Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 DieMachtderMarke:ZwischenKonsumentundProsument SusannaRasch DervorliegendeFachartikel„DieMachtderMarke:ZwischenKonsumentundProsument“untersucht dieTreiber,AusprägungenundAuswirkungenderEmanzipationdeseinstpassivenKonsumentenzu einemaktivenProsumentenundidentifiziertmöglicheStrategienfürdieNeuausrichtungvonMarkenkommunikation.Erintegrierthierfürdenkommunikationswissenschaftlich-akademischenDiskurs unterRückbezugaufsoziologischeTheorienmitneunleitfadengestütztenExperteninterviews.Die ErgebnissebestätigensowohldenvermutetenZusammenhangzwischenkommunikationstechnologischenEntwicklungenundderEmanzipationderKonsumentenalsauchdieTransformationdesmonologischdyadischenKommunikationsprozesseszwischenMarkeundKonsumentzueinerdialogisch undtriadischenInteraktion.WeiterhinwirddieVorstellungeinerMachtverschiebungzuGunstendes ProsumentenaufBasisdesBegriffsderKommunikationsmachtvonReichertzwiderlegt,sodassder bisherigeDissensinderLiteraturgelöstwerdenkann.LetztlichidentifiziertdieserBeitragfünfmöglicheStrategieneinerNeuausrichtungderMarkenkommunikation,namentlichContent,Channel, Cooperation,CommunityundContext. Einleitung „Foralongtime,peoplebelievedthatthesunrevolvedaroundtheearthbecauseitwasthe sunthatroseandseteveryday.Aparadigmshiftoccurredwiththerealizationthattheearth revolvedaroundthesun.Somethingsimilarisunderwayinoursocial,business,andcivicsystems.Individualswereseenasrevolvingaroundfirmsandinstitutions.Wewerepocketsof demand,risingandsettingaroundsupply.Thisisnolongertrue.Individuals,notinstitutions, arenowatthecenterofvaluecreation.“(Ramaswamy&Ozcan,2014,S.XV) DieMedienlandschaftundihreAkteureunterliegen,wieindemZitatvonRamaswamyundOzcan (2014)verdeutlicht,einemgrundlegendenWandlungsprozess,welcherzunehmendineinemParadigmenwechselgipfelt.SoerreichtdieMediennutzunginDeutschlandimJahr2014wohleinenneuenHöchststandmit621Minutentäglich(ARDZDFOnlinestudie,2014),allerdingshatsiesichaufgrundderDigitalisierungundandererkommunikationstechnologischerEntwicklungenstarkindividualisiert(Gaiser,2011,S.15).KonsumentenvernetzensichmitHilfedesInternetsundsozialerNetzwerkeverstärktmiteinanderundtragensozueinergrößerenVerfügbarkeitundschnellerenVerbreitungvonInformationenbei(Michelis,2014,S.1).ZudemweichtdiedigitaleBereitstellungvonInformationenundInhaltendiebestehendeVerbindungzwischenInhaltundMediumvollendsaufund ermöglichteinenselbstbestimmtenundMedium-übergreifendenKonsumvonInformationenund Inhalten.InderKonsequenzistdieehemalsunumstößlicheLinearitätderMedienlandschafteiner zeitlichen,räumlichenundinhaltlichenFlexibilisierungvonInhaltengewichen(Dänzler,2014,S.19). EbensobietenRückkopplungsmechanismendigitalerMedienKonsumentengrößereInteraktions86 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 möglichkeitenmitUnternehmenundInstitutionenundbegünstigensoeinePartizipationskultur (Heun,2014a,S.33;Schmid,2014,S.68;Michelis,2014,S.1).BefähigtdurchdieDemokratisierung undIndividualisierungvonInformationundInhaltenerhebtsichderKonsumentschließlichzueinem selbstbestimmtenundgleichberechtigtenProsumenten,derUnternehmenundInstitutionenauf AugenhöhebegegnetundseineErwartungenundPräferenzenselbstsichervertritt(Michelis2014,S. 1;Heun,2014a,S.41). DenAuswirkungendiesesParadigmenwechselsinGesellschaftundMedienlandschaftsehensich auchMarkeninihrerKommunikationmitdenKonsumentenvermehrtgegenüber.Sofordertder einstpassiveKonsumenteinestärkereInteraktionmitderMarkeundeinMitspracherechtbeiihn betreffendenEntscheidungen(Henning-Thurau,VordemEsche&Bloching,2012,S.9).Weiterhin müssenMarkeneinezunehmendeAnzahlanKontaktpunktenmitdemKonsumentenorchestrieren, wasineinersinkendenEffizienzundEffektivitätihrerKommunikationsbudgetsresultiert.DieaufgezeigtenEntwicklungenstellendieMarkenmitihremunidirektionalenundstarkformalisiertenMarkenkommunikationsansatzvorgroßeHerausforderungen,dasienurlangsamundstarraufdiezunehmendeKomplexitätundSchnelligkeitihrerUmweltreagierenkönnen(Dänzler,2014,S.18).Der aufgezeigteParadigmenwechselmitseinenmöglichenTreibernundAuswirkungeninitiiertsowohlin derWissenschaftalsauchunterMarkenverantwortlichenumfassendeDiskussionen.DieErgebnisse diesersollenimvorliegendenBeitragkonsolidiertundintegriertwerden,mitdemZiel,einbesseres VerständnishinsichtlichderWandlungsprozessesowieeinermöglichenNeuausrichtungvonMarkenkommunikationzuschaffen.DerBeitraguntersuchthierbeiexplizitdieForschungsfrage„InwiefernführendiekommunikationstechnologischenEntwicklungenzueinerEmanzipationderKonsumentenundwelcheAuswirkungenhatdieseaufdaskommunikativeBeziehungsgeflechtzwischen MarkeundProsumentsowiedieGestaltungvonMarkenkommunikation?“. Paradigmenwechsel:VonKonsumentzuProsument Diegroßen,engmiteinanderverknüpften,technologischenEntwicklungen,namentlichDigitalisierung(Dänzler,2014,S.19),InternetundmedialeVernetzung(Gläser,2014,S.273),mobileEndgeräte(Disterer&Kleiner,2014,S.1)undMedienkonvergenz(Koschnik,2010,S.2),sindderAusgangspunktderVervielfachungundAusdifferenzierungbestehenderInformations-undKommunikationstechnologienundsomitdieTreiberfürdieVeränderungeninderMedienlandschaft.Soführenneue digitaleMedienangebote,ÜbertragungswegeundvernetzteEndgerätezueinerseitsstrukturellen VeränderungenderMedienlandschaft.AndererseitslegendieEmpfänger,befähigtdurchdieaufgezeigtenEntwicklungen,einverändertesMediennutzungsverhaltenandenTag(Gläser,2014,S.273). SosindKonsumentenzunehmendinderLage,zubestimmen,„welcheInhaltesiewann,woundüber welchesEndgerätnutzen“(Heun,2014a,S.41)undverfügensomit,entgegendesLinearitätsan- 87 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 spruchsklassischerMedien,überdenzeitlichen,örtlichenundinhaltlichenRahmenderMedienre- zeption(Heun,2014a,S.41).ZubeobachtenistfolglicheinWechselvonderklassischenPushKommunikationhinzurPull-Kommunikation(Bruhn,2009,S.10).Diesführtzueinemgrundlegenden ParadigmenwechselimVerständnisvonKonsumenten.WährenddiesereinstalspassiverEmpfänger galt,entwickeltersichheutemiteinemneuenSelbstverständniszueinem„vernetztenundvielseitig aktivenAkteur,derseinenindividuellenInteressennachgeht“(Michelis,2014,S.51),einemsogenanntenProsumenten(Tropp,2014,S.452). DerBegriffProsumentstammtausdemEnglischenProsumerundwirdausdenBegriffenProducer, zuDeutschProduzent,undConsumer,zuDeutschKonsument,zusammengesetzt.InRückbezugauf dasVerständnisvondemFuturologenTofflerausdemJahr1980,erfasstdieZusammensetzungder BegrifflichkeitendenSachverhalttreffend.SoverstehtTofflerunterdemBegriffProsumentden„zunehmendenEinflussderKonsumentenimProduktionsprozessvonGütern“(Tropp,2014,S.452), welcherzuKonsumentenwünschenentsprechendenindividualisiertenProduktenführt.Aufgrundder großenRelevanzfürdieGestaltungvonMarkenkommunikationistesnotwendig,denProsumenten undseineVerhaltensweisennäherzubeleuchten. AlsersteswesentlichesCharakteristikumstrebtderProsumentdefinitionsgemäßnachPartizipation. Sokanndieser,befähigtdurchdiekommunikationstechnologischenEntwicklungen,inunterschiedlichstarkerAusprägungpartizipierenundimplizitseine„InteressenundVorlieben“(Bendel,o.J.) offenlegenoderexplizitbeiderErstellunginnovativerProdukte,DesignssowieneuenGeschäftsmodellenmitwirken(Michelis,2014,S.6).DieProsumentenwerdenfolglichzu„Mit-Gestalter[n]der KultureinerMarke“(Heun,2014a,S.42)undentwickelneineselbstbewussteErwartungshaltung gegenüberdieser.EinhergehendmitdenkommunikationstechnologischenEntwicklungenistdie medialeSelbstdarstellungeinweitereszentralesCharakteristikumderProsumenten.SostrebendieseinsbesondereaufSocial-Media-Plattformennachder„verbal[en]undbildlich[en]“(Tropp,2014,S. 202)DarstellungihresSelbstundschaffensichfolglich„persönlicheÖffentlichkeiten“(Schmidt,2013, S.26),indenensieihreIdentitätineinemNetzwerkaussozialenKontakten,wieFreunden,Kollegen oderBekannteninszenieren(Schmidt,2013,S.26). NebenderPartizipationundmedialenSelbstdarstellungsinddieIndividualisierungunddieMultioptionalitätalsihrzentralerTreiberebensorelevanteCharakteristikaderProsumenten.InAnlehnung anBeck/Beck-Gernsheim(1994)beschreibtdieIndividualisierungdengesellschaftlichenProzessder „AuflösungvorgegebenersozialerLebensformen“(Beck&Beck-Gernsheim,1994,S.11),welcherdie Individuenzwingt,ihreeigeneBiografieunterEinbezugständigerVeränderungenundAbstimmungenzusammenzustellen,zugestaltenundzuinszenieren(Beck&Beck-Gernsheim,1994,S.14).AngetriebenwirddieIndividualisierungdurchdieErhöhungundAusdifferenzierungderWahlmöglich88 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 keiten,derMultioptionalität,welchesichimVerhaltenderProsumentenwiderspiegelt(Tropp,2014, S.204).DerProsumentistsomitdasErgebnisderWahlseinerMöglichkeitenundwirdnach Beck/Beck-Gernsheimzumhomooptionis(Beck&Beck-Gernsheim,1994,S.16). AlsletztesCharakteristikumlässtsichdasStrebennachsozialerVernetzungderProsumentenidentifizieren.SostrebenProsumentennichtausschließlichnachIndividualisierung,siewollendiesein Formeiner„VerbundenheitmitGleichgesinnten“(Baumann,2014,S.308)auslebenundsichinentsprechendensozialenGruppen,sogenanntenCommunities,vernetzen(Baumann,2014,S.308).Ziel diesersozialenInteraktionisteineGemeinschaftlichkeit,diesichauseinem„gemeinsamenZiel,geteilterIdentität,gemeinsamemBesitzodergemeinsamenInteressen“(Algesheimer,2004,S.48) speist.DerfranzösischeSoziologeBourdieu(1987)führtdiesesStrebennachGemeinschaftlichkeit derProsumentenaufdieÄhnlichkeitenihrer„Wahrnehmungs-undBeurteilungsschematazumErkennen,InterpretierenundBewerten“(Bourdieu,2014,S.279)zurück,welchesichineinemNetz sozialerBeziehungenderAkteureherausbilden(Rommerskirchen,2014,S.223).DiesegeteiltenVerhaltensformen,welcheaufdaspersönlicheKapitaldesjeweiligenAkteurszurückzuführensind,initiierenden„AufbaueinergemeinsamensinnhaftenWelt,einerWeltdessensuscommunis“(Bourdieu, 2014,S.730),innerhalbderersichdieProsumentenmitgleichwertigen„Biografien,Empfindungen undLebensvorstellungenandererMenschen“(Rommerskirchen,2014,S.227)verbindenkönnen. DerdigitaleProsumentvereintfolglichdieindividualistischeSichtweisevonBeck/Beck-Gernsheim mitderkollektivistischenSichtweiseBourdieus. ModifiziertesKommunikationsmodell EinhergehendmitdenkommunikationstechnologischenEntwicklungenderMedienundderaufgezeigtenEmanzipationderKonsumentenhatsichdasklassische(Massen-)Kommunikationsmodellin AnlehnunganLasswell(1948)maßgeblichverändert.SohatsichderklassischedyadischeKommunikationsprozesszwischenMarkeundKonsumentaufBasiseinesunidirektionalenTop-Down-Prinzips derMarkenkommunikationstarkmodifiziert(Wippermann,2013,S.184).DieAusdifferenzierung manifestiertsich,wieinAbbildung1illustriert,inFormvondreikommunikativenBeziehungsgeflechten,namentlichMarke–Prosument,Prosument-MarkeundProsument–Prosument,welcheimFolgendenerläutertwerdensollen. 89 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 Abbildung1:ModifiziertesKommunikationsmodell(Muniz&O’Guinn,2001,S.427;Heun,2014b,S.229; Prahalad&Ramaswamy,2004,S.11) DasklassischekommunikativeBeziehungsgeflechtzwischenMarkeundKonsumenthatsichvornehmlichhinsichtlichdesKanalsunddesEmpfängersverändertundwirdimvorliegendenKontextals BeziehungsgeflechtMarke-Prosumentverstanden.SokommuniziertdieMarke(Wer)ihrMarkennutzenversprechen(Was)überOff-undzusätzlichOnline-Medien(Kanal)andieProsumenten(Wer)und bewirktaufSeitendiesereinepotentielleKaufabsicht(Wirkung),dievordemHintergrunddererhöhtenTransparenzdurchdasInternetkritischhinterfragtwerdenkann.SowirddieeinstigeStimulusResponse-LogikdurcheineninformationstechnologischhochgerüstetenProsumentenentkräftet. DiefrüherexistierendenInformationsasymmetrienzwischenMarkeundpassivem,beeinflussbaren Konsumentenwerdenschließlichdurcheinenemanzipierten,nahezuvollständiginformiertenProsumentenüberwunden(Prahalad&Ramaswamy,2004,S.11). EinhergehendmitdenEntwicklungenderMedienkannderProsument,alsehemaligerEmpfänger vonBotschaften,ebensoalsSendereinerBotschaftfungieren(Michelis,2014,S.228).Sowirdes demProsumenten(Wer)ermöglicht,seineErwartungen(Was)überOnline-MedienandieMarke (Wem)zukommunizieren.AufSeitenderMarkebewirktdieseineKommunikationundKooperation (Wirkung)mitdenProsumenten,welcheinZeitenklassischerOffline-Mediennichtgegebenwar (Tropp,2014,S.455).DieeinstigemonologischeOne-Way-KommunikationderMarkenkommunikationwirdfolglichdurcheinenzweiseitigenDialogzwischenProsumentundMarkeersetzt(Michelis, 2014,S.228). 90 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 NebendemkommunikativenAustauschzwischenMarkeundProsumentermöglichendiekommunikationstechnologischenEntwicklungenderMedienebensodenKommunikationsprozessunterProsumenten.SokannderProsument(Wer)seineErfahrungenmitderMarke(Was)überOnlineMedien(Kanal)angleichgesinnteProsumenten(Wem)kommunizieren.InderFolgebewirktdiesauf SeitenderEmpfängerprimäreineBewertung(Wirkung)derMarke,sowiebeiübereinstimmender BewertungeinGemeinschaftsgefühl(Wirkung).DieMarketrittbeidiesemaufgezeigtenKommunikationsprozessindenHintergrundundfungiertausschließlichalsAnlassbeziehungsweiseObjektsozialerAustauschprozesseinFormvonBrandCommunities(VonLowenfeld,2006,S.126). ImResultatentwickeltsichdereinstigeKommunikationsprozesszwischenMarkeundKonsumentzu einerKommunikations-TriadeausMarkeundProsumentenimRahmenwelcherdieMarkedeutlich wenigerEinflussaufdieKommunikationnehmenkann(Muniz&O’Guinn,2001,S.427).Soobliegtes nichtmehrausschließlichderMarkenkommunikationMarken-bezogeneBotschaftenzuversenden, ebensokönnenProsumentenihreErwartungenhinsichtlichderMarkenkommunizierenundsichim RahmenvonBrandCommunitiesmitGleichgesinntenaustauschen(Heun,2014b,S.2).DerKommunikationsprozesszwischenMarkeundselbstbestimmtemProsumentresultiertfolglichineinem „mehrdimensionalenProzess[...],beide[m]dieRollenhäufigwechselnkönnen“(Michelis,2014,S. 230). MachtimSpannungsfeldMarkeundProsument VordemHintergrundaufgezeigterWandlungsprozessewerdenimkommunikationswissenschaftlichenDiskurszunehmendStimmenlaut,dieeineMachtverschiebunginRichtungderKonsumenten aufzeigen(Wippermann,2013,S.184;Heun,2014a,S.33;Spies,2014,S.134;VonLepel,2014,S.279; Tropp,2014,S.200;Schmid,2014,S.87).DieseBeobachtungfußteinerseitsaufderzunehmenden TransparenzhinsichtlichverfügbarerKonsumalternativen,imRahmenderersichdieProsumenten „bewusstfürodergegeneinProdukt[...]entscheiden“(Spies,2014,S.134).Andererseitsnehmen dieProsumentenebensoimKommunikationsprozessmitderMarkeunduntereinandereineaktivere Rolleein(VonLepel,2014,S.279).DiebeobachteteMachtverschiebungsollimFolgendenunter RückgriffaufsoziologischeundkommunikationswissenschaftlicheAnsätzevonWeber(1922)und Reichertz(2009)hinterfragtwerden. ImklassischenVerständnisnachWeber(1980)wirdMachtals„Chance,innerhalbeinersozialenBeziehungdeneigenenWillenauchgegenWiderstrebendurchzusetzen,gleichvielworaufdieChance beruht“(Weber,2005,S.38)verstanden.WiedieDefinitionverdeutlicht,deklariertWeberMachtals DurchsetzungundImplementierungvonInteressen,welcheentsprechendeFolgenfüranderenach sichziehen(Weber,2005,S.38).DasFehlenjeglicherDurchsetzungsmachtinderMarkenkommunikationunddieTatsache,dasssievondenProsumentenals„Beeinflussungsversuch[…]erkanntund 91 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 kontrolliertwerden[kann]“(Kloss,2012,S.6),impliziert,dassdieMachtimBeziehungsgeflechtMarke-ProsumentnichtaufSeitenderMarke,sondernallenfallsaufSeitenderProsumentenzuverorten ist.DerMachtbegriffWebersermöglichtfolglichnichtdieexpliziteAnalyseobengenannterMachtverschiebung,daerdieMachtausübungalsnichtwiderstrebbareDurchsetzungversteht. UmdiebeschriebeneMachtverschiebungjedochgenauerbetrachtenzukönnen,sollimFolgenden einVerständnisvonMachtwelches„ohneBefehl,DrohungundBestechung“(Reichertz,2009,S.242) auskommt,herangezogenwerden.AlsrelevanterAnsatzerweistsichdievonReichertz(2009)formulierteKommunikationsmacht.DieseArtderMachterwächstausderBeziehungzweierAkteureund derenBedeutungfürden„AufbauunddenErhaltvonIdentität“(Reichertz,2009,S.243).Basierend aufderAnnahme,dassIdentitätdasResultatgesellschaftlicherKommunikationsprozesseistund somitständigeiner„kommunikative[n]ErneuerungdurchAnerkennung,BestätigungundAustausch“ (Reichertz,2009,S.242)bedarf,hatderjenigedieKommunikations-bzw.Beziehungsmacht,derbereitundfähigist,Identitätenumzustoßenundneuaufzubauen.BeziehungsbasierteMachtistsomit, andersalsdieDurchsetzungsmachtWebers,interaktionalundsituativ(Reichertz,2009,S.244). DastheoretischeFundamentdesbeziehungsbasiertenMachtbegriffsistdie„deontischeBeziehung“ (Reichertz,2009,S.247),dieReichertzinRückbezugaufArbeitendesamerikanischenSprachphilosophenBrandom(2000),alsAusgangspunktfürdieEntstehungvonKommunikationsmachtformuliert. DanachergibtsichdieBedeutungvonBegriffennichtaus„normativenodermetasprachlichenRegelstrukturen“(Rommerskirchen,2014,S.282),sondernausderRelationzuanderenBegrifflichkeiten. DerGehalteinerBedeutungbasiertsomitaufderFestlegungdesSprechers,dem„vomSprecher Geglaubte[n]“(Rommerskirchen,2014,S.283)undwirdaufBasisderindividuellennormativenEinstellungenundHandlungen,demsogenanntennormativenStatus,begründet.EineKongruenzder normativenStatuszweierAkteurekonstituiertnachBrandomeinendeontischenStatus,eineGemeinschaftlichkeit,welchefolglichnichtdurcheineneinzelnenAkteur,wohlaberdurchdiesoziale InteraktionbeiderAkteure,herbeigeführtwerdenkann(Rommerskirchen,2014,S.283). ImKontextderKommunikationsmachtführteinsolcherdeontischerStatusnachReichertzzuder Schaffungeines„RaumsguterGründe,denalleBeteiligtenfürsinnvollhaltenundindemsiesich deshalb(freiwillig)verpflichtetfühlen[…]“(Reichertz,2009,S.247).EindeontischerStatusunddie ExistenzeinesRaumsguterGründesindfolglichnotwendigeVoraussetzungenfürdieEntfaltungvon Kommunikationsmacht,danurineinemsolchenRaumdaskommunikativeHandelndesGegenübers, aufgrundderKongruenzdernormativenStatus,nichthinterfragtwird.Kommunikationsmachthat somitderjenige,dersichguterGründe,alsosolcherGründe,denensichalleAkteureverpflichtet fühlen,bedient(Reichertz,2009,S.247). 92 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 DieVorstellung,dasseinzigdieKongruenznormativerStatusQuellevonKommunikationsmachtist, wirdvordemHintergrund„vielerRäumedergutenGründeaufdieserWelt“(Reichertz,2009,S.248) vonReichertzkritischbeurteilt.SogeltenzunehmendVerlässlichkeitundKonsistenzinKommunikationundHandlungalsultimativeQuellevonKommunikationsmacht,dasiealssolchefürjedenAkteurverständlichundüberprüfbarsind.DieBedeutungvonVerlässlichkeitnimmtvordemHintergrundeinerzunehmendenTheatralisierungvonKommunikation,d.h.eineröffentlichenAufführung kommunikativenHandelnsvordersozialenGruppe,weiterhinzu.DennsolässtsichinZeitengrößter TransparenzdieUmsetzungkommunizierterVersprechenvonjedemüberprüfen.InderKonsequenz kannnurderAkteurandereAkteurezuAnschlusshandlungenmotivierenundhatsomitKommunikationsmacht,welcherVerantwortungfürdaseigenekommunikativeHandelnübernimmtunddieses glaubwürdigumsetzt(Reichertz,2009,S.248). DiesertheoretischenArgumentationfolgendherrschtzwischenMarkeundProsumenten,andersals inderwissenschaftlichenLiteraturpostuliert,einMachtgleichgewicht.Allerdingskannbeigenauerer BetrachtungdeskommunikativenBeziehungsgeflechtszwischenMarkeundProsumentargumentiert werden,dassinZeitenvordenobenbeschriebenenkommunikationstechnologischenEntwicklungen derKonsumentdieihmzurVerfügungstehendeMachtnursehrbegrenztbeanspruchtundgenutzt hat.SowarendienormativenStatusvonKonsumentenfrüherwesentlichhomogenerundleichter durchMarktforschungenderMarkenfestzustellen(Munziger&Musiol,2008,S.197).InderKonsequenzwaresdenMarkenmöglich,ihrekommuniziertendoxastischenFestlegungenandennormativenStatusderKonsumentenauszurichtenundsoeinendeontischenStatusherbeizuführen.InZeiten starkerInformationsasymmetrienkonntediesvonSeitenderKonsumentennichthinterfragtwerden (Tropp,2014,S.200). MitdemAufkommenderkommunikationstechnologischenEntwicklungenhatsichdiezuvorbeschriebeneGemengelageimBeziehungsgeflechtzwischenMarkeundProsumentverändert.SoweisendienormativenStatusderProsumenten,begünstigtdurchdieIndividualisierung,MultioptionalitätundmedialeSelbstdarstellung,einehöhereHeterogenitätsowieInstabilitätauf(Munziger&Musiol,2008,S.197;BeckundBeck-Gernsheim,1994,S.11;Tropp,2014,S.202).Ebensoreduzierendie stärkereVernetzungderProsumentenuntereinander,dasaktivereSelbstverständnisdiesersowie dieglobaleVerfügbarkeitvonInformationendiezuvorexistierendenInformationsasymmetrien (Tropp,2014,S.200).InderKonsequenzistesderMarkezunehmendunmöglich,dennormativen StatusderProsumentenmitHilfeklassischerMarktforschunginErfahrungzubringenunddiesen aufgrundvonInformationsasymmetrienzuinstrumentalisieren.Konsequenzist,dassderKonsument dieihmperDefinitionzustehendeMachtzunehmendinAnspruchnimmt. 93 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 Insgesamtzeigtsich,dassesnachkommunikationswissenschaftlichem,nichtjedochnachklassischemMachtverständnis,eineVeränderungderMachtverhältnisseimSpannungsfeldzwischenMarkeundProsumentgibt.SowirddasehemalsdurchInformationsasymmetrienunddiePassivitätder KonsumentengestörteMachtgleichgewichtmitHilfederkommunikationstechnologischenEntwicklungenhergestellt.DerdieserEntwicklunginhärente,relativeMachtverlustderMarke,stelltdie MarkenkommunikationvorgroßeHerausforderungen,welcheimfolgendenKapitelgemeinsammit neuartigenerfolgskritischenStrategienerläutertwerdensollen. MarkenkommunikationsstrategienimZeitalterdigitalerMedien WieimbisherigenVerlaufdesFachartikelsaufgezeigtunterliegtdieMarkenkommunikationeinem Wandel.DieklassischeStrategiederMarkenkommunikationerscheintinZeitenselbstbestimmter Prosumentennichtmehrerfolgversprechend.MarkenkommunikationimZeitalterdigitalerMedien solltefolglich„keineEinbahnstraßemehr[sein],sondernständigeInteraktionaufallenKanälen“ (Schmidt,2012).ImFolgendenwerdenviererfolgskritischeStrategien,namentlichContent,Community,ChannelundCooperation,vonMarkenkommunikationimZeitalterdigitalerMedieninderwissenschaftlichenLiteraturidentifiziert. Content DieStrategieContentumfasstdieAufbereitungwerblicherBotschafteninVerknüpfungmitredaktionellenInhalten.SoschafftdieBereitstellungvon„informierenden,beratendenundunterhaltsamen Inhalten“(Köpper,2014,S.671),einenrelevantenMehrwertfürdieProsumenten.InaktiverAbkehr vomPrinzipderPenetrationklassischerMarkenkommunikationverfolgtdieseStrategienichtdie klassischeStreuungwerblicherBotschaften,wohlaberdieBereitstellungrelevanterInhalte.Sokann derProsument,gemäßderaufgezeigtenPull-Kommunikation,auffürihnrelevanteInhaltezugreifen undfolglichseinemIndividualisierungsstrebennachkommen(Bruhn,2009,S.10).DieBesonderheit dieserStrategieliegtsomitimaktivenInteressederProsumenten,welchesdurchdie,betontdezente,VerknüpfungmitkommerziellenInhaltenmotiviertwird. Community NebenderBereitstellungrelevanterInhalteistdieErmöglichungdermedialenSelbstdarstellungsowiedersozialenVernetzungderProsumentenebensoerfolgsversprechend.IntegriertinFormder StrategieCommunitygiltes,die„verbal[e]undbildlich[e]“(Tropp,2014,S.202)Präsentationder ProsumentenzuermöglichenunddieseinnerhalbeinerBrandCommunitymitGleichgesinntenzu vernetzten.SokannsichderProsumentimZugeseinerSelbstdarstellungeinersozialenGruppezugehörigfühlenunddie„VerbundenheitmitGleichgesinnten“(Baumann,2014,S.308)ausleben.Als relevantesGestaltungsmittelkanndasCrowdsourcinggewertetwerden.Sounterstütztdiegemein94 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 schaftlicheTeilnahmeanGestaltungsprozessenderMarkedenWunschderProsumentennachmedialerSelbstdarstellungundsozialerVernetzung(Holland&Hoffmann,2014,S.327). Channel AlsdritteerfolgsversprechendeStrategielässtsichvordemHintergrundderentwickeltenPullKommunikationderProsumentendieNotwendigkeiteinesMulti-Channel-Angebotsidentifizieren (Bruhn,2009,S.10).SoumfasstdieStrategieChanneldieBereitstellungvonInhaltenaufallenfür denProsumentenrelevantenKanälen,inklassischensowiedigitalenMedien.Diesecrossmediale BereitstellungvonInhalteninitiierteineMultioptionalitätundfolglicheineHandlungsfreiheitder Prosumenten,diewiebereitsverdeutlicht,alsTreiberderIndividualisierunggewertetwerdenkann (Tropp,2014,S.205).AndersalsdielineareBereitstellungvonInhaltenderklassischenMarkenkommunikationwirddasmultioptionaleVerhaltenderProsumentenimRahmendieserStrategieaktiv berücksichtigt. Cooperation EngeinhergehendmitdemGestaltungsmittelCrowdsourcingsowiederCo-Creation,derpartizipativenGestaltungvonMedienangeboten,lässtsichebensoCooperationalserfolgsversprechendeStrategieidentifizieren.WiebereitsunterdenCharakteristikaPartizipationundIndividualisierungaufgezeigt,erscheintesfürdenselbstbestimmtenProsumentenessentiell,Medieninhaltemitzugestalten (Tropp,2014,S.452).ZieldieserPartizipationistdieErstellungpersonalisierterInhalteoderProdukte aufBasiseigener„InteressenundVorlieben“(Bendel,o.J.).AndersalsbeiklassischerMarkenkommunikationtrittderProsumentsomitineinendirektenDialogmitderMarkeundkannseinePräferenzenäußern.DerStrategieCooperationkommtfolglicheinezentraleRollezu,dasiediemodifiziertenKommunikationsprozessezwischenMarkeundProsumentinFormpartizipativerundindividualisierterGestaltungintegriert. Zusammenfassendzeigtsich,dassdieaufgezeigtenStrategienfürMarkenkommunikationimZeitalterdigitalerMedienaufgrundihrerBerücksichtigungdesLebensstilsundderselbstbestimmtenProsumentenalserfolgsversprechendgewertetwerdenkönnen.ImZugederempirischenForschung sollendieformuliertenStrategienausdemBlickwinkelverschiedenerExpertenderWerbe-und Kommunikationsbranchebetrachtetwerdenumdiesezufundieren,zuhinterfragenundggf.zuergänzen. EmpirischeForschung DieDatenerhebungaufBasisbereitsvorhandener„natürlicherDaten“(Mikl-Horke,2011,S.245)ist aufgrundderspezifischenThematikdesvorliegendenUntersuchungsfeldesnurbeschränktmöglich. 95 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 SoerweistsichdieeigenesystematischeErhebungvonDatenalsgeeignet.DiesewirdaufBasisqualitativerleitfadengestützterExperteninterviewsdurchgeführt,dasoeindemUntersuchungsfeldangemesseneroffener,explorativerundflexiblerForschungsprozessermöglichtwird(Flick,vonKardorff&Steinke,2013,S.17).UnterRückgriffaufeinenangefertigtenLeitfadenwurdenimZugedes ForschungsprozessesneunleitfadengestützteExperteninterviewsmitFachleutenausderWerbe- undKommunikationsbranchedurchgeführt.HierzuwurdedervonMerkensformulierteAnspruch einerfacettenreichenErfassungdesFallsverfolgt(Merkens,2013,S.290),indemExpertenausverschiedenenUnternehmen,AbteilungenundHierarchieebenengewähltwurden.VordemHintergrundderGrößederStichprobesollexplizithervorgehobenwerden,dasseine“theoretischeSättigung“(Merkens,2013,S.294),d.h.,dieganzheitlicheErschließungdesForschungsgegenstandes anhandqualitativerDaten,nichterreichtwerdenkann. Ergebnisse DieimZugederExperteninterviewsgewonnenDatenwurdenaufBasisderGroundedTheorynach GlaserundStrauss(1967)ausgewertetundwerdenimFolgendenanhanddesparadigmatischenModellsmitdenSub-KategorienursächlicheBedingungen,Kontext,intervenierendeBedingungen, Handlungs-undinteraktionaleStrategiensowieKonsequenzenveranschaulicht(Strauss&Corbin, 1996,S.94).AlsintegrierteKernkategoriewurdedasPhänomenEmanzipationderKonsumenten identifiziert,diedenMittelpunktdergegenstandsverankertenTheoriedesvorliegendenUntersuchungsfeldsdarstellt. DieErgebnissederExperteninterviewsverweisenaufviergrundlegendeTechnologienalsUrsachenkatalogfürdieEntstehungdesPhänomensEmanzipationderKonsumenten,namentlichDigitalisierung(Interview1/2/3/5/6/7/8,2015),mobileEndgeräte(Interview1/2/5/6/9,2015),Medienkonvergenz(Interview1/3/4/5,2015)undInternet(Interview1/3/4,2015).DerDigitalisierungkommt imRahmenderqualitativ-empirischenForschungaufgrundihrerPräsenzinsiebenvonneunInterviewseinebesondereRollezu.SoistdiesedermaßgeblicheTreiberfürdieWeiterentwicklungbestehenderklassischerMedienkanälesowiefürdasAufkommenneuerMedienkanäleimOnlineBereich.DiedurchdieDigitalisierungangetriebeneIndividualisierungderMediennutzungderKonsumentenwirdnachMeinungderExpertendurchdieweiterenkommunikationstechnologischen Entwicklungenintensiviert.DerKonsumententwickeltfolglichals„eigene[r]Programmdirektor“ (Interview2,2015)einneuesSelbstverständnis,welchesnachAuffassungderExpertendieeinstigen SpielregelnderlinearenMedienlandschaftmaßgeblichverändert. DasneueSelbstverständnisderKonsumenten(Interview1/2/3/6/7,2015)sowiediedarausresultierendeÄnderungimKommunikationsprozess(Interview1/3/4/7/8,2015)undderMachtverhältnisse imBeziehungsgeflechtzwischenMarkeundKonsument(Interview1/4/5/7/8/9,2015)bildenden 96 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 kontextuellenRahmendesPhänomensEmanzipationderKonsumenten.Soistderdurchdiekom- munikationstechnologischenEntwicklungenbefähigteKonsumentinseinemSelbstbewusstseingestärktundvertrittseineInteressenstärkergegenüberanderenAkteuren.AlsKonsequenzdieses SelbstverständnissesbetonendieExperteneinerseitseineModifikationdesmonologischenunidirektionalenKommunikationsprozesseszwischenMarkeundKonsument,welcherineinerdialogischen Wechselbeziehung„aufAugenhöhe“(Interview1,2015)resultiert.Andererseitsgiltderemanzipierte KonsumentgegenüberdenMarkenalsmächtig.DieseMachtmanifestiertsich,lautExperten,in zweierleiHinsicht,denHandlungendereinzelnenKonsumentenunddenHandlungenderGruppe, welchedurchdieVernetzunggleichgesinnterKonsumenteneinen„Shitstorm“(Interview4,2015) lostretenkannundfolglichschwerwiegendereingeschätztwird. AlsintervenierendeBedingungenwerdenvondenExpertenmitBlickaufdieMarke,ihrePositionierung(Interview1/2/3/4/5/6/7/8/9,2015),Glaubwürdigkeit(Interview1/2/8/9,2015),sowieihr technischesundzielgruppenspezifischesKnow-How(Interview1/2/3/4/5/6/7/8/9,2015)aufgezeigt. AufSeitenderKonsumentenbetonendieExperteneindrücklichdenGradderEmanzipation,welcher generationen-undsituationsbedingt(Interview2/4/5/6/8,2015)variiert.AlsHandlungs-undinteraktionaleStrategien,inReaktionaufdasPhänomenEmanzipationderKonsumenten,lässtsichim RahmenderExperteninterviewseinezweiteiligeStrategie,bestehendauseinermodifiziertenklassischen(Interview1/2/3/5,2015)undeinerstarkindividualisiertenMarkenkommunikation(Interview 1/2/3/4/5/6/7/8/9,2015),identifizieren.Währenddieklassische,mittelsneuartigerTechnologien individualisiertausgespielte,MarkenkommunikationnachwievordieBasisderKommunikationsstrategienbildet,giltdieindividualisierteMarkenkommunikationals„Kür“(Interview2,2015).AlsgemeinsameSchnittmengederAussagenderExpertenlassensichvierStrategienindividualisierter Markenkommunikationidentifizieren:Content(Interview1/2/3/4/5/6/7/8/9,2015),Channel(Interview1/3/4/5/6/7/8,2015),Cooperation(Interview1/2/4/7,2015)undContext(Interview2/5/6, 2015).ContentundChannelkommthierbeieinebesondereBedeutungzu,dasieinmindestenssiebenvonneunExperteninterviewsgenanntundinihrenAuswirkungenerläutertwurden. AlsKonsequenzenderzweiteiligenHandlungs-undinteraktionalenStrategie,insbesonderederindividualisiertenMarkenkommunikation,betonendieExpertendenAufbauunddieVertiefungderBeziehungzwischenMarkenundKonsumenten(Interview1/2/3/8,2015).DieBesonderheitgenannter Beziehungliegtim„gegenseitige[n]“(Interview3,2015)InteressevonMarkeundKonsument.So sindesnichtnurdieMarken,dieinKontaktmitKonsumententretenwollen,essindebensodieKonsumenten,diedenAustauschmitMarkensuchen.DieeinstigeGrenzezwischenMarkeundKonsumentverschwimmtundihreBeziehungresultiert,nachAuffassungderExperten,ineinerFreund- 97 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 schaft,diesichdurchgegenseitigenRespektinFormeinerKommunikation„aufAugenhöhe“(Interview1,2015)auszeichnet. DiskussionundFazit DieBeantwortungderForschungsfrageerfolgt,wiebereitsaufgezeigt,mitHilfevonzweimethodisch unterschiedlichenForschungsansätzen.DiesebishernurisoliertbetrachtetenErgebnissebeiderForschungsansätzewerdenimRahmendieserDiskussionnungegenübergestelltunddiskutiert.Ziel hierbeiistdieIdentifikationvonÜbereinstimmungenundDissensen,welchealsAnsatzpunktfürzukünftigeForschungdienenkönnen.ImSinnederÜbersichtlichkeitwirddiefolgendeDiskussionentlangderdreiBestandteilederForschungsfrageunterteilt. EmanzipationderKonsumenten AlsmaßgeblicherTreibereinermöglichenEmanzipationderKonsumentenwurdenzuAnfangdes FachartikelsdiekommunikationstechnologischenEntwicklungenderletztenJahrzehnteverdeutlicht. DieExistenzdieserEntwicklungenundderenBedeutungfürdieMedienlandschaftwurdensowohlin derwissenschaftlichenLiteraturalsauchinderqualitativempirischenForschungbestätigt.SowurdenübereinstimmendvierwesentlichekommunikationstechnologischeEntwicklungen,namentlich Digitalisierung,InternetundmedialeVernetzung,mobileEndgeräteundMedienkonvergenzidentifiziert.DiesehabengemäßbeiderForschungsansätzezueinemAufbrechenbestehenderWirkungsbeziehungenundeinemneuenLeitgedankeninderMedienlandschaftgeführt.Einerseitshatderim RahmenderDigitalisierungvollzogeneWechselvonanalogenzudigitalenSignalenunddiedarauf ermöglichteMedienkonvergenzzueinerDesintegrationderMedienlandschaftundeinerEntkopplungvonMediumundInhaltgeführt.AndererseitshabendasInternetunddieVerbreitungvonmobilenEndgerätenbisherexistierendeLimitationenhinsichtlichRaumundZeitaufgelöst.InderKonsequenzistdieehemalsunumstößlicheLinearitätderMedieneinerzeitlichen,räumlichenundinhaltlichenFlexibilisierungvonInhaltengewichen.AnalogzudenErgebnissenfürdiekommunikationstechnologischenEntwicklungenherrschteinegroßeÜbereinstimmungzwischendenForschungsansätzenhinsichtlichderEntwicklungeinesneuenSelbstverständnissesaufSeitenderKonsumenten. SoverweisensowohlderwissenschaftlicheDiskursalsauchdieErgebnissederqualitativempirischen ForschungaufeinenParadigmenwechselvoneinempassivkonsumierendenKonsumentenzueinem aktivrezipierendenProsumenten.BefähigtdurchdieobengenanntenEntwicklungennimmtdieser ProsumenteineimmeraktivereundgestaltendeRolleinderKommunikationmitderMarkeund seinemeigenenKonsumein.WeiterhinweisendieErgebnissebeiderForschungsansätzeaufein übereinstimmendesSetvonEigenschaftendesProsumentenhin.SowirdinsbesonderedasStreben nachIndividualisierungundMultioptionalitätalszentralesCharakteristikumdesProsumentenangesehen.DieanderendreiinderwissenschaftlichenLiteraturgenanntenEigenschaftendesProsumen98 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 ten,Partizipation,medialeSelbstdarstellungundsozialeVernetzung,sindinAnlehnungandieErgebnissederqualitativempirischenForschungvongeringererBedeutunginderPraxis.Sosiehtdie MehrheitderExpertenIndividualisierungalsdiezentrale,dasneueSelbstverständnisderKonsumentenkonstituierendeEigenschaft,welchesichzusätzlichzudenobenaufgezeigtenAusprägungen ebenfallsinFormeinesStrebensnachPartizipation,SelbstdarstellungundsozialerVernetzungmanifestiert. AuswirkungenaufdaskommunikativeBeziehungsgeflechtMarke-Prosument NachderDiskussiondesZusammenhangszwischenkommunikationstechnischenEntwicklungenund derEmanzipationderKonsumentenwerdenimFolgendendieAuswirkungendieserEmanzipation aufdasBeziehungsgeflechtzwischenMarkeundProsumentdiskutiert.Sowohlderwissenschaftliche DiskursalsauchdieErgebnissederqualitativempirischenForschungweisenaufzweiwesentliche Auswirkungenhin.SohatsicheinerseitsimZugederEmanzipationderehemalsmonologischeund dyadischeKommunikationsprozesszwischenMarkeundKonsumentzueinemdialogischenundtriadischenProzessentwickelt.AndererseitshatsichdasdemBeziehungsgeflechtzwischenMarkeund KonsumentinhärenteMachtverhältnisverändert.DieseVeränderungwirdvonbeidenForschungsansätzengleichermaßenerfasstallerdingsunterschiedlichinterpretiert.WährenddiekommunikationswissenschaftlicheLiteraturunddieExpertendemKonsumentenzusätzlicheMachtzusprechen, welcheerinFormeinerMachtverschiebungerlangt,beschreibtdiesoziologischeLiteraturlediglich dieHerstellungeinesschonimmerexistierendenMachtgleichgewichts.InihrerInterpretationfindet somitlediglicheinerelativeVerschiebung,d.h.imVerhältniszuderMarke,statt. AuswirkungenaufdieGestaltungvonMarkenkommunikation KonsistentmitderzuAnfangdiesesFachartikelsformuliertenAnnahmeweisendieErgebnisseaus beidenForschungsansätzenaufeinenotwendigeAnpassungderMarkenkommunikationinReaktion aufdieEmanzipationderKonsumentenhin.SobetonensowohlderwissenschaftlicheDiskursals auchdieExpertendieNotwendigkeiteinerNeuausrichtungderMarkenkommunikationvordemHintergrunddesneuenSelbstverständnissesderProsumenten.AllerdingszeigensichUnterschiedein derBewertungdereinzelnenanzuwendendenStrategiensowiederBedeutungderklassischenMarkenkommunikationimZeitalterdigitalerMedien.SosinddiediskutiertenStrategiengemäßdenErgebnissenderqualitativempirischenForschungnurdie"Kür"(Interview2,2015),welchebestehende AnsätzederMarkenkommunikationergänzen,diesejedochnichtvollkommenersetzenkönnen. GrundhierfüristeinunterschiedlicherGradderEmanzipationderProsumenten,welchersowohl generationen-alsauchsituationsbedingtvariierenkann.WeiterhingeltendievondenExpertenformuliertenintervenierendenBedingungen,wiedieÜbereinstimmungmitderPositionierungderMar- 99 Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016 ke,dasKnow-HowderMarkeunddieGlaubwürdigkeitderMarke.VordiesemHintergrundistdie klassische,mitHilfekommunikationstechnologischerEntwicklungenindividualisierte,MarkenkommunikationauchinZukunftvongroßerBedeutungundfürentsprechendeProdukteweiterhinzentralerBestandteilihrerKommunikation. VordemHintergrunddieserErgebnissekannsowohldiezuAnfangformulierteForschungsfrageals auchdieihrzugrundeliegendeZielsetzungdesvorliegendenFachartikelsbeantwortetwerden.AllerdingssinddieErgebnisseunterBerücksichtigungeinigerwenigermethodischerEinschränkungenzu betrachten.SokannaufBasisdesreinqualitativempirischenForschungsansatzeswedereinkausaler ZusammenhangzwischenkommunikationstechnologischenEntwicklungenundderEmanzipationdes KonsumentenetabliertnocheinetheoretischeSättigungerreichtwerden.WeiterhinwurdenaufgrundderdualenZielsetzungnurdiewichtigstenGestaltungsmittelundStrategienvonMarkenkommunikationimZeitalterdigitalerMedienuntersucht.ZukünftigeForschungsansätzekönntensich stärkerdenGestaltungsmittelnundStrategieninFormeinerquantitativenKonsumentenbefragung sowiekontrolliertenExperimentenwidmen. Literaturverzeichnis Algesheimer,R.(2004).BrandCommunities.Begriff,GrundmodellundImplikationen.Wiesbaden: DeutscherUniversitäts-Verlag. 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