Erfahrungsbericht: Erasmusaufenthalt an der Universidad

Erfahrungsbericht: Erasmusaufenthalt an der Universidad
Complutense de Madrid
Wintersemester 2014/2015
von Tatjana Preuß
I.
Vorbereitung vor dem ERASMUS Aufenthalt
Bewerbung und Learning Agreement
Zusätzlich zu der Annahmeerklärung musste ich mich noch gesondert bei der
UCM online bewerben. Außerdem musste ich bereits vor Beginn des ERASMUSAufenthaltes mein Learning Agreement ausfüllen. Dies kann man jedoch später
notfalls noch ändern. Für die Auswahl der Kurse kann man sich am Kursangebot
denen des letzten Jahres auf der Homepage orientieren.
Sprache:
Um mein Spanisch etwas aufzufrischen besuchte ich in den beiden Semestern
vor meinem Auslandssemester einen Spanischkurs am ZSL. Zudem hatte ich in
dieser Zeit eine Mitbewohnerin aus Spanien, mit der ich oft Spanisch gesprochen
habe, was mir sehr beim Erlernen der Alltagssprache geholfen hat. Ich kann
daher Sprachtandems sehr empfehlen. Auch spanische/südamerikanische
Telenovelas oder Serien, fand ich sehr hilfreich um mein Hörverständnis zu
verbessern. Ich hatte zu Beginn meines ERASMUS- Aufenthaltes keine vertieften
Spanischkenntnisse, da ich Spanisch nie in der Schule gelernt hatte. Am Anfang
war die Kommunikation etwas schwierig. Jedoch bereits nach einem Monat hatte
ich keine großen Probleme mehr und konnte mich gut verständigen. Geringe
Sprachkenntnisse sollten daher kein Hindernis sein. Grundkenntnisse sind
allerdings schon sehr zu empfehlen.
Flüge:
Nach Erhalt meiner Zusage habe ich sehr bald meinen Hinflug gebucht. Ich habe
alle meine Flüge über Iberia Joven gebucht. (https://joven.iberia.com/) Hier findet
man nach der Registrierung spezielle Angebote von Iberia für ERASMUS
Studenten. Meinen Rückflug konnte ich auf dieser Seite zum Beispiel für ca. 50 €
mit 2 aufgegebenen Gepäckstücken inklusive buchen.
Konto
Am einfachsten ist es wahrscheinlich sich bereits in Deutschland ein Konto bei
der Deutschen Bank anzulegen. Diese hat nämlich viele Filialen in Madrid.
Freunde von mir hatten auch eine spezielle VISA-Card bereits in Deutschland
beantragt, mit der sie überall kostenlos Geld abheben konnten. Ich habe mich
leider erst vor Ort mit diesem Thema befasst, was mich am Anfang viele unnötige
Gebühren gekostet hat. (Bei jedem Abhebevorgang 4€)
Später habe ich dann bei Santander in deren Filiale in der Philologischen Fakultät
an der Complutense ein Konto eröffnet. Dieses war speziell für
Auslandsstudenten gedacht. Es war kostenlos und ohne irgendwelche Gebühren
in Spanien, man musste nur als Startsaldo 30 € bezahlen. Diese wurden auf das
Konto gutgeschrieben. Ich konnte das Konto am Ende meines Aufenthaltes
problemlos wieder auflösen. Der Vorteil an einem Konto bei Santander war, dass
wirklich immer entweder eine Bank oder ein Geldautomat in der Nähe war.
Abono de transporte publico
Da es kein Semesterticket gibt, ist eine Monatskarte für die öffentlichen
Verkehrsmittel in Madrid empfehlenswert. Das „Abono Joven“ kostet 35 € und gilt
bis zu 23 Jahren. Ab 23 Jahren kostet es das „Abono normal“ 54, 60 €. Man lädt
die Karte immer nach 30 Tagen wieder neu in der Metrostation auf. Die Karte
muss man Karte jedoch am Anfang beantragen. Dies kann man entweder online
oder durch einen Termin in einem Metrobüro tun. Als ich ankam, hatten die
meisten Büros 3 Wochen Wartezeit. Jedoch gab es auch einzelne Tabakläden,
welche die Karten auch ohne Termin verkauft haben.
II.
Ankunft
Ich bin bereits 2 Wochen vor Vorlesungsbeginn angereist, da ich noch an dem zu
Beginn von der Uni angebotenen Sprachkurs teilnehmen wollte und noch eine
Wohnung finden musste. Bis ich ein Zimmer gefunden hatte, wohnte ich 4 Nächte
in einem Hostel.
Unterkunft
Wie gesagt, ich hatte mich dazu entschlossen vor Ort nach einem Zimmer zu
suchen. Einige meiner Freunde, die ich in Madrid kennen gelernt habe, hatten ihr
Zimmer im Vorfeld über das Internet gefunden. Bei den meisten hat es gut
funktioniert. Mir war das jedoch zu riskant. Als ich WGs besichtigt habe, war ich
auch ganz froh, darüber, mir kein Zimmer über das Internet organisiert zu haben.
Viele waren im Internet so viel besser dargestellt als in Wirklichkeit. Oft waren die
Zimmer auch ohne Tageslicht, ohne dass dies auf den Bildern zu erkennen war.
Man sollte auf jeden Fall darauf achten, dass das Zimmer hell genug ist und sich
nicht durch eingeschaltetes Licht täuschen lassen. Außerdem ist es gut, eine
Heizung zu haben, da es im Winter ziemlich kalt werden kann.
Schriftliche Mietverträge bekommt man in Spanien häufig nicht. Die Mietpreise in
Madrid sind verglichen zu den Preisen in Heidelberg eher teuer. Man sollte schon
sicherheitshalber mit mind. 350 € rechnen. Es gibt auch Studentenwohnheime
sog. „residencias“. Allerdings sind Zimmer dort meist viel teurer, als Zimmer in
privaten WGs, da immer auch Dienstleistungen ( wie z.B. putzen oder kochen)
mit inbegriffen sind.
Zunächst habe ich Zimmer über www.idealista.com gesucht. Später über
www.easypiso.com. Über letztere Seite habe ich dann auch meine Wohnung
gefunden. Ich habe mit 4 Spanierinnen zusammen gewohnt, was für meine
Sprachverbesserung sehr hilfreich war. Die Wohnung war ganz in der Nähe von
der Metro Station „Cuatro Caminos“ allerdings noch im Stadtteil Chamberí. Die
Lage war sehr gut, ich konnte in 15 min. mit dem Bus zur Uni fahren, der direkt
vor der Juristischen Fakultät hielt und in 10 min mit der Metro ins Zentrum (2
Linien zur Auswahl). Weitere Viertel, die sich gut zum Wohnen eignen, sind
Moncloa oder Argüelles (beides in Uni Nähe) oder Malasaña oder La Latina (eher
im Zentrum. Tetuán hätte ich zum Wohnen nicht so geeignet gefunden. Es ist
nicht besonders schön dort und man fühlt sich vor allem als Frau (besonders
nachts) unsicher dort.
Immatrikulation & Änderung des Learning Agreements
Zu Beginn gab es eine allgemeine Informationsveranstaltung für alle
Erasmusstudenten in der philologischen Fakultät. Hier wurden wichtige
organisatorische Dinge, wie zum Beispiel die Beantragung des
Studentenausweises erklärt. (Letztendlich funktionierte jedoch der angegebene
Link hierfür nicht und es wurde alles über das Erasmusbüro der juristischen
Fakultät geregelt.)
Am ersten Vorlesungstag gab es auch noch eine Einführungsveranstaltung nur
von der juristischen Fakultät für Erasmus-Studenten. Hier wurde erklärt wie man
sein „Learning-Agreement“ ändern kann und wie man seine „Matrícula“, das
Formular für die Immatrikulation, ausfüllen muss. Darin wählt man die jeweiligen
Veranstaltungen, die man belegen möchte. Man hatte hierfür die ersten 3
Vorlesungswochen Zeit. In diesen 3 Wochen kann man quasi „Probehören“. Die
Matrícula muss mit den Kursen im ggf. geänderten Learning Agreement
übereinstimmen. Das Erasmus Büro dort reagiert auch etwas empfindlich, wenn
man das komplette Learning Agreement ändern möchte. Einem Freund von mir
wurde dies verboten. Man darf anscheinend nur einen Teil des Learning
Agreements ändern. Auch die Matrícula kann normalerweise nach der Abgabe
nicht mehr geändert werden.
Die Vorlesungen finden in kleineren Gruppen (ca. 50 Personen) statt. Daher ist
alles etwas „verschulter“. Für jede Veranstaltung gibt es mehrere Gruppen bei
jeweils unterschiedlichen Professoren. Die Veranstaltungen bestehen immer aus
„theoría“ und „practícas“. Grundsätzlich sollten in den „practícas“ soweit ich das
richtig verstanden habe, Übungen gemacht werden. Das wird aber ganz
unterschiedlich gehandhabt und der Einfluss auf die Endnote ist je nach
Veranstaltung unterschiedlich.
Man sollte sich mit den Professoren gleich am Anfang absprechen, was sie von
Erasmus Studenten erwarten. Es gibt sehr freundliche Professoren/innen, die
begeistert davon sind Erasmusstudenten in ihrem Kurs zu haben; es gibt aber
leider auch das genaue Gegenteil. Gerade wenn man sich etwas anerkennen
lassen möchte, ist es wichtig die Modalitäten gleich am Anfang abzuklären. Die
Veranstaltungen „Derecho Comunitario“ und „Derecho Constitucional“ eignen sich
z.B. für die Anerkennung des großen Scheins im Öffentlichen Recht. Schön fand
ich, dass man auch Vorlesungen aus anderen Studiengängen die an der
juristischen Fakultät angeboten werden wählen konnte. So habe ich im Rahmen
von Kriminologie „Einführung in die Psychologie“ gehört, was ich sehr interessant
fand.
Die Universität
Die Universität gilt als eine der größten der Welt. Dementsprechend sind auch die
einzelnen Fakultäten ziemlich groß.
Die juristische Fakultät der UCM befindet sich auf dem Campus „Ciudad
Universitaria“. Im Fakultätsgebäude befinden sich sämtliche Hörsäle, das
Dekanat und das Vizedekanat, das Erasmus-Büro, sowie eine eigene Mensa, ein
Computerraum, eine Druck- und Kopierstation sowie ein Laden für Bücher und
Schreibmaterialen. Man konnte daher sehr vieles in der Fakultät selbst erledigen.
Die Mensa war leider etwas gewöhnungsbedürftig. Oft bin ich zum Mittagessen
lieber nach Hause gefahren, da man sowieso immer mindestens 2h Mittagspause
hat.
Das Gebäude der juristischen Fakultät ist leider baulich etwas
heruntergekommen. Es gab teilweise Löcher in den Wänden und im Boden die so
groß und tief waren, dass man die Rohre sehen konnte. Sie existierten bereits bei
meiner Ankunft und waren auch bei der Abreise immer noch vorhanden.
Die Bibliothek hingegen ist sehr schön und neu. Die Ausleihsysteme sind sehr
modern und man kann mit dem Studentenausweis bis zu 8 Bücher ausleihen.
Das Erasmus-Büro war häufig leider nicht immer kooperativ und hilfsbereit. Als
ich dort gegen Ende des Semesters wegen Formularen für
Anwesenheitsbescheinigungen nachfragte (die es in dem Erasmus-Büro der
philologischen Fakultät gab), durfte ich mir einen Vortrag darüber anhören, „dass
deutsche Erasmusstudenten wegen ihres anderen Systems immer nur
problematisch seien. Es sei aber nicht das Problem des Erasmus-Büros sondern
schließlich ja die Schuld unseres Landes, dass Deutschland für Jura noch nicht
vollständig auf das Bologna System umgestellt habe." Die Vizedekanin für
internationale Beziehungen hingegen, war stets sehr verständnisvoll und
hilfsbereit.
Generell muss man bei Bescheinigungen, die man benötigt sehr hartnäckig
bleiben und ggf. die Professoren in Ihren Büros persönlich aufsuchen. E-Mails
blieben teilweise unbeantwortet.
Studium
Das Studium gestaltete sich als sehr viel theoretischer als ich es aus Deutschland
gewohnt war. Selbst in den „practícas“ übte man eher theoretisches Wissen als
fallorientiert. Wie gesagt, ist das System auch insgesamt eher verschult und
persönlicher. Für die „practícas“ besteht häufig Anwesenheitspflicht. Diese wird
teilweise kontrolliert. In einer Veranstaltung haben wir zu Beginn gefragt ob die
Anwesenheit kontrolliert würde und man teilte uns mit, dass dies nicht der Fall sei.
In den nächsten Stunden, gab es aber trotzdem Anwesenheitslisten. Man kann
sich also nicht immer auf derartige Angaben verlassen.
Es gab sehr autoritäre Professoren, die die Studenten sehr streng behandelt
haben und auch sinnlose Verbote verhängt haben, wie z.B. während einer
dreistündigen Veranstaltung (im September noch bei 30 °) kein Wasser zu
trinken. Die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung kann ich nicht empfehlen.
Am besten wechselt man gleich am Anfang zu einem freundlicheren Professor.
Viele Professoren bestehen auf auch sog. „fichas“. Das sind kleine Steckbriefe
mit Fotos, damit die Professoren wissen, wer an Ihrer Veranstaltung teilnimmt.
Die Formulare hierfür erhält man im Eingangsbereich der Fakultät. Teilweise sind
diese „fichas“ Voraussetzung für die Klausurteilnahme. Man gibt sie am besten
gleich in den ersten Wochen ab.
Die Klausuren am Ende bestehen meist in einer Abfrage über den
Gesetzesinhalt. Gesetze darf man daher in Klausuren meist nicht benutzen, da ja
gerade deren Inhalt abgefragt wird. Die Klausurvorbereitung bestand daher
oftmals hauptsächlich darin, Gesetze auswendig zu lernen.
III.
Die Stadt und das Leben in Madrid
Madrid bietet zahlreiche Möglichkeiten, um das Leben zu genießen. Langweilig
wird es einem nie dort. Einer meiner Lieblingsorte im Sommer und Herbst war der
„Retiro“, ein wunderschöner Park mitten in der Stadt, in dem man sich sehr gut
etwas entspannen konnte. Bestimmte Sehenswürdigkeiten sollte man sich auf
keinen Fall entgehen lassen, z.B. den „Palacio Real“, Círculo de Bellas Artes (mit
ESN Karte kann man kostenlos auf die Terasse), das „Prado“ (ab 18 Uhr
kostenlos) und das „Mueso Nacional Centro de Arte Reína Sofía“ für moderne
Kunst (mit Studentenausweis unter 25 Jahren kostenlos. Aber natürlich gibt es
noch viel mehr zu entdecken. Die Einkaufsmöglichkeiten in Madrid sind ebenfalls
sehr vielfältig. Eine der größten und eindrucksvollsten Einkaufsstraßen ist wohl
die Gran Vía. Individuellere Läden gibt es z.B. in der Fuencarral. Auch die
zahlreichen Mango-Outlets und Lefties sind stets einen Besuch wert. Wenn man
ein bisschen sucht, kann man sehr schöne Sachen sehr günstig finden.
Auch zum Essen gehen ist Madrid sehr vielfältig. Sehr beliebt sind „Tapas“, kleine
Portionen, die in Bars auch häufig gratis zu Getränken gereicht werden. Günstig
kann man z.B. im „100 Montaditos“ essen. Allerdings ähnelt das Essen hier schon
eher der Fastfood-Küche. Mein Favorit zum Tapas essen war der „Mercado San
Antón“ in Chueca. Es gibt eine große Auswahl an unterschiedlichen kulinarischen
Spezialitäten und es ist nicht sonderlich teuer aber sehr lecker. Auch gut essen
kann man in der obersten Etage des „Corte Ingles“ bei Callao. Von hier aus hat
man zugleich eine sehr schöne Aussicht über die ganze Stadt. Auch mexikanisch
essen zu gehen, bietet sich an.
Natürlich gibt es in Madrid auch sehr viele Ausgehmöglichkeiten. Gute Bars findet
man z.B. in Malasaña oder La Latina. Auch Clubs gibt es sehr viele. Nicht
entgehen lassen sollte man sich das „Teatro Kapital“ mit 7 Stockwerken. (Bei
ESN-Partys ist der Eintritt frei)
Reisen
Madrid liegt sehr günstig, um von dort aus in Spanien herum zu reisen. Für
Tagesausflüge eignen sich Toledo, Segovia oder Salamanca sehr gut. Die
Anbindung an Fernbusse ist in Madrid sehr gut. Es gibt Zielhaltestellen in ganz
Spanien (ALSA-Bus, Avanza Bus etc…). Sie sind meist deutlich günstiger als der
AVE, der spanische Schnellzug, dafür allerdings auch deutlich langsamer. Sehr
günstig kann man auch mit den diversen Erasmus-Organisationen wie ESN
reisen, die dann alles organisieren. Man ist dann eben die ganze Zeit mit einer
großen Gruppe unterwegs, was einerseits lustig, andererseits auch anstrengend
sein kann. Besonders sehenswert an weiter entfernten Zielen fand ich Sevilla,
Granada, Valencia und in Portugal Lissabon und Porto.
Sehr empfehlen kann ich den Erwerb einer ESN (Erasmus Student Network)
Karte. Man kann sie für 5 € im ESN Büro kaufen. ESN bietet viele Reisen,
Partys, sonstige Veranstaltungen und teilweise auch Vergünstigungen an.
Insgesamt hatte ich eine wundervolle Zeit mit einzigartigen Erfahrungen in Madrid
und habe meine Entscheidung dorthin zu gehen zu keinem Zeitpunkt bereut. Ich
kann jedem, der über ein Auslandssemester in Spanien nachdenkt, Madrid nur
empfehlen!