Online-Zeitung 2 / 2015 - Die Zukunft ist erneuerbar

Die Zukunft ist erneuerbar!
Online-Zeitung der Allianz Atomausstieg Ausgabe 02/2015
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Energie aktuell
Ständeratskommission bremst Energiewende
Verschlechterte Bedingungen für erneuerbare Energien.
2014 hatte der Nationalrat mit der Energiestrategie 2050 ein
überzeugendes Modell für die Förderung der erneuerbaren
Energien verabschiedet. Die Energiekommission des Ständerats (UREK-S) hat die Verbesserungen gegenüber dem
Bundesratsvorschlag wieder umgestossen. «Das ist kein
gutes Signal», sagt Jürg Buri, Geschäftsleiter der Schweizerischen Energie-Stiftung SES. «Es überrascht allerdings
nicht, da zahlreiche Kommissionsmitglieder die Interessen
der Kantonswerke vertreten.» Mit ihrem Entscheid macht die
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Kommission den Zubau dezentraler Kraftwerke komplizierter
und bremst die Energiewende. «Das Plenum des Ständerates ist gut beraten, bei der Förderung
der Zukunftsenergien die Variante des Nationalrates beizubehalten.» Die Entscheide der UREK-S
verheissen nichts Gutes für die kommende Diskussion. «Statt die defizitären und gefährlichen
AKW vom Netz zu nehmen, verlangen die AKW- und Grosswasserkraftbetreiber 6 Milliarden
Franken Subventionen für die nächsten 10 Jahre», sagt Buri. «Wenn schon müsste man das
kombinieren: Den verbindlichen Atomausstieg mit der Wasserkraftförderung. Andernfalls verkommt die Energiestrategie zur Vergoldung der Besitzstandwahrung.»
 Abkehr vom KEV-Modell des Nationalrats ist unverständlich
Die Zukunft ist erneuerbar! Online-Zeitung der Allianz Atomausstieg Ausgabe 02/2015
Erneuerbare im Aufschwung
Der «Renewable Energy Index Schweiz» zeigt nach der
Aufhebung der Frankenuntergrenze sogar nach oben.
Die Aufgabe des Euro-Mindestkurses belastet die
Schweizer Wirtschaft. Sie bot den Gegnern der Energiewende einen willkommenen Anlass für die Behauptung,
die Wirtschaft ertrage keine Belastung durch die KEV.
«Tatsächlich hat die Energiestrategie 2050 nur geringe
Auswirkungen auf die Exportindustrie», sagt Stefan Batzli,
Geschäftsführer der AEE SUISSE. «Sie steigert langfristig
die Wettbewerbsfähigkeit und lässt sich jetzt so günstig
© AEE SUISSE
wie noch nie realisieren.» Dass die erneuerbaren Energien zum Wachstum beitragen, zeigt der vierteljährlich publizierte «Renewable Energy Index
Schweiz» (REIS) der Credit Suisse und der AEE SUISSE. Er verlor zwar im ersten Quartal
2015 etwas an Schwung, doch der Subindex für den Umsatz steht so hoch wie seit zwei
Jahren nicht mehr. Die Exporte stiegen gegenüber dem Vorquartal auch leicht an.
 Der «Renewable Energy Index Schweiz»
BUCH
Kraftwerk Schweiz
TIPP
Anomalien am Druckbehälter des EPR-Reaktors in Flamanville
ETH-Professor und Unternehmer Anton Gunzinger beurteilt die Energiestrategie 2050 als viel zu zahm.
In seinem Buch «Kraftwerk Schweiz» geht der Elektroingenieur
der Frage nach, wie die Schweiz ihren Ressourcenverbrauch
verringern kann, ohne Wohlstand und Leistungsfähigkeit
einbüssen zu müssen. Damit dies gelingt, müsste für die
Nutzung von Gemeingütern wie Erdöl, Luft oder öffentlicher
Raum eine Vollkostenrechnung eingeführt werden. Anton
Gunzinger: «Entweder kaufen wir weiterhin für 12 bis 15
Milliarden Franken pro Jahr Erdöl und Gas im Ausland ein,
oder wir investieren das Geld in die Energiewende.» Weil
fossile Energien knapper und damit teurer werden, rechne
er bis 2035 mit ohnehin anfallenden Mehrkosten gegenüber
heute von 15 bis 20 Milliarden Franken pro Jahr. Als Gegenmittel sieht der Autor ein intelligent gesteuertes «Kraftwerk
© Zytglogge Verlag
Schweiz», das vernetzt, aber unabhängig vom Ausland
funktioniert und auch den Binnenmarkt stärkt. Das Buch ist
nicht nur ein Plädoyer für die Energiewende, sondern auch eine fundierte und eingängig
erklärte Berechnung der nötigen Massnahmen.
 Plädoyer für eine Energiewende mit Zukunft
Neuer Deckel für Beznau
Statt alte AKW abzuschalten, werden sie teuer nachgerüstet – um ihre Sicherheit steht es dennoch nicht gut.
Beznau I ist mit 45 Jahren Laufzeit der älteste kommerziell betriebene Reaktor der Welt. Axpo investiert nun
etwa 700 Millionen Franken in die Nachrüstung beider
Beznau-Reaktoren, um sie «weit über 2020» hinaus zu
betreiben. Dazu gehören auch neue Deckel für die Druckbehälter der Reaktoren für je 50 Millionen Franken. Jetzt
sollte der erste Deckel eingebaut werden und es stellt
sich heraus – er passt nicht. Die Revision wird deshalb
© Axpo
bis zu zwei Wochen länger dauern und Mehrkosten in
Millionenhöhe verursachen. Die enormen Kosten sind aber nur ein Problem. Florian Kasser
von Greenpeace betont: «Das 46-jährige AKW Beznau lässt sich auch mit dem besten Willen nicht auf ein zeitgemässes Sicherheitsniveau nachrüsten. Trotz neuen Deckeln werden
die Sicherheitssysteme komplett überholt bleiben.» Dieter Majer, langjähriger Vorsitzender
der Deutsch-Schweizerischen Kommission für die Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen DSK, forderte deshalb 2014: «Die Anlagen in Mühleberg und Beznau sollten wegen der
bestehenden Sicherheitsdefizite unverzüglich abgeschaltet werden!»
 Ein untragbares Risiko für die Bevölkerung
Die Zukunft ist erneuerbar! Online-Zeitung der Allianz Atomausstieg Ausgabe 02/2015
Die Meldung über Fertigungsfehler am Druckbehälter
des EPR Flamanville bringt die französische Atomindustrie in Bedrängnis
Die französische Atomaufsicht ASN wurde von Areva
über „eine ernste Anomalie“ in der Zusammensetzung des
Stahls informiert, der für den Druckbehälter des EPRReaktors Flamanville verwendet wurde, mit dessen Bau
2007 begonnen worden war. Wenn sich dies in den von der
ASN geforderten Tests bestätigt, wird der Behälter wahrscheinlich ausgetauscht werden müssen. Dies wäre ein
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unfassbar komplexer und kostspieliger Vorgang. Vor diesem
Paukenschlag hatten sich die Kosten des im Auftrag des Versorgers EDF von Areva gemanagten
Bauvorhabens bereits verdreifacht und seine Fertigstellung hat sich als Folge davon schon um
sechs Jahre verzögert. «Dieses Problem mit dem Druckbehälter ist extrem schlechte Werbung
für den EPR.» Laut Yannick Rousselet, Verantwortlicher für die Atomkraft-Kampagne von Greenpeace Frankreich, «kann man sich nach diesem neuen Rückschlag nun nicht vorstellen, dass die
EPR-Verkäufe weltweit steigen werden.» Am 4. Mai 2015 ging bei der ASN ein von Ingenieuren
des Versorgers EDF unterzeichneter offener Brief ein, in dem die Meldung des ASN unter dem
Vorwand angeprangert wird, dass sie die Nuklearbranche in Gefahr bringe. Wäre es den Unterzeichnern lieber gewesen, wenn die Bevölkerung – die die Rechnung für den EPR zahlt – niemals
informiert worden wäre?
Neu: Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz,
Portrait einer Volksbewegung
© Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz
MITEN
MACH
Am 1. April 2015, 40 Jahre nach der Besetzung in Kaiseraugst, öffnete in Basel die «Dokumentationsstelle
Atomfreie Schweiz» ihre Tore. Die kleine, unabhängige
Institution sammelt Zeugnisse des Kampfes gegen die
Atomkraft und für die Energiewende mit dem Ziel, unsere
jüngste Geschichte für die Nachwelt am Leben zu erhalten.
Gleichzeitig will die Dokumentationsstelle durch aktive
Öffentlichkeitsarbeit ihren Beitrag bei künftigen Energieabstimmungen leisten und die Dokumente interessierten
Personen und Gruppen, wie Schulklassen, Journalisten,
Doktorandinnen und so weiter zur Verfügung stellen.
Weitere Informationen unter www.atomfrei.ch. Wer Materialien besitzt (Briefe, Fotos,
Filme, Transparente, Protokolle usw.), kontaktiere bitte den Kurator Aernschd Born,
[email protected], 079 439 60 40. Auch Spenden sind herzlich willkommen.
Im Fokus
Sicherheitsmängel auch in der Buchhaltung
Atomstrom sei günstig, sagt die Atomlobby. Doch
inzwischen arbeiten alle Schweizer Atomkraftwerke defizitär. Ruedi Rechsteiner hat das wahre
Ausmass der Misswirtschaft zu erfassen versucht.
Der Reaktorunfall von Fukushima Daiichi am 11. März
2011 löste einen weltweiten Schock aus. Er brachte
die Schweizer Regierung zur Einsicht, den Atomausstieg in ihre Energiestrategie 2050 aufzunehmen. Seit
Fukushima sind vier Jahre vergangen und die Schreckensnachrichten scheinen schon wieder vergessen:
Bürgerliche Parteien und economiesuisse trauen sich
heute wieder zu sagen, sie wollen nicht aus der Atomkraft aussteigen.
Günstig geht anders
Gern wird argumentiert, der Atomstrom sei günstig
und ein Ausstieg für die Wirtschaft eine zu grosse Belastung. Auf der Webseite von swissnuclear
heisst es: «Mit Gestehungskosten von vier bis sechs
Rappen pro Kilowattstunde ist die Kernenergie sehr
preisgünstig und nicht auf Subventionen angewiesen.» Beides stimmt nicht. Gemäss der Schweizerischen Energiestiftung (SES) ist dieser Gestehungspreis nur ein buchhalterischer Trick. In ihrer Studie
«Atomvollkosten» vom November 2013 schreibt die
SES, die Preise würden künstlich gesenkt, indem
man die Abschreibungsdauer der AKW erhöht.
Ruedi Rechsteiner, Ökonom und ehemaliger SPNationalrat, hat die wirtschaftliche Lage der AKWBetreiberin Axpo untersucht und im März 2015 seine
Ergebnisse vorgestellt: «Für Beznau wurden die Gestehungskosten im Jahr 2010 auf 7 Rappen pro kWh
beziffert. Seither wurde die Notstromversorgung
nachgerüstet und die ‹offiziellen› Gestehungskosten
von Beznau dürften heute weit über 7 Rappen lie-
gen, aber am Markt erhält die Axpo dafür nur 3 bis 5
Rappen pro kWh.»
Ein Artikel in der NZZ hat den Befund schon im letzten
Dezember bestätigt: Alle Schweizer Atomkraftwerke
arbeiten defizitär.1 Ruedi Rechsteiner sagt: «Aufgrund
meiner Schätzung wird die Axpo bei den aktuellen
Marktpreisen von 3,5 Rappen pro kWh einen jährlichen
Verlust von 273 Millionen Franken einfahren – das
allein sind 2,7 Milliarden Franken Verlust in den nächsten 10 Jahren.» Dazu kommen die Finanzierungslücke
bei den Entsorgungskosten und die Nachrüstungen.
Diese Löcher stopfen müssen letztlich die Kantone
und deren Bevölkerung, die das Aktienkapital der
Axpo halten. «Die Nachrüstungskosten sind das eigentliche Problem der Axpo: In Beznau beispielsweise
waren die Investitionen mit über 700 Millionen Franken
dreimal teurer als ursprünglich geplant.»
Die hohle Hand der Atomenergie
Für die Kernenergie wird immer wieder ins Feld
geführt, sie profitiere eben nicht von staatlicher
Förderung. «Das stimmt natürlich nicht», sagt Ruedi
Rechsteiner. Die Atomkraftwerke erhielten aufgrund
der Partnerverträge stets eine kostendeckende Vergütung. «Die hohen Anfangskosten – Atomstrom
kostete zu Beginn doppelt so viel wie Wasserkraft
– wurden auf alle Strombezüger überwälzt, bis die
Werke abgeschrieben waren.» Darüber hinaus gab es
massiv staatliche Förderung, wie beispielsweise für
die Forschung. Ausserdem zahlen Atomstromproduzenten keine hinreichenden Versicherungsprämien
und machen nicht genügend Rückstellungen für die
Entsorgung, die Stilllegung und den Rückbau. Die SES
nennt in ihrer Studie weiter Bürgschaften beim Bau der
AKW, Zuschüsse und Quersubventionierungen sowie
Die Zukunft ist erneuerbar! Online-Zeitung der Allianz Atomausstieg Ausgabe 02/2015
1
Beiträge an internationale Organisationen wie die IAEO
oder Euratom. «Kein Energieträger wurde hierzulande stärker subventioniert als die Atomenergie», fasst
Ruedi Rechsteiner zusammen. Dass es ohne staatliche Förderung nicht geht, zeigt auch Grossbritannien:
Die zwei geplanten Reaktoren von Hinkley Point C
sollen 2023 ans Netz gehen und während 60 Jahren
Strom liefern. Die britische Regierung will ihren Bau
und Betrieb mit 20 Milliarden Euro subventionieren
und während 35 Jahren einen jährlich mit der Inflation
steigenden Absatzpreis garantieren, der schon heute
doppelt so hoch liegt wie der Marktpreis. Zudem gewährt London Staatsgarantien für Kredite.
Die Aktionäre der Axpo
Der Energiekonzern Axpo mit seinem Aktienkapital
von 370 Millionen Franken gehört den Kantonen zu
folgenden Anteilen:
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Zürich 36,7 %
Aargau 28,0 %
St.Gallen und Appenzell 12,5 %
Thurgau 12,2 %
Schaffhausen 7,9 %
Glarus 1,8 %
Zug 0,9 %
Droht ein «Grounding»?
Alles in allem steht es um die Wirtschaftlichkeit von
Atomstrom schlecht. Das zeigt aktuell auch das Beispiel von Finnland, wo die Pläne für den geplanten
Reaktor Olkiluoto 4 auf Eis gelegt wurden, weil sich
der Bau des dritten Reaktors um sechs Jahre verzögerte und Kostenüberschreitungen in Milliardenhöhe
verursachte. Die Axpo sagt, sie habe ihre Strategie
«Die Kraftwerke laufen auf Volllast weiter, obwohl den Betreibern dadurch Verluste drohen», NZZ, 13.12.2014.
Im Fokus
Kolumne
«bereits konsequent den neuen Marktbedingungen
angepasst» und sei deshalb «strategisch hervorragend
aufgestellt». Doch Ruedi Rechsteiner bezichtigt die
Axpo der Vertuschung: «Sie versteckt hohe Kosten
und Schulden in ihren Tochtergesellschaften», sagt der
Ökonom, «und sie hält die Beiträge an Stilllegungsund Entsorgungsfonds zu tief, indem sie von überhöhten Fonds-Renditen von 3,5 Prozent ausgeht.» Ruedi
Rechsteiner beansprucht nicht, die Bonität der Axpo
mit seiner Studie abschliessend beurteilen zu können, doch er sagt: «Ich bin auf 12 Milliarden Franken
Schulden gekommen, die heute nicht in der Bilanz
stehen.» Deshalb fordert er eine Sonderprüfung und
mehr demokratische Kontrolle: «Es läuft offensichtlich
etwas schief, wenn wir über die Renovation von Schulhäusern abstimmen können, aber nicht über milliardenschwere Nachrüstungskosten für Atomkraftwerke
in staatlicher Hand, die noch viel grössere Folgekosten
nach sich ziehen.»
«Der wirtschaftliche Schilderbürgerstreich»
 «Grossrisiko Axpo»
 «Atomvollkosten»
Impressum
Redaktion und Gestaltung:
Medienstelle Allianz Atomausstieg
Falkenplatz 11, Postfach 5815, CH-3001 Bern
[email protected]
www.atomausstieg.ch
atomausstieg.ch
Kaspar Müller, unabhängiger Finanzmarktexperte1
Didier Cuche hätte sich
mit der Ski-Ausrüstung
von Toni Sailer nicht
einmal für die Schweizer
Meisterschaften qualifiziert; die Innovation im
Materialbereich in den
letzten Jahrzehnten war
zu kraftvoll.
Auch der Energiemarkt
hat sich radikal geändert.
© Kaspar Müller
Trotzdem wollen sich
Kernenergiebefürworter
noch immer in ihrer Technologie verschanzen. Diese
Innovationsfeindlichkeit «par excellence» bedingt
Planwirtschaft, und zwar über Jahrzehnte. Wehe,
wenn sich ein Parameter nicht so benimmt, wie im
Businessplan angeordnet. Wehe, wenn sich erneuerbare Technologien bewähren und mit laufend
sinkenden Gestehungskosten den Markt erobern.
Dann tappt die Kernenergie in die selbst gestellte Falle, so wie heute. Die Gestehungskosten der
Kernenergie sind zu hoch und werden es bleiben.
Kernenergie kann sich nur in autoritären Planwirtschaften aus der Verlustfalle befreien. In einer
Marktwirtschaft ist jeder in die Kernenergie investierte Franken ein verlorener.
Heute rächt sich, dass systematisch mit zu tiefen,
nicht den Vollkosten entsprechenden Gestehungskosten gearbeitet wurde und wird. Es fehlen finanzielle Reserven und Eigenkapital. Und es rächt
sich, dass erst Jahrzehnte nach Inbetriebnahme der
Die Zukunft ist erneuerbar! Online-Zeitung der Allianz Atomausstieg Ausgabe 02/2015
Kernkraftwerke Beiträge in den Stilllegungs- und
Entsorgungsfonds einbezahlt wurden. Vorsorge und
Vorsicht standen der Finanzierungsstrategie, trotz
hoher Risiken, nicht Pate.
Umso fragwürdiger ist die Beschwerde der Anlagebetreiber beim Bundesverwaltungsgericht gegen
die äusserst sinnvolle und wichtige Sicherheitsmarge von 30% bei der Äufnung der Fonds. Damit negieren sie einmal mehr die in einer Marktwirtschaft
zentralen Verursacher- und Vorsichtsprinzipien. Das
können sie wagen, weil im KEG in Art. 80 Ziff. 4
eine Staatsgarantie eingebaut ist. Der Steuerzahler
wird es richten müssen.
Seit Jahren müssen bei den KKW Leibstadt und
Gösgen selbst die Bilanzen herhalten, um die Falle
noch nicht zuschnappen zu lassen. In Höhe von
mehreren hundert Millionen Franken sind zukünftige
Kosten aktiviert und die Wertschriften der Fonds
zu hoch bewertet, nur so entgehen die Betreiber
der gesetzlichen Pflicht zur finanziellen Sanierung.
Das ist nicht zulässig, alle wissen das. Revisoren
testieren jedoch ohne Wenn und Aber. Gefordert ist
deshalb auch die Revisionsaufsichtsbehörde.
Da Bilanzen Urkunden sind, handelt es sich um
Urkundenfälschung, ein Offizialdelikt. Aber wenig
geschieht, Experten schweigen. Im Risiko steht die
Rechtssicherheit. Krasser kann man die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft nicht gefährden.
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Kaspar Müller (63) lebt in Basel. Der unabhängige Ökonom und Finanzmarktexperte amtet unter anderem als Präsident von Ethos Genf. 1991 bis 2012
war er Mitglied der Fachkommission Swiss GAAP FER, die sich mit den
Fragen korrekter Bilanzierung beschäftigt. www.kaspar-mueller.ch