Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen Frau Elisabeth Cremer 40190 Düsseldorf Kempen, den 16.07.2015 Entwurf der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen Landesbauordnung (BauO NRW) Aktenzeichen VI A 3 – 100 Stellungnahme des Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (bdla), Landesgruppe NW Sehr geehrte Frau Cremer, sehr geehrte Damen und Herren, wir bedanken uns für die Möglichkeit, zur Novelle der Landesbauordnung Stellung nehmen zu dürfen. Vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Klimawandels, einhergehend mit stadtklimatischen Belastungsspitzen, Überflutungsereignissen durch Starkregen, aber auch der möglichen negativen Folgen ungesteuerter Innenentwicklung durch Inanspruchnahme wertvoller, gewachsener Grünstrukturen im baulichen Innenbereich sehen wir als Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten die Notwendigkeit, im Zuge der Novelle der BauONW auch stadtökologische und stadtklimatische Aspekte zu einem Prüfkriterium für Genehmigungsverfahren zu etablieren. Die aktuelle Diskussion um die Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt zeigt ein virulentes Unbehagen mit der Stadtentwicklung auch aus baukultureller und ästhetischer Sicht. Landesgruppe In beiden Fragen kann der qualifizierte Freiflächenplan helfen, vorhandene gesetzliche Regelungen zu Umwelt- und Klimafragen, aber auch zur Wohn- und Lebensqualität in der Stadt in einem gebündelten Fachplan umzusetzen. Nordrhein-Westfalen Geschäftsführung Judith Dohmen-Mick Scheifeshütte 15 47906 Kempen Tel.: 02152 14 84 90 Fax: 02152 14 84 92 [email protected] www.bdlanw.bdla.de 1. Rahmenbedingungen Das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat im Herbst 2014 einen Leitfaden zum Thema „Urbanes Grün - Konzepte und Instrumente“ veröffentlicht. Die Inhalte des Leitfadens, entwickelt aus einem Forschungsgutachten zeigen, wie wichtig urbanes Grün zur Bewältigung künftiger Herausforderungen der Stadtplanung ist. Genannt seien die Aspekte der Klimaanpassung, der Gestaltung lebenswerter Stadtquartiere im Kontext weiterer Innenverdichtung, die „Grüne Infrastruktur“ und die gesunde Stadt, die Biodiversität im Sinne ökologischer Standards, nicht zuletzt aber auch eine (Freiraum-) Baukultur. Nachhaltige Stadtentwicklung kann und darf aber nicht auf den relativ kleinen Anteil des öffentlichen Raumes beschränkt werden; auch auf privatem Grund gilt es, im Sinne der oben genannten Ziele neu zu denken, qualitätsvolle und zukunftssichere Freiflächen zu entwickeln. Wenn auch die meisten Zielsetzungen bereits heute durch entsprechende gesetzliche Regelungen gesichert sind, fehlt ein zusammenfassendes Konstrukt zur Verifizierung der Standards für Freiflächengestaltung, Grünordnung und Umweltfragen. Während die baurechtliche Genehmigung klaren Regeln unterliegt, werden Fragen der Klimaanpassung, des Überflutungsschutzes, des Bodenschutzes und des Artenschutzes, aber auch des Stadt- bzw. Landschaftsbildes nur am Rande und in zersplitterten Zuständigkeiten behandelt. Ferner beklagen Genehmigungsbehörden aber auch die Gestaltungsbeiräte in den Kommunen bei der Vielzahl vereinfachter Verfahren im baulichen Innenbereich fehlende Steuerungsmöglichkeiten. Der verbindliche Freiflächenplan im bauaufsichtlichen Verfahren übernimmt hier eine Bündelungsfunktion, trägt zur Verfahrensvereinfachung bei, schafft Rechtssicherheit und sichert die Einhaltung der baupolitischen Zielsetzungen. Die langjährige und erfolgreiche Anwendung solcher Pläne z.B. in Städten wie München oder Dresden belegt die Praxistauglichkeit eines derartigen Planungsinstrumentes. Landesgruppe Nordrhein-Westfalen Geschäftsführung Judith Dohmen-Mick Scheifeshütte 15 47906 Kempen Tel.: 02152 14 84 90 Fax: 02152 14 84 92 [email protected] www.bdlanw.bdla.de 2. Geltungsbereich Der Freiflächenplan bezieht sich auf alle Freianlagen bei genehmigungspflichtigen baulichen Anlagen gem. §1 BauO NRW außer Ein- bzw. Zweifamilienhäusern. Besonders zu nennen sind hier Mehrfamilienwohnanlagen, öffentliche Gebäude, Krankenhäuser, Altenwohnanlagen, Kindergärten sowie gewerbliche und industrielle Bauvorhaben. 3. Bündelungswirkung Freianlagen sind Träger vielfältiger Funktionen und Einrichtungen, deren Ausgestaltung in einer Vielzahl eigengesetzlicher Regelungen zersplittert ist. Zu nennen sind hier insbesondere: • Eingriffsregelung (LG NRW) • Bodenschutz (BBodSchG) • Klimaschutz • Artenschutz (BNatG.) • Niederschlagswasserbeseitigung (LWG NW) • Barrierefreiheit • Nachbarschaftsrecht • Kinderspielplatzverordnung • Baumschutzsatzung • Grundstückserschließung/Stellplätze/Feuerwehrzufahrten • Grundstücksbegrenzungen/Fahrradstellplätze/Sicherheitseinricht ungen/Beleuchtung • Begrünung/Geländegestaltung Die Abfrage der entsprechenden Parameter kann gem. BauPrüf VO gefordert werden. Der Freiflächenplan bündelt jedoch die vorgenannten Einzelaspekte. Er ist im Rahmen der Novellierung der BauO NW als eigener Baustein im Baugenehmigungsverfahren umzusetzen. 4. Planungsgrundlage Grundlage des Freiflächenplanes ist der Erdgeschossplan mit Eintrag der vorhandenen und geplanten Baulichkeiten mit OKF-Höhen, der Geländehöhen (auch angrenzender Nutzungen), der Grundstücksgrenzen, der Tiefgaragenumrisse, der geplanten Zufahrten und Zuwegungen sowie des vorhandenen Gehölzbestandes nach Art, Höhe, Stammumfang und Vitalität. Weiterhin sind je nach Umfang der Baumaßnahme, die die Freiraumgestaltung beeinflussende, unterirdische technische Infrastruktur einzutragen. Landesgruppe Nordrhein-Westfalen Geschäftsführung Judith Dohmen-Mick Scheifeshütte 15 47906 Kempen Tel.: 02152 14 84 90 Fax: 02152 14 84 92 [email protected] www.bdlanw.bdla.de 5. Inhalte des Freiflächenplanes Der Freiflächenplan zur Vorlage im Baugenehmigungsverfahren ist im Maßstab 1:100 zu fertigen und enthält mindestens folgende Angaben: • Katastergrundlage gem. Ziff. 4 • Gestaltung und Nutzung der Freiflächen • Wege, Plätze, Zufahrten, Stellplätze, Feuerwehrflächen incl. Materialangaben Spielflächen (Ausstattung) Aufenthalts- und Gemeinschaftsflächen Rasen-, Wiesen-, Vegetationsflächen, Baumpflanzungen mit Angabe der Baumart und Qualität • zu fällende Gehölze • Geplante Topografie mit Darstellung von Böschungen und Stützmauern, Überdeckungshöhen von Tiefgaragen • Einfriedungen, Verkehrsanlagen, Beleuchtung • Angabe zu Dach- und Fassadenbegrünung • Flächen zur Niederschlagsbeseitigung, Überflutungsnachweis 6. Planzeichnung/Verfasser Zur Darstellung der geplanten Maßnahmen ist als Regelmaßstab 1:100 zu verwenden. Soweit erforderlich, sind Angaben durch Schnittzeichnungen zu ergänzen. Maßnahmen eines Bebauungsplanes oder eines Landschaftspflegerischen Begleitplanes sind im Lageplan prüffähig kenntlich zu machen. Der Freiflächenplan ist durch Landschaftsarchitekten/-innen zu erstellen und vom Entwurfsverfasser/-in zu unterzeichnen. 7. Fazit und Ausblick Derzeit sichert die Bauordnung des Landes die Einhaltung der Regeln der Technik und schafft so die Grundlage für normgerechtes Bauen. Aktuelle Umweltfragen finden keine Berücksichtigung, stellen aber eine große Herausforderung für umweltgerechtes Bauen der Zukunft dar. Derzeit werden Umweltaspekte nur außerhalb des Genehmigungsverfahrens in einer Art Parallelwelt, oft bruchstückhaft und als Nebenkriegsschauplatz ohne die ihnen zustehende Aufmerksamkeit und Sorgfalt behandelt. Im Idealfall wird der Freiflächenplan im Zuge der Novelle der BauONW zu einer bei allen Baugenehmigungsverfahren beizubringenden „Fachschale Umwelt“ (soweit es sich nicht um genehmigungsfreie oder Anträge im vereinfachten Verfahren sind). Landesgruppe Nordrhein-Westfalen Geschäftsführung Judith Dohmen-Mick Scheifeshütte 15 47906 Kempen Tel.: 02152 14 84 90 Fax: 02152 14 84 92 [email protected] www.bdlanw.bdla.de Im Sinne einer Minimallösung sollte die BauONW auf dieses Planungsinstrument bzw. auf Umweltaspekte generell Bezug nehmen und den Kommunen anheimstellen, dieses Planwerk über städtische (Freiflächen- oder Grünordnungs- und Umwelt-) Satzungen einzuführen. Die Landesgruppe NW des Bund Deutscher Landschaftsarchitekten würde sich über eine Diskussion zu den hier aufgeworfenen Fragen sehr freuen und steht jederzeit zu einem Gespräch zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Christian Jürgensmann Landschaftsarchitekt bdla 2. Vorsitzender des bdla nw Für den Vorstand des bdla nw Landesgruppe Nordrhein-Westfalen Geschäftsführung Judith Dohmen-Mick Scheifeshütte 15 47906 Kempen Tel.: 02152 14 84 90 Fax: 02152 14 84 92 [email protected] www.bdlanw.bdla.de
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