Islamisten gegen Blogger / Zurück ins Elternhaus / Schmollpopper im Aufwind Pssst! Die skurrile Angst vor Spoilern 1 / 2016 „MEINE LEIDENSCHAFT LÄSST SICH NICHT EINSPERREN. UND DEINE?“ Julia – Mitarbeiterin Quality & Risk Auf Hundetrainieren verzichten? Keine Chance! Hunde sind mein Leben. Mein Job bei KPMG passt da gut rein. Hier erfährst Du mehr: kpmg.de/reinblicke Kollegen. Persönlichkeiten. Menschen. Gewinner. © 2016 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. TITELBILD: AP / DPA; LANDMARK MEDIA / INTERTOPICS; INDUSTRIAL LIGHT & MAGIC / PARAMOUNT PICTURES; F. OCKENFELS / ABC / COURTESY EVERETT COLLECTION; ALLPIX / LAIF; AP / DPA; ALLPIX / LAIF; SEITE 3: MARIA LITWA / UNI SPIEGEL lt Inha S. 12 Doch keine Regenbogennation In Südafrika protestieren schwarze Studenten gegen Rassismus. S. 16 Trübe Tassen, heiß begehrt Warum Schmollpop von Messer oder Die Nerven so angesagt ist. S. 20 Titel: Nick Brody stirbt in Staffel drei! Serien-Spoiler sind überhaupt nicht schlimm. Wirklich. S. 26 Zurück nach Hause Wie es ist, mit 32 wieder bei den Eltern einzuziehen. S. 30 Käsebrötchen und Gute-Laune-Musik Fünf junge Kölner touren als Karnevalsband durchs Rheinland. S. 34 Auf der Todesliste Islamisten in Bangladesch machen Jagd auf kritische Blogger. S. 4 S. 8 S. 29 Intro Campus Anonymes Jobprotokoll S. 36 S. 38 S. 42 10 fesselnde Filme auf DVD und Blu-ray! Eines Nachts Szene Studentin des Monats Für ein Wochenende stürzte sich UNI SPIEGEL-Autorin Miriam Ol- brisch in den Karneval. Noch Tage später summte sie die eingängigen Gassenhauer im Büro und entdeckte in ihrer Handtasche Konfetti (Seite 30). SPI EG E L-Redakteur Bartholomäus Grill lebt seit vielen Jahren in Südafrika, wo Rassismus noch immer zum Alltag gehört (Seite 12). Etliche Probleme, mit dem sich das Land plagt, sind ein Erbe der Kolonialzeit. Wer mehr über dieses dunkle Kapitel der Weltgeschichte erfahren will, dem sei die neue Ausgabe von SPIEGEL GESCHICHTE empfohlen. Außerdem im Heft: Zwei Blogger fliehen nach Deutschland (Seite 34) – und Felix Bohr fährt zum Feiern nach Potsdam (Seite 36). COLLECTION Ausgewählt und präsentiert vom SPIEGEL Bilder auf dem Cover: Carrie Mathison aus »Homeland« (1), Walter White aus »Breaking Bad« (2), Meredith Grey aus »Grey’s Anatomy« (3), Barney Stinson aus »How I Met Your Mother« (4), Tyrion Lannister aus »Game of Thrones« (5), Frank Underwood aus »House of Cards« (6), Khan Noonien Singh / John Harrison aus »Star Trek« (7) 2 4 1 3 5 7 6 S. 3 UNI SPIEGEL 1 /2016 S. 30 Bank Job · Cop Land · Dame König As Spion Die drei Tage des Condor · Der Ghostwriter Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel Léon – Der Profi · Nur die Sonne war Zeuge Unknown Identity · Vier im roten Kreis Ab jetzt im Handel! www.studiocanal.de · www.arthaus.de o Intr A K TSA A L »Wir waren allein und haben noch an einem Projekt gearbeitet. Als wir fertig waren, standen wir am Fenster, ich hinter ihm. Da zog ich ihm langsam seine Klamotten aus.« We n n die L u st z u groß wi rd E i ne Foto g r af ie s tu d e ntin lichte t Or te ab, an d e ne n ihre Kommilitonen S ex hatten. FOTOS: CHARLOTTE SCHMITZ H Ö R SA A L »Es war bei der Weihnachtsfeier. Wir tanzten den ganzen Abend und kamen uns näher. Irgendwann zog ich sie aus der Menge und ging mit ihr in den Hörsaal. Die Party ging weiter, wir hörten die Musik, die Gespräche, direkt nebenan, aber es war uns egal. Wir schliefen miteinander.« S. 5 UNI SPIEGEL 1 /2016 o Intr F OTO L A B O R U N T E R R I C H TS R AU M »Wir mussten aufpassen, die Tür nicht zu demolieren.« »Wir waren auf einer Party und hatten Lust aufeinander. Der Weg nach Hause wäre zu weit gewesen.« F OTO S T U D I O AT R I U M »Am Ende fand ich es schade, dass die Tür von außen verschlossen war. Ich hätte es gern mit der Gefahr gemacht, erwischt zu werden.« »Wir wollten eigentlich woandershin, aber plötzlich küsste sie mich. Es war drei Uhr nachts, die Lichter waren aus, und wir hatten Sex an der Glasfassade.« Als Charlotte Schmitz die Frage das erste Mal stellte, hätte sie nicht gedacht, was sie auslöst. Es war ein Abend mit Freundinnen, die Gläser voller Rotwein, Gelächter am Tisch, da fragte sie: »Hattet ihr schon einmal Sex in der Uni?« Schmitz blickte in schmunzelnde Gesichter. Am Ende gaben drei Freundinnen es zu. Schmitz studierte zu dem Zeitpunkt an der Hochschule Han- nover Fotografie, sie war fast jeden Tag in dem Gebäude und wollte jetzt wissen: Was geht hier eigentlich ab, am Abend, am Wochenende oder auch dann, wenn andere nebenan lernen? Sie hörte sich um, fragte Freunde von Freunden. Und begann, die Orte, von denen sie erfuhr, zu fotografieren. Als sie mit ihrem Stativ und der Sofortbildkamera in den Gängen der Hochschule FOTOS: CHARLOTTE SCHMITZ FÄ R B E R AU M »Begehrt zu werden, seine Fantasie auszuleben, das ist wunderbar. Auch wenn der Tisch nicht wirklich bequem war.« stand, kamen andere Kommilitonen auf sie zu. Sie wollten wissen, was sie da mache. Schmitz erklärte – und fragte, ob sie auch schon einmal Sex in der Uni hatten. Einige drucksten herum, anderen rückten sofort mit einer Geschichte heraus. Am Ende kannte Schmitz 25 Orte, an den Studenten Sex hatten: Hörsäle und Unterrichtsräume, Fotolabore und Treppenhäuser. Ihr schien es, als hätten an fast jedem Ort der Hochschule schon Studenten miteinander geschlafen. Ob sie glaubt, dass es an allen Universitäten so ist? »Ich denke, nicht so extrem«, sagt sie. »Unsere Hochschule liegt außerhalb der Stadt, auf dem ehemaligen Expo-Gelände. Manche Studenten sind fast eine Stunde unterwegs, bis sie zu Hause sind. Wer möchte schon so lange warten?« Pixel-Pazifist und Meisterspieler: Kyle Hinckley und sein Avatar kamen mit »Zero Kills« durch das Ballergame »Fallout 4«. Kil l e r s p i e l ohn e Ki l l e r Kyle Hinckley ist ein blasser Typ mit randloser Brille, seine Ohren verschwinden unter großen Kopfhörern. So zumindest zeigen ihn die Videos, die er auf seinem YouTube-Kanal »The Weirdist« hochgeladen hat, während er das Computerspiel »Fallout 4« spielt. Das ist ein brutales Endzeitrollenspiel – Hinckley aber eigentlich ein friedliebender Typ. Doch der Gamer aus dem US-Bundesstaat Utah wollte »Fallout 4« gewinnen, ohne eine einzige Figur angreifen oder umbringen zu müssen, obwohl die Entwickler des Spiels einen sogenannten Pazifisten-Run nicht vorgesehen hatten. »Fallout 4« ist in einer von Atombomben zerstörten Welt angesiedelt. Monster, Halbtote, Kriminelle und Wegelagerer greifen den Spieler immer wieder an. Hinckley wollte sich den Gesetzen des Spiels allerdings nicht unterwerfen. »Ich finde es traurig, dass man kaum Optionen hat, den Kampf zu vermeiden«, sagt der Gamer. Bei früheren Versionen des Spiels sei das anders gewesen. Um nicht töten zu müssen, ließ er seine Spielfigur vor den Angreifern weglaufen oder hetzte die Feinde gegeneinander auf. Allerdings nutzte Hinckley einen Trick, der ihm nun viele böse Kommentare anderer Spieler einbringt: Vor schweren Aufgaben, die seine Figur lösen musste, speicherte er ab und lud das Spiel neu, wenn etwas schiefgegangen war. So hat er es tatsächlich geschafft: In 37 YouTube-Clips kann man sich seinen Siegeszug, für den er insgesamt 35 Stunden brauchte, anschauen. Am Ende liegt der Hauptfeind am Boden – getötet von anderen Kreaturen, die Kyle Hinckley für sich instrumentalisierte. Hochschulfinanzierung Ki t a s st a t t P rof s Auf dem Papier ist es eigentlich ein guter Deal, den Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) für Deutschlands Studenten ausgehandelt hat. Er trat 2015 in Kraft und bedeutet, dass der Bund nicht mehr nur 65, sondern 100 Prozent der Kosten für das BAföG trägt. Die 1,17 Milliarden Euro, die die Landesregierungen dadurch sparen, müssen sie eigentlich zu zwei Dritteln an die Hochschulen leiten – das Geld würde ausreichen, um 10 000 neue Professoren einzustellen. Ein Jahr nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes deutet aber vieles darauf hin, dass die Länder diesen Teil der Abmachung nicht erfüllen und der Geldsegen die Hochschulen in BAföG-Entlastung für die Bundesländer 2015, in Millionen Euro S. 8 UNI SPIEGEL 1 /2016 vielen Bundesländern nicht erreicht. »Das Ziel wurde deutlich verfehlt«, bilanziert Brigitte Göbbels-Dreyling, stellvertretende Generalsekretärin der Hochschulrektorenkonferenz. NordrheinWestfalen etwa spart durch den BAföG-Deal 276,4 Millionen Euro, doch bisher flossen 11 Millionen in Ganztagsschulen, 35 Millionen in die schulische Inklusion und 100 Millionen in den Kita-Ausbau – Profiteure waren also vor allem Schüler und Kleinkinder, die Studenten aber kamen zu kurz. Ähnlich ist es in anderen Ländern: Berlin nutzt die BAföGMillionen, um marode Schultoiletten zu sanieren, Schleswig-Holstein stellt neue Lehrer ein, doch die Universitäten gehen leer aus. In Hamburg sollen die Mittel schlicht die Schulden im Landeshaus- halt verringern – neue Investitionen sind nicht geplant. Für Bernhard Kempen, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, ist das »eine politische Schweinerei ersten Ranges«. Die Länder hätten klar erklärt, die frei gewordenen Aufwendungen an die Hochschulen weiterzureichen. »Schulförderung ist wichtig – aber bitte nicht aus dem Topf für Universitäten«, sagt Kempen. Dass es auch anders geht, zeigen Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz: Dort fließt, wie abgemacht, ein Großteil der Mittel an die Unis. Bei Mensen, Wohnheimen und beim Ausbau des Beratungsangebots brauche es dringend Investitionen, sagt Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. »Die frei gewordenen Mittel stehen jedes Jahr wieder zur Verfügung«, betont er. »Die BAföG-Millionen dürfen nicht einfach in den Haushalten versickern.« INFOGRAFIK: MAX HEBER / UNI SPIEGEL »Fallout 4« pu s Cam Rechtsstreit GALLERY STOCK AS t A v s . Au f r e i ß e r Es geht um Sexismus-Vorwürfe, den guten Ruf eines jungen Mannes – und eine Menge Geld. An der Universität Frankfurt ist ein Streit zwischen dem AStA und einem Studenten aus dem Ruder gelaufen. Hintergrund sind zwei kritische Artikel über »Pick-up-Artists«, also Männer, die systematisch Frauen aufreißen. Ihre Methoden sind umstritten, sie werden mitunter als sexistisch und frauenfeindlich bezeichnet. Auch auf dem Frankfurter Campus seien immer wieder Studentinnen bedrängt worden, heißt es in den Texten. Einige junge Frauen hätten sich per E-Mail an den AStA gewandt und von Methoden berichtet, die von »Pick-up-Artists« benutzt würden, sagt Pauline Hoffmann von der Feministischen Antifa Frankfurt, die die Texte mitverfasste. Die Strategien der Aufreißer werden darin scharf verurteilt: Sie beruhten auf »Ernie drigung und Bedrängung« von Frauen und schlössen sogar körperliche Gewalt mit ein. So weit, so unverfänglich – hätten die Autoren in dem Zusammenhang nicht über einen Frankfurter Studenten berichtet, der Aufreißerseminare anbietet. »Selbstverständlich frauen*feindlich« sei er, so steht es im Text. Zwar nennen die Autoren nur den Vornamen, doch der ist so ungewöhnlich, dass der Student sich erkannt fühlte – und gegen den AStA vorging. Im Januar gab das Oberlandesgericht dem jungen Mann recht, doch das wiederum möchten die Studentenvertreter nicht auf sich sitzen lassen – sie wittern »Zensur«. »Wir akzeptieren das Urteil nicht«, sagt AStAVorstand Valentin Fuchs. »Wir lassen uns nicht verbieten, über Sexismus zu schreiben.« Für dieses hehre Ziel geht der AStA ein hohes finanzielles Risiko ein: Kommt es zum Prozess, könnten die Studentenvertreter, wenn sie verlieren, auf mehr als 10 000 Euro Anwalts- und Gerichtskosten sitzen bleiben. Der AStA finanziert sich aus den Beiträgen der Studenten. Vorstand Fuchs scheint das wenig zu stören. »Die Studierendenschaft steht hinter uns«, sagt er selbstbewusst. »Die Frage ist doch, wie hoch der Schaden wäre, wenn wir das Urteil akzeptieren würden.« Dass das Gericht grundsätzlich verbot, über den Seminaranbieter in »identifizierender Weise« zu berichten, empört das Studentengremium besonders. In einer Stellungnahme heißt es: »Letztendlich wird auf diese Weise die strukturell sexistische Pick-up-Artists-Szene als solche legitimiert.« EINSTEIGEN BEI HAYS ERFOLG IST EINSTELLUNGSSACHE Du hast es in der Hand. Informieren, bewerben, mit uns durchstarten! Gerne auf hayscareer.net Lisa aus Düsseldorf hayscareer.net pu s Cam Interview » Das L ernen neu lernen « Herr Müller, viele Universitäten bieten Flüchtlingen gerade an, als Gasthörer Vorlesungen zu besuchen oder ein Probestudium zu starten. Eine gute Idee? Für Flüchtlinge, die in ihrem Heimatland studiert haben, ist das ein guter Start in die deutsche akademische Welt. Schließlich waren viele monatelang auf der Flucht und müssen das Lernen erst wieder ler- Die Zahl nen. Dabei helfen diese Angebote. Aber um einen Abschluss zu bekommen, der in Deutschland anerkannt ist, müssen sie hier ein reguläres Studium absolvieren. Geht das denn so einfach? Um sich einschreiben zu können, muss man sich mit seiner Hochschulzugangsberechtigung und einem Sprachnachweis an der Universität bewerben. Viele Flüchtlinge haben aber keine Originaldokumente bei sich, sondern digitale Kopien auf dem Smartphone oder auf einem USB-Stick. Die müssen erst auf Richtigkeit geprüft werden, und das geht nur im direkten Gespräch. Der Bewerber muss plausibel belegen können, dass er im Heimatland das Abitur oder einen gleichwertigen Abschluss gemacht oder studiert hat. So 3 4 , 0 5 9 wird er zum Beispiel gefragt, was er gelernt hat und wer die Dozenten waren. Das wird dann – soweit es geht – abgeglichen. Manche Flüchtlinge haben gar keine Nachweise bei sich. Was dann? Es sind nur sehr wenige, die versuchen, sich komplett ohne Dokumente einzuschreiben. Für sie gibt es standardisierte Tests, die die Studierfähigkeit feststellen. Dabei wird aber kein Fachwissen abgefragt, sondern es geht um den Nachweis von logischen und intellektuellen Fähigkeiten. Es ist auf jeden Fall komplex, herauszufinden, ob jemand ein Studium bestreiten kann oder nicht. Wir sollten verhindern, dass Menschen an die Unis kommen, die den Anforderungen nicht gewachsen sind. Das gilt auch für Flüchtlinge. Euro mit er nd da nt – u eht aus ein ie rd e g v n t s e a t a n n D o a . n M ik ich im 9 Euro ware 6 2 P ra k t destlohn tl it n h urchsc s nur 770,8 r, für die 6 2 it dem Min anten 015 d m o k Jahr 2 zuvor, als e onsult herv lässt sich ihren Prakti n im n s r e te ktikan och ein Jah ng Clevis C hnittsgehalt nternehmen onate bleib ra P n habe mehr als n ensberatu s Durchsc müssen U drei M ls a r e m h h e h d deutlic er Unterne teigerung e. Demnac diese läng S d rd nn Studie wurden. Die geführt wu zahlen, we . in e t e rt d g ö n a 5 h fr 1 tu e S be 20 gg n, der uro pro bildun erkläre ns 8,50 E ht zur Aus ste nic minde Praktikum as und d S. 10 UNI SPIEGEL 1 /2016 PATRICK SEEGER / DPA Unter den Flüchtlingen, die in den vergangenen Monaten nach Deutschland kamen, sind auch Tausende, die studieren wollen. Christian Müller, Leiter der Abteilung Strategie beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), erklärt, welche Hürden sie dafür überspringen müssen. %HTXHP LVWHLQIDFK :HQQGDV.RQWR]XGHQ %HGUIQLVVHQYRQKHXWHSDVVW 'DV6SDUNDVVHQ*LURNRQWR PLWGHU6SDUNDVVHQ$SS -HW]WXQVHUH PHLVWJHQXW]WH )LQDQ]$SSWHVWHQ 'LH6SDUNDVVHQ$SS VSDUNDVVHGH :HQQ·VXP*HOGJHKW Sie werden »Born Frees« genannt, aber in Wahrheit leiden Südafrikas schwarze Studenten noch immer unter Rassismus. Jetzt begehren Tausende auf – und schrecken auch vor Gewalt nicht zurück. A m Ende d e s R e genb ogens Von BARTHOLOMÄUS GRILL (Text) und BOB LONDON (Illustration) S üdafrika soll ein Vorbild sein? Eine »Regenbogennation«, die den Rassismus abgeschüttelt hat? Der Beweis dafür, dass Versöhnung möglich ist und Weiß und Schwarz friedlich zusammenleben können? Panashe Chigumadzi, 24 Jahre alt, kann das Gerede nicht mehr hören. Für die junge Schriftstellerin und Journalistin klingt das alles wie ein schlechter Witz – und sie nutzt jede Gelegenheit, das kundzutun. »Wir können klar und deutlich unsere Verachtung für die ›rainbow nation‹ ausdrücken«, sagt sie während einer Vorlesung an der Universität Witwatersrand in Johannesburg. Unter der bunten Oberfläche habe sich rein gar nichts verändert: Da schimmerten noch immer die alten Verhältnisse aus der Zeit der Apartheid durch, da gebe es weiterhin das tiefe Misstrauen zwischen Schwarzen und Weißen, ruft Chigumadzi den Hochschülern entgegen. Jeder im Land spüre doch, dass der Rassismus wieder zunehme und die Zeit unter dem legendären Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela nur eine kurze Atempause gewesen sei. Panashe Chigumadzi spricht aus, was ihre Generation denkt. Man nennt sie und ihre Altersgenossen »Born Frees«, weil sie noch Kleinkinder waren oder erst nach der offiziellen Abschaffung der Rassentrennung 1994 geboren wurden. Doch der Name ist eine Mogelpackung, denn die sozialen Gegensätze sind noch immer fast genau so extrem wie in den finsteren Zeiten der Segregation. Die Minderheit der Weißen genießt einen üppigen Wohlstand – und die überwältigende Mehrheit der Schwarzen ist arm geblieben und wartet vergebens auf das bessere Leben, das ihnen versprochen wurde. Das kann man auch ablesen am sogenannten GiniIndex, mit dem Einkommensunterschiede gemessen werden: Zwei Jahrzehnte nach der Wende zählt Südafrika danach zu den ungleichsten Gesellschaften der Welt. Die schwarze Bevölkerung nahm das lange klaglos hin und ließ sich vertrösten. Doch nun begehren desillusionierte junge Menschen wie Panashe Chigumadzi auf, weil sie sich von der korrupten und unfähigen Regierung unter dem schwarzen Präsidenten Jacob Zuma um ihre Zukunft betrogen sehen. Sie werfen der neuen Elite vor, die eigenen Ideale verraten zu haben. Sie protestieren gegen ein elitäres Bildungswesen, das Nichtweiße benachteiligt: Schwarze, die auf dem Papier die Hochschulzulassung haben, kommen in der Regel aus ärmeren Familien und können sich die hohen Studiengebühren nicht leisten. Fast alle Dozenten sind weiß, die Lehrinhalte sind nach wie vor auf die alten Machtverhältnisse zugeschnitten. Und deshalb fragen viele afrikanische Studenten, warum auch in der Demokratie das alte Herr-Knecht-Verhältnis ungebrochen fortdauert – so, wie das in den letzten dreieinhalb Jahrhunderten war: Die Weißen herrschen, die Schwarzen müssen dienen. Seit Monaten macht sich der Zorn der Jugend in militanten Protesten Luft, an den Schulen und Hochschulen brodelt es. Barrikaden brennen, Denkmäler stürzen, Vorlesungen werden gesprengt. Auch jetzt, zu Beginn des neuen Semesters, geht der Widerstand weiter: Zehntausende Studenten fordern ein gerechtes Bildungssystem und die Abschaffung S. 13 UNI SPIEGEL 1 /2016 Panashe Chigumadzi kämpft für eine neue Black-ConsciousnessBewegung. der Studiengebühren; weil sie nicht zahlen wollen, und mutierte, wie sie sagt, zu einer »Kokosnuss«: verweigern sie die Einschreibungen und blockieren außen braun, innen weiß. Dieser Ausdruck wird in die Unis. Der Staat schickt Polizeieinheiten, die den Südafrika als Schimpfwort gebraucht. Kokosnüsse, geordneten Lehrbetrieb garantieren sollen. das sind Angehörige der angepassten schwarzen Es ist vermutlich die größte Protestwelle seit Mittelschicht, die gewissermaßen eine Pufferzone dem Schüleraufstand von Soweto, der im Jahr 1976 zu den radikalen Schwarzen bilden. Aus der Sicht das Ende der Apartheid einleitete. Und weil sich der Weißen sind es die Onkel Toms, die »guten Nedie Studenten vielerorts mit unzufriedenen Arbei- ger«. Für Chigumadzi ist »Kokosnuss« ein Wort, tern verbünden, fürchtet die Regierung eine Art das die Selbstentfremdung der Afrikaner beschreibt. zweite Befreiungsbewegung. Sie richtet sich gegen »Wir bewegen uns in Räumen, die nicht unserem die schwarzen Machthaber – und gegen die Welt- Schwarzsein entsprechen.« sicht der Weißen, die in der Post-Apartheid-GesellSie führen eine Art Doppelleben: Sie sind stolz schaft nach wie vor alles bestimmt: die kulturellen auf ihr Land, aber wenn etwa die von Weißen doNormen und Leitbilder, die Verteilung der Zukunfts- minierte Rugby-Nationalmannschaft spielt, jubeln chancen, die Bildungsziele. viele dem Gegner zu, bevorzugt dem Team der All Panashe Chigumadzi sagt, es gehe jetzt um die Blacks aus Neuseeland: Das hat mehr indigene »Dekolonialisierung der Regenbogennation«. Sie Spieler in seinen Reihen. Und wenn zu festlichen habe eine tiefe innere Befriedigung empAnlässen die mehrsprachige Nationalhymne funden, als die Statue von Cecil Rhodes erklingt, singen sie die dritte Strophe (in auf dem Campus der Universität von Afrikaans) und die vierte (in Englisch) Kapstadt mit Kot beworfen wurde, nicht mit. Sie lesen wieder die Klasbekennt sie. siker des Befreiungskampfs: Frantz Cecil John Rhodes, der britische Fanon, Amílcar Cabral, Robert ManErzkolonialist, verkörpert wie kein galiso Sobukwe. Manche lehnen sogar Zweiter die Eroberung und PlünKontakte zu weißen Altersgenossen ab, derung Afrikas. Überall im südlium sich keinerlei subtilen rassistischen chen Afrika erinnern Denkmäler Kränkungen auszusetzen. Solche Verund Ruhmeshallen an ihn, eine Uniwerfungen zeigen den Zwiespalt, in dem versität trägt sogar seinen Namen. In sich junge schwarze Südafrikaner England wird Rhodes bis heute verbefinden. Sie stehen am Ende ehrt, die schwarzen Studenten Süddes Regenbogens und suchen afrikas hassen ihn. Ihre Hashtagnach einer neuen kulturellen Kampagne #RhodesMustFall hat Identität. im ganzen Land einen regelrechPanashe Chigumadzi ist ten Bildersturm ausgelöst. Devise: durch die Analyse ihrer Generation Schluss mit der Verehrung eines Mannes, ein bisschen berühmt geworden. Ihre Vorder für ein perfides koloniales Wertesystem steht, lesung wurde in den sozialen Medien als Meilenstein das die »Eingeborenen« zu Menschen zweiter Klasse zu einer neuen Black-Consciousness-Bewegung gedegradiert. feiert. Am Ende sagt Chigumadzi: »Egal, wie hart Dieses System gelte bis heute, sagt Chigumadzi. wir arbeiten oder wie gut wir sprechen, wir werden Man könne als Afrikaner oder Afrikanerin nur auf- immer Schwarze bleiben.« Was es jetzt brauche, sei steigen, wenn man sich seinen Regeln unterwerfe. »die mentale Befreiung«. Wenn man sich weiße Vornamen gebe, weiße VerAuch symbolische Aktionen sind Teil dieser Behaltensmuster annehme, die weißen Sprachen Eng- freiung. Am 9. April vergangenen Jahres wurde die lisch und Afrikaans spreche – und dabei die eigene Bronzestatue von Cecil Rhodes vom Campus der Kultur verleugne. Der Anpassungszwang geht bis Universität Kapstadt entfernt. Man sah an diesem zur Haartracht. Afrolook? Dreadlocks? Das ist in Tag Tausende schwarze Studenten so freudig tanzen, Südafrikas Schulen unerwünscht – obwohl die als hätten sie gerade ein Gespenst der Vergangenheit Mehrzahl der Schüler dunkelhäutig ist. ausgetrieben. Es waren übrigens auch weiße StuChigumadzi hat das am eigenen Leib erfahren: denten und Professoren darunter, und für einen AuIhre gute Bildung war ein Privileg und zugleich eine genblick schien es, als leuchte der Regenbogen noch Qual. Sie musste einen Teil ihrer Identität aufgeben einmal kurz auf. S. 14 UNI SPIEGEL 1 /2016 ANZEIGE Top-Nebenjob bei einem Top-Arbeitgeber D ie Schule ist aus – das bedeutet frei und unabhängig sein. Für einige heißt es nun, ins Studium zu starten, sich einzuschreiben und ein WG-Zimmer zu suchen. Dabei sollte man auch auf seine zukünftigen Ausgaben achten. Denn durch ein Studium entstehen Kosten, die beispielsweise durch das staatliche BAföG oder die Eltern aufgefangen werden können. Trotzdem reicht das manchmal nicht aus, sodass am Ende des Monats eine Null oder sogar ein Minus auf dem Konto zu sehen ist. Da sind zusätzliche Einnahmequellen wie eine nebenberufliche Tätigkeit gefragt. Freie Zeiteinteilung und gutes Gehalt – ein Muss für Studenten Als Vermögensberater zu arbeiten, ist beispielsweise ein optimaler Nebenjob für Studenten, da sich die Berater mit ihren Kunden meist abends oder am Wochenende treffen. Damit lassen sich Uni und Job bestens unter einen Hut bringen. Wenn gerade Prüfungen anstehen, kann man einfach kürzer treten, sodass genügend Zeit zum Lernen bleibt. Und auch die Bezahlung erfolgt flexibel: Im Gegensatz zu manchem Aushilfsjob kann man durch den eigenen Einsatz sein Gehalt selbst bestimmen. Hinzu kommt, dass bei der DVAG mit einer modernen technischen Ausstattung beraten wird. So gehört das iPad im Job schon fast zur Grundausstattung. Erfahrungen für später sammeln Die Studierenden werden vom ersten Tag an direkt in die Praxis integriert. Zunächst unterstützen sie die hauptberuflichen Vermögensberater dabei, Daten aufzunehmen und Beratungsgespräche vorzubereiten. Danach begleiten sie die Finanzcoaches, die sich individuell um alle Fragen zu Absicherung und Vorsorge kümmern, zu ihren Kunden. Das aufgebaute Wissen kommt nicht nur den Kunden, sondern auch einem Selbst zugute, wenn es um die Entscheidung für sichere Geldanlagen und eine maßgeschneiderte Altersvorsorge geht. Schon während des Studiums Erfahrungen im Berufsleben zu sammeln, ist also Gold wert. Und auch die aufgebauten Kontakte können später bei der Suche nach einem Arbeitsplatz nützlich sein. Mehr über die Zukunft als Vermögensberater/-in bei einem der Top-Arbeitgeber Deutschlands: www.dvag-karriere.de Tipps für Studenten: Darauf sollte man bei der Jobsuche achten . Zeit zum Lernen: Einen Job nur annehmen, wenn die Arbeitszeiten mit den Vorlesungszeiten nicht kollidieren. . Flexibel bleiben: Um in den Klausuren zu glänzen, sollte die Arbeitszeit während der Prüfungsphasen notfalls auch reduziert werden können. . Erfahrungen: Die Arbeit sollte etwas für das spätere Berufsleben bringen. . Bezahlung: Da die Zeit zum Geldverdienen meist eher knapp ist, sollte der Job gut bezahlt sein. Vertonte Angst »Messer«, »Karies« und »Die Heiterkeit« singen ätzende Texte und sind das Gegenteil von Gute-LauneBären. Kein Wunder, dass SchmollpopBands wie sie in diesen Krisentagen so durchstarten. Von André Boße S. 16 UNI SPIEGEL 1 /2016 »Es ist s o s chwer aufzustehen, we nn man einfach nicht mehr wei ß , wof ür. Und es ist s o s chwer, aus dem Haus zu gehen, wenn man weiß, kein Weg f ü hr t mehr z u r ück z u d i r.« Isolation Berlin, aus »Schlachtensee« NO EL RI CH TE R Berlin«. Das Lied »Aquarium« ist schon ein wenig älter und war sofort sehr beliebt, weil Bamborschke und seine Band beim Publikum einen Nerv trafen. Alles scheint erhitzt zu sein in diesen Krisentagen: die sozialen Medien, die politische Stimmung, die ganze Gesellschaft. Da tut es gut, einfach mal traurig zu sein und zu den Fischen zu gehen, ins fahle Licht und in die kühle Stille des Aquariums. Nun erscheint das erste Album der Gruppe, es heißt »Und aus den Wolken tropft die Zeit«. Auch auf den neuen Liedern klingt Tobias Bamborschke mal müde, mal genervt. Mal schmollt, mal quengelt er. Oft macht er alles zusammen. Wer gut gelaunte Nachbarn hat, die in ihren WGs gern laut feiern und es dann auch noch geil finden, nachts um halb vier Helene Fischers Hymne »Atemlos »D en n es g ibt e tw a s i n m ir, das br auchst du gar nicht wiss en. Und du w i rst e s n i e e r f a h re n , w i rst e s n i e er fa hren müss en.« Messer, aus »Es gibt etwas« MA N UE L G EH R K E I m Berliner Zoo schleicht ein junger blasser Mann herum. Er interessiert sich nicht für die Löwen, lässt die lustigen Erdmännchen links liegen. Auch die Paviane mit ihren roten Hintern sind ihm egal. Den jungen Mann zieht es ins Schattenreich des Zoos, ins abgedunkelte Aquarium. Langsam trottet er von Glaskasten zu Glaskasten, betrachtet mit heruntergezogenen Mundwinkeln das trübe Wasser und seine stillen Bewohner. Und dann singt er sein Lied: »Immer wenn ich einsam bin, geh ich ins Aquarium und besuch die Goldfischkönigin / Im grünen Glas sehe ich mein Gesicht, die Fische schauen trostloser als ich.« Der traurige Kerl trägt den Namen Tobias Bamborschke und ist Sänger und Texter der Band »Isolation durch die Nacht« aufzulegen, »Glasperlenspiel« oder Sängesollte sich diese Platte zulegen: rinnen wie Namika, die direkt Die vertonte Tristesse von Lie- aus einem Urlaubskatalog entdern wie »Fahr weg« oder sprungen sein könnten: Alle »Schlachtensee« ist der perfek- klingen so positiv und superte Gegensoundtrack für die emotional, als sei die Rettung nimmermüden Gute-Launeder Erde nur eine enge UmBären. armung entfernt, als helfe der Nun könnte man denken, große Zeh im warmen Meer die Musik von Isolation Bergegen jede Art von Weltlin sei nur etwas für ein paar schmerz. introvertierte Schmolllippen Die Nerven treffen die aus der Hauptstadt. Doch weit Stimmung derer, die das ganz gefehlt: Die Band steht vor anders sehen. »Keine Lösung, dem Durchbruch, die Leute kein Problem«, singt Julian sind ganz heiß auf die trüben Knoth im Lied »Hast du was Tassen. Hinzu kommt, dass gesagt?«. Das ist ja gerade das Isolation Berlin längst nicht perfide an dieser Zeit: dass die einzige Band ist, die man nicht weiß, wo die Prodeutschsprachige, mies gebleme anfangen, ob sie überlaunte, aber brillant konzipier- haupt mal aufhören und te Rockmusik spielt. Auch wie sie entstehen. Wie soll Gruppen wie »Die Wirklichman mit diesem Umstand keit« aus Solingen, »Das umgehen? Die Nerven eNde« aus Hamburg oder entscheiden sich für Gi»Karies« aus Esslingen widtarrenlärm und übel gemen sich ihrem Griesgram – launte Poesie. Erstauneinige verträumt, andere pun- lich: Die Musik der Band kig krachend. kommt auch in England Spätestens seit vergansehr gut an. Deutsche Gigenem Jahr dürfte auch die tarrengruppen erhalten Stuttgarter Band »Die Nerdort eigentlich nur sehr selven« bundesweit bekannt sein, ten eine Chance; die miesedie mit ihrer ersten Single petrigen Nihilisten aus Schwa»Sommerzeit, Traurigkeit« die ben dagegen bekamen Ende Richtung vorgab: immer vergangenen Jahres exzellente schön in Richtung Depression. Kritiken. Zu den ätzenden Worten, die In der englischen Presse Die Nerven so auf Vinyl bantauchte immer wieder der Benen, schellen die Gitarren in griff der »German Angst« auf, den Ohren, als würde man die ein altes Stereotyp der Briten Nervenstränge mit Schmirgel- und Amerikaner, das ein für papier behandeln. Sänger Deutschland typisches diffuJulian Knoth klingt dabei wie ses Unwohlsein beschreibt. ein total unmotivierter StuMan darf die »German Angst« dent, der schlecht vorbereitet auf die Müllhalde der blödesund verkatert am Freitagten Vorurteile werfen. Man morgen ein Referat halten kann diese Beschreibung aber soll: Dieser Stimme geht alles auch positiv deuten – nämlich auf den Geist, aber sie muss dann, wenn aus Angst und da durch. Und manchmal, da verwandten Gefühlen wie schreit sie auch. Schuld oder Schwarzmalerei Klingt furchtbar? Nein! eine kreative Energie entsteht. Klingt super. Auch Die NerGäbe es die Filme von Rainer ven sind ein fantastisches Ge- Werner Fassbinder oder Osgengift zu der penetranten kar Roehler ohne dieses Art von deutschsprachiger Angstgefühl? Die Bücher von Musik, die heute die Charts Uwe Johnson oder Heinrich bestimmt. Ob MainstreamBöll? Oder eben die Musik helden wie Andreas Bourani, von Isolation Berlin oder Die Befindlichkeitstruppen wie Nerven? »D u siehst ve r t ro ck net aus und kommst, wei l i ch d i ch br auch. Komm, wäss ere mich mit einer Träne von dir.« Die Heiterkeit, aus »Wässere mich« » Ich mach d e n Mund auf , z ä h l d i e Nar b e n , meine Fr isur stör t mich un heim lich. Meine Haut juckt, die Veränder ung lässt mich ka lt . Die ganze St adt ist ein Problem, das mich stör t.« Die Nerven, aus »Dreck« Der Sänger und Künstler Hendrik Otremba aus Münster ist Experte darin, das Gefühl von Angst und Orientierungslosigkeit zu Kunst zu machen. Seine Band heißt Messer und hat bislang zwei Alben veröffentlicht: »Im Schwindel« und »Die Unsichtbaren«. Das dritte Werk entsteht gerade, es soll weniger laut zugehen – aber genauso düster. Es gibt Lieder mit Titeln wie »Das Versteck der Muräne« oder »Die kapieren nicht«. Beim Stück »Mutmaßungen über Hendrik« auf seinem Debütalbum sich in der musikalischen Eiswelt von Messer verkühlen. Dass sie sich plötzlich sehr nach Musik von Farin Urlaub oder Jan Delay sehnen. Aber sobald man sich damit die beschreibt Hendrik Otremba Beine und das Gemüt etwas eine Person mit den Worten: locker gemacht hat, kehrt »Kaputte Arme, zerschundene man immer wieder zurück ins Knie, eine Träne im Auge Schattendasein der neuen und manchmal einen im deutschen Schmollpopper. Tee.« Otremba malt die Besonders ihre offene RatCover der Messer-Platten losigkeit spendet Trost: Man selbst, zu sehen sind Porträts fühlt sich in einer Zeit wie von Menschen, die so weit dieser von Orientierungslovon einem Lächeln entfernt sen sehr viel mehr verstanden sind wie Thorsten Legat vom als von lautstarken MeinungsTrainerjob bei Bayern Münposaunen, die schnelle Antchen: eine rauchende Frau, worten bieten, obwohl sie ein trauriger Mann mit Hut, nicht einmal die Frage verein Ignorant, der sich standen haben. DaS. 19 abwendet. rum kamen die 100 Es kann vorkom- UNI SPIEGEL Fragen von Jan Böh1 /2016 men, dass Zuhörer mermann nach den Attentaten von Paris ja auch so gut an. Das Schmollen ist übrigens keine reine Jungssache. Aus Hamburg kommt die Band Die Heiterkeit – drei Mädels mit einem sehr eigenen Ironiebegriff. Nie zuvor hat man so traurig-vertrottelte Lieder gehört, das wunderbare Stück »Die ganzen müden Pferde« transferiert die Symptome der erschlafften Gesellschaft auf den Reiterhof. Auch Die Heiterkeit, die sich sehr direkt auf die deutsche Schwermutskönigin und Velvet-Underground-Stimme Nico bezieht, bringt in diesem Jahr ein neues Album heraus. Es darf also weiter geschmollt werden. Allein zu Haus, im Pferdestall – oder im Aquarium. Homeland: Carrie muss ansehen, wie Brody stirbt. ! g n u t h c A Dieser Te x t e n t h ä l t Sp oi ler für »Breaking Bad«, »Game of Thrones«, »Homeland« und etliche andere Serien oder Filme. Wer ihn liest, geht also ein Risiko ein – erfährt aber auch, wa rum unser Autor Francesco Giammarco die ganze Geheimniskrämerei für total übertrieben hält. SHOWTIME A m Ende von »Breaking Bad« stirbt Walter White. Mit diesem Satz macht man sich keine Freunde. Er ist ein Spoiler. Wer die beliebte US-Serie um die Wandlung des krebskranken Chemielehrers zum Kriminellen gerade schaut, kennt jetzt eine Pointe, die er vorher vermutlich nicht wissen wollte. Eine gewöhnliche Reaktion darauf reicht von Empörung über Aufregung bis hin zu Zorn. Kommt darauf an, wie sehr einen das Serienfieber gepackt hat. Die Sehgewohnheiten der Zuschauer haben sich verändert – und damit auch das Risiko, entscheidende Plots früher zu erfahren. Serien werden nicht mehr gemeinsam im Wochenrhythmus geschaut, sondern jeder zieht sich einzelne Teile in seinem eigenen Tempo rein. Die Verbreitung von Mediatheken, Streamingdiensten und digitalen Videorekordern hat es möglich gemacht. Niemand muss mehr warten, wenn er die Spannung bis zur nächste Folge nicht mehr aushält. Das ist praktisch, erhöht aber auch die Zahl der potenziellen Verräter. Die Gefahr von Spoilern lauert an jedem Ort: im Supermarkt und im Hörsaal, in der S-Bahn oder beim Spaziergang. Es werden Handlungsstränge ausgeplaudert, Staffel-Finals verraten, Serientode verpetzt. Von Fremden, Freunden oder der eigenen Familie. Überall herrscht Spoiler-Paranoia. Auch als dieses Thema in der Redaktion besprochen wurde, gab es einen Aufschrei. Jemand erwähnte nebenbei, dass Nick Brody, eine Hauptfigur aus der Serie »Homeland«, die dritte Staffel nicht überlebt. Ein Kollege schaute gerade die zweite Staffel – und fand das überhaupt nicht witzig. Klar, Spoiler sind ärgerlich. Aber es wird höchste Zeit, sich wieder zu beruhigen. Denn Spoiler sind im Grunde überhaupt nicht schlimm – sondern haben vielleicht sogar etwas Gutes. Schließlich bestehen Serien ja nicht nur aus einem einzigen dramaturgischen Detail oder einem Geheimnis, das in der letzten Folge aufgelöst wird, sondern aus vielen Dingen: Bildern, Musik, schauspielerischer Leistung. Aus komplexen Protagonisten, bei denen es nicht nur um die Frage geht, wie sie enden – sondern auch, wie sie sich entwickeln und was sie auf dem Weg zu ihrem Ende erleben. Walter White aus »Breaking Bad« ist da ein gutes Beispiel. Auch wenn man weiß, dass er am Ende stirbt, hat man noch lange keine Ahnung, wie sich die Beziehung zu seiner Frau Skyler oder die zu seinem Komplizen Jesse Pinkman im Laufe der Zeit entwickelt. Im Grunde weiß man nichts von dem, was die Serie ausmacht. Und dass White S. 21 UNI SPIEGEL 1 /2016 Wiss en ist Mac h t . Fünf Fakt en üb e r Sp o il er. 1 Eine der frühesten Verwendungen des Begriffs Spoiler findet sich im US-Satiremagazin »National Lampoon«. Im April 1971 druckte die Redaktion einen Artikel, der nur aus Spoilern bestand. Damit die Leser nicht mehr ins Kino gehen mussten, wurden Geheimnisse aus den Filmen »Der Pate«, »Zauberer von Oz« und Alfred Hitchcocks »Psycho« verraten. »Spoiler! Sie sparen Zeit und Geld«, schrieb der Autor. stirbt, ist ohnehin seit der ersten Folge ziemlich klar: Da bekommt er von seinem Arzt die Diagnose, an Lungenkrebs zu leiden. Das Ende des Protagonisten ist an sich also keine Überraschung, wohl aber die zahlreichen Twists und Wendungen davor. 2011 fand eine Psychologiestudie der University of California in San Diego Hinweise dafür, dass manche Zuschauer Geschichten sogar mehr genießen, wenn sie wissen, wie es ausgeht. Testpersonen sollten verschiedene Erzählungen lesen, und sie bevorzugten zu großen Teilen jene, die vorher gespoilert wurden. Warum? Die Wissenschaftler konnten nur vermuten: Zu wissen, wie es ausgeht, macht es dem Gehirn wohl einfacher, auch Details besser zu erkennen und deswegen viel tiefer in eine Geschichte einzutauchen. Wenn Spoiler Geschichten kaputt machen würden, könnte man keinen Film zweimal sehen. Dabei werden manche Filme beim zweiten Mal sogar interessanter. Zum Beispiel »Fight Club«. Das ist ein Film, der beim zweiten Sehen fast mehr Spaß macht als beim ersten. Wenn man weiß, dass Tyler Durden und der Erzähler dieselbe Person sind, sieht man plötzlich Dinge, die man vorher nicht gesehen oder verstanden hat. Nun sind Film- und Serienfans widersprüchliche Leute. Einerseits möchten sie unbedingt wissen, wie eine Handlung weitergeht. Sie diskutieren, spekulieren, versuchen, Hinweise zu deuten, beim Netflix-Abend auf der Couch und auch im Netz. Andererseits reagieren sie überaus empfindlich, wenn sie wirklich etwas erfahren. Wie Kinder, die vor Heiligabend schon herausfinden, welche Geschenke an Weihnachten unter dem Baum liegen. Die Spannung ist weg. Daraus hat sich eine regelrechte Spoiler-Paranoia entwickelt, die mitunter zu bizarren Situationen führt. Neulich saß ich mit Freunden in einem Restaurant. Wir sprachen über »Black Mirror«. Die britische Science-Fiction-Miniserie zeigt in jeder Folge eine andere Zukunftsvision unserer Gesellschaft. Es geht darum, wie Technik den Menschen beeinflusst, wie das ständige Starren auf Bildschirme unser Verhalten verändert. Am Ende der ersten Folge hat der britische Premierminister bizarrerweise Sex mit einem Schwein. Meine Freunde hatten bereits alle Staffeln gesehen und wollten, nein, mussten über die Serie sprechen. Ich kannte zu diesem Zeitpunkt nur die erste Folge. Meine Freunde tauschten verräterische Blicke aus, dann sahen sie mich an – und forderten mich auf, kurz wegzuhören. So saß ich also da: ein erwachsener Mann in einem Restaurant in Kreuzberg, der sich die Ohren zuhielt und leise vor sich her summte, während sich die anderen am Tisch unterhielten. Das Ganze hätte selbst eine Szene aus »Black Mirror« sein können. Lächerlich, ich weiß. Um zu sehen, welche merkwürdigen Formen die Angst vor Spoiler annimmt, kann man auch einen Blick ins Netz werfen: Ein Jugendlicher aus den USA schrieb vor Kurzem etwas über den neuen »Star Wars«-Film auf Facebook. Einer seiner »Freunde« empfand das als Spoiler – und schickte dem Jungen ein Foto von sich und einer halbautomatischen Pistole. Dazu die Nachricht: »Ich werde Dich finden«. Am nächsten Tag blieb die Schule des Jugendlichen geschlossen – und der Typ mit der Knarre wurde verhaftet. Auch bei Produzenten und Schauspielern nimmt der Umgang mit Spoilern inzwischen absurde Züge an – bis hin zu handfesten Lügen. Nach der letzten Staffel »Game of Thrones« etwa sagte Kit Harington, sein Charakter werde in der nächsten Staffel definitiv nicht zurückkehren. Was irgendwie logisch klang, schließlich wurde Jon Snow in der letzten Folge in eine Falle gelockt und abgestochen. Doch es dauerte nur ein paar Wochen, bis Fotos von den Dreharbeiten der nächsten Staffel im Netz auftauchten. Und siehe da: Jon Snow war wieder dabei. Anderes Beispiel: Vor der letzten Staffel »How I Met Your Mother« wurde bekannt, dass die Schauspielerin Cristin Milioti die Mutter spielen würde, von der die Hauptfigur S. 22 UNI SPIEGEL 1 /2016 2 Der Kabarettist Wolfgang Neuss verriet 1962 per Zeitungsannonce den Mörder in einer damals beliebten Fernsehkrimi-Reihe. Neuss wollte, dass die Leute seinen eigenen Film guckten. Die Zuschauer schickten ihm daraufhin Morddrohungen, die »Bild«Zeitung nannte ihn »Vaterlandsverräter«. 5 3 Als Alfred Hitchcock »Psycho« drehte, wollte er sein Publikum vor Spoilern schützen. Dumm nur, dass Hitchcocks berühmter Film auf einem Buch basiert. Was tun? Hitchcock versuchte, alle Exemplare des Romans aufzukaufen, die noch auf dem Markt waren – mit mäßigem Erfolg. 4 Im Londoner St Martin's Theatre geht der Hauptdarsteller nach der traditionellen Vorstellung des Kriminalstücks »Die Mausefalle« von Agatha Christie jedes Mal auf die Bühne und bittet das Publikum, niemandem zu verraten, wer der Mörder ist. Auch die Presse hält sich daran. Diese Tradition gibt es schon seit der Uraufführung 1952. Fight Club: Tyler Durden und der Erzähler sind dieselbe Person. Der Streaming-Dienst Netflix bietet online eine Art SpoilerRoulette. Drückt man auf einen großen roten Knopf, zeigt die Seite zufällig ausgewählte Szenen aus Filmen und Serien, die entscheidende Details des Plots verraten. Die User können entscheiden, welche Twists noch als Spoiler einzustufen sind oder bereits in der Öffentlichkeit diskutiert werden dürfen. How I Met Your Mother: Die Mutter, gespielt von Cristin Milioti, wird krank und stirbt. ... überlebt eine tödliche Attacke. ... stirbt bei einem Autounfall. ... wird zum Mörder. JEROD HARRIS / GETTY IMAGES (U.), MEDIA RIGHTS CAPITAL / KOBAL COLLECTION / IMAGES.DE (M.), ALAMY / MAURITIUS IMAGES (O.) Ted Mosby ab Folge eins seinen Kindern erzählt. Kurz darauf fragte ein Journalist Milioti in einem Fernsehinterview, ob die Mutter zum Schluss ein trauriges Ende erwarte, wie viele Fans der Serie vermuteten. Milioti lachte nur und sagte vage: »Das ist verrückt.« Dumm nur: Die Zuschauer hatten recht. Die letzte Folge zeigt, wie Ted Mosby die Mutter heiratet, Kinder mit ihr bekommt – und wie sie schließlich krank wird und stirbt. Aber was hätte Milioti tun sollen? Spoilern? In dem Film »Star Trek – Into Darkness« spielte Benedict Cumberbatch einen Bösewicht, der dem Star-Trek-Universum nicht bekannt war. Einen Mann namens John Harrison. Fans spekulierten schnell: Das könnte doch Khan sein, der Bösewicht aus dem zweiten Star-Trek-Film »Die Rache des Khan« von 1982. Die Produzenten winkten ab. Khan? Quatsch! Doch nach einem Drittel des Films steht Cumberbatch in einer Gefängniszelle und verkündet, unterstützt von dramatisch klingender Musik: »Mein Name ... ist Khan!« Die Zuschauer kamen sich verschaukelt vor – und machten ihrem Ärger im Netz Luft. Ohnehin hat sich die Anspruchshaltung der Zuschauer verändert, was auch daran liegt, dass Serien in den letzten Jahren eine Qualität erreichen, die es vorher nicht gab. Die Geschichten wurden spannender, die Plots komplizierter, die Twists rasanter. Entspricht ein Handlungsstrang einmal nicht dem gewohnten Standard, hagelt es Kritik: etwa bei »LOST«. Die Serie handelt von den Überlebenden eines Flugzeugabsturzes auf einer Insel im Pazifik. »LOST« stellt die Zuschauer vor immer neue Rätsel, legt Fährten und Spuren. Am Ende einer Folge gibt es meist mehr Fragen als am Anfang. Also diskutieren die Fans in Internetforen und auf Facebook weiter. Die »LOST«-Zuschauer sind treu und engagiert. Aber wer so viel Energie aufbringt, erwartet eine befriedigende Auflösung. Die war dann aber eher banal. Frank Underwood aus »House of Cards« ... Als Hauptdarsteller Jack in der letzten Folge den Mann in Schwarz tötet, das Loch unter der Insel mit einem großen Steinkorken verschließt – ja, es gab einen riesigen Korken – und dabei sein Leben opfert, nur um alle seine Freunde später im Fegefeuer zu treffen, da waren die Fans von »LOST«: sauer. Einer der Serienautoren, Damon Lindelof, pflegte auf Twitter engen Kontakt mit den Zuschauern. Die Fans machten ihn fertig, warfen ihm vor, wie schlecht das Ende gewesen sei, einer schrieb sogar, Lindelof habe ihm »die letzten sechs Jahre seines Lebens geklaut«. Das traf Lindelof: Für die nächsten Jahre nannte er sich selbst immer »einen der Idioten hinter LOST«. Mag sein, dass hier Erwartungen enttäuscht wurden. Aber es ist ein weiteres Argument, welche ungesunden Züge das Serienfieber angenommen hat. Man möchte Leute wie dem »LOST«-Fan am liebsten bei den Schultern packen und ordentlich durchschütteln. Ist doch nur Fernsehen! Es gibt keinen vernünftigen Grund, sich so zu benehmen – oder so wie der Kollege aus der Konferenz, ich in dem Restaurant oder der Typ mit der Knarre. Aber es gibt Hoffnung. Eine von Netflix in Auftrag gegebene Umfrage zeigt, dass zumindest die Amerikaner beginnen, mit Spoilern zu leben. 76 Prozent der Befragten akzeptieren sie als einen Teil des Lebens, 94 Prozent gaben an, Serien auch nach einem großen Verrat weiter zu gucken und zu genießen. 13 Prozent haben behauptet, Spoiler machten ihnen sogar mehr Lust auf eine Serie. Ich habe mir vor Kurzem »Star Wars – Das Erwachen der Macht« angeguckt. Ich wusste schon seit fast einem Jahr, was in dem Film passiert, denn irgendjemand hatte den Plot ins Netz gestellt. Ich hatte trotzdem großen Spaß. Sehr großen. Ich wusste auch, dass am Ende ein sehr beliebter Charakter sterben wird. Es hat mich trotzdem berührt. Keine Sorge, ich verrate nicht, dass es Han Solo ist. S. 25 UNI SPIEGEL 1 /2016 Derek Shepherd aus »Greys Anatomy« ... Glenn Rhee aus »The Walking Dead« ... Stefan, 32, ist nach Studium und vielen Jahren im Ausland zurück zu seinen Eltern nach Suhl gezogen. »Hier ist es ja doch am schönsten«, sagt er. Von KRISTIN HAUG (Text) und HANNES JUNG (Fotos) S. 26 UNI SPIEGEL 1 /2016 Was gibt’s zu essen? Rückkehrer Stefan und seine Mutter in der Familienküche. Die Zahnpasta stand neben dem Waschbecken, und Stefan benutzte sie. Ganz selbstverständlich, ohne nachzudenken. Das war ein Fehler, denn für seinen Vater ist »Oxygen« etwas Besonderes. Er bekommt das Zeug von seinem Zahnarzt, und der bezieht es aus den USA. Als dem Vater auffiel, dass Stefan von seinem »Oxy- gen« gemopst hatte, kam es zu einem kleinen Eklat. Er solle sich seine eigene Zahncreme kaufen, wies er seinen Sohn zurecht; er sei ja wohl erwachsen genug dafür. Stefan ist nun 32, und eigentlich hat man in diesem Alter seine eigene Wohnung und muss sich das Badezimmer nicht mehr mit Mutter und Vater teilen. Doch bei Stefan ist es anders gelaufen: Er kehrte vor sechs Monaten nach langer Abwesenheit ins Elternhaus zurück. Er tat das nicht aus finanzieller Not und auch nicht, weil er Mutter und Vater so vermisst hatte. Er tat es, weil er es für die beste aller Lösungen hielt. Es war 2002, als Stefan von zu Hause auszog und von Suhl in Südthüringen nach Leipzig ging, zum Studieren. Nach dem Uniabschluss 2009 verkaufte er seine Möbel, bereiste die Welt, tingelte durch Kuba, Kolumbien, Ecuador und Peru, lebte ein halbes Jahr in Bolivien, arbeitete danach erst in Frankfurt, dann als Entwicklungshelfer in Kirgisien. Von dort fuhr er mit dem Fahrrad nach Deutschland. Kaum angekommen, brach er wieder auf, nach China, Australien und Neuseeland. »In den vergangenen Jahren habe ich bestimmt in 300 verschiedenen Betten geschlafen«, sagt Stefan. Seine Welt war groß und voller Abenteuer. Jetzt ist sie wieder klein und weniger aufregend. Stefan schläft nun Nacht für Nacht im alten Zimmer seiner Schwester, das gerade einmal zehn Quadratmeter groß ist. Darin: ein Schrank, ein kleines Bett – und eine Einpersonensauna. Die haben seine Eltern vor einiger Zeit dort aufgebaut: Sie hatten nicht damit gerechnet, dass so bald wieder jemand in diesem Zimmer wohnen würde. Stefan sagt, er sei zurück nach Suhl gekommen, um sein Leben neu zu ordnen. Er habe einen »Stützpunkt« in einer unruhigen Zeit gesucht. Auf der letzten Reise ging seine Beziehung in die Brüche, und er wollte ungestört darüber nachdenken, wo er sich nun niederlassen und wie er sein Geld verdienen sollte. So etwas geht ganz gut in der alten Heimat, wo es oft weniger Ablenkung gibt und man sogar noch bekocht wird, wenn es gut läuft. Stefan hat Soziologie und Wirtschaft studiert, eine Kombination, die ihm viele Möglichkeiten gibt – einerseits. Andererseits kann sich Stefan nicht vorstellen, jeden Tag am Schreibtisch zu arbeiten und Akten, Bücher oder Bilanzen zu wälzen. Die letzten Wochen hat er deswegen genutzt, um Pläne zu schmieden. Klar, er hätte sich dafür auch eine Wohnung mieten können. »Aber das wollte ich nicht«, sagt Stefan und blickt vom Grundstück seiner Eltern aus auf ein ruhiges, bewaldetes Tal, fernab von Hauptverkehrsstraßen und Großstadtlärm. »Hier ist es ja doch am schönsten.« Als er ankam, wollte er nur zwei Wochen bleiben, vielleicht auch drei. Doch er schob seinen Auszug immer weiter auf – und warum auch nicht? Okay, das Zusammenleben ist nicht immer ganz einfach, die Eltern sind seit vergangenem Jahr Rentner und deshalb oft zu Hause. Aber ist das Leben in einer WG etwa immer unkompliziert? Jeden Tag gegen acht Uhr steht Stefan mit seinen Eltern auf, dann folgt das gemeinsame Frühstück. Zwischen zwölf und eins gibt’s Mittagessen, und manchmal Blick aus dem Fenster: Stefan und seine Mutter wollen wissen, was in der Nachbarschaft los ist. wird auch noch gemeinsam zu Abend gegessen. Seine Mutter kocht, macht den Haushalt und wäscht Stefans Wäsche: ein Service, den auch Zehntausende andere Menschen zu schätzen wissen, die im »Hotel Mama« leben. Stefan beteiligt sich zwar mit 100 Euro an den Lebenshaltungskosten und geht auch manchmal einkaufen, aber sonst muss er nur wenige Aufgaben im Haus erfüllen. So ein Leben sei komfortabel, sagt er. Aber auch manchmal anstrengend und ein wenig entbehrungsreich. Er würde derzeit zum Beispiel keine Frau mit nach Hause bringen. »Das wäre mir unangenehm.« Auch für Stefans Mutter, eine resolute und liebenswürdige Frau, die 25 Jahre lang einen Friseursalon führte, ist Stefans Rückkehr eine manchmal ambivalente Sache. Im Grunde ist sie froh, ihren Sohn um sich zu haben, spontan mit ihm abends ein Glas Wein trinken zu können oder ihn auch einmal umarmen zu dürfen. Trotzdem versucht sie, so wenig Mutter wie möglich zu sein. Schließlich ist es nicht mehr Stefan, der Teenager, der bei ihr wohnt, sondern Stefan, der Erwachsene. »Ich will ihn nicht ständig fragen, ob ich ihm etwas mitbringen soll oder er gewisse Aufgaben im Haus erledigt hat«, sagt sie. Als der Sohn vor 14 Jahren auszog, musste sie lernen, die Mutterrolle abzulegen. »Es war schwierig für mich, mich nicht mehr kümmern zu können.« Sie musste sich daran gewöhnen, abends nicht mehr danach zu schauen, ob er nach Hause gekommen war oder ob er noch arbeitete. Nun ist Stefan aber wieder zurück, und neulich hat sie ihn um drei Uhr morgens am Computer entdeckt und ihm verordnet, ins Bett zu gehen. Danach kamen sofort die Zweifel: War das zu viel? Eine Grenzüberschreitung? »Er ist ja erwachsen, hat seinen eigenen Kopf und seine eigene Art zu leben«, sagt sie. Ihrem Mann, Stefans Vater, fällt das neue alte Zusammenleben schwerer. Er ist ein Mann, der immer alles genau durchdenkt, bevor er handelt, der jeden Schritt genau plant, der klare Ansagen macht. Um seine Ordnung aufrechtzuerhalten, hat der Vater Regeln eingeführt: Fahrräder und Mopeds dürfen nicht dort herumstehen, wo er sein Auto parken will. Die Haustür muss immer geschlossen werden, selbst wenn man nur kurz den Müll rausbringt. Es darf nirgends etwas länger herumliegen, was dort nicht hingehört. »Wenn so ein Spruch kommt, muss ich tief durchatmen«, sagt Stefan. »Aber es ist sein Haus – deshalb bestimmt er die Regeln.« Die Mutter vermittelt immer wieder zwischen den beiden. Wie lange das so weitergehen soll? Vor ein paar Wochen hat Stefan eine Entscheidung getroffen: Er möchte sich selbstständig machen, ein kleines Reiseunternehmen gründen und Fahrradtouren durch Kirgisien und Tadschikistan anbieten. Wenn sein Unternehmenskonzept steht, will er ausziehen, vielleicht in die Alpen oder nach Spanien. »Irgendwohin, wo ich gut Fahrrad fahren kann.« Trotzdem möchte er seinen Stützpunkt in Thüringen behalten, möchte zurückkommen können, in Zeiten, in denen das Leben einmal unordentlich ist. Dafür hat er gerade den alten Friseursalon seiner Mutter zu einem kleinen Wohn- und Gästehaus umgebaut. Es steht nur 20 Meter von seinem Elternhaus entfernt. e ny m ano s l a l D toko Pro Mein Leben als Arzt Ich wollte schon als Kind wissen, wie der Mensch delt, die sich allein fühlen. Kürzlich hatte ich einen Patienten, funktioniert. Mich interessierte es zum Beispiel wahnsinnig, dem eigentlich gar nichts fehlte. Der war allenfalls ein wenig wie das Herz schlägt, warum sich eine Entzündung bildet dehydriert und hatte sich praktisch ins Krankenhaus hineinund weshalb man weint, wenn man Schmerzen hat. Die Be- geschummelt, weil er im Seniorenheim keine Aufmerksamgeisterung für derlei Fragen ließ nie nach, und insofern war keit bekam. es nur folgerichtig, dass ich nach dem Abi mit dem Medizin- In meinem Beruf darf ich keine Unterschiede machen, ich studium begann. muss alle Patienten gleich behandeln. Das ist nicht immer Die Zeit an der Hochschule war nicht immer einfach, und leicht, weil man es natürlich auch mit unfreundlichen, es gab Momente, wo mir das stumpfe Auswendiglernen von manchmal sehr nervigen Menschen Fachbegriffen oder Bakterien- und Virennamen auf den Senzu tun bekommt, die alles besser der ging. An meinem Entschluss, Arzt zu werden, änderte wissen oder Dinge tun, die einen sich aber nichts, und so war ich froh, als ich vor einigen Movöllig durcheinanderbringen. Da naten ins Praktische Jahr gehen konnte. Ich hatte zwar wähwar beispielsweise diese 25-jährirend des Studiums schon einige Praktika in Krankenhäusern ge, sehr attraktive Frau, die mit leichund bei Ärzten gemacht, aber da war ich im tem Fieber kam. Ich bat sie, ihr T-Shirt Grunde immer nur die kleine Klette, ein wenig anzuheben, damit ich sie abhödie nichts machen durfte. Beim ren kann. Wie in einem Pornofilm zog sie daPJ ist man dagegen die vollraufhin komplett blank und schaute mich grinständig ausgebildete Kraft, send an. Ich tat so, als nähme ich gar nicht wahr, zumindest auf dem Papier. dass sie nackt ist, und hörte sie einfach ab. Später Die ersten Tage in der Klinik erfuhr ich dann, dass die junge Frau sich wohl ein waren extrem frustrierend. Kind wünschte. Ich nehme an, sie wollNiemand arbeitete mich ein, te mich zu etwas drängen, was nicht ich war weitgehend auf mich mein Job ist. allein gestellt. Ein Chefarzt Was ich extrem schwierig finde: jemankam nur kurz auf mich zu dem mitzuteilen, dass er schwer krank und zeigte mir ein Zimmer, ist. So wie dem Mann, dem ich davon das ich betreuen sollte. erzählte, dass seine Aufnahmen und Werte Dann klingelte sein Handy – und auf einen Tumor hindeuten. Der Mann schluckte weg war er. Das fand ich völlig unverantworterst mal, verdrängte aber sofort. »Wird schon keiner sein«, lich. Immerhin sollte ich mich hier um die Gesundheit an- sagt er. Ich dachte, gut, wenn er so damit umgehen will, dann derer Menschen kümmern. Aber es ist nun mal so: Jede Mi- soll er. nute, die ein Arzt einem PJler wie mir widmet, ist eine Mi- Der Tod ist Teil des Tagesgeschehens. Einmal habe ich benute, die er später nach Hause kommt. wusst zugeschaut, wie ein Mann starb. Lungenversagen. Ich Es fühlt sich seltsam an, theoretisches Wissen auf einen rea- stellte mich an sein Bett und sah zehn Minuten lang auf den len Menschen zu übertragen, und gerade zum Start des PJs Monitor. Betrachtete, wie sein Herz immer langsamer schlug, gab es Momente, da kam ich mir wie ein Schwindler vor. bis es ganz stehen blieb. Dabei empfand ich eine verstörende Was mich von Anfang an am meisten störte, war die Ver- Leere. Wir hatten alles medizinisch Mögliche für ihn getan, waltungsarbeit. Was habe ich wann und weshalb angeord- er war einfach nicht zu retten. Bei diesem Gedanken wurde net? Welches Medikament habe ich verschrieben und wa- ich ruhig und konnte ihn gehen lassen. rum? Alles wird bis ins Kleinste dokumentiert, und vermut- Ich weiß jetzt, dass ich nicht nur Arzt sein will, sondern es lich ist das auch richtig so. Aber die ausufernde Bürokratie auch kann. Mein Blick auf den Traumberuf ist aber deutlich hat auch zur Folge, dass man sich im Grunde zu wenig um nüchterner geworden. Man ist kein Gott in Weiß, sondern die Patienten kümmern kann. Das ist zum Beispiel ein Fußsoldat der Medizin – und erst recht der VerS. 29 Aufgezeichnet von DMITRIJ KAPITELMAN dann schade, wenn es sich um alte Menschen hanwaltung. UNI SPIEGEL 1 /2016 ILLUSTRATION: BENEDIKT RUGAR / UNI SPIEGEL Er wollte schon als Kind Mediziner werden – wusste aber nicht, mit wie viel Ver waltungskram das verbunden ist. Ein junger Arzt erzählt von seinem Einstieg ins Berufsleben. Teil 10 der Serie »Das anonyme Jobprotokoll«. Wenn sie nicht gerade in der Uni sitzen, touren die Jungs von Lupo durchs Rheinland, machen Karnevalsmusik und lassen sich von älteren Damen anhimmeln. UNI SPIEGELAutorin Miriam Olbrisch hat sie einen Abend lang begleitet. D ie Aachener Straße ist dicht. Yannick Weingartz, 20 Jahre alt, schlägt mit der Hand auf das Armaturenbrett des Minibusses: »Warum fahren die nicht?«, ruft er wütend. Es ist 18.17 Uhr. Um 18.30 Uhr müssen er und die anderen Mitfahrer des Busses auf einer Bühne im Gemeindesaal der Kirchengemeinde St. Severin stehen. Das Navigationsgerät zeigt noch 1,2 Kilometer: wird verdammt knapp. Yannick ist genervt, schaut im Minutentakt auf die Uhr. Und dann hat auch noch Köln gegen Stuttgart verloren. Die fünf jungen Männer im Minibus, vier davon Studenten, sind die Mitglieder von Lupo. Seit fünf Jahren macht die Band das, was man gemeinhin als »Karnevalsmusik« bezeichnet: Gute-Laune-Lieder mit viel Wums und Rumtata, natürlich auf Kölsch. Das Wort Karnevalsmusik hören Yannick und seine Kollegen nicht so gern, sie nennen ihren Musikstil lieber »Kölschrock«, schließlich treten sie auch außerhalb der Session auf, etwa auf Geburtstagen oder Firmenfesten. An diesem Samstag stehen sechs Auftritte für Pedro Schädel, Andi WandscheerGenehr, Benni Landmann, Alexander Lemke und Yannick Weingartz auf dem Programm. Vor zweieinhalb Stunden sind die fünf in den Bandbus gestiegen, ein zweiter Lieferwagen mit Instrumenten und Technik rollt hinterher. Die Lupos tragen schwarze Hemden, Jeans und weiße Turnschuhe. Damit keiner Hunger haben muss, hat Gitarrist Pedro am Morgen 40 Brötchen geschmiert: Käse, Salami und Mett mit Zwiebeln. »Ich reservier mir schon mal drei mit Käse«, ruft Sänger Yannick vom Vordersitz, »Wurst ist nicht gut für die Stimme.« Auftritt Nummer eins ist bereits geschafft, eine DamenVorher-NachherShow: Die fünf sitzung in einer BadmintonJungs von Lupo Halle in Pulheim-Sinnersdorf. im BackstageNach fünf Minuten klatschten Bereich in Zülpichdie Damen begeistert im Takt, Ülpenich (links) und auf der Bühne nach 15 Minuten tanzte der in der Kölner gesamte Saal. Und dann wollSüdstadt (rechts) ten ein paar hübsche Tanzmariechen noch Erinnerungs18.28 Uhr: Die vorherige 18.35 Uhr: Die Saaltür öffSelfies machen. Am Ende Band gibt eine Zugabe. Ein net sich, ein goldglitzernder reichten die Veranstalterinnen noch ein ganzes Blech kleiner Zeitpuffer. Glück geRaum voll schunkelnder MenApfelkuchen in den Wagen, habt. Vor dem Saal stimmen schen. Die Band bahnt sich »könnt ihr euch unterwegs die Lupos ihre Instrumente, einen Weg durch verkleidete schön stärken«. Gitarren, Posaune, Bass und Jecken und Bierdunst. Die Geige. Die vierköpfige Crew Lupos fallen auf, nicht nur webringt Keyboard, Verstärker, gen der schlichten Kleidung, Mikrohalter, Kabel und die sondern auch wegen ihres Konfettikanone in Stellung. jugendlichen Alters. »Na, LeDas Schlagzeug von Drumckerchen«, säuselt eine mittelmer Andi haben sie vorher alte und mittelschwere Dame auf eine Platte mit Rollen im ausladenden BallettröckAuf dem Weg zum zweimontiert. Hocker dahinter, chen und streicht Pedro im ten Kurzkonzert verlieren die fertig. Es sind Profis am Werk: Vorbeigehen über den unteBandmitglieder fast die HoffIn weniger als einer Minute ren Rücken, »jetzt macht mal nung, noch pünktlich zu kom- machen die Helfer die Bühne ordentlich Krach.« Der Körmen, doch dann geht es glück- klar. Ihr Rekord liegt bei 50 perkontakt sei nicht immer licherweise flüssig voran, und Sekunden. angenehm, wird der Gitarrist die beiden Bullis parken um später im Bus erklären. Und 18.27 Uhr vor dem Gemeinganz so harmlos wie hier sei S. 30 desaal von St. Severin ein. es leider auch nicht immer. UNI SPIEGEL »Aber im Karneval gehört das 1 /2016 halt dazu.« 18.36 Uhr: Auftritt Lupo. Yannick, der ein bisschen so aussieht, als würde er im Fitnessstudio wohnen, knipst sein Lächeln an und ruft ein gut gelauntes »Hallo Leute« in den Raum. Stress? Welcher Stress? MARIA LITWA / UNI SPIEGEL 18.39 Uhr: Der Saal kocht, 18.45 Uhr: Heiß ist es im und das schon nach dem ersten Lied. Benni tritt hinter dem Keyboard hervor, schnappt sich seine Geige, stimmt das langsame Intro des zweiten Stücks, »Lääve« (Kölsch für: »Leben«), an. Die Menschen vor der Bühne liegen sich in den Armen und wiegen sanft hin und her. Saal – und noch heißer auf der Bühne. Schließlich knallt das Scheinwerferlicht von oben. Pedro wischt sich Schweißtropfen von der Stirn. Gut, dass die Hemden schwarz sind. 19.03 Uhr: Der Schlussakkord vom letzten Lied, das natürlich »Colonia« heißt, verklingt zwischen Klatschen, Pfeifen, Grölen und »Zugabe«-Geschrei. Die Gesichter der fünf glühen vor Freude und Bühnen-Adrenalin. Doch an Zugabe ist nicht zu denken, der Zeitplan hängt schließlich schon wieder um drei Minuten. Max, der Tourmanager und Mädchen für alles, steckt einen Geldumschlag in seine Fleecejacke. Bezahlt wird immer bar. »Das ist am ehrlichsten«, sagt er. Dann sprintet er zum Bus. Die Uhr tickt. 800 Euro kostet eine halbe Stunde Lupo. Bei der Band kommt davon etwa die Hälfte an. Der Rest geht an die Agentur, die die Aufträge vermittelt und koordiniert, auch Fahrer und Crew müssen bezahlt werden, außerdem das Benzin für die beiden Autos. 220 Kilometer werden sie am Ende des Abends gefahren sein. Auf dem Rücksitz zählt Pedro die neuen FacebookLikes der letzten drei Stunden. 20 sind es. »Nicht schlecht.« Yannick, der Sänger, ist merkwürdig still. Er tippt etwas in sein Smartphone, reicht es herüber. »Stimme schonen« steht da. Er zieht ein Aluköfferchen aus dem Fußraum. Darin: Schmerztabletten, Nasenspray und Halstabletten, Marke Isländisch Moos. Da schmeißt er doch gleich mal ’ne Wette auf die Zukunft, auf den Durchbruch Runde. Max, der Fahrer, öffnet eine Dose Red Bull. »Muss im rauen Wettbewerb des Kölner Karnevals. Ganz normaler sein«, sagt er. Etwa 150 Bands gibt es in der Umgebung. Karnevalswahnsinn im Die Müdigkeit ist ein stetiger Feind in der »Sässjonn«, wie Die Konkurrenz um Auftritte ist groß, die Rheinland: die Kölner die Zeit zwischen dem 11. November und AscherKarnevalsszene eng vernetzt. Ist eine GrupKostüme, Kölsch mittwoch nennen. Freitag, Samstag und Sonntag sind Lupo in pe unzuverlässig oder nicht gut gelaunt, und Konfettider Regel ausgebucht, manchmal kommen noch kleinere Aufspricht sich das herum. kanone tritte an Werktagen dazu. Und proben müssen die Jungs natürOft genug liegt es aber nicht an den Mulich auch noch. sikern, wenn die Stimmung nicht so recht »Klar ist das anstrengend«, sagt Pedro. Ein freies Wochenüberkochen will. Der Auftritt in einer Realschul-Aula in Kölnende habe er schon lange nicht mehr gehabt. Mal gemütlich ein Ehrenfeld zieht sich wie Kaugummi. Der Raum ist nur halb voll Bier trinken gehen oder ins Kino, dafür sei gerade keine Zeit. und ausgeleuchtet wie eine Arztpraxis. Auch beim dritten Song Freunde, die in der Session Geburtstag haben, brauchen auf ist den Jecken nur unmotiviertes Geklatsche zu entlocken. »Wo ihren Feiern nicht mit den Bandmitgliedern zu rechnen. Tausind denn hier die FC-Fans?«, startet Yannick einen letzten, verschen möchten alle aber »auf gar keinen Fall«. Auf der Bühne zweifelten Versuch. Hilft aber auch nicht. zu stehen und in die Gesichter der tanzenden Menschen zu Na gut, abhaken, zurück in den Bus, weiterfahren. Es geht schauen sei unbeschreiblich. Nur das Lernen für die Uni, das über die Autobahn nach Zülpich-Ülpenich, in den Saal der Karkomme in dieser Zeit natürlich zu kurz. Blöd, dass Karneval nevalsgesellschaft »Ülekrade«, wo zu vorgerückter Stunde auch immer genau vor der Klausurenphase liegt. die Frauen Herrengedecke trinken. Das Durchschnittsalter liegt Alle Lupos wohnen in Köln oder in den Vororten. Dabei ungefähr auf Höhe eines Helene-Fischer-Konzerts, wieder täthatten manche eigentlich andere Pläne: Benni, der Geischeln Damenhände die »schicken Jungens«. Während S. 32 ger, hätte gern Filmmusik in London studiert – und Gidie Ülpenicher zu »Schönste Daach« (»Der schönste UNI SPIEGEL Tag«) und »Mer han et em Bloot« (»Wir haben es im tarrist Pedro wollte eigentlich nach Frankreich. Dass 1 /2016 sie in Köln bleiben, liegt nur an der Band. Es ist eine Blut«) tanzen, schunkeln und johlen, machen sich im MARIA LITWA / UNI SPIEGEL Hintergrund die »Blauen Funken Zülpich« bereit: Männer in Strumpfhosen, mit blitzenden Säbeln in der Hand und Federpuscheln auf dem Kopf. Von außen betrachtet: ganz schön skurril. Auf dem Weg zu Auftritt Nummer fünf, Karnevalsgesellschaft »Bergfunken« in Bad Godesberg-Muffendorf, betrachten die Musiker die Ausbeute des bisherigen Abends. Es ist Karnevalstradition, dass Bands nach jedem Auftritt Gastgeschenke bekommen: den Orden der ausrichtenden Karnevalsgesellschaft – und Wegzehrung, flüssige oder feste. Neben dem Apfelkuchen aus Pulheim haben sich angesammelt: fünf Flaschen Holunderschnaps, Schokoriegel, ein Fässchen Bier, eine Tüte mit gravierten Kölschgläsern und für jeden eine Bifi. Letzter Halt: der Partysaal »Alteburg« in der Kölner Südstadt. Eine gut gelaunte Dame namens Lydia feiert hier ihren 50. Geburtstag. Zum letzten Mal an diesem Tag baut die Crew die Ausrüstung auf. Dann geben die Lupos noch mal alles, ein donnerndes Finale, inklusive Konfettikanone, Zugabe und Ständchen für das Geburtstagskind, das im Kreis seiner Freunde vor der Bühne tanzt. Dass Yannicks Stimme sich trotz Isländisch Moos inzwischen in ein heiseres Krächzen verwandelt hat, fällt nicht wirklich auf – die anderen singen dafür umso lauter. Und auch hier gibt’s natürlich noch etwas zu futtern. »Bitte nehmt die mit«, sagt Lydia, »die haben wir vergessen aufs Buffet zu legen.« In der Hand hält sie eine Tüte mit neun Baguettes. Die Jungs bedanken sich artig und klettern wieder in den Bus. Kurze Diskussion: noch ein Feierabendbier im Proberaum? Nee, lieber nicht. Zu müde. Die allermeisten Karnevalsbands haben in der Session eine Null-Alkohol-Regel – sonst würden viele das stramme Programm gar nicht durchhalten. »Bei uns muss das jeder selbst entscheiden«, sagt Geiger Benni, »solange alle am nächsten Tag fit sind, ist das kein Problem.« Dann verabschiedet er sich, greift sich ein Baguette und schlägt die Autotür zu. Morgen geht es weiter, halb eins ist Abfahrt, es geht in den Kölner Norden, zum »Bürgerfrühschoppen«. Video: Der Song »Jespenster« von Lupo E s ist ein Jahr her, da entschied sich Ananya Azad, das Haus nur noch mit einem Motorradhelm auf dem Kopf zu verlassen. Bis dahin hatte der 24-Jährige ein ziemlich normales Studentenleben geführt und sich immer gern mit seinen Freunden auf dem Shahbag-Platz nahe der Uni in Dhaka getroffen, der Hauptstadt von Bangladesch. Dort gab es Bier, und sogar die Mädchen konnten rauchen, ohne von strenggläubigen Wirrköpfen dafür verflucht zu werden. Ananya freute sich damals, im Februar 2015, auf die Buchmesse, die jedes Jahr in Dhaka stattfindet. Diesmal sollte aus den USA der Schriftsteller und bekennende Atheist Avijit Roy kom1 men, um sein neues Buch »Das Virus des Glaubens« vorzustellen. Ananya, der selbst ein Regierungs- und Religionskritiker ist und seine Meinung regelmäßig auf Facebook kundtat, wollte den aus Bangladesch stammenden Roy endlich persönlich kennenlernen, 2 doch das war nicht mehr möglich. Am Abend des 26. Februar zogen Unbekannte den Schriftsteller aus einer Rikscha und richteten ihn mit Macheten und Fleischermessern hin. Der Autor wurde in einem Krankenhaus aufgebahrt, mit blutrot verfärbter Kleidung. Ananya war geschockt. Aber anders als seine Freunde wollte er nicht schweigen. Er wandte sich an die Medien, sprach in Fernsehkameras, machte radikale Islamisten für den Anschlag verantwortlich. Das brachte ihm vor allem Berühmtheit bei seinen Feinden ein: Bilder von ihm wurden in allen sozialen Netzwerken verbreitet, anonyme Anrufer kündigten ihm an, er sei als Nächster dran. Ananya fürchtete um sein Leben. Er ging nicht mehr zur Uni, schlief abwechselnd bei Freunden und trug fortan den Motorradhelm zum Schutz vor den Macheten. Jede Nacht dachte er, dass dies seine letzte sein könnte. Von LAURA BACKES Denn seit dem Angriff auf den In Bangladesch Schriftsteller Roy wird Bangladesch von einer brutalen Mordserie an Blog- machen Islamisten gern und Autoren erschüttert, die es Jagd auf Blogger wagen, den Islamismus zu kritisieren. und andere Am 30. März wurde Washiqur Rahman von Koranschülern getötet, Menschen, die frei sie zerhackten sein Gesicht bis zur leben wollen. Unkenntlichkeit. Er hatte sein Profilbild auf Facebook in Gedenken an Zwei ihrer jungen Avijit Roy zu »Ich bin Avijit« geändert Opfer flohen nach und wütend geschrieben: »Zerstört Deutschland. den Islam, zerstört den Islam, zerstört anderem Avijit Roys Bücher publizierte, in seinem Büro den Islam!« Doch auch hier umgebracht. Am 12. Mai wurde der Blogger müssen sie Auf Facebook und Twitter kursieren Todeslisten, Anant Bijoy Das auf dem Weg zur Arbeit von vier maskierten Männern fürchten, getötet erst kürzlich erschien eine mit 21 Bloggern. Tatsächlich standen alle, die jetzt tot sind, auf diesen Listen. Aber mit Macheten und Beilen angegriffen, zu werden. wer sie erstellt, kann niemand sagen. Fest steht nur, dass er verblutete auf der Straße. Nur eisich eine radikalislamische Organisation, die sich »Annen Monat vorher hatte ihm die schwedische Botschaft ein Visum verweigert, das ihm das Leben sarullah Bangla Team« nennt, zu den Anschlägen bekennt. Angeblich handelt sie im Auftrag eines Kaida-Ablegers. Die Gruppe gerettet hätte. Anfang August ging der Blogger Niloy Neel zur Polizei, weil postet Fotos von den Tatorten und jubelt über jeden Toten, sie er sich verfolgt fühlte, wurde aber nicht ernst genommen. Am inszeniert einen Kulturkampf gegen die säkularen Blogger. Ihre 7. August drangen Unbekannte in seine Wohnung ein und tö- Profile werden zwar in der Regel von Facebook und Twitter geteten ihn. Wieder dienten Macheten als Mordwerkzeuge. Am löscht, doch sie tauchen meist in leicht veränderter Schreibweise 31. Oktober wurde der Verleger Faisal Arefin Deepan, der unter kurze Zeit später wieder auf. MOHAMMAD PONIR HOSSAIN / NURPHOTO / CORBIS Mit Wo r t en gegen M a c h e ten SK HASAN ALI / DEMOTIX / CORBIS; MARIA FECK (PORTRÄTS) wo sie wohnen. Ananya ist klein und zierlich, seine zarten Gesichtszüge werden von dicken schwarzen Locken umrahmt. Daneben wirkt Asif mit den sauber getrimmten Koteletten wie sein großer Bruder. Wenn er sich umdreht, tritt am Hals eine zentimeterlange Narbe hervor. Asif ist müde, die ganze vergangene Woche hatte er starke Rückenschmerzen: Es sind noch immer die Nachwirkungen des Angriffs. Was ist das überhaupt für ein Land, in dem Islamisten Jagd auf säkulare Blogger machen? Über 90 Prozent aller Bangladescher sind gemäßigte Muslime, aber es gab schon immer radikale Strömungen. Erst vor drei Jahren wurde eine islamistische Partei verboten, doch die gleichen Leute, die an ihrer Spitze gestanden hatten, machten in neuen Organisationen weiter. Etwa zur gleichen Zeit, im Frühjahr 2013, wurden endlich die verurteilt, die während des Unabhängigkeitskriegs von der Islamischen Republik Pakistan 1971 massenhaft gemordet und vergewaltigt hatten. Lebenslange Haftstrafen wurden verhängt, nach westlichen Maßstäben Gefährlicher Mut: Die Blogger Asif ein übliches Strafmaß. Für viele Nachkommen der OpMohiuddin (2) und fer waren es aber unerträglich milde Urteile: Sie forAnanya Azad (3) derten die Todesstrafe. nahmen in Blogger wie Ananya Azad und Asif Mohiuddin moBangladesch an Demonstrationen bilisierten über die sozialen Netzwerke Zehntausende, (1) gegen die den Shahbag-Platz besetzten, um zu demonstrieren. Islamisten teil, Im Gegenzug brachte eine islamistische Gruppe Hunschrieben kritische Texte und müssen derttausende auf die Straße und forderte die Todesstrafe fürchten, deswegen für die Blogger. Um die Lage zu beruhigen, machte die getötet zu werden. säkulare Regierungschefin Sheikh Hasina beiden Seiten Zahlreiche zweifelhafte Zugeständnisse. Sieben Kriegsverbrecher Kulturschaffende bezahlten ihren wurden nachträglich zum Tode verurteilt – und vier 3 Widerstand schon Blogger wurden wegen Gotteslästerung festgenommen. mit dem Leben – Einer davon war Asif Mohiuddin. unter anderem der Drei Monate lang saß er im Gefängnis, als ihn eines Verleger Faisal Arefin Deepan (4). Tages ein Mithäftling ansprach: »Erinnerst du dich an mich?« Asif schüttelte den Kopf. »Ich habe versucht, dich zu töten«, sagte sein Gegenüber. Der 22-jährige Koranschüler erklärte Asif, er habe kein persönliches Problem mit ihm, es sei aber seine religiöse Pflicht, ihn zu töten. Das habe ihm sein Imam gesagt. Asifs Angreifer kam zwar nach einigen Monaten frei. Aber nun sitzt er wieder im Gefängnis, weil er geholfen hat, den Blogger Niloy Neel zu ermorden. Obwohl es häufig zu Festnahmen und Verurteilungen kommt, hält Asif wenig von der Aufklärungsarbeit der Polizei. »Man muss eigentlich die zur Verant4 wortung ziehen, die die Aufträge erteilen: die Imame und islamistischen Autoritäten.« Doch mit denen möchte sich niemand anlegen, nicht die Polizei und erst recht nicht die Regierung: So Ananya Azad verfolgt diese Entwicklungen nun aus der Ferne. vergrault man nur potenzielle Wähler, die ebenfalls einem perSeit August vergangenen Jahres wohnt er in Deutschland, bei ei- vertierten Glauben frönen. nem Freund aus Bangladesch, der ihn hergeholt hat. Auch Asif Also kämpfen Asif und Ananya auf eigene Faust, mit Worten. Mohiuddin, so heißt der Gastgeber, hat schreckliche Erfahrungen Fast täglich schreiben sie auf Facebook gegen die Islamisten, liemit den radikalen Islamisten in seiner Heimat gemacht. Im Januar fern sich hasserfüllte Diskussionen mit ihnen. Ananya hat ein 2013 stachen ihm Unbekannte 53-mal in den Rücken, nur knapp Buch geschrieben, »Keuschheit versus Polygamie«, in dem er verfehlten sie sein Herz. Der 31-Jährige konnte aus Bangladesch die Rolle der Frau im Islam kritisiert. Er würde es gern bei der fliehen, weil ihm eine Stiftung für politisch Verfolgte ein Stipen- Buchmesse in Dhaka vorstellen, aber sein Verleger zögert: Die dium anbot. Heute bloggt er aus dem Exil über Atheismus und Morddrohungen gegen ihn häufen sich. Islamistische Gruppen Rationalismus. haben sogar angekündigt, nach Deutschland zu reisen, um Asif An einem Wintermorgen sitzen die beiden in einer Mohiuddin doch noch zu erwischen. Die deutsche PoliS. 35 Bäckerei irgendwo in Deutschland und wärmen sich die zei wisse Bescheid und beschütze ihn, sagt Asif. Denn Hände an Latte macchiato und Cappuccino. Wo genau, UNI SPIEGEL auch hier, Tausende Kilometer von Bangladesch entfernt, 1 /2016 darf hier nicht stehen, damit ihre Feinde nicht erfahren, ist er nicht sicher. Zu Besuch in der »KuzeKneipe« (rechts): Wodka und Bier im Hort des Widerstands. Ehre n a m t l i c h fe i e r n Was passiert in Uni- Städten, wenn es dunkel wird? Felix Bohr trinkt Chili-Wodka, diskutiert über »Macht und Repressionen« und steht vor verschlossenen Türen. Eines Nachts in: Potsdam. 19.45 Uhr: Die Potsdamer Nacht beginnt in BerlinKreuzberg. Dort treffe ich Moritz, einen meiner besten Freunde. Er hat in Potsdam Politikwissenschaft studiert und will mich durch diesen Samstagabend begleiten. Moritz war ein typischer Potsdamer Student: Er hat nämlich immer in Berlin gewohnt, das ja nur gut 30 Kilometer entfernt ist. Fast zwei Drittel aller Potsdamer Kommilitonen machen das so. sich bis heute wenig geändert, denke ich. Mit Potsdam verbindet man schöne Schlösser wie Sanssouci, weitläufige Parks und naturbelassene Seen, aber eher kein pulsierendes Nachtleben. Ob es überhaupt Läden für junge Menschen gibt? uns schnell an die Bar und trinken Bier. Aus den Boxen des weinrot gestrichenen Ladens dröhnt »Firestarter«, der bald 20 Jahre alte Song von The Prodigy. Wir kommen mit Svenja, Sophie und Tim ins Gespräch, die in Potsdam studieren – und hier sogar leben. Sie erzählen, dass der Pub à la Pub von rund 50 Studenten betrieben wird – ehrenamtlich. In Potsdam gebe es nur wenige Ausgehmöglichkeiten, sagt Svenja. Deshalb nähmen die Studenten ihr Nachtleben selbst in die Hand und veranstalteten zum Beispiel Quizabende oder Mottopartys. 22.15 Uhr: 21.05 Uhr: Wir erreichen den Potsdamer Hauptbahnhof und laufen ins Zentrum. Es weht ein eisiger Wind, die Stadt wirkt wie ausgestorben. Unsere erste Anlaufstation ist der 20.25 Uhr: »Pub à la Pub«, eine erstaunlich gut beAuf der Fahrt erzählt Moritz, dass er vom suchte Kneipe, die im Erdgeschoss eines Potsdamer Nachtleben eigentlich nie viel Studentenwohnheims liegt. Als wir eintremitbekommen habe, er sei praktisch im- ten, verstummen die Gespräche, Augenmer in Berlin ausgegangen. Der Dichter paare mustern uns. Warum glotzen die Heinrich Laube schrieb schon 1834, Pots- so? Liegt es an den roten Wollmützen, die dam sei »nur das Komma, das sich an das Moritz und ich heute zufälligerweise beide Wort Berlin angehängt« habe. Daran hat Dick-und-Doof-mäßig tragen? Wir setzen Wir laufen durch die leer gefegten Straßen der pittoresken Altstadt, vorbei an renovierten Altbauten und dem wiederaufgebauten Stadtschloss, das wirkt, als sei es einer preußischen Playmobil-Welt entsprungen. »Potsdam soll in altem Glanz erstrahlen«, sagt Moritz. Deshalb würden Plattenbauten, die an die sozialistische Vergangenheit erinnern, abgerissen. Eine Folge davon seien steigende Mieten, die sich Studenten nicht mehr leisten könnten – noch ein Grund mehr, nach Berlin zu ziehen. JAN PHILIP WELCHERING / UNI SPIEGEL Hunger nach dem »Geohammer«: Erst Pizza essen im »Pipasa«, anschließend Absacker in der »Bar Gelb« (rechts). 23.00 Uhr: Vorübergehen als »Rote-Mützen-FrakEin Hort des Widerstands gegen diese Ent- tion«. Na danke! Eigentlich wollen wir wicklung ist die »Kuze-Kneipe«. Sie befin- noch tanzen, doch in den beiden Studendet sich im ehemaligen Kesselhaus einer tenklubs der Stadt ist nix los: Im »Nil« ist alten Brauerei und ist Teil des Studen- heute eine Veranstaltung namens »Lesetischen Kulturzentrums Potsdam. Den bühne«, und im »Waschhaus« läuft ein verwinkelten Raum durchziehen alte Theaterstück. Gut, dann bleibt’s eben bei Mauerbögen. Wir trinken Biobier und einer reinen Kneipentour. »Geohammer«, einen Chili-Wodka, den 00.45 Uhr: uns Till serviert. Er studiert Geowissenschaften und ist Mitglied des Potsdamer Zuvor brauchen wir aber noch eine StärAStA, der sich um den Erhalt des Kultur- kung, ab zu »Pipasa«. Der Pizzabäcker zentrums kümmert. Auch Till bekommt heißt Ero und arbeitet nicht ehrenamtlich, für die Schufterei hinter dem Tresen kein sondern für echtes Geld. Gerade erzählt Geld. In den Räumen über der Kneipe er mir, dass es nach null Uhr häufig Prowerden tagsüber Studenten beraten, etwa bleme mit betrunkenen Gästen gebe, als zu BAföG oder Mietrecht; es gibt Werk- es hinter uns scheppert. Beim Aufstehen stätten, einen Theaterraum und einen ist Moritz kräftig gegen unseren Tisch geKonzertsaal. Moritz und ich sind beein- rempelt. Teller und Pizza fallen auf den druckt von so viel Engagement und be- Boden. Der Geohammer hat seine Wirstellen noch drei Geohammer – zwei für kung nicht verfehlt, denke ich. »10 Euro!«, uns, einen für Till. Dann wandeln wir sagt Ero, schiebt aber gleich hinterher: »Nur Spaß.« Wir entschuldigen uns bei leicht wankend weiter. ihm und ziehen weiter. 00.35 Uhr: Wir laufen durch die City und passieren Schaufenster, in denen »I love Berlin«-Pullis ausliegen. Dann plötzlich: Menschen! Drei Potsdamerinnen verspotten uns im kein Protzdam!« oder »Bezahlbarer Wohnraum ist die halbe Miete« steht. Dass die Mitglieder des selbst ernannten »Kneipenkollektivs« der Olga ehrenamtlich arbeiten, entlockt uns nur noch ein müdes Lächeln. Ein Mann im Kapuzenpulli monologisiert an der Bar vom »politischen Anspruch«, den sie hier hätten: Die Kneipe sei ein Schutzraum vor »Macht und Repression«. Frauenfeindliche, homophobe und rassistische Äußerungen seien hier grundsätzlich unerwünscht. Während ich denke, dass das doch eh selbstverständlich sein sollte, sagt Moritz leise: »Schade, dass es hier keinen Schnaps gibt.« Denn auch der ist verboten. Dafür wird veganer Apfelkuchen aus Foodsharing-Produkten gereicht. Wir verabschieden uns. 02.10 Uhr: Auf einen letzten Absacker gehen wir noch in die »Bar Gelb«, die sich praktischerweise im Nebenhaus befindet. Wir bestellen Drinks und lauschen noch eine Weile den melancholischen Klängen von Element of 01.15 Uhr: Crime. Dann setzen wir unsere roWir gehen in die »Olga«. An den S. 37 ten Mützen auf und laufen zurück Wänden der Kneipe hängen Pla- UNI SPIEGEL zum Bahnhof. Der Zug nach Berkate, auf denen »Wir brauchen 1 /2016 lin fährt alle 20 Minuten. e Sz en Auch wenn diese Szenen nicht darauf hindeuten: Patricks Kurzfilm trägt den Titel »Alles wird gut«. Der Nachwuchsregisseur Patrick Vollrath, 30, könnte mit seinem Film »Alles wird gut« als einziger Deutscher einen Oscar gewinnen. Der Kurzfilm erzählt, wie ein geschiedener Vater um seine Tochter kämpft. Herzlichen Glückwunsch, Patrick, du hast erst im vergangenen Jahr dein Regiestudium abgeschlossen – und jetzt könntest du einen Oscar gewinnen! Verrückt, oder? Ich bin ganz aufgeregt und euphorisch. Jedes Jahr werden die Nominierungen auf einer Pressekonferenz in Los Angeles bekannt gegeben. Als der Name unseres Films fiel, konnte ich nichts mehr denken. Ich saß allein zu Hause vor meinem Laptop und spürte einfach eine unglaubliche Freude. Ich habe dann erst mal meine Mama angerufen, und danach musste ich die ganze Zeit Interviews geben. Abends hatte ich dann Zeit, mit Freunden und dem Team zu feiern. Wie bekommt dir der plötzliche Ruhm? Was das alles mit mir macht, kann ich wahrscheinlich erst sagen, wenn der ganze Trubel vorbei ist. Ich würde mich sehr freuen, wenn mir die Aufmerksamkeit dabei hilft, meinen ersten langen Spielfilm zu realisieren. Zahlt die Academy eigentlich den Flug nach L. A. zur Preisverleihung? Nein, die zahlen gar nichts. Die denken sich: »Hey, das sind die Oscars, da wollen eh alle hin.« So ein Event ist nicht unbedingt darauf eingestellt, dass Studenten kommen. Im September war ich schon einmal in Los Angeles, als die Studenten-Oscars verliehen wurden und mein Film mit Bronze ausgezeichnet wurde. Damals hat die Academy den Flug bezahlt und uns eine Woche durch L. A. geführt. Es war spannend, das alles mal mitzuerleben, vor allem die Preisverleihung mit 800 Gästen. Das war alles perfekt organisiert. Weißt du schon, was du sagen willst, wenn du gewinnst? S. 38 UNI SPIEGEL 1 /2016 Ich glaube nicht, dass wir gewinnen werden. Deswegen habe ich mir auch nicht überlegt, was ich sage oder wo ich den Oscar hinstellen würde. Die Konkurrenzfilme habe ich mir bisher auch nicht angeschaut, ich will unseren Film nicht vergleichen. Aber ich weiß zumindest schon, was ich anziehen werde – einen Smoking. Es gibt Designer, die mir angeboten haben, ihn für mich zu schneidern. Das Angebot nehme ich gern an. Ich fliege schon eineinhalb Wochen eher hin, um die Atmosphäre mitzuerleben. Sehr aufregend, das alles. Ich glaube, Hollywood vor den Oscars ist wie Weihnachten, kurz bevor man seine Geschenke aufmachen darf. Willst du dann gleich in Hollywood bleiben? Nein, ich komme auf jeden Fall zurück nach Europa. Im Moment wohne ich in Wien. Ich fühle mich da sehr wohl und will mich erst mal mit meinem Debütfilm beschäftigen. Daran arbeite ich schon einige Zeit und schreibe gerade das Drehbuch dafür. Es geht um einen terroristischen Anschlag und die Leute, die darin involviert sind, Täter wie Opfer. VIENNAREPORT / IMAGO STOCK & PEOPLE (UNTEN); AUG & OHR MEDIEN (2) »Wie vo r We i hna c ht e n« REWE Group – eine Gruppe mit 1000 Möglichkeiten ANZEIGE Erwartungen erfüllt! Wir sprachen mit Carina Wittig über ihr Traineeprogramm in der Category Buying Nonfood der REWE Group Die 18-monatigen Traineeprogramme der REWE Group bieten Hochschulabsolventen einen interessanten Einstieg ins Berufsleben – mit erstklassigen Karriereaussichten! Carina, mit welchen Erwartungen bist du eingestiegen? Ich hatte sehr hohe Erwartungen an das Traineeprogramm, da die REWE Group zu Deutschlands Top-Arbeitgebern zählt und in der Stellenanzeige sehr viele spannende Aufgaben beschrieben wurden. Und wurden die erfüllt? Ja! Der Schwerpunkt des Traineeprogramms liegt wie versprochen in der Übernahme von Aufgaben im Rahmen von strategischen nationalen und internationalen Projek- ten. Zudem finden regelmäßig Traineeveranstaltungen statt. Mein persönliches Highlight des Programms ist bis jetzt der Auslandseinsatz in Asien. Was macht dir an deiner Tätigkeit besonders Spaß? Besonders gefällt mir die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Einkaufsbereichen und angrenzenden Abteilungen, wie die Qualitätssicherung, Nachhaltigkeit und Kommunikation. Welche Möglichkeiten hast du nach Ende des Traineeprogramms? Bevor das Traineeprogramm endet, werden Gespräche zu möglichen Einsatzgebieten geführt. Grundsätzlich stehen mir als Bereichstrainee alle Türen im Nonfood offen. Carina Wittig (28) hat ihren Master in Marktorientierter Unternehmensführung mit den Schwerpunkten Controlling, Finanzen und Marketing gemacht Weitere Informationen zur Karriere bei der REWE Group finden Sie unter www.rewe-group.com/karriere Gemeinsam nachhaltig zum Erfolg. Denn bei der REWE Group, einem der führenden Handelsund Touristikkonzerne Europas, ist Bewegung drin. Dafür sorgen unsere ca. 330.000 Mitarbeiter Tag für Tag: Sie liefern Tonnen von Waren, schicken Urlauber zu fernen Zielen oder verhandeln die günstigsten Preise. Sie halten die Welt am Laufen. Werden Sie Teil einer großen Gemeinschaft, die Großes bewirkt. Freuen Sie sich auf die Zusammenarbeit mit sympathischen Kollegen auf internationaler Ebene und erleben Sie, was Sie in unserer vielfältigen Marken- und Arbeitswelt bewegen können. Und durch individuelle Förderung bewegt sich auch Ihre Karriere, wohin immer Sie wollen. Was bewegen Sie? www.rewe-group.com/karriere www.facebook.com/ REWEGroupKarriere Du bewegst. 330.000 Mitarbeiter 523 Berufe 1 Zukunft KRISTIAN HEUER / UNI SPIEGEL; MARTIN MÜLLER / IMAGO STOCK & PEOPLE (UNTEN) e Sz en Roman Ko llektive Abrissparty Karen Duve ist unter den deutschen Schriftstellern der Ge- genwart so etwas wie die Expertin für die Leichen im Keller dieser Gesellschaft. In ihren Romanen und Sachbüchern schreibt sie darüber, was falschläuft auf dieser Welt. Aus Egoismus, aus Gedankenlosigkeit, aus Machthunger, aus Zerstörungswut. Ihr letzter Essayband hieß folgerichtig »Warum die Sache schiefgeht«. Duves neuer Roman »Macht« spielt im Jahr 2031. In einer nicht allzu fernen Zukunft also, in der all die Dinge eingetreten sind, vor denen die Autorin auch in ihren Essays bereits gewarnt hat: Die Klimakatastrophe peitscht als Sturm durch die Straßen; die Flüchtlinge aus den Elendsgegenden der Welt verenden an massiven Mauern; Genraps tüncht die ganze Landschaft in sein giftiges Gelb. In Duves Romanwelt übernehmen nun die Frauen die Macht, weil die Männer, die vorher die Regierungsgeschäfte führten, so versagt haben. Der »Staatsfeminismus« soll nun alles zum Guten wenden, doch schon randalieren Männer in der Hamburger Innenstadt und fordern die alten Privilegien zurück. Die Vorschläge, die die Frauen an der Macht nun machen, werden praktisch alle nicht umgesetzt: Ein CO2Punktekonto soll den Energieverbrauch regulieren, doch niemand ist bereit, auf Autos und Koteletts zu verzichten. Als wäre das Ende der Menschheit nur ein guter Anlass für eine letzte Abrissparty, auf der alle so gut aussehen wie nie zuvor. Denn auch die Selbstoptimierung hat ein neues Level erreicht – in Form eines Verjüngungsmedikaments, das zwar als Nebenwirkung mit hoher Wahrscheinlichkeit Krebs verursacht, aber was soll’s? Es ist ja sowieso bald alles zu Ende. Duves Roman ist schwer verdaulich, auch deswegen, weil ein äußerst unsympathischer Mann im Mittelpunkt steht, der seine Exfrau, eine ehemalige Ministerin, im Keller gefangen hält. Er legte ihr Ketten um den Hals und zwingt sie mal zum Sex und mal zum Kochen. Den Kindern, der Schwiegermutter, den Medien, der ganzen Welt erzählt der Mann, die Frau sei einfach verschwunden. Und als sein Bruder einmal unangekündigt zu Besuch kommt und sich über die neue, massive Tür im Keller wundert, die hinter einem Regal versteckt ist, lügt der Mann, er habe sich einen Schutzraum bauen lassen. Warum auch nicht? In der Welt, die Duve da beschreibt, klingt das nur sinnvoll. onats D is s d e s M ar / klar, der Febru War eh schon mas Achselhaar / O Wird grau wie , was ist geschehen / rz Doch warte ku trotz Horrorszenen / ll, to frisch / Ich fühl mich in, er strahlt so se as d nn ka Wie ung feierlich / stark / Gelöste Stimm och trotzdem d , ht ic hl sc s ag / Das Geheimni , wer’s hören m ral / ch eu es at rr y-G Ich ve ihn, den Happ u d st g ie kr h ahl / Gleic du hast die W Mach’s wie ich, lotze aus / G Laptop zu, die mt nich' mehr ins Haus / m Die Zeitung ko n, halt den Rand / ne Schau nach in ch und ausgebrannt / ei w t is in ra B Das d klar / rießt saftig un Das Leben sp n Kommentar. ne Keiner will dei Die ElectroRapper von Deichkind machen exklusiv für den UNI SPIEGEL den aktuellen Monat schlecht. S. 40 UNI SPIEGEL 1 /2016 Impressum uf? a r d u d t s Wa s h a ne-Apps elche Smartpho fw 2 5 , erklärt, au ip p S te u er, ill h P r be D er Yo u Tu kann. rzichten er nicht mehr ve N U M B E R26 F R E E L ETI CS Banken sind richtig unsexy und außerdem technisch in der Steinzeit. Die OnlineBank Number26 ist anders und setzt voll auf die junge Generation. Man kann zum Beispiel ein Konto per VideoIdentifikation einrichten – sehr fortschrittlich. Die App ist supermodern und ermöglicht mir, auch per Smartphone schnell und einfach Überweisungen zu tätigen. Nachdem ich drei Jahre lang erfolglos versucht hatte, ins Fitnessstudio zu gehen, gab ich es irgendwann ganz auf. Dennoch kann ich auf Sport nicht verzichten, und Freeletics hat mir gezeigt, wie ich problemlos zu Hause meinen Körper in Form bringen kann. Ein Coach erklärt per Video idiotensicher, was man machen muss. Das ist praktisch – und gleichzeitig superanstrengend. H EADS PAC E In meinem digitalen Alltag passiert es sehr schnell, dass mein Kopf aufgrund der zahlreichen – und oft auch sehr unnötigen – Informationen dichtmacht. Headspace hilft mir, das Chaos zu beseitigen. Statt auf abgedroschenes Yin-Yang-Karma-Gedöns setzt die App auf eine hippe Aufmachung sowie richtig gute Audioeinheiten, die mir die hohe Kunst der Meditation näherbringen. STU D I O Als YouTuber für mich unverzichtbar! Dank Studio habe ich direkten Zugriff auf meine YouTube Analytics, kann Videos planen, bearbeiten und sehen, welche gerade besonders gut auf der Plattform laufen. S NAP C HAT Ich kann nicht mehr ohne. Das Netzwerk hat durch die Nähe zu den Protagonisten mein Herz im Sturm erobert und eine sehr einfache Art des Storytelling salonfähig gemacht. Ich selbst poste täglich die unterschiedlichsten Dinge aus meinem Leben und bin gespannt, wo es mit Snapchat noch hingehen wird. Philipp Steuer, 25, wurde berühmt, weil er auf seinem YouTube-Kanal das aktuelle Tagesgeschehen kommentiert. Hunderttausende sehen ihm regelmäßig dabei zu. Gerade ist sein neues Buch »Snap me if you can« erschienen, in dem er Unwissenden die SocialMedia-Plattform »Snapchat« erklärt. SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG Abo-Service: Tel.: +49 (0) 40/3007-2700 Fax: +49 (0) 40/3007-3070 E-Mail: [email protected] Postfach 10 58 40, 20039 Hamburg Verlag und Redaktion Ericusspitze 1, 20457 Hamburg E-Mail: [email protected] Online: www.unispiegel.de Herausgeber Rudolf Augstein (1923 – 2002) Chefredakteur Klaus Brinkbäumer (V. i. S. d. P.) Stellvertretende Chefredakteure Susanne Beyer Dirk Kurbjuweit Alfred Weinzierl Redaktionsleitung Guido Kleinhubbert Gestaltung Kristian Heuer Redaktion Kristin Haug Jonas Leppin Miriam Olbrisch Mitarbeit Laura Backes Felix Bohr André Boße Francesco Giammarco Bartholomäus Grill Dmitrij Kapitelman Maren Keller Peter Neitzsch Christopher Piltz Almut Steinecke Bildredaktion Sabine Döttling Schlussredaktion Katharina Lüken Reimer Nagel Produktion Solveig Binroth Petra Thormann Dokumentation Ulrich Booms Verantwortlich für Anzeigen Norbert Facklam Anzeigenobjektleitung Petra Küsel Objektleitung Manuel Wessinghage Druck appl druck, Wemding UNI SPIEGEL wird auf Papier aus verant- wortungsvollen Quellen gedruckt. Gültige Anzeigenpreisliste Nr. 17 vom 1. Januar 2016 Mediaunterlagen und Tarife: Tel.: +49 (0) 40/3007-2493 Den UNI SPIEGEL erhalten alle Bezieher des SPIEGEL-Studentenabonnements. Vertrieb Hochschulen: Campusdirekt Deutschland GmbH, Tel. +49 (0) 921/787 78 59-0 Der nächste UNI SPIEGEL erscheint am 9. April 2016 Eine Tasse Tee, ein Teller Suppe, eine Wolldecke – wenn im Winter: Das ganze Jahr über sind die Helfer unterwegs, es draußen so kalt ist wie in diesen Monaten, können es solche um das Leben auf der Straße erträglicher zu machen – nicht Dinge sein, die Obdachlosen das Leben retten. Corinna Ruttert, nur mit Mahlzeiten und warmer Kleidung, sondern auch mit die in Düsseldorf Kommunikationsdesign studiert, hilft seit Gesprächen. Die Arbeit, die die Leute vom »gutenachtbus« 2014 dabei, dass es Menschen ohne festen Wohnsitz ein biss- und andere Ehrenamtliche leisten, wird immer wichtiger: Wie chen besser geht. Die 25-Jährige arbeitet einmal pro Woche die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe kürzlich ehrenamtlich für den »gutenachtbus«, ein hauptsächlich durch mitteilte, ist die Zahl der Obdachlosen allein von 2012 bis Spenden finanziertes Projekt der Initiative »vision:teilen« und 2014 deutschlandweit um 50 Prozent auf rund 39 000 gestiegen. der Obdachlosenzeitung »fiftyfifty«. Der Bus steht montags Auch Ruttert und ihre Kollegen merken, dass die Wohnungsbis donnerstags erst vor einer Düsseldorfer Kleinkunstbühne losigkeit zunimmt: Mittlerweile suchen jeden Abend rund 60 und dann am Hauptbahnhof. Ruttert kam über eine Kommi- Menschen den Hilfebus auf. Nach dem Dienst, gegen 0.30 litonin zum »gutenachtbus« und war sofort begeistert. Es fühle Uhr, geht Ruttert mit gemischten Gefühlen nach Hause. »Eisich »toll« an zu helfen, sagt sie: »Bei meinem ersten Einsatz nerseits freue ich mich, dass ich helfen konnte. Andererseits hatte ich eine Wärme in mir, die ich so vorher nicht macht es mich traurig, dass die Menschen, die ich geS. 42 kannte.« Anders als Einrichtungen in anderen Städten troffen habe, nicht so wie ich in einem richtigen Bett versorgt der »gutenachtbus« Obdachlose nicht nur UNI SPIEGEL schlafen können.« 1 /2016 MAX BRUNNERT / UNI SPIEGEL Studenten studieren nicht nur. Sie erschaffen Kunst, machen Erfindungen, vollbringen außergewöhnliche Leistungen und helfen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Wie die Studenten in unserer UNI-SPIEGEL-Serie. Corinna Ruttert des tin n e Stud ats Mon Studieren + SPIEGEL testen! Prämie und 63 % + L E G IE SP I N U + L 12 x DER SPIEGE sparen. Prämie zur Wahl Extra-Strom für Tablets, Smartphones & Co.! Wert: € 49,– (UVP) USB-PowerBank „Q-Pack Winner“ Tchibo Cafissimo PICCO Kapselmaschine Externer Akku für Ihre Mobilgeräte mit 6600 mAh. Mit Kapazitätsanzeige in Prozent. Aufladung einfach über den USB-Anschluss. Zuzahlung € 1,–. Mit nur einem Knopfdruck bereiten Sie dank des 2-Brühdruckstufen-Systems schnell perfekten Espresso und Caffè Crema. Mit 0,9-l-Wassertank. Zuzahlung € 1,–. Ja, ich möchte 12 x den SPIEGEL für nur € 19,90 testen, 63 % sparen + Prämie! Alles inklusive: das Sparpaket für Studenten 12 x den SPIEGEL testen LITERATUR SPIEGEL gratis 63 % Preisvorteil UNI SPIEGEL gratis Kostenfreie Lieferung Praktischer Urlaubsservice p 040 3007-2700 abo.spiegel.de/uni116 SP16-017 Gleich telefonisch oder online sichern: p gans aus ende sge tion setz n a g r O des § 2 nach s Tr a n plan ta es atum urtsd Geb weben zur Organen/Ge Spende von m Tod eine ine me ch dass na läre ich: des meinem kommt, erkrt Für den Fall, g meines To ion in Frage o r ärztlichen Feststellun hnde Transplantat Wo ch ss werden. Z,na da en , L tte mm P sta tno ge en be JA, ich /Gewebe: e ne und Gewe nder Organe rnam Körper Orga nter snahme folge e, Vo de u dies, mit Au Nam spen n ich gestatte , a JA g r gane/Gewebe: O oder n Or o e f lend folge e och nur füIrnfote Straß tte dies, jed im n. JA, ich gesta ie be oder Gewebe oder en S lt n Organen a . h 40er0 Entnahme vo n er reche 0ein gede 4 rawi rsp 0 F n: ide 9 n he ich / INe, rson entsc nlich r 0800 oder ersöNE folgende Pe 09 e p IN soll dann 4.20 mm Ihre JA oder NE fnuer 15.0 auf od RuÜb t er r n o Telefon ie Antw ührenfre eb me der g Name, Vorna nde d Gewebespe r Organ- un zu g un är kl Er Or e d n spe we i s ort PLZ, Wohn Straße nweise Besondere Hi merkungen/ Platz für An UNTERS CHRIFT D AT U M organspende-info.de organpaten.de
© Copyright 2024 ExpyDoc