Pssst! Die skurrile Angst vor Spoilern

Islamisten gegen Blogger / Zurück ins
Elternhaus / Schmollpopper im Aufwind
Pssst!
Die skurrile Angst vor Spoilern
1 / 2016
„MEINE LEIDENSCHAFT
LÄSST SICH NICHT
EINSPERREN.
UND DEINE?“
Julia – Mitarbeiterin Quality & Risk
Auf Hundetrainieren verzichten?
Keine Chance! Hunde sind mein Leben.
Mein Job bei KPMG passt da gut rein.
Hier erfährst Du mehr:
kpmg.de/reinblicke
Kollegen.
Persönlichkeiten.
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© 2016 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten.
TITELBILD: AP / DPA; LANDMARK MEDIA / INTERTOPICS; INDUSTRIAL LIGHT & MAGIC / PARAMOUNT PICTURES; F. OCKENFELS / ABC / COURTESY EVERETT COLLECTION; ALLPIX / LAIF; AP / DPA; ALLPIX / LAIF; SEITE 3: MARIA LITWA / UNI SPIEGEL
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Inha
S. 12
Doch keine Regenbogennation
In Südafrika protestieren schwarze Studenten gegen Rassismus.
S. 16
Trübe Tassen, heiß begehrt
Warum Schmollpop von Messer oder Die Nerven so angesagt ist.
S. 20
Titel: Nick Brody stirbt in Staffel drei!
Serien-Spoiler sind überhaupt nicht schlimm. Wirklich.
S. 26
Zurück nach Hause
Wie es ist, mit 32 wieder bei den Eltern einzuziehen.
S. 30
Käsebrötchen und Gute-Laune-Musik
Fünf junge Kölner touren als Karnevalsband durchs Rheinland.
S. 34
Auf der Todesliste
Islamisten in Bangladesch machen Jagd auf kritische Blogger.
S. 4
S. 8
S. 29
Intro
Campus
Anonymes Jobprotokoll
S. 36
S. 38
S. 42
10
fesselnde
Filme
auf DVD
und
Blu-ray!
Eines Nachts
Szene
Studentin des Monats
Für ein Wochenende stürzte sich UNI SPIEGEL-Autorin Miriam Ol-
brisch in den Karneval. Noch Tage später summte sie die eingängigen Gassenhauer im Büro und entdeckte in ihrer Handtasche Konfetti (Seite 30).
SPI EG E L-Redakteur Bartholomäus Grill lebt seit vielen Jahren in
Südafrika, wo Rassismus noch immer zum Alltag gehört (Seite 12). Etliche
Probleme, mit dem sich das Land plagt, sind ein Erbe der Kolonialzeit.
Wer mehr über dieses dunkle Kapitel der Weltgeschichte erfahren will,
dem sei die neue Ausgabe von SPIEGEL GESCHICHTE empfohlen.
Außerdem im Heft: Zwei Blogger fliehen nach Deutschland (Seite 34) –
und Felix Bohr fährt zum Feiern nach Potsdam (Seite 36).
COLLECTION
Ausgewählt und präsentiert
vom SPIEGEL
Bilder auf dem Cover:
Carrie Mathison aus
»Homeland« (1), Walter
White aus »Breaking
Bad« (2), Meredith Grey
aus »Grey’s Anatomy« (3),
Barney Stinson aus »How
I Met Your Mother« (4),
Tyrion Lannister aus
»Game of Thrones« (5),
Frank Underwood aus
»House of Cards« (6),
Khan Noonien Singh /
John Harrison aus
»Star Trek« (7)
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4
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7
6
S. 3
UNI SPIEGEL
1 /2016
S. 30
Bank Job · Cop Land · Dame König As Spion
Die drei Tage des Condor · Der Ghostwriter
Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel
Léon – Der Profi · Nur die Sonne war Zeuge
Unknown Identity · Vier im roten Kreis
Ab jetzt im Handel!
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Intr
A K TSA A L
»Wir waren allein und haben noch an einem Projekt gearbeitet.
Als wir fertig waren, standen wir am Fenster,
ich hinter ihm. Da zog ich ihm langsam seine Klamotten aus.«
We n n die L u st z u groß wi rd
E i ne Foto g r af ie s tu d e ntin lichte t Or te ab, an d e ne n ihre
Kommilitonen S ex hatten.
FOTOS: CHARLOTTE SCHMITZ
H Ö R SA A L
»Es war bei der Weihnachtsfeier. Wir tanzten den ganzen Abend
und kamen uns näher. Irgendwann zog ich sie aus der Menge
und ging mit ihr in den Hörsaal. Die Party ging weiter, wir hörten die
Musik, die Gespräche, direkt nebenan, aber es war uns egal.
Wir schliefen miteinander.«
S. 5
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Intr
F OTO L A B O R
U N T E R R I C H TS R AU M
»Wir mussten aufpassen, die Tür nicht
zu demolieren.«
»Wir waren auf einer Party und hatten Lust aufeinander.
Der Weg nach Hause wäre zu weit gewesen.«
F OTO S T U D I O
AT R I U M
»Am Ende fand ich es schade, dass die Tür von
außen verschlossen war. Ich hätte es
gern mit der Gefahr gemacht, erwischt zu werden.«
»Wir wollten eigentlich woandershin, aber plötzlich
küsste sie mich. Es war drei Uhr nachts, die Lichter waren
aus, und wir hatten Sex an der Glasfassade.«
Als Charlotte Schmitz die Frage das erste Mal stellte, hätte
sie nicht gedacht, was sie auslöst. Es war ein Abend mit Freundinnen, die Gläser voller Rotwein, Gelächter am Tisch, da fragte
sie: »Hattet ihr schon einmal Sex in der Uni?« Schmitz blickte in
schmunzelnde Gesichter. Am Ende gaben drei Freundinnen es
zu. Schmitz studierte zu dem Zeitpunkt an der Hochschule Han-
nover Fotografie, sie war fast jeden Tag in dem Gebäude und
wollte jetzt wissen: Was geht hier eigentlich ab, am Abend, am
Wochenende oder auch dann, wenn andere nebenan lernen? Sie
hörte sich um, fragte Freunde von Freunden. Und begann, die
Orte, von denen sie erfuhr, zu fotografieren. Als sie mit ihrem
Stativ und der Sofortbildkamera in den Gängen der Hochschule
FOTOS: CHARLOTTE SCHMITZ
FÄ R B E R AU M
»Begehrt zu werden, seine Fantasie auszuleben,
das ist wunderbar. Auch wenn
der Tisch nicht wirklich bequem war.«
stand, kamen andere Kommilitonen auf sie zu. Sie wollten wissen,
was sie da mache. Schmitz erklärte – und fragte, ob sie auch
schon einmal Sex in der Uni hatten. Einige drucksten herum, anderen rückten sofort mit einer Geschichte heraus. Am Ende kannte Schmitz 25 Orte, an den Studenten Sex hatten: Hörsäle und
Unterrichtsräume, Fotolabore und Treppenhäuser. Ihr schien es,
als hätten an fast jedem Ort der Hochschule schon Studenten
miteinander geschlafen. Ob sie glaubt, dass es an allen Universitäten so ist? »Ich denke, nicht so extrem«, sagt sie. »Unsere Hochschule liegt außerhalb der Stadt, auf dem ehemaligen Expo-Gelände. Manche Studenten sind fast eine Stunde unterwegs, bis
sie zu Hause sind. Wer möchte schon so lange warten?«
Pixel-Pazifist und
Meisterspieler:
Kyle Hinckley und
sein Avatar kamen
mit »Zero Kills«
durch das Ballergame »Fallout 4«.
Kil l e r s p i e l
ohn e Ki l l e r
Kyle Hinckley ist ein blasser Typ mit
randloser Brille, seine Ohren verschwinden unter großen Kopfhörern. So zumindest zeigen ihn die Videos, die er
auf seinem YouTube-Kanal »The Weirdist« hochgeladen hat, während er das
Computerspiel »Fallout 4« spielt. Das
ist ein brutales Endzeitrollenspiel –
Hinckley aber eigentlich ein friedliebender Typ. Doch der Gamer aus dem
US-Bundesstaat Utah wollte »Fallout 4«
gewinnen, ohne eine einzige Figur angreifen oder umbringen zu müssen,
obwohl die Entwickler des Spiels einen
sogenannten Pazifisten-Run nicht
vorgesehen hatten. »Fallout 4« ist in
einer von Atombomben zerstörten Welt
angesiedelt. Monster, Halbtote, Kriminelle und Wegelagerer greifen den
Spieler immer wieder an. Hinckley
wollte sich den Gesetzen des Spiels allerdings nicht unterwerfen. »Ich finde
es traurig, dass man kaum Optionen
hat, den Kampf zu vermeiden«, sagt der
Gamer. Bei früheren Versionen des
Spiels sei das anders gewesen. Um nicht
töten zu müssen, ließ er seine
Spielfigur vor den Angreifern
weglaufen oder hetzte die Feinde
gegeneinander auf. Allerdings
nutzte Hinckley einen Trick, der
ihm nun viele böse Kommentare anderer Spieler einbringt: Vor schweren
Aufgaben, die seine Figur lösen musste,
speicherte er ab und lud das Spiel
neu, wenn etwas schiefgegangen war.
So hat er es tatsächlich geschafft:
In 37 YouTube-Clips kann man
sich seinen Siegeszug, für den er insgesamt 35 Stunden brauchte, anschauen. Am Ende liegt der Hauptfeind
am Boden – getötet von anderen Kreaturen, die Kyle Hinckley für sich instrumentalisierte.
Hochschulfinanzierung
Ki t a s st a t t P rof s
Auf dem Papier ist es
eigentlich ein guter Deal,
den Bildungsministerin
Johanna Wanka (CDU)
für Deutschlands Studenten ausgehandelt hat. Er
trat 2015 in Kraft und
bedeutet, dass der Bund
nicht mehr nur 65, sondern 100 Prozent der
Kosten für das BAföG
trägt. Die 1,17 Milliarden
Euro, die die Landesregierungen dadurch sparen,
müssen sie eigentlich zu
zwei Dritteln an die Hochschulen leiten – das Geld
würde ausreichen, um
10 000 neue Professoren
einzustellen. Ein Jahr
nach Inkrafttreten des
neuen Gesetzes deutet
aber vieles darauf hin,
dass die Länder diesen
Teil der Abmachung nicht
erfüllen und der Geldsegen die Hochschulen in
BAföG-Entlastung
für die Bundesländer 2015,
in Millionen Euro
S. 8
UNI SPIEGEL
1 /2016
vielen Bundesländern
nicht erreicht. »Das Ziel
wurde deutlich verfehlt«,
bilanziert Brigitte Göbbels-Dreyling, stellvertretende Generalsekretärin
der Hochschulrektorenkonferenz. NordrheinWestfalen etwa spart
durch den BAföG-Deal
276,4 Millionen Euro,
doch bisher flossen 11
Millionen in Ganztagsschulen, 35 Millionen in
die schulische Inklusion
und 100 Millionen in den
Kita-Ausbau – Profiteure
waren also vor allem
Schüler und Kleinkinder,
die Studenten aber kamen zu kurz. Ähnlich ist
es in anderen Ländern:
Berlin nutzt die BAföGMillionen, um marode
Schultoiletten zu sanieren,
Schleswig-Holstein stellt
neue Lehrer ein, doch die
Universitäten gehen leer
aus. In Hamburg sollen
die Mittel schlicht die
Schulden im Landeshaus-
halt verringern – neue
Investitionen sind nicht
geplant. Für Bernhard
Kempen, Präsident des
Deutschen Hochschulverbandes, ist das »eine
politische Schweinerei
ersten Ranges«. Die Länder hätten klar erklärt,
die frei gewordenen Aufwendungen an die Hochschulen weiterzureichen.
»Schulförderung ist wichtig – aber bitte nicht aus
dem Topf für Universitäten«, sagt Kempen. Dass
es auch anders geht, zeigen Bayern, Hessen und
Rheinland-Pfalz: Dort
fließt, wie abgemacht, ein
Großteil der Mittel an die
Unis. Bei Mensen, Wohnheimen und beim Ausbau
des Beratungsangebots
brauche es dringend
Investitionen, sagt Achim
Meyer auf der Heyde,
Generalsekretär des
Deutschen Studentenwerks. »Die frei gewordenen Mittel stehen jedes
Jahr wieder zur Verfügung«, betont er. »Die
BAföG-Millionen dürfen
nicht einfach in den Haushalten versickern.«
INFOGRAFIK: MAX HEBER / UNI SPIEGEL
»Fallout 4«
pu s
Cam
Rechtsstreit
GALLERY STOCK
AS t A v s . Au f r e i ß e r
Es geht um Sexismus-Vorwürfe,
den guten Ruf eines jungen Mannes – und
eine Menge Geld. An der Universität Frankfurt ist ein Streit zwischen dem AStA und
einem Studenten aus dem Ruder gelaufen.
Hintergrund sind zwei kritische Artikel über
»Pick-up-Artists«, also Männer, die systematisch Frauen aufreißen. Ihre Methoden
sind umstritten, sie werden mitunter als
sexistisch und frauenfeindlich bezeichnet.
Auch auf dem Frankfurter Campus seien
immer wieder Studentinnen bedrängt worden, heißt es in den Texten. Einige junge
Frauen hätten sich per E-Mail an den AStA
gewandt und von Methoden berichtet, die
von »Pick-up-Artists« benutzt würden, sagt
Pauline Hoffmann von der Feministischen
Antifa Frankfurt, die die Texte mitverfasste.
Die Strategien der Aufreißer werden darin
scharf verurteilt: Sie beruhten auf »Ernie drigung und Bedrängung« von Frauen
und schlössen sogar körperliche Gewalt mit ein. So weit, so
unverfänglich – hätten die Autoren in dem Zusammenhang nicht
über einen Frankfurter Studenten berichtet, der Aufreißerseminare
anbietet. »Selbstverständlich frauen*feindlich« sei er, so steht es
im Text. Zwar nennen die Autoren nur den Vornamen, doch der
ist so ungewöhnlich, dass der Student sich erkannt fühlte – und
gegen den AStA vorging. Im Januar gab das Oberlandesgericht
dem jungen Mann recht, doch das wiederum möchten die
Studentenvertreter nicht
auf sich sitzen lassen –
sie wittern »Zensur«.
»Wir akzeptieren das
Urteil nicht«, sagt AStAVorstand Valentin Fuchs.
»Wir lassen uns
nicht
verbieten,
über Sexismus zu
schreiben.« Für dieses hehre Ziel geht der
AStA ein hohes finanzielles Risiko ein: Kommt es
zum Prozess, könnten
die Studentenvertreter,
wenn sie verlieren, auf
mehr als 10 000 Euro
Anwalts- und Gerichtskosten sitzen bleiben.
Der AStA finanziert sich
aus den Beiträgen der
Studenten. Vorstand Fuchs scheint das wenig zu stören. »Die
Studierendenschaft steht hinter uns«, sagt er selbstbewusst.
»Die Frage ist doch, wie hoch der Schaden wäre, wenn wir das
Urteil akzeptieren würden.« Dass das Gericht grundsätzlich verbot,
über den Seminaranbieter in »identifizierender Weise« zu berichten, empört das Studentengremium besonders. In einer Stellungnahme heißt es: »Letztendlich wird auf diese Weise die strukturell
sexistische Pick-up-Artists-Szene als solche legitimiert.«
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Cam
Interview
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Das
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neu
lernen
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Herr Müller, viele Universitäten
bieten Flüchtlingen gerade an,
als Gasthörer Vorlesungen
zu besuchen oder ein Probestudium zu starten. Eine
gute Idee? Für Flüchtlinge, die
in ihrem Heimatland studiert haben, ist das ein guter Start in die deutsche akademische Welt. Schließlich
waren viele monatelang auf der Flucht
und müssen das Lernen erst wieder ler-
Die Zahl
nen. Dabei helfen diese Angebote.
Aber um einen Abschluss zu bekommen, der in Deutschland anerkannt ist,
müssen sie hier ein reguläres Studium
absolvieren. Geht das denn so einfach? Um sich einschreiben zu können, muss man sich mit seiner Hochschulzugangsberechtigung und einem
Sprachnachweis an der Universität bewerben. Viele Flüchtlinge haben aber
keine Originaldokumente bei sich,
sondern digitale Kopien auf dem
Smartphone oder auf einem
USB-Stick. Die müssen erst auf
Richtigkeit geprüft werden, und
das geht nur im direkten Gespräch.
Der Bewerber muss plausibel belegen
können, dass er im Heimatland das
Abitur oder einen gleichwertigen Abschluss gemacht oder studiert hat. So
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wird er zum Beispiel gefragt, was er gelernt hat und wer die Dozenten waren.
Das wird dann – soweit es geht – abgeglichen. Manche Flüchtlinge
haben gar keine Nachweise bei
sich. Was dann? Es sind nur sehr
wenige, die versuchen, sich komplett
ohne Dokumente einzuschreiben. Für
sie gibt es standardisierte Tests, die die
Studierfähigkeit feststellen. Dabei wird
aber kein Fachwissen abgefragt, sondern es geht um den Nachweis von
logischen und intellektuellen Fähigkeiten. Es ist auf jeden Fall komplex,
herauszufinden, ob jemand ein Studium bestreiten kann oder nicht. Wir
sollten verhindern, dass Menschen an
die Unis kommen, die den Anforderungen nicht gewachsen sind. Das gilt
auch für Flüchtlinge.
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UNI SPIEGEL
1 /2016
PATRICK SEEGER / DPA
Unter den Flüchtlingen, die in den
vergangenen Monaten nach Deutschland kamen, sind auch Tausende, die
studieren wollen. Christian Müller,
Leiter der Abteilung Strategie beim
Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), erklärt, welche Hürden sie dafür überspringen müssen.
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Sie werden »Born Frees« genannt, aber in Wahrheit
leiden Südafrikas schwarze Studenten noch
immer unter Rassismus. Jetzt begehren Tausende auf –
und schrecken auch vor Gewalt nicht zurück.
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Von BARTHOLOMÄUS GRILL (Text)
und BOB LONDON (Illustration)
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üdafrika soll ein Vorbild sein? Eine »Regenbogennation«, die den Rassismus abgeschüttelt hat? Der Beweis dafür, dass
Versöhnung möglich ist und Weiß und
Schwarz friedlich zusammenleben können? Panashe
Chigumadzi, 24 Jahre alt, kann das Gerede nicht
mehr hören. Für die junge Schriftstellerin und Journalistin klingt das alles wie ein schlechter Witz –
und sie nutzt jede Gelegenheit, das kundzutun.
»Wir können klar und deutlich unsere Verachtung für die ›rainbow nation‹ ausdrücken«, sagt sie
während einer Vorlesung an der Universität Witwatersrand in Johannesburg. Unter der bunten
Oberfläche habe sich rein gar nichts verändert: Da
schimmerten noch immer die alten Verhältnisse
aus der Zeit der Apartheid durch, da gebe es weiterhin das tiefe Misstrauen zwischen Schwarzen
und Weißen, ruft Chigumadzi den Hochschülern
entgegen. Jeder im Land spüre doch, dass der
Rassismus wieder zunehme und die Zeit unter dem
legendären Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela nur eine kurze Atempause
gewesen sei.
Panashe Chigumadzi spricht aus, was ihre Generation denkt. Man nennt sie und ihre Altersgenossen »Born Frees«, weil sie noch Kleinkinder waren oder erst nach der offiziellen Abschaffung der
Rassentrennung 1994 geboren wurden. Doch der
Name ist eine Mogelpackung, denn die sozialen Gegensätze sind noch immer fast genau so extrem wie
in den finsteren Zeiten der Segregation. Die Minderheit der Weißen genießt einen üppigen Wohlstand – und die überwältigende Mehrheit der
Schwarzen ist arm geblieben und wartet vergebens
auf das bessere Leben, das ihnen versprochen wurde.
Das kann man auch ablesen am sogenannten GiniIndex, mit dem Einkommensunterschiede gemessen
werden: Zwei Jahrzehnte nach der Wende zählt Südafrika danach zu den ungleichsten Gesellschaften
der Welt.
Die schwarze Bevölkerung nahm das lange
klaglos hin und ließ sich vertrösten. Doch nun
begehren desillusionierte junge Menschen wie
Panashe Chigumadzi auf, weil sie sich von der
korrupten und unfähigen Regierung unter dem
schwarzen Präsidenten Jacob Zuma um ihre Zukunft betrogen sehen.
Sie werfen der neuen Elite vor, die eigenen Ideale
verraten zu haben. Sie protestieren gegen ein elitäres
Bildungswesen, das Nichtweiße benachteiligt:
Schwarze, die auf dem Papier die Hochschulzulassung haben, kommen in der Regel aus ärmeren Familien und können sich die hohen Studiengebühren
nicht leisten. Fast alle Dozenten sind weiß, die Lehrinhalte sind nach wie vor auf die alten Machtverhältnisse zugeschnitten. Und deshalb fragen viele
afrikanische Studenten, warum auch in der Demokratie das alte Herr-Knecht-Verhältnis ungebrochen
fortdauert – so, wie das in den letzten dreieinhalb
Jahrhunderten war: Die Weißen herrschen, die
Schwarzen müssen dienen.
Seit Monaten macht sich der Zorn der Jugend
in militanten Protesten Luft, an den Schulen und
Hochschulen brodelt es. Barrikaden brennen, Denkmäler stürzen, Vorlesungen werden gesprengt. Auch
jetzt, zu Beginn des neuen Semesters, geht der Widerstand weiter: Zehntausende Studenten fordern
ein gerechtes Bildungssystem und die Abschaffung
S. 13
UNI SPIEGEL
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Panashe Chigumadzi
kämpft für eine neue Black-ConsciousnessBewegung.
der Studiengebühren; weil sie nicht zahlen wollen, und mutierte, wie sie sagt, zu einer »Kokosnuss«:
verweigern sie die Einschreibungen und blockieren außen braun, innen weiß. Dieser Ausdruck wird in
die Unis. Der Staat schickt Polizeieinheiten, die den Südafrika als Schimpfwort gebraucht. Kokosnüsse,
geordneten Lehrbetrieb garantieren sollen.
das sind Angehörige der angepassten schwarzen
Es ist vermutlich die größte Protestwelle seit Mittelschicht, die gewissermaßen eine Pufferzone
dem Schüleraufstand von Soweto, der im Jahr 1976 zu den radikalen Schwarzen bilden. Aus der Sicht
das Ende der Apartheid einleitete. Und weil sich der Weißen sind es die Onkel Toms, die »guten Nedie Studenten vielerorts mit unzufriedenen Arbei- ger«. Für Chigumadzi ist »Kokosnuss« ein Wort,
tern verbünden, fürchtet die Regierung eine Art das die Selbstentfremdung der Afrikaner beschreibt.
zweite Befreiungsbewegung. Sie richtet sich gegen »Wir bewegen uns in Räumen, die nicht unserem
die schwarzen Machthaber – und gegen die Welt- Schwarzsein entsprechen.«
sicht der Weißen, die in der Post-Apartheid-GesellSie führen eine Art Doppelleben: Sie sind stolz
schaft nach wie vor alles bestimmt: die kulturellen auf ihr Land, aber wenn etwa die von Weißen doNormen und Leitbilder, die Verteilung der Zukunfts- minierte Rugby-Nationalmannschaft spielt, jubeln
chancen, die Bildungsziele.
viele dem Gegner zu, bevorzugt dem Team der All
Panashe Chigumadzi sagt, es gehe jetzt um die Blacks aus Neuseeland: Das hat mehr indigene
»Dekolonialisierung der Regenbogennation«. Sie Spieler in seinen Reihen. Und wenn zu festlichen
habe eine tiefe innere Befriedigung empAnlässen die mehrsprachige Nationalhymne
funden, als die Statue von Cecil Rhodes
erklingt, singen sie die dritte Strophe (in
auf dem Campus der Universität von
Afrikaans) und die vierte (in Englisch)
Kapstadt mit Kot beworfen wurde,
nicht mit. Sie lesen wieder die Klasbekennt sie.
siker des Befreiungskampfs: Frantz
Cecil John Rhodes, der britische
Fanon, Amílcar Cabral, Robert ManErzkolonialist, verkörpert wie kein
galiso Sobukwe. Manche lehnen sogar
Zweiter die Eroberung und PlünKontakte zu weißen Altersgenossen ab,
derung Afrikas. Überall im südlium sich keinerlei subtilen rassistischen
chen Afrika erinnern Denkmäler
Kränkungen auszusetzen. Solche Verund Ruhmeshallen an ihn, eine Uniwerfungen zeigen den Zwiespalt, in dem
versität trägt sogar seinen Namen. In
sich junge schwarze Südafrikaner
England wird Rhodes bis heute verbefinden. Sie stehen am Ende
ehrt, die schwarzen Studenten Süddes Regenbogens und suchen
afrikas hassen ihn. Ihre Hashtagnach einer neuen kulturellen
Kampagne #RhodesMustFall hat
Identität.
im ganzen Land einen regelrechPanashe Chigumadzi ist
ten Bildersturm ausgelöst. Devise:
durch die Analyse ihrer Generation
Schluss mit der Verehrung eines Mannes,
ein bisschen berühmt geworden. Ihre Vorder für ein perfides koloniales Wertesystem steht, lesung wurde in den sozialen Medien als Meilenstein
das die »Eingeborenen« zu Menschen zweiter Klasse zu einer neuen Black-Consciousness-Bewegung gedegradiert.
feiert. Am Ende sagt Chigumadzi: »Egal, wie hart
Dieses System gelte bis heute, sagt Chigumadzi. wir arbeiten oder wie gut wir sprechen, wir werden
Man könne als Afrikaner oder Afrikanerin nur auf- immer Schwarze bleiben.« Was es jetzt brauche, sei
steigen, wenn man sich seinen Regeln unterwerfe. »die mentale Befreiung«.
Wenn man sich weiße Vornamen gebe, weiße VerAuch symbolische Aktionen sind Teil dieser Behaltensmuster annehme, die weißen Sprachen Eng- freiung. Am 9. April vergangenen Jahres wurde die
lisch und Afrikaans spreche – und dabei die eigene Bronzestatue von Cecil Rhodes vom Campus der
Kultur verleugne. Der Anpassungszwang geht bis Universität Kapstadt entfernt. Man sah an diesem
zur Haartracht. Afrolook? Dreadlocks? Das ist in Tag Tausende schwarze Studenten so freudig tanzen,
Südafrikas Schulen unerwünscht – obwohl die als hätten sie gerade ein Gespenst der Vergangenheit
Mehrzahl der Schüler dunkelhäutig ist.
ausgetrieben. Es waren übrigens auch weiße StuChigumadzi hat das am eigenen Leib erfahren: denten und Professoren darunter, und für einen AuIhre gute Bildung war ein Privileg und zugleich eine genblick schien es, als leuchte der Regenbogen noch
Qual. Sie musste einen Teil ihrer Identität aufgeben einmal kurz auf.
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UNI SPIEGEL
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ANZEIGE
Top-Nebenjob
bei einem Top-Arbeitgeber
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ie Schule ist aus – das bedeutet frei und unabhängig
sein. Für einige heißt es nun, ins Studium zu starten,
sich einzuschreiben und ein WG-Zimmer zu suchen.
Dabei sollte man auch auf seine zukünftigen Ausgaben achten.
Denn durch ein Studium entstehen Kosten, die beispielsweise
durch das staatliche BAföG oder die Eltern aufgefangen
werden können. Trotzdem reicht das manchmal nicht aus,
sodass am Ende des Monats eine Null oder sogar ein Minus
auf dem Konto zu sehen ist. Da sind zusätzliche Einnahmequellen wie eine nebenberufliche Tätigkeit gefragt.
Freie Zeiteinteilung und gutes Gehalt –
ein Muss für Studenten
Als Vermögensberater zu arbeiten, ist beispielsweise ein optimaler Nebenjob für Studenten, da sich die Berater mit ihren
Kunden meist abends oder am Wochenende treffen. Damit
lassen sich Uni und Job bestens unter einen Hut bringen.
Wenn gerade Prüfungen anstehen, kann man einfach kürzer
treten, sodass genügend Zeit zum Lernen bleibt. Und auch
die Bezahlung erfolgt flexibel: Im Gegensatz zu manchem
Aushilfsjob kann man durch den eigenen Einsatz sein Gehalt
selbst bestimmen. Hinzu kommt, dass bei der DVAG mit einer
modernen technischen Ausstattung beraten wird. So gehört
das iPad im Job schon fast zur Grundausstattung.
Erfahrungen für später sammeln
Die Studierenden werden vom ersten Tag an direkt in die
Praxis integriert. Zunächst unterstützen sie die hauptberuflichen Vermögensberater dabei, Daten aufzunehmen
und Beratungsgespräche vorzubereiten. Danach begleiten
sie die Finanzcoaches, die sich individuell um alle Fragen
zu Absicherung und Vorsorge kümmern, zu ihren Kunden.
Das aufgebaute Wissen kommt nicht nur den Kunden, sondern
auch einem Selbst zugute, wenn es um die Entscheidung für
sichere Geldanlagen und eine maßgeschneiderte Altersvorsorge geht.
Schon während des Studiums Erfahrungen im Berufsleben
zu sammeln, ist also Gold wert. Und auch die aufgebauten
Kontakte können später bei der Suche nach einem Arbeitsplatz nützlich sein.
Mehr über die Zukunft als Vermögensberater/-in bei einem
der Top-Arbeitgeber Deutschlands: www.dvag-karriere.de
Tipps für Studenten: Darauf sollte man bei der Jobsuche achten
. Zeit zum Lernen: Einen Job nur annehmen, wenn die Arbeitszeiten mit den Vorlesungszeiten nicht kollidieren.
. Flexibel bleiben: Um in den Klausuren zu glänzen, sollte die Arbeitszeit während der Prüfungsphasen notfalls
auch reduziert werden können.
. Erfahrungen: Die Arbeit sollte etwas für das spätere Berufsleben bringen.
. Bezahlung: Da die Zeit zum Geldverdienen meist eher knapp ist, sollte der Job gut bezahlt sein.
Vertonte
Angst
»Messer«,
»Karies« und
»Die Heiterkeit«
singen ätzende
Texte und sind
das Gegenteil
von Gute-LauneBären. Kein
Wunder, dass
SchmollpopBands wie sie
in diesen
Krisentagen so
durchstarten.
Von André Boße
S. 16
UNI SPIEGEL
1 /2016
»Es ist s o s chwer
aufzustehen,
we nn man einfach nicht
mehr wei ß , wof ür.
Und es ist s o s chwer,
aus dem Haus zu gehen,
wenn man weiß,
kein Weg f ü hr t mehr
z u r ück z u d i r.«
Isolation Berlin, aus »Schlachtensee«
NO
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CH
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Berlin«. Das Lied »Aquarium«
ist schon ein wenig älter und
war sofort sehr beliebt, weil
Bamborschke und seine Band
beim Publikum einen Nerv
trafen. Alles scheint erhitzt zu
sein in diesen Krisentagen:
die sozialen Medien, die politische Stimmung, die ganze
Gesellschaft. Da tut es gut,
einfach mal traurig zu sein
und zu den Fischen zu gehen,
ins fahle Licht und in die kühle Stille des Aquariums.
Nun erscheint das erste
Album der Gruppe, es heißt
»Und aus den Wolken tropft
die Zeit«. Auch auf den neuen
Liedern klingt Tobias Bamborschke mal müde, mal genervt. Mal schmollt, mal
quengelt er. Oft macht er alles
zusammen. Wer gut gelaunte
Nachbarn hat, die in ihren
WGs gern laut feiern und es
dann auch noch geil finden,
nachts um halb vier Helene
Fischers Hymne »Atemlos
»D en n es g ibt e tw a s
i n m ir,
das br auchst du gar
nicht wiss en.
Und du w i rst e s n i e
e r f a h re n , w i rst e s n i e
er fa hren müss en.«
Messer, aus »Es gibt etwas«
MA
N
UE
L
G
EH
R
K
E
I
m Berliner Zoo
schleicht ein junger
blasser Mann herum.
Er interessiert sich
nicht für die Löwen, lässt die
lustigen Erdmännchen links
liegen. Auch die Paviane mit
ihren roten Hintern sind ihm
egal. Den jungen Mann zieht
es ins Schattenreich des Zoos,
ins abgedunkelte Aquarium.
Langsam trottet er von
Glaskasten zu Glaskasten,
betrachtet mit heruntergezogenen Mundwinkeln das
trübe Wasser und seine stillen
Bewohner. Und dann singt
er sein Lied: »Immer wenn
ich einsam bin, geh ich ins
Aquarium und besuch die
Goldfischkönigin / Im grünen
Glas sehe ich mein Gesicht,
die Fische schauen trostloser
als ich.«
Der traurige Kerl trägt
den Namen Tobias Bamborschke und ist Sänger und
Texter der Band »Isolation
durch die Nacht« aufzulegen,
»Glasperlenspiel« oder Sängesollte sich diese Platte zulegen: rinnen wie Namika, die direkt
Die vertonte Tristesse von Lie- aus einem Urlaubskatalog entdern wie »Fahr weg« oder
sprungen sein könnten: Alle
»Schlachtensee« ist der perfek- klingen so positiv und superte Gegensoundtrack für die
emotional, als sei die Rettung
nimmermüden Gute-Launeder Erde nur eine enge UmBären.
armung entfernt, als helfe der
Nun könnte man denken,
große Zeh im warmen Meer
die Musik von Isolation Bergegen jede Art von Weltlin sei nur etwas für ein paar
schmerz.
introvertierte Schmolllippen
Die Nerven treffen die
aus der Hauptstadt. Doch weit Stimmung derer, die das ganz
gefehlt: Die Band steht vor
anders sehen. »Keine Lösung,
dem Durchbruch, die Leute
kein Problem«, singt Julian
sind ganz heiß auf die trüben
Knoth im Lied »Hast du was
Tassen. Hinzu kommt, dass
gesagt?«. Das ist ja gerade das
Isolation Berlin längst nicht
perfide an dieser Zeit: dass
die einzige Band ist, die
man nicht weiß, wo die Prodeutschsprachige, mies gebleme anfangen, ob sie überlaunte, aber brillant konzipier- haupt mal aufhören und
te Rockmusik spielt. Auch
wie sie entstehen. Wie soll
Gruppen wie »Die Wirklichman mit diesem Umstand
keit« aus Solingen, »Das
umgehen? Die Nerven
eNde« aus Hamburg oder
entscheiden sich für Gi»Karies« aus Esslingen widtarrenlärm und übel gemen sich ihrem Griesgram –
launte Poesie. Erstauneinige verträumt, andere pun- lich: Die Musik der Band
kig krachend.
kommt auch in England
Spätestens seit vergansehr gut an. Deutsche Gigenem Jahr dürfte auch die
tarrengruppen erhalten
Stuttgarter Band »Die Nerdort eigentlich nur sehr selven« bundesweit bekannt sein, ten eine Chance; die miesedie mit ihrer ersten Single
petrigen Nihilisten aus Schwa»Sommerzeit, Traurigkeit« die ben dagegen bekamen Ende
Richtung vorgab: immer
vergangenen Jahres exzellente
schön in Richtung Depression. Kritiken.
Zu den ätzenden Worten, die
In der englischen Presse
Die Nerven so auf Vinyl bantauchte immer wieder der Benen, schellen die Gitarren in
griff der »German Angst« auf,
den Ohren, als würde man die ein altes Stereotyp der Briten
Nervenstränge mit Schmirgel- und Amerikaner, das ein für
papier behandeln. Sänger
Deutschland typisches diffuJulian Knoth klingt dabei wie
ses Unwohlsein beschreibt.
ein total unmotivierter StuMan darf die »German Angst«
dent, der schlecht vorbereitet
auf die Müllhalde der blödesund verkatert am Freitagten Vorurteile werfen. Man
morgen ein Referat halten
kann diese Beschreibung aber
soll: Dieser Stimme geht alles
auch positiv deuten – nämlich
auf den Geist, aber sie muss
dann, wenn aus Angst und
da durch. Und manchmal, da
verwandten Gefühlen wie
schreit sie auch.
Schuld oder Schwarzmalerei
Klingt furchtbar? Nein!
eine kreative Energie entsteht.
Klingt super. Auch Die NerGäbe es die Filme von Rainer
ven sind ein fantastisches Ge- Werner Fassbinder oder Osgengift zu der penetranten
kar Roehler ohne dieses
Art von deutschsprachiger
Angstgefühl? Die Bücher von
Musik, die heute die Charts
Uwe Johnson oder Heinrich
bestimmt. Ob MainstreamBöll? Oder eben die Musik
helden wie Andreas Bourani,
von Isolation Berlin oder Die
Befindlichkeitstruppen wie
Nerven?
»D u siehst ve r t ro ck net
aus und kommst,
wei l i ch d i ch br auch.
Komm, wäss ere mich
mit einer Träne von dir.«
Die Heiterkeit, aus »Wässere mich«
» Ich mach d e n Mund
auf , z ä h l d i e Nar b e n ,
meine Fr isur stör t mich
un heim lich.
Meine Haut juckt,
die Veränder ung lässt
mich ka lt . Die ganze
St adt ist ein Problem,
das mich stör t.«
Die Nerven, aus »Dreck«
Der Sänger und Künstler
Hendrik Otremba aus Münster ist Experte darin, das Gefühl von Angst und Orientierungslosigkeit zu Kunst zu
machen. Seine Band heißt
Messer und hat bislang zwei
Alben veröffentlicht: »Im
Schwindel« und »Die Unsichtbaren«. Das dritte Werk
entsteht gerade, es soll weniger laut zugehen – aber genauso düster. Es gibt Lieder
mit Titeln wie »Das Versteck
der Muräne« oder »Die kapieren nicht«. Beim Stück
»Mutmaßungen über Hendrik« auf seinem Debütalbum
sich in der musikalischen Eiswelt von Messer verkühlen.
Dass sie sich plötzlich sehr
nach Musik von Farin Urlaub
oder Jan Delay sehnen. Aber
sobald man sich damit die
beschreibt Hendrik Otremba
Beine und das Gemüt etwas
eine Person mit den Worten:
locker gemacht hat, kehrt
»Kaputte Arme, zerschundene man immer wieder zurück ins
Knie, eine Träne im Auge
Schattendasein der neuen
und manchmal einen im
deutschen Schmollpopper.
Tee.« Otremba malt die
Besonders ihre offene RatCover der Messer-Platten
losigkeit spendet Trost: Man
selbst, zu sehen sind Porträts
fühlt sich in einer Zeit wie
von Menschen, die so weit
dieser von Orientierungslovon einem Lächeln entfernt
sen sehr viel mehr verstanden
sind wie Thorsten Legat vom
als von lautstarken MeinungsTrainerjob bei Bayern Münposaunen, die schnelle Antchen: eine rauchende Frau,
worten bieten, obwohl sie
ein trauriger Mann mit Hut,
nicht einmal die Frage verein Ignorant, der sich
standen haben. DaS. 19
abwendet.
rum kamen die 100
Es kann vorkom- UNI SPIEGEL Fragen von Jan Böh1 /2016
men, dass Zuhörer
mermann nach den
Attentaten von Paris ja auch
so gut an.
Das Schmollen ist übrigens keine reine Jungssache.
Aus Hamburg kommt die
Band Die Heiterkeit – drei
Mädels mit einem sehr eigenen Ironiebegriff. Nie zuvor
hat man so traurig-vertrottelte Lieder gehört, das wunderbare Stück »Die ganzen müden Pferde« transferiert die
Symptome der erschlafften
Gesellschaft auf den Reiterhof.
Auch Die Heiterkeit, die sich
sehr direkt auf die deutsche
Schwermutskönigin und Velvet-Underground-Stimme
Nico bezieht, bringt in diesem
Jahr ein neues Album heraus.
Es darf also weiter geschmollt
werden. Allein zu Haus, im
Pferdestall – oder im Aquarium.
Homeland:
Carrie muss ansehen, wie Brody stirbt.
!
g
n
u
t
h
c
A
Dieser
Te x t e n t h ä l t
Sp oi ler
für »Breaking Bad«,
»Game of Thrones«, »Homeland« und etliche
andere Serien oder Filme. Wer ihn liest, geht also ein
Risiko ein – erfährt aber auch, wa
rum unser Autor
Francesco Giammarco die ganze Geheimniskrämerei
für total übertrieben hält.
SHOWTIME
A
m Ende von »Breaking Bad« stirbt Walter White. Mit diesem Satz macht
man sich keine Freunde. Er ist ein Spoiler. Wer die beliebte US-Serie um die
Wandlung des krebskranken Chemielehrers zum Kriminellen gerade schaut,
kennt jetzt eine Pointe, die er vorher vermutlich nicht wissen wollte.
Eine gewöhnliche Reaktion darauf reicht von Empörung über Aufregung bis hin zu
Zorn. Kommt darauf an, wie sehr einen das Serienfieber gepackt hat.
Die Sehgewohnheiten der Zuschauer haben sich verändert – und damit auch das
Risiko, entscheidende Plots früher zu erfahren. Serien werden nicht mehr gemeinsam
im Wochenrhythmus geschaut, sondern jeder zieht sich einzelne Teile in seinem eigenen
Tempo rein. Die Verbreitung von Mediatheken, Streamingdiensten und digitalen Videorekordern hat es möglich gemacht. Niemand muss mehr warten, wenn er die Spannung bis zur nächste Folge nicht mehr aushält. Das ist praktisch, erhöht aber auch die
Zahl der potenziellen Verräter.
Die Gefahr von Spoilern lauert an jedem Ort: im Supermarkt und im Hörsaal, in
der S-Bahn oder beim Spaziergang. Es werden Handlungsstränge ausgeplaudert, Staffel-Finals verraten, Serientode verpetzt. Von Fremden, Freunden oder der eigenen
Familie. Überall herrscht Spoiler-Paranoia. Auch als dieses Thema in der Redaktion besprochen wurde, gab es einen Aufschrei. Jemand erwähnte nebenbei, dass Nick Brody,
eine Hauptfigur aus der Serie »Homeland«, die dritte Staffel nicht überlebt. Ein Kollege
schaute gerade die zweite Staffel – und fand das überhaupt nicht witzig.
Klar, Spoiler sind ärgerlich. Aber es wird höchste Zeit, sich wieder zu beruhigen.
Denn Spoiler sind im Grunde überhaupt nicht schlimm – sondern haben vielleicht
sogar etwas Gutes.
Schließlich bestehen Serien ja nicht nur aus einem einzigen dramaturgischen Detail
oder einem Geheimnis, das in der letzten Folge aufgelöst wird, sondern aus vielen
Dingen: Bildern, Musik, schauspielerischer Leistung. Aus komplexen Protagonisten,
bei denen es nicht nur um die Frage geht, wie sie enden – sondern auch, wie sie sich
entwickeln und was sie auf dem Weg zu ihrem Ende erleben.
Walter White aus »Breaking Bad« ist da ein gutes Beispiel. Auch wenn man weiß,
dass er am Ende stirbt, hat man noch lange keine Ahnung, wie sich die Beziehung zu
seiner Frau Skyler oder die zu seinem Komplizen Jesse Pinkman im Laufe der Zeit entwickelt. Im Grunde weiß man nichts von dem, was die Serie ausmacht. Und dass White
S. 21
UNI SPIEGEL
1 /2016
Wiss en
ist
Mac h t .
Fünf
Fakt en
üb e r
Sp o il er.
1
Eine der frühesten
Verwendungen des
Begriffs Spoiler findet
sich im US-Satiremagazin »National
Lampoon«. Im April
1971 druckte die
Redaktion einen
Artikel, der nur aus
Spoilern bestand.
Damit die Leser nicht
mehr ins Kino gehen
mussten, wurden
Geheimnisse aus den
Filmen »Der Pate«,
»Zauberer von Oz«
und Alfred Hitchcocks
»Psycho« verraten.
»Spoiler! Sie sparen
Zeit und Geld«,
schrieb der Autor.
stirbt, ist ohnehin seit der ersten Folge ziemlich klar: Da bekommt er von seinem Arzt
die Diagnose, an Lungenkrebs zu leiden. Das Ende des Protagonisten ist an sich also
keine Überraschung, wohl aber die zahlreichen Twists und Wendungen davor.
2011 fand eine Psychologiestudie der University of California in San Diego Hinweise
dafür, dass manche Zuschauer Geschichten sogar mehr genießen, wenn sie wissen, wie es
ausgeht. Testpersonen sollten verschiedene Erzählungen lesen, und sie bevorzugten zu
großen Teilen jene, die vorher gespoilert wurden. Warum? Die Wissenschaftler konnten
nur vermuten: Zu wissen, wie es ausgeht, macht es dem Gehirn wohl einfacher, auch
Details besser zu erkennen und deswegen viel tiefer in eine Geschichte einzutauchen.
Wenn Spoiler Geschichten kaputt machen würden, könnte man keinen Film zweimal
sehen. Dabei werden manche Filme beim zweiten Mal sogar interessanter. Zum Beispiel
»Fight Club«. Das ist ein Film, der beim zweiten Sehen fast mehr Spaß macht als beim
ersten. Wenn man weiß, dass Tyler Durden und der Erzähler dieselbe Person sind, sieht
man plötzlich Dinge, die man vorher nicht gesehen oder verstanden hat.
Nun sind Film- und Serienfans widersprüchliche Leute. Einerseits möchten sie
unbedingt wissen, wie eine Handlung weitergeht. Sie diskutieren, spekulieren, versuchen,
Hinweise zu deuten, beim Netflix-Abend auf der Couch und auch im Netz. Andererseits
reagieren sie überaus empfindlich, wenn sie wirklich etwas erfahren. Wie Kinder, die
vor Heiligabend schon herausfinden, welche Geschenke an Weihnachten unter dem
Baum liegen. Die Spannung ist weg.
Daraus hat sich eine regelrechte Spoiler-Paranoia entwickelt, die mitunter zu bizarren
Situationen führt. Neulich saß ich mit Freunden in einem Restaurant. Wir sprachen
über »Black Mirror«. Die britische Science-Fiction-Miniserie zeigt in jeder Folge eine
andere Zukunftsvision unserer Gesellschaft. Es geht darum, wie Technik den Menschen
beeinflusst, wie das ständige Starren auf Bildschirme unser Verhalten verändert. Am
Ende der ersten Folge hat der britische Premierminister bizarrerweise Sex mit einem
Schwein.
Meine Freunde hatten bereits alle Staffeln gesehen und wollten, nein, mussten über
die Serie sprechen. Ich kannte zu diesem Zeitpunkt nur die erste Folge. Meine Freunde
tauschten verräterische Blicke aus, dann sahen sie mich an – und forderten mich auf,
kurz wegzuhören. So saß ich also da: ein erwachsener Mann in einem Restaurant in
Kreuzberg, der sich die Ohren zuhielt und leise vor sich her summte, während sich die
anderen am Tisch unterhielten. Das Ganze hätte selbst eine Szene aus »Black Mirror«
sein können. Lächerlich, ich weiß.
Um zu sehen, welche merkwürdigen Formen die Angst vor Spoiler annimmt, kann
man auch einen Blick ins Netz werfen: Ein Jugendlicher aus den USA schrieb vor
Kurzem etwas über den neuen »Star Wars«-Film auf Facebook. Einer seiner »Freunde«
empfand das als Spoiler – und schickte dem Jungen ein Foto von sich und einer halbautomatischen Pistole. Dazu die Nachricht: »Ich werde Dich finden«. Am nächsten Tag
blieb die Schule des Jugendlichen geschlossen – und der Typ mit der Knarre wurde verhaftet.
Auch bei Produzenten und Schauspielern nimmt der Umgang mit Spoilern inzwischen absurde Züge an – bis hin zu handfesten Lügen. Nach der letzten Staffel »Game
of Thrones« etwa sagte Kit Harington, sein Charakter werde in der nächsten Staffel definitiv nicht zurückkehren. Was irgendwie logisch klang, schließlich wurde Jon Snow
in der letzten Folge in eine Falle gelockt und abgestochen. Doch es dauerte nur ein paar
Wochen, bis Fotos von den Dreharbeiten der nächsten Staffel im Netz auftauchten. Und
siehe da: Jon Snow war wieder dabei.
Anderes Beispiel: Vor der letzten Staffel »How I Met Your Mother« wurde bekannt,
dass die Schauspielerin Cristin Milioti die Mutter spielen würde, von der die Hauptfigur
S. 22
UNI SPIEGEL
1 /2016
2
Der Kabarettist Wolfgang Neuss verriet
1962 per Zeitungsannonce den Mörder in
einer damals beliebten
Fernsehkrimi-Reihe.
Neuss wollte, dass die
Leute seinen eigenen
Film guckten. Die
Zuschauer schickten
ihm daraufhin Morddrohungen, die »Bild«Zeitung nannte ihn
»Vaterlandsverräter«.
5
3
Als Alfred Hitchcock
»Psycho« drehte, wollte er sein Publikum vor
Spoilern schützen.
Dumm nur, dass
Hitchcocks berühmter
Film auf einem Buch
basiert. Was tun?
Hitchcock versuchte,
alle Exemplare des
Romans aufzukaufen,
die noch auf dem
Markt waren – mit
mäßigem Erfolg.
4
Im Londoner St Martin's Theatre geht
der Hauptdarsteller
nach der traditionellen
Vorstellung des Kriminalstücks »Die Mausefalle« von Agatha
Christie jedes Mal auf
die Bühne und bittet
das Publikum, niemandem zu verraten, wer
der Mörder ist. Auch
die Presse hält sich
daran. Diese Tradition
gibt es schon seit der
Uraufführung 1952.
Fight Club:
Tyler Durden und der Erzähler sind dieselbe Person.
Der Streaming-Dienst
Netflix bietet online
eine Art SpoilerRoulette. Drückt man
auf einen großen roten
Knopf, zeigt die Seite
zufällig ausgewählte
Szenen aus Filmen
und Serien, die entscheidende Details
des Plots verraten.
Die User können entscheiden, welche
Twists noch als
Spoiler einzustufen
sind oder bereits in
der Öffentlichkeit diskutiert werden dürfen.
How I Met Your Mother:
Die Mutter, gespielt von Cristin Milioti, wird
krank und stirbt.
...
überlebt
eine tödliche
Attacke.
...
stirbt bei
einem
Autounfall.
...
wird zum
Mörder.
JEROD HARRIS / GETTY IMAGES (U.), MEDIA RIGHTS CAPITAL / KOBAL COLLECTION / IMAGES.DE (M.), ALAMY / MAURITIUS IMAGES (O.)
Ted Mosby ab Folge eins seinen Kindern erzählt. Kurz darauf fragte ein Journalist
Milioti in einem Fernsehinterview, ob die Mutter zum Schluss ein trauriges Ende erwarte,
wie viele Fans der Serie vermuteten. Milioti lachte nur und sagte vage: »Das ist verrückt.«
Dumm nur: Die Zuschauer hatten recht. Die letzte Folge zeigt, wie Ted Mosby die
Mutter heiratet, Kinder mit ihr bekommt – und wie sie schließlich krank wird und
stirbt. Aber was hätte Milioti tun sollen? Spoilern?
In dem Film »Star Trek – Into Darkness« spielte Benedict Cumberbatch einen Bösewicht, der dem Star-Trek-Universum nicht bekannt war. Einen Mann namens John
Harrison. Fans spekulierten schnell: Das könnte doch Khan sein, der Bösewicht aus
dem zweiten Star-Trek-Film »Die Rache des Khan« von 1982. Die Produzenten winkten
ab. Khan? Quatsch! Doch nach einem Drittel des Films steht Cumberbatch in einer Gefängniszelle und verkündet, unterstützt von dramatisch klingender Musik: »Mein Name
... ist Khan!« Die Zuschauer kamen sich verschaukelt vor – und machten ihrem Ärger
im Netz Luft.
Ohnehin hat sich die Anspruchshaltung der Zuschauer verändert, was auch daran
liegt, dass Serien in den letzten Jahren eine Qualität erreichen, die es vorher nicht gab.
Die Geschichten wurden spannender, die Plots komplizierter, die Twists rasanter. Entspricht ein Handlungsstrang einmal nicht dem gewohnten Standard, hagelt es Kritik:
etwa bei »LOST«.
Die Serie handelt von den Überlebenden eines Flugzeugabsturzes auf einer Insel
im Pazifik. »LOST« stellt die Zuschauer vor immer neue Rätsel, legt Fährten und Spuren.
Am Ende einer Folge gibt es meist mehr Fragen als am Anfang. Also diskutieren die
Fans in Internetforen und auf Facebook weiter. Die »LOST«-Zuschauer sind treu und
engagiert. Aber wer so viel Energie aufbringt, erwartet eine befriedigende Auflösung.
Die war dann aber eher banal.
Frank
Underwood
aus »House
of Cards«
...
Als Hauptdarsteller Jack in der letzten Folge den Mann in Schwarz tötet, das Loch
unter der Insel mit einem großen Steinkorken verschließt – ja, es gab einen riesigen
Korken – und dabei sein Leben opfert, nur um alle seine Freunde später im Fegefeuer
zu treffen, da waren die Fans von »LOST«: sauer.
Einer der Serienautoren, Damon Lindelof, pflegte auf Twitter engen Kontakt mit
den Zuschauern. Die Fans machten ihn fertig, warfen ihm vor, wie schlecht das Ende
gewesen sei, einer schrieb sogar, Lindelof habe ihm »die letzten sechs Jahre seines
Lebens geklaut«. Das traf Lindelof: Für die nächsten Jahre nannte er sich selbst immer
»einen der Idioten hinter LOST«.
Mag sein, dass hier Erwartungen enttäuscht wurden. Aber es ist ein weiteres Argument, welche ungesunden Züge das Serienfieber angenommen hat. Man möchte Leute
wie dem »LOST«-Fan am liebsten bei den Schultern packen und ordentlich durchschütteln. Ist doch nur Fernsehen! Es gibt keinen vernünftigen Grund, sich so zu benehmen –
oder so wie der Kollege aus der Konferenz, ich in dem Restaurant oder der Typ mit der
Knarre.
Aber es gibt Hoffnung. Eine von Netflix in Auftrag gegebene Umfrage zeigt, dass
zumindest die Amerikaner beginnen, mit Spoilern zu leben. 76 Prozent der Befragten
akzeptieren sie als einen Teil des Lebens, 94 Prozent gaben an, Serien auch nach einem
großen Verrat weiter zu gucken und zu genießen. 13 Prozent haben behauptet, Spoiler
machten ihnen sogar mehr Lust auf eine Serie.
Ich habe mir vor Kurzem »Star Wars – Das Erwachen der Macht« angeguckt. Ich
wusste schon seit fast einem Jahr, was in dem Film passiert, denn irgendjemand hatte
den Plot ins Netz gestellt. Ich hatte trotzdem großen Spaß. Sehr großen. Ich wusste
auch, dass am Ende ein sehr beliebter Charakter sterben wird. Es hat mich trotzdem
berührt. Keine Sorge, ich verrate nicht, dass es Han Solo ist.
S. 25
UNI SPIEGEL
1 /2016
Derek
Shepherd aus
»Greys
Anatomy«
...
Glenn
Rhee aus
»The Walking
Dead«
...
Stefan, 32,
ist nach
Studium
und vielen
Jahren
im Ausland
zurück
zu seinen
Eltern
nach Suhl
gezogen.
»Hier ist es
ja doch am
schönsten«,
sagt er.
Von KRISTIN HAUG (Text)
und HANNES JUNG (Fotos)
S. 26
UNI SPIEGEL
1 /2016
Was gibt’s zu
essen? Rückkehrer
Stefan und
seine Mutter in der
Familienküche.
Die Zahnpasta stand neben dem
Waschbecken, und Stefan benutzte sie.
Ganz selbstverständlich, ohne nachzudenken. Das war ein Fehler, denn für seinen
Vater ist »Oxygen« etwas Besonderes. Er
bekommt das Zeug von seinem Zahnarzt,
und der bezieht es aus den USA. Als dem
Vater auffiel, dass Stefan von seinem »Oxy-
gen« gemopst hatte, kam es zu einem kleinen Eklat. Er solle sich seine eigene Zahncreme kaufen, wies er seinen Sohn zurecht;
er sei ja wohl erwachsen genug dafür.
Stefan ist nun 32, und eigentlich hat
man in diesem Alter seine eigene Wohnung und muss sich das Badezimmer nicht
mehr mit Mutter und Vater teilen. Doch
bei Stefan ist es anders gelaufen: Er
kehrte vor sechs Monaten nach langer Abwesenheit ins Elternhaus zurück. Er tat das nicht aus finanzieller Not und auch nicht, weil er Mutter und Vater so vermisst hatte. Er
tat es, weil er es für die beste aller
Lösungen hielt.
Es war 2002, als Stefan von zu
Hause auszog und von Suhl in Südthüringen nach Leipzig ging, zum
Studieren. Nach dem Uniabschluss
2009 verkaufte er seine Möbel, bereiste die Welt, tingelte durch Kuba,
Kolumbien, Ecuador und Peru, lebte ein halbes Jahr in Bolivien, arbeitete danach erst in Frankfurt,
dann als Entwicklungshelfer in Kirgisien. Von dort fuhr er mit dem
Fahrrad nach Deutschland. Kaum
angekommen, brach er wieder auf,
nach China, Australien und Neuseeland. »In den vergangenen Jahren habe ich bestimmt in 300 verschiedenen Betten geschlafen«, sagt
Stefan. Seine Welt war groß und voller Abenteuer. Jetzt ist sie wieder klein und
weniger aufregend.
Stefan schläft nun Nacht für Nacht im
alten Zimmer seiner Schwester, das gerade
einmal zehn Quadratmeter groß ist. Darin:
ein Schrank, ein kleines Bett – und eine
Einpersonensauna. Die haben seine Eltern
vor einiger Zeit dort aufgebaut: Sie hatten
nicht damit gerechnet, dass so bald wieder
jemand in diesem Zimmer wohnen würde.
Stefan sagt, er sei zurück nach Suhl gekommen, um sein Leben neu zu ordnen.
Er habe einen »Stützpunkt« in einer unruhigen Zeit gesucht. Auf der letzten Reise
ging seine Beziehung in die Brüche, und
er wollte ungestört darüber nachdenken,
wo er sich nun niederlassen und wie er
sein Geld verdienen sollte. So etwas geht
ganz gut in der alten Heimat, wo es oft weniger Ablenkung gibt und man sogar noch
bekocht wird, wenn es gut läuft.
Stefan hat Soziologie und Wirtschaft
studiert, eine Kombination, die ihm viele
Möglichkeiten gibt – einerseits. Andererseits kann sich Stefan nicht vorstellen, jeden Tag am Schreibtisch zu arbeiten und
Akten, Bücher oder Bilanzen zu wälzen.
Die letzten Wochen hat er deswegen genutzt, um Pläne zu schmieden. Klar, er hätte sich dafür auch eine Wohnung mieten
können. »Aber das wollte ich nicht«, sagt
Stefan und blickt vom Grundstück seiner
Eltern aus auf ein ruhiges, bewaldetes Tal,
fernab von Hauptverkehrsstraßen und
Großstadtlärm. »Hier ist es ja doch am
schönsten.«
Als er ankam, wollte er nur zwei Wochen bleiben, vielleicht auch drei. Doch er
schob seinen Auszug immer weiter auf –
und warum auch nicht? Okay, das Zusammenleben ist nicht immer ganz einfach,
die Eltern sind seit vergangenem Jahr Rentner und deshalb oft zu Hause. Aber ist das
Leben in einer WG etwa immer unkompliziert?
Jeden Tag gegen acht Uhr steht Stefan
mit seinen Eltern auf, dann folgt das gemeinsame Frühstück. Zwischen zwölf und
eins gibt’s Mittagessen, und manchmal
Blick aus dem
Fenster: Stefan
und seine
Mutter wollen
wissen, was in
der Nachbarschaft los ist.
wird auch noch gemeinsam zu Abend gegessen. Seine Mutter kocht, macht den
Haushalt und wäscht Stefans Wäsche: ein
Service, den auch Zehntausende andere
Menschen zu schätzen wissen, die im »Hotel Mama« leben.
Stefan beteiligt sich zwar mit 100 Euro
an den Lebenshaltungskosten und geht
auch manchmal einkaufen, aber sonst
muss er nur wenige Aufgaben im Haus erfüllen. So ein Leben sei komfortabel, sagt
er. Aber auch manchmal anstrengend und
ein wenig entbehrungsreich. Er würde derzeit zum Beispiel keine Frau mit nach Hause bringen. »Das wäre mir unangenehm.«
Auch für Stefans Mutter, eine resolute
und liebenswürdige Frau, die 25 Jahre lang
einen Friseursalon führte, ist Stefans Rückkehr eine manchmal ambivalente Sache.
Im Grunde ist sie froh, ihren Sohn um sich
zu haben, spontan mit ihm abends ein Glas
Wein trinken zu können oder ihn auch
einmal umarmen zu dürfen. Trotzdem versucht sie, so wenig Mutter wie möglich zu
sein. Schließlich ist es nicht mehr Stefan,
der Teenager, der bei ihr wohnt, sondern
Stefan, der Erwachsene. »Ich will ihn nicht
ständig fragen, ob ich ihm etwas mitbringen soll oder er gewisse Aufgaben im Haus
erledigt hat«, sagt sie.
Als der Sohn vor 14 Jahren auszog,
musste sie lernen, die Mutterrolle abzulegen. »Es war schwierig für mich, mich
nicht mehr kümmern zu können.« Sie
musste sich daran gewöhnen, abends nicht
mehr danach zu schauen, ob er nach Hause
gekommen war oder ob er noch arbeitete.
Nun ist Stefan aber wieder zurück, und
neulich hat sie ihn um drei Uhr morgens
am Computer entdeckt und ihm verordnet,
ins Bett zu gehen. Danach kamen sofort
die Zweifel: War das zu viel? Eine Grenzüberschreitung? »Er ist ja erwachsen, hat
seinen eigenen Kopf und seine eigene Art
zu leben«, sagt sie.
Ihrem Mann, Stefans Vater, fällt das
neue alte Zusammenleben schwerer. Er ist
ein Mann, der immer alles genau durchdenkt, bevor er handelt, der jeden Schritt
genau plant, der klare Ansagen macht. Um
seine Ordnung aufrechtzuerhalten, hat der
Vater Regeln eingeführt: Fahrräder und
Mopeds dürfen nicht dort herumstehen,
wo er sein Auto parken will. Die Haustür
muss immer geschlossen werden, selbst
wenn man nur kurz den Müll rausbringt.
Es darf nirgends etwas länger herumliegen, was dort nicht hingehört. »Wenn so
ein Spruch kommt, muss ich tief durchatmen«, sagt Stefan. »Aber es ist sein Haus –
deshalb bestimmt er die Regeln.« Die Mutter vermittelt immer wieder zwischen den
beiden.
Wie lange das so weitergehen soll? Vor
ein paar Wochen hat Stefan eine Entscheidung getroffen: Er möchte sich selbstständig machen, ein kleines Reiseunternehmen
gründen und Fahrradtouren durch Kirgisien und Tadschikistan anbieten. Wenn
sein Unternehmenskonzept steht, will er
ausziehen, vielleicht in die Alpen oder
nach Spanien. »Irgendwohin, wo ich gut
Fahrrad fahren kann.«
Trotzdem möchte er seinen Stützpunkt
in Thüringen behalten, möchte zurückkommen können, in Zeiten, in denen das
Leben einmal unordentlich ist. Dafür hat
er gerade den alten Friseursalon seiner
Mutter zu einem kleinen Wohn- und Gästehaus umgebaut. Es steht nur 20 Meter
von seinem Elternhaus entfernt.
e
ny m
ano
s
l
a
l
D
toko
Pro
Mein Leben als Arzt
Ich wollte schon als Kind wissen, wie der Mensch delt, die sich allein fühlen. Kürzlich hatte ich einen Patienten,
funktioniert. Mich interessierte es zum Beispiel wahnsinnig, dem eigentlich gar nichts fehlte. Der war allenfalls ein wenig
wie das Herz schlägt, warum sich eine Entzündung bildet dehydriert und hatte sich praktisch ins Krankenhaus hineinund weshalb man weint, wenn man Schmerzen hat. Die Be- geschummelt, weil er im Seniorenheim keine Aufmerksamgeisterung für derlei Fragen ließ nie nach, und insofern war keit bekam.
es nur folgerichtig, dass ich nach dem Abi mit dem Medizin- In meinem Beruf darf ich keine Unterschiede machen, ich
studium begann.
muss alle Patienten gleich behandeln. Das ist nicht immer
Die Zeit an der Hochschule war nicht immer einfach, und leicht, weil man es natürlich auch mit unfreundlichen,
es gab Momente, wo mir das stumpfe Auswendiglernen von
manchmal sehr nervigen Menschen
Fachbegriffen oder Bakterien- und Virennamen auf den Senzu tun bekommt, die alles besser
der ging. An meinem Entschluss, Arzt zu werden, änderte
wissen oder Dinge tun, die einen
sich aber nichts, und so war ich froh, als ich vor einigen Movöllig durcheinanderbringen. Da
naten ins Praktische Jahr gehen konnte. Ich hatte zwar wähwar beispielsweise diese 25-jährirend des Studiums schon einige Praktika in Krankenhäusern
ge, sehr attraktive Frau, die mit leichund bei Ärzten gemacht, aber da war ich im
tem Fieber kam. Ich bat sie, ihr T-Shirt
Grunde immer nur die kleine Klette,
ein wenig anzuheben, damit ich sie abhödie nichts machen durfte. Beim
ren kann. Wie in einem Pornofilm zog sie daPJ ist man dagegen die vollraufhin komplett blank und schaute mich grinständig ausgebildete Kraft,
send an. Ich tat so, als nähme ich gar nicht wahr,
zumindest auf dem Papier.
dass sie nackt ist, und hörte sie einfach ab. Später
Die ersten Tage in der Klinik
erfuhr ich dann, dass die junge Frau sich wohl ein
waren extrem frustrierend.
Kind wünschte. Ich nehme an, sie wollNiemand arbeitete mich ein,
te mich zu etwas drängen, was nicht
ich war weitgehend auf mich
mein Job ist.
allein gestellt. Ein Chefarzt
Was ich extrem schwierig finde: jemankam nur kurz auf mich zu
dem mitzuteilen, dass er schwer krank
und zeigte mir ein Zimmer,
ist. So wie dem Mann, dem ich davon
das ich betreuen sollte.
erzählte, dass seine Aufnahmen und Werte
Dann klingelte sein Handy – und
auf einen Tumor hindeuten. Der Mann schluckte
weg war er. Das fand ich völlig unverantworterst mal, verdrängte aber sofort. »Wird schon keiner sein«,
lich. Immerhin sollte ich mich hier um die Gesundheit an- sagt er. Ich dachte, gut, wenn er so damit umgehen will, dann
derer Menschen kümmern. Aber es ist nun mal so: Jede Mi- soll er.
nute, die ein Arzt einem PJler wie mir widmet, ist eine Mi- Der Tod ist Teil des Tagesgeschehens. Einmal habe ich benute, die er später nach Hause kommt.
wusst zugeschaut, wie ein Mann starb. Lungenversagen. Ich
Es fühlt sich seltsam an, theoretisches Wissen auf einen rea- stellte mich an sein Bett und sah zehn Minuten lang auf den
len Menschen zu übertragen, und gerade zum Start des PJs Monitor. Betrachtete, wie sein Herz immer langsamer schlug,
gab es Momente, da kam ich mir wie ein Schwindler vor. bis es ganz stehen blieb. Dabei empfand ich eine verstörende
Was mich von Anfang an am meisten störte, war die Ver- Leere. Wir hatten alles medizinisch Mögliche für ihn getan,
waltungsarbeit. Was habe ich wann und weshalb angeord- er war einfach nicht zu retten. Bei diesem Gedanken wurde
net? Welches Medikament habe ich verschrieben und wa- ich ruhig und konnte ihn gehen lassen.
rum? Alles wird bis ins Kleinste dokumentiert, und vermut- Ich weiß jetzt, dass ich nicht nur Arzt sein will, sondern es
lich ist das auch richtig so. Aber die ausufernde Bürokratie auch kann. Mein Blick auf den Traumberuf ist aber deutlich
hat auch zur Folge, dass man sich im Grunde zu wenig um nüchterner geworden. Man ist kein Gott in Weiß, sondern
die Patienten kümmern kann. Das ist zum Beispiel
ein Fußsoldat der Medizin – und erst recht der VerS. 29
Aufgezeichnet von DMITRIJ KAPITELMAN
dann schade, wenn es sich um alte Menschen hanwaltung.
UNI SPIEGEL
1 /2016
ILLUSTRATION: BENEDIKT RUGAR / UNI SPIEGEL
Er wollte schon als Kind Mediziner werden – wusste aber
nicht, mit wie viel Ver waltungskram das verbunden ist.
Ein junger Arzt erzählt von seinem Einstieg ins Berufsleben.
Teil 10 der Serie »Das anonyme Jobprotokoll«.
Wenn sie nicht gerade in der Uni sitzen, touren die Jungs
von Lupo durchs Rheinland, machen Karnevalsmusik und
lassen sich von älteren Damen anhimmeln. UNI SPIEGELAutorin Miriam Olbrisch hat sie einen Abend lang begleitet.
D
ie Aachener Straße ist dicht. Yannick Weingartz, 20 Jahre alt, schlägt mit der
Hand auf das Armaturenbrett des Minibusses: »Warum fahren die nicht?«,
ruft er wütend. Es ist 18.17 Uhr. Um 18.30 Uhr müssen er und die anderen
Mitfahrer des Busses auf einer Bühne im Gemeindesaal der Kirchengemeinde
St. Severin stehen. Das Navigationsgerät zeigt noch 1,2 Kilometer: wird verdammt
knapp. Yannick ist genervt, schaut im Minutentakt auf die Uhr. Und dann hat auch noch
Köln gegen Stuttgart verloren.
Die fünf jungen Männer im Minibus, vier davon Studenten, sind die Mitglieder von
Lupo. Seit fünf Jahren macht die Band das, was man gemeinhin als »Karnevalsmusik«
bezeichnet: Gute-Laune-Lieder mit viel Wums und Rumtata, natürlich auf Kölsch. Das
Wort Karnevalsmusik hören Yannick und seine Kollegen nicht so gern, sie nennen ihren
Musikstil lieber »Kölschrock«, schließlich treten sie auch außerhalb der Session auf, etwa
auf Geburtstagen oder Firmenfesten.
An diesem Samstag stehen sechs Auftritte für Pedro Schädel, Andi WandscheerGenehr, Benni Landmann, Alexander Lemke und Yannick Weingartz auf dem Programm. Vor zweieinhalb Stunden sind die fünf in den Bandbus gestiegen, ein zweiter
Lieferwagen mit Instrumenten und Technik rollt hinterher.
Die Lupos tragen schwarze Hemden, Jeans und weiße Turnschuhe. Damit keiner
Hunger haben muss, hat Gitarrist Pedro am Morgen 40 Brötchen geschmiert: Käse,
Salami und Mett mit Zwiebeln. »Ich reservier mir schon mal drei mit Käse«, ruft Sänger
Yannick vom Vordersitz, »Wurst ist nicht gut für die Stimme.«
Auftritt Nummer eins ist
bereits geschafft, eine DamenVorher-NachherShow: Die fünf
sitzung in einer BadmintonJungs von Lupo
Halle in Pulheim-Sinnersdorf.
im BackstageNach fünf Minuten klatschten
Bereich in Zülpichdie Damen begeistert im Takt,
Ülpenich (links)
und auf der Bühne
nach 15 Minuten tanzte der
in der Kölner
gesamte Saal. Und dann wollSüdstadt (rechts)
ten ein paar hübsche Tanzmariechen noch Erinnerungs18.28 Uhr: Die vorherige
18.35 Uhr: Die Saaltür öffSelfies machen. Am Ende
Band gibt eine Zugabe. Ein
net sich, ein goldglitzernder
reichten die Veranstalterinnen noch ein ganzes Blech
kleiner Zeitpuffer. Glück geRaum voll schunkelnder MenApfelkuchen in den Wagen,
habt. Vor dem Saal stimmen
schen. Die Band bahnt sich
»könnt ihr euch unterwegs
die Lupos ihre Instrumente,
einen Weg durch verkleidete
schön stärken«.
Gitarren, Posaune, Bass und
Jecken und Bierdunst. Die
Geige. Die vierköpfige Crew
Lupos fallen auf, nicht nur webringt Keyboard, Verstärker,
gen der schlichten Kleidung,
Mikrohalter, Kabel und die
sondern auch wegen ihres
Konfettikanone in Stellung.
jugendlichen Alters. »Na, LeDas Schlagzeug von Drumckerchen«, säuselt eine mittelmer Andi haben sie vorher
alte und mittelschwere Dame
auf eine Platte mit Rollen
im ausladenden BallettröckAuf dem Weg zum zweimontiert. Hocker dahinter,
chen und streicht Pedro im
ten Kurzkonzert verlieren die
fertig. Es sind Profis am Werk: Vorbeigehen über den unteBandmitglieder fast die HoffIn weniger als einer Minute
ren Rücken, »jetzt macht mal
nung, noch pünktlich zu kom- machen die Helfer die Bühne
ordentlich Krach.« Der Körmen, doch dann geht es glück- klar. Ihr Rekord liegt bei 50
perkontakt sei nicht immer
licherweise flüssig voran, und Sekunden.
angenehm, wird der Gitarrist
die beiden Bullis parken um
später im Bus erklären. Und
18.27 Uhr vor dem Gemeinganz so harmlos wie hier sei
S. 30
desaal von St. Severin ein.
es leider auch nicht immer.
UNI SPIEGEL
»Aber im Karneval gehört das
1 /2016
halt dazu.«
18.36 Uhr: Auftritt Lupo.
Yannick, der ein bisschen so
aussieht, als würde er im Fitnessstudio wohnen, knipst
sein Lächeln an und ruft ein
gut gelauntes »Hallo Leute« in
den Raum. Stress? Welcher
Stress?
MARIA LITWA / UNI SPIEGEL
18.39 Uhr: Der Saal kocht,
18.45 Uhr: Heiß ist es im
und das schon nach dem
ersten Lied. Benni tritt hinter
dem Keyboard hervor,
schnappt sich seine Geige,
stimmt das langsame Intro
des zweiten Stücks, »Lääve«
(Kölsch für: »Leben«), an. Die
Menschen vor der Bühne
liegen sich in den Armen und
wiegen sanft hin und her.
Saal – und noch heißer auf
der Bühne. Schließlich knallt
das Scheinwerferlicht von
oben. Pedro wischt sich
Schweißtropfen von der Stirn.
Gut, dass die Hemden
schwarz sind.
19.03 Uhr: Der Schlussakkord vom letzten Lied, das natürlich »Colonia« heißt, verklingt zwischen Klatschen,
Pfeifen, Grölen und »Zugabe«-Geschrei. Die Gesichter
der fünf glühen vor Freude
und Bühnen-Adrenalin. Doch
an Zugabe ist nicht zu denken, der Zeitplan hängt
schließlich schon wieder um
drei Minuten. Max, der Tourmanager und Mädchen für
alles, steckt einen Geldumschlag in seine Fleecejacke.
Bezahlt wird immer bar. »Das
ist am ehrlichsten«, sagt er.
Dann sprintet er zum Bus.
Die Uhr tickt.
800 Euro kostet eine halbe
Stunde Lupo. Bei der Band
kommt davon etwa die Hälfte
an. Der Rest geht an die Agentur, die die Aufträge vermittelt und koordiniert, auch
Fahrer und Crew müssen bezahlt werden, außerdem das
Benzin für die beiden Autos.
220 Kilometer werden sie am
Ende des Abends gefahren
sein.
Auf dem Rücksitz zählt
Pedro die neuen FacebookLikes der letzten drei Stunden.
20 sind es. »Nicht schlecht.«
Yannick, der Sänger, ist merkwürdig still. Er tippt etwas
in sein Smartphone, reicht es
herüber. »Stimme schonen«
steht da. Er zieht ein Aluköfferchen aus dem Fußraum.
Darin: Schmerztabletten,
Nasenspray und Halstabletten,
Marke Isländisch Moos. Da schmeißt er doch gleich mal ’ne
Wette auf die Zukunft, auf den Durchbruch
Runde. Max, der Fahrer, öffnet eine Dose Red Bull. »Muss
im rauen Wettbewerb des Kölner Karnevals.
Ganz normaler
sein«, sagt er.
Etwa 150 Bands gibt es in der Umgebung.
Karnevalswahnsinn im
Die Müdigkeit ist ein stetiger Feind in der »Sässjonn«, wie
Die Konkurrenz um Auftritte ist groß, die
Rheinland:
die Kölner die Zeit zwischen dem 11. November und AscherKarnevalsszene eng vernetzt. Ist eine GrupKostüme, Kölsch
mittwoch nennen. Freitag, Samstag und Sonntag sind Lupo in
pe unzuverlässig oder nicht gut gelaunt,
und Konfettider Regel ausgebucht, manchmal kommen noch kleinere Aufspricht sich das herum.
kanone
tritte an Werktagen dazu. Und proben müssen die Jungs natürOft genug liegt es aber nicht an den Mulich auch noch.
sikern, wenn die Stimmung nicht so recht
»Klar ist das anstrengend«, sagt Pedro. Ein freies Wochenüberkochen will. Der Auftritt in einer Realschul-Aula in Kölnende habe er schon lange nicht mehr gehabt. Mal gemütlich ein Ehrenfeld zieht sich wie Kaugummi. Der Raum ist nur halb voll
Bier trinken gehen oder ins Kino, dafür sei gerade keine Zeit.
und ausgeleuchtet wie eine Arztpraxis. Auch beim dritten Song
Freunde, die in der Session Geburtstag haben, brauchen auf
ist den Jecken nur unmotiviertes Geklatsche zu entlocken. »Wo
ihren Feiern nicht mit den Bandmitgliedern zu rechnen. Tausind denn hier die FC-Fans?«, startet Yannick einen letzten, verschen möchten alle aber »auf gar keinen Fall«. Auf der Bühne
zweifelten Versuch. Hilft aber auch nicht.
zu stehen und in die Gesichter der tanzenden Menschen zu
Na gut, abhaken, zurück in den Bus, weiterfahren. Es geht
schauen sei unbeschreiblich. Nur das Lernen für die Uni, das
über die Autobahn nach Zülpich-Ülpenich, in den Saal der Karkomme in dieser Zeit natürlich zu kurz. Blöd, dass Karneval
nevalsgesellschaft »Ülekrade«, wo zu vorgerückter Stunde auch
immer genau vor der Klausurenphase liegt.
die Frauen Herrengedecke trinken. Das Durchschnittsalter liegt
Alle Lupos wohnen in Köln oder in den Vororten. Dabei
ungefähr auf Höhe eines Helene-Fischer-Konzerts, wieder täthatten manche eigentlich andere Pläne: Benni, der Geischeln Damenhände die »schicken Jungens«. Während
S. 32
ger, hätte gern Filmmusik in London studiert – und Gidie Ülpenicher zu »Schönste Daach« (»Der schönste
UNI SPIEGEL Tag«) und »Mer han et em Bloot« (»Wir haben es im
tarrist Pedro wollte eigentlich nach Frankreich. Dass
1 /2016
sie in Köln bleiben, liegt nur an der Band. Es ist eine
Blut«) tanzen, schunkeln und johlen, machen sich im
MARIA LITWA / UNI SPIEGEL
Hintergrund die »Blauen Funken Zülpich« bereit: Männer in
Strumpfhosen, mit blitzenden Säbeln in der Hand und Federpuscheln auf dem Kopf. Von außen betrachtet: ganz schön
skurril.
Auf dem Weg zu Auftritt Nummer fünf, Karnevalsgesellschaft »Bergfunken« in Bad Godesberg-Muffendorf, betrachten die Musiker die Ausbeute des bisherigen Abends. Es
ist Karnevalstradition, dass Bands nach jedem Auftritt Gastgeschenke bekommen: den Orden der ausrichtenden Karnevalsgesellschaft – und Wegzehrung, flüssige oder feste.
Neben dem Apfelkuchen aus Pulheim haben sich angesammelt: fünf Flaschen Holunderschnaps, Schokoriegel, ein
Fässchen Bier, eine Tüte mit gravierten Kölschgläsern und
für jeden eine Bifi.
Letzter Halt: der Partysaal »Alteburg« in der Kölner Südstadt. Eine gut gelaunte Dame namens Lydia feiert hier ihren
50. Geburtstag. Zum letzten Mal an diesem Tag baut die Crew
die Ausrüstung auf. Dann geben die Lupos noch mal alles, ein
donnerndes Finale, inklusive Konfettikanone, Zugabe und
Ständchen für das Geburtstagskind, das im Kreis seiner Freunde vor der Bühne tanzt. Dass Yannicks Stimme sich trotz
Isländisch Moos inzwischen in ein heiseres Krächzen verwandelt hat, fällt nicht wirklich auf – die anderen singen dafür
umso lauter.
Und auch hier gibt’s natürlich noch etwas zu futtern. »Bitte
nehmt die mit«, sagt Lydia, »die haben wir vergessen aufs Buffet zu legen.« In der Hand hält sie eine Tüte mit neun Baguettes.
Die Jungs bedanken sich artig und klettern wieder in den
Bus. Kurze Diskussion: noch ein Feierabendbier im Proberaum?
Nee, lieber nicht. Zu müde.
Die allermeisten Karnevalsbands haben in der Session eine
Null-Alkohol-Regel – sonst würden viele das stramme Programm gar nicht durchhalten. »Bei uns muss das jeder selbst
entscheiden«, sagt Geiger Benni, »solange alle am nächsten Tag
fit sind, ist das kein Problem.« Dann verabschiedet er sich,
greift sich ein Baguette und schlägt die Autotür zu. Morgen
geht es weiter, halb eins ist Abfahrt, es geht in den Kölner Norden, zum »Bürgerfrühschoppen«.
Video:
Der Song »Jespenster«
von Lupo
E
s ist ein Jahr her, da entschied sich Ananya Azad, das
Haus nur noch mit einem Motorradhelm auf dem Kopf
zu verlassen. Bis dahin hatte der 24-Jährige ein ziemlich
normales Studentenleben geführt und sich immer gern
mit seinen Freunden auf dem Shahbag-Platz nahe der Uni in
Dhaka getroffen, der Hauptstadt von Bangladesch. Dort gab es
Bier, und sogar die Mädchen konnten rauchen, ohne von strenggläubigen Wirrköpfen dafür verflucht zu werden.
Ananya freute sich damals, im Februar 2015, auf die Buchmesse, die jedes Jahr in Dhaka stattfindet. Diesmal sollte aus den
USA der Schriftsteller und bekennende Atheist Avijit Roy kom1
men, um sein neues Buch »Das Virus des Glaubens« vorzustellen.
Ananya, der selbst ein Regierungs- und Religionskritiker ist und
seine Meinung regelmäßig auf Facebook kundtat, wollte den aus
Bangladesch stammenden Roy endlich persönlich kennenlernen,
2
doch das war nicht mehr möglich. Am Abend des 26. Februar
zogen Unbekannte den Schriftsteller aus einer Rikscha und richteten ihn mit Macheten und Fleischermessern hin. Der Autor
wurde in einem Krankenhaus aufgebahrt, mit blutrot verfärbter
Kleidung.
Ananya war geschockt. Aber anders als seine Freunde wollte
er nicht schweigen. Er wandte sich an die Medien, sprach in Fernsehkameras, machte radikale Islamisten für den Anschlag verantwortlich. Das brachte ihm vor allem Berühmtheit bei seinen
Feinden ein: Bilder von ihm wurden
in allen sozialen Netzwerken verbreitet, anonyme Anrufer kündigten ihm
an, er sei als Nächster dran. Ananya
fürchtete um sein Leben. Er ging
nicht mehr zur Uni, schlief abwechselnd bei Freunden und trug fortan
den Motorradhelm zum Schutz vor
den Macheten. Jede Nacht dachte er,
dass dies seine letzte sein könnte.
Von LAURA BACKES
Denn seit dem Angriff auf den
In Bangladesch
Schriftsteller Roy wird Bangladesch
von einer brutalen Mordserie an Blog- machen Islamisten
gern und Autoren erschüttert, die es
Jagd auf Blogger
wagen, den Islamismus zu kritisieren.
und andere
Am 30. März wurde Washiqur
Rahman von Koranschülern getötet, Menschen, die frei
sie zerhackten sein Gesicht bis zur
leben wollen.
Unkenntlichkeit. Er hatte sein Profilbild auf Facebook in Gedenken an
Zwei ihrer jungen
Avijit Roy zu »Ich bin Avijit« geändert
Opfer flohen nach
und wütend geschrieben: »Zerstört
Deutschland.
den Islam, zerstört den Islam, zerstört
anderem Avijit Roys Bücher publizierte, in seinem Büro
den Islam!«
Doch auch hier
umgebracht.
Am 12. Mai wurde der Blogger
müssen sie
Auf Facebook und Twitter kursieren Todeslisten,
Anant Bijoy Das auf dem Weg zur
Arbeit von vier maskierten Männern
fürchten, getötet erst kürzlich erschien eine mit 21 Bloggern. Tatsächlich
standen alle, die jetzt tot sind, auf diesen Listen. Aber
mit Macheten und Beilen angegriffen,
zu werden.
wer sie erstellt, kann niemand sagen. Fest steht nur, dass
er verblutete auf der Straße. Nur eisich eine radikalislamische Organisation, die sich »Annen Monat vorher hatte ihm die
schwedische Botschaft ein Visum verweigert, das ihm das Leben sarullah Bangla Team« nennt, zu den Anschlägen bekennt. Angeblich handelt sie im Auftrag eines Kaida-Ablegers. Die Gruppe
gerettet hätte.
Anfang August ging der Blogger Niloy Neel zur Polizei, weil postet Fotos von den Tatorten und jubelt über jeden Toten, sie
er sich verfolgt fühlte, wurde aber nicht ernst genommen. Am inszeniert einen Kulturkampf gegen die säkularen Blogger. Ihre
7. August drangen Unbekannte in seine Wohnung ein und tö- Profile werden zwar in der Regel von Facebook und Twitter geteten ihn. Wieder dienten Macheten als Mordwerkzeuge. Am löscht, doch sie tauchen meist in leicht veränderter Schreibweise
31. Oktober wurde der Verleger Faisal Arefin Deepan, der unter kurze Zeit später wieder auf.
MOHAMMAD PONIR HOSSAIN / NURPHOTO / CORBIS
Mit
Wo r t en
gegen
M a c h e ten
SK HASAN ALI / DEMOTIX / CORBIS; MARIA FECK (PORTRÄTS)
wo sie wohnen. Ananya ist klein und zierlich, seine zarten Gesichtszüge werden von dicken schwarzen Locken umrahmt. Daneben wirkt Asif mit den sauber getrimmten Koteletten wie sein
großer Bruder. Wenn er sich umdreht, tritt am Hals eine zentimeterlange Narbe hervor. Asif ist müde, die ganze vergangene
Woche hatte er starke Rückenschmerzen: Es sind noch immer
die Nachwirkungen des Angriffs.
Was ist das überhaupt für ein Land, in dem Islamisten Jagd
auf säkulare Blogger machen?
Über 90 Prozent aller Bangladescher sind gemäßigte Muslime,
aber es gab schon immer radikale Strömungen. Erst vor drei Jahren wurde eine islamistische Partei verboten, doch die gleichen
Leute, die an ihrer Spitze gestanden hatten, machten in neuen
Organisationen weiter. Etwa zur gleichen Zeit, im Frühjahr 2013,
wurden endlich die verurteilt, die während des Unabhängigkeitskriegs von der Islamischen Republik Pakistan 1971 massenhaft
gemordet und vergewaltigt hatten. Lebenslange Haftstrafen wurden verhängt, nach westlichen Maßstäben
Gefährlicher Mut:
Die Blogger Asif
ein übliches Strafmaß. Für viele Nachkommen der OpMohiuddin (2) und
fer waren es aber unerträglich milde Urteile: Sie forAnanya Azad (3)
derten die Todesstrafe.
nahmen in
Blogger wie Ananya Azad und Asif Mohiuddin moBangladesch an
Demonstrationen
bilisierten über die sozialen Netzwerke Zehntausende,
(1) gegen
die den Shahbag-Platz besetzten, um zu demonstrieren.
Islamisten teil,
Im Gegenzug brachte eine islamistische Gruppe Hunschrieben kritische
Texte und müssen
derttausende auf die Straße und forderte die Todesstrafe
fürchten, deswegen für die Blogger. Um die Lage zu beruhigen, machte die
getötet zu werden.
säkulare Regierungschefin Sheikh Hasina beiden Seiten
Zahlreiche
zweifelhafte Zugeständnisse. Sieben Kriegsverbrecher
Kulturschaffende
bezahlten ihren
wurden nachträglich zum Tode verurteilt – und vier
3
Widerstand schon
Blogger wurden wegen Gotteslästerung festgenommen.
mit dem Leben –
Einer davon war Asif Mohiuddin.
unter anderem der
Drei Monate lang saß er im Gefängnis, als ihn eines
Verleger Faisal
Arefin Deepan (4).
Tages ein Mithäftling ansprach: »Erinnerst du dich an
mich?« Asif schüttelte den Kopf. »Ich habe versucht,
dich zu töten«, sagte sein Gegenüber. Der 22-jährige Koranschüler erklärte Asif, er habe kein persönliches Problem mit ihm, es
sei aber seine religiöse Pflicht, ihn zu töten. Das habe ihm sein
Imam gesagt.
Asifs Angreifer kam zwar nach einigen Monaten frei. Aber
nun sitzt er wieder im Gefängnis, weil er geholfen hat, den Blogger Niloy Neel zu ermorden. Obwohl es häufig zu Festnahmen
und Verurteilungen kommt, hält Asif wenig von der Aufklärungsarbeit der Polizei. »Man muss eigentlich die zur Verant4
wortung ziehen, die die Aufträge erteilen: die Imame und islamistischen Autoritäten.« Doch mit denen möchte sich niemand
anlegen, nicht die Polizei und erst recht nicht die Regierung: So
Ananya Azad verfolgt diese Entwicklungen nun aus der Ferne. vergrault man nur potenzielle Wähler, die ebenfalls einem perSeit August vergangenen Jahres wohnt er in Deutschland, bei ei- vertierten Glauben frönen.
nem Freund aus Bangladesch, der ihn hergeholt hat. Auch Asif
Also kämpfen Asif und Ananya auf eigene Faust, mit Worten.
Mohiuddin, so heißt der Gastgeber, hat schreckliche Erfahrungen Fast täglich schreiben sie auf Facebook gegen die Islamisten, liemit den radikalen Islamisten in seiner Heimat gemacht. Im Januar fern sich hasserfüllte Diskussionen mit ihnen. Ananya hat ein
2013 stachen ihm Unbekannte 53-mal in den Rücken, nur knapp Buch geschrieben, »Keuschheit versus Polygamie«, in dem er
verfehlten sie sein Herz. Der 31-Jährige konnte aus Bangladesch die Rolle der Frau im Islam kritisiert. Er würde es gern bei der
fliehen, weil ihm eine Stiftung für politisch Verfolgte ein Stipen- Buchmesse in Dhaka vorstellen, aber sein Verleger zögert: Die
dium anbot. Heute bloggt er aus dem Exil über Atheismus und Morddrohungen gegen ihn häufen sich. Islamistische Gruppen
Rationalismus.
haben sogar angekündigt, nach Deutschland zu reisen, um Asif
An einem Wintermorgen sitzen die beiden in einer
Mohiuddin doch noch zu erwischen. Die deutsche PoliS. 35
Bäckerei irgendwo in Deutschland und wärmen sich die
zei wisse Bescheid und beschütze ihn, sagt Asif. Denn
Hände an Latte macchiato und Cappuccino. Wo genau, UNI SPIEGEL auch hier, Tausende Kilometer von Bangladesch entfernt,
1 /2016
darf hier nicht stehen, damit ihre Feinde nicht erfahren,
ist er nicht sicher.
Zu Besuch in der »KuzeKneipe« (rechts):
Wodka und Bier im Hort
des Widerstands.
Ehre n a m t l i c h fe i e r n Was passiert in Uni-
Städten, wenn es dunkel wird? Felix Bohr trinkt
Chili-Wodka, diskutiert über »Macht und Repressionen« und steht vor verschlossenen Türen.
Eines Nachts in: Potsdam.
19.45 Uhr:
Die Potsdamer Nacht beginnt in BerlinKreuzberg. Dort treffe ich Moritz, einen
meiner besten Freunde. Er hat in Potsdam
Politikwissenschaft studiert und will mich
durch diesen Samstagabend begleiten. Moritz war ein typischer Potsdamer Student:
Er hat nämlich immer in Berlin gewohnt,
das ja nur gut 30 Kilometer entfernt ist.
Fast zwei Drittel aller Potsdamer Kommilitonen machen das so.
sich bis heute wenig geändert, denke ich.
Mit Potsdam verbindet man schöne Schlösser wie Sanssouci, weitläufige Parks und
naturbelassene Seen, aber eher kein pulsierendes Nachtleben. Ob es überhaupt Läden für junge Menschen gibt?
uns schnell an die Bar und trinken Bier.
Aus den Boxen des weinrot gestrichenen
Ladens dröhnt »Firestarter«, der bald 20
Jahre alte Song von The Prodigy. Wir kommen mit Svenja, Sophie und Tim ins Gespräch, die in Potsdam studieren – und
hier sogar leben. Sie erzählen, dass der
Pub à la Pub von rund 50 Studenten betrieben wird – ehrenamtlich. In Potsdam
gebe es nur wenige Ausgehmöglichkeiten,
sagt Svenja. Deshalb nähmen die Studenten ihr Nachtleben selbst in die Hand und
veranstalteten zum Beispiel Quizabende
oder Mottopartys.
22.15 Uhr:
21.05 Uhr:
Wir erreichen den Potsdamer Hauptbahnhof und laufen ins Zentrum. Es weht ein
eisiger Wind, die Stadt wirkt wie ausgestorben. Unsere erste Anlaufstation ist der
20.25 Uhr:
»Pub à la Pub«, eine erstaunlich gut beAuf der Fahrt erzählt Moritz, dass er vom suchte Kneipe, die im Erdgeschoss eines
Potsdamer Nachtleben eigentlich nie viel Studentenwohnheims liegt. Als wir eintremitbekommen habe, er sei praktisch im- ten, verstummen die Gespräche, Augenmer in Berlin ausgegangen. Der Dichter paare mustern uns. Warum glotzen die
Heinrich Laube schrieb schon 1834, Pots- so? Liegt es an den roten Wollmützen, die
dam sei »nur das Komma, das sich an das Moritz und ich heute zufälligerweise beide
Wort Berlin angehängt« habe. Daran hat Dick-und-Doof-mäßig tragen? Wir setzen
Wir laufen durch die leer gefegten Straßen
der pittoresken Altstadt, vorbei an renovierten Altbauten und dem wiederaufgebauten Stadtschloss, das wirkt, als sei es
einer preußischen Playmobil-Welt entsprungen. »Potsdam soll in altem Glanz
erstrahlen«, sagt Moritz. Deshalb würden
Plattenbauten, die an die sozialistische
Vergangenheit erinnern, abgerissen. Eine
Folge davon seien steigende Mieten, die
sich Studenten nicht mehr leisten könnten – noch ein Grund mehr, nach Berlin
zu ziehen.
JAN PHILIP WELCHERING / UNI SPIEGEL
Hunger nach dem »Geohammer«:
Erst Pizza essen im »Pipasa«,
anschließend Absacker in der
»Bar Gelb« (rechts).
23.00 Uhr:
Vorübergehen als »Rote-Mützen-FrakEin Hort des Widerstands gegen diese Ent- tion«. Na danke! Eigentlich wollen wir
wicklung ist die »Kuze-Kneipe«. Sie befin- noch tanzen, doch in den beiden Studendet sich im ehemaligen Kesselhaus einer tenklubs der Stadt ist nix los: Im »Nil« ist
alten Brauerei und ist Teil des Studen- heute eine Veranstaltung namens »Lesetischen Kulturzentrums Potsdam. Den bühne«, und im »Waschhaus« läuft ein
verwinkelten Raum durchziehen alte Theaterstück. Gut, dann bleibt’s eben bei
Mauerbögen. Wir trinken Biobier und einer reinen Kneipentour.
»Geohammer«, einen Chili-Wodka, den
00.45 Uhr:
uns Till serviert. Er studiert Geowissenschaften und ist Mitglied des Potsdamer Zuvor brauchen wir aber noch eine StärAStA, der sich um den Erhalt des Kultur- kung, ab zu »Pipasa«. Der Pizzabäcker
zentrums kümmert. Auch Till bekommt heißt Ero und arbeitet nicht ehrenamtlich,
für die Schufterei hinter dem Tresen kein sondern für echtes Geld. Gerade erzählt
Geld. In den Räumen über der Kneipe er mir, dass es nach null Uhr häufig Prowerden tagsüber Studenten beraten, etwa bleme mit betrunkenen Gästen gebe, als
zu BAföG oder Mietrecht; es gibt Werk- es hinter uns scheppert. Beim Aufstehen
stätten, einen Theaterraum und einen ist Moritz kräftig gegen unseren Tisch geKonzertsaal. Moritz und ich sind beein- rempelt. Teller und Pizza fallen auf den
druckt von so viel Engagement und be- Boden. Der Geohammer hat seine Wirstellen noch drei Geohammer – zwei für kung nicht verfehlt, denke ich. »10 Euro!«,
uns, einen für Till. Dann wandeln wir sagt Ero, schiebt aber gleich hinterher:
»Nur Spaß.« Wir entschuldigen uns bei
leicht wankend weiter.
ihm und ziehen weiter.
00.35 Uhr:
Wir laufen durch die City und passieren
Schaufenster, in denen »I love Berlin«-Pullis ausliegen. Dann plötzlich: Menschen!
Drei Potsdamerinnen verspotten uns im
kein Protzdam!« oder »Bezahlbarer Wohnraum ist die halbe Miete« steht. Dass die
Mitglieder des selbst ernannten »Kneipenkollektivs« der Olga ehrenamtlich arbeiten,
entlockt uns nur noch ein müdes Lächeln.
Ein Mann im Kapuzenpulli monologisiert
an der Bar vom »politischen Anspruch«,
den sie hier hätten: Die Kneipe sei ein
Schutzraum vor »Macht und Repression«.
Frauenfeindliche, homophobe und rassistische Äußerungen seien hier grundsätzlich unerwünscht. Während ich denke,
dass das doch eh selbstverständlich sein
sollte, sagt Moritz leise: »Schade, dass es
hier keinen Schnaps gibt.« Denn auch der
ist verboten. Dafür wird veganer Apfelkuchen aus Foodsharing-Produkten gereicht.
Wir verabschieden uns.
02.10 Uhr:
Auf einen letzten Absacker gehen wir noch
in die »Bar Gelb«, die sich praktischerweise
im Nebenhaus befindet. Wir bestellen
Drinks und lauschen noch eine Weile den
melancholischen Klängen von Element of
01.15 Uhr:
Crime. Dann setzen wir unsere roWir gehen in die »Olga«. An den
S. 37
ten Mützen auf und laufen zurück
Wänden der Kneipe hängen Pla- UNI SPIEGEL zum Bahnhof. Der Zug nach Berkate, auf denen »Wir brauchen
1 /2016
lin fährt alle 20 Minuten.
e
Sz en
Auch wenn diese Szenen
nicht darauf hindeuten:
Patricks Kurzfilm trägt den
Titel »Alles wird gut«.
Der Nachwuchsregisseur Patrick
Vollrath, 30, könnte mit seinem Film
»Alles wird gut« als einziger Deutscher
einen Oscar gewinnen. Der Kurzfilm erzählt, wie ein geschiedener Vater um seine Tochter
kämpft.
Herzlichen Glückwunsch, Patrick, du hast
erst im vergangenen Jahr
dein Regiestudium abgeschlossen – und jetzt könntest du einen Oscar gewinnen! Verrückt,
oder? Ich bin ganz aufgeregt und euphorisch. Jedes Jahr werden die Nominierungen auf einer Pressekonferenz in
Los Angeles bekannt gegeben. Als der
Name unseres Films fiel, konnte ich
nichts mehr denken. Ich saß allein zu
Hause vor meinem Laptop und spürte
einfach eine unglaubliche Freude. Ich
habe dann erst mal meine Mama angerufen, und danach musste ich die ganze Zeit Interviews geben. Abends hatte
ich dann Zeit, mit Freunden und dem
Team zu feiern. Wie bekommt dir
der plötzliche Ruhm? Was das alles
mit mir macht, kann ich wahrscheinlich erst sagen, wenn der ganze Trubel
vorbei ist. Ich würde mich sehr freuen,
wenn mir die Aufmerksamkeit dabei hilft, meinen ersten langen
Spielfilm zu realisieren. Zahlt
die Academy eigentlich
den Flug nach L. A. zur
Preisverleihung? Nein,
die zahlen gar nichts. Die denken sich: »Hey, das sind die Oscars, da wollen eh alle hin.« So ein
Event ist nicht unbedingt darauf eingestellt, dass Studenten kommen. Im September war ich schon einmal in Los
Angeles, als die Studenten-Oscars verliehen wurden und mein Film mit
Bronze ausgezeichnet wurde. Damals
hat die Academy den Flug bezahlt und
uns eine Woche durch L. A. geführt. Es
war spannend, das alles mal mitzuerleben, vor allem die Preisverleihung mit
800 Gästen. Das war alles perfekt organisiert. Weißt du schon, was du
sagen willst, wenn du gewinnst?
S. 38
UNI SPIEGEL
1 /2016
Ich glaube nicht, dass wir gewinnen
werden. Deswegen habe ich mir auch
nicht überlegt, was ich sage oder wo ich
den Oscar hinstellen würde. Die Konkurrenzfilme habe ich mir bisher auch
nicht angeschaut, ich will unseren Film
nicht vergleichen. Aber ich weiß zumindest schon, was ich anziehen werde –
einen Smoking. Es gibt Designer, die
mir angeboten haben, ihn für mich zu
schneidern. Das Angebot nehme ich
gern an. Ich fliege schon eineinhalb
Wochen eher hin, um die Atmosphäre
mitzuerleben. Sehr aufregend, das alles.
Ich glaube, Hollywood vor den Oscars
ist wie Weihnachten, kurz bevor man
seine Geschenke aufmachen darf.
Willst du dann gleich in Hollywood bleiben? Nein, ich komme auf
jeden Fall zurück nach Europa. Im
Moment wohne ich in Wien. Ich fühle
mich da sehr wohl und will mich erst
mal mit meinem Debütfilm beschäftigen. Daran arbeite ich schon einige Zeit
und schreibe gerade das Drehbuch
dafür. Es geht um einen terroristischen
Anschlag und die Leute, die darin involviert sind, Täter wie Opfer.
VIENNAREPORT / IMAGO STOCK & PEOPLE (UNTEN); AUG & OHR MEDIEN (2)
»Wie vo r We i hna c ht e n«
REWE Group – eine Gruppe mit 1000 Möglichkeiten
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Erwartungen erfüllt!
Wir sprachen mit Carina Wittig über ihr Traineeprogramm
in der Category Buying Nonfood der REWE Group
Die 18-monatigen Traineeprogramme
der REWE Group bieten Hochschulabsolventen einen interessanten Einstieg ins Berufsleben – mit erstklassigen Karriereaussichten!
Carina, mit welchen Erwartungen bist
du eingestiegen? Ich hatte sehr hohe
Erwartungen an das Traineeprogramm,
da die REWE Group zu Deutschlands
Top-Arbeitgebern zählt und in der Stellenanzeige sehr viele spannende Aufgaben beschrieben wurden.
Und wurden die erfüllt? Ja! Der Schwerpunkt des Traineeprogramms liegt wie
versprochen in der Übernahme von
Aufgaben im Rahmen von strategischen
nationalen und internationalen Projek-
ten. Zudem finden regelmäßig Traineeveranstaltungen statt. Mein persönliches
Highlight des Programms ist bis jetzt der
Auslandseinsatz in Asien.
Was macht dir an deiner Tätigkeit
besonders Spaß? Besonders gefällt
mir die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Einkaufsbereichen und
angrenzenden Abteilungen, wie die
Qualitätssicherung, Nachhaltigkeit und
Kommunikation.
Welche Möglichkeiten hast du nach
Ende des Traineeprogramms? Bevor
das Traineeprogramm endet, werden
Gespräche zu möglichen Einsatzgebieten geführt. Grundsätzlich stehen mir
als Bereichstrainee alle Türen im Nonfood offen.
Carina Wittig (28)
hat ihren Master in
Marktorientierter
Unternehmensführung mit den
Schwerpunkten
Controlling, Finanzen und Marketing
gemacht
Weitere Informationen zur Karriere bei der REWE Group finden Sie unter www.rewe-group.com/karriere
Gemeinsam nachhaltig
zum Erfolg.
Denn bei der REWE Group,
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330.000 Mitarbeiter
523 Berufe
1 Zukunft
KRISTIAN HEUER / UNI SPIEGEL; MARTIN MÜLLER / IMAGO STOCK & PEOPLE (UNTEN)
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Roman
Ko llektive Abrissparty
Karen Duve ist unter den deutschen Schriftstellern der Ge-
genwart so etwas wie die Expertin für die Leichen im Keller
dieser Gesellschaft. In ihren Romanen und Sachbüchern
schreibt sie darüber, was falschläuft auf dieser Welt. Aus Egoismus, aus Gedankenlosigkeit, aus Machthunger, aus Zerstörungswut. Ihr letzter Essayband hieß folgerichtig »Warum
die Sache schiefgeht«.
Duves neuer Roman »Macht« spielt im Jahr 2031. In
einer nicht allzu fernen Zukunft also, in der all die Dinge eingetreten sind, vor denen die Autorin auch in ihren Essays bereits gewarnt hat: Die Klimakatastrophe peitscht als Sturm
durch die Straßen; die Flüchtlinge aus den Elendsgegenden
der Welt verenden an massiven Mauern; Genraps tüncht die
ganze Landschaft in sein giftiges Gelb.
In Duves Romanwelt übernehmen nun die Frauen die
Macht, weil die Männer, die vorher die Regierungsgeschäfte
führten, so versagt haben. Der »Staatsfeminismus« soll nun
alles zum Guten wenden, doch schon randalieren Männer in
der Hamburger Innenstadt und fordern die alten Privilegien
zurück. Die Vorschläge, die die Frauen an der Macht nun
machen, werden praktisch alle nicht umgesetzt: Ein CO2Punktekonto soll den Energieverbrauch regulieren, doch niemand ist bereit, auf Autos und Koteletts zu verzichten. Als
wäre das Ende der Menschheit nur ein guter Anlass für eine
letzte Abrissparty, auf der alle so gut aussehen wie nie zuvor.
Denn auch die Selbstoptimierung hat ein neues Level erreicht – in Form eines Verjüngungsmedikaments, das zwar
als Nebenwirkung mit hoher Wahrscheinlichkeit Krebs verursacht, aber was soll’s? Es ist ja sowieso bald alles zu Ende.
Duves Roman ist schwer verdaulich, auch deswegen, weil
ein äußerst unsympathischer Mann im Mittelpunkt steht, der
seine Exfrau, eine ehemalige Ministerin, im Keller gefangen
hält. Er legte ihr Ketten um den Hals und zwingt sie mal zum
Sex und mal zum Kochen. Den Kindern, der Schwiegermutter,
den Medien, der ganzen Welt erzählt der Mann, die Frau sei
einfach verschwunden. Und als sein Bruder einmal unangekündigt zu Besuch kommt und sich über die neue, massive
Tür im Keller wundert, die hinter einem Regal versteckt ist,
lügt der Mann, er habe sich einen Schutzraum bauen lassen.
Warum auch nicht? In der Welt, die Duve da beschreibt, klingt
das nur sinnvoll.
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UNI SPIEGEL
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Banken sind richtig unsexy
und außerdem technisch in
der Steinzeit. Die OnlineBank Number26 ist anders
und setzt voll auf die junge
Generation. Man kann zum
Beispiel ein Konto per VideoIdentifikation einrichten – sehr
fortschrittlich. Die App ist
supermodern und ermöglicht
mir, auch per Smartphone
schnell und einfach Überweisungen zu tätigen.
Nachdem ich drei Jahre lang erfolglos versucht
hatte, ins Fitnessstudio zu gehen, gab ich es
irgendwann ganz auf. Dennoch kann ich auf
Sport nicht verzichten, und Freeletics hat mir
gezeigt, wie ich problemlos zu Hause meinen
Körper in Form bringen kann. Ein Coach erklärt
per Video idiotensicher, was man machen
muss. Das ist praktisch – und gleichzeitig
superanstrengend.
H EADS PAC E
In meinem digitalen Alltag
passiert es sehr schnell, dass
mein Kopf aufgrund der zahlreichen – und oft auch sehr
unnötigen – Informationen
dichtmacht. Headspace hilft
mir, das Chaos zu beseitigen.
Statt auf abgedroschenes
Yin-Yang-Karma-Gedöns
setzt die App auf eine hippe
Aufmachung sowie richtig
gute Audioeinheiten, die mir
die hohe Kunst der Meditation
näherbringen.
STU D I O
Als YouTuber für mich unverzichtbar! Dank Studio habe ich
direkten Zugriff auf meine YouTube Analytics, kann Videos
planen, bearbeiten und sehen,
welche gerade besonders gut
auf der Plattform laufen.
S NAP C HAT
Ich kann nicht mehr ohne. Das
Netzwerk hat durch die Nähe zu
den Protagonisten mein Herz im
Sturm erobert und eine sehr einfache Art des Storytelling salonfähig gemacht. Ich selbst poste
täglich die unterschiedlichsten
Dinge aus meinem Leben und bin
gespannt, wo es mit Snapchat
noch hingehen wird.
Philipp Steuer, 25, wurde
berühmt, weil er auf seinem
YouTube-Kanal das aktuelle
Tagesgeschehen kommentiert. Hunderttausende
sehen ihm regelmäßig dabei
zu. Gerade ist sein neues
Buch »Snap me if you
can« erschienen, in dem er
Unwissenden die SocialMedia-Plattform »Snapchat« erklärt.
SPIEGEL-Verlag
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Stellvertretende Chefredakteure
Susanne Beyer
Dirk Kurbjuweit
Alfred Weinzierl
Redaktionsleitung
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Mitarbeit
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Francesco Giammarco
Bartholomäus Grill
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Peter Neitzsch
Christopher Piltz
Almut Steinecke
Bildredaktion
Sabine Döttling
Schlussredaktion
Katharina Lüken
Reimer Nagel
Produktion
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Petra Thormann
Dokumentation
Ulrich Booms
Verantwortlich für Anzeigen
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Anzeigenobjektleitung
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Objektleitung
Manuel Wessinghage
Druck
appl druck,
Wemding
UNI SPIEGEL wird auf Papier aus verant-
wortungsvollen Quellen gedruckt.
Gültige Anzeigenpreisliste
Nr. 17 vom 1. Januar 2016
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Den UNI SPIEGEL erhalten alle
Bezieher des SPIEGEL-Studentenabonnements.
Vertrieb Hochschulen:
Campusdirekt Deutschland GmbH,
Tel. +49 (0) 921/787 78 59-0
Der nächste UNI SPIEGEL erscheint
am 9. April 2016
Eine Tasse Tee, ein Teller Suppe, eine Wolldecke – wenn im Winter: Das ganze Jahr über sind die Helfer unterwegs,
es draußen so kalt ist wie in diesen Monaten, können es solche um das Leben auf der Straße erträglicher zu machen – nicht
Dinge sein, die Obdachlosen das Leben retten. Corinna Ruttert, nur mit Mahlzeiten und warmer Kleidung, sondern auch mit
die in Düsseldorf Kommunikationsdesign studiert, hilft seit Gesprächen. Die Arbeit, die die Leute vom »gutenachtbus«
2014 dabei, dass es Menschen ohne festen Wohnsitz ein biss- und andere Ehrenamtliche leisten, wird immer wichtiger: Wie
chen besser geht. Die 25-Jährige arbeitet einmal pro Woche die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe kürzlich
ehrenamtlich für den »gutenachtbus«, ein hauptsächlich durch mitteilte, ist die Zahl der Obdachlosen allein von 2012 bis
Spenden finanziertes Projekt der Initiative »vision:teilen« und 2014 deutschlandweit um 50 Prozent auf rund 39 000 gestiegen.
der Obdachlosenzeitung »fiftyfifty«. Der Bus steht montags Auch Ruttert und ihre Kollegen merken, dass die Wohnungsbis donnerstags erst vor einer Düsseldorfer Kleinkunstbühne losigkeit zunimmt: Mittlerweile suchen jeden Abend rund 60
und dann am Hauptbahnhof. Ruttert kam über eine Kommi- Menschen den Hilfebus auf. Nach dem Dienst, gegen 0.30
litonin zum »gutenachtbus« und war sofort begeistert. Es fühle Uhr, geht Ruttert mit gemischten Gefühlen nach Hause. »Eisich »toll« an zu helfen, sagt sie: »Bei meinem ersten Einsatz nerseits freue ich mich, dass ich helfen konnte. Andererseits
hatte ich eine Wärme in mir, die ich so vorher nicht
macht es mich traurig, dass die Menschen, die ich geS. 42
kannte.« Anders als Einrichtungen in anderen Städten
troffen habe, nicht so wie ich in einem richtigen Bett
versorgt der »gutenachtbus« Obdachlose nicht nur UNI SPIEGEL schlafen können.«
1 /2016
MAX BRUNNERT / UNI SPIEGEL
Studenten studieren nicht nur. Sie erschaffen Kunst, machen Erfindungen, vollbringen außergewöhnliche Leistungen
und helfen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Wie die Studenten in unserer UNI-SPIEGEL-Serie.
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