Klassenspiele Präsentationen der erste Sponsorenlauf und viele

Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 1
Klassenspiele
Präsentationen
der erste Sponsorenlauf
1/2015 | www.havelhoehe.net
und viele
weitere Themen
20
38
Liebe Leserinnen und Leser!
Das Schuljahr neigt sich nun dem Ende zu und Sie halten
noch rechtzeitig vor den großen Sommerferien ein neues
Exemplar des Schulmagazins in der Hand. Es zeigt wieder
einmal, wie vielfältig die Aktivitäten an unserer Schule und
um unsere Schule herum sind. Es gibt diesmal einige Artikel zu Ereignissen, die wir noch nie behandelt haben, weil
wir sie gar nicht behandelt hätten können, da sie einmalig
und außergewöhnlich sind: die Sonnenfinsternis im März
und die Geschenkaktion „Weihnachten im Schuhkarton“ für
Flüchtlingskinder aus dem Heim in Hohengatow.
Auch gibt es Premieren aus dem Bereich Musik und
Sport: Die Schüler aus der Mittelstufe, die im Orchester
spielen, sind zum ersten Mal zu einer intensiven Probenwoche ins Löwenberger Land aufgebrochen. Das Ehepaar
Jarczyk hat uns als Abschiedsgruß diesen Anstoß mit auf
den Weg gegeben. Sie haben jahrelang die Orchesterarbeit
an unserer Schule geleitet. Wir bedanken uns für ihren treuen und qualifizierten Einsatz! Wie es auf der Fahrt so zuging,
können Sie nachlesen.
Auch ein bisher rundum einmaliges Ereignis stellte der
Sponsorenlauf im Mai für den Bau einer Turnhalle dar. Vielleicht haben Sie ja daran sogar teilgenommen. Dann bleibt
Ihnen beim Lesen vielleicht wieder ein wenig die Puste weg.
Feste gab es auch zu feiern. Beim Fasching in der Unterstufe haben sich die Kleinen verkleidet und in gewisser Weise waren die Großen und ganz Großen auf dem Schulball
ebenfalls kaum wiederzuerkennen.
Dass es immer wieder besondere Schultage gibt, zeigen die Artikel über die Aktivitäten der 9. Klasse. Sie waren
www.havelhoehe.net | 1/2015
mehrfach im Theater, zur Probe und zum Probieren, im Zuschauerraum und hinter der Bühne. Die Kulturstadt Weimar
kann nun nicht nur Goethe, Schiller und eine Reihe besonders berühmter Persönlichkeiten als Besucher für sich verbuchen, nein, unsere 9. Klasse wird nun auch in die Gästeliste aufgenommen werden müssen.
Neben den einmaligen Ereignissen gibt es Schwerpunkte, die der Lehrplan einer Waldorfschule quasi vorgibt. So
ist in der achten Klasse immer eine Menge los. Erst müssen
die Jahresarbeiten absolviert werden und dann folgt das
Klassenspiel und hier bei uns die Rezension dieser richtigen
Premiere. Das alles sind wichtige Ereignisse in der Biographie jedes einzelnen Schülers und einer Klasse.
Apropos Biographie: Eigentlich vermutet man ja, dass
man ein gesetztes Alter erreicht haben muss, um auf ein
Leben zurückzublicken, aber in diesem Magazin können
Sie eine Biographie lesen, deren Autorin erst 18 Jahre alt ist.
Und zwölf Jahre davon hat sie an unserer Schule verbracht,
so dass man in gewissem Sinne sogar von einer Autobiographie sprechen kann. Es lohnt sich ihre Erinnerungen
zu lesen. Wir müssen Abschied von dieser Klasse nehmen,
können sie aber mit Beiträgen zur Kunstfahrt, dem Klassenspiel und dem Eurythmieabschluss noch einmal durch das
letzte Schuljahr an unserer Schule begleiten.
So, nun dürfen Sie aber mit dem Blättern und Lesen beginnen und Ihre eigenen Entdeckungen machen.
Viel Spaß dabei wünscht Ihnen
Inhalt
Vorwort............................................................................................ 2
Kontakt / Gremien / Impressum.............................................51
Schulleben
Frühlings-Schuball....................................................................... 4
Sonnenfinsternis........................................................................... 8
Weihnachten im Schuhkarton................................................10
Fasching..........................................................................................14
Disc Golf-AG..................................................................................18
1. Sponsorenlauf..........................................................................19
Biographie der 12. Klasse..........................................................46
Pädagogik
Theaterprojekt, 9. Klasse.......................................................... 30
Biologie, 9. Klasse........................................................................33
Klassenspiel/Eurythmie/Präsentationen
Präsentationen der Arbeiten der 8. Klasse.........................20
Molière oder der Geheimbund der Heuchler, 8. Klasse.24
Hysterikon, 12. Klasse.................................................................38
Eurythmieabschluss, 12. Klasse..............................................44
Klassenfahrt/Auslandsaufenthalte
Fahrt nach Weimar, 9. Klasse..................................................... 8
Fahrt nach Griechenland, 12. Klasse.....................................42
Wanderreise, 6. Klasse................................................................49
Kindergarten
Das spielende Kind.....................................................................16
Gartentag.......................................................................................17
Musik
Orchesterfahrt..............................................................................34
Schulkonzert.................................................................................36
Freie Musikschule Havelhöhe ................................................37
Kollegium
Lehrervorstellung T. Debarge/M. Gutekunst.....................50
Termine
Veranstaltungen in Havelhöhe . ............................................52
Katharina Teuffert
aus der Redaktion
1/2015 | www.havelhoehe.net
Foto: Georg Roither
19
Foto: Eltern aus der 8. Klasse
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 3
Foto: Henning Ziegler
10
Foto: Maximilian
2 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
4 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 5
Frühlings-Schulball
Ein anonymer Leserbrief
Am 14. März fand in unserem Saal der zweite Schulball statt. Geladen waren alle Eltern und Mitarbeiter und die Schüler
der Oberstufe. Uns erreichte danach ein Leserbrief. Obwohl es in weiten Bereichen der Presse üblich ist, Leserbriefe nur
dann zu veröffentlichen, wenn der Autor sich zu erkennen gibt, haben wir uns entschlossen diesen Brief auch anonym
abzudrucken.
Für die Redaktion
Katharina Teuffert
Liebe Redaktion des Schulmagazins,
im März diesen Jahres konnte man ja wieder einmal einen ganz besonders schönen, ungewöhnlichen Abend in
der Schule verbringen. Sie schreiben in Ihrem Heft ja immer
gerne von der glanzvollen Seite eines solchen Ereignisses.
Das sah auch alles ganz toll aus, schön geschmückt und
bunt beleuchtet, sicher. Ich möchte Ihnen aber einmal darlegen, wie es so hinter den Kulissen zuging. Zum Schutze
meiner Familie möchte ich allerdings anonym bleiben.
Ein Ball, dachte ich, das ist nichts für mich. Ich bin kein
Tänzer. Ich kann die ganzen Standards nicht. Zu einem langsamen Walzer würde es ja vielleicht noch reichen, bei guter
Führung, aber wo findet man die schon? Doch man kann
ja auch anders tanzen, außerdem wollten die Kinder gerne
teilnehmen.
Im Vorfeld des Balles waren immer wieder Diskussionen
über die Höhe der Eintrittsgelder zu hören. Ja, es stimmt,
auch ich habe mich zuerst gewundert. Nun gut, immerhin
sollte man dafür etwas zu essen und zu trinken bekommen.
Die Betonung liegt auf etwas. Doch dazu komme ich später
noch. Immerhin für die Kinder war der Preis nicht ganz so
hoch. Eine Kinokarte mit Popcorn und Cola kostet deutlich
mehr. Allerdings – die ganze Aufregung über zu teure Eintrittsgelder hätte man sich sparen können in Anbetracht
der Folgekosten, die noch auf mich zukommen sollten.
Anfänglich wurde von den minderjährigen, weiblichen Mitgliedern der Familie nur der Wunsch geäußert am Ball teilzunehmen. Doch je näher der Termin rückte, desto häufiger
fiel der Satz:
„Ich brauch ja auch was zum Anziehen.“
„Ja, klar ohne was an, kannst du nicht hingehen.“ Das
leuchtete mir ein.
Dann wurde die Aussage: „was zum Anziehen“ präzisiert:
„Ich brauche ein Kleid.“
„Du hast doch ein Kleid.“
„Das geht nicht. Ich brauche ein schickes Kleid.“
www.havelhoehe.net | 1/2015
„Aha. Passt denn das nicht vom letzten Mal noch?“
„Ich zieh doch nicht das Kleid vom letzten Mal an!“
„So so, ganz schön verwöhnt, was?“
„Außerdem passt es nicht mehr.“
„Aha. Und deine Schwester? Kann die nicht das Kleid anziehen?“
Empörte Stimme aus dem Hintergrund „Nein! Das finde
ich doof!“
„Aha.“
So oder so ähnlich gestalteten sich die Dialoge zum Thema Abendgarderobe.
Und meistens endeten sie mit dem unschlagbaren Satz.
„Die anderen haben auch extra ein neues Kleid.“
Also gut. Das eine Kleid ließ sich für die anstehende,
festliche Familienfeier, für die sowieso etwas gekauft werden muss, wenigstens noch ein zweites Mal verwenden.
Vielleicht kann man eines ja auch wieder zurückgeben.
Nahestehende Verwandte waren bereit sich an den Kosten zu beteiligen. Ich beneide die Mütter von Söhnen, die
mit dem einmal gekauften Sakko alle Hochzeiten, runden
Geburtstage und Konfirmationen der nächsten Jahre abdecken können. Doch mit einem Kleid war es ja nicht getan.
Zu einem schicken Kleid kann man schließlich keine Turnschuhe tragen. Auch das musste ich einsehen. Ich habe leider an einem der zahlreichen Schuhshoppingnachmittage
teilgenommen: Dieses Paar hatte die falsche Farbe, jene
waren nicht in der richtigen Größe da, der Absatz zu flach,
dieser Absatz zu hoch, vorne zu spitz oder vorne zu rund,
die sahen aus wie Omaschuhe, in denen kann man keinen
Schritt laufen, geschweige denn tanzen, dort das Leder zu
glatt, hier zu rau. Das einzige Paar, was in Frage kam, war
entschieden viel zu teuer. Nach drei erfolglosen Stunden
habe ich den Schulball verflucht und geschworen, schon
aus Rache, nicht daran teilzunehmen.
Wie auch immer: meine Mädchen waren am Abend von
Kopf bis Fuß schick. Und in einem Punkt muss ich ihnen im
Nachhinein recht geben. Alle anderen hatten auch etwas
Schickes an! Und wie! Das stimmte. Die jungen Damen waren alle so festlich und schön. Mir blieb die Luft weg. Und
die Herren dazu nicht minder. Lauter Kavaliere! Und tanzen
konnten sie auch noch. So ein Tanzkurs bereitet schon ein
bisschen auf das Parkett des Lebens vor.
Gleich nach der beeindruckenden Eröffnung der jungen
Leute war auch das Buffet eröffnet. Und, das muss ich leider sagen, man musste sich ranhalten, damit man seinen
Eintrittsobolus auch wirklich verzehren konnte. Das waren
ja alles nur so Häppchen! Lecker war es ja. Und sah auch
gut aus. Aber nichts zum Sattessen. Ob das vielleicht damit
zusammenhing, dass ich die Eintrittskarten erst in letzter
Minute gekauft hatte? Immerhin, ich musste deswegen
am Nachmittag nicht in der Küche stehen. Und am Abend
bestand keine Gefahr meine Garderobe beim Transport der
Speise in letzter Minute noch voll zu kleckern.
Stühle waren auch knapp, denn es war ja ganz schön
voll. Aber nachdem alles aufgegessen war, blieb einem
doch nichts anderes übrig als zu tanzen. Alle haben zusammen getanzt. Die Jungen, die Alten, die Mittleren … eben
alle. Aber etwas ist mir zu Ohren gekommen: Die großen
Schüler haben sich, hinter vorgehaltener Hand, beschwert,
dass die Erwachsenen viel zu viel und zu lange getanzt haben. Das lag wohl an der guten Musik.
Ach ja – und dann gab es ja auch noch die Tombola. Also
man hätte ruhig einmal alle Gewinne aufzählen können.
Hut ab vor den großzügigen Spendern. Ich habe nämlich
viel zu wenig Lose gekauft. Andererseits gut, dass ich nichts
gewonnen habe. Ich hätte ja gar nicht gewusst, was ich mir
aussuchen soll. Ich kann mich immer so schwer entscheiden. Einige mussten sehr viele Lose gekauft haben – die
haben richtig abgesahnt. Zum Teil sogar nahe Verwandte
der Organisatoren. Aber dass alles mit rechten Dingen zuging, hat ja ein eigens dafür zu Hilfe gebetener juristischer
Beistand gewährleistet.
Und das mit den Cocktails ist auch so eine Sache. Das sah
alles ganz professionell, locker und leicht aus. Angefangen
vom exotischen Stand bis zum bunten Strohhalm und den
Gummihandschuhen. Doch es macht sich niemand eine
Vorstellung davon, was für eine akribische Vorbereitung
und nimmermüdes Üben das reibungslose Mixen erforderte! So ein professioneller Shaker, der verkantet sehr leicht,
und wird er dann mit Gewalt geöffnet, dann nur mit einem
Ruck … Süße Sahne und Zitrone zu verarbeiten, welche
Kunst und so weiter und so weiter. Glauben Sie mir, gut
unterrichtete Kreise haben mir eindrücklich die Mühen geschildert …
Fotos: Pia Feldmann
Also, in Anbetracht all dieser Umstände sollte man sich
gut überlegen, wie oft man so eine Veranstaltung bewältigt. Vielleicht mal als Faschingsball. Dann wird es mit den
Kleidern und Schuhen nicht so teuer.
Eine treue Leserin, die lieber nicht genannt sein möchte.
1/2015 | www.havelhoehe.net
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 7
Seltsam erstarrtes Sonnenlicht
Die Sonnenfinsternis am 20. März 2015 über der Havelhöhe und eine unvollständig verfinsterte Sonne
© Daniel Zollitsch
„… Nie und nie in meinem ganzen Leben war ich so erschüttert, von Schauer und Erhabenheit so erschüttert, wie in diesen
zwei Minuten, es war nicht anders, als hätte Gott auf einmal
ein deutliches Wort gesprochen und ich hätte es verstanden.
Ich stieg von der Warte herab, wie vor tausend und tausend
Jahren etwa Moses von dem brennenden Berge herabgestiegen sein mochte, verwirrten und betäubten Herzens …“
Die 2 Minuten, die Adalbert Stifter zu seinem berühmt
gewordenen Essay über die Sonnenfinsternis in Wien
1842 inspirierten, fehlten uns und der Sonnenfinsternis am 20. März leider. Denn eigentlich auch eine totale
Sonnenfinsternis, konnte sie für deutsche Breiten nur eine
teilweise Verfinsterung aufweisen – für die besonderen Minuten absoluter Sonnenbedeckung hätte man sich weit in
Richtung Norden aufmachen müssen …
Aber auch ohne diese zugegebenermaßen spektakuläre Essenz ist eine Sonnenfinsternis dieser Größenordnung über Deutschland etwas Besonderes und Denkwürdiges, wenn man bedenkt, dass wir nur bei solch hohen
Bedeckungsgraden wie am 20.3. (ca. 80% der Sonne wurden über Deutschland vom Mond „verschluckt“) Veränderungen in der Natur und beim Tageslicht wahrnehmen
können. Und diese Finsternisse sind relativ selten bei uns.
Nicht zu leugnen jedoch ist die Tatsache, dass einzig diese besonderen Minuten der hierzulande noch selteneren
totalen Sonnenfinsternisse das Zeug dazu haben ein
ganzes Land hinterm Ofen hervor zu locken und in helle
Klassenübergreifende Beobachtung in Gutspark
www.havelhoehe.net | 1/2015
Aufregung zu versetzen. So geschehen das letzte Mal 1999.
Für die spektakulären 2 Minuten damals – mehr als vier Minuten schwarze Sonne sind nochmal seltener und ab sechs
Minuten wird es rekordverdächtig – haben sich viele tausende Begeisterte wie meiner einer ins Süddeutsche aufgemacht, wo Brüche in der ansonsten Deutschland zu der Zeit
beherrschenden Wolkendecke vorausgesagt waren.
Es war eine beunruhigend aufgeladene und verrückte
Stimmung vor dem damaligen Tag (wie schon Herr Stifter
eine unbestimmte Angst im kollektiven Unbewussten vor
der Wirkmächtigkeit der Natur konstatierte) und auch besonders am Tag des Geschehens: Vor der Jagd nach dem
bestmöglichen Beobachtungsplatz, teilweise recht rücksichtslos und damit gefährlich auf Schnellstraßen ausgetragen, kam die Jagd nach der „SoFi-Brille“. Ein einfaches Pappgestell mit Spezialfolie für ca. 3 bis 5 DM konnte so kurz
vor knapp das Zehn- bis Hundertfache des ursprünglichen
Preises erreichen!
„… Es war ein so einfach Ding. Ein Körper leuchtet einen
anderen an, und dieser wirft seinen Schatten auf einen dritten:
aber die Körper stehen in solchen Abständen, dass wir in unserer Vorstellung kein Maß mehr dafür haben, sie sind so riesengroß, dass sie über alles, was wir groß heißen, hinausschwellen – ein solcher Komplex von Erscheinungen ist mit diesem
einfachen Dinge verbunden, eine solche moralische Gewalt
ist in diesen physischen Hergang gelegt, dass er sich unserem
Herzen zum unbegreiflichen Wunder auftürmt …“
Allerliebst: Das kleine Schauspiel im Großen
Von Unfällen am 20.3. ist nun nichts bekannt geworden, jedoch sind auch diesmal die Preise für Spezialbrillen
gleichsam rasant nach oben geschnellt. Trotzdem haben es
viele solcher Brillen noch für annehmbare Preise rechtzeitig
an die Schule geschafft.
Alternativ dazu bastelte die dritte Klasse mit Frau Wecker
für den direkten Blick auf die Sonne die Pappgestelle selber, in die dann die günstiger zu beschaffende Spezialfolie
eingeklebt wurde. Wie überhaupt in vielerlei interessanten
Bastel- und Versuchsanordnungen von Schülern, Lehrern
und Mitarbeitern in und um die Schule herum einiges zur
Sichtbarmachung des seltenen Naturschauspiels aufgeboten wurde.
Da gab es beispielsweise die nachgestellte „camera obscura“ von Herrn Stächele und seiner zweiten Klasse: Schaffe
zwei Flächen, die eine gegen die Sonne gewandte hält die
Strahlen derselbigen ab und lässt sie nur an einem kleinen
Punkt durch, die andere fängt als Projektionsfläche die
so gebündelten Strahlen auf und lässt sie das Abbild der
Sonne in klein formen. Viel lieber hätte ich das von Herrn
Stächele hier in seinen eigenen, die Phänomene liebevoll
sezierenden, ausdrucksstarken Worten gelesen. Aber noch
viel lieber hätte ich seinen auf eine ungeahnt faszinierende
Art geglückten Versuch direkt miterlebt: Er hat eine große
Fensterscheibe lichtundurchlässig abgeklebt, bis auf das
oben beschriebene kleine Loch, und die Wand des Schulflures als Projektionsfläche bestimmt.
„… sie ahneten nicht, dass indessen oben der Balsam des
Lebens, Licht, heimlich versiege, … als schliche eine Finsternis
oder vielmehr ein bleigraues Licht, wie ein wildes Tier heran –
aber es konnte auch Täuschung sein …“
Nun geschah das Erwartete – aber auch das Unerwartete! Die vom Mond angefressene Sonne wurde auf der Wand
abgebildet. Doch ihr taten es dutzende weitere Sonnen
gleich! Es hatten sich viele durchlässige Punkte am Fenster
gebildet und schon gab es ein kleines Meer an Sonnen zu
bestaunen.
Vorteil des Ganzen im Gegensatz zum direkten Schauen
in die Sonne mit mehr oder minder geeigneten Hilfsmitteln
(neben Rußglas und Rettungsfolie wird ja auch immer wieder vor der Schweißerbrille gewarnt) ist der Schutz unseres
sensiblen Sehorgans.
Nachteil für Herrn Stächele und seine Klasse war die Abgeschiedenheit vom Schauspiel.
Es gab ja draußen die zu spürende Veränderung einer
Verdunklung ohne Dunkelheit, jedoch nicht hinter abgeklebten Fensterscheiben. Doch welch gern gebrachtes Opfer für solch ein furioses Ergebnis!
Die dritte Klasse mit Frau Wecker und ihren selbstgebastelten Finsternisbrillen hatte es im Gutspark da natürlich
besser und konnte alles wirken lassen, direkt ausgesetzt
dem schwankenden Firmament. Wie allerliebst anzuschauen war aber das kleine Schauspiel unterm großen: Die
Klasse von Frau Wecker war in Formation angetreten und
wechselte auf entzückende Art und Weise zwischen sonnenab- und zugewandter Position. Dabei waren die Blicke
auf den Boden in der einen und die Hände an der Brille
in der anderen genauso obligatorisch wie die Ahhhs und
Ohhhs der Drittklässler.
2 Minuten einer totalen Finsternis können die Menschen
in Deutschland erst wieder 2081 bestaunen. Wie ungerecht muss es da anmuten, dass Spanien 2026/27 innerhalb
kürzester Zeit gleich drei totale Sonnenfinsternisse abbekommt. Eine davon knackt als Jahrhundertfinsternis die 6
Minuten und wird am besten in Ägypten zu sehen sein.
Ich möchte am liebsten dorthin einladen und hoffe den
einen oder die andere 2027 am Nil wieder zu treffen! Ich
werde dort sein, denn wer weiß, was bis 2081 alles noch
passieren wird …
„… Vor tausendmal tausend Jahren hat Gott es so gemacht, dass es heute zu dieser Sekunde sein wird; in unsere
Herzen aber hat er die Fibern gelegt, es zu empfinden … das
Wort gab er mit: ‚Ich bin – nicht darum bin ich, weil diese Körper sind und diese Erscheinung, nein, sondern darum, weil es
euch in diesem Momente euer Herz schauernd sagt, und weil
dieses Herz sich doch trotz der Schauer als groß empfindet‘ –
Das Tier hat gefürchtet, der Mensch hat angebetet …“
Adrien Rendle
Vater aus der 3. und 5. Klasse
Fotos: Carlos Budde
6 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Die 8. Klasse präsentierte im Gutspark eine einfache, aber eindrucksvolle Projektion mit kleinem Fernrohr
1/2015 | www.havelhoehe.net
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 9
Weimar
Die 9. Klasse vor dem Goethe-Haus
Der Wandel ist einer Frau zu verdanken: Anna Amalia,
Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach. Sie legte den
Grundstein dafür, dass ihre Residenz den Rang einer deutschen Hauptstadt des Geistes erhielt. Ihr Ziel war, aus dem
Zwergfürstentum einen Idealstaat zu schaffen, in dem das
Licht der Vernunft alle durchdringen sollte, Herrscher wie
Untertanen. Ein Idealstaat benötigt jedoch einen idealen
Herrscher. So lud Anna Amalia die besten Lehrer der damaligen Zeit als Erzieher ihres Sohnes Karl August an den Hof,
unter anderem Christoph Martin Wieland, einen der maßgeblichen Vertreter der Aufklärung.
Tatsächlich erfüllte Herzog Karl August nicht nur die in
ihn gesetzten Hoffnungen, er lernte auch noch auf einer
Reise in Frankfurt den jungen Johann Wolfgang Goethe
kennen und lud ihn 1775 zu einem Besuch nach Weimar
ein. Dieser Besuch währte 56 Jahre – Jahre, die berühmt
wurden als „Weimarer Klassik“. Die enge Freundschaft
zwi­schen dem Fürsten und dem Dichter rief noch andere
www.havelhoehe.net | 1/2015
Geister an diesen Ort, etwa den Schriftsteller und Theologen Johann Gottfried Herder – und schließlich auch noch
Friedrich Schiller. In einer Zeit, in der im revolutionären
Frankreich der gesellschaftliche Umbruch durch die Herstellung radikaler Gleichheit (und sei es mittels der Guillotine) bewirkt werden sollte, wurde hier ein Gegenentwurf
geschaffen: durch Kunst und Literatur sollte der Mensch zur
Humanität erzogen werden, durch Bildung der allmähliche
Wandel der Gesellschaft vollzogen werden – Evolution statt
Revolution.
Das Licht Weimars leuchtete noch bis ins 20. Jahrhundert hinein, wovon die lange Liste bedeutender Persönlichkeiten aus dem deutschen Kulturleben zeugt, die in diesem
kleinen Städtchen wirkten. Und noch 1919 wählte die erste
deutsche Demokratie den Genius loci Weimars, um ihre
Verfassung zu erarbeiten.
Doch dann kam die NS-Herrschaft und verwirklichte
den Kontrast zu jenem Humanitätsideal, das in Weimar
herausgebildet worden war. Im unmittelbar benachbarten
Buchenwald errichteten die Nationalsozialisten eines ihrer
furchtbarsten Konzentrationslager.
Gleich zu Beginn des Schuljahres entschlossen Isolde
Kühn und ich uns, dass unsere erste gemeinsame Fahrt mit
unserer 9. Klasse nach Weimar führen sollte. Denn kaum
sonst an einem Ort der Welt kann man demonstrieren,
wie dicht die Sternstunden und Abgründe der Menschheit
nebeneinander liegen können.
Im Goethe-Museum
Familie und seine Freunde. Irgendwie war die Dame niedlich, weil sie so begeistert davon war und eher wie eine
kleine Omi als wie eine Museumsführerin wirkte. Danach
gingen wir ins eigentliche Goethe-Haus. Dort bekamen wir
iPods, mit denen wir uns zu jedem Raum die Geschichte
und Entstehung anhören konnten.
Am Vormittag des nächsten Tages erzählte uns Herr Althoff etwas über die Geschichte Weimars und die Leute, die
hier gelebt hatten. Für den Nachmittag hatte Frau Kühn
eine Rallye durch die Stadt vorbereitet, die zwei Stunden
dauern sollte. Wir teilten uns in Gruppen auf und zunächst
gingen wir in die Herder-Kirche, in der wir einen Altar von
Lucas Cranach beschreiben und etwas über den Pfarrer
herausfinden sollten, nach dem die Kirche benannt war.
Dann mussten wir noch zu einigen anderen wichtigen
Orten Weimars, zum Beispiel zur Anna-Amalia-Bibliothek,
zum Goethe-Schiller-Denkmal und in den Park, wo sich
Goethes Gartenhaus befindet. Dabei sollten wir immer
Selfies machen, um zu zeigen, dass wir auch wirklich da
gewesen waren. Und wir mussten Leute auf der Straße
Johannes Althoff
Klassenbetreuer der 9. Klasse
Lehrer für Geschichte und Kunstgeschichte
Unsere Klassenfahrt nach Weimar
Am 22. März wollten wir uns frühmorgens am ZOB
treffen. Durch ein Missverständnis kam ich verspätet, der
Reisebus, der uns nach Weimar bringen sollte, sollte abfahren, und der Busfahrer war schon richtig böse.
Als wir in Weimar ankamen, liefen wir eine Viertelstunde zu unserer Herberge, die sich Hummel-Hostel nannte.
Wir brachten unsere Koffer und Taschen in die Zimmer und
mussten gleich weiter zum Goethe-Haus, wo wir eine Führung durch den Ausstellungstrakt hatten.
Unsere Führerin war eine kleine alte Dame. Sie erzählte
uns über das Leben Goethes und seine Werke, über seine
Foto: Ludwig
Foto: unbekannt
Der berühmteste Insasse des Weimarer Stadtgefängnisses dürfte wohl Johann Sebastian Bach gewesen sein.
Er wollte 1717 weg aus dem verschlafenen Residenzstädtchen, doch der Herzog wollte ihn nicht ziehen lassen … Als
dagegen unsere 9. Klasse in Weimar weilte, wurde schon
am zweiten Tag gemault, dass wir nur so kurz dableiben
konnten, so spannend und schön fanden die Schülerinnen
und Schüler die Stadt.
Foto: Johannes Althoff
Die kleinste Weltstadt der Welt
befragen, was sie von den Orten wissen. Am Anfang machte es Spaß, so herumzulaufen, Fotos zu machen und Leute
anzuquatschen. Aber nach zwei, drei Stunden wurde es anstrengend und unsere Füße taten weh, denn wir brauchten
vier Stunden, manche sogar fünf!
Danach trafen wir uns im Hostel im Gemeinschaftsraum
und stellten unsere Ergebnisse und Fotos vor. Die Arbeit der
Gruppen wurde von uns allen bewertet und die siegreiche
Gruppe erhielt als Preis eine Tüte Gummibärchen, die sie
dann mit allen teilte. Danach gingen wir in ein italienisches
Restaurant, das einige aus unserer Klasse entdeckt hatten. Das war so lecker da! Ich habe die beste Pizza meines
Lebens gegessen!
Foto: Isolde Kühn
8 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Auf dem Weg zum Konzentrationslager Buchenwald
Am nächsten Tag gleich nach dem Frühstück ging es
zum Konzentrationslager Buchenwald. Wir fuhren mit
einem Bus aus Weimar hinaus in ein kleines Dorf. Von dort
aus stiegen wir den ganzen Ettersberg hinauf, auf dem oben
das Konzentrationslager liegt. Als wir dort ankamen, schauten wir uns einen Film über das Konzentrationslager in der
Nazi-Zeit an, der echt traurig war und wo man viele Leichen
sah … Alle waren schon ein bisschen geschockt, aber noch
schlimmer war es, als wir uns die Räume von damals ansahen, die Leichenhallen mit den Verbrennungsöfen zum Beispiel. Es war eine schreckliche Stimmung. Denn man spürte
das irgendwie, dass da so viel Schreckliches passiert war. Es
waren gefühlte Minusgrade dort oben. Der Herr, der uns da
durchführte, war leider ein bisschen anstrengend. So waren
alle froh, als es vorbei war. Danach hatten wir Freizeit, die
wir alle genossen, aber wir waren alle ein bisschen fertig
von diesem Erlebnis.
Abends ging es dann mit dem Zug nach Hause zurück. Es
war eine tolle Klassenfahrt gewesen, Weimar ist echt schön
und wir fanden es alle schade, dass wir nur drei Tage dort
waren.
Charlotte
Stein(er) gefunden
aus der 9. Klasse
1/2015 | www.havelhoehe.net
Stell Dir vor, Du willst helfen und alle machen mit!
Weihnachten im Schuhkarton
In Gatow, im Waldschluchtpfad, befindet sich Berlins
größtes Erstaufnahmeheim für Flüchtlinge. Ungefähr 550
Menschen, davon fast 250 Kinder und Jugendliche suchen
dort Schutz.
„Krieg, Gewalt und Vertreibung machen weltweit Millionen Menschen das Leben zur Hölle. Flucht ist der einzige
Ausweg aus ihrer Not. Auf der Suche nach Sicherheit müssen sie alles zurücklassen, was ihnen lieb und teuer ist.“
(Uno Flüchtlingswerk).
Den Wunsch, die Menschen, die von weither bis zu uns
ins Nachbardorf Gatow fliehen, zu unterstützen, hatte ich
schon länger. Im November letzten Jahres bei unserem
Mitarbeiterfrühstück im Familienforum erfuhr ich, dass
auch bei einigen anderen dieser Wunsch bestand. Meine
Kollegin Christine Arlt wird gerne konkret und so fragte
sie mich einige Tage später, ob ich mit ins Flüchtlingsheim
komme. Sie hatte einen Termin mit dem Heimleiter, um zu
besprechen, wie das Familienforum helfen könnte. Und wie
ich wollte! Seit Wochen beschäftigten mich Zeitungsartikel
und Nachrichtensendungen. Mich bewegten die verschiedenen Schicksale und Geschichten. Meine Kollegin hätte
ich dafür umarmen können, dass sie an mich dachte und
mich einlud, sie zu begleiten.
Am nächsten Morgen fuhren wir los und wurden freundlich empfangen. Der Heimleiter Herr Skrzedziejewski und
einige Mitarbeiter stellten sich uns vor, und wir erzählten
von uns, dem Familienforum sowie unserem Anliegen
helfen zu wollen. Leila, eine Mitarbeiterin, die die Kindergartenkinder im Flüchtlingsheim betreute, zeigte uns die
Flüchtlingsunterkunft und den Kindergarten. Als wir den
Kindergarten betraten, fielen uns die vielen kleinen Gesichter auf, die ihre Nasen von draußen an die Fensterscheiben
drückten.
Viele kleine Menschen mit großen und sehnsüchtigen
Augen standen da! Leila meinte: „Sie warten, dass ich ihnen
öffne. Aber es ist noch nicht ganz die Zeit dafür. Sie sind
zu früh.“ Leila ließ sich auch durch uns nicht erweichen, die
Türen eher zu öffnen. „Sonst kommen sie jeden Tag noch
früher und stehen in der Kälte.“ Leila erzählte uns weiter von
sich. Sie floh als Kind mit ihren Eltern aus Afghanistan, lebte
selbst in Flüchtlingsheimen und arbeitet schon viele Jahre
mit Flüchtlingskindern. Sie heißt eigentlich Leiluma, aber
alle nennen sie Leila. Am liebsten tanzt und singt sie mit
ihren Schützlingen. Christine und ich hörten zu und ließen
www.havelhoehe.net | 1/2015
dabei die Kinder an den Scheiben nicht aus den Augen.
Die Scheibe war schon ganz beschlagen, als Leila endlich
die Tür öffnete. Nun geschah etwas, was ich als Erzieherin
mit größter Aufmerksamkeit verfolgte: Es herrschte Stille.
Wartende Stille! Leila sprach ein herzliches „Guten Morgen“,
und die kleine Schar erwiderte brav und strahlend den
Gruß. Dann erst betraten die Kinder den Raum. Flink wie die
Wiesel stellten die Größeren die Stühle hinunter, holten die
Malsachen, und alle Kinder malten. Sie wirkten so ernst, lieb
und hingebungsvoll. Angesichts des Ortes, an dem wir uns
befanden, war ich tief bewegt. Im Inneren fragte ich mich,
was die Kinder schon alles gesehen hatten oder ob es ihren
Eltern gelungen war, sie vor allem Bösen zu bewahren. Wie
fühlt es sich an, hier zu leben? Ein kurzer Blick in Christines
Augen verriet mir, dass es ihr genauso ging wie mir. Wir verabschiedeten uns und versprachen wieder zu kommen.
Nach den Gesprächen mit dem Heimleiter war uns klar,
dass wir sofort unterstützend helfen werden. Es war kein
bestimmter Satz, der diesen Entschluss festigte, sondern
vielmehr all das „Nicht-Gesagte“. Und obgleich der Heimleiter viele Nöte und Sorgen kannte, wünschte er sich vor
allem ein Weihnachtsfest in seiner Einrichtung mit Geschenken für jedes Kind. Dabei ging es ihm weniger um materielle Hilfe, sondern um eine wärmende christliche Geste.
Wir versprachen für die Geschenke zu sorgen.
Wir hatten zwar keine 4 Wochen Zeit, aber manchmal ist
das gar nicht entscheidend. Wir hatten auch kein Geld, aber
selbst das kann ja manchmal vom Himmel fallen. Wir hatten
verschiedene Ideen, wie wir es trotzdem schaffen. Aber die
königlichste Idee, die über allen anderen Ideen thronte, war
die, den gesamten Havelhöher Campus in die weihnachtliche Hilfsaktion mit einzubeziehen. Und noch während wir
darüber sprachen, wussten wir, dass dies gelingen würde.
Ich formulierte einen Aufruf zu einer gemeinschaftlichen
Havelhöher Hilfsaktion für die Kinder im Flüchtlingsheim.
Das Schreiben erhielten die Schule, der Kindergarten, das
Krankenhaus, die Bäckerei Weichert, der Havelwolleladen
und der Blumenladen. Alle sagten ihre Unterstützung zu!
In den nächsten Wochen lernte ich den Havelhöher Campus von seiner schönsten Seite kennen. Mir war, als sei ich
plötzlich in einer anderen Kultur (Südamerika oder irgendwo in Afrika), denn unentwegt lächelten mich Menschen
herzlich an. Viele bedankten sich für den Aufruf, sicherten
Unterstützung zu und zeigten Interesse. Ich war erstaunt,
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 11
denn kein gut gemeintes Wort schien dahin gesagt, sondern stets aufrichtig, verbindlich und warmherzig. Wie besonders war dieser Advent! Unvergessen ist mir ein Herr,
vermutlich ein Krankenpfleger, der ein Päckchen brachte. Es
war die Art, wie er es mir übereichte: Ernst und würdevoll.
Er sagte: „Meine Mutter war auch früher auf der Flucht. Ich
weiß, was das heißt. Danke, dass Sie das machen.“ Es gab
unzählige solcher Begegnungen und im Familienforum
türmten sich die Geschenke. Jeder Tag brachte eine neue
Begegnung, eine neue Geschichte und eine Überraschung
mit sich. Meine Kinder huschten morgens früh freudig in die
Küche, um ihr Adventssäckchen zu öffnen. Ich huschte ins
Familienforum um zu schauen, wie viele Päckchen schon da
sind. Es war genauso, wie es mir mein Herz vorhergesagt
hatte: Krankenschwester und Ärzte, Lehrer und Schüler,
Eltern und Kinder, Verkäuferinnen und Kunden und viele
liebe Menschen kamen und zeigten ihre Hilfsbereitschaft
und ihre Solidarität! Am 18. Dezember, einen Tag vor der
Weihnachtsfeier, hatten über 550 Päckchen und viele weitere Spenden das Familienforum erreicht. Ein toller Erfolg!
Herr Schubert, der Klassenlehrer der 6. Klasse, fragte
mich, ob einige seiner Schüler die Geschenke mit überreichen dürften. Ich fand das eine schöne Idee. Schließlich
hatten viele Klassen richtig fleißig mitgeholfen. Ich hatte
ja keine Ahnung, wie nötig Christine und ich die Hilfe der
Schülerinnen brauchen würden … Die Weihnachtsfeier war
sehr lebendig. Es war friedlich und auch lustig, aber der
Mangel an Organisation und Planung machte mich stutzig.
Ich fand mich plötzlich ziemlich spießig, aber ich wollte die
Geschenke „ordentlich“ und „weihnachtlich“ verteilt wissen.
Scheinbar gab es aber einfach zu wenig Personal. Ich sorgte
mich, aber das war gar nicht nötig! Meine Kollegin Christine Arlt ist einfach schnell, klar und patent! Längst hatte sie
die Situation erkannt und führte das weihnachtliche Zepter
im Bescherungsraum. Das fehlende Personal ersetzten die
Schülerinnen Rosa, Sarah und Ida aus der sechsten Klasse und Lina aus der zwölften. Außerdem hatte Lina ihren
Freund mitgebracht, Christine ihre Tochter Maria und ich
unseren Nachbarn Max. Gemeinsam waren wir eine richtige Unterstützung für die Weihnachtsmänner vor Ort und
genug, um die Geschenke herzlich und „ordentlich“ zu verteilen. Es begann ein dreistündiger Bescherungsmarathon.
Wir haben viele glückliche Kinderaugen gesehen, und als
das letzte Kind an diesem Abend beschenkt war, schlossen
die Mitarbeiter die Türen des Weihnachtszimmers zu und
brachen in lauter Jubel aus. Die Schüler, Christine und ich
wurden beklatscht und bejubelt! Wir machten es gleich
nach und beklatschten alle anderen. Das war wie Weihnachten und Silvester zusammen! Dann wurden Handys
gezückt und Erinnerungsfotos gemacht. Leila umarmte
Geschenktürme im Familienforum
Die Kinder bedanken sich mit dem Lied „O, Tannenbaum“
Die Kartons werden in Empfang genommen
Fotos: Maximilian
10 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Helfer aus Havelhöhe und Leila (rechts)
1/2015 | www.havelhoehe.net
Zertifiziertes QM-System
DIN EN ISO 9001:2008
12 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Reg.-Nr. FS 537044/8797D
mich und fragte: „Woher kommen diese Kinder? Sie haben
so gut gearbeitet wie Profis! Sie sind ernst und ganz von
Herzen. Ich sehe so etwas immer an den Augen.“
Der Heimleiter kam hinzu und bot mir mit viel Herz das
„Du“ an. Wir haben uns umarmt und waren ganz selig. Christine und ich haben die jüngeren Schüler nach Hause gefahren und dann im Familienforum den Kühlschrank geplündert. Wir konnten uns nicht sofort trennen und brauchten
noch etwas Zeit miteinander. Was hatten wir gerade Großes
erlebt? Womit waren wir selbst beschenkt worden? Welchen Zauber hatten wir in den letzten Wochen verspürt?
Und wie gut Müdigkeit und Glück sich anfühlten! Eines war
ganz deutlich spürbar: Der Sinn von Weihnachten!
Und später allein Zuhause klingen Leilas Wörter in meinem Innersten immer noch nach: Ernst und ganz von Herzen! Wie schön sie das gesagt hatte und wie schön, dass uns
als Gemeinschaft diese Aktion gelungen war.
Sylvia Ramp ist Dozentin an der Freien Fachschule für
Sozialpädagogik und unterrichtet dort zukünftige Erzieherinnen und Erzieher. Kluger- und glücklicherweise werden
die Fachschüler auch in Zirkuspädagogik unterrichtet und
müssen am Ende des Schuljahres sogar eine Zirkusvorstellung geben. Sylvia Ramp, die seit vielen Jahren eine gute
Freundin von mir ist, war von ihren Fachschülern dieses
Jahr besonders begeistert und beeindruckt. Als sie mir von
der gelungenen Aufführung erzählte, überlegte ich, ob ihre
Schüler nicht für unsere Schulkinder und Flüchtlingskinder
eine Vorstellung geben könnten. Vielleicht könnten wir
nach der Vorstellung alle Familien und Fachschüler in der
Schule zu einem Mittagsbuffet einladen? Sylvia war einverstanden, und das Kollegium unserer Schule begrüßte die
Idee und das Engagement der Fachschule. In den nächsten
Wochen wurde geplant, geprobt, Flüchtlingskinder und Familien eingeladen. Auch in der Schule hing an jeder Klassentür der Unterstufe ein Zirkusplakat.
www.havelhoehe.net | 1/2015
medizinische Hautpflege
homöopathische Medikamente
Am 21.2.2015 um 11 Uhr öffnete der Zirkus seine Türen
im Familienforum und ich denke, die Fotos, die Max gemacht hat, sprechen für sich. Es war viel Herz und Poesie
dabei und ein Humor, der keiner Landessprache bedarf. 1 ½
Stunden haben Kinder und Erwachsene gelacht, gestaunt
und gemeinsam bewundert. Beim gemeinsamen Essen
hatten wir alle die Gelegenheit uns besser kennenzulernen.
Sicher gab es auch einiges, das hätte besser laufen können.
Aber alle waren unglaublich bemüht. Danke dafür.
Danke auch an alle Helfer. Besonderen Dank an Frau
Kriete für ihre klare Kommunikation, Verlässlichkeit und
spürbares Wohlwollen sowie an die Fachschüler der Freien
Fachschule für Sozialpädagogik. Bitte besucht uns noch
öfter …
Jasmin Siebens
Mutter aus der 3. Klasse
Fotos: Maximilian
Der Zirkus auf der Havelhöhe
hochwertige Produkte
für Ihre Gesundheit
Jasmin Siebens mit dem Bezirksbürgermeister von Spandau
Tees
Helmut Kleebank
mehr als 10.000 Medikamente
Jasmin Siebens ist die Spandauerin des Monats März –
wir gratulieren!
Sehr festlich ging es zu am 12.3., mittags im Familienforum. Die geladenen Gäste wurden schon an der Tür begrüßt, man spürte, etwas Besonderes sollte gleich stattfinden: Jasmin Siebens würde für ihren unermüdlichen Einsatz
für das Flüchtlingsheim in Gatow von höchster bezirklicher
Stelle geehrt werden. Die Leiter des Familienforums begrüßten die Gäste und umrissen kurz die Aufgaben und
die Philosophie des Familienforums, nämlich Familien mit
Kindern in allen Lebenslagen zu unterstützen, und das
mit ganzem Herzen! Nichts anderes hat Jasmin Siebens
im Grunde getan, sie hat nur wie selbstverständlich ihren
Aufgabenbereich ausgeweitet: auf Flüchtlings-Familien, die
zwar einen großen Bedarf an Unterstützung haben, aber
eben nicht die Möglichkeit, zum Familienforum zu kommen
und um Hilfe zu bitten.
Jasmin Siebens kann es, wie sie selbst sagte, schlecht ertragen, Missstände zu erleben und nichts dagegen zu tun.
Sie nahm Kontakt zum Paritätischen Wohlfahrtsverband
auf, sie nahm Kontakt zur Politik auf und sie packte die Dinge an: Die campusübergreifende Havelhöher Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ war ein voller Erfolg, eine Zirkusvorstellung im Familienforum für Havelhöher Schulkinder
und Flüchtlingskinder gemeinsam schaffte neue Kontakte und Begegnungen. Doch damit nicht genug, Jasmins
Bürgerinitiative hat weitere Pläne: Ein Frauencafé soll im
Flüchtlingsheim entstehen, das Außengelände verschönert
und eine Kleinkindgruppe für Mütter mit kleinen Kindern
angeboten werden. Für dieses Engagement bekam sie vom
Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank nun die Auszeichnung „Spandauerin des Monats“ verliehen, die sie stellvertretend für alle annahm, die sich gemeinsam mit ihr für die
Flüchtlinge engagieren. Wir gratulieren ihr ganz herzlich!
Wer Jasmin Siebens und ihre Bürgerinitiative unterstützen möchte, kann das jederzeit tun und über das Familienforum Havelhöhe Kontakt zu ihr aufnehmen.
mieten & leihen
Babywaagen
elektrische Milchpumpen
Inhalationsgeräte
power2Cell - Mikrostromgeräte -
messen & kontrollieren
Blutdruckmessung
Medikamentenprüfung auf:
unerwünschte Wechsel- und Nebenwirkungen
mögliche Reaktionen bei Allergikern
helfen & beraten
Beratung zur Haus-, Auto- und Reiseapotheke
Individuelle Medikamentenberatung
Tierarzneimittel
Entsorgung alter Arzneimittel
Ernährungsberatung
Beratung von Diabetikern
Beratung bei Blasen- oder Darmschwäche (Inkontinenz)
Anmessen von Kompressionsstrümpfen
Homöopathieberatung
Kosmetikberatung
Arzneimittelzustellung bei Bedarf
Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
Eigene
vorhanden
Öffnungszeiten: Mo - Fr 8.30 - 18.30 Uhr · Sa 8.30 - 13.00 Uhr
Cornelia Zerm
Mutter aus der 1. und 3. Klasse
Sakrower Landstraße 6
14089 Berlin (Kladow)
Inhaberin:
Sabine Krause e. K.
Telefon (0 30) 365 59 55
Telefax (0 30) 365 70 70
Fasching in der Unterstufe
… eine pädagogisch einwandfreie Überleitung zu Ostern inklusive!
Foto: Silke Kriete
Ich weiß nicht mehr recht, wie es den Lehrern (an diesem Tag waren sie es ja gar nicht selbst, sondern ihre kostümierten Stellvertreter) gelang, pünktlich ihre Schützlinge
zusammenzutreiben. Auf alle Fälle fanden sich alle wie verabredet im Saal ein und nahmen klassenweise und gesittet
auf dem Boden Platz.
Alle? Nein! Denn die Ritter und Damen spielten schön
mittelalterliche Musik, die von der Empore zu uns klang.
Im Saal reckte die Fassnachtsgesellschaft die Hälse, konnte aber nichts erspähen. Dann schritt das Burgvolk singend
herab und eröffnete somit das Ritterfest!
Durch das Fest führten uns ein kauziges Kräuterweib
mit ordentlich Sitzfleisch und ein neckischer Clown – die
www.havelhoehe.net | 1/2015
Foto: Helen Venzke
Wenn es ausgelassen und jeck zugehen soll, ist eine
gute Planung des Ablaufs mit ausreichendem Spielraum
für Spontaneität unverzichtbar. Die Lehrer der Unterstufe
stellten sich der anspruchsvollen Aufgabe, die Beiträge aus
den Klassen in eine sinnvolle Abfolge zu bringen und der
Zusammenkunft einen tragenden Rahmen zu geben. Diesen Rahmen verpasste uns die 4. Klasse, deren Faschingsmotto eine Mischung aus den nordischen Göttersagen und
ritterlichem Burgleben war.
Da der Zutritt in die geschmückten Klassenräume in der
Frühe tabu war, war das Treiben auf den Gängen und im
Saal sehr rege und es konnten schon die phantasievollsten
Kostüme bewundert werden.
standen sozusagen in der Bütt und durften sich in aller Narrenfreiheit äußern. Es war auch das Kräuterweib, welches
uns den Ohrwurm mit dem Titel und Text „Tomatensalat“
beibrachte, den wir auf seine Aufforderung hin immer wieder anstimmten.
Foto: Silke Kriete
Faschingsdienstag: Die Winterferien lagen gerade eine
gute Woche hinter uns, da trafen sich die 1. bis 6. Klasse zur
Faschingsfeier im Saal.
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 15
Foto: Helen Venzke
14 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Zunächst aber gab der Kinderchor unter der Ägide von
Clown Thoma Tensalat das Märchen vom Froschkönig
zum Besten. Sehr heiter, und wiederum mit einem Frosch
im Bunde, erzählten die Närrinnen und Narren der 6. Klasse die Mär von den „beiden Schwestern“, ein sketchhaftes
Gedicht voll bissigem Humor von Wilhelm Busch über die
Irrungen und Wirrungen der Liebe. Nach einer weiteren
Portion Tomatensalat unterhielt uns die 3. Klasse mit Christian Fürchtegott Gellerts Gedicht vom „Bauern und seinem
Sohn“, einem wahren Lügenbaron, gefolgt von einem musikalisch-drolligen Tierkarnevalsumzug der 2. Klasse.
Was nun folgte, konnte nur ein weitsichtiger Waldorfpädagoge ersonnen haben! Die 5. Klasse lieferte den zweiten
Ohrwurm zum Mitsingen und Clown Thoma Tensalat hatte
gewiss im Blick, dass uns „Ein Hase saß im tiefen Tal“ in der
1. Klasse verfolgen würde, bis der Osterhase kommt. Unermüdlich wurde der Refrain „singing holly polly doodle all
the day“ wieder aufgelegt und mit Inbrunst von unseren
jüngsten Schülern im Klassenverband gesungen.
Als wir zu guter Letzt alle in den Volkstanz einfielen, den
die 3. und 4. Klasse anleiteten, wurde es, wie es sich für ein
gescheites Finale gehört, noch mal richtig lebendig.
Es war eine schöne Feier, teils vielleicht ein wenig langatmig empfunden, welche uns für die kommenden Jahre
einen angemessenen Maßstab bietet.
Die große Runde trennte sich anschließend für den individuellen Teil des Klassenfaschings.
Wir, die 1. Klasse, durften nach kurzer Hofpause ins Märchenreich eintreten.
Dort setzten wir uns an die festliche Tafel zum Festmahl.
Eifrige Lakaien bedienten uns vornehm, so dass rüpelhafte
Völlerei gar nicht erst aufkommen konnte.
Nachdem ich, die Königin von Havelhöhe, die Tafel aufgehoben hatte, strömte die gespannte Gesellschaft in überschaubaren Gruppen in verschiedene Märchen. Auch hier
warteten aufmerksame Helfer, die den kleinen Zwergen,
Rittern, Prinzessinnen, Prinzen und vielen anderen Gestalten halfen, Aufgaben zu lösen, um mit einem kleinen Schatz
zur nächsten Märchenstationen zu ziehen.
So wurden bei Frau Holle luftige Schneebällchen ins Ziel
gepustet, um eine Schneeflocke aus duftigem Mürbeteig
zu erlangen. Bei Aschenputtel galt es, Linsen zu verlesen,
und gelang dies, so zog man mit einem kleinen wollenen
Täubchen weiter zu Dornröschen. Hier wählten die Kinder
zwischen dem schwarzen Zauberstab der bösen Fee und
dem weißen Zauberstab der guten Fee, den sie mit Edelsteinen, Bändern und Glitzer verzierten. Beim Froschkönig
fischten die Märchenbesucher eine goldene Märchennuss
aus dem Brunnen, deren Inneres ein Geheimnis barg.
Ab und an öffnete sich die Tür zu unserem Schloss und
neugierige Jecken lugten herein oder Kindergartenkinder
zogen, wie im Märchen von der goldenen Gans, in langer
Reihe durch unser zauberhaftes Reich. Bei unserem eigenen Streifzug durchs Schulhaus begegneten wir in den untersten Klassen ebenfalls bezauberndem bis betriebsamem
Treiben, in den Räumen der ausgeflogenen Mittelstufe allerdings eher der Wüstenei abgegessener Buffets.
Solche Feste sind recht material- und aufwandsintensiv
und der Dank für den schönen Faschingsvormittag gilt allen Mitwirkenden: Hausmeistern, Eltern, Schülern und Lehrern! Für die 1. Klasse kann ich sagen: Es war ein rundum
gelungenes Fest!
Bis zur nächsten 5. Jahreszeit verabschiede ich mich mit
einem herzhaften „Holly polly doodle all the day“,
Turandocht Debarge
alias Königin von Havelhöhe
Klassenlehrerin der 1. Klasse
Anzeige
JORDANCATERING
FULL SERVICE CATERING
1/2015 | www.havelhoehe.net
16 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Schulmagazin | 17
Das spielende Kind
Gartentag im
Kindergarten
Eine geniale Lebensart
„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des
Wortes Mensch ist,
und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“
Friedrich Schiller
Der Pferdestall, bestehend aus 4 flachen Brettern zum
Quadrat ausgelegt, beherbergte dann noch manchen
Dazugekommenen, Pferd oder Mensch, je nachdem, wer
eben anfragte oder gefragt wurde. Manchmal erweitert er
sich auch zu einem Haus oder gar einem Theater, in dem
dann die „Märchen-Weihnachtsspiel-Fasching-Phantasieauf jeden Fall-lustig-Geschichte“ mit allem, was man findet,
aufgeführt wird.
„Du bist gemein, ich spiele mit Dir nie wieder Luft!“
Zutiefst beleidigt dreht sich das Mädchen zur Seite – ihre
kleine große Welt bricht zusammen, während für den Außenstehenden nur mühsam der Verlust nachempfunden
werden kann.
Wer einmal Improvisationstheater gemacht hat, weiß,
auf welch hohem Niveau die Kinder sich da bewegen.
Schon an der eigenen Hürde, sich da hinein zu begeben,
können wir erkennen, wie weit wir uns von diesem kindlichen Künstlertum entfernt haben.
Bei aller Wahrnehmungsfreudigkeit und Hingabebereitschaft an die Umwelt erfinden die Kinder aber gleichzeitig
ihre oft „strengen“ Regeln:
In unserem Gruppenraum findet man nicht sonderlich
viel Spielzeug (verglichen mit manchem Kinderzimmer sogar eher wenig!): drei Puppen, drei Holzautos, einige größere und einige kleinere Tücher, fünf Felle, fünf Matratzen,
einige Kissen, Bretter, Ständer, zwei Körbe mit Hölzern, Kastanien, Eicheln, einige Sandsäckchen, Tische, Stühle und
Bänke und ein wenig Puppengeschirr im Puppenhaus mit
Puppenbettchen und -kleidern. Dazu 18 spielfrohe Kinder.
Am Samstag, 18. April 2015, putzten wir mit vielen kleinen und großen Helfern unseren Garten wieder frühlingsfein heraus: Allerlei kleine Körnlein senkten wir sacht in die
Erde hinein, eine neue Kräuterspirale entstand, das Unkraut
jagten wir fort, kleine Weidenzäune setzten wir, um die
Beete zu behüten, die Sandkisten wurden für eine neue
Sandlieferung vorbereitet und erhielten sogleich frische
Baumstämme als Umrandung, der alte Sand wanderte in
die „Schlucht“ und dient nun den großen Kindern als herrliche „Baugrube“, auch Rindenmulch und Eselmist verteilten
wir großzügig schubkarrenweise bis zur Mittagszeit. Dann
gab es noch einen gemeinsamen Schmaus – und die Geschichte ist aus.
Weichardt-Brot, das ist die Perle
unter den Vollkornbäckereien!
Nicht nur, weil wir die erste Vollkornbäckerei in unserer
damals noch geteilten Stadt waren – nein, wir waren
auch die erste Bäckerei, die sich völlig der DEMETERQualität verschrieben hatte. Das gab es noch nie! Wir
haben die Höhen und Tiefen der Pionierzeit erlebt und
viele Menschen begeistert, motiviert und mitgerissen.
Wir waren und sind Vorbild und Qualitätsziel für so
viele unserer „Nachkommen“. Wir haben uns
gemeinsam gesellschaftlich weiterentwickelt,
geforscht, gearbeitet, verbessert, ausgefeilt und sind
heute immer noch so klein oder so groß wie damals.
Meike Harms
Mutter aus der Rosengruppe
„ Der … möchte auch noch gerne mitspielen!“ „Nein das
geht nicht, wir sind schon genug Theaterspieler.“ – „Meint ihr
nicht, dass ihr noch einen brauchen könntet“? – „Nein, wir sind
schon vier und brauchen nur vier!“ – „Vielleicht könnte er ja die
Theaterkarten verkaufen?“ „Nein … oder … au ja!“ „Jetzt brauchen wir ein Papier …, nein, nicht so eines, wir brauchen ein
großes … und Stifte, nein, nicht diese, sondern Holzstifte …“
Weichardts Hofladen und Cafeteria
Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe
Kladower Damm 221, 14089 Berlin
Tel. 030 – 36 99 24 84
Mo – Fr 8:00 – 18:00 Uhr
Sa 8:00 – 17:00, So 12:00 – 17:00 Uhr
Die kleinen Künstler zwischen 2 und 6 Jahren schaffen
es, diesen Raum in ein täglich wechselndes Gebilde zu verwandeln.
„Darf ich mitspielen?“, „Ja, aber Du musst das Mamapferd
sein“, „Ich will aber lieber das Schulkindpferd sein“, „Nein, das
bin ich schon; Du kannst noch das Babypferd sein“. „Nein, dann
bin ich lieber das Mamapferd“.
www.havelhoehe.net | 1/2015
Als Pädagoge, der mit dem kleinen Kind im ersten Jahrsiebt zu tun hat, ist man aufgerufen, sich dieser „genialen
Lebensart“ immer wieder zu stellen und sich ihr zu nähern.
Das heißt für uns, den zarten Pendelschlag immer wieder
zu erspüren zwischen der regelhaft, gedanklich-vorstellungsmäßigen Verfestigung und dem chaotisierenden,
emotionalen Drauflosagieren. So können wir uns im täglichen Üben dieser Fähigkeit immer mehr dem wahrhaften
Menschentum (im Sinne Schillers) nähern.
Karin Eppelsheimer
Waldorfkindergärtnerin in der Elfengruppe
Fotos: Meike Harms
Foto: Jo Jankowski
Manchmal hat man Glück und die eigene Idee „leuchtet
ein“, manchmal muss man auch woanders „hinleuchten“ um
Streit oder Enttäuschung zu schlichten oder zu verhindern.
Weichardt-Brot
Mehlitzstraße 7
10715 Berlin
Tel. 030 – 8 73 80 99
www.weichardt.de
18 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 19
Zu Fuß von der Havelhöhe bis nach Paris
Startschuss für unsere Disc Golf-AG
Der erste Sponsorenlauf für die Turnhalle im Mai 2015
Disc Golf ist eine Frisbee-Sportart aus den USA, die in
den 90er Jahren ihren Weg zu uns gefunden hat. In Amerika
existiert sogar eine professionelle Szene, während das Spiel
in Europa eher (noch) eine schöne und gesellige Freizeitaktivität ist. Die Schweden tun sich dabei mit wunderschönen
Parcours in der Natur besonders hervor.
Disc Golf ist vergleichbar mit dem klassischen Golfspiel
und für jedes Alter geeignet. Auf einem Parcours sind normalerweise 14 bis 18 Metallkörbe aufgestellt, in die man
mit möglichst wenig Würfen etwa auf Beckenhöhe treffen
muss. Ein Loch entspricht 3 Par – braucht ein Spieler mehr
Würfe, so werden diese addiert und bilden langfristig das
Handicap des Spielers. In Ermangelung von Körben kann
man auch einfach Ziele in der Natur ausmachen (Baumstämme, große Steine und ähnliches).
Disc Golf-Frisbees sind bei einem Gewicht von rund 170
Gramm wesentlich schmaler und kleiner als normale Frisbee-Scheiben (beispielsweise solche für Ultimate Frisbee)
und werden von guten Spielern nach Reichweite und Flugbahn unterschieden. Kurzdistanz-Scheiben (Putter) fliegen
sehr langsam und werden nur für den Abschluss eines
Wurfs in den Korb verwendet, Langdistanz-Scheiben (Driver) werden mit hohem Tempo vom Tee Pad (dem Abwurfplatz) auf Distanzen von rund 100 Meter geworfen. Profis
können mit entsprechenden Scheiben Weiten von 200 Meter und mehr erzielen.
Für Anfänger beginnt das Spiel mit einer nicht zu unterschätzenden Lernkurve. Man muss sich an die Handhabung
der speziellen Scheiben und die besondere Wurftechnik gewöhnen und auf einer großen Wiese erlernen, mit der ungewohnten Technik gerade und eben auf ein Ziel zu werfen.
Mit etwas Geschick meistern Jugendliche die Grundlagen
allerdings schnell, sodass dem Training mit drei verschiedenen Scheibenarten für Kurz-, Mittel- und Langdistanz nichts
im Wege steht. Sinnvoll ist dann die Anschaffung eines
Starter-Sets mit drei Scheiben für rund 20 Euro. Kauft man
später andere Scheiben dazu, um Modelle für Rechts- oder
Linkskurven zu besitzen, schlagen diese mit rund 14 Euro
zu Buche. Hilfreich ist spätestens dann auch eine kleine
Frisbee-Tasche, in der die Scheiben und eine Wasserflasche
praktisch und sicher verstaut werden können. Profis haben
spezielle Bibliothek-Taschen mit 30 und mehr Frisbees auf
dem Platz im Einsatz.
Bereits im Jahr 2009 wurde nach einer grundsätzlichen
Entscheidung des Kollegiums für den Bau einer Turnhalle
eine Bauvoranfrage für eine Sport- und Mehrzweckhalle bei
der zuständigen Behörde gestellt und positiv beschieden.
Damit diese nicht nur ein frommer Wunsch bleibt, haben
die drei Leitungsgremien der Schule (Pädagogische Leitung, Wirtschaftskreis und Vorstand/Rechtskreis) im Herbst
2014 die „Arbeitsgruppe Turnhalle“ ins Leben gerufen.
Christoph Wende, Michael Oppel, Egon Tietz, Olaf Rex und
Jeanette Heise arbeiten seither gemeinsam an den vielen
Fragen und Punkten, die es im Vorfeld zu klären gibt: Sportoder Mehrzweckhalle? Einfeld- oder Zweifeldhalle? Was ist
wie finanzierbar? Weil wir alleine dieses große Projekt nicht
stemmen können, benötigen wir die Unterstützung der
ganzen Schulgemeinschaft.
www.havelhoehe.net | 1/2015
Henning Ziegler
Englischlehrer
Anzeige
Kopf aufzuhören. Später die Größeren. Auch sie gaben ihr
Bestes. Eltern, Lehrer, Freunde, ehemalige Schüler, sogar
Kindergartenkinder sind gelaufen und haben begeistert bei
herrlichem Wetter Runde um Runde gedreht. Jede Runde
(ca. 400 Meter) wurde mit einem Stempel auf dem Arm dokumentiert. Mit knapp 200 Läufern haben wir 2.500 Runden
geschafft. Das sind 1.000 km – die Strecke von der Schule
bis nach Paris! Und dabei sind mehr als 23.000 € zusammen
gekommen! Zum Abschluss erhielt jeder Teilnehmer seine
Urkunde mit den gelaufenen Runden. Stolz wurden die beachtlichen Zahlen verglichen.
Mit dem Sponsorenlauf am Freitag, den 22.05.2015, fiel
nun der für alle hör- und sichtbare Startschuss zu diesem
Projekt. Im Vorfeld war mit großem Eifer auf die Suche nach
Sponsoren gegangen worden.
Es ging jetzt darum, möglichst viele Runden um unser
Schulgebäude zu laufen, da die Sponsoren pro erlaufene
Runde einen bestimmten, im Voraus abgesprochenen Betrag für unsere „Neue Turnhalle“ zahlen würden.
Wir danken allen Läufern und ihren Sponsoren, allen Helfern, die Runden gestempelt, Wasser und Obst an die Läufer
verteilt, Kuchen gebacken und verkauft, Würstchen gegrillt,
Sponsorenkarten ausgefüllt und Urkunden geschrieben
haben! Sie alle haben dazu beigetragen, dass unser „Startschuss“ so ein großer Erfolg wurde!
Jeanette Heise
Buchhaltung
Aufgeregt standen die Mädchen und Jungen an der
Startlinie, als sie von Christoph Wende Klasse für Klasse auf
die Strecke geschickt wurden. Zunächst die Kleinsten der
Brücken-, 1. und 2. Klasse. Sie rannten, als ginge es um ihr
Leben. Manche mussten zum Teil gezwungen werden nach
10, 15 Runden (und mehr) doch endlich mit hochrotem
Fotos: Henning Ziegler
Ein schöner Familienausflug zum Disc Golf kann in der
näheren Schulumgebung nach Potsdam in den Volkspark
führen, wo ein großer Parcours mit 14 Körben durch den
nördlichsten Teil des Parks führt (Nähe Biosphäre Potsdam/
Minigolf ). Ebenso kann in Eberswalde auf einem Parcours
gespielt werden.
Die noch kleine und junge Disc Golf-AG unserer Schule
(ab Klasse 8) trainiert im Gutspark Neukladow. Auf der großen, freien Wiese südlich der Gutshaus-Gebäude kann man
Wurftechniken ohne Belästigung von Passanten trainieren,
um dann gemeinsam einen Parcours auf den Wiesen rund
um das Gutshaus mit 12 bis 14 Zielen in rund anderthalb
Stunden zu spielen. Gemeinsame Treffen auf dem großen
Parcours in Potsdam stehen bei genügend Beteiligung an
der AG natürlich auch in Aussicht.
Fotos Ludwig
Foto: Henning Ziegler
Bunte Scheiben am Kladower Himmel
1/2015 | www.havelhoehe.net
20 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 21
Ein Kraftakt findet ein würdevolles Finale
Die Präsentationen der 8. Klass-Arbeiten am Freitag, 16., und Samstag, 17. Januar 2015
Samstagabend, gegen 17 Uhr im Saal der Schule: der
letzte der Schüler hat seine Präsentation auf der Bühne
hinter sich gebracht, Frau Rendle hat als Klassenlehrerin
die Abschlussworte gesprochen – und da stehen sie nun,
alle Schülerinnen und Schüler der 8. Klasse versammelt
auf der Bühne. Eine für unsere Schule relativ große Klasse – und trotzdem, wie haben wir an diesen beiden Tagen
im Rahmen der Präsentationen der 8.-Klass-Arbeiten jeden
Einzelnen in seiner Individualität und Persönlichkeit wahrgenommen.
Wie viel Entwicklung war geschehen, seit die Schüler
gegen Ende der 6. Klasse, von kleineren Monatsfeier- und
Schulkonzertauftritten abgesehen, zuletzt so präsent auf
der Bühne gestanden hatten! Monate der Arbeit, des Vordenkens, des Umsetzens, des Überwindens von Tiefen und
Rückschlägen und schlussendlich die große Aufgabe, seine
Arbeit am Tisch einzelnen Interessierten zu zeigen und zu
erläutern und auf der Bühne am Rednerpult vor großem Publikum zu reden und Frage und Antwort zu stehen, waren
zu einem guten Ende geführt. Am Freitagabend und den
ganzen Samstag über hatten wir Eltern, Gäste und Mitschüler die Gelegenheit, in den Vorträgen von der Arbeit der
vergangenen Monate zu erfahren, Neues zu lernen und die
Schüler zu erleben. Die langen Pausen zwischen den Vorträgen boten eine schöne Gelegenheit, sich am leckeren
und abwechslungsreichen Buffet zu stärken, sich zu begegnen und auszutauschen.
Zahlreich und so verschieden waren die Themen und
Themengebiete, durch die wir geführt wurden.
Bobby und Marcel(1) berichteten über Motocross und
dessen Historie. Sie haben zu diesem Thema eine Website
erstellt und ein Video gedreht. Ganz zeitgemäß wurde da
auch schon mal auf eine Frage geantwortet: „Na, da schauen Sie doch einfach mal auf unserer Website nach!“ (Adresse der Website: mx-blog.de)
Lennard(2) führte uns in die Welt des Pferdesports und
gab uns einen Einblick in sein geliebtes Hobby. Er erzählte etwas über die Historie des Springreitens und ließ uns
erzählerisch teilhaben am Bau eines Steilsprungs, einem
Hindernis aus dem Springparcours, das in beeindruckender
Größe im Saal stand.
www.havelhoehe.net | 1/2015
Eva Maria(3) ließ uns mit dem Klang eines der ältesten
Instrumente der Welt, nämlich der Leier, zu ganz leisen Tönen hin lauschen. Sie erzählte von ihren Erfahrungen mit
dem Bau einer pentatonischen Leier und ließ diese sanft
anklingen.
Paul(4) berichtete von der praktischen Arbeit ein Regal zu
planen und zu bauen, von den Hürden und Rückschlägen
und dem letztendlichen Gelingen einer schöneren Mülltrennung.
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
(8)
(9)
(10)
(11)
(12)
(13)
(14)
(15)
(16)
(17)
(18)
(19)
(22)
(23)
Melina M.(5) erzählte uns Geschichtliches zur Erfindung
des Radios und von den eigenen Erfahrungen beim Bau eines solchen Apparates.
Katharina(6) zeigte beeindruckende Bilder vom Anlegen
eines Schwimmteiches, erzählte von der Fleißarbeit, schubkarrenweise das Erdreich auszuheben, was ohne die Unterstützung der Geschwister nicht möglich gewesen wäre.
Auch sie hatte bei diesem großen Projekt viele Hürden zu
überwinden. Wenn im Frühjahr die letzten Baumaßnahmen
vollendet sein werden und Wasser im Teich sein wird, werden wir uns umso mehr mit den Badenden freuen, da wir
um die geleistete Arbeit wissen.
Darina(7) berichtete von ihren Erfahrungen beim Nähen
eines Hasen-Eislaufkostüms für das Eismärchen, bei dem
sie schon seit vielen Jahren mitläuft. Das Eismärchen wird
jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit hier in Berlin aufgeführt
und die vielen Kinder und jungen Erwachsenen auf Schlittschuhen verzaubern die Zuschauer jedes Jahr aufs Neue
mit einem anderen Märchen.
Nathan(8) wollte etwas bauen, das man nutzen kann, und
baute sich ein Longboard. Auch er überwand viele Hindernisse bei der Umsetzung und musste Abstriche machen. So
musste er z.B. eine Multiplexplatte verwenden, weil es nicht
umzusetzen war, die Platte aus Furnier in Handarbeit selbst
zu biegen und zu pressen. Letztendlich war er mit dem Ergebnis zufrieden.
Jannik(9) beschäftigte sich mit Gitarrenbau und präsentierte stolz seine selbstgebaute und formschöne E-Gitarre
mit naturbelassenem Kirschholzkorpus und gab uns in
(21)
(24)
(20)
Fotos: Eltern der 8. Klasse
(25)
1/2015 | www.havelhoehe.net
22 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 23
Wort und Bild einen Einblick in deren Entstehung. Sein
selbstgeschriebenes Gitarrensolo, das er zusammen mit
drei Musikerkollegen an Schlagzeug, Bass und E-Gitarre auf
die Bühne brachte, ließ den Freitagabend gebührend mit
einem Livekonzert ausklingen.
Kummets für die Schulesel. Ein Kummet ist ein Zuggeschirr.
Sie berichtete vom Bau, von der Umsetzung und von der
optimierten Gestaltung des neuen Kummets, das mit seiner
geteilten Ringform für die Esel noch angenehmer zu tragen
ist als das alte Kummet.
Am Samstagmorgen führte uns Jasmin(10) ein in das faszinierende Handwerk mit dem Material Glas. Sie erzählte
vom Besuch in einer Glashütte, zeigte einen Filmmitschnitt
und berichtete von ihren eigenen Erfahrungen beim Glasblasen und Glasperlenherstellen. Die Ergebnisse konnten
wir an ihrem Stand begutachten.
Maximilian(14) erzählte etwas zum Bau einer Kristallzelle.
Er experimentierte mit unterschiedlichen Materialien und
Formen, um die Stromproduktion der Zelle zu optimieren.
Keli und Karl haben sich mit elektronischer Musik beschäftigt und beeindruckten das Publikum mit einem selbst
komponierten Dubstep Track.
(11)
Martin(12) hat sich mit dem Thema Massentierhaltung
beschäftigt. Ausschlaggebend für die Wahl seines Themas
war ein Buch über Massentierhaltung. Er hat sich Bauernhöfe angeschaut und von seinen Eindrücken berichtet. Sehr
anschaulich demonstrierte der von ihm selbst gebaute Käfig, wie wenig Platz einem Huhn in der Massentierhaltung
zur Verfügung steht. Als Erkenntnis gab er uns weiter, bewusster zu leben. Wenn der Fleischverzehr auf ein- bis zweimal in der Woche beschränkt und dabei auf gute Qualität
geachtet würde, bräuchte es keine Massentierhaltung, so
sein Tipp.
Annika(13) landete auf der Suche nach ihrem Thema von
der ersten Idee, einen Roman zu schreiben, beim Bau eines
Von Zoé, Rosa und Kayleigh(15) lernten wir etwas über
Mangas, einer aus Japan stammenden Form von Comics,
deren Merkmal u.a. die großen Augen der Figuren sind.
Staunend erfuhren wir, dass die Ursprünge der Mangas ins
frühe 8. Jahrhundert datieren. Alle drei hatten eigene Manga-Bildgeschichten gezeichnet und wir konnten erkennen,
wie individuell Mangas, trotz Einhaltung der Charakteristika, in der Umsetzung aussehen können.
Antonius(16) berichtete, wie aus seinem Vorhaben, etwas
aus Holz bauen zu wollen, eine Multifunktionsbank entstanden ist, die man mit wenigen Handgriffen von einer
Sitzbank zur Liege und zurück verwandeln kann. Sein Bericht ließ durchblicken, wie viel Mühe in dem Weg von der
ersten Idee über Zeichnungen, Modelle, über Rückschläge
und notwendige Planänderungen stecken, bis die Idee
schließlich in der Realität umgesetzt war.
Kim(17) hatte eine Grind-Box gebaut. Das ist eine Box, auf
der man mit dem Skatebord „grinden“ oder „sliden“ kann.
Er demonstrierte dies und zeigte damit, dass er etwas aus
Anzeige
seinem Alltag zum Thema gewählt hatte, das in Zukunft seinen Alltag begleiten und bereichern wird.
Jasmina(18) hatte sich mit Maskenbildnerei beschäftigt.
Sie berichtete von ihrem Besuch bei einem Maskenbildner
in der Deutschen Oper und zeigte anhand von Fotos von
der Perückenarbeit und in der Maske am „lebenden Modell“
sehr anschaulich, wie sie praktisch in dieses Thema eingestiegen war. In ihrem theoretischen Teil hatte sie sich mit
der Historie der Perückenmode beschäftigt.
Laura(19) präsentierte uns stolz ihr gelungenes, selbst genähtes Cocktailkleid. Wir hörten etwas zur Historie und zur
Definition des Cocktailkleides.
Roman(20) hatte die Konstruktion und Programmierung
eines Roboters zum Thema gewählt und zog mit seiner Demonstration das Publikum in den Bann. Gespannt schauten
alle zu, wie der mit großem Aufwand und Liebe zum Detail
selbstgebaute Roboter die vorprogrammierten Arbeitsschritte bis zum letzten bewältigte.
Luzzi(21) hatte eine Tasche genäht. Auch hier war die Aufgabe zu einer persönlichen Herausforderung geworden
und das Endergebnis mit den aufgenähten Jeanstaschen
als i-Tüpfelchen ließ sich sehen. Indem sie zur Geschichte
der Tasche erzählte, rief sie uns die Bedeutung dieses Alltagsgegenstandes ins Bewusstsein. Die Tasche ist eines der
ältesten praktischen und sich am häufigsten wandelnden
Modeaccessoires.
Melina W.(22) berichtete vom Nähen eines 50er-Jahre
Kleides. Sie erzählte von den Arbeitsschritten und zeigte
uns das gelungene Ergebnis ihrer Arbeit.
Jakob(23) hatte sich mit dem Bau eines Tretbootes einem,
im wahrsten Sinne des Wortes, großen Projekt gewidmet.
Sein Tretboot nahm einen beeindruckend großen Platz im
Saal ein. Auch er hatte sich mit vielen kniffligen Details in
der Umsetzung zu beschäftigen und Problemstellungen zu
lösen. Die Feuer-, nein Wassertaufe im kommenden Frühling gilt es noch zu bestehen.
Oskar(24) hatte sich an die Arbeit eines Modedesigners
gewagt und sich das Entwerfen und Nähen eines Outfits zur
Aufgabe gemacht. Das Ergebnis besteht aus einem selbst
genähten Rock und einem selbst gestrickten Pullover. Im
theoretischen Teil hatte er sich mit dem Weg der Wolle vom
Tier bis zum fertigen Kleidungsstück beschäftigt.
Zu guter Letzt hat uns Julius(25) den Weg von der Kakaobohne bis zur fertigen Schokolade beschrieben und
uns den Mund wässrig gemacht beim Berichten von der
eigenen Schokoladenherstellung und mit dem Duft seiner
Schokolade, die wir an seinem Stand auch probieren durften. „Schokolade – Glück, das man essen kann“, so seine
Devise.
Ein großer Dank an alle Mitwirkenden, die zum Gelingen
dieser Präsentationen beigetragen haben!
Melanie Bonhoff
Mutter aus der 5., 8. und 10. Klasse
Anzeige
www.das-biobackhaus.de
Walldorf_170x84_KFO_Peikert.ZW.i1 1
www.havelhoehe.net | 1/2015
06.06.2014 15:30:09 Uhr
1/2015 | www.havelhoehe.net
24 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 25
Molière oder der Geheimbund der Heuchler
von Michail Bulgakow
Klassenspiel der 8. Klasse
Bulgakow hat in seinem tragisch-komischen Theaterstück das Leben Molières (1622-1673) nachgezeichnet:
Liebe, Betrug, Verrat, politische Auseinandersetzungen
zwischen Kirche und Staat, der Kampf, die eigenen Überzeugungen auch gegen den Widerstand der Mächtigen zu
vertreten. Die Schüler der 8. Klasse haben diese Themen
mit einer Intensität und einer Leidenschaft auf die Bühne
gebracht, die uns Zuschauer in Erstaunen versetzt hat. Da
waren keine Kinder mehr auf der Bühne, die einfach nur
durch ihre Niedlichkeit bezaubern, sondern junge Erwachsene, die ernsthaft auch schwierige und komplexe Themen
überzeugend darstellen können.
Vorspiel
Nur vier Wochen Zeit hatten Schüler und Lehrer, um
„Molière oder der Geheimbund der Heuchler“ auf die
Bühne zu bringen. Anfangs waren sie noch mehr mit sich
selbst als mit ihren Rollen beschäftigt. Man konnte in ihren
Gesichtern Fragen ablesen: „Blamiere ich mich jetzt nicht
gerade?“ „Muss das alles sein?“ Doch mit der Zeit veränderte sich die Stimmung: Die Schüler spürten, dass es viel
weniger peinlich wirken würde als gedacht, wenn sie die
eigenen Hemmungen überwinden. Im Gegenteil, es könnte sogar richtig gut werden! Auch die leidenschaftlichen
Regieanweisungen von Frau Teuffert halfen den Schülern
bei dieser Erkenntnis. Das Theaterstück gut auf die Bühne
zu bekommen, das war nun Wunsch und Ziel!
wiederzuerkennen. All dies hinterlässt großen Eindruck
beim Publikum! Dank an alle, die uns Kostüme, Requisiten
und Lichttechnik zur Verfügung gestellt und beim Aufbau
und Schminken geholfen haben!
Keine Schule, nur Kulisse
Ein Spiel in vier Akten zwischen Schauspiel
truppe, Königshaus und Kirche
Überwältigt vom ersten Blick auf die Kulisse suchen die
Zuschauer ihre Plätze, die besten sind schon reserviert.
Das Stück wird auf vier Bühnen gespielt: Hinterzimmer des
Theaters, Kirchengewölbe, Bühne und Thronsaal. Bis ins
kleinste Detail zeigt sich die Zeit des Barocks: vergoldete,
verschnörkelte Tischchen, Ohrensessel, verschlungene Kerzenständer, schwere Teppiche, selbst die „Küken-Speise“
ist mit einer Banderole geschmückt. Nun geht das Licht
an – professionelles Licht: mal warm wie in einer gemütlichen Stube, mal rötlich kühl wie durch Kirchenfenster
oder königlich strahlend hell. Und dann der Auftritt der
Schauspieltruppe. Was für Kostüme! Unsere Kinder sind
um Jahre gealtert und unter den riesigen Perücken kaum
Die Schauspieltruppe, so abwechslungsreich wie das
Leben
Die Charaktere werden mit wunderbarem Sprachvolumen und -klang eingeführt vom Chronisten (Jacob). Man
wird nicht müde, diesem großen jungen Menschen zuzuhören. Durch ihn fühlt man, was die Darsteller bewegt.
Das Baby Molière wird von der Amme (Kayleigh) gehalten und man nimmt ihr ab, dass sie gar nichts von Dichtern
und Denkern hält, verschmitzt lächelnd denkt sie sich ihren
Teil und zieht von dannen.
Der Vater Molières (Robert), von Beruf Hoftapezierer,
wünscht sich, dass sein Sohn seine Nachfolge antritt. Sein
Unverständnis und die Wut darüber, dass der Sohn andere
www.havelhoehe.net | 1/2015
Pläne hat, kommen beim Publikum an. Später begegnet
uns der Schauspieler Robert noch als Marquis de Laissac,
der mit gezinkten Karten den König zum Narren halten will
– hier nimmt er die Haltung eines allzu arroganten Machtmenschen ein, der wenig Angst vor Bestrafung hat. Und
als Mönch ist er nicht erkennbar, und das soll auch so sein.
Glückwunsch zum gelungenen Rollenwechsel!
Der Schauspieler Charles Varlet de La Grange (Marcel),
der den Aufstieg und Fall der Schauspieltruppe niederschreibt, spielt überzeugend den nüchternen Zeitgenossen. Er versucht mit der ihm angeborenen Höflichkeit die
Protagonisten vor ihrem Schicksal zu bewahren und scheitert. In ihm verkörpert sich in besonderer Deutlichkeit die
für diese Zeit wohl typische Formalität und Zurückhaltung.
Einen ganz anderen Charakter verkörpert Molière, der
im ersten und zweiten Akt von Antonius und im Vorspiel,
dritten und vierten Akt von Lennard gespielt wird. Beide
Schauspieler überzeugen durch die Intensität ihres Spiels.
Der nicht mehr ganz so junge Molière (zweiter Akt) wird
von seiner jungen Frau betrogen – bei der Entdeckung
bricht es aus ihm heraus, die Stimme überschlägt sich vor
Entrüstung, vor Trauer. Das Publikum lacht jedoch darüber,
wie er dann verzweifelt einen Ausweg sucht, um sowohl
seine Liebe als auch die Zuneigung seines Ziehsohnes Moirron zurückzugewinnen. In den ersten Akten erkennt man
noch den Komödianten in Molière. Es gelingt Antonius,
die Verrücktheit dieses genialen Geistes darzustellen. Der
alte Molière (dritter und vierter Akt) stirbt schließlich an
gebrochenem Herzen, die engsten Vertrauten haben ihn
verraten und verlassen, der König hat sich, von der Kirche
eingeschüchtert, von ihm abgewandt. Was für eine Theatralik bringt Lennard hier auf die Bühne! Unglaublich, wie
sich auch junge Menschen gut einfinden können in die Verzweiflung jener, die ihr Lebenswerk am Ende verloren glauben. Gratulation den „Molières“ zu ihrem Schauspiel!
Die alte Freundin und treueste Weggefährtin Molières,
Madeleine, wird an jeweils zwei Abenden von Annika und
Jasmina gespielt. Sie interpretieren Madeleine mit etwas
anderen Nuancen. Annika stellt die gereifte und reflektierte Frau überzeugend dar. Mit ihrer kerzengeraden Haltung
unterstreicht sie ihren Herzenswunsch, von Sünde befreit
zu werden und in den Himmel zu gelangen. Bei Jasmina
überwiegt die Darstellung ihrer mütterlichen Seite. Sie
möchte nicht, dass ihretwegen jemand Schaden nimmt.
Die Stimme ist weich und man kann sich gut vorstellen, wie
sie die Wärmflasche für Molière bereitet. Die Rolle wurde
wunderbar von beiden Schauspielerinnen ausgefüllt.
Die Rolle von Armande, die junge Frau und Tochter
Molières ist eine echte Herausforderung. Sie muss die leidenschaftlich Verliebte Molières wie auch die verführerische
Geliebte Moirrons spielen. Die Rolle wird doppelt besetzt
von Zoe und Melina. Beide bewegen sich wunderschön
und spielen die Unbekümmerte sehr natürlich und kokett.
In ihrer Hingabe bleiben sie hingegen verhalten, was wiederum von der Regie gewollt sein könnte, da das Stück in
der prüden Zeit des Barocks spielt. Am Ende schließlich verzweifelt Armande, weil sie von der Kirche getrieben wird,
ihren Mann zu verlassen. Die Schauspielerinnen haben diese facettenreiche Rolle mit Bravour gemeistert.
Marietta Rival (Rosa) ist urkomisch, sie bringt gute Laune in die Schauspieltruppe und am Ende, wenn sie in der
Vogelmaske die verrückte, leicht bekleidete Doktora mit
hoher Stimme spielt, lacht der Saal.
Philizitas du Croisy (Melina) wird überzeugend gespielt:
eine energische Frau, die darauf achtet, dass alle ihre Aufgaben rechtzeitig erfüllen. Laut, unwirsch gibt sie ihre Ansicht kund, egal was andere von ihr denken mögen. Melina
erleben wir dann noch einmal als Musketier, in dieser Rolle
steht sie grandios ihren Mann. Man weiß nicht, welche Rolle
ihr mehr Spaß gemacht hat.
Ein echter Hingucker ist der Kerzenputzer Jean-Jacque
Bouton (Oskar), als Zuschauer freut man sich jedes Mal,
wenn er die Bühne betritt. Selbst wenn er nichts sagt, ist er
präsent durch seine Mimik und Haltung. Er bringt das Publikum zum Lachen, mit seiner herrlich trockenen spröden
Art. Bis zum Schluss blieb er seiner Rolle treu.
1/2015 | www.havelhoehe.net
26 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 27
Kommen wir nun zu Zacharias Moirron (Julius), der im
Stück die Verwandlung vom Vagabund zu einem gefeierten
Schauspieler erfährt. Oben angekommen wird er dann auch
gleich überheblich, maßt sich an, die Frau des Meisters zu
verführen, und wähnt sich mit ihm auf gleicher Stufe. Wie
gut spielt Julius diesen Angeber, der am Ende aus Angst vor
der Schraubzwinge zum Verräter seines Ziehvaters wird.
Weil der Verrat aber keine anderen Vorteile bringt, kehrt
er reumütig zu Molière zurück. Aber keiner nimmt ihm am
Ende seine Entschuldigung ab, außer dem verblendeten
Molière. Die Rolle ist von Julius sehr überzeugend gespielt.
Jannik meisterte gleich vier sehr unterschiedliche Rollen großartig. Als Großvater Cressé überzeugt er den Vater
Molières von der Begabung seines Sohnes. Sein Gang und
die Stimme zeigen angemessen dessen Alter und die damit
einhergehende Besonnenheit. Als Musketier spielt er uns
den kräftigen selbstbewussten Kämpfer vor, als Mönch erkennt man ihn nur kurz, vernimmt aber seine Stimme und
schließlich tritt er als Souffleur in den Hintergrund. Die Koordinierung der Rollen und das Einstimmen mit vielen kleinen Details klappt bestens.
Kim wechselt ebenfalls die Seiten – einmal als Scharlatan, dann als Hofherr und schließlich als Mönch. Den Scharlatan spielte er sehr überzeugend. Als Hofherr muss er sich
ganz anders geben.
mit ihrem Spiel auf dem Cello. Sie bewahrt immer ihre Haltung und den Takt. Im Stück selbst ist Eva Maria Gastgeberin und hält die Hofdamen mit ihrer blasierten Art an der
kurzen Leine. Schön gespielt.
Drei Hofdamen kommentieren zwischendurch das Geschehen und sind alle ganz wunderbar. Laura hat eine grandiose Haltung, die ins Auge sticht, Jasmin trifft immer den
richtigen Ton und fällt dem Publikum als Meinungsbildnerin auf. Katharina spielt sehr überzeugend die unbeteiligte
dritte Dame. Zu den Damen gesellen sich auch die Hofherren (Kim und Nathan). Wenn sie sprechen und laufen, sind
sie die arroganten höflichen Herren, die sie sein sollten.
Die Kirche, kein Ort des Vertrauens
Bulgakows kritische Einstellung zur Kirche zeigt sich
in diesem Stück in den Taten und Worten des Erzbischofs
von Paris deutlich. Diese weitere Hauptrolle wird von Luzzi
brillant verkörpert. Sie fällt keine Sekunde aus dieser Rolle
heraus. Ruhig, stoisch und mit klarer Stimme spricht sie ihr
Urteil über Menschen und treibt sie ins Verderben.
Ihre Helfer sind die Mönche Bruder Kraft (Nathan) und
Bruder Treue (Martin). Beide spielen diese Rolle wunderbar. Martin beherrscht seinen Text und seine Blicke und
das Mönchsgewand lassen ihn so wunderbar vergeistigt
erscheinen.
Ganz überzeugend spielt Paul den verrückten Wanderprediger. Es gelingt ihm fabelhaft mit seinem wilden
Auftritt, den Erzbischof zu erzürnen. Der Auftritt als Wanderprediger ist zwar kurz, aber eine wichtige Sequenz im
Ablauf der Geschichte. Später wird Paul noch zum Mönch
im schwarzen Gewand und zeigt die Zurückhaltung, die
diese Rolle verlangt.
Schließlich fehlt noch die maskierte Unbekannte (Darina). Sie gehört zwar nicht zum Klerus, spielt aber diesem
zu, weil sie den Marquis d‘Orsígní in seine Gemächer lockt
und ihn zum Handwerkszeug der Kirche macht. Ihre hohe,
schnelle Stimme unterstreicht diesen wohl eher gewissenlosen Charakter sehr gut.
Eine Leistung, die allen Schülern sehr hoch angerechnet werden sollte, ist hinter der Bühne wirklich still zu sein,
sich zurückzunehmen, so dass die Klassenkammeraden im
Rampenlicht strahlen können.
Am königlichen Hof ist man überheblich
Kommen wir nun zum königlichen Hof und freuen uns
auf den Auftritt des Sonnenkönigs Ludwig XIV. – Kelechi ist
voll und ganz in seiner Rolle. Erhaben über alles und jeden
vertritt er unbeirrt seine Ansichten. Es ist ein Vergnügen,
seinem Mienenspiel zu folgen. Wie er die Treppen hinabschreitet und alle überragt, obgleich er nicht der Größte ist.
Da ist so viel Witz! Schnell wird klar: Dieser König hält nicht
viel vom Klerus und unterwirft sich der Meinung der Kirche
nur zum eigenen Vorteil. Tolle Leistung!
Eine der wichtigsten Stellungen am Hofe des Königs hält
der Marquis d`Orsigni (Roman). Mit Augenbinde und Degen will er nicht nur die Frauenherzen erobern – aber ohne
sich in Leidenschaft zu vergessen, der Kopf bleibt kühl. Er
präsentiert sich dem Publikum in erster Linie als Mann mit
Prinzipien, der Erhalt der „Ordnung“ ist oberster Grundsatz.
Für die kleinen Jungen im Publikum war er zweifellos der
Held, denn er durfte den Degen schwingen. Roman spielt
klar, kämpfend und beherrscht. Gratulation.
Der Hofnarr oder auch gerechter Schuster genannt (Maximilian) ist lässig, warum sich viel aufregen, wenn es einem
auch ohne gedankt wird? Er ist die ideale Begleitung zum
König. Es hat viel Spaß gemacht, ihm zuzuschauen.
Madam Scudery (Eva Maria) beginnt das Theaterstück
Nach der Aufführung ist vor der Aufführung
Als Mutter war es für mich das erste Theaterstück, welches ich an einer Waldorfschule begleitet habe. Anfangs
hab ich nicht begriffen, warum hierfür so ein enormer Aufriss betrieben wird. Warum eine Profi-Beleuchtung? Warum muss die Garderobenstange mit Goldlack besprüht
werden? Warum einen echten Maskenbilder von der DeutFotos: Silke Kriete
und
www.havelhoehe.net | 1/2015
Thomas Wenzke
1/2015 | www.havelhoehe.net
28 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Besetzung
Jean-Baptiste Poquelin de Molière Antonius / Lennard
Madeleine Bejart
Jasmina / Annika
Armande Bejart de Molière
Zoe / Melina W.
Marietta Rival
Rosa
Charles Varlet de La Grange
Marcel
„Chronik“
Jakob
Zacharias Moirron
Julius
Philizitas du Croisy
Melina M.
Jean-Jacques Bouton
Oskar
Ludwig XIV.
Kelechi
Vater Poquelin
Robert
Großvater Cresse
Jannik
Marquis d‘ Orsigni
Roman
Marquis de Charron
Luzzi
Marquis de Laissac
Robert
Der gerechte Schuster
Maximilian
Scharlatan
Kim
Eine maskierte Unbekannte
Darina
Vater Bartholomeus
Paul
Bruder Kraft
Nathan
Bruder Treue
Martin
Renee
Kayleigh
Souffleur
Jannik
Musketiere
Jannik & Melina M.
Madame Scudery
Eva Maria
Hofdame 1
Jasmin
Hofdame 2
Katharina
Hofdame 3
Laura
Hofherr Kelech 1
Kim
Regie und Bühne Katharina Teuffert
Kostüme Claudia von Heydekampf
Gesamtleitung Susanne Rendle
Schulmagazin | 29
schen Oper holen, um den schminkenden
Müttern eine professionelle Einweisung
zu geben? Ich glaube, ich habe verstanden. Vielleicht geht es darum, den Heranwachsenden eine Lebenserfahrung zu
ermöglichen, die sich nicht mit Provisorien begnügt, sondern von allen Beteiligten
ernsthaft unterstützt wird und somit auch
den Jugendlichen zeigt: Ihr seid uns wichtig.
Ich jedenfalls nehme mit, dass wir unseren Kindern eine ganze Menge zutrauen können, sie haben sich für ein passendes Theaterstück entschieden, hart an
sich gearbeitet und sich nicht mit den Degen verletzt. Sie haben gelernt, sich in eine andere Zeit und
in andere Rollen hineinzuversetzen. Sie haben den Eltern,
die viel Arbeit hinter der Bühne vollbrachten, einige wundervolle Erinnerungen beschert. Danke ebenfalls an Frau
Rendle und Frau Teuffert für ihren Einsatz!
Und noch einige Stimmen aus dem Publikum.
„Mich haben besonders beeindruckt die Kinder, die mit
vollem Elan dabei sind, die Atmosphäre, jedes Kind geht in
seiner Rolle auf und sie unterstützen sich gegenseitig. Finde ich spitze.“
„Es kam gut raus, was der König für eine Macht hatte.“
„Die Schmink- und Kostümarbeit ist für ein, ich sag mal,
Schulensemble sehr ungewöhnlich professionell, und was
da an Vehemenz, an Charakterlichkeit da drin ist, ist sehr
beeindruckend.“
„Man fühlt sich ganz in eine andere Zeit versetzt.“
„Die Kinder sind ganz toll, aber ich glaube auch die
Arbeit mit Frau Rendle und Frau Teuffert ist ganz toll. Als
Schauspielerin weiß sie einfach, was sie da rüberbringen
will.“
„Ich finde, die spielen sehr enthusiastisch und es ist sehr
abwechslungsreich, das Bühnenbild ist auch sehr abwechslungsreich, ich finde für eine achte Klasse ist das echt gut.“
„Die Kinder haben ihre Chance genutzt.“
„Einmalig schön.“
„Mein Kompliment.“
„Ich bin begeistert, ich bin begeistert von den Kostümen, dem Bühnenbild, der Lautstärke, die reden laut und
deutlich, so dass man sie verstehen kann, und wie die das
so rüberbringen, das ist köstlich.“
Katja Arzt, Christina Parpart, Katrin Rüther
Eltern aus der 8. Klasse
www.havelhoehe.net | 1/2015
Klassenspiel Das Klassenspiel der 8. Klasse bildet
den Abschluss der Klassenlehrerzeit.
Nachdem in den Jahren davor viele kleine und größere Rollenspiele eingeübt worden sind, geht es jetzt um
ein richtiges Theaterstück, in dem die Schüler tief in ihre
Rollen einsteigen und im Schutz dieser Rollen Seelisches
ausprobieren können.
Im konkreten Probenprozess machen die Schüler auch
die Erfahrung, dass „das Schauspielen“ manchmal mühsam und anstrengend ist. Der Text will gelernt und beherrscht werden. Während einer Probe muss man die
Szene immer und immer wieder mit der gleichen Intensität spielen. Man muss lernen Kritik auszuhalten. Hat
man eine kleine Rolle, muss man vielleicht viel warten.
Oder man mag den Spielpartner nicht besonders. Und
vor allen Dingen: man muss sich verändern, man muss
anders sein, sich anders bewegen, anders sprechen als
sonst! Man läuft Gefahr sich lächerlich zu machen. All
dieses fällt den Jugendlichen in diesem Alter nicht so
leicht. Doch bringen sie den Mut auf, diese Grenzen zu
überschreiten, haben sie einen großen Schritt in ihrer
Entwicklung getan.
An der Dramatik eines guten Stückes erleben die Schüler, wie etwas in eine Krise führen kann und sich aber daraus auch neue Wege eröffnen. Sie müssen eine Sprache
bewältigen, die nicht die ihre ist. Sie müssen sich in Situationen hineindenken, die ihnen eigentlich fremd sind.
All dieses fördert und fordert Reife und Selbstvertrauen.
Hinzu kommt der gruppendynamische Aspekt. Ein
Theaterstück ist nur möglich, wenn alle zusammen tätig
sind und „an einem Strang ziehen“. Die ganze Gruppe,
mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten ist nötig, um
das Klassenspiel gelingen zu lassen. Je näher der Aufführungstermin rückt, desto mehr verdichtet sich der Prozess. Keiner darf mehr fehlen. Auf jeden Einsatz kommt
es an. Während der Aufführung sich ganz seiner Figur zu
widmen und in diese andere Welt einzutauchen ist für
jeden Schüler ein beeindruckendes Erlebnis.
Neu gefunden und durch diese Erfahrung gestärkt kann
sich die Klassengemeinschaft den Aufgaben der Oberstufe stellen.
Katharina Teuffert
Seit 1921
Für die
Nacht
Für den
Tag
Natürliche Wege
aus dem Stress.
• Neurodoron®: stärkt die Nerven
• Calmedoron®: fördert einen entspannten Schlaf
• Kombiniert: seelisch und körperlich stabilisierend
Im Einklang mit Mensch und Natur
www.weleda.de
Neurodoron® Tabletten Warnhinweis: Enthält Lactose und Weizenstärke – Packungsbeilage beachten.
Anwendungsgebiete gemäß der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis. Dazu gehören:
Harmonisierung und Stabilisierung des Wesensgliedergefüges bei nervöser Erschöpfung und
Stoff wechselschwäche, z. B. Nervosität, Angst- und Unruhezustände, depressive Verstimmung,
Rekonvaleszenz, Kopfschmerzen.
Calmedoron® Streukügelchen Warnhinweis: Enthält Sucrose (Zucker) – Packungsbeilage beachten.
Anwendungsgebiete gemäß der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis. Dazu gehören:
Einschlafstörungen und Nervosität.
Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Weleda AG, Schwäbisch Gmünd
30 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 31
Nicht nur eine Frage des Geschmacks
Wir waren dabei!
Premiere „Frühlings Erwachen! (Live Fast – Die Young)“
Ein Projekttag der ganz anderen Art
Als Premierenklasse am Hans Otto Theater
Literatur erleben im Theater
Frau Andreae, Frau Teuffert und wir, die 9. Klasse, sind
zur Premiere des Stückes „Frühlings Erwachen! (Live Fast –
Die Young)“ von Nuran David Calis gegangen. An der Inszenierung wirkten fünf Studierende der Filmuniversität Potsdam als Schauspieler mit.
Das modernisierte Stück greift auf die Vorlage des 1906
geschriebenen Theaterstückes „Frühlings Erwachen. Eine
Kindertragödie“ von Frank Wedekind zurück.
Ungefähr sechs Wochen zuvor hatten wir eine Probe
zum Stück besucht. Da wir „Frühlings Erwachen“ bereits
im Deutschunterricht behandelt hatten, kannten wir die
zwei Szenen, die wir uns bei der Probe ansahen, schon. Die
Probe hatte mit provisorischen Kostümen auf einer kleinen
Ausweichbühne stattgefunden. Bei der Premiere sahen wir
dann die Schauspieler in den richtigen Kostümen in der
Reithalle des Hans Otto Theaters, in der sich etwa 90 Sitzplätze befanden.
Das Bühnenbild stellte ein Hochhausdach dar. Dieses
Dach war der Ort, an dem die Jugendlichen sich trafen, um
ihre Freizeit mit ihren Freunden zu verbringen. Für manche
wurde es wie ein zweites Zuhause, welches sie aufsuchten,
wenn sie zu Hause Stress mit ihren Eltern hatten. In der
Inszenierung wurde viel mit Musik gearbeitet, sowohl mit
moderner als auch mit klassischer Musik, wobei die Schauspieler selber Gitarre spielten, rappten und freestylten oder
einfach nur zu der Musik tanzten. Insgesamt war es ein sehr
gelungenes Stück.
Anschließend waren wir noch auf der Premierenfeier,
bei der wir uns mit den Schauspielern unterhielten. Einige
tauschten ihre Facebook-Profile aus. Insgesamt war es ein
sehr gelungener Abend.
Dass wir ins Theater zu einer Probe gingen, wussten wir,
als wir uns morgens trafen, um nach Potsdam zu fahren,
aber nicht wirklich mehr. Als wir dort ankamen, wurden wir
vom Regisseur begrüßt, der uns ein bisschen von den Proben und über das Stück erzählte, da sie nicht das Original,
sondern eine moderne Fassung des Stückes spielen würden. Die Schauspieler waren alle nett und sehr offen.
Und schon ging es los mit der Probe. Zuerst spielten sie
eine Szene, in der sich eine Gruppe Mädchen über ihre Familie und über Jungs unterhielt. Die Szene ging damit weiter, dass eines der Mädchen aus Spaß anfing ihren Freundinnen zu erzählen, dass sie geschlagen wurde und erst dann
sagte, dass es ernsthaft so war. Sie erzählte von einem Streit
und steigerte sich dort richtig rein, was für einen selbst erstmal etwas erschreckend war, aber auch etwas übertrieben
erschien. Aber so ist Schauspielerei, und im Endeffekt war
es eigentlich ziemlich gut.
Der Möglichkeiten, Literatur zu einem Erlebnis werden
zu lassen, gibt es viele. Zu meinen Favoriten zählt das LiveErlebnis im Theater. Der 9. Klasse empfahl ich daher gleich
zu Beginn des Schuljahres ein Jugendtheaterabo. Es eröffnete den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, drei
Vorstellungen nach freier Wahl zu besuchen. Als besonderes „Bonbon“ ergab sich für die Schüler die Chance, als
Premierenklasse im Rahmen eines Projekttags eine Neuproduktion auf dem Weg zur Premiere zu begleiten. Kooperationspartner war das Hans Otto Theater in Potsdam. Mit dieser Spielstätte hatte ich bereits vor zwei Jahren (ebenfalls
im Rahmen eines Premierenklassenprojekts mit der damaligen 9. Klasse) sehr gute Erfahrungen gemacht.
Die Schüler der 9. Klasse haben sich auf das Projekt sehr
offen eingelassen. Sowohl den Projekt-Tag am Theater im
November als auch die Premiere wenige Wochen später
nahmen sie sehr positiv auf und denken daran gerne zurück.
Requisiten und mehr im Seitenbühnenbereich
Das Potsdamer Hans Otto Theater, gleich an der Havel
Die Aussicht, als Premierenklasse die Inszenierung des
weniger bekannten Stücks „Frühlings Erwachen! Live fast,
die young“ des deutsch-türkischen Bühnenautors und
Regisseurs Nuran David Calis zu begleiten, ergänzte die
für unsere erste Deutschepoche ausgewählte Behandlung von Frank Wedekinds Kindertragödie „Frühlings
Erwachen“ ganz wunderbar. Calis hat mit seiner Fassung
des bis heute seltsam zeitlosen Stoffes eine aktuelle Erwiderung auf das vor rund 100 Jahren entstandene WedekindStück vorgelegt. Die Jugendlichen fühlten sich von beiden
Stückfassungen sehr angesprochen, stellen diese doch jeweils auf ihre Weise eindrucksvoll und unmittelbar die essentiellen Fragen, Probleme und Hoffnungen Jugendlicher
in den Brennpunkt des Geschehens. Gleichzeitig finden
beide Autoren klare Worte für gesellschaftliche Missstände
und manches Unerträgliche, an denen jungen Menschen
bis heute zu zerbrechen drohen.
www.havelhoehe.net | 1/2015
Nach dem gelungenen Auftakt unseres Jugendtheaterabos erlebten wir dann in den vergangenen Monaten
zwei weitere Vorstellungen und durften zwischendurch auf
Einladung des Theaters auch einmal an einer Hauptprobe
zu einer Neuproduktion teilnehmen. Den Schlusspunkt
unserer Theaterbesuche bildete kürzlich der Besuch einer
äußerst modernen Inszenierung von Goethes „Urfaust“.
Die Reaktionen der Schüler auf diese reichlich unkonventionelle Interpretation eines Literaturklassikers gingen
ziemlich weit auseinander. Ein Grund dafür ist sicherlich die
Schwierigkeit, das Beziehungsdrama um Faust und Gretchen und die sehr spezielle Beziehung zwischen Faust und
Mephisto im „Urfaust“ für sich zu deuten und zu verstehen.
Ein anderer steht und fällt mit der geschmacklichen Akzeptanz von Stoff und Bühnenspektakel.
Es gibt also viele gute Gründe, warum der Deutschunterricht bei der Literaturvermittlung immer wieder eine
äußerst dankbare Rolle spielt. Das jüngst im Theater Erlebte holen wir nun ins Klassenzimmer zurück, wagen wieder
aufs Neue die Begegnung mit der Literatur und deren „Machern“ einer scheinbar längst entrückten Zeit. In unserer
Goethe-Schiller-Epoche werden wir uns gemeinsam auf
die Fährte der beiden Dichterfürsten begeben. Die Aussicht
darauf, im Verschiedenen das Gemeinsame zu entdecken,
lohnt das Abenteuer allemal.
Ludwig
aus der 9. Klasse
Almut Andreae
Deutschlehrerin
Blick in die Schreinerei
Impressionen aus dem Workshop
Danach waren die Männer dran, über deren Auftritt ich
gar nichts Schlechtes sagen kann. Sie kamen auf die Bühne,
und unterhielten sich so, wie Jungs es tun, so in Kumpelsprache. Der eine fing an, durch ein Rohr zu beatboxen und
die anderen fingen an, Freestyle zu rappen. Der eine hatte
ein neues Handy und die Jungs rangelten sich ein bisschen,
bis einer von ihnen beleidigt von der Bühne ging. Diese
Szene war wirklich typisch jugendlich und auch so gespielt.
Nach den beiden Szenen redeten wir mit den Schauspielern und dem Regisseur darüber, und wir durften sogar Vorschläge machen, wie man manche Stellen noch
ein bisschen anders spielen könnte, damit es Jugendliche
überzeugt!
Als Nächstes trafen wir uns mit der Theaterpädagogin und ihrer Praktikantin zu einem Workshop. Zu Beginn
gab es eine Vorstellungsrunde, dazu machten wir ein paar
Schauspielübungen. Später wurden wir in Grüppchen aufgeteilt. Dabei sollte sich jede Gruppe mit einer bestimmten
1/2015 | www.havelhoehe.net
32 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Impressionen aus dem Workshop
„Habt ihr alle eure Schals dabei?“
Eine Biologiestunde in der neunten Klasse
Die obige Frage stellte Frau Kühn uns eines Morgens und
wir wussten alle nicht wirklich, was sie damit meinte. Es war
im Hauptunterricht der Biologie-Epoche, in der wir gerade
über Auge und Ohr sprachen. Die meisten hatten es vergessen oder nicht mit bekommen, aber zum Glück hatte Frau
Kühn etliche Schals für uns mitgebracht, die wir uns dann
um den Kopf banden.
Bei den Kascheuren
www.havelhoehe.net | 1/2015
Am Ende nahmen wir alle das Seil in die Hand, stellten uns
als Kreis auf und dann zu einem Dreieck.
Wir nahmen alle unsere Tücher ab und schauten. Das
war so komisch, wenn man plötzlich sah – wie wenn man
morgens aufwachte. Wir setzten die Tücher wieder auf und
gingen hoch zurück zur Klasse. Ein paar hatten es geschafft,
die Tücher gar nicht abzunehmen und nicht zu blinzeln. Das
war schwer, vor allem, als wir unsere Schuhe wieder finden
sollten. Wenn man das Tuch abnahm, das war so anders, als
man gedacht hatte – wie wenn man ein Buch las und dann
den Film sah oder wenn man von Freunden sich das Haus
immer nur vorgestellt hatte und dann das echte Haus sah.
Als wir wieder in der Klasse waren, nahmen wir die Tücher alle ab und blinzelten – wie, wenn man gerade aus
dem Kino kam … Ein Erlebnis war es jedenfalls.
Charlotte
Charlotte
aus der 9. Klasse
Fotos: Isabel
Nach dem Workshop bekamen wir noch eine Pause und
durften danach endlich ins Theaterhaus, wo wir bei einer
Führung hinter die Kulissen alles gezeigt bekamen. Es gab
drei Bühnen: eine Haupt-, eine Hinter- und eine Seitenbühne. Die Hauptbühne wird für alle Stücke genutzt, die Hinterbühne nur, wenn das Bühnenbild nach hinten in die Tiefe
reichen soll. Der Bereich der Seitenbühne wird gerne als
Umkleide- oder Abstellkammer für alles genutzt, was man
während einer Vorstellung so braucht. Dort standen u. a.
mehrere Kulissen und es war echt spannend, einfach mal so
dazwischen durchzugehen.
Von dort ging es weiter zur Schreinerei und zur Malereiwerkstatt. In der Malerei werden alle möglichen
Bühnenbilder gemacht und gemalt. Danach gingen wir zu
den Kascheuren. In der Werkstatt hingen und stapelten sich
überall Puppen, Masken und ausgestopfte Tiere. Wir waren
zwischendurch auch in einem Fahrstuhl, der so riesig war,
dass ein LKW darin Platz findet, und der angeblich bis zu
hundert Tonnen tragen kann. Im Theater gibt es für die ganze Ausstattung Sachen, die man anders nicht in die Werkstatt oder auf die Bühne transportieren kann. Wir fanden
es echt krass, wie viel Aufwand in so einem Stück stecken
kann. Das hätte ich echt nicht gedacht!
Endlich kamen wir zur Kostümabteilung, auf die wir uns
schon alle sehnlichst gefreut hatten. Dort gab es Tausende
von weißen Hemden, was uns alle total wunderte, bis man
uns erklärte, dass man ein und dasselbe Hemd meist nicht
wiederverwendet. Aber das gibt es wohl viel in der Schauspielerei, mit Aberglauben, Sprichwörtern und all den Ritualen. Oben im Kostümfundus kamen wir zu den ganzen
Kleidern. Das waren so viele und manche so schöne! Der
Traum eines jeden Mädchens! Und es gab auch viele Soldatenklamotten oder Jacketts für Männer. Alles vom Stil eher
altmodisch und weniger wie das, was die Menschen heute
so tragen. Aber im Theater muss man ja immer übertreiben,
damit das Publikum nichts übersieht.
Am Ende unseres Projekttages werteten wir noch mit
unserer Theaterpädagogin und ihrer Praktikantin aus, was
wir am besten fanden. Die meisten von uns sagten das Gleiche: die Masken, die Kleider und bei der offenen Probe den
Auftritt der Männer. Es war echt viel mehr hinter den Kulissen los, als man sich vorgestellt hatte. Das wussten wir jetzt.
Foto: Isolde Kühn
Figur aus dem Stück „Frühlings Erwachen“ beschäftigen.
Dafür bekamen wir Textausschnitte aus der WedekindTragödie und konnten die Charaktere dann auch gleich mit
den Figuren vergleichen, die wir bei der Probe der Szenen
aus dem aktuellen Stück von Calis gesehen hatten.
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 33
aus der 9. Klasse
Anzeige
Erst war es echt merkwürdig und man fühlte sich so verloren, aber als man sich daran gewöhnt hatte und im Wissen, dass die anderen auch nichts sahen, war es eine schöne
Erfahrung. Man merkte, wie gut man die Leute kannte, von
der Stimme, und dass man immer folgen musste, um nicht,
wie ich es tat, in einen Busch zu laufen. Es war – schwer zu
beschreiben – irgendwie schön, weil man alles mit dem inneren Auge sah, weil man mehr Fantasie hatte und merkte, wie gut man das Schulhaus kannte. Ein bisschen so, wie
wenn man nachts im Dunkeln ist. Und trotzdem, obwohl
wir alle nichts sahen, unterhielten wir uns wie normale
Menschen. Eigentlich hatte Frau Kühn gewollt, dass wir das
alles mucksmäuschenstill machten, aber wir redeten so, als
sei ein normaler Tag mit Licht. Man nahm intensiver wahr,
was man anfasste, auch die Bäume oder das, woran man
entlang lief, und nicht nur das, was man sah.
Als wir wieder im Saal waren, sollten wir unsere Schuhe
(immer noch mit verbundenen Augen) ausziehen und so
hinstellen, dass wir sie später wieder finden könnten. Dann
bekamen wir ein Seil in die Hand und die Aufgabe, uns als
Dreieck aufzustellen. Das dauerte ewig, vor allem, weil wir
uns alle unterhielten. Irgendwann fingen ein paar an, sich
dort richtig hineinzusteigern und einen Plan zu machen.
1/2015 | www.havelhoehe.net
34 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Schulmagazin | 35
Geigen, Celli und Hörner auf Wanderschaft
Unsere erste Orchesterfahrt
Konzentriertes Musizieren
Wir fragten die Eltern nach ihrer Meinung und bekamen
durchweg erfreute Rückmeldungen. Endlich sollte eine
Orchesterfahrt stattfinden! Wir Kollegen waren aber wegen der Kosten besorgt, die ja zusätzlich zu den üblichen
Klassenfahrten von den Eltern aufgebracht werden mussten, und baten deshalb die Schulleitungskonferenz und
den Wirtschaftskreis um eine finanzielle Unterstützung.
(Schließlich sind Chor und Orchester auch immer ein Aushängeschild für eine Schule!) Da dieser Antrag positiv beschieden wurde, konnten wir also für 60 € (für 5 Tage Verpflegung, Unterkunft, Fahrt) fahren.
Es gab einiges zu organisieren: Da wir mit öffentlichen
Verkehrsmitteln fuhren und mehrfach umsteigen mussten,
sollten die Celli und Hörner mit einem großen Auto dorthin
gefahren und wieder abgeholt werden (Danke an dieser
Stelle an die Eltern Wispler, die beide Touren übernommen
haben!) und der Kontrabass kam im „Privattaxi“. Herr Pöhler
konnte leider nicht mitkommen und so war schließlich Herr
Strack der vierte im Bunde der Erwachsenen.
Schließlich ging es los. Am 19.1. sammelten wir uns
ab 9 Uhr am Bahnhof Spandau und kamen nach einer
Fahrt mir Regionalbahn, S-Bahn und Bus um 11.30 Uhr in
Neuendorf an. Haus und Zimmer wurden begutachtet,
die Zimmer und Betten verteilt und das erste Mittagessen
einge­nommen. Die anderen Instrumente und Notenständer waren auch schon eingetroffen, ebenso das Ehepaar
Jarczyk.
Und nach einer längeren Pause fand die erste von vielen Proben statt. Dafür konnten wir einen großen Saal benutzen, in dem wir Stühle, Notenständer und Instrumente
während der ganzen Tage lassen konnten. Zudem konnten
wir noch andere Räume für getrennte Proben benutzen.
Wir probten dreimal am Tag, insgesamt etwa vier Stunden, und konnten wieder einmal erleben, wie viel Schüler in
relativ wenig Zeit lernen und erarbeiten können, wenn sie
sich darauf konzentrieren können. So begannen wir z. B. am
Dienstag eine Bearbeitung über „If I were a rich man“ aus
dem Musical „Anatevka“ (für 2 Geigen, 2 Celli, Kontrabass,
Querflöte, Horn, Trompete) und konnten es am Donnerstag
bereits so spielen, dass (trotz noch vorhandener Unsicherheiten) alle aufeinander hörten und es einen gemeinsamen
schönen Klang gab. Viele kleine und große musikalische Erlebnisse und Erfolge gab es und wir Erwachsenen staunten
immer wieder über das, was dort entstand.
Daneben gab es Freizeit, freiwillige Spaziergänge, gegenseitiges humorvolles Ärgern, gemeinsame Abendrunden mit Spielen und Vorlesen und so war es kein Wunder,
dass abends gegen 22.30 Uhr dann doch Ruhe in den Zimmern einkehrte und auch die Lehrer schlafen konnten.
Fazit: Unbedingt nächstes Jahr wieder machen und dann
mit einem kleinen Vorspiel abschließen!
Gemeinsames Pizzicato: Cellisten bei der Probe
Danke
Ein Jahrsiebt hat das Ehepaar Jarczyk an unserer Schule
gewirkt und das Schulorchester geleitet. Durch ihre engagierte und hochqualifizierte Arbeit und ihren dabei sowohl
bestimmten wie warmherzigen Umgang mit den Schülerinnen und Schülern haben sie diesen klassenübergreifenden und sehr heterogenen Klangkörper geprägt und
kontinuierlich erfolgreich weiterentwickelt. Auf ihre beharrliche Initiative hin fand in diesem Schuljahr erstmals eine
einwöchige Orchesterfahrt statt, die den Schülerinnen und
Schülern einen neuen Impuls konzentrierter Probenarbeit
vermittelte.
Nach dem Schulkonzert haben sich beide nun in den
wohlverdienten Ruhestand verabschiedet.
Sie haben unserer Schule sehr viel gegeben und Vieles
in unserem Musikleben erst ermöglicht. Dafür möchten wir
uns auf das Herzlichste bedanken und ihnen alles Gute und
weiterhin viel Freude an der Musik und auch gerne als Besucher unserer Monatsfeiern und Konzerte „mit ihrem ehemaligen Orchester“ wünschen.
Edgar Strack
Musiklehrer
Evelyn Thomas
Klassenlehrerin der 5. Klasse und Musiklehrerin
Fotos: Evelyn Thomas
Immer wieder tauchte in den letzten Jahren die Idee einer Orchesterfahrt auf, vielleicht sogar zusammen mit dem
Schüler- und Elternchor.
Nun, in diesem Schuljahr, in dem das Orchester nur aus
Schülern der Mittelstufe besteht, wurde die Idee zur Wirklichkeit. Nach einigen Erkundigungen des Ehepaars Jarczyk
und mir standen Ort und Zeit der Fahrt fest: Vom 19. bis
zum 23. Januar 2015 wollten wir zu einer Probenwoche
nach Neuendorf im Löwenberger Land (etwa 25 km nördlich von Oranienburg) fahren.
Orchesterleiter bei der Besprechung:
Frau Jarczyk, Herr Dr. Jarczyk, Herr Strack
mehr unter
www.sharedichdrum.de
#sharedichdrum
www.havelhoehe.net | 1/2015
36 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 37
Von Dowland bis Winehouse
Das Programm des Schulkonzertes am 26. März 2015
Orchester: „Oh when the Saints“
„If I were a rich man“ (arr. Jarczyk)
5. Klasse:
Wolfgang Amadeus Mozart: „Marsch“
Béla Bartók: „Leichtes Stück“
Marie: Antonio Vivaldi: Violinkonzert G-Dur, 1. Satz
6. Klasse:
Johann Friedrich Reichardt: „Erlkönig“
8. Klasse:
Franz Schubert: „Erlkönig“
Lina:
Zdeněk Fibich: „Poem“
„Green Sleeves“
9. Klasse:
John Dowland: „Come again“
Orchester:Christoph Schönherr: „Schon drei Töne“
(arr. Pöhler)
„Swingstück“ (arr. Jarczyk)
Alona:Smash: „They just keep moving the line“
10. Klasse:
John Lennon: „Imagine“
Josefine undChristina Aguilera: „Hurt“
MerlinAmy Winehouse: „Valerie“
11. Klasse:
aus „König der Löwen“:
„Can you feel the love tonight“, „Circle of life“
Orchester:Edward Elgar: „Pomp and circumstance“
(arr. Jarczyk)
Fotos: Pia Feldmann
Neues von der Freien Musikschule Havelhöhe (FMH)
Das kleine Schulkonzert
Kleine Musiker zeigen ihr Können
Zum wiederholten
Male fand dieses Jahr
am Tage des Schulkonzerts vormittags
das „kleine Schulkonzert“ statt. Hier zeigten die Kinder der
Klassen eins bis vier
einander einiges von
dem, was sie in der
letzten Zeit musikaZeichnung: Frida
lisch gelernt hatten.
Zum Publikum gehörten auch die Brückenklasse und die
Königskinder des Kindergartens.
Den Beginn machte die erste Klasse mit der Geschichte vom Flötenbaum, der uns das Holz für die Instrumente
geschenkt hat. Dazu wurde das Lied „Kommt ein Schwan
gezogen“ gesungen und geflötet.
www.havelhoehe.net | 1/2015
Die zweite Klasse sang und flötete das Frage- und Antwortlied zwischen Kind und Weidenkätzchen in zwei Gruppen.
Die dritte Klasse spielte auf Altflöten und sang Lieder
über Frühling und Fleißigsein. Einige Kinder musizierten
jeweils alleine auf der Geige, Flöte, Trompete und Posaune.
Die vierte Klasse trat erstmals mit dem Klassenorchester
auf, das schon mit vielfältigen Instrumenten bestückt war
und brachte den „Schlesischen Tanz“ zu Gehör. Einzelne
Mädchen und Jungen spielten Klavier, Flöte und Posaune.
Somit bestand das Konzert aus einer ausgewogenen Mischung von Gesang und Instrumentalmusik, aus chorischen
und solistischen Auftritten. Besonders zauberhaft war die
Mischung von konzentrierter Anstrengung und gelassener
Ruhe bei den Kindern in der geborgenen Atmosphäre der
kleinen Zuhörerschaft.
Florian Stächele
Klassenlehrer der 2. Klasse, Russischlehrer
Die Freie Musikschule Havelhöhe beginnt sich durch
eine Vielzahl von Aktivitäten und Initiativen mehr und mehr
in der Waldorfschule und deren Umgebung zu etablieren.
Dazu trug bereits das großartige Eröffnungskonzert am
8. November 2014 bei. Die Vielfalt und Qualität an musikalischen Beiträgen der Lehrkräfte war beeindruckend. Mit
einer Auswahl wunderbarer Stücke gelang es den Musikerinnen und Musikern, den anwesenden Schülern und Eltern
die besondere Charakteristik ihrer Instrumente zu vermitteln. Jazz, Klassik und Romantik, Virtuosität und elegischer
Klang, durchsichtiger Impressionismus und ausdrucksstarker Expressionismus: Das Konzert war ein schönes Beispiel
vom Reichtum der Musik im Allgemeinen und dem Potential der Lehrkräfte im Besonderen.
Um diesem musikalisch-pädagogischen Potential eine
verbindlichere Struktur zu geben, wird die Freie Musikschule Havelhöhe in den nächsten Wochen einen gemeinnützigen Trägerverein gründen, in dem alle Instrumental-Lehrkräfte Mitglied sein sollen. Aufgabe dieses Verbundes ist
es, die musikalischen Aktivitäten der FMH an der Waldorfschule zu fördern und darüber hinaus ein Netzwerk mit den
musikalischen Institutionen der Umgebung herzustellen.
Ein Blechbläser-Ensemble unter der Leitung von Bernhard Meier hat bereits mit den Proben begonnen. Ein Streicher-Ensemble ist in Planung. Die Förderung von Ensemblearbeit ist neben dem instrumentalen Unterricht, der ja
meistens als Einzelunterricht angeboten wird, erklärtes Ziel
der Musikschul-Lehrer.
Am 6. Juni 2015 hat direkt nach der Monatsfeier erneut
eine gut besuchte Instrumentenvorstellung stattgefunden,
die hoffentlich noch mehr Kinder motiviert hat, ein Instrument erlernen zu wollen, vielleicht Teilnehmer eines Ensembles zu werden und so Musik als eine der komplexesten
und schönsten Formen von Ausdruck und Kommunikation
zu erfahren.
Nähere Informationen zur Freien Musikschule
Havelhöhe, allen Lehrern, den Instrumentalfächern und
Ensembles sowie zu aktuellen Terminen findet man am
schwarzen Brett der FMH im Eingang der Schule sowie unter: www.freie-musikschule-havelhoehe.de (im Aufbau).
Über die Website kann man auch Fragen stellen oder
sein Kind anmelden. Die Anmeldungen werden auf direktem Weg an die Lehrkräfte weitergeleitet.
Andrea Klitzing
Lehrerin für Querflöte an der FMH
Anzeige
1/2015 | www.havelhoehe.net
38 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
„Hysterikon“ nach Ingrid Lausund
Das Klassenspiel der 12. Klasse
Die Welt als Supermarkt, das wahre Leben als Ware, alles
ist käuflich und wenn die Life-Card leer ist, ist Schluss?
Ist der Sinn des Lebens zu finden zwischen Tomaten in
Dosen und Bananenjoghurt?
Schmeckt der Kaffee wirklich besser, wenn man ihn aus
einem recycelten Ferrari trinkt?
Ist Sex ein Zahlungsmittel und sind Partnerschaften nur
so lange haltbar, wie die Konten beider Beteiligter ausgeglichen sind? Sind wir immer und überall nur noch Schuldner
oder Gläubiger?
Macht uns diese Welt, deren zentraler Wert der Tauschwert zu sein scheint, krank – verrückt – entfremdet von uns
selbst? Oder ist das alles nur Hysterie? Überspannte Gefühle von jungen Menschen in der Adoleszenz?
www.havelhoehe.net | 1/2015
Das diesjährige Klassenspiel unserer Abgangsklasse,
eine fulminante Revue, ein szenisches Puzzlespiel, lässt
manchen von uns Zuschauern mit vielen offenen Fragen
zurück. Hat sich erst einmal der emotionale, spontane Eindruck gesetzt, beginnt die geistige Verarbeitung des Gehörten und Gesehenen.
Das Stück und der Mut der Schülerinnen und Schüler, es
ihren Lehrern und Eltern zu zeigen, ja zuzumuten, hatte etwas Unerhörtes. Es polarisierte, manche waren begeistert,
andere – ja, was eigentlich? Geschockt? Enttäuscht?
Hysterikon in dieser Aufführung war alles – nur nicht
langweilig. Aber kann man so einen Stoff in einer Waldorfschule zur Aufführung bringen?
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 39
Und was sagen die Schüler der 12. Klasse selbst dazu?
Einige eingefangene Kommentare der Schüler während der
Probenzeit lauteten folgendermaßen:
• „Unsere Zeit ist schwierig: Wir erleben in der Gesellschaft
Grenzenlosigkeit, Konsum, Kriege mit seinen seelischen
Folgen, Sexismus oder auch unsoziales Verhalten, was
wiederum unsoziales Verhalten hervorruft. In diese Verhältnisse fühlen wir uns zukünftig hineingestellt. Und
genau das wollen wir auf der Bühne darstellen.“
• „Das Stück hat die Ebene des Lachens und der Komik;
aber auch die Ebene der Fragen an die Gesellschaft und
Kritik an ihr. Der Zuschauer kann wählen, ob er einfach
nur den Spaß haben möchte oder sich auf die Tiefe und
Scharfsinnigkeit
der
Gedanken
dieses Stückes
einlässt. Wie ein
Spiegel unserer
Zeit – Spaß oder
Verantwortung.“
Nico Ehl, der
Regisseur, spornte jeden einzelnen Schüler
während der Probenarbeiten konsequent an, sich mit der
jeweiligen Rolle auseinanderzusetzen. So gelang es, dass
die Schüler sich trauten, in teilweise gewagter Inszenierung
genau das darzustellen, worauf sie meinten, es in ihrer Rolle und der damit aufgeworfenen gesellschaftlichen Frage
ankam. So entstanden zum Teil sehr mutige oder humorvolle, aber auch berührende Szenen. Ein großer Dank an
Nico an dieser Stelle für die so freie und gute Arbeit mit
der 12. Klasse!
Wir möchten uns nicht anmaßen, für die Eltern der
12. Klasse stellvertretend Antworten zu geben.
Uns hat es gefallen, ja, wir waren begeistert und beeindruckt, wie die Schüler inszenieren, in welche Welt sie
sich hineingewachsen sehen
und wie sie sich
damit auseinandersetzen.
Aber wir wollen mit unseren
Gedanken auch
Euch, liebe Leser,
einladen, einen
eigenen (Rück-)
Blick aus mehreren Perspektiven auf das Stück zu werfen!
Das wird der Theaterar­beit der 12. Klasse wohl eher gerecht
als die subjektiven Eindrücke eines einzelnen Elternpaares.
• Wie gefällt Ihnen/Euch die Auswahl des Stückes? Hätten
Sie sich etwas Anderes gewünscht?
• Wie hat Ihnen/Euch die Umsetzung des Stückes auf die
Bühne gefallen? Haben Sie etwas vermisst?
• Was hat Sie/Euch besonders beeindruckt? Gibt es Bilder
oder Sätze, die sich eingeprägt haben?
• Was hat Sie/Euch noch im Nachhinein beschäftigt? Worüber haben Sie gesprochen (mit dem Partner, Freunden
oder Kollegen)
Denn eines hat Ingrid Lausund (die Autorin) bewirkt:
Ihre Texte kann man nicht teilnahmslos hinnehmen,
und wer das Stück erlebt hat, war sicherlich auch in ver­
schiedenster Weise berührt von der Umsetzung durch die
Schüler und fühlte sich bestimmt zum Nachdenken „angestupst“ …
… so soll Theater ja auch sein …
Kornelia und Axel Goldbach
Eltern aus der 3. und 12. Klasse
alle Fotos: Georg Roither
1/2015 | www.havelhoehe.net
40 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Besetzung
Kassierer: Marc, Frederic, Artur
Mann mit Ferrari-Kanne/Kunde: Manuel
Mädchen vorm Joghurtregal: Camilla
Schüchterner junger Mann: Clemens
Frau-Gutmensch/Frau-Kasse: Luise
www.havelhoehe.net | 1/2015
Mädchen-Studentin: Clelia
Junge Frau: Soonja
Mörder: Janis
Armani-Mann: Felix
Gucci-Frau: Nicoletta
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 41
Mädchen mit Nutellaglas/Stimme: Madita
Therapeut: Kilian
Mann-Klient: Joel
Junge mit Heiligenbildern/Alter Mann: Anton
Frigitte: Lucille
Mann: Ferdinand
Paranoider Mann: Jakob
Schüchternes Mädchen: Lina
Regisseur: Nico Ehl
1/2015 | www.havelhoehe.net
42 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 43
Autofahrten, Ausgrabungen, Akustik,
Abkühlung in Athen und Arkadien
„Der Bus wird auf keinen warten, also seid bitte alle
pünktlich am Treffpunkt!“ – Das war die letzte Ansage von
Frau Scharler, bevor sich die 12. Klasse auf den Weg nach
Griechenland machte. Die Reise begann am Morgen des
30.9.2014 und endete am späten Abend des 15.10.2014 am
selben Ort.
Alle 20 Schüler, Frau Scharler, unsere Klassenbetreuerin,
und Herr Althoff, unser Geschichtslehrer und Betreuer der
Fahrt, trafen sich, tatsächlich alle pünktlich, morgens gegen
9.30 Uhr am ZOB Berlin. Wir alle freuten uns schon lange auf
unsere letzte gemeinsame Klassenfahrt, die ja gleichzeitig
auch eine Abschlussfahrt war. Erst einmal fuhren wir etwa
neun Stunden mit dem Reisebus nach Ulm. Von hier aus
reisten wir gemeinsam mit einer anderen 12. Klasse, wiederum mit dem Bus, von der Waldorfschule Kirchheim abends
gleich weiter nach Italien. Dort kam es gleich zu ersten Kennenlerngesprächen mit den Kirchheimern, mit denen wir
uns fast auf Anhieb verstanden.
Am Mittwochmittag kamen wir dann in der italienischen
Hafenstadt Ancona an, von wo es mit dem Schiff weiterging,
auf dem wir die nächsten 24 Stunden eine gewisse Bewegungsfreiheit genossen. Alle mit Schlafsäcken ausgestattet,
suchten wir uns am Abend dann einen Schlafplatz auf dem
Deck der Fähre. Als wir am Donnerstagnachmittag, zugegeben etwas mitgenommen von der langen Reise, die Fähre
in der griechischen Hafenstadt Patras verließen, waren die
meisten von uns doch froh, dass wir nur noch einmal für
knappe zwei Stunden in den Bus mussten, ehe wir schließlich nach insgesamt knapp 60stündiger Anreise unser Ziel
erreichten. Wir wohnten in Lalunda und die Kirchheimer im
ein paar Kilometer entfernt gelegenen Ouphria, beides idyllisch gelegene Anwesen in der Nähe von Olympia.
Am Freitag hatten wir Zeit zum Ankommen, bekamen
Nelly, die Köchin und „Chefin“ der Anlage, und Johannes,
unseren Busfahrer vor Ort, vorgestellt. Und dann arbeiteten
wir an unseren Vorträgen – jeder Schüler hatte ein Referat
über jeweils einen Besichtigungsort vorzubereiten. Am
Nachmittag fuhren wir mit den Kirchheimern zum nahegelegenen Strand.
Samstagfrüh fuhren wir zu unserem ersten Ausflugsziel,
zur Ausgrabungsstätte Olympia, wo wir die ersten Referate
zu verschiedenen Tempeln hörten und es uns außerdem
www.havelhoehe.net | 1/2015
nicht entgehen ließen, im berühmten Stadion ein kleines Wettrennen zu veranstalten. Abends feierten wir am
Lagerfeuer am Strand mit lokalem griechischem Wein in
den 18. Geburtstag eines Kirchheimer Schülers rein. Es
wurde ein rauschendes Fest, bei dem viel gesungen und
gelacht wurde.
Am Montag um 4 Uhr früh machten wir uns dann mit
unserem „Privatbus“ auf eine dreitägige Rundfahrt über das
griechische Festland. Zunächst ging es einmal nach Delphi,
wo wir den Tag im Heiligtum und im Museum verbrachten.
Noch am späten Nachmittag ging es weiter nach Athen.
Nachdem wir unser Hostel bezogen hatten, gingen wir in
verschiedenen kleinen Gruppen noch etwas essen, wobei
wir einen ersten Eindruck von der Stadt bekamen.
Am Dienstag liefen wir nach dem Frühstück zu Fuß
durch die Stadt zur Agora, wie das Grabungsgelände des
antiken Stadtgebietes von Athen heißt, und auf die Akropolis. Auf dem Rückweg besuchten wir das älteste Theater
der Welt und gingen dann weiter zum Akropolis-Museum.
Nach einem, wie Herr Althoff uns vorher gewarnt hatte,
sehr anstrengenden Tag kamen wir am frühen Abend doch
ziemlich erschöpft im Hostel an.
Am nächsten Vormittag besuchten wir noch das Nationalmuseum von Athen. Dann ging es weiter nach Korinth.
Am Kanal von Korinth brach dann im Bus plötzlich Panik
aus, nicht etwa wegen der beeindruckenden Tiefe und Breite des Kanals, sondern weil Joel verloren gegangen war …
Den hatten wir doch tatsächlich in Athen beim Nationalmuseum vergessen! Im Zeitalter des Smartphones und eines
gut ausgebauten Bahnnetzes stellte sich das letztendlich
allerdings als ein weniger großes Problem dar, und so fand
der Vermisste noch in Korinth zurück zu uns. Seitdem sind
wir um einen Running Gag reicher, nämlich den Ruf: „Wo ist
Joel?!“
Obwohl wir alle schon sehr erschöpft und müde von den
letzten Tagen waren, schafften es die Berliner und Kirchheimer Lehrer mit vereinten Kräften aber noch, mit uns Epidauros zu besuchen. Im dortigen Theater demonstrierte uns
eine Kirchheimer Schülerin mit ihrem Gesang die erstaunliche Akustik. Für ihre Darbietung war extra die Erlaubnis
des griechischen Kultusministeriums eingeholt worden …
Auf dem Rückweg nach Lalunda machten wir noch in
Foto: Anja Ritzmann
Kunstfahrt der 12. Klasse nach Griechenland
Vor dem Wahrzeichen der Akropolis, der Korenhalle des Erechtheion
dem idyllischen Hafenstädtchen Nafplion Station, wo wir
auf Empfehlung unseres Fahrers Johannes eine Riesenpizza
verzehrten. Pizzen sind in Griechenland eine kulinarische
Sensation, und Riesenpizzen erst recht …
Die nächsten beiden Tage hatten wir viel Zeit zum Ausruhen und zum Schreiben an unseren Reisetagebüchern,
die wir während der gesamten Fahrt führen sollten. An den
Nachmittagen fuhr Johannes uns zum Strand, wo wir unter
anderem ein Volleyballspiel „Kirchheim gegen Berlin“ veranstalteten.
Am Samstag, dem vorletzten Tag vor der Abreise, unternahmen wir, diesmal ohne die Kirchheimer, eine längere
Wanderung zum Tempel von Bassai und zu einem Wasserfall in der Wildnis von Arkadien. Dazu fuhren wir mit dem
Bus bis zu einer Stelle, von der aus man gut laufen konnte.
Dort mussten wir auf Anweisung unseres Fahrers kurzerhand ein Auto, das den Parkplatz blockierte, eigenhändig
– zu fünft! – umhieven. Den Fahrer traf fast der Schlag, als
er schließlich zu seinem Auto kam. Die Wanderung erwies
sich als anstrengender als gedacht, da der Weg „über Stock
und Stein“ führte und es noch heißer war, als zuvor. Am
Wasserfall angekommen, sprangen die meisten von uns zur
Abkühlung in die doch mehr als erfrischend kühle Quelle.
Der Befehl von Herrn Althoff nach dem Frühstück am
letzten Morgen vor der Abfahrt, dass „der letzte Tag zu genießen sei“, verbreitete natürlich gute Stimmung. So hatten
wir den Vormittag frei und fuhren dann den restlichen Tag
zum Strand um noch mal richtig Sonne zu tanken, bevor es
zurück ins kalte Deutschland ging.
Am Abfahrtstag ging es dann um 11.30 Uhr los nach Patras, wo wir am späten Nachmittag auf die Fähre gingen.
Die gemeinsame Abschiedsfeier unserer beiden Klassen
hatten wir auf die Überfahrt verlegt und so feierten wir alle
zusammen auf dem Deck der Fähre noch einmal bei schönem Wetter und einem kleinen Sirtaki-Tanzkurs, den die
beiden Kirchheimer Lehrerinnen anboten.
Nachdem wir rund 35 Stunden später gegen fünf Uhr
früh in Ulm ankamen, tauschten wir noch Nummern mit
den Kirchheimern aus und ließen uns dann für die nächsten
Stunden häuslich in einem verborgenen Winkel des Ulmer
Hauptbahnhofs nieder, um auf den Reisebus nach Berlin zu
warten. Leider hatten wir einen Tag erwischt, an dem die
Bahn streikte, und so verlängerte sich unsere Rückfahrt auf
immerhin zwölf Stunden, was dann doch die Stimmung etwas verschlechterte. Um 22 Uhr hatten wir es dann alle geschafft, zwar froh, wieder zu Hause zu sein, aber doch auch
traurig, dass diese Fahrt jetzt vorbei war.
Ich denke, dass alle Beteiligten sehr viel Spaß auf dieser
Kunstfahrt hatten und vor allem eine Menge toller Dinge
erlebt haben. Auch das Verhältnis zwischen den Kirchheimern und den Berlinern war super und insbesondere das
Verhältnis zwischen den Lehrern und uns Schülern war
einfach toll! Frau Scharler und Herr Althoff haben definitiv genau das richtige Maß zwischen Unternehmungen,
Anstrengungen, aber auch Entspannung, die zu einer Abschlussfahrt eben auch dazugehört, gefunden. Vielen Dank
dafür! Ich für meinen Teil werde diese zwei Wochen zu den
schönsten und unvergesslichsten Erinnerungen meines Lebens rechnen!
Marc
aus der 12. Klasse
1/2015 | www.havelhoehe.net
44 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 45
Seelenblicke
Eurythmie-Abschluss der 12. Klasse
keit, Gesten findend für Trauer, Verzweiflung, für Wünsche
und Hoffnungen. Und da stehen 18jährige Männer ebenso
in langen Eurythmiekleidern mit Seidenschleiern vor dem
Publikum, so untypisch für ihr Alter und Geschlecht und
doch all ihre Kraft und Präsenz verkörpernd. Sie zeigten uns
für einen kurzen Moment, wie sie im Leben stehen: mutig –
zweifelnd, rebellisch – verwundbar bis verspielt und witzig.
Der eigene Standpunkt findet seinen Ausdruck auch ohne
Modeklamotten. Es scheint sogar, als würde durch die wallenden Kleider das Innenwohnende leichter herauswehen.
Großen Dank an Frau Scharler und alle Schülerinnen und
Schüler für die vielfältigen und berührenden Auftritte!
Eingerahmt wurden Bühne und Zuschauer mit den
schönen, großformatigen Acryl-Bildern von Luise. Zum
Abschluss nutzte Frau Poborueva die Gelegenheit, die gemeinsame Schulzeit von 12 Jahren mit „ihrer geliebten“
Klasse zu würdigen. Sie sangen das herzergreifende russische Abschiedslied „Ich werde dich nie vergessen“, begleitet von Lina Maria auf der Violine und von Herrn Kasymaliev
am Klavier. Ein emotional sehr berührender Abend.
MÄRKISCHE APOTHEKE KLADOW
W I R
H E L F E N
I H N E N
G E S U N D
Z U
B L E I B E N
• qualifizierte pharmazeutische Beratung
Auszug aus unserem
Leistungsangebot
• individuelle Vitalstoffmischung
• Kosmetikanwendungen & pharmazeutische Hautberatung
• Arzneimittelzustellung bei Bedarf
• Persönliche Kundenkarte mit Treuebonussystem
Kladower Damm 366 · 14089 Berlin
Telefon: 030 / 36 80 19 00
Telefax: 030 / 36 80 19 01
[email protected]
www.mapok.de
Fotos: Silke Kriete
Es ist so, als würden die Aufführenden für einige kostbare Augenblicke uns ihre innere Lebendigkeit offenbaren.
Die Eurythmie wird für Waldorfschüler mit Beginn ihres 1.
Schuljahres erlebbar und bleibt doch etwas Besonderes für
Jugendliche, denn sie ist in keiner anderen Schulform als
Unterrichtsfach zu finden.
Am 6. Juni waren die Stuhlreihen gefüllt mit Jung und
Alt. Frau Scharler – Klassenbetreuerin und Eurythmielehrerin der diesjährigen Zwölften – erarbeitete mit ihren Schülern die Schrittfolgen und Gebärden. Herr Kasymaliev begleitete die Klasse wie immer wunderbar auf dem Klavier.
O-Ton einer Schülerin: „Wir beide haben unsere Formen fast
improvisierend gefunden. Es kommt wie von allein, wenn
etwas musikalisches Gespür da ist.“
Klassische Musikstücke bis hin zu Texten von Rap-Songs
wurden von den Zwölftklässlern als Ausgangsmaterial gewählt. Die Verse oder die Musik inspirierte sie und im Innern
berührt kreierten sie eine entsprechend darstellende Form
für die Bühne.
Wie kostbar ist es doch, dass Schüler während ihrer gesamten Schulzeit dahin geführt werden, ihren Körper in
Bezug auf den Raum zu erspüren und zu erfahren, wie eng
Töne, Wörter, Seelenstimmungen und Gebärden miteinander verwoben sind. Da schweben nun 18jährige Frauen über
den Boden, kraftvoll in ihrer Anmut, mit ihrer Hingabefähig-
Silke Thal
Mutter aus der 12. Klasse
Anzeige
Anzeige
MÄRKISCHE APOTHEKE KLADOW
W I R
H E L F E N
I H N E N
G E S U N D
Z U
B L E I B E N
• qualifizierte pharmazeutische Beratung
Auszug aus unserem
Leistungsangebot
• individuelle Vitalstoffmischung
• Kosmetikanwendungen & pharmazeutische Hautberatung
• Arzneimittelzustellung bei Bedarf
• Persönliche Kundenkarte mit Treuebonussystem
Kladower Damm 366 · 14089 Berlin
Telefon: 030 / 36 80 19 00
Telefax: 030 / 36 80 19 01
www.havelhoehe.net | 1/2015
[email protected]
www.mapok.de
1/2015 | www.havelhoehe.net
Anzeige: 128mm x 84mm
46 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 47
Von Minkus-Minus bis Griechenland
Der Jahrgang 2003 – Biographie der jetzigen 12. Klasse
Wenn ich an den Beginn unserer Schulzeit denke, versuche ich mich natürlich an den Tag unserer Einschulung zu
erinnern. Ich kann mich an die große Sonnenblume erinnern, die ich, wie alle anderen, bekommen habe, als ich im
großen Saal auf der Bühne stand. Ansonsten ist mir dieser
Tag nicht sehr stark in Erinnerung geblieben.
Wenn ich an die ersten Klassen denke, vielleicht die ersten drei, dann fallen mir Dinge ein wie das Zeichnen mit
Wachsmalstiften und -blöcken auf dickem Papier und Formen, die unser erster Klassenlehrer Herr Wohlers mit bunter Kreide an die Tafel gemalt hat. Als erstes die Gerade und
dann die Krumme. Für das Rechnen hatte er Fingerpuppen.
Ich kann mich noch an Minkus-Minus und Quirliefax-Mal erinnern und daran, dass Herr Wohlers im Englischunterricht
erst bis drei gezählt hat und sich um sich selbst drehte, bis
wir in der englischen Sprache angekommen waren. Zurück
ins Deutsche kamen wir auf dieselbe Weise, nur hat er sich
in die andere Richtung gedreht und natürlich statt „eins,
zwei, drei“ „one, two, three“ gezählt.
In den Pausen waren wir immer draußen, noch auf dem
alten Schulgelände. Nach hinten mussten wir laufen, dorthin, wo der Sportplatz war. Da haben wir dann gespielt,
sind geklettert und die Jungs haben sich ganz gerne auch
mal geprügelt. Zwischendurch war es dann auch ein wenig
zu heftig und ich weiß noch, dass Herr Wohlers ein Spiel
eingeführt hat, in dem man seine Kräfte auch anders messen konnte: Zwei stehen sich gegenüber, mit den Armen
vor der Brust zum Kreuz verschränkt und rennen so stark sie
können mit Anlauf gegeneinander.
Ich erinnere mich daran, wie Frau Müller uns stricken beigebracht hat, wie Clelia und ich uns in Handarbeit im Keller
im alten Schulgebäude unter den Tischen versteckt haben,
wie Paul, der Hausmeister, uns Bonbons geschenkt hat, mir
fällt ein, dass wir Handpuppen genäht und damit ein The-
2005: Eurythmie Monatsfeier
www.havelhoehe.net | 1/2015
2005: 3. Klasse
aterstück geübt haben, mir fallen russische Gedichte und
Geschichten ein, die wir gelernt und aufgeführt haben,
Kreuzstich, Eurythmie, Kupferstäbe, die wir uns zuwarfen,
die Arbeit im Keller, Herr Steinhauer, der uns am Anfang der
Stunde erklärte, was zu tun war, die Rangelei um den Platz,
das Umgraben im Schulgarten, Chor mit den älteren Klassen zusammen, Monatsfeiern, Wichteln, Fasching, Lichtermarkt, Weihnachtssingen. Wenn ich noch daran denke, was
wir in den Pausen gemacht haben, dann habe ich immer
so ein Bild von Lasse, Jakob und Artur im Kopf, die in den
Bäumen sitzen und Affe spielen, ich denke daran, wie wir
Mädchen immer zu zweit oder zu dritt spazieren gegangen
sind im Hof, oder wie Elisabeth einmal von Baum gefallen
ist und wie dramatisch das für alle war.
Sowieso waren wir, glaube ich, eine Klasse, die immer
gerne Grund für ein kleines Drama hatte. Zum Beispiel erinnere ich mich, dass wir einmal am letzten Schultag vor
den Sommerferien in Tränen ausgebrochen sind, weil wir
uns nicht trennen konnten. Da haben sich dann fast alle
(natürlich vor allem die Mädchen) in den Armen gelegen
und geweint. Noch schlimmer war es, als wir uns von Herrn
Wohlers verabschieden mussten, der uns nach der 4. Klasse
verließ. Unser neuer Klassenlehrer wurde Herr Fischer. Trotz
teilweise vielleicht schwierigen Situationen kamen wir als
Klasse gut mit ihm aus. Er und Frau Scharler begleiteten uns
in der 5. Klasse auf unsere erste Klassenfahrt ins Elbsandsteingebirge in Sachsen. Für fast eine Woche hatten wir
dort jeweils zu dritt oder zu viert kleine Bungalows gemietet und tagsüber waren wir viel wandern. Abends sollten
wir natürlich in den Betten liegen, aber sobald wir vermuteten, dass die Lehrer es nicht bemerkten, schlichen wir uns
heimlich zu den Nachbarn rüber. Ich erinnere mich gut an
den Abend, an dem sich Herr Fischer mit seiner Kamera im
Dunkeln raus gesetzt hatte und jeden, der heimlich nach
2008: Elbsandsteingebirge
2003: Einschulung
2004: 2. Klasse
draußen kam, fotografierte. Dabei entstanden wirklich lustige Fotos. Aber nicht alles war lustig, ein Drama durfte bei
uns nicht fehlen – so lag Soonja mit fast 40° Fieber im Bett
und wir standen vor ihrem Bungalow, weinten, waren völlig aufgelöst und klagten Frau Scharler an, da wir dachten,
Soonja könnte an so hohem Fieber demnächst sterben. Das
tat sie natürlich nicht.
Unsere nächste Klassenfahrt nach Schweden in der 7.
Klasse verlief problemlos. Mit dem Nachtzug sind wir damals hochgefahren und ich kann mich daran erinnern, wie
wir zu zehnt oder mehr in ein Schlafabteil gequetscht waren und Wahrheit oder Pflicht spielten oder heimlich mit
Handy oder ähnlichem beschäftigt waren.
Sehr intensiv sind mir auch unsere Praktika in Erinnerung. Das Landbaupraktikum in Tschechien und vor allem
das Vermessungspraktikum in Polen waren einmalige Erfahrungen. Denn zum einen hatte man viel Spaß mit der
Klasse, aber zum anderen auch die Arbeit, die man im eigenen Alltag eben nicht kennt: Kuhstallausmisten, Holzhacken
und Brotbacken, Tierefüttern und -treiben. Man muss sich
daran gewöhnen in Zelten zu schlafen, immer zusammen
zu sein, riesige Felder zu vermessen und mit Kellerasseln im
Salat zurechtzukommen. Und auch daran, das Stadtleben
für eine Zeit zu verlassen und ohne Computer und Fernsehen zu sein. Trotz mancher Schwierigkeiten und obwohl in
Polen viele Schüler abwechselnd Fieber bekamen, sind mir
diese Erfahrungen sehr positiv und wirksam in Erinnerung,
für den Zusammenhalt der Klasse, aber auch um sich selbst
mal zu probieren und sich in einer neuen Umgebung mit
neuen Aufgaben zu erleben und zu testen. Wir waren im-
2008: Fasching
2009: Fasching
2005: Eurythmie „Rattenfänger“
mer traurig, wenn die Zeit auf einmal so schnell vorbei war,
aber dann war man wiederum auch froh Zuhause zu sein
und konnte sein eigenes Bad und Bett viel mehr wertschätzen als vorher.
In der 11. Klasse war für uns natürlich das Hauptthema
der MSA (Mittlerer Schulabschluss). Da haben wir dann sozusagen zum ersten Mal die Erfahrung gemacht, dass jeder
für sich sorgen muss. Lernen kann man zwar zusammen,
doch ob man am Ende genug getan hat, liegt an jedem
allein. Zum Glück gab es nicht einen, der den Abschluss
nicht bekommen hat, und mit jeder geschafften Prüfung
am Ende des Schuljahres hatten wir Grund gemeinsam zu
feiern!
Das Sozialpraktikum in diesem Schuljahr war, glaube ich,
für uns alle sehr wichtig. Hier ging es um die Arbeit mit hilfebedürftigen Menschen. Dabei haben wir alle eine Menge
mitnehmen können: was es heißt andere zu pflegen, wie
Menschen unter Krankheiten leiden können oder sogar wie
sie sterben.
Das 12. Jahr, in dem wir nun gerade noch stecken, brachte ja unser Klassenspiel mit sich. „Hysterikon“ war für uns
alle ein voller Erfolg. Ich glaube, wir alle hatten riesigen
Spaß, und vielleicht hat jemand Talente bei sich entdecken
können, von denen er vorher noch nichts wusste. Unsere
Kunstreise nach Griechenland war, zumindest für mich, der
Höhepunkt unserer gemeinsamen Zeit!
Die Klassenfahrten haben uns immer sehr zusammengeschweißt. Selbstverständlich gab es phasenweise Cliquen
und Rivalitäten und jeder hatte so die Leute, mit denen er
die Pausen verbrachte. Auch gab es natürlich haufenweise
2009: Klassenspiel „Oma Nissen“
1/2015 | www.havelhoehe.net
48 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Schulmagazin | 49
Nicht immer war der
kürzeste Weg unser
Weg …
Klassenreise der 6. Klasse, Juni 2015
Beziehungsprobleme in der fünften, sechsten, siebten
Klasse zwischen einzelnen „Pärchen“ – aber insgesamt war,
glaube ich, unsere Gemeinschaft nie zu übersehen und für
jeden war diese auch ein Stück Rückhalt. Auf jeden Fall war
darauf Verlass, dass bei Ungerechtigkeiten an Einzelnen die
gesamte Klasse bei der Aufklärung dabei war. Und so ist es
auch geblieben. Unsere Klasse hat viele Phasen zusammen
durchgemacht, viele Veränderungen haben bei den Einzelnen und in der Gemeinschaft stattgefunden. Wir haben uns
immer wieder sozusagen neu formiert und gerade in den
letzten Jahren hat innerhalb der Klasse jeder seinen Platz
und seine Beziehungen zu den anderen gefunden.
Für mich ist der Gedanke daran, dass unsere Zeit an der
Freien Waldorfschule Havelhöhe bald vorbei sein wird,
schwer vorstellbar. Es wird bestimmt schwer sich nach so
langer Zeit von allem zu lösen, aber ich bin unglaublich
dankbar und froh für die ganzen Jahre. Mit allen Höhen und
Tiefen und allen guten und schlechten Erfahrungen haben
wir doch vieles, was wir aus unserer Zeit an dieser Schule
mitnehmen können.
2012: Landbaupraktikum
„Haufen“ von Jungs und Mädchen, die die Schule, insbesondere die Lehrer immer wieder vor neue Situationen
stellte. Aber wie in Wechselwirkung stellen auch Schule und
Lehrer die Schüler- und Elternschaft vor neue Aufgaben.
Also viele Mitwirkende – immer auf der Suche nach neuen
Lösungen …
Viele „Dramen“ durchlitten wir Eltern mit und hätten
den Kindern in ihrer Entwicklung vielleicht manches gern
erspart. Aber dies liegt nicht allein in unserer Hand und so
können wir heute sehen, wie trotz oder auch gerade wegen der erlebten und durchgestandenen Schwierigkeiten
aus ihnen diese jungen, individuellen, gesellschafts- und
gemeinschaftsfähigen Erwachsenen geworden sind. Spätestens beim Schulball im März wurde das noch einmal mit
aller Deutlichkeit sichtbar.
Ich danke allen, die in den 12 Jahren mitwirkten: den
Lehrern, Eltern, Hausmeistern, Sekretärinnen, Kindern und
allen unsichtbaren, geistigen Kräften.
Alles Gute für die Zukunft!
Katrin Brodzinska
Luise
aus der 12. Klasse
Anmerkung der Mutter:
Ursprünglich wollte ich diesen Artikel mit Luise zusammenschreiben. Doch stellte sich schnell heraus, dass sie die
meisten Einfälle und besseren Formulierungen hatte.
Zum Schluss nur noch folgendes von mir: In meiner
Erinnerung lebt ein quirliger, bunter und ziemlich lauter
Fotos: Hanna Kindler und Gerd Pauli
Anmerkung des Vaters:
Nun sind 12 Jahre vergangen und auch wir Eltern haben
mitgelernt, gehofft, gewartet, begleitet, geschimpft, uns
gefreut usw. usw. Lehrer- und Schülerwechsel innerhalb
des Klassenverbandes haben auch uns bewegt, jedes Klassenspiel, jede Klassenreise hat auch uns „mitgenommen“,
zuweilen in die Erinnerungswellen der eigenen Schulzeit
entführt … letztes Abschiednehmen am Busbahnhof. Wohin geht nun die Reise unserer – ach
so großen – Kinder; alles scheint
möglich, vom Görlitzer Park bis St.
Petersburg, von Wanne-Eickel bis
New-Orleans.
„Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“ (Hermann
Hesse)
Lucian Brodzinska
Foto: Leonard
2010: Klassenfahrt nach Schweden 2011: Klassenspiel „Ein Sommernachtstraum“
Wenn man denkt, dass der beste Weg von A nach B zu
kommen der kürzeste ist, dann irrt man sich wahrscheinlich. Denn auf (längeren) Umwegen kann man natürlich
einiges mehr erleben und erfahren! Das jedenfalls durften
wir fast täglich auf unserer Klassenreise erleben. Die 6. Klasse war eine Woche Wandern mit Zelten in Brandenburg und
Mecklenburg-Vorpommern.
Und so wie die täglichen Wanderungen, so war auch das
nächtliche Aufsein deutlich länger als geplant. Die längste
Wanderung an einem Tag erstreckte sich über 27 km, wofür
wir gute 8 Stunden brauchten!
Gegen 8 Uhr gab es Frühstück, bei dem wir auch unser
Proviant für den Tag machten, da wir erst wieder abends
(meistens gekocht) gegessen haben. An manchen Tagen,
wo wir uns mal nicht so viel verlaufen haben, gab es vor
dem Abendessen noch Zeit für freie Aktivitäten. Wie z. B.
Lesen, Baden oder auch Angeln. Zwei Fische wurden geangelt, getötet und am Ende von einigen gegessen …
Die Zelte, Schlafsäcke, Isomatten und das sonstige Gepäck wurden im Auto transportiert.
Ein Höhepunkt der Klassenreise war die Begegnung
mit Eberhart, dem Eber. Einige sind sogar auf ihm geritten,
obwohl er als gefährlich beschrieben wurde. Er war aber
wohl doch ein eher ruhiger, verfressener und gemütlicher
Wildschweinvater. Nebenan lebte seine Frau mitsamt den
6 Frischlingen, denen wir alle Namen gaben. Leider starb
eines der Kleinen in der Nacht. Es war rotbraunhaarig.
Am Sonntag, den 7. Juni, kamen wir dann mit dem Zug
mit etwas Verspätung in Spandau an, wo uns unsere Eltern
am Bahnhof erwarteten.
Leonard
aus der 6. Klasse
2013: Schulball
www.havelhoehe.net | 1/2015
2013: Feldmesspraktikum in Polen
50 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Lehrervorstellung
Kontakt / Gremien / Impressum
Turandocht Debarge
Malaika Gutekunst
In Berlin geboren, verbrachte ich meine Kindergartenzeit in Dinslaken.
Schon in meinem ersten
Schulsommer zogen wir weiter ins beschauliche BadenWürttemberg, wo ich in der
3. Klasse in der Waldorfschule in Walwies landete. Dort war es idyllisch, die Klassen waren klitzeklein und wir redeten nicht, „mir schwätzte, – gell?“
Bald zogen wir wieder um, Ende der 4. Klasse kam ich in
die dreizügige Waldorfschule nach Bochum-Langendreer,
mit riesengroßen Klassen und Gebäuden zum Verlaufen im
Grau-in-Grau des Ruhrpotts. Und doch lernte ich die Schule
und den Pott lieben, weil meine Lehrer mich als Menschen
in den Vordergrund stellten. Das Leben zwischen Fördertürmen, Büdchen, Taubenzüchtervereinen und Stahlwerken auf der einen Seite, Leierspiel, Stabreim, Monatsfeiern
und Klassenfahrten ins Sauerland auf der anderen Seite
bescherte mir eine gelungene Kindheit und Jugend. Sie erzeugte in mir den Wunsch, in meiner Waldorfschule bleiben
zu können. Diesen Wunsch habe ich mir ganz trickreich erfüllt, indem ich Waldorflehrerin wurde.
Der Weg dorthin ging jedoch – zum Glück – nicht schnurstracks geradeaus. Zunächst begann ich ein Lehramtsstudium in Geographie und Geschichte. Dann zog mich die
Entwicklungsländerforschung fort: Ich nutzte das Studienfach für einen Blick über den europäischen Tellerrand,
dazu kamen Studienaufenthalte, u. a. in Frankreich. Als dort
meine beiden älteren Kinder zur Welt kamen, trat alles andere zunächst in den Hintergrund. Zuerst ohne Gedanken
an meine „Waldorfkarriere“ unterrichtete ich Deutsch, beschäftigte mich mit den sozio-kulturellen Unterschieden
der Pädagogik, dem Schulsystem, mit Alternativen dazu
und meiner eigenen Berufung. Zunehmend gewann ich
die Überzeugung, dass meine Kinder in Deutschland eingeschult werden sollten – und ich am besten auch. Der Weg
schwenkte wieder aufs Ziel ein. In Dresden unterrichtete ich
Französisch und Englisch und besuchte das Lehrerseminar.
Nun schließt sich der Kreis: Ich wohne in meiner Geburtsstadt und arbeite da, wo ich mich immer am wohlsten gefühlt habe: an einer Waldorfschule, unserer Waldorfschule.
Ich habe drei sehr nette Kinder, nicht zuletzt durch sie habe
ich einen vielfältigen Zugang zur Pädagogik bekommen.
Ich freue mich, nun Lehrerin der 1. Klasse zu sein!
Aufgewachsen bin ich
direkt am Meer, im Norden,
wo einem der Wind frisch
um die Ohren weht. Eine
weitere Heimat ist für mich
Schweden, woher meine
Mutter stammt. Wir haben
viele Bullerbü-Sommer und
-Winter mit unserer Großfamilie erlebt. Meine Großmutter
ähnelte ein wenig Astrid Lindgren und war immer ein grosses Vorbild für mich.
Wir reisten als Familie viel. Besonders die Reisen nach
Südamerika und Asien mit meinem Vater, der damals als
Arzt bei Unicef arbeitete, prägten mich sehr.
Seit meiner Kindheit tanzte ich Ballett, wir führten im
Stadttheater jährlich mehrmals Märchen und verschiedenste Tänze auf. In meiner Jugend spielte ich außerdem in einer
Theatergruppe und überlegte, Schauspielerin zu werden.
Mir fehlte das Tanzen aber sehr und so kam ich durch Zufall
über meine Schwester, die gerade auf einem Demeterhof
arbeitete, zur Eurythmie. Es funkte sofort und ich beschloss,
Eurythmie zu studieren.
Mein Studium absolvierte ich in Den Haag und in Oslo.
Es war eine sehr intensive und schöne Zeit. Danach sammelte ich erste pädagogische Erfahrungen in Süddeutschland und der Schweiz. Mein schönstes Erlebnis in dieser Zeit
war ein Esel-Trekking mit zwei Kollegen, zwanzig 10. Klässlern und zwanzig Eseln durch das Engadin. An der Bühne
in Dornach absolvierte ich einen viermonatigen Bühnenintensivkurs, später in Kairo (Ägypten) eine Weiterbildung in
der Betriebseurythmie.
Aus den Schweizer Bergen bin ich nun vor bald 4 Jahren
in der tollen Stadt Berlin gelandet.
Ich genieße das vielfältige kulturelle Angebot der Stadt
und die Begegnungen mit vielen interessanten Menschen
hier.
An der Schule bereitet es mir die größte Freude, wenn
die Schüler selbst kreativ werden. Die Momente, in denen
die Schüler in einen gemeinsamen Bewegungsstrom finden und ganz eins werden mit der Musik oder Sprache, sind
die schönsten.
www.havelhoehe.net | 1/2015
Freie Waldorfschule Havelhöhe | Schulmagazin | 51
Freie Waldorfschule Havelhöhe
– Eugen Kolisko
Neukladower Allee 1
14089 Berlin
Sekretariat:
Maria Oehlschlaeger-Drews
Tel. 030/369 92 46 10
Fax 030/369 92 46 19
www.havelhoehe.net/schule
[email protected]
Gremien der Freien Waldorfschule Havelhöhe
Impressum
Baukreis, Michael Grünthal
[email protected]
Festkreis, Katharina Teuffert
[email protected]
Gestaltungskreis
[email protected]
Kreis für Finanzgespräche, Pia Feldmann
[email protected]
Elternvertreterkreis, Melina Bender
[email protected]
Geschäftsführung, Olaf Rex
[email protected]
Kreis Öffentlichkeitsarbeit
[email protected]
Pädagogische Schulleitung, Heidrun Scharler
[email protected]
Wirtschaftskreis, Roland Zerm
[email protected]
Personalkreis, Evelyn Thomas
[email protected]
Vertrauenskreis, Katharina Teuffert
[email protected]
Vorstand/Rechtskreis
[email protected]
Schulmagazin, Florian Vorbrodt
[email protected]
Herausgeber Freie Waldorfschule Havelhöhe
– Eugen Kolisko
Neukladower Allee 1
14089 Berlin
Tel./Fax: (030) 369 92 46 -10 / -19
Email: [email protected]
Redaktion
Pia Feldmann,
Katharina Teuffert,
Florian Vorbrodt (V.i.S.d.P.),
Elena Wecker
Kontakt:
[email protected]
Layout/Satz
Florian Vorbrodt,
Matthias Zeininger
Anzeigen
[email protected]
Titel
Ludwig
Auflage
1.000 Exemplare
Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln nicht
unbedingt die Meinung der Redaktion oder des
Heraus­gebers wider.
Wir danken allen, die uns mit ihren Beiträgen und dem
Bildmaterial unterstützt haben, besonders unseren jungen Autoren. Wir danken den Inserenten, durch deren
Mithilfe unser Schulmagazin erst entstehen konnte.
1/2015 | www.havelhoehe.net
52 | Schulmagazin | Freie Waldorfschule Havelhöhe
Veranstaltungen in Havelhöhe
Freitag,
4. September 2015
Samstag,
5. September 2015
19.00 Uhr
10.00 Uhr
12.00 Uhr
Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Saal im Haus 28
Passt doch – Wie Schematherapeuten Paarprobleme verstehen und lösen (Dr. E. Roediger,
Arzt und Psychotherapeut)
Saal der Freien Waldorfschule Havelhöhe
FEIERLICHE EINSCHULUNG DER ERSTEN KLASSE
FEIERLICHE EINSCHULUNG DER BRÜCKENKLASSE
Samstag,
5. September 2015
Sonntag,
6. September 2015
je
10.00 –
18.00 Uhr
Familienforum Havelhöhe
Was Eltern und Kind brauchen um dem Familienalltag gelassen zu begegnen …Multimodales familienzentriertes Stressmanagement (K. Schreiber, Sozialpädagogin, Dr. C.
Meinecke, Kinderarzt)(Kompaktkurs, evtl. Kostenübernahme durch Krankenkasse)
Samstag,
3. Oktober 2015
10.00 –
13.00 Uhr
Familienforum Havelhöhe
Kinder – Küche – Kräuter Kochkurs für Kinder ab 8 Jahren (M. Vogt, Ernährungsberaterin)
Samstag,
10. Oktober 2015
10.00 Uhr
Saal der Freien Waldorfschule Havelhöhe
MONATSFEIER – Darbietungen aus dem Unterricht –
anschließend TAG DER OFFENEN TÜR
Freitag,
16. Oktober 2015
19 Uhr
Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Saal im Haus 28
Einfache Anwendungen mit großer Wirkung – Wickel und Auflagen in der
anthroposophischen Pflege (B. Wilde und D. Rapp, Krankenschwestern)
ab Montag,
2. November 2015
17.30 –
19.00 Uhr
Familienforum Havelhöhe
Progressive Muskelentspannung für Jugendliche – Wenn´s mit dem Chillen nicht klappt
(K. Schreiber, Sozialpädagogin)(Kurs an 8 Montagen, Kostenübernahme durch Krankenkasse)
Montag,
9. November 2015
19.30 –
21.30 Uhr
Familienforum Havelhöhe
Das prägt für´s Leben – Eltern als Gestalter einer gesunden Kindheit und Familie – Multimodales familienzentriertes Stressmanagement (K. Schreiber, Sozialpädagogin,
Dr. C. Meinecke, Kinderarzt)(Kurs an 6 Montagen, evtl. Kostenübernahme durch Krankenkasse)
Freitag,
13. November 2015
19 Uhr
Saal der Herzschule, Haus 24
Suizid – der Kampf um den Todesaugenblick (M. Oltmann, Priesterin der Christengemeinsch.)
Freitag,
20. November 2015
19 Uhr
Saal der Herzschule, Haus 24
Ayurvedische Medizin und anthroposophische Medizin – zwei ganzheitliche Behandlungsansätze begegnen sich im Gespräch (Dr. K. Naik und Dr. H. Matthes)
Samstag,
21. November 2015
13.00 –
18.00 Uhr
Freie Waldorfschule Havelhöhe
LICHTERMARKT – zu Beginn der dunklen Jahreszeit
vielfältige Aktivitäten für Kinder ab 4 Jahren – Kinderkaufhaus, Kerzenziehen, Sandbilder,
Lebkuchen verzieren, Zwergenreich – Verkauf von Selbstgemachtem, Kerzen, Trödel, Edelsteinen, Schmuck – russisches Café,
Freitag,
11. Dezember 2015
19.00 –
21.00 Uhr
Familienforum Havelhöhe
ADS und Hyperaktivität. Kann Pädagogik Ritalin ersetzen? Vom Umgang mit betroffenen
Kindern in der Erziehung (K. Schreiber, Sozialpädagogin, Dr. C. Meinecke, Kinderarzt)
Fr., 15. Jan. 2016
19.00 –
21.30 Uhr
9.00 –
17.30 Uhr
Eurythmiesaal der Freien Waldorfschule Havelhöhe
PÄDAGOGISCHES WOCHENENDE
eine Informationsveranstaltung der Freien Waldorfschule für die Eltern der kommenden
Brückenklasse, 1. Klasse, für Eltern neu aufgenommener Kinder und alle Interessierten. Vorträge – künstlerisch-praktische Arbeitsgruppen – Fragen und Gespräch
16.00 Uhr
10.00 Uhr
Saal der Freien Waldorfschule Havelhöhe
Präsentation der Jahresarbeiten der 8. Klasse
Sa., 16. Jan. 2016
Fr., 22. Januar 2016
Sa., 23. Januar 2016
Fr., 26., Sa., 27.,
So., 28. Februar 2016
Saal der Freien Waldorfschule Havelhöhe
KLASSENSPIEL DER 12. KLASSE
Samstag,
5. März 2016
10.00 Uhr
Saal der Freien Waldorfschule Havelhöhe
MONATSFEIER – Präsentationen aus dem Unterricht
Donnerstag,
17. März 2016
18.30 Uhr
Saal der Freien Waldorfschule Havelhöhe
SCHULKONZERT der Freien Waldorfschule Havelhöhe
Sommerferien: 16. Juli – 28. August 2015 | Herbstferien: 19. – 30. Oktober 2015 | Weihnachtsferien: 23. Dezember 2015 – 1. Januar
2016 | Winterferien: 1. – 5. Februar 2016 | Osterferien: 21. März – 1. April 2016 | unterrichtsfrei: 6. Mai 2016 | Pfingstferien: 17.– 18.
Mai 2016 | Sommerferien: 21. Juli – 2. September 2016
Alle aktuellen Termine finden Sie auch im Internet unter: Freie Waldorfschule Havelhöhe Familienforum Havelhöhe Gesundheitsforum Havelhöhe
www.havelhoehe.net
www.familienforum-havelhoehe.de
www.havelhoehe.de