13 Asylsuchende feiern Weihnachten Im Wohnfoyer für Asylsuchende in Wil kommt trotz unterschiedlicher Religionen festliche Stimmung auf Das Wohnfoyer für Asylsuchende gibt es seit dem Oktober des letzten Jahres. Weil der Betrieb noch neu war, wurde damals nur wenig in Bezug auf Weihnachten gemacht. Dieses Jahr soll den Asylsuchenden Weihnachten näher gebracht werden. Dafür sind im Wohnfoyer und mit den Bewohnern verschiedene Kleinigkeiten geplant. Ausgangspunkt der christlichen Weihnacht ist die Geburt von Jesus. Überlieferungen zufolge war diese am 25. Dezember vor ziemlich genau 2015 Jahren. Traditionell wird an diesem Abend die Weihnachtsgeschichte vorgelesen, welche die beschwerliche Reise von Maria und Josef nach Bethlehem und die anschliessende Geburt Jesu darstellt. Diese Überlieferung stammt aus den Evangelien von Lukas und Matthäus. Von dort kommt auch die vielgesehene Darstellung von Maria und Josef im Stall mit Jesus in der Krippe. Weitere europäische Weihnachtsbräuche wie der Tannenbaum, die Geschenke, das Weihnachtsgebäck und die Weihnachtslieder haben teilweise christliche, teilweise heidnische Hintergründe. Dennoch gehören sie alle zu unserem Weihnachtsfest dazu. In anderen Religionen und Kulturen wird Weihnachten ähnlich, komplett anders oder gar nicht gefeiert. Wie diese Bräuche aneinander vorbeikommen oder sich ergänzen können, damit beschäftigt sich das Wohnfoyer für Asylsuchende in Wil. Mit ihren Bewohnern wollen sie die weihnächtliche, festliche Stimmung geniessen, dennoch müssen unbedingt alle Religionen respektiert werden. Weihnachten im Wohnfoyer Bilder: Pascal Scheiwiler/z.V.g. Das Wohnfoyer gibt es seit letztem Jahr und war ursprünglich als befristete Entlastungsunterkunft für die bestehenden kantonalen Zentren geplant. Durch den aktuell hohen Zustrom von Asylsuchenden ist eine Auflösung des Wohnfoyers nicht absehbar. Paare, Familien mit Kindern oder Einzelpersonen wohnen in den 25 Zimmern des Foyers. Um den Bewohnenden Weihnachten näher zu bringen, hat das Team beschlossen, das Haus festlich zu dekorieren. Mit Schneespray wurden die Fenster bemalt und im Haus selber hängen Gestecke aus Tannenästen, verziert mit Kugeln und Sternen. Auch im Unterricht wird Weihnachten behandelt. Mit den Kindern werden verschiedene Dekorationen gebastelt und der Hintergrund von Weihnachten wird erklärt. «So gut es an der sprachlichen Barriere vorbeigeht, versuchen wir, den gesellschaftlichen und familiären Aspekt von Weihnachten den Asylsuchenden zu vermitteln», informiert Christian Martin, der Lehrer des Wohnfoyers. Aber es sei nicht immer einfach, die religiösen Hintergründe komplett auszublenden. Vor allem auch, weil viele Bewohnende allein sprachlich schon Mühe hätten. Deshalb werde die Stimmung und das Zusammensein mehrheitlich vorgelebt, nicht nur erklärt. Dennoch versucht die Hausleitung, Weihnachten als Fest zu gestalten. «Wir Die Asylsuchenden im Wohnfoyer hängen weihnächtliche Dekorationen an den Wänden auf. wollen zeigen, wie in der Schweiz gefeiert werden kann. Nicht muss, aber kann», erklärt Gabriella Caputo, Leiterin des Wohnfoyers. «Ein delikates Thema, denn wir respektieren die Religionsfreiheit.» Trotzdem gehört das Feiern von Weihnachten zur Schweizer Kultur und soll deshalb auch in schwierigen Zeiten für Asylsuchende Platz finden. Somit werden sie mit den hiesigen Traditionen und Bräuchen bekanntgemacht, unabhängig davon, ob sie in der Schweiz bleiben dürfen oder nicht. Darum ist an Weihnachten ein gemeinsames Essen mit den Bewohnern geplant, wo sie auch selbst kochen dürfen. Dabei stehen jedoch nicht Weihnachtslieder im Vordergrund, sondern das gemütliche Zusammensein und die festliche Stimmung. Sogar Geschenke soll es geben. Eine Schulklasse aus Kreuzlingen habe viele praktische Dinge wie Spielzeug und Malbücher für die Kinder, aber auch Kleider und andere nützliche Alltagsgegenstände für die Asylsuchenden gesammelt. Diese sollen die Bewohnenden am Weihnachtsabend erhalten, sagt Gabriella Caputo. In den letzten Wochen durfte das Wohnfoyer von einigen grosszügigen Spenden der umliegenden Bevölkerung profitieren. Neben den Kleider- und Sachspenden, die immer wieder direkt ins Wohnfoyer gebracht werden, gab es auch einige Eventeinladungen für die Asylsuchenden. Im Zirkus Rigolo in Winterthur waren sie beispielsweise an der Vorpremiere. Weiter hat Christian Martin mit rund 30 Bewohnern ein Spiel des Fussballclubs St.Gallen besucht. Auch für die Kinder gab es ein spezielles Programm. Sie wurden von den Schülern des Alleeschulhauses Wil zu einem Waldtag eingeladen und zwei Studentinnen haben einen Ausflug in den Walter Zoo in Gossau organisiert. Weihnachten in den Herkunftsländern Gabriella Caputo, Leiterin des Wohnfoyers Die Asylsuchenden haben die Dekorationen in der Stadt Wil schon lange entdeckt. Deshalb waren sie auch nicht verwundert, als diese im Wohnfoyer bald folgten. Auch den Begriff «Weihnachten» konnten viele zuordnen. Allerdings verbinden sie damit komplett verschiedene Erinnerungen. Bashir aus Somalia erklärt, dass er als Muslim nie Weihnachten gefeiert habe, allerdings habe es immer eine grosse Neujahrsfeier gegeben. «Aber ich freue mich darauf», erklärt er. Er sei bereit, Neues über die hiesige Kultur zu lernen. Auch Ali Raza aus Afghanistan ist Muslim. Bei ihm zu Hause habe man Weihnachten nicht wegen der Weihnachtsgeschichte gefeiert, es sei einfach ein grosses Fest gewesen. «Jetzt will ich einmal so feiern, wie es in der Schweiz üblich ist. Hier ist es anders. Ich glaube, es geht mehr um das Miteinander, dass man zusammen etwas macht», ist der Afghane überzeugt. Für viele Muslime ist es das erste Mal, dass sie so stark mit Weihnachten in Berührung kommen. Aber im Wohnfoyer sei das kein Problem, erzählen sie. Es ginge nicht um Religion oder Herkunft, sondern nur darum, etwas zusammen zu unternehmen und miteinander Zeit zu verbringen. Das mache ihnen Spass und es sei toll, die anderen und ihre Familien und Geschichten kennenzulernen. Kayenthiran aus Sri Lanka ist Hindu. Er habe Weihnachten schon früher gefeiert, mit Baum und Geschenken, obwohl es nicht seiner Religion entsprach. «Ich freue mich sehr auf Weihnachten und will dieses Jahr hier im Wohnhaus feiern», sagt er. Ihm gefalle es dort, er habe Freunde gefunden. Die Protestantin Solomé aus Eritrea kennt sich gut aus, was Weihnachten anbelangt. Sie ist informiert über die Weihnachtsgeschichte und kann sich gut an verschiedene Bräuche aus Eritrea erinnern. Das katholische Weihnachtsfest werde auch am 25. Dezember gefeiert. «Aber am 24. sind alle zusammen in der Kirche, den ganzen Tag.» Dort seien Katholiken, Orthodoxe und Muslime willkommen. Spezielle religiöse Traditionen, die miteinander vereinbar seien, werden dann auch von allen Anwesenden gemeinsam gefeiert. Anders sei es bei den Orthodoxen. Dort werde die eigentliche Weihnacht erst am 7. Januar gefeiert. Dafür werde am 6. Januar ein Tag lang gefastet und dann gäbe es ein riesiges Fest mit allen traditionellen Speisen von Eritrea. Dass Solomé dieses Jahr in der Schweiz feiern wird, stört sie aber nicht: «Ich freue mich sehr. Es ist das erste Mal, dass ich den Schnee und die Kälte erlebe. Das ist zwar speziell, aber ich mag es», erklärt sie. Im Wohnfoyer ist die Weihnachtsstimmung bereits jetzt spürbar. Obwohl die Zimmer überbelegt sind, sind die Asylsuchenden glücklich. Sie treffen sich in der Küche oder im Aufenthaltsraum zum gemeinsamen Essen oder Fernsehen. Auch die Weihnachtsdekorationen haben es ihnen angetan. Am besten gefalle ihm die Dekoration mit den Kugeln und Glocken, sagt Kayenthiran. pas
© Copyright 2025 ExpyDoc