Hilfe für Flüchtlinge in Griechenland - UNO

aktuell
Nr. 72 - Ausgabe 3, 2015
Hilfe für
Flüchtlinge in
Griechenland
Gestrandet auf Lesbos: Hanan und seine
Tochter Zaloukh machen sich auf den Weg
zur Flüchtlingsunterkunft in Mylovos. © UNHCR/P.Wu
3
Rubrik
Editorial
Vater Stratis versorgt Flüchtlinge auf Lesbos
mit Essen, Kleidung und Unterkünfte.
© UNHCR/S.Baltagiannis
Was für dramatische Bilder: Hunderte, Tausende
von Flüchtlingen riskieren auf der Suche nach
Sicherheit den gefährlichen Seeweg nach Italien
und Griechenland.
Aber das krisengeschüttelte Griechenland kann
sich kaum selbst helfen. Viele Griechen sind
verarmt. Die große Zahl der Flüchtlinge verschärft
die Situation zusätzlich.
Das Resultat: Selbst eine Basisversorgung der Flüchtlinge ist nicht mehr möglich. Auf der Insel Lesbos
beispielsweise, wo die meisten Flüchtlinge in der
Ägäis ankommen, müssen tausende
Flüchtlinge unter katastrophalen
hygienischen Bedingungen vor der
Flüchtlingsaufnahme ausharren.
Hilfe für Flüchtlinge in Griechenland
Um auf die Notlage angemessen
reagieren zu können, braucht
Griechenland dringend unsere
Unterstützung. Ohne sie ist das
Leben vieler Flüchtlinge bedroht.
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Hilfe auf der Su
Bernd Schlegel
Vorsitzender
Auf ihrem Weg nach Europa stranden Tausende
Flüchtlinge auf griechischen Inseln in der Ägäis.
Die griechischen Behörden sind mit deren Versorgung
vollkommen überfordert. Um die größte Not zu
lindern, werden sie vor Ort von UNHCR unterstützt.
Dank Ihrer großzügigen Spende konnten wir unseren
Beitrag leisten.
Inhalt
Versorgung mit Hilfsgütern
Hilfe für Flüchtlinge in Griechenland
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Flüchtlingskrise in Griechenland
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Deepesh Das Shrestha: Einsatz in Nepal
6
Bootsflüchtlinge 7
Sprach- und Kulturvermittlung in Deutschland
8
Ein Testament für den guten Zweck
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Kurz notiert
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Die Flüchtlingsaufnahme der Insel Chios ist überfüllt,
hier leben dreimal mehr Menschen als die ursprüngliche maximale Auslastung von knapp einhundert.
Zusätzlich müssen 400 Flüchtlinge außerhalb des
Zentrums in Zelten schlafen. „Die Bedingungen sind
absolut unzureichend“, sagt UNHCR-Sprecher William
Spindler. Um Abhilfe zu schaffen, verteilen UNHCR,
seine Partner und lokale Freiwillige Hilfsgüter an die
Bedürftigsten. Gemeinsam mit den Behörden werden
außerdem Flüchtlinge mit besonderem Hilfsbedarf
identifiziert und unterstützt.
UNHCR-Mitarbeiter verteilen Schlafmatten an Iraker, Somalier
und Afghanen im Flüchtlingszentrum von Moria auf Lesbos.
© UNHCR/A.Kitidi
che nach Sicherheit
Hotel „Captain Elias“
Auf Kos, Leros, Samos und anderen
griechischen Inseln sieht es nicht
besser aus. Auch dort können die
Behörden und Inseleinwohner nicht
angemessen helfen. Mangels Unterkünfte leben auf Kos Flüchtlingsfamilien im verlassenen Hotel „Captain
Elias“. Von UNHCR und seinen Partnern wurden dort die Trinkwasserversorgung verbessert sowie chemische
Toiletten bereitgestellt.
UNHCR berät Flüchtlinge
Die meisten Flüchtlinge kommen auf
der Insel Lesbos an. Im ebenfalls restlos überfüllten Aufnahmezentrum
von Moria berät UNHCR mithilfe von
Übersetzern die Flüchtlinge in rechtlichen Fragen. Es werden Schlafsäcke,
Bulgarien
ROM
Hygieneartikel und andere Hilfsgüter verteilt. Außerdem unterstützt
UNHCR lokale Hilfsorganisationen –
„Agkalia“ ist eine von ihnen.
Atempause in Kalloni
Vater Stratis, ein griechisch-orthodoxer
Priester, ist Leiter von „Agkalia“. Im
Dorf Kalloni kümmert sich der Verein
ALGIER
um Flüchtlinge, die sich von der Nordküste aus auf den mühsamen Marsch
zur Inselhauptstadt Mytilini machen.
Bis zu 70 Kilometern sind sie zu Fuß in
den Bergen unterwegs. „Agkalia“ gibt
den Flüchtlingen Wasser, Essen, Medizin und ein Dach über dem Kopf. Ein
wenig Stärkung und Mut für den Weg
nach Mytilini, wo sich die Flüchtlinge
für eine ungewisse Zukunft registrieren lassen.
Albanien
Mazedonien
GRIECHENLAND
ITALIEN
ATHEN
Lesbos
Chios
TÜRKEI
Samos
Leros
Kos
Herzlichen Dank!
Mit Ihrer Spende unterstützen Sie
unsere Nothilfe für Flüchtlinge in
Griechenland.
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Eine Gruppe Afghanen springen nahe Mytilini, Hauptstadt von Lesbos, ans sichere Ufer. © UNHCR/J.Akkash
Herausforderung Helfen: Flüchtlingskrise in Griechenland
Den nächsten Tag erleben
Seit Anfang dieses Jahres sind etwa 125.000 Flüchtlinge auf griechischen Inseln
angekommen. Täglich kommen tausend weitere. Die Auswirkungen sind
katastrophal: In Griechenland ist eine in diesem Ausmaß noch nie da gewesene
Flüchtlingskrise eingetreten, die das Land ohne verstärkte internationale Hilfe
nicht meistern kann.
auf Pappdeckeln oder in einem verlassenen Warenhaus. Auf dem offenen Feuer wird in aufgeschnittenen
Colabüchsen Teewasser zum Kochen
gebracht.
Besonderer Hilfsbedarf
Die etwa 3.000 Flüchtlinge in Kara Tepe
warten ebenfalls darauf, nach Moria
zu kommen. „UNHCR ist in Moria präsent. Wir helfen den Behörden dabei,
besonders schutzbedürftige Personen
und Familien zu identifizieren. Außerdem klären wir die Flüchtlinge über
ihre Rechte und Pflichten auf und
verteilen Hilfsgüter“, berichtet UNHCRMitarbeiterin Katerina Kitidi.
„Griechenland befindet sich in einer
schwierigen wirtschaftlichen Situation. Die große Zahl von ankommenden Flüchtlingen erhöht jetzt
den Druck auf die Inselgemeinden.
Diese haben weder die Infrastruktur
noch die personellen Möglichkeiten,
um ausreichend humanitäre Hilfe
leisten zu können“, sagt UNHCRSprecher William Spindler. „UNHCR
ist vor allem um besonders gefährdete
Flüchtlinge besorgt – unbegleitete
Kinder, Ältere, Schwangere, Menschen
mit Behinderungen und Folteropfer.
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Es droht, dass sie nicht die Hilfe
bekommen, die sie dringend
brauchen“, so Spindler weiter.
Notdürftige Unterkünfte
Viele Flüchtlingsfamilien müssen vor
dem überfüllten Flüchtlingszentrum
Moria auf der Insel Lesbos campieren.
Sie warten darauf, dass in der Aufnahme ein Platz frei wird. Im nahe gelegenen Kara Tepe ist ein notdürftiges
Transitlager entstanden, wie in vielen
Gegenden der Insel. Toiletten und
Duschen sind dort Mangelware.
Die Menschen harren aus in Zelten,
Kaum Personal
70 Prozent der Flüchtlinge auf den griechischen Inseln kommen aus Syrien.
Die meisten anderen aus Afghanistan,
Flüchtlingszentrum Moria, Lesbos: Eine UNHCR-Mitarbeiterin spricht mit
Flüchtlingen, die in Zelten untergebracht wurden. © UNHCR/S.Baltagiannis
Nach ihrer Ankunft steht den syrischen Flüchtlingen ein beschwerlicher
Fußmarsch nach Mytilini bevor. © UNHCR/J.Akkash
Irak, Eritrea und Somalia. Menschen,
die vor Krieg und Verfolgung in ihrem
Land flüchten mussten. Aufgrund des
großen Andrangs werden die Syrer
in der Regel nicht mehr in Moria
registriert. „Seit Beginn des Sommers
werden die Syrer an die zuständige
Polizeidirektion in Athen verwiesen“,
erklärt Kitidi. „Die entsprechende Verordnung wurde erlassen, um die Engpässe auf den Inseln zu entschärfen.
Und natürlich auch, weil es auf den
Inseln viel zu wenig Personal für die
Registrierung gibt.“
„Sie wollen leben“
Obwohl es aktuell zahlreichen Griechen finanziell schlecht geht, helfen
sie gerne. Viele engagieren sich für
Flüchtlinge, privat oder in kleinen
Projekten. UNHCR ist mit diesen Initiativen vernetzt und arbeitet mit
Kenda (6), Sara (4) und ihre Mutter beim Essen in der Notunterkunft
„Pipka“, die früher ein Feriencamp für Kinder war. © UNHCR/J.Akkash
ihnen zusammen. „Die Bereitschaft
zu helfen, ist traditionell sehr hoch
auf den ägäischen Inseln. Seit Jahren
kommen hier Menschen in Not an. Die
Inselbewohner sind geschockt über
die aktuelle Verschärfung der Situation“, sagt Kitidi. „Agkalia“ aus dem
Dorf Kalloni auf Lesbos gehört zu den
Initiativen, die UNHCR unterstützt
(siehe auch S.3). Priester Efstratios
Dimou, genannt „Papa Stratis“, ist
der Leiter: „Jeden Tag kommen einhundert bist zweihundert Flüchtlinge
nach Kalloni. Wir geben ihnen Essen,
Wasser, Milch für die Babys, Schuhe,
Kleidung. Sie können hier bleiben: Wir
haben Decken und Matratzen auf dem
Boden. Diese Menschen haben es sich
nicht ausgesucht, hierher zu kommen.
Sie sind Kinder des Krieges. Sie wollen
leben und die Chance haben, auch
den nächsten Tag zu erleben.“
Trotz vieler lobenswerter Initiativen
– wie die von „Papa Stratis“ – werden
nach wie vor dringend zusätzliche
Gelder benötigt. Ohne diese wäre
eine menschenwürdige Versorgung
der Flüchtlinge in Griechenland nicht
möglich.
Jetzt online spenden:
www.uno-fluechtlingshilfe.de/mittelmeer
Flüchtlinge in Griechenland
brauchen Ihre Hilfe:
IBAN: DE94 3702 0500 0008 2900 00
Bank für Sozialwirtschaft Köln
BIC: BFSWDE33XXX
Stichwort: Nothilfe Mittelmeer
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Die 16-jährige Manju Bk hält eine
UNHCR-Plane fest, mit deren Hilfe eine
notdürftige Unterkunft gebaut wird.
© UNHCR/D.I.Sanchez
Auf dem Weg nach Gumthang macht Deepesh eine
kurze Rast. Das Dorf wurde durch Erdrutsche von der
Außenwelt abgeschnitten. © privat
Deepesh lebt in Kathmandu. Er berichtet über das verheerende Erdbeben im April
und die UNHCR-Nothilfe. Das Interview entstand Anfang Mai.
Wo warst Du, als die Erde bebte?
Es war Samstag. Ich war mit meiner
3-jährigen Tochter Mrinal im Wohnzimmer. Als das Beben heftiger wurde, warf
ich mich zu Boden und drückte meine
Tochter fest an mich. Meine Frau betete
„Lieber Gott, lass das Beben uns nicht
töten.“ Die Lampen wackelten, Gläser
und Teller fielen aus den Regalen.
Doch unser Haus blieb heil. Später
waren alle auf der Straße, geschockt
und voller Panik. Überall sah man
Verwüstung. Ich verstand nicht, was
geschah – mein Kopf war völlig leer.
Wie viel wurde zerstört?
Mit dem Fahrrad fuhr ich ins Zentrum. Historische Plätze, Tempel,
Wohnhäuser – alles war komplett
zertrümmert. Viele Menschen wurden
getötet. Es herrschte pures Chaos.
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Überall fuhren Krankenwagen, die
Feuerwehr versuchte durchzukommen,
Polizei und sogar Soldaten waren da.
Was wird im Moment am meisten
gebraucht?
Außerhalb Kathmandus leben viele in
sehr armen, abgeschiedenen Regionen.
Teilweise liegen mehr als die Hälfte der
Häuser in Schutt und Asche. Die Menschen leben oft unter freiem Himmel
oder in Zelten. Probleme gibt es auch
mit der Wasser- und Gesundheitsversorgung. Krankheiten können ausbrechen.
Mit Beginn des Monsuns brauchen die
Menschen bald ein Dach über dem Kopf.
Was tut UNHCR?
Wir haben direkt tausende Plastikplanen und Solarlampen verteilt.
Weitere Hilfslieferungen folgen.
Vor dem Erdbeben hat UNHCR in Nepal
Flüchtlingen aus Bhutan geholfen. So
konnten wir sofort Material nutzen, das
für die Flüchtlingsarbeit gedacht war.
Doch die Herausforderungen sind riesig.
Erdrutsche blockieren die Straßen,
viele Regionen sind nicht zugänglich.
Das schlechte Wetter erhöht die
Gefahr von weiteren Erdrutschen.
Warum arbeitest Du weiter?
Noch jetzt wird mein Kopf plötzlich
leer, wenn ich an das Erdbeben denke.
Ich versuche dann, mich auf das zu
konzentrieren, was ich tun soll. Bei
UNHCR können wir wirklich etwas für
die Menschen tun. Ich möchte allen
danken, die UNHCR bislang unterstützt
haben. Es ist gut zu wissen, dass
Menschen auf der ganzen Welt uns
helfen wollen.
Palermo, Sizilien: Gerettete Flüchtlinge verlassen
das Schiff der italienischen Küstenwache.
© UNHCR/F.Malavolta
Thamer und Thayer auf einer Burgruine in Sizilien.
Die Brüder warten auf die Entscheidung in ihrem
Asylverfahren. © UNHCR/,A.D’Amato
Bootsflüchtlinge
Die Suche nach einem sicheren Hafen
„Ich sah mein Leben an mir vorüberziehen“, erinnert sich Thayer aus Syrien an
das Unglück. „Ich sah meine Kindheit, Menschen, Dinge, an die ich mich niemals
mehr erinnert hätte.“ Wochen zuvor stiegen Thayer, sein Bruder Thamer
und 200 andere Flüchtlinge in ein Boot, um die gefährliche Überfahrt nach
Lampedusa zu wagen.
Syrien, Somalia, Sierra Leone, Mali,
Senegal, Gambia, Elfenbeinküste und
Äthiopien. Die meisten von ihnen
kamen aus Eritrea (350).
Das Leben in die Hand nehmen
Angesichts der Opfer fordert UNHCR
von Europa wirksame Hilfen für
Bootsflüchtlinge. „Menschenleben zu
retten, muss im Mittelpunkt stehen“,
sagt Flüchtlingskommissar António
Guterres. „Und allen muss klar sein:
Die Menschen, die über das Meer
nach Europa kommen, sind hautsächlich Flüchtlinge, die Schutz vor Krieg
und Verfolgung suchen.“ Ihnen müsse
ein legaler Zugang ermöglicht werden –
über humanitäre Visa, Arbeits- und Studiengenehmigungen oder Programme
zur Familienzusammenführung.
Die Brüder wussten, dass das Boot
kentern könnte. Sie rechneten aber
nicht damit, dass sie von libyschen
Milizionären beschossen werden.
Die Kugeln schlugen Löcher in die
Bordwand, und kurz vor Lampedusa
kenterte das Boot. Für viele Flüchtlinge war es zu spät, als endlich
die Küstenwache kam. Thamer und
Thayer überlebten. In einem sizilianischen Küstenort haben sie einen
Asylantrag gestellt. „Wir wollen
unser Leben wieder selbst in die
Hand nehmen und weiterkommen“,
wünscht sich Thamer nach dem
Horror in Syrien.
Vielfältige Fluchtgründe
Die Gründe, die Heimat zu verlassen,
sind so vielfältig wie die Herkunftsländer der Bootsflüchtlinge. Die meisten
flüchten vor Gewalt und Unterdrückung, andere vor Dürren und Hunger, vor Armut und absoluter Perspektivlosigkeit. Beim bislang schwersten
Bootsunglück auf dem Mittelmeer im
April starben rund 850 Menschen aus
Menschenleben retten
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Sprach- und Kulturvermittlung in Deutschland
Sprache
deutsch
Behörde
AmtFLUCHTAntrag
FußballFlüchtling
Krankenhaus
Schutz Asyl
LebensmittelArztHilfe lernen
Schule
Alltag krankverstehen
einkaufen
AusländerTherapie
übersetzen
sprechen
Arztbesuche, Behördengänge, Elterngespräche in der Schule. Selbst Menschen, die deutschsprachig aufwachsen, haben
oft Probleme, Fachbegriffe und Bürokratie zu verstehen. Für Menschen, die nicht Deutsch sprechen und sich in einer noch
fremden Kultur bewegen, werden diese Termine zu einer unlösbaren Aufgabe. Es sei denn, ein Dolmetscher hilft aus.
Dolmetschen –
keine einfache Aufgabe
Professionelle Dolmetscher haben in
der Regel eine mehrjährige Ausbildung, sind vereidigt und öffentlich
bestellt. Ihr Kompetenzprofil geht
weit über die Beherrschung von
Fremdsprachen hinaus. Sie müssen
unparteiisch und objektiv berichten.
Außerberufliche Beziehungen zwischen Dolmetschern und Klienten
sind daher nicht erwünscht. Nicht
allein das Wort, auch der Inhalt muss
von den Sprachmittlern korrekt
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und vollständig wiedergegeben
werden. Die Tonlage oder die emotionale Prägung des Gesagten müssen
ebenfalls berücksichtigt werden.
Dazu ist ein hohes Maß an Empathie
erforderlich.
Oft müssen Kinder übersetzen
Vielen Krankenhäusern, sozialen
Einrichtungen und Kommunen fehlt
das Geld, um einen professionellen
Sprachmittler zu bezahlen. Hinzu
kommt, dass viele Flüchtlinge seltene
Sprachen oder Dialekte sprechen,
für die es nicht allerorts einen Dolmetscher gibt. Diese sind wiederum
meist so ausgelastet, dass es schwer
wird, einen gemeinsamen Termin
mit allen Beteiligten zu vereinbaren.
In der Folge müssen Freunde oder
Familienmitglieder übersetzen, oft
die eigenen Kinder. Doch diese
persönlich involvierten Übersetzer
verfügen nicht über die für eine
neutrale Berichterstattung nötige
Objektivität. Je nach Thema und
Situation folgt daraus eine enorme
Belastung für alle Beteiligten.
Im Interview
© UNO-Flüchtlingshilfe/H.Heinrich
Dolmetscher – mehr als ein Job
Dolmetschen –
mehr als Übersetzen
Bei der Arbeit als Dolmetscher geht
es um sehr viel mehr als nur die
Sprachvermittlung. Sie müssen
eine Brücke bilden, auf der sich verschiedene Kulturen treffen können.
Deshalb ist es wichtig, dass Dolmetscher neben den sprachlichen auch
kulturelle Voraussetzungen erfüllen.
In Bayern werden deshalb oftmals
sogenannte „Kulturdolmetscher“ hinzugezogen. Hierbei handelt es sich
häufig selbst um Asylbewerber, die
noch im Asylverfahren stecken, aber
bereits Sprachkenntnisse erworben
haben und sich gut in Deutschland
auskennen. Sie helfen, indem sie Probleme erklären und Konflikte lösen.
Kulturelle Missverständnisse
Der Sprachmittler muss auch kulturelle Unterschiede zwischen der
deutschen und der fremden Kultur
aufzeigen, um Missverständnisse zu
vermeiden. Zum Beispiel erklärt er
Khawaja Tahir Mahmood stammt aus Pakistan.
Er kam als Student nach Deutschland arbeitet seit
Jahren als Dolmetscher für die Sprachen Englisch
und Urdu. Auf unserer Website berichtet er über
seine Erfahrungen als Dolmetscher für Flüchtlinge.
Das Interview finden Sie unter:
www.uno-fluechtlingshilfe.de/interview-dolmetscher
Schulklassen, dass es in Westafrika
Länder gibt, in denen ein „Daumen
hoch“ als schwere Beleidigung empfunden wird, während es in Deutschland bedeutet, dass alles in Ordnung
ist. Er übersetzt nicht nur Arztdiagnosen, sondern erklärt ausländischen
Patienten, wie das deutsche Krankenhaussystem funktioniert und welche
Leistungen ihnen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zustehen.
Dolmetscher –
dringend gesucht!
2014 wurden in Deutschland 202.834
Asylanträge gestellt, davon 173.072
Erstanträge. Im Jahr 2015 rechnet
das Bundesamt für Flüchtlinge und
Migration (BAMF) mit einer Verdopplung der Anträge. Aufgrund der
steigenden Flüchtlingszahlen werden
vor allem ehrenamtliche Dolmetscher händeringend gesucht. Denn in
Deutschland gibt es nur vor Gericht
das Recht auf einen Dolmetscher.
Ansonsten sind Flüchtlinge und
Asylsuchende auf sich allein gestellt.
Daher wurden Dolmetscherpools
gegründet, die mit Einrichtungen
kooperieren, die keine finanziellen
Mittel haben, professionelle Dolmetscher zu beschäftigen.
Jetzt aktiv
mithelfen!
Sie sind geduldig, verschwiegen
und wollen Flüchtlingen eine
Stimme geben? Sie können zum
Beispiel arabisch, syrisch oder
französisch sprechen und übersetzen? Dann nutzen Sie Ihr
Wissen und melden sich bei
einem Dolmetscherpool in Ihrer
Nähe an.
Informationen dazu erhalten
Sie bei den bundesweiten
Flüchtlingsräten:
www.fluechtlingsrat.de
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Ein Testament für den guten Zweck
Was kann mein Erbe bewirken?
UNHCR leistet in Ruanda auch Hilfe beim Aufbau neuer
Klassenräume und Toilettengebäude. © UNHCR/Sh.Masengesho
Immer mehr Menschen können sich
vorstellen, einen Teil ihres Erbes
einem guten Zweck zugutekommen
zu lassen. Doch längst nicht allen
ist diese Möglichkeit bekannt. Viele
wünschen sich mehr Information,
wie ihr Testament helfen kann.
Über ein solches Erbe, das wirkungsvoll unsere Arbeit unterstützt hat,
möchten wir berichten.
So hilft ein Erbe
„Das Beste an Ruanda ist der Frieden.“
Vor zwei Jahren musste die 12-jährige
Solange mit ihrer Familie vor dem
Bürgerkrieg in der Demokratischen
Republik Kongo fliehen. Das, was sie
am meisten vermisst, ist Amata (Milch).
„Wir hatten eine Farm mit Kühen und
konnten Milch haben, wann immer
wir wollten. Es war genug da.“
In Ruanda ist die Familie nun auf
Hilfe angewiesen. Das Geld reicht
kaum für das Lebensnotwendigste.
An Schule ist da nicht zu denken.
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Ruanda: Die 12-jährige Solange (rechts) besucht im Flüchtlingscamp die Grundschule. Von UNHCR
hat sie mit Uniform und Büchern eine Grundausstattung erhalten. © UNHCR/Sh.Masengesho
Doch UNHCR sorgt dafür, dass
Flüchtlingskinder auch in schwierigsten Umständen ihre Bildung
fortsetzen können, um ihnen
wieder eine Perspektive und Hoffnung zu geben. Der letzte Wille
von Ursula D. hilft dabei: Flüchtlingskinder in Ruanda können die
Schule besuchen.
Solange erhielt eine Grundausstattung für die Schule – mit einer
Uniform, Schuhen, Büchern, Stiften
und Kugelschreibern. Eine solche
Unterstützung ist wichtig dafür,
dass Flüchtlingskinder motiviert
und regelmäßig zur Schule gehen.
Das junge Mädchen hat sich gut entwickelt. Fächer wie Mathe fallen ihr
leicht. Sie ist die Beste von 62 Kindern
in ihrer Klasse. Solange ist überzeugt:
„Zur Schule zu gehen, garantiert dir
eine gute Zukunft. Und dann kannst
du für deine Familie sorgen.“
Ihr Lieblingsfach ist Englisch: „Ich
lerne noch. Aber ich träume davon,
nach Amerika gehen zu können.“
Sie spielt gerne mit dem Flummiball
und liebt Seilspringen. Nach der Schule
trifft sie sich mit Freunden. Später
möchte sie die Hilfe, die sie erhalten
hat, an andere Flüchtlingskinder
weitergeben: „… and see them smile.“
Dafür sorgen, dass
Flüchtlingskinder zur
Schule gehen
Der 37-jährige Ruhorimbere ist selbst
ein Flüchtling und Lehrer im Camp:
„Ich unterrichte Kinder, die gesehen
haben, wie ihre Eltern mit Macheten
getötet wurden. Sie sind traumatisiert.
Es ist meine Pflicht, diesen Kindern zur
Seite zu stehen und sie zu beruhigen,
dass sie in Ruanda sicher sind. Ich bin
Lehrer und Beschützer zugleich.“
Weil Lehrer entscheidend sind, um
den Schrecken, den die Kinder erlebt
haben, zu überwinden, bietet UNHCR
eine Reihe von Lehrertrainings an.
Sie vermitteln ihnen bessere Methoden
für den Unterricht und auch den
Schutz von Kindern. „Ich habe einfache
Techniken gelernt. Es hilft wirklich.
Die Kinder sind
sensibler und
hilfsbereiter als
vorher. Schulnoten haben sich
verbessert.“
„Ich bin so stolz auf meine Schüler. Sie arbeiten hart.“
Ein UNHCR-Training hat Ruhorimbere für seine Aufgabe
als Lehrer gestärkt. © UNHCR/Sh.Masengesho
Ruhorimbere liebt seine Arbeit: „Für
mich ist es eine Berufung, die nächste
Generation zu unterrichten und ihr
eine Zukunft zu geben. Doch das Geld
reicht nicht. Wir haben 70 Kinder in
einer Klasse. Und es gibt noch so viele,
die Bildung brauchen.“
Bis 2018 will UNHCR zusätzlich für
eine Million Flüchtlingskinder Bildung
möglich machen.
Der letzte Wille –
eine Herzenssache
Als Ursula D. im Alter von 91 Jahren
verstarb, hinterließ sie ein Testament,
mit dem sie ihr Erbe Kindern widmete.
Das war ihr letzter Wille. Als junge
Frau hatte sie selbst Flucht und Vertreibung erlebt. Ihr Erbe
hilft nun Flüchtlingskindern in Ruanda.
Bildung bedeutet Zukunft.
Wir sind Frau D. dankbar für ihre wertvolle Unterstützung:
Über 1.000 Flüchtlingskinder gehen dank ihr zur Grundschule.
© privat
Wir bieten interessierten Menschen Unterstützung an
Gerne können Sie unseren Ratgeber
„Ihr Testament“ kostenlos bei uns bestellen.
Ulrike Maas
0228-62 98 619
[email protected]
www.uno-fluechtlingshilfe.de/testamentsspende
Wenn Sie in Ihrem Testament einen Teil
Ihres Vermögens für Flüchtlinge vorsehen,
können Sie viel Gutes bewirken. Sprechen
Sie uns einfach an, wenn Sie Interesse haben.
Gemeinsam können wir klären, wie Ihre
Vorstellungen umgesetzt werden können.
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Kurz notiert
Breakout 2015 - wohin geht die Reise? 79 Teams in München fiebern dem Start entgegen. © BreakOut/D. Reindel
BreakOut: Abenteuer Spendenreise in der 2. Runde
Unglaubliches Spendenergebnis:
70.000 Euro
79 Teams mit insgesamt 158 Studenten
starten in alle Richtungen, um in 36
Stunden ohne Geld so viele Kilometer
wie möglich zurückzulegen. Für jeden
Kilometer bekommen sie von ihren
Sponsoren eine vorher vereinbarte
Summe. Das gesammelte Geld kommt
jungen Flüchtlingen in Südafrika
zugute. Im Rahmen des UNHCRStipendienprogramms können sie
damit ein Studium aufnehmen.
Die Spendensumme von 11.000 Euro
in 2014 war in diesem Jahr fast sieben
Mal höher: Sagenhafte 70.000 Euro
wurden von 675 Sponsoren eingezahlt! Mit Autos, Zügen, Fähren und
einem Flugzeug gelangten die 158
Abenteurer über insgesamt 71.000
Kilometer quer durch Europa.
Unter dem Namen BreakOut wurde
dieser außergewöhnliche Spendenmarathon im letzten Jahr von den
Studenten Robert Darius und Moritz
Berthold in München ins Leben gerufen. Mit viel Idealismus und Engagement setzten sie ihre Idee um. Der
Erfolg gab ihnen Recht: Die Zahl der
Teilnehmer hat sich in diesem Jahr
verdreifacht.
Robert Darius ist begeistert: „Es ist
beeindruckend zu sehen, wie weit die
Teams ohne Geld gekommen sind.
Toll, dass so viele Sponsoren begeistert werden konnten. Der große Erfolg
motiviert uns, BreakOut noch weiterzuentwickeln.“ Darauf freuen wir uns
schon jetzt. Vielen Dank!
Über BreakOut: break-out.org
Syrischer Exodus: Der massive Anstieg der Flüchtlingszahlen wurde vor allem durch den Krieg in Syrien
verursacht. © UNHCR/J.Kohler
Trauriger Rekord
Ende 2014 waren fast 60 Millionen
Menschen auf der Flucht vor Krieg
und Verfolgung. Nie zuvor wurden
so viele Flüchtlinge verzeichnet.
Zu diesem erschreckenden Ergebnis
kommt der UNHCR-Jahresbericht
„Global Trends“. Mit 59,5 Millionen
Flüchtlingen liegt die Zahl damit um
mehr als acht Millionen höher als im
Vorjahr. Knapp 14 Millionen Menschen
wurden allein im letzten Jahr zu
Flüchtlingen und Binnenvertriebenen
– viermal so viele wie noch 2010.
Impressum
Herausgeber: UNO-Flüchtlingshilfe e.V.
Wilhelmstraße 42, 53111 Bonn
Tel. 0228-62 98 60, Fax 0228-62 98 611
[email protected]
www.uno-fluechtlingshilfe.de
Regionalstelle Nord:
Hon. Prof. Dr. Reinhold Friedl
Tel./Fax 0441-88 52 444
[email protected]
Redaktion: Dietmar Kappe
Asmuth Druck, Köln
Geprüft + Empfohlen!
4. Juni, 9 Uhr, München,
Geschwister-Scholl-Platz: