertiefende qualitative Fallstudien, um die Interpretation der quantitativen Daten zu optimieren und Kontextfaktoren zur Identifizierung von präventiven Faktoren zu ermöglichen (eine Literaturrecherche allein erscheint hier aufgrund der Kontextabhängigkeit nicht zielführend). o Durchführung von Fokusgruppen und/oder ExpertInneninterviews zur Darstellung von Veränderungen sowie zur Identifizierung von „Good Practices“. 7. Datenanalyse o Quantitative Analyse: Deskriptiv-­‐ und inferenzstatistische Verfahren. (ACHTUNG: Nur durch inferenzstatistische Verfahren sind Aussagen über 6 die Stichprobe hinaus möglich, d.h. auch Aussagen über die Population/Grundgesamtheit von Personen mit Behinderung, die in Institutionen leben. Und genau hierfür bedarf es auch einer repräsentativen Stichprobe) o Qualitativ-­‐inhaltsanalytische Verfahren zur Auswertung der ergänzenden Fallstudien sowie Fokusgruppen & ExpertInneninterviews. o Vergleich mit Studienergebnissen anderer Länder 8. Zusammenführung der Ergebnisse, Berichtlegung sowie Transfertreffen zur Diskussion der Ergebnisse und erarbeiteten Empfehlungen Da davon auszugehen ist, dass es in den kommenden Jahren nach dieser Ausschreibung so schnell nicht zu einer weiteren vom BMASK geförderten Studie zu diesem wichtigen Thema kommen wird, ist es umso wesentlicher, dass diese Studie umfassend und ausführlich auf alle Punkte der Ausschreibung eingeht und eingehen kann. Und sie kann nur dann Repräsentativität versprechen und auch wirklich realisieren, wenn es gelingt, eine nach dem Zufallsprinzip zusammengesetzte Befragungsstichprobe im erforderlichen Stichprobenumfang zu erreichen. Dies ist wiederum jedoch nur dann möglich, wenn sowohl der vorgegebene Zeitrahmen gut durchdacht als auch die Budgetierung ausreichend gesichert ist, was derzeit jedoch nicht der Fall ist. 7 Grober Budgetenwurf: basierend auf realen Tageslohnsätzen (Mischsatz Junior & Senior Researchers & Projektleitung inkl. Overhead), Konsultationen mit Studienverantwortlichen vergleichbarer Studien sowie einer angenommenen Stichprobengröße von 500 Frauen und Männern mit Behinderungen in den fünf Kategorien von Einrichtungen. Beschreibung der Einheit/ EURO Gesamt Aktivitäten Arbeitstage (AT) Arbeitspaket 1: Vorerhebung Erhebung von Daten (auf der 150 AT (6 Monate) 350 52.500 Basis der Liste der VA) um zu einer Grundgesamtheit zu gelangen, die alle Kategorien (unterschiedliche Behinderungs-­‐ und Beeinträchtigungsformen, Geschlecht, Alter sowie institutionelle Kontextfaktoren) umfasst. Kontakt vor allem über TrägerInnenorganisationen mittels Fragebögen, Kategorisierung und Auswertung Summe 52.500 Arbeitspaket 2: Sichtung, Aufarbeitung & Analyse der Daten (Dokumentationen/Überprüfungsprotokolle) der Volksanwaltschaft Vorgespräche mit Mind. 50 AT (3 Monate) 350 17.500 VertreterInnen der Volksanwaltschaft. Dokumentenanalyse Zusammenfassung & Aufbereitung der Ergebnisse Summe 17.500 Arbeitspaket 3: Einrichtung eines Beratungsgremiums Vorbereitung, Moderation & 20 AT 350 7.000 Dokumentation von mind. 4 Treffen Einrichtung des Gremiums Reisekosten und event. 150 6.000 und halbjährliches Treffen Übernachtung (150 x 4 (4x insgesamt) zur x 10) Begleitung und Beratung des Projekts Aufwandsentschädigung 150 6.000 (150 x 4 x 10) Summe 19.000 8 Arbeitspaket 4: Instrumentenentwicklung und Testung Literaturrecherche 5 AT 350 Entwicklung von 30 AT 400 Instrumenten für unterschiedliche Interview-­‐
Settings (Menschen mit Lernschwierigkeiten; ohne Lautsprache) Schulung (2 Tage) von 15 AT 350 InterviewerInnen (Vor-­‐ und Nachbereitung) Reisekosten per Zugfahrt/Hotel 150 InterviewerIn (20) mit Übernachtung Kontrollierte Testläufe 20 AT 350 (Prüfen auf Verständlichkeit und Durchführbarkeit) Einrichten einer Prüfgruppe 10 AT (Honorar) 250 (mind. 5 Personen aus Reise-­‐ & VertreterInnen Übernachtungskosten 200 unterschiedlicher Zielgruppen); Reisekosten & Honorar (2 AT pro Person) Summe Arbeitspaket 5: Feldzugang & Gewinnung der Stichprobe Festlegung eines 5 AT 400 Zufallsverfahrens & Auswahl der Einrichtungen Kontaktanbahnung, Aufbau 50 AT 350 & Pflege eines Dokumentationssystems, Vorbereitung der Interviewdurchführungen Vorbereitung, Durchführung 10 AT 350 & Dokumentation von drei Informationsveranstaltungen Reisekosten für 2 Personen Reise-­‐ & 200 für 2 Reisen Übernachtungskosten Summe Arbeitspaket 6: Datenerhebung 500 Interviews mit Frauen Honorar per Interview 100 und Männern in Einrichtungen aus den fünf Reisekosten per Kategorien Interview 60 Gebärdensprachen-­‐
Dolmetsch (25 gehörlose und schwer 720 hörbeeinträchtigte Frauen), 2h zu € 360 1.750 12.000 5.250 3.000 7.000 2.500 1.000 32.500 2.000 17.500 3.500 800 23.800 50.000 30.000 18.000 9 Durchführung von 20 qualitativen biographischen Interviews mit Frauen und Männern, um vertiefende Erkenntnisse über das individuelle Gewalterleben zu gewinnen Durchführung von 2 Fokusgruppen und 10 ExpertInneninterviews Honorar per Interview Reisekosten per Interview Transkription per Interview 5 AT Reisekosten Transkription Summe Arbeitspaket 7:Datenanalyse Auswertung und Analyse der 30 AT 20 biographischen Interviews Matrixerstellung, 20 AT Dateneingabe (500 Fragebögen à 15 min) & Datenkontrolle Statistische Auswertungen 20 AT zzgl. Vercodung offener Antwortformate (Annahme: 5-­‐6 offene Antwortformate im Fragebogen) Aufbereitung der 5 AT quantitativen Ergebnisse (Tabellen/Grafiken etc.) Summe Zusammenführung 10 AT Teilergebnisse Verfassen des 10 AT Zwischenberichts Verfassen des Endberichts 40 AT inkl. Feedback-­‐Schleife Summe Projektmanagement 50 AT TOTAL – Geschätzter Budgetaufwand 200 80 200 400 80 200 4.000 1.600 4.000 2.000 800 2.400 112.800 400 12.000 350 7.000 400 8.000 350 1.750 400 28.750 4.000 400 4.000 400 16.000 400 24.000 20.000 330.850 10 Verwendete Literatur: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (Hrsg.) (2013): Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in Deutschland. Ergebnisse der quantitativen Befragung. Endbericht. Berlin: BMFSFJ. Online unter: http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-­‐
Anlagen/Lebenssituation-­‐und-­‐Belastungen-­‐von-­‐Frauen-­‐mit-­‐Behinderungen-­‐
Langfassung-­‐Ergebnisse_20der_20quantitativen-­‐
Befragung,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (Hrsg.) (2014): Gewalterfahrungen von in Einrichtungen lebenden Frauen mit Behinderungen. Ausmaß, Risikofaktoren, Prävention. Endbericht. Berlin: BMFSFJ. Online unter: https://www.bmbf.gv.at/frauen/gewalt/2014._Gewalterfahrungen_von_in_Einrichtunge
n_lebenden_Frauen.pdf?4wnbg8 Emerson, Eric; Hatton, Chris; Robertson, Janet; Roberts, Hazel; Baines, Susannah; Evison, Felicity & Glover, Gyles (2012): People with Learning Disabilities in England 2011: Services & Supports. London: Department of Health. Online unter: http://www.glh.org.uk/pdfs/PWLDAR2011.pdf Mansell, Jim; Knapp, Martin; Beadle-­‐Brown, Julie; Beecham, Jeni (2007). Deinstitutionalisation and community living – outcomes and costs: report of a European Study. Volume 2: Main Report. Canterbury: Tizard Centre, University of Kent. Mueller-­‐Johnson, Katrin; Eisner, Manuel P.; Obsuth, Ingrid (2014). Sexual victimization of youth with a physical disability: an examination of prevalence rates, and risk and protective factors, Journal of Interpersonal Violence 2014, 3180-­‐3206. Plangger, Sascha & Schönwiese, Volker (2009): Die Rolle von Forschung bei der Umsetzung der UN-­‐Konvention. In: Zeitschrift behinderte Menschen 1/2009, 27-­‐33 Siska, Jan (2011): Developments in Deinstitutionalization and Community Living in the Czech Republic. In: Journal of Policy and Practice in Intellectual Disabilities. Vol. 8 (2), 125 -­‐ 133 Tossebro, Jan (2013): Two decades of disability research in Norway 1990–2010. In: Scandinavian Journal of Disability Research. .Vol. 15 (1), 71-­‐89 11