SCHLOSS-NACHRICHTEN Ausgabe 10 · 1- 2015 Förderverein Schloss Vollrads e.V. EDITORIAL Liebe Mitglieder unseres Fördervereins, liebe Leserinnen,liebe Leser, in der letzten Ausgabe unserer Schlossnachrichten hatten wir die „Rheingauer Urkundenschätze“ vorgestellt. Für 2014 hatten wir in diesem Zusammenhang die Erschließung und Digitalisierung des historischen Fotobestandes avisiert. Nun können wir in der jetzigen Ausgabe ausführlich über die fast fertiggestellte Projektarbeit berichten. Darüberhinaus konnten viele Patenschaftsprojekte unserer Mitglieder beauftragt und abgeschlossen werden. An dieser Stelle ganz herzlichen Dank für Ihre Bereitschaft immer wieder weitere Patenschaften für einzelne Objekte zu übernehmen. Ein Glanzstück ist der im vergangenen Jahr mit Hilfe von zwei Sponsoren fertiggestellte Vogelbauer mit aufsitzenden Vögeln geworden, der im Erker des Salons einen prominenten Platz gefunden hat. Sie werden bei der nächsten Mitgliederversammlung Gelegenheit haben, sich davon persönlich zu überzeugen. Ich danke Ihnen allen auch wieder für Ihr Engagement im Jahr 2014. Jens B. Fischer Vorsitzender des Fördervereins Schloss Vollrads e.V. Lorch, Ortsansicht vom Rhein, 1920 Erhalt wertvoller Fotografien von Schloss Vollrads für die Nachwelt Ü ber die Digitalisierung und Erschließung des wertvollen Urkundenbestandes von Schloss Vollrads war in der letzten Ausgabe der Schloss-Nachrichten ausführlich berichtet worden. Noch bis 2017 wird Herr Dr. Winkel in diesem Projekt weiter tätig sein. Gänzlich unbearbeitet waren bislang die zahlreichen Fotografien, die sich an unterschiedlichen Standorten im Schloss feststellen ließen. Vor allem unter Clara Gräfin Matuschka-Greiffenclau waren hier in den 1920er und 1930er Jahren umfangreiche fotografische Dokumentationen angelegt worden. Aber auch Alben mit Familienfotografien ließen sich entdecken. Da Fotografien auf Grund ihres komplexen Materials und der damit verbundenen chemischen Prozesse zu den besonders gefährdeten Zeugnissen der Vergangenheit zählen, war Handeln dringend geboten. Der Förderverein Schloss Vollrads entschloss sich in einem auf neun Monate angelegten Projekt die Vollradser Fotografien durch Digitalisierung zu sichern und sie durch eine inhaltliche Beschreibung (sog. Titelaufnahme) zu erfassen. Als Kooperationspartner zur Durchführung des Projekts stellte sich das Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, in mittlerweile bewährter Form, zur Verfügung. Unter Anleitung scannten zwei studentische Hilfskräfte die vielen Bilder ein und verzeichneten sie in einem Fachprogramm. Im September 2014 mit Ende des Projektes lagen ca. 5400 digitalisierte und erschlossene Fotografien vor. Sie wurden als eigene Abteilung in die Bestände des Hausarchivs eingegliedert. Rauenthal, Madonna, Baronin von Schrötter 1920 Inhaltlich breitete sich das Bildmaterial wie ein bunter Teppich aus. Als besonderen Schatz für die Region kann die Sammlung der Fotografien aus dem Rheingau bezeichnet werden. Mit einem beachtlichen geschichtlichen Interesse ausgestattet, machte es sich Gräfin Clara bereits in den 1920er Jahren zur Aufgabe die historischen Denkmäler des Rheingaus fotografisch festzuhalten. Dabei hatte sie nicht nur die großen, heute touristisch anziehenden Anlagen, wie Kloster Eberbach oder Schloss Johannisberg im Blick. Sie dokumentierte das gewöhnliche Ortsbild, aber auch gerne Kleindenkmäler, wie Ruhen, Wegkapellen und Bildstöcke. Das Innere Mittelheim, Basilika St. Ägidius, Pfarrhaus mit Gartenpavillon des Hauses Mülhens, 1929 www.schlossvollrads.com SCHLOSS-NACHRICHTEN von Kirchen mit ihrer reichen, oft kunstvollen Ausstattung stand besonders oft im Fokus. Schloss Vollrads, Herrenhaus und Teehaus, 1902 Aber nicht nur der Rheingau zog die Gräfin in den Bann. Ihr lag es am Herzen die Wirkungsstätten der Freiherren von Greiffenclau und deren Zeugnisse bildlich festzuhalten. Diese Fotografien trug sie in großformatigen Mappen zusammen, die sie nach geographischen Gesichtspunkten gliederte. Besonders gut dokumentiert ist hierbei die Stadt Würzburg. Kein Wunder, wirkten hier doch zwei Fürstbischöfe aus dem Hause Greiffenclau und installierte sich dort sogar eine eigene Familienlinie, der sog. Fränkische Zweig der Freiherren von Greiffenclau. Im zweiten Weltkrieg besonders stark zerstört, zeigen die im Hausarchiv vorhandenen Bilder längst untergegangene Ansichten. Layout: www.alfred-ernst-design.de Herzurne des Fürstbischofs Karl Philipp Heinrich von Greiffenclau im St. Kiliansdom von Würzburg Für die Denkmalpflege und die Heimatforschung sind die auf Ortsobjekte bezogenen Fotografien von großem Wert. Nicht nur der zweite Weltkrieg veränderte Stadtbilder und Ortsansichten, fehlende Denkmalschutzbestimmungen machten den Abriss erhaltenswerter Anlagen bis weit in die Mitte des 20. Jahrhunderts möglich. Mit dem von Gräfin Clara überlieferten Material ist eine wunderbare visuelle Reise in die Vergangenheit möglich. Die Familienfotografien des Hausarchivs reichen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Sie zeigen Mitglieder der Familie und der weitverzweigten Verwandtschaft. Vermutlich würde man nicht auf die Idee kommen, Porträts der Grafen von Nostitz-Rieneck, einem böhmischen Adelsgeschlecht, in Vollrads zu vermuten. Sie gelangten über die Verwandtschaft mit Sophie von Greiffenclau, deren Mann Hugo Graf Matuschka die Namens- und Wappenvereinigung 1862 erwirkt hatte, hierher. Mit welchen herausragenden Persönlichkeiten Graf Richard in seinem Leben zu tun hatte, ist bildlich gut zu rekonstruieren. Konrad Ade- Ausgabe 10 · 1- 2015 die Soldaten an der Front und in der Ausbildung fest, so dass man hier einzigartige, authentische Zeugnisse dieser Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts erhält. Weinlese 1938 im Schlossberg. Im Hintergrund das Herrenhaus, das 1908 aufgestockt wurde Am Eingang zum Herrenhaus: Bundespräsident Theodor Heuss und Richard Graf Matuschka Greiffenclau, 1953 nauer, Winston Churchill, Ludwig Erhard, Theodor Heuss und Heinrich Lübke, um nur einige Namen zu nennen, tauchen Seite an Seite mit ihm auf. Graf Richard ist es, dem die Anlage einer weiteren Besonderheit in der fotografischen Überlieferung von Vollrads zu verdanken ist. Als Offizier nahm er am 1. Weltkrieg in einem Kraftfahrbatallion an der Westfront teil, was er in Lichtbildern festhielt. Hier wird ein Bild fernab von der Kriegsrealität des einfachen Soldaten im Schützengraben gezeigt. Untergebracht in Schlössern und Villen, unternahmen die Offiziere Hochwildjagden oder Touren zur Beschaffung von Butter im Umland. Gleichwohl hielt der junge Richard aber auch die Zerstörungen des Krieges und Berichtenswertes von laufenden Projekten auf Schloss Vollrads: Da in dem abgeschlossenen Projekt noch nicht alle Fotografien komplett verzeichnet und digitalisiert werden konnten, ist demnächst ein Folgeprojekt anvisiert, in dem die noch vorhandenen ca. 1000 Bilder ebenfalls bearbeitet werden. Momentan werden die Fotografien fachgerecht verpackt. Durch die Unterstützung des Fördervereins Schloss Vollrads konnte hier ein überaus wertvoller fotografischer Schatz gehoben und gesichert werden, der nun kommenden Generationen zur Verfügung steht und schon heute ein großes öffentliches Interesse auf sich zieht. Historisches Turmuhrwerk · Foto: Alfred Ernst Das historische Turmuhrwerk wurde dank einer großzügigen Patenschaft instand gesetzt und kann nach Absprache in der Schatzkammer besichtigt werden. Ein Goldlederantependium ist derzeit im Ledermuseum Offenbach zur Restaurierung. Der historische Vogelbauer steht wieder fertig restauriert am alten Platz im Salon. Es lohnt sich einen Blick auf ihn zu werfen. Förderverein Schloss Vollrads e.V. · Brentanostraße 9 · 65187 Wiesbaden · Telefon 0611 80 77 80 · Telefax 0611 80 77 50
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