Antriebstechnik ▲ Komponenten + Systeme 09/2004 Umfrage Dem Krach an den Kragen Diesen Beitrag können Sie sich im Internet unter www.konstruktion.de downloaden Wie Hydrauliker Pumpen leiser machen Nicht selten ist für den Maschinenbauer die Geräuschemission ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung für eine bestimmte Antriebstechnologie. Welche Entwikklungsaktivitäten derzeit Hydraulikunternehmen betreiben, skizziert eine aktuelle Umfrage von ke. von Franz Graf ▲ ▲ ▲ Die Geräuschminderung ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Kriterium im Wettbewerb geworden, da Anwender die kosten- und bauraumintensiven Sekundärmaßnahmen nicht mehr länger akzeptieren wollen. Die Hersteller von Hydropumpen und –motoren bemühen sich auch seit vielen Jahren um Verbesserungen. Zu bahnbrechenden Fortschritten haben die Entwicklungsaktivitäten allerdings nicht geführt. Dass den Hydraulikern das Thema Geräuchreduzierung auf den Nägeln brennt, dokumentiert schon alleine das kürzlich abgeschlossene Forschungsvorhaben „Geräuschreduzierung von Hydraulikpumpen durch aktive Verminderung der Volumenstrom- und Druckpulsation“. Jörg Weingart, der das Forschungsprojekt am Institut für Fluidtechnik 30 der TU Dresden betreut hat, kommt in seinem Abschlussbericht zu folgendem Ergebnis: „Für eine serienmäßige Axialkolbenpumpe wurden mittels der dynamischen Simulation verschiedene aktive Maßnahmen zur Minderung der Volumenstrom- und Druckpulsation untersucht. Der Einsatz eines Piezo-Aktors direkt im Umsteuerbereich der Pumpe ergab eine Pulsationsminderung um ein Drittel gegenüber einer Serienpumpe.“ Weingart kommt zu der abschließenden Erkenntnis, dass mit dieser Strategie die Pulsation bis auf die kinematisch bedingte enorm reduziert werden könne. Martin Heusser, Leiter Entwicklung und Konstruktion bei HAWE Hydraulik: „Bei der Entwicklung neuer Hydropumpen stehen in unserem Pflichtenheft neben Wirkungsgrad und Leistung immer auch Geräuschreduzierung.“ Dringlichkeit, die Geräusche der Hydraulikpumpen zu reduzieren, nach wie vor groß.“ Wesentlich akuter sieht Starzer das Thema jedoch für kleinere und mittlere Maschinen: „Losgelöst von der Maschinengröße ist der Aufwand für Sekundärmaßnahmen immer gleich. Deshalb wirken sich diese Maßnahmen bei kleinen und mittleren Maschinen hinsichtlich der Kosten wesentlich stärker Vollelektrische Spritzgießmaschinen setzen hydraulisch angetriebene Maschinen unter Druck Die Forderung nach Geräuschreduzierung kommt sowohl von Herstellern mobiler wie stationärer Maschinen. Wo Kunststoff-Spritzgießmaschinenhersteller der Schuh drückt, hat ke von Franz Starzer erfahren. Der bei der österreichischen Firma Engel für Großmaschinen zuständige Bereichsleiter Technical Engineering offenbart: „Wir ergreifen Sekundärmaßnahmen zur Geräuschreduzierung und die Kosten viel Geld. So gesehen ist die aus. Kommt hinzu: Die vollelektrischen Spritzgießmaschinen spielen bezüglich des Geräuschpegels in einer ganz anderen Liga. Von daher geraten die hydraulisch angetriebenen Maschinen immer stärker unter Druck.“ Vor diesem Hintergrund wollte ke von Hydraulikern wissen: „Was unternimmt ihr Unternehmen derzeit in der Komponenten-Entwicklung, um Anwender zufrieden zu stellen?“ 09/2004 Komponenten + Systeme „Wir setzen uns auch mit dem Gesamtsystem auseinander.“ Martin Rauwolf, Leiter Technik Hydraulik bei Hoerbiger Antriebstechnik „Wir packen das „Die PVplus hat zwischen 3 und 8 dBA Thema Geräusch an mehreren Quellen an.“ gebracht.“ Dr.-Ing. Franz Weingarten, Koordinator bei Parker Hannifin Linde packt mit der Baureihe 02, die Hydrostaten der Nenngrößen 55 bis 210 cm3 umfasst, das Thema Geräuschentwicklung gleich an mehreren Quellen an. Durch den Schwenkwinkel von 21 Grad sind die Pumpen und Motoren äußerst kompakt und bilden somit einen vergleichsweise kleinen Resonanzkörper für den aus den Druckpulsationen resultierenden Schall. Rainer Klein ergänzt: „Verstärkt wird dieser positive Effekt durch abgeschrägte Kanten und eine hydrostatische Lagerung des Triebwerks. Diese konstruktiven Merkmale zur Geräuschminderung weisen alle Hydrostaten der Baureihe 02 auf.“ Reduzierung um bis zu 70 Prozent Im offenen Kreislauf, wo die Geräuschentwicklung erfahrungsgemäß stärker ist, hat Linde darüber hinaus weitere konstruktive Maßnahmen zur Reduzierung von Geräuschen unmittelbar an der Hauptquelle, der Regelpumpe, ergriffen: Durch einen sich selbst anpassenden Umsteuervorgang und ein Zusatzvolumen am Triebwerk, die so genannte SPU (Speicherumsteuerung), werden die Volumenstrom- und Druckpulsationen deutlich gesenkt und das ohne Wirkungsgradverlust über den gesamten Betriebsbereich hinweg. „In der Maschine, abhängig vom System und der Anordnung der mechanischen Bauteile, bedeutet dies letztlich eine Geräuschreduzierung um bis zu 70 Prozent. Durch die SPU kann sich der Maschinenhersteller aufwändige nachträgliche Maßnahmen zur Geräuschdämmung ersparen“, fasst Klein zusammen. Besondere Aufmerksamkeit schenke das Unternehmen auch seit jeher der Umsteue- 32 Rainer Klein, Leiter Marketing Antriebstechnik bei Linde rung selbst, sagt der Linde-Mann. Durch die permanente Optimierung der betroffenen Bauteile und die anschließende Absicherung in den Entwicklungsprüfständen werde ein wichtiger Beitrag im Hinblick auf Geräuschreduzierung und Wirkungsgradverbesserung geleistet. Schallabstrahlung des Gesamtsystems Martin Rauwolf, bei Hoerbiger Leiter Technik und Vertrieb Hydraulik, beantwortete die Frage von ke so: „Unser Ansatz beschränkt sich nicht nur auf die Optimierung der Pumpe als Schwingungsquelle. Intensiv setzen wir uns auch mit der Unterdrückung der Schallabstrahlung unserer Gesamtsysteme auseinander. So haben wir zum Beispiel in unserem neuen Pumpen-Leistungs-Modul PLM den konventionellen dünnwandigen und zudem symmetrisch aufgebauten Aluminium-Pum- penträger durch den entsprechend funktionell geformten Steuerblock ersetzt. Das Ergebnis sind bis zu 6 dB(A) geringere Schalldruckpegel des Gesamtsystems.“ Rauwolf zufolge erfülle das PLM die gesteigerten Erwartungen der Kunden beispielsweise in CNC-gesteuerten Abkantpressen. Für hohe Ansprüche in Bezug auf geräuscharme Hydraulikölversorgung bei Werkzeugmaschinen bietet HAWE Hydraulik eine besonders leise Version seines Kompaktpumpen-Aggregates Typ HK an. Martin Heusser, Leiter Konstruktion und Entwikklung, hebt hervor: „Durch den Einbau einer spaltkompensierten Innenzahnradpumpe konnten die periodischen Geräusche, die durch Volumenstrom- und Druckpulsation erzeugt werden, deutlich gesenkt werden.“ Nach ersten Probeläufen in einer Honmaschine zeigte sich ein weiterer Vorteil. Zusätzlich zur Geräuschminderung ist bei diesem Pumpentyp die Schwingungsanregung von Rohrleitungen und anderen Maschinenteilen durch die niedrige Förderstrompulsation sehr gering. Das mündet in eine deutlich geringere Vibration der Anlage im Betrieb mit einem sichtbaren Einfluss auf die Oberflächenqualität der zu bearbeitenden Werkstücke. Zweites Element im HAWE-Produktprogramm das in Hinblick auf eine Verminderung der Geräuschemission bei gleichzeitiger Erhöhung der Leistung konstruiert wurde, ist die neue Axialkolben-Verstellpumpe Typ V30E für offene Kreisläufe. Heusser zu den konstruktiven Details: „Es wurde eine Drukkammer im Pumpengehäuse integriert, die beim Umsteuervorgang von Niederdruck zu Hochdruck einen Ausgleich der normalen si- Welche Institute sich mit der Geräuschreduzierung beschäftigen In enger Zusammenarbeit mit der Industrie finden auch an den in der Fluidtechnik tätigen Instituten rege Forschungstätigkeiten auf dem Gebiet der Geräuschreduzierung statt. Seit vielen Jahren schon beschäftigt sich Prof. Siegfried Helduser am Institut für Fluidtechnik der TU Dresden im Rahmen eines Forschungsprojektes mit dem Thema Geräuschminimierung von Hydraulikpumpen. Auch wenn an der TU Hamburg-Harburg derzeit keine Untersuchungen stattfinden, so sind in Kürze von Prof. Dirk G.Feldmann doch welche geplant. Man könne auf umfangreiches Know-how bei der Berechnung von Schallfeldern zurückgreifen, so der Wissenschaftler. Intensiv mit dem Thema Geräusch und Pulsation befasst sich das IFAS der RWTH Aachen unter der Leitung von Prof. Hubertus Murrenhoff. Die Gruppe Pumpen- und Mo- torentechnik geht dem Thema unter anderem durch Luftschallmessungen und Modalanalyse auf den Grund. Am Institut für Landmaschinen und Fluidtechnik der TU Braunschweig finden derzeit bezogen auf Pumpen und Motoren keine Untersuchungen statt und es sind in nächster Zeit auch keine geplant. Dennoch weist Prof. Hans H. Harms auf folgendes Projekt hin: „Wir haben in einem Antrag bei der DFG als einen kleinen Unterpunkt vor, die Auswirkungen einer Drehzahlreduzierung bei Baggern durch eine intelligente Steuerung von Hydropumpen und Dieselmotoren bezüglich des Geräuschverhaltens der Gesamtmaschine zu untersuchen. Wir rechnen hier durchaus mit einer Geräuschreduzierung. Der Antrag ist bereits gestellt und befindet sich im Genehmigungsverfahren.“ Antriebstechnik 09/2004 Den nächsten Schritt hat Parker im übrigen schon getan: In diesem Jahr wird mit der PVMplus eine neue Mitteldruckpumpe auf den Markt kommen, die auf den Erfahrungen mit der PVplus aufbaut und einen weiteren Schritt in Richtung leise Hydraulik ermöglichen soll. Geräuschreduzierte Linde-Regelpumpe HPR 210 mit Speicherumsteuerung. Damit wird die Geräuschentwicklung direkt an der Quelle bekämpft. ▲ ▲ ▲ nusförmigen Pulsation in der Druckleitung bewirkt. Weitere Maßnahmen zur Schwingungsvermeidung in der Saugleitung verringern auch hier die Pulsation. Dadurch wird der von Druckwechsel und Druckpulsation ausgehende Flüssigkeits- und Körperschall und damit die Geräusche des Gesamtsystems stark vermindert.“ Parker Hannifin hat nach Angaben von Dr.Ing. Franz Weingarten das Thema Geräuschreduzierung bereits 1998 aufgegriffen. Die damals gefertigte Axialkolbenpumpen-Baureihe PV wurde einer kompletten Überarbeitung unterzogen, die mehr als nur ein Face Lifting war. Komponenten + Systeme Gehäuse völlig neu konstruiert Der technische Koordinator des Geschäftsbereichs Pumpen und Motoren der Hydraulic Controls Division, Kaarst, zu den Veränderungen: „Das Gehäuse wurde nach akustischen Gesichtspunkten völlig neu konstruiert und das hat die Pumpe nicht nur leiser gemacht, sondern ihr gleichzeitig einen neuen und viel besseren Sound gegeben. Die neue PVplus, die seit 1999 in Serienproduktion ist, wird deswegen auch allgemein gelobt.“ Daneben hat sich Parker aber auch in Zusammenarbeit mit dem IFAS der RWTH Aachen intensiv um das sekundäre Pumpengeräusch gekümmert. Dieses wir im Wesentlichen von der Verdrängerpumpen eigenen Volumenstrompulsation auf die angeschlossene Maschine oder Anlage übertragen. Dr. Weingarten: „Die PVplus ist mit einer Vorkompressionskammer ausgestattet, die diese Volumenstrompulsation um 50 bis 60 Prozent reduziert. Dadurch ist nicht nur die Pumpe leiser, sondern die gesamte Maschine strahlt deutlich weniger Schall ab. Die 5-jährigen Erfahrungen mit dieser Pumpe haben Geräuschminderungen zwischen 3 und 8 dBA im praktischen Einsatz gezeigt.“ Webguide www.linde-hydraulics.com Linde Material Handling www.hoerbiger-automatisierungstechnik.com Hoerbiger Automatisierungstechnik www.hawe.de HAWE Hydraulik www.parker.com Parker Hannifin Direkter Zugriff unter www.konstruktion.de ke2573 Code eintragen und go drücken 33
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