zum vierten Monitoring- bericht der Bundesregierung und

BDEW Bundesverband
der Energie- und
Wasserwirtschaft e.V.
Reinhardtstraße 32
10117 Berlin
Stellungnahme
zum vierten Monitoringbericht der Bundesregierung
und zum Bericht der
Expertenkommission
Berlin, 8. Februar 2016
Hintergrund
Im Monitoringprozess der Bundesregierung ist vorgesehen, dass das Bundesministerium für
Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau
und Reaktorsicherheit (BMUB) jährlich gemeinsam einen Monitoringbericht erstellen, der detailliert und kontinuierlich die Entwicklung der Energiewende und der Energiemärkte beobachtet. In diesen faktenorientierten Berichten soll der Fortschritt der Energiewende anhand
von Indikatoren bewertet werden. Alle drei Jahre wird ein Fortschrittsbericht verfasst, der die
längerfristige Entwicklung analysiert. Der Monitoringprozess wird durch eine unabhängige
Expertenkommission begleitet.
Der vierte Monitoringbericht wurde am 18. November 2015 vorgelegt und dokumentiert den
Fortschritt im Jahr 2014. Als Bestandteil der „10-Punkte-Energie-Agenda“ des BMWi, die den
Versuch darstellt, die Energiepolitik in Hinblick auf eine erfolgreiche Energiewende hin zu
strukturieren, trägt das Monitoring zur größeren Transparenz bei und will somit mittelbar auch
die Akzeptanz für die notwendigen Maßnahmen erhöhen. Gleichzeitig hat die Expertenkommission ihre Stellungnahme zu diesem Bericht veröffentlicht. Auf diese beiden Berichte bezieht sich die vorliegende Stellungnahme des BDEW 1+2.
Der BDEW hatte schon bei der Verabschiedung des Energiekonzeptes im Herbst 2010 auf
die Dringlichkeit eines begleitenden Monitoring-Prozesses bei der Umsetzung der vielen verschiedenen energiepolitischen Ziele hingewiesen.
Der Monitoring-Prozess wird durch eine unabhängige Expertenkommission begleitet, die die
Monitoringberichte wissenschaftlich einordnet. Da sie einen anderen Blickwinkel auf das Verfahren des Monitorings und auch auf die Ziele und Maßnahmen im Zusammenhang mit der
Energiewende hat, stellt sie andere Bewertungen an als die Bundesregierung und ist in der
Lage, weitere kritische Punkte zu identifizieren. Diese Position ist für eine möglichst neutrale
und objektive Bewertung der Energiewende und ihrer Fortschritte hilfreich.
Der BDEW begrüßt dieses Vorgehen, um die Vielzahl von energiepolitischen Zielen und
Maßnahmen besser überprüfen und strukturieren zu können, um mögliche Fehlentwicklungen
und Ineffizienzen besser aufdecken zu können.
Der Monitoringprozess ist auf eine öffentliche Mitwirkung angelegt und die Bundesnetzagentur hat offiziell die Konsultation eröffnet. Mit dieser Stellungnahme gibt der BDEW Hinweise
und Anregungen für den Fortgang des Prozesses.
Verbesserung der Datenbasis
Grundsätzlich ist anzumerken, dass die energiestatistische Basis für das Monitoring verbessert werden muss. Das derzeitige Energiestatistikgesetz sollte deshalb nach Meinung des
BDEW an die neuen Anforderungen angepasst werden. Handlungsbedarf besteht nicht nur
1
Der Monitoringbericht und die Stellungnahme der Expertenkommission sind unter der Internetseite der BNetzA abrufbar.
2
Im vorliegenden Text sind die Fundstellen im Monitoringbericht mit „MB“ und in der Stellungnahme der Expertenkommission mit
„EK“ abgekürzt.
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aufgrund der Anforderungen der Monitoring-Berichterstattung, sondern auch durch die Veränderungen der Energiemärkte und der Marktakteure. Vor diesem Hintergrund setzt sich
auch der BDEW für eine Novellierung des Energiestatistikgesetzes ein. So sollte es künftig
einfacher möglich sein, energierelevante Statistiken einzuführen bzw. an neue Rahmenbedingungen anzupassen. Es muss dabei jedoch im Auge behalten werden, dass die statistischen Berichtspflichten für die Energieunternehmen nicht ausgedehnt werden. Das neue
Energiestatistikgesetz sollte die Möglichkeit schaffen, Verwaltungsdaten anderer Bundesbehörden zu nutzen, so dass neue Erhebungen der Statistischen Ämter vermieden werden
können. Dringend erforderlich ist es auch, die bestehenden Erhebungen der Akteure Statistisches Bundesamt, Bundesnetzagentur, BAFA und anderer aufeinander abzustimmen.
Politische Bewertung
Der nun vorliegende vierte Monitoringbericht der Bundesregierung zur Energiewende „Energie der Zukunft“ und die begleitende Stellungnahme durch die unabhängige Experten-Kommission bilden eine wichtige Grundlage, um den Stand der Energiewende zu beurteilen. Es
wurden einige Kritikpunkte des BDEW zu den vorherigen Monitoringberichten berücksichtigt,
bei anderen sieht der BDEW weiter Verbesserungsbedarf.
Der Monitoringbericht erinnert immer wieder an die Zielarchitektur der Energiewende. In der
Gesamtschau wird sichtbar, welche Einzelziele es bereits gibt und in welchen Bereichen sie
mehr oder weniger ausgeprägt und differenziert sind.
Anhand einer umfangreichen Indikatorensammlung werden der Verlauf der Energiewende
und die ergriffenen politischen Maßnahmen betrachtet und bewertet. In der Analyse zeigt sich
in dem Bericht wie schon im vorigen, dass es eine größere Diskrepanz von Zielen und dem
aktuellen Grad der Zielerreichung gibt. Die Expertenkommission stellt in ihrer Stellungnahme
zum Monitoringbericht fest: „Die Energiewende kommt voran, wenn auch insgesamt nicht so
schnell wie ursprünglich geplant und erforderlich.“ Dem kann sich der BDEW insbesondere
mit Blick auf die Energiesektoren Wärme und Verkehr nur anschließen.
Im Betrachtungszeitraum 2014 erfolgte die grundlegende Novelle des Erneuerbaren Energien
Gesetzes (EEG). Mit ihr wurde neben der Festlegung eines verbindlichen Ausbaukorridors,
der insbesondere die Synchronisation mit dem Netzausbau erleichtert, auch die Grundlage
für die zukünftige Ermittlung der Förderhöhe durch Ausschreibungen gelegt.
Es zeigt sich bereits heute, dass sich die politischen Aktivitäten und Maßnahmen ungleich auf
die verschiedenen Energiesektoren Strom, Wärme und Verkehr verteilen. Gerade in den Bereichen Wärme und Verkehr besteht noch enormer Handlungsbedarf. Obwohl die dortigen
Defizite seit Jahren bekannt sind, passiert hier viel zu wenig. Die Energiewende ist ohne die
energetische Modernisierung von Wohngebäuden nicht möglich. Da der Anteil des Neubaus
am Gebäudebestand sehr gering ist, ist es sinnvoll, insbesondere den gesamten Gebäudebestand näher zu betrachten. Drei Viertel der Heizungsanlagen in bestehenden Wohngebäuden sind nicht auf dem Stand der Technik. Daher würde ein Austausch veralteter Technik
durch moderne Geräte bzw. ein Anschluss an effiziente Wärmeversorgungssysteme einen
erheblichen Beitrag zur Emissionsreduktion leisten. Der BDEW begrüßt das aktuell in Kraft
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gesetzte "Anreizprogramm Energieeffizienz" des BMWi, fordert aber weiterhin, wie auch die
Expertenkommission, die Einführung der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Obwohl die Wirksamkeit dieses Instrumentes unangezweifelt ist, schafft die
Bundesregierung es nicht, hierfür Mehrheiten zu organisieren.
Zu begrüßen ist, dass mit dem „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ und dem „Nationalen
Aktionsplan Energieeffizienz“ (NAPE) die Bundesregierung im Jahr 2014 erstmals ein Konzept vorgelegt hat, das aufzeigt, wie die Energiewende im Wärmemarkt vorangetrieben werden soll. Dieses gilt es konsequent umzusetzen. Der BDEW ist davon überzeugt, dass die
enormen Potenziale zur Minderung von Treibhausgasemissionen im Wärmemarkt effizient
und kostengünstig gehoben werden können.
Positiv ist zu bewerten, dass die Bundesregierung auf die Entwicklung der Energiedienstleistungsmärkte, auf Anreize sowie auf Information und Beratung setzt. Wichtig ist, dass Maßnahmen aus dem NAPE, die noch nicht umgesetzt wurden, nun umgehend umgesetzt werden und diesen Maßnahmen auch ermöglicht wird zu wirken. Es muss auch darum gehen,
die bestehenden und noch umzusetzenden Instrumente genau auf Hemmnisse zur Umsetzung von effizienzsteigernden Maßnahmen zu durchleuchten und diese konsequent zu beseitigen.
Im Verkehrsbereich konstatiert die Expertenkommission zu Recht: „Im Verkehr läuft die Entwicklung sogar in die falsche Richtung.“ Nach ihrer Meinung fehlt es an politischem Willen
und Durchsetzungsfähigkeit, die hier besonders wirkungsvollen Instrumente umzusetzen.
Gerade in Zeiten von niedrigen Ölpreisen, bedarf es einer konsequenten Umsetzung einer
E-Mobilitätsstrategie durch die Politik.
Die in diesem Zusammenhang am einfachsten umzusetzende Maßnahme ist die seit langem
erwartete, aber noch nicht erfolgte Umsetzung einer Verlängerung der Energiesteuerermäßigung für Erdgasautos.
Ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Elektromobilität ist auch der weitere Ausbau
öffentlich zugänglicher Normallladeinfrastruktur (AC). Wenn die Bundesregierung ernsthaft
eine nachhaltige und klimafreundliche Mobilität in Deutschland aufbauen will, muss zeitnah
neben der Schnellladeinfrastruktur insbesondere ein Netz öffentlich zugänglicher Normalladesäulen realisiert werden.
Das „Lastpferd“ der Energiewende war 2014 wieder der Stromsektor. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien im Bereich der Stromerzeugung schreitet mit großen Schritten voran. Dabei
kann über die Gründe für dieses rasche Anwachsen des Anteils Erneuerbarer Energien intensiv und kontrovers diskutiert werden – was im Monitoringbericht jedoch weitgehend ausgespart wird.
Mit der Reform des EEG im Jahr 2014 wurde die Basis zur notwendigen und überfälligen
Synchronisation des Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der Stromnetze gelegt. Aufgrund der unter anderem auch gesellschaftlichen Konflikte und der Akzeptanzprobleme beim
Netzausbau, zeigt sich jedoch, dass der Netzausbau „hinter den Anforderungen der Energiewende hinterherhinkt“, wie es die Expertenkommission ausdrückt. Die Lösung dieser Akzep-
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tanzprobleme und der zügige Netzausbau im erforderlichen Maße sind daher zentrale Aufgaben in der näheren Zukunft. Der ab dem 1. Januar 2016 bestehende Vorrang für Erdkabel für
die notwendigen Übertragungsleitungen zwischen Norden und Süden muss erst noch beweisen, dass er zur Lösung beiträgt.
Auch beim Strommarktdesign besteht noch Handlungsbedarf. Der Gesetzesentwurf dazu
befindet sich im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren. Jedoch bestehen gerade in der
Energiewirtschaft Zweifel ob des politischen Versprechens, nicht mehr in die Preisbildung im
Strommarkt eingreifen zu wollen: Auch die Expertenkommission ist hier skeptisch und sieht in
der Kapazitätsreserve sehr wohl eine neue Möglichkeit „zur regulatorischen Preisbeeinflussung“. Das Strommarktgesetz ist auch ein Sinnbild dafür, wie sich die Politik einen freien
Energiemarkt vorstellt. Die Regulierung nimmt immer weiter zu: mit der Schaffung einer Kapazitätsreserve in einer Höhe von 5 Prozent der durchschnittlichen Jahreshöchstlast, mit der
Entfristung der Netzreserve, mit der „Sicherheitsbereitschaft“ von 2,7 GW Braunkohlekraftwerken und mit zwei GW neuen Reservekraftwerken in Süddeutschland. Die Teile des Marktes, auf denen noch die Gesetze der freien Marktwirtschaft gelten, schrumpfen immer mehr
zu einer Randerscheinung.
Außerdem kommen die Experten bei ihren Berechnungen zu geringeren Angaben über die
gesicherte Kraftwerksleistung als die Bundesregierung. Diese gesicherte Kraftwerksleistung
ist jedoch entscheidend für den Grad der Versorgungssicherheit. Und schlussendlich ist die
datenbasierte Begründung der Bundesregierung für ihre Ablehnung eines möglichen Kapazitätsmarkts zu hinterfragen.
Für den BDEW bleibt es daher bei der Kritik, dass die aktuelle (und notwendige) Ertüchtigung
des Strommarktes langfristig nicht für die Sicherstellung der Versorgung ausreichend ist und
dass ohne eine Verknüpfung mit der Frage nach dem zukünftigen Kraftwerkspark im Rahmen
einer Dekarbonisierung ein neues Marktdesign nicht zukunftsfähig ist. Die Bundesregierung
verweigert damit auch eine Antwort auf die Frage, wie die wirtschaftliche Basis von Energieversorgern mit eigenen Erzeugungsanlagen, außerhalb der bestehenden Förderregime wie
EEG oder Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWK-G), langfristig und nachhaltig verbessert
werden kann.
Die Expertenkommission fordert schließlich in ihrer Stellungnahme, neben der sehr faktenorientierten Darstellung von Indikatoren im Monitoringbericht, auch mehr auf die Analyse und
Bewertung der beobachteten Entwicklungen zu setzen.
Die Expertenkommission stellt zwar den weiteren Ausbau des Anteils Erneuerbarer Energien
in der Stromerzeugung positiv heraus. In nahezu allen anderen beobachteten Bereichen sieht
sie dagegen „ausgeprägte Risiken“ für die Zielerreichung:

Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch hatte im Betrachtungszeitraum 2014 einen Wert von 13,5 Prozent. Das Ziel für 2020 liegt jedoch bei
18 Prozent. Die Erreichung dessen ist momentan mehr als fraglich, denn zuletzt stieg
beispielsweise der Endenergieverbrauch im Verkehrsbereich wieder an.

Der gesamte Primärenergieverbrauch sinkt bei weitem nicht in dem Maße, wie es erforderlich wäre.
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
Auch die Endenergieproduktivität steigt auf einem solch schwachen Niveau, dass ab
2015 eine durchschnittliche jährliche Steigerung von über 3 Prozent nötig wäre, um das
2020-Ziel noch erreichen zu können; ein aus aktueller Sicht illusorischer Wert.

Diese Entwicklungen gefährden schließlich auch die nationalen Ziele zur Treibhausgasreduktion bis 2020.
Auch der BDEW erkennt viele Risiken und kann etliche Aussagen der Expertenkommission
unterstreichen. Auf die einzelnen Punkte wird im Laufe dieser Stellungnahme noch konkret
eingegangen.
Die Expertenkommission kritisiert zu Recht auch die fehlenden Entwicklungs- und Lösungsansätze im Monitoringbericht. Beispielsweise wird unter Sektorkopplung im Monitoringbericht
verkürzt die Nutzung von Überschussstrommengen in den anderen Energiesektoren Wärme
und Verkehr gesehen. Existierende Technologien und Konzepte wie die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), die gerade Stromsektor und Wärmesektor volkswirtschaftlich sinnvoll verbindet,
werden teilweise ihrem Potenzial nicht angemessen dargestellt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, wenn gerade bei der KWK auch in der Stellungnahme der Expertenkommission
von völlig überzogenen CO2-Vermeidungskosten der KWK ausgegangen wird.
Auch wenn 2015 einige wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht wurden, bleiben entscheidende Grundsatzfragen sowohl zum Strommarkt und zum künftigen Kraftwerkspark als
auch zur Strategie für Effizienzsteigerung und E-Mobilität unbeantwortet. Es kommt also auf
die zukünftigen Entwicklungen an, die allerdings erst im weiteren Monitoringprozess auf ihre
Wirkung hin überprüft werden können.
Einzelaspekte
Erneuerbare Energien
Der Monitoring-Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums zeigt, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien im Stromsektor auf Zielerreichungskurs liegt. Dies bestätigen auch die
jüngsten Schätzungen für das Jahr 2015, die BDEW und ZSW Anfang November vorgelegt
haben. Demnach ist für 2015 eine Rekordeinspeisung aus Erneuerbaren Energien zu erwarten, die voraussichtlich einen Anteil von etwa 33 Prozent am Bruttostromverbrauch ausmachen wird. Deutliche Zuwächse verzeichneten dabei vor allem die Stromerzeugung aus Windkraft und Photovoltaik (PV)3.
Diese Daten bestätigen noch einmal die vom BDEW wiederholt vorgetragene Position, dass
die Markt- und Systemintegration der Erneuerbaren Energien zügig weiter vorangebracht
werden muss. Allein das Erreichen bestimmter Ausbauziele sagt wenig über den Grad der
Integration des erzeugten Stroms aus Erneuerbaren Energien aus. Vor diesem Hintergrund
betont der BDEW noch einmal, dass die grundlegende Reform der Förderung der Erneuerba3
Pressemitteilung BDEW/ZSW: „Erneuerbaren-Anteil steigt 2015 voraussichtlich auf 33 Prozent“
(https://www.bdew.de/internet.nsf/id/20151103-pi-erneuerbaren-anteil-steigt-2015-voraussichtlich-auf-33-prozentde?open&ccm=900010020010).
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ren Energien, wie sie die Bundesregierung im EEG 2014 auf den Weg gebracht hat, richtig
und notwendig war. Der BDEW begrüßt in diesem Zusammenhang vor allem die Einführung
der verpflichtenden Direktvermarktung sowie die Umstellung auf eine wettbewerbliche Ermittlung der Förderhöhe. Der BDEW stimmt auch der Aussage der Expertenkommission zu, dass
die Anpassung der Degression bei Über- oder Unterschreitung der Ausbaukorridore im gegenwärtigen Fördermechanismus zu keiner verlässlichen Ausbau-/Mengensteuerung führt.
Dafür sorgt vielmehr die Umstellung auf Ausschreibungen, wie sie die Bundesregierung nach
einem erfolgreichen Pilotmodell im Bereich der PV-Freiflächenanlagen auch für weitere EETechnologien einführen wird. In diesem Zusammenhang ist daher darauf hinzuweisen, dass
hohe De-Minimis-Schwellen, wie sie die Eckpunkte des Bundeswirtschaftsministeriums zu
den Ausschreibungen – vor allem für Photovoltaik-Dachanlagen – definieren, dem Ziel einer
effektiven Mengensteuerung entgegenstehen. Damit wäre der bei weitem überwiegende Teil
des PV-Dachsegments von den Ausschreibungen ausgenommen.
Kritisch bewertet der BDEW die Aussage des Monitoringberichts, dass allein Wind- und Solaranlagen im Fokus der Förderung stehen. Begründet wird dies mit niedrigen Förderkosten.
Auch wenn diese beiden Technologien für den Ausbau der Erneuerbaren Energien eine zentrale Rolle spielen, wird die Aussage nicht der Tatsache gerecht, dass Strom aus Biomasse
zukünftig ergänzend einen wichtigen Beitrag zur fluktuierenden Erzeugung von Wind- und
Solarstrom leisten kann. Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht des BDEW falsch, dass in
den o. g. Eckpunkten des Bundeswirtschaftsministeriums eine Ausschreibung für neue Biomasse-Anlagen nicht vorgesehen ist. Der BDEW hat diesbezüglich weiterführende Vorschläge in seiner Stellungnahme zu den BMWi-Eckpunkten gemacht.4
Einen weiteren Schwerpunkt innerhalb des Kapitels Erneuerbare Energien bilden im Monitoringbericht die Änderungen der Regelungen zu Eigenversorgung/Selbstverbrauch im EEG
2014. Auch wenn der BDEW grundsätzlich begrüßt, dass sich die Bundesregierung dieses
Themas angenommen hat, gehen die Regelungen im EEG 2014 nicht weit genug. Nach Auffassung des BDEW ist das Thema Selbstverbrauch nach wie vor von herausgehobener Relevanz, da die Gefahr volkswirtschaftlicher Ineffizienzen besteht. Daher muss selbstverbrauchter Strom aus neuen Eigenerzeugungsanlagen, wie der aus dem Netz der allgemeinen Versorgung bezogene Strom, grundsätzlich mit allen Abgaben und Umlagen belastet werden.
Der BDEW begrüßt, dass aus Sicht der Bundesregierung das Thema Erneuerbare Energien
im Verkehrssektor eine größere Rolle spielen soll. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen
Maßnahmen zur Verbesserung der gegenwärtigen Rahmenbedingungen ergriffen werden.
Energieverbrauch und Energieeffizienz
Die Daten im Monitoringbericht zeigen, dass sowohl Energieverbrauch als auch Energieeffizienz sich in Richtung der gesetzten Ziele für 2020 entwickeln. Zu Recht weist der Bericht
aber darauf hin, dass zur Erreichung der angestrebten Ziele weitere Maßnahmen erforderlich
4
BDEW-Stellungnahme zu den Eckpunkten des Bundeswirtschaftsministeriums „Ausschreibung für die Förderung Erneuerbarer
Energien“, Berlin, 29.09.2015, S. 46ff.
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sind. Nicht zuletzt die Analyse der Einflussfaktoren auf den Primärenergieverbrauch (Abb.
4.2, MB S. 25) belegt die Bedeutung der Energieeffizienz. Als Maß für die Steigerung der
Energieeffizienz wird richtigerweise die Energieproduktivität herangezogen, nur sie ist das
korrekte Maß für die Energieeffizienz. Sie stellt die Effizienzsteigerung – und damit den Erfolg
der bisher eingeführten Maßnahmen – konjunkturunabhängig dar. Die ausgewiesenen Erfolge zeigen, dass die bisherigen Maßnahmen, die ganz überwiegend marktbasiert wirken, erfolgreich sind. Eine Weiterentwicklung der Maßnahmen zur Effizienzsteigerung muss diesen
Weg konsequent fortsetzen, insbesondere müssen die Märkte für Energiedienstleistungen
weiter in ihrer Entwicklung unterstützt werden. Um das Ziel der Endenergieproduktivität für
2020 noch zu erreichen, müsste sie allerdings von 2015 an jedes Jahr um rund drei Prozent
zulegen.
Gebäude
Die Wirkung der klimatischen Einflüsse auf End- und Primärenergieverbrauch (MB S. 24 f.)
zeigt deutlich die Bedeutung des Gebäudesektors für die Erreichung der Ziele für das Jahr
2020. Die bisher erzielten Erfolge im Gebäudesektor dürfen nicht darüber hinwegtäuschen,
dass es hier zusätzlicher Maßnahmen bedarf, um das ambitionierte Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 zu erreichen. Die im Steckbrief (MB S. 38 f.) aufgeführten Maßnahmen können einen deutlichen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten. Die
Umsetzung der Maßnahmen muss aber, soweit noch nicht geschehen, sehr zeitnah erfolgen.
Die Maßnahmen müssen technologieneutral und akteursoffen ausgestaltet sein.
Im Bereich der Fördermaßnahmen ist zu prüfen, wie der Zugang zu Fördermitteln für den
Anspruchsberechtigten vereinfacht werden kann. Eine zentrale Stelle zur Unterstützung investitionswilliger Energiekunden bei der Auswahl geeigneter Fördermaßnahmen würde die
Inanspruchnahme und damit die Investitionstätigkeit steigern.
Der weitere Prozess der Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV) muss, wie
schon im NAPE angekündigt, stärker mit der Weiterentwicklung des Gesetzes zur Förderung
Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (EEWärmeG) verknüpft werden, nur so kann die
Akzeptanz und Umsetzung beider Regelungen verbessert werden.
Zu begrüßen ist, dass die Bundesregierung im Jahr 2014 mit dem „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ und dem NAPE erstmals ein Konzept vorgelegt hat, das aufzeigt, wie die Energiewende im Wärmemarkt vorangetrieben werden soll. Dieses gilt es konsequent umzusetzen. Der BDEW ist davon überzeugt, dass die enormen Potenziale zur Minderung von Treibhausgasemissionen im Wärmemarkt effizient und kostengünstig durch folgende Handlungen
gehoben werden können:

CO2-Vermeidungskosten als technologieneutralen und wirksamen Maßstab für CO2-Minderung etablieren,

Hemmnisse abbauen, um Rahmenbedingungen für Dienstleistungsmärkte zu verbessern,

Beratung und Information stärken,
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
Förderung verstetigen und Planungssicherheit schaffen.
Positiv ist zu bewerten, dass die Bundesregierung auf die Entwicklung der Energiedienstleistungsmärkte, Anreize sowie Information und Beratung setzt. Wichtig ist, dass Maßnahmen
aus dem NAPE, die noch nicht umgesetzt wurden, jetzt umgesetzt werden und diesen Maßnahmen ermöglicht wird zu wirken. Weiterhin muss es auch darum gehen, die bestehenden
und noch umzusetzenden Instrumente genau auf Hemmnisse zur Umsetzung von effizienzsteigernden Maßnahmen zu durchleuchten und diese konsequent zu beseitigen.
Verkehr
Zur Reduktion des Endenergieverbrauchs sowie der CO2-Emissionen im Verkehrssektor sind
aus Sicht des BDEW noch deutliche Nachbesserungen bei den dortigen Rahmenbedingungen erforderlich.5 Emissionsminderungen sollen durch Diversifizierung von Antrieben und
Kraftstoffen erreicht werden. Fahrzeuge mit alternativen Antrieben können sich aber nur dann
im Markt durchsetzen, wenn die dafür notwendigen Kraftstoffe verfügbar sind und eine einheitliche, gut ausgebaute, interoperable Infrastruktur vorhanden ist.
Erdgasfahrzeuge stoßen rund 25 Prozent weniger CO2 als Benzinfahrzeuge und etwa
90 Prozent weniger Stickoxide als Dieselfahrzeuge sowie nahezu keinen Feinstaub aus.
Beim Einsatz von reinem Bio-Erdgas können die CO2-Emissionen sogar um bis zu 97 Prozent gesenkt werden. Entsprechend sollten klimaschonende Erdgasfahrzeuge neben Elektroautos in den Beschaffungsprogrammen des Bundes berücksichtigt werden.
Die Energiebranche betreibt bereits heute rund 920 Erdgastankstellen in Deutschland. An
jeder dritten Erdgaszapfsäule wird das regenerative Erdgas-Pendant beigemischt, rein rechnerisch befinden sich derzeit über 20 Prozent Bio-Erdgas im vertankten Erdgas. An mehr als
180 Erdgastankstellen ist 100 Prozent Bio-Erdgas erhältlich. Die Energiewirtschaft hat im
Vertrauen auf die politischen Zusagen bezüglich der Energiesteuerermäßigung für Erdgas als
Kraftstoff in den weiteren Ausbau des Erdgastankstellennetzes sowie die Instandhaltung der
vorhandenen Infrastruktur investiert. Durch die seit langem erwartete, aber noch nicht erfolgte
Umsetzung dieser Verlängerung der Energiesteuerermäßigung ist jedoch eine Investitionszurückhaltung bereits erkennbar. Eine rasche Umsetzung der Verlängerung der Steuerermäßigung für Erdgas als Kraftstoff wäre ein wichtiges Signal – einerseits für die Verbraucher und
(potenzielle) Fahrer von Erdgasfahrzeugen, aber auch für die deutsche Industrie und den
Ausbau sowie Weiterbetrieb von Erdgastankstellen. Ohne eine entsprechende leistungsfähige Tankstelleninfrastruktur für alternative Kraftstoffe wird Deutschland die Vorgaben für eine
nationale Umsetzung der EU-Richtlinie über den Aufbau einer Infrastruktur für alternative
Kraftstoffe nicht realisieren können.
Der BDEW begrüßt, dass die Bundesregierung am Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen
bis 2020 festhält. Als Grundlage für die Markthochlaufphase der Elektromobilität wurden bereits große Anstrengungen beim Aufbau öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur unternom5
Der BDEW hat im Bereich Mobilität Maßnahmenvorschläge gemacht, die zeitnah umgesetzt werden sollten, siehe BDEWPositionspapier „Marktentwicklungsprogramm Elektromobilität“ vom 15. Juni 2015.
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men. Hier ist die Energiebranche erheblich in Vorleistung gegangen und betreibt heute rund
5.600 öffentlich zugängliche Ladepunkte. Die Ausstattung der bewirtschafteten Rastanlagen
auf den Bundesautobahnen mit Schnellladestationen ist eine wichtige Maßnahme für die weitere Verbreitung von Fahrzeugen mit elektrischen Antrieben. Jedoch ist auch der weitere
Ausbau öffentlich zugänglicher Normallladeinfrastruktur (AC) ein entscheidender Faktor für
den Erfolg von Elektromobilität in Deutschland. Wenn die Bundesregierung ernsthaft eine
nachhaltige und klimafreundliche Mobilität in Deutschland aufbauen will, muss zeitnah neben
der Schnellladeinfrastruktur insbesondere ein Netz öffentlich zugänglicher Normalladesäulen
realisiert werden. Der BDEW hat hierzu im Sommer 2015 einen Vorschlag für ein partnerschaftliches Finanzierungskonzept zwischen öffentlicher Hand und Wirtschaft vorgestellt. Um
den Finanzierungsbedarf für dieses Programm möglichst gering zu halten, soll zunächst ein
Infrastrukturprogramm für den Aufbau von 10.000 zusätzlichen AC-Ladesäulen im Zeitraum
von 2015 bis 2017 erfolgen. Dadurch würde in den kommenden zwei Jahren eine Grundausstattung an öffentlich zugänglichen Normalladesäulen entstehen. Dies ist für Nutzer ohne
regelmäßigen Stellplatz mit Lademöglichkeit relevant oder auf Parkflächen sinnvoll, an denen
das Elektroauto während einer Verweildauer von einigen Stunden abgestellt wird.
Treibhausgasemissionen
Die Expertenkommission stellt fest (EK Rz. 25), dass unter Berücksichtigung des Temperatureinflusses der Rückgang der Treibhausgas-(THG)-Emissionen im Jahr 2014 lediglich
1,7 Prozent und nicht 4,3 Prozent betragen würde. Der BDEW vertritt die Auffassung, dass
eine Temperaturbereinigung hilfreich ist, um eine sachgerechte Bewertung der erreichten
THG-Minderungen insbesondere im Wärmebereich vornehmen zu können. Während eine
Temperaturbereinigung den Rückgang der Emissionen zwischen den Jahren 2013 und 2014
relativiert, ist aber gleichermaßen festzustellen, dass sich der über den Zeitraum von 1990 bis
2014 zu verzeichnende Rückgang von 26,7 Prozent in der temperaturbereinigten Bilanzierung nur unwesentlich von der unbereinigten Entwicklung unterscheidet, die einen Rückgang
von 27,0 Prozent gegenüber 1990 aufweist. Die Emissionen der Stromerzeugung, die nur
bedingt temperaturabhängig sind, sind im Jahr 2014 gegenüber 2013 um 5,0 Prozent überproportional zurückgegangen.
Die Expertenkommission erkennt über den Zeitraum 2008 bis 2014 eine Diskrepanz zwischen den von der Bundesregierung ausgewiesenen durch Erneuerbare Energien vermiedenen Emissionen (53 Mio. t CO2-Äquivalente) und dem tatsächlich beobachteten Rückgang
der THG-Emissionen (65 Mio. t CO2-Äquivalente) (EK Rz. 26). Sie bittet in diesem Zusammenhang das Umweltbundesamt um eine Plausibilitätskontrolle, da sie bezweifelt, dass die
Erneuerbaren Energien mit über 80 Prozent zur Emissionsminderung beigetragen haben.
Der BDEW begrüßt die Forderung nach einer Plausibilitätskontrolle, die darauf abzielt, den
einzelnen Instrumenten der Energie- und Klimapolitik sachgerechte Emissionsminderungsbeiträge zuzuweisen. Diesbezüglich ist anzumerken, dass eine direkte Vergleichbarkeit der
durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien vermiedenen Emissionen und der statistisch
beobachteten Entwicklung nicht zwangsläufig gegeben ist. Die Bestimmung der vermiedenen
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Emissionen erfolgt üblicherweise über eine vereinfachte energieträgerspezifische Substitutionsbetrachtung, die den realen Verhältnissen eines Jahres nicht immer gerecht wird.
Für die Bewertung der vermiedenen Emissionen bei der Stromerzeugung sind zudem zwei
weitere Effekte zu berücksichtigen. Zum einen müssen die Mehremissionen durch die Stilllegung einer Reihe von Kernkraftwerken im Jahr 2011 in der vergleichenden Betrachtung berücksichtigt werden, da die von der Bundesregierung verwendeten Substitutionsfaktoren für
Erneuerbare Energien keine Verdrängung bzw. keinen Ersatz von Kernenergie vorsehen.
Zum anderen besteht die Gefahr, dass bei der Bestimmung der Emissionen des fossilen
Substitutionsmix die Wirkungsgradverluste durch erhöhte fluktuierende Einspeisung aus
Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen und häufigeres An- und Abfahren der konventionellen
Kraftwerke nicht den Erneuerbaren Energien angelastet, sondern indirekt gutgeschrieben
werden, da die fossilen Vergleichswerte für die Stromerzeugung entsprechend ungünstiger
ausfallen, als dies ohne Einspeisung der Erneuerbaren Energien der Fall gewesen wäre.
Die Expertenkommission stellt fest (EK Rz. 27), dass für die Einhaltung des 2020-Ziels in den
noch fehlenden sechs Jahren die Emissionen jährlich um 28 Mio. t CO2-Äquivalente zurückgehen müssen. Für die Beurteilung der Emissionsentwicklung und einer eventuell noch verbleibenden Minderungslücke ist aus Sicht des BDEW eine systematische modellgestützte
Fortschreibung der Projektionsberichte der Bundesregierung unter Berücksichtigung aller
bereits umgesetzten und der neu beschlossenen Minderungsmaßnahmen einschließlich des
Aktionsprogrammes Klimaschutz erforderlich:

Bei der Betrachtung sollte ein Erreichen der Ausbaukorridore unter dem EEG unterstellt
werden.

Der Minderungsbeitrag durch Effizienzsteigerungen im konventionellen Kraftwerkspark
durch in Bau befindliche Neuanlagen sowie bei der Bundesnetzagentur angemeldete
Stilllegungen muss angemessen berücksichtigt werden.

Darüber hinaus sind noch die Emissionsminderungen durch weitere vor 2012 bereits
beschlossene und bis 2020 fortwirkende Maßnahmen insbesondere im Wärmemarkt, im
Verkehrssektor und zur Minderung von Nicht-CO2-Emissionen zu berücksichtigen.

Durch das Klimaaktionsprogramm einschließlich Maßnahmen aus dem NAPE und dem
Aktionsprogramm Klimaschutz soll eine zusätzliche Minderung von 62 bis 78 Mio. t CO2Äquivalenten erreicht werden, was in den verbleibenden sechs Jahren einer jährlichen
Minderung von 10 bis 13 Mio. t CO2-Äquivalenten pro Jahr entspräche.
Die Expertenkommission untersucht ebenfalls den erwarteten Beitrag der Elektrizitätswirtschaft zur Emissionsminderung (EK Rz. 30). Es wird allerdings nur auf die zusätzlichen Wirkungen der geplanten Braunkohlereserve (bis zu 12,5 Mio. t CO2-Äquivalente) und der Novelle des KWK-Gesetzes (4 Mio. t CO2-Äquivalente) eingegangen. Für die Bewertung des bis
zum Jahr 2020 zu erreichenden Minderungsbeitrags ist zu berücksichtigen, dass die Elektrizitätswirtschaft in den Projektionen der Bundesregierung auch ohne diese neue Maßnahmen
bereits über das EEG und die marktgetriebene Modernisierung des konventionellen Kraftwerksparks sowie weitere bereits vor 2014 beschlossene Maßnahmen einen Minderungsbeitrag von über 45 Mio. t CO2-Äquivalenten bis zum Jahr 2020 gegenüber 2014 erbringen wird.
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Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass viele Maßnahmen des NAPE auf eine Senkung
des Stromverbrauchs abzielen und so eine weitere Minderung der Emissionen der Stromwirtschaft in Millionenhöhe induzieren.6
Die Expertenkommission beziffert die zu erwartenden Kosten der Braunkohlereserve mit
1,6 Mrd. Euro über sieben Jahre (EK Rz. 30). Bei der Bewertung der Kosteneffizienz dieser
Maßnahme ist zu berücksichtigen, dass die Wirkung der beabsichtigten Stilllegungen (Minderung von 11 bis 12,5 Mio. t CO2-Äquivalenten/Jahr) weit über das Jahr 2020 hinausreichen.
Folgt man der Methodik und den Ergebnissen des aktuellen Projektionsberichts 2015 der
Bundesregierung werden die Minderungsbeiträge der Stilllegungen umfänglich bis zum Jahr
2030 und teilweise noch darüber hinaus fortwirken. Vergleicht man die Kosten der Braunkohlereserve mit den Kosten eines (jährlichen) Ankaufs von EU-Emissionszertifikaten in gleicher
Größenordnung der CO2-Minderung, sind die über den gesamten Zeitraum 2018 bis 2030
anzusetzenden Kosten in etwa gleich (rund 10 Euro/Tonne CO2-Äquivalente). Die beiden
Instrumente sind in ihrer volkswirtschaftlichen und klimapolitischen Wirkung aber nicht gleichzusetzen: Während ein Ankauf von Emissionsberechtigungen mit anschließender Löschung
eine unmittelbare Auswirkung auf den europäischen Emissionsminderungspfad hat und letztlich den CO2-Preis graduell erhöht, wirkt die Braunkohlereserve zuvorderst national und führt
zwangsläufig zu einer gewissen Emissionsverlagerung ins Ausland und durch den induzierten
Nachfragerückgang zu einer gewissen tendenziellen Absenkung des europäisch gebildeten
CO2-Preises.
Die Expertenkommission stellt sich ferner die Frage (EK Rz. 30), ob die geplante Novelle des
KWK-Gesetzes bis zum Jahr 2020 eine Emissionsminderung von 4 Mio. t CO2-Äquivalenten
bewirken kann, da hierfür Erdgas-KWK-Anlagen mit einer jährlichen Stromerzeugung von
rund 10 TWh errichtet werden müssten und die erforderlichen Baumaßnahmen mehr Zeit in
Anspruch nehmen könnten. Diesbezüglich ist anzumerken, dass die Bestandsanlagenförderung unmittelbar wirken soll. Darüber hinaus befinden sich bereits genehmigte erdgasgefeuerte KWK-Anlagen auf Gas- bzw. Dampfturbinenbasis mit einer Leistung von mehr als 2 GW
im Bau oder im bereits weit fortgeschrittenen Planungsstadium. Der Bruttozubau an erdgasgefeuerten Verbrennungsmotoren hat in den letzten Jahren durchschnittlich 450 MW im Jahr
betragen. Damit die Minderungen gelingen, muss die Novelle des KWK-G aber zügig erfolgreich abgeschlossen werden. Der BDEW hat diesbezüglich eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen eingebracht. Mit der zweiten und dritten Lesung zum KWK-G-Entwurf auf Grundlage der deutlichen Nachbesserungen des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages am 3. Dezember 2015 ist das novellierte KWK-G 2016 nach am 1. Januar 2016 in Kraft
getreten und wird somit weitere CO2-Emissionsminderungen anreizen. Gemäß der im KWK-G
2016 neu festgeschriebenen Zielstellung ist mit zusätzlichen CO2-Emissionsreduktionen in
Höhe von mindestens 7 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten/Jahr bis 2020 bzw. mindestens
11 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten/Jahr bis 2025 zu rechnen.
6
siehe Tabelle 3, S. 55 des Berichtes der Expertenkommission: z. B. Top-Runner-Initiative, Ausschreibungsmodell und KfWEnergieeffizienzprogramm
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Die Expertenkommission geht davon aus, dass die Stromerzeugung in KWK über den Zeitraum 2012 bis 2014 zurückgegangen sei. Für den Bereich der allgemeinen Versorgung ist
tatsächlich nicht zuletzt aufgrund der warmen Witterung ein deutlicher Rückgang der KWKStromerzeugung zu verzeichnen gewesen. Die Expertenkommission beobachtet aber zudem
eine Stagnation der KWK-Stromerzeugung in Industriekraftwerken im Jahr 2014, während
jedoch die kürzlich veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamts eine deutliche Zunahme auf 29,7 TWh in 2014 ausweisen. Die KWK-Stromerzeugung aus KWK-Anlagen, die
nicht in der amtlichen Statistik erfasst werden, lässt sich über die von den Übertragungsnetzbetreibern berichteten Stromeinspeisungen unter EEG und KWK-G sowie den vom ÖkoInstitut jährlich erhobenen Leistungszubau bei Klein-Blockheizkraftwerken abschätzen. Während der Zuwachs von KWK-Anlagen, die mit fester und flüssiger Biomasse betrieben werden, in den letzten zwei Jahren stagnierte, ist ein erheblicher weiterer Zubau von Blockheizkraftwerken, die nicht in der amtlichen Statistik erfasst sind und die mit Erdgas, Bio-Erdgas
und Biogas betrieben werden, verbunden mit einer Zunahme der Erzeugung aus Kleinanlagen auf voraussichtlich mindestens 30 TWh zu verzeichnen gewesen. In Summe über alle
Sektoren hat nach Einschätzung des BDEW die gesamte KWK-Stromerzeugung des Jahres
2014 trotz der warmen Witterung und des starken Rückgangs in der allgemeinen Versorgung
nahezu auf Vorjahresniveau gelegen.
Kraftwerke und Versorgungssicherheit
Im Monitoringbericht (MB S. 60) wird der installierte Leistungszubau beschrieben und dabei
nicht darauf verwiesen, dass die Kapazitäten mit Blick auf die Verfügbarkeit und die Gewährleistung der Versorgungssicherheit nicht gleichwertig sind. Es erfolgt eine kommentarlose
Gleichsetzung aller Kraftwerkstypen und Altersgruppen von Kraftwerken in Bezug auf ihre
Funktionalität (Verweis auf EK Rz. 136 und 141). Es wird auch auf eine Darstellung der erbrachten Arbeitsbeiträge im Verhältnis zur installierten Erzeugung verzichtet, obwohl der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung ansonsten als Erfolg verbucht
wird (MB S. 28). Darüber hinaus ist die Darstellung der Entwicklung der installierten Leistung
ab 2008 (MB Abb. 8.1, S. 60) aufgrund einer inkonsistenten Datenbasis verzerrt und irreführend dargestellt. Für das Jahr 2008 wird eine Leistung der fossilen Energieträger in Höhe von
84,1 GW angegeben und beim Übergang von 2010 auf 2011 erfolgt ein unplausibler Leistungssprung um knapp 4 GW. Die Daten aus dem Jahr 2008 stammen aus dem Monitoringbericht 2010 und basieren auf der Datenerhebung bei den VNB und ÜNB, wobei der Monitoringbericht klar darauf verweist, dass es sich um keine Vollerhebung handelt. Bis 2010 wird
dann weiterhin auf den jeweils aktuellen Monitoringbericht bzw. die erhobenen Daten zurückgegriffen, ab 2011 ist dann die Auswertung der Bestandskraftwerksliste der Bundesnetzagentur maßgeblich, die umfassender als die Erhebung ist und zudem die Industriekraftwerke in
Areal- und Objektnetzen besser erfasst. In der Konsequenz ist der Startwert 2008 der Grafik
deutlich zu gering (gemäß Bestandskraftwerksliste der BNetzA je nach Abgrenzung der Energieträger um 3 bis 5 GW zu niedrig im Jahr 2008) und es wird dadurch suggeriert dass zwischen 2008 und 2014 ein Netto-Zubau bei den fossilen Energieträgern von 10 GW erfolgt sei,
obwohl der Nettozubau in dieser Phase deutlich geringer ausgefallen ist. Gerade vor dem
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Hintergrund der aktuellen Debatte im Erzeugungsbereich sollten solche offensichtlichen Dateninkonsistenzen geprüft, plausibilisiert und richtig gestellt werden.
Weiterhin wird im Monitoringbericht richtigerweise hervorgehoben, dass "die Stromerzeugungskapazitäten ...heterogen über Deutschland verteilt" sind (MB S. 62), allerdings erfolgt
kein Hinweis darauf, dass sich dies mit dem Ausstieg aus der Nutzung der Kernkraft sehr
bald und planmäßig ändern wird. Einen Hinweis für die Veränderung liefert der vorgesehene
Zubau von rund 2 GW Leistung Netzreserve in Süddeutschland bis 2022. Es erfolgt ferner im
Monitoringbericht kein Hinweis darauf, dass mit dem Entwurf zum Klimaschutzplan 2050,
über die angesprochene Stilllegung von Braunkohlekraftwerken hinausgehend (MB S. 65),
praktisch ein „Ausstieg“ aus der Kohleverstromung vorbereitet wird. Bei den Ausführungen
zur "Versorgungssicherheit im Strommarkt" (MB S. 62) erfolgt auch kein Hinweis, welche
Auswirkungen eine Umsetzung der beiden Maßnahmen auf die Gewährleistung und die Sicherheit der Stromversorgung in den nächsten Jahren haben könnte. Die Expertenkommission bemerkt in diesem Zusammenhang (EK Rz. 144) dass nur dann kein Versorgungsengpass zu erwarten sei, wenn die wachsende regionale Diskrepanz zwischen Erzeugung und
Verbrauch durch den rechtzeitigen Ausbau der Übertragungsnetze gedeckt wird.
Von Seiten der Expertenkommission wird darauf verwiesen, dass insbesondere in Zeiten der
"Höchstlast und der Einspeisung aus Erneuerbaren Energien" durch einen großräumigen
europäischen Stromaustausch Ausgleichseffekte aktiviert werden können, die wesentlich zur
Versorgungssicherheit und zur Steigerung der Effizienz des Gesamtsystems beitragen (EK
S. 62 ff.). Das trifft aber nur in dem Maße zu, wie die europäischen Nachbarn einen Stromaustausch mit Deutschland zulassen und nicht – insbesondere durch deutsche EE-Einspeisung – um die Sicherheit ihrer Stromnetze und die Wirtschaftlichkeit ihrer Erzeugungsanlagen
fürchten müssen. Im Ergebnis sind Tschechien, Polen, die Niederlande, Belgien und Frankreich nun dabei, Leistungstransformatoren (Phasenschieber) an der Grenze zu Deutschland
einzubauen oder wollen dies noch bis Ende 2016 tun. Zu diesem Sachverhalt äußert sich der
Bericht aber nicht.
Ferner wird im Monitoringbericht darauf hingewiesen, dass "die Summe der nationalen
Höchstlasten ...größer als die gemeinsame Höchstlast" sei (MB S. 64). Daher müssten insgesamt weniger Kapazitäten vorgehalten werden. Diese Aussage trifft aber nur auf gesicherte
Leistung bereitstellende Kapazitäten zu. Dargebotsabhängige Quellen werden von den Übertragungsnetzbetreibern hinsichtlich ihrer gesicherten Leistung (Rate der nicht einsetzbaren
Leistung) nach wie vor sehr schlecht bewertet (PV: 100 Prozent, Wind: 99 Prozent Grundlastfähigkeit (siehe EK RZ 141)). Auch hierzu äußert sich der Monitoringbericht nicht.
Der Monitoringbericht der Bundesregierung macht deutlich, dass ab dem Jahr 2019 bei den
konventionellen Kraftwerken mit einem Abschmelzen des vorhandenen Netto-Leistungsbestands zu rechnen sein wird (MB S. 64 ff.).
Bei den Ausführungen des Monitoringberichts zum Strommarktdesign (MB S. 65) gibt es keinen Hinweis auf den Entwurf zum Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung, dessen Vorschläge über die in diesem Kapitel angesprochene Stilllegung von Braunkohlekraftwerken
weit hinausgehen.
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Das Thema KWK wird nochmals in einem sehr kurzen Unter-Kapitel des Abschnitts „Kraftwerke und Versorgungssicherheit“ behandelt (MB S. 65). Darin wird die KWK als Effizienztechnologie definiert, die auch dem Ressourcen-, Umwelt- und Klimaschutz zugute komme.
In einem dazugehörigen Maßnahmen-„Steckbrief“ wird auf die im Regierungsentwurf zum
KWK-G enthaltenen Änderungen/Verbesserungen verwiesen.
Der BDEW hat in zahlreichen Stellungnahmen und Positionspapieren die richtigen Ansätze
der Bundesregierung bei der Novelle des KWK-G positiv bewertet, gleichzeitig jedoch auf den
erheblichen Nachbesserungsbedarf hingewiesen. Dieser ist in den konkreten Anpassungsvorschlägen des BDEW vom 6. November 2015 nochmals zusammengefasst.7
Die Stellungnahme der Expertenkommission hat das Thema KWK betreffend (EK S 71 ff)
weitgehend deskriptiven Charakter. Sie greift vor allem die Änderung der Bezugsgröße des
KWK-Ziels aus dem Regierungsentwurf zum KWK-G 2016 auf. Die Expertenkommission
kommt, wie der BDEW, zu dem Ergebnis, dass die Änderung der Bezugsgröße zu einer erheblichen Reduzierung des KWK-Ziels führen würde, so dass dieses bereits heute erreicht
sei.
Die Textpassagen der Expertenkommission zur Kraft-Wärme-Kopplung weisen darüber hinaus zwei Fehler auf:

Falsche Berechnung der CO2-Vermeidungskosten von KWK:
o
Es werden 1,5 Mrd. Euro Gesamtbudget KWK-G durch 4 Mio. t CO2-Äquivalent-Einsparung geteilt, so
dass im Ergebnis CO2-Vermeidungskosten in (falscher) Höhe von 375 Euro/t CO2-Äquivalente ausgewiesen werden (EK Rz. 152).
o
Korrekt lautet die Rechnung: KWK-Bestand spart heute 56 Mio. t CO2-Äquivalente und die Novelle spart
– nach BMWi – zusätzlich mindestens 4 Mio. t CO2-Äquivalente ein. In der Summe ergeben sich 60 Mio. t
CO2-Äquivalente. 1,5 Mrd. Euro / 60 Mio. t = 25 Euro/t CO2-Äquivalente-Einsparung

Falsche Aussage bzgl. des „Zusammenpassens“ von 25 Prozent KWK-Strom und 80 Prozent Erneuerbaren
Energien in 2050 (EK S. 72)
o
Im Text wird dargestellt, dass 28 Prozent des KWK-Stroms aus Erneuerbaren Energien erzeugt würden.
Weiterhin wird ausgeführt, dass es „völlig ausgeschlossen“ sei, dass ein Ziel von 25 Prozent KWKStromanteil zum 2050-Ziel von 80 Prozent Erneuerbaren Energien passen könne. Dazu ist folgendes
klarzustellen:
1.
Bei 28 Prozent Anteil Erneuerbarer Energien an der KWK-Stromerzeugung, welche die Expertenkommission benennt (= 7 Prozent des KWK-Stroms), verbleiben 18 Prozent KWK-Stromanteil aus
fossilen Energieträgern (bei insgesamt 25 Prozent KWK-Stromanteil). Von daher würde das
2020/2025-Ziel für KWK doch zu dem 80 Prozent Erneuerbare Energien-Anteil im Jahr 2050 passen.
2.
Darüber hinaus liegt zwischen den beiden Zielen ein Zeitraum von 25 bis 30 Jahren. Insofern können sich die Anteile der KWK an der Stromerzeugung noch erheblich verändern, ebenso, wie der
Anteil von Erneuerbaren Energien an der KWK-Stromerzeugung, z. B. durch den Einsatz von
Power-to-X auf der Basis von überschüssigem Strom aus Erneuerbaren Energien.
o Die absolute Aussage „völlig ausgeschlossen“ ist dadurch widerlegt.
Bezahlbare Energie und faire Wettbewerbsbedingungen
Insgesamt ist die übersichtliche Darstellung der Entwicklung der Energiepreise zu begrüßen.
Bei der Darstellung der Energiekosten der privaten Haushalte (MB Abb. 9.1, S. 68) wäre
grundsätzlich zu erwägen, anstelle des 4-Personen-Haushalts eine andere Haushaltsgröße
zu wählen, da der Anteil von Haushalten mit 4 oder mehr Personen in Deutschland relativ
7
BDEW-Anpassungsvorschläge zum Regierungsentwurf KWK-G 2016
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gering ist und diese Darstellung damit nicht die überwiegende Lebenswirklichkeit in Deutschland abbildet.
Auch der Hinweis auf die Möglichkeit des Tarifwechsels beim angestammten Lieferanten ist
zu begrüßen; die Aussage, dass der Anbieterwechsel aber in der Regel die günstigere Alternative darstelle, ist allerdings zu hinterfragen. Hier wird zudem vernachlässigt, dass für die
Kunden der Preis nicht das alleinige Kriterium für die Anbieterauswahl, Wechselbereitschaft
oder Verbleib beim bestehenden Lieferanten ist. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass
neben dem Preis auch Servicequalität, Zuverlässigkeit, Erreichbarkeit, einfache und nachvollziehbare Preis- und Tarifgestaltung, Preisgarantien, das Ansehen oder die lokale Nähe
eine bedeutende Rolle spielen und mögliche Kostensenkungspotenziale in der Konsumentenentscheidung überkompensieren.
In der Darstellung zur Besonderen Ausgleichsregelung (MB S. 76) fehlt der Hinweis, dass
das Eingangskriterium für die Beanspruchung der BesAR die Stromkostenintensität ist. Lediglich für das Super-Cap wird die Stromkostenintensität benannt. Hier wäre wünschenswert,
schon zu Beginn klar zu stellen, dass der potenzielle Begünstigtenkreis der Industrieunternehmen durch die Stromkostenintensitäts-Schwelle von vorneherein stark eingeschränkt ist
und nicht wie hier suggeriert, generell Unternehmen offen steht, die nachweislich im internationalen Wettbewerb stehen.
Netzinfrastruktur
Im Monitoringbericht zur Energiewende werden in Abbildung 10.3 Investitionen und Aufwand
in Summe als Netzinvestitionen dargestellt (MB S. 84). Das ist kaufmännisch nicht korrekt
und entspricht auch nicht der Darstellung in anderen Statistiken wie z. B. dem Monitoringbericht der Bundesnetzagetur.
Energieforschung und Innovationen
Auch im Monitoringbericht 2014 sieht die Bundesregierung die Energieforschung als strategisches Element der Energiepolitik. Im Jahr 2014 gab der Bund erneut über 800 Millionen Euro
im Rahmen des Energieforschungsprogramms aus. Der größte Teil fließt in die Forschung
über Erneuerbare Energien und Energieeffizienz. 2016 soll mit der neuen Förderinitiative „Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt“ ein weiterer für die Energiewende wichtiger Sektor erschlossen werden. Diese Entwicklung ist aus Sicht des BDEW sehr erfreulich.
Der Aussage der Bundesregierung, dass Innovationen das Bindeglied zwischen der Energiewende und Industrie 4.0 sind, stimmt der BDEW zu. Es kommt dabei auf eine möglichst enge
Verknüpfung zwischen den industriellen Produktionsprozessen und der Energiebereitstellung
an. Die Energiewende stellt auch die Industrie vor neue Herausforderungen, denn eine sichere und kosteneffiziente Energieversorgung wird künftig unter den Anforderungen der Energiewende realisiert werden müssen und somit die industriellen Produktionsabläufe zentral
beeinflussen. Insofern ist zu begrüßen, dass sich eines der Projekte aus der BMBF-Förderinitiative „Kopernikus-Projekte für die Energiewende“ auf die Ausrichtung von IndustrieproSeite 16 von 18
zessen auf volatile Energieversorgung beziehen wird. Auch das Förderprogramm „Schaufenster intelligente Energie (SINTEG)“ des BMWi wird hier Fortschritte bringen.
Der BDEW begrüßt auch, dass mit der nationalen „Plattform Forschung und Innovation“ die
Möglichkeit zum Dialog zwischen den Forschungsakteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft und
Politik jetzt fortgesetzt wird.
Die Expertenkommission hat sich in ihrer diesjährigen Stellungnahme nicht explizit zu Fragen
der Energieforschung geäußert. Sie weist aber darauf hin, dass das in der vergangenen Stellungnahme vorgeschlagene Konzept, zur Messung der Innovationsaktivitäten ein Indikatorensystem aus verschiedenen Einzelindikatoren wie Entwicklung der Forschungsausgaben, Patentanmeldungen oder Verfügbarkeit von Venture Capital aufzustellen, im aktuellen Monitoringbericht noch nicht berücksichtigt wurde.
Die Phase der Markteinführung ist im Innovationsprozess besonders kritisch. Geeignete
Unterstützungsmaßnahmen können dabei die Risiken für die Industrie abmildern. Der BDEW
regt erneut an, eine grundsätzliche Bewertung von verschiedenen Fördermöglichkeiten in
dieser Phase (z. B. Zuschussprogramme, Ordnungsrecht) nach Kriterien wie Effizienz oder
Marktverzerrungen vorzunehmen.
Investitionen, Wachstum und Beschäftigung
Es ist unklar, was mit den Begriffen „konventionelle Elektrizitätsversorgung“ (MB S. 97) bzw.
„konventionelle Stromversorgung“ (MB S. 98) gemeint ist, insbesondere mit der Bezugnahme
auf die amtliche Statistik. Hier scheint die Fehlwahrnehmung vorzuherrschen, dass die der
Elektrizitätsversorgung gemäß Wirtschaftsgliederung zugeordneten Unternehmen „konventionell“ seien bzw. nichts mit Erneuerbaren Energien zu tun hätten und diesen Unternehmen
der Erneuerbaren Energien-Branche diametral gegenüber stünden. Die Unternehmen der
Elektrizitätsversorgung investieren inzwischen maßgeblich in Erneuerbare Energien oder
haben Beschäftigte in diesem Bereich und sind ein Treiber der Energiewende. Darüber hinaus erfordert der Transformationsprozess der Energiewende ein intelligentes Zusammenwirken verschiedener Technologien. Denn auf noch unbestimmte Zeit benötigen die volatilen
Energien noch ein Back-up mit konventionellen Energien. Daher enthalten die genannten
Investitionen – anders als dargestellt (MB S. 97) – auch Investitionen in Erneuerbare Energien. Gerade angesichts der zunehmenden Vielfalt und Komplexität in der Energieversorgung
wäre hier eine präzisere Benennung der Akteure gerade in Verbindung mit Datenangaben
wünschenswert. Zudem wäre zu überprüfen, ob bei den amtlichen Daten für die Angaben zur
Elektrizitätsversorgung auf die Abgrenzung der fachlichen Unternehmensteile zurückgegriffen
wurde oder das für betriebswirtschaftliche Daten der amtlichen Statistik üblicherweise verwendete Schwerpunktprinzip zu Grunde liegt.
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Ausblick 2030
Der BDEW unterstützt die Einschätzung der Expertenkommission, dass es im Hinblick auf
2030 notwendig sei, sich rechtzeitig mit den Entwicklungen der Treibhausgasemissionen
auseinanderzusetzen. Bei Betrachtung der Referenzszenarien für das Jahr 2030 erwartet die
Expertenkommission eine deutliche Unterschreitung des 55 Prozent-Treibhausgasminderungsziels in 2030. Es ist dabei jedoch kritisch anzumerken, dass weder das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 noch der NAPE in die Berechnungen eingeflossen sind. Hier
braucht es ein nachvollziehbares und aktualisiertes Referenzszenario, das auch die Reduktionen von Treibhausgasemissionen durch die beiden Programme mit einbezieht. Die Expertenkommission fordert daraus folgend eine über das Jahr 2020 hinausgehende Effizienzstrategie. Der BDEW plädiert bei diesem Punkt dafür, zunächst eine aktuelle Berechnungsgrundlage zu erarbeiten, bevor weitere Maßnahmenentscheidungen getroffen werden. Zusätzliche
Maßnahmen zum Klimaschutz müssen sektorübergreifend auch nach Kosteneffizienzkriterien
entwickelt werden.
Es wird deutlich, dass die Energiewirtschaft im Zeitraum 2005 bis 2030 überdurchschnittlich
starke Emissionsminderungen erreicht (-35,3 Prozent). Wie der BDEW aber schon mehrmals
betont hat, wird auch deutlich, dass vor allem der Verkehrssektor eindeutigen Nachholbedarf
bei seinen Treibhausgasreduktionsbemühungen zeigt. Der BDEW hat im Bereich Mobilität
Maßnahmenvorschläge gemacht, die zeitnah umgesetzt werden sollten.
Die Expertenkomission schlägt vor, die beiden Kernziele für 2030 im Bereich Erneuerbare
Energien und Energieeffizienz, z. B. in Form von Korridoren zu quantifizieren. Dies könnte
nach Einschätzung des BDEW positiv zur Planungssicherheit von Investitionsentscheidungen
beitragen. Beim Energieeffizienzziel plädiert der BDEW jedoch für eine indikative Zielfestsetzung. Die Expertenkommission benennt gerade im Wärmebereich Handlungsbedarf, um die
Klimaschutzpotentiale zu erschließen. Diese Kritik kann der BDEW nur unterstützen. Es ist
daher umso weniger nachvollziehbar, dass die klimafreundliche und flexible KWK Technologie von der Bundesregierung eingeschränkt wird. Der BDEW fordert wie auch die Expertenkommission die Einführung der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Obwohl die Wirksamkeit dieses Instruments unangezweifelt ist, schafft die Bundesregierung es nicht, hierfür Mehrheiten zu organisieren.
Der BDEW wird sich weiterhin unterstützend im Prozess des Monitoring der Energiewende
beteiligen.
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