ERSTE HILFE Kursunterlagen 2015 (c) Dr. med. vet. Christina Wolf (privates Teilen erlaubt, aber keine geschäftliche Nutzung) Unfälle und Notfälle Grundsätzliche Maßnahmen: 1. Sicherheit (Straße, Maulkorb...) Es hilft dem Hund nicht wenn man sich aus Sorge überfahren oder beißen läßt. 2. Atmung, Herz-Kreislauf -> danach erst interessieren andere Verletzungen (Ausnahme: arterielle Blutung spritzt pulsierend heraus->sofort stoppen) Grundwerte des eigenen Hundes sollte man wissen! Puls: 80-100/min (kleine Hunde 100-120/min) Ruhepuls (Zählen Sie zuhause mehrfach Puls- und Atemfrequenz Ihres eigenen Hundes um zu erfahren wie er in Ruhe und nach Belastung ist.) Man fühlt den Puls auf der Innenseite des Oberschenkels. Atmung: 10-40/min in Ruhe. Bitte nicht das Hecheln zählen! Blutdruck: Kapillarrückfüllungszeit ca. 2 Sek. (Auf die rosa Maulschleimhaut drücken und loslassen, zählen: "21-22" -> der weiße Fleck soll wieder rosa sein). Schleimhaut-Farbe: Normal: blaßrosa gefärbt. Verändert: Bläulich? Porzellanfarben blaß? Blutrot unterlaufen? Schauen Sie ihrem gesunden Hund mal ins Maul, sonst erkennen Sie keinen Unterschied wenn er krank ist! Temperatur: 38-39°C , Welpen bis 39,5°C. Atem- und Kreislaufstillstand? -> Reanimation bis Spontanatmung und Kreislauf wieder da sind oder bis der Tierarzt übernimmt. Gebrochene Knochen können warten, aber ohne Atmung und Kreislauf ist man tot. 3.Wunden/Blutungen: - Starke Blutungen stillen (Abdrücken, Abbinden, Druckverband) Insbesondere auf hellrote pulsierende Blutungen achten! Die müssen schnell gestoppt werden, sonst ist der Patient leer und tot. - An innere Verletzungen denken, auch wenn äußerlich nach einem Unfall nichts zu sehen ist. - Eingespießte Fremdkörper möglichst bis zum Tierarzt stecken lassen. Evtl. abpolstern damit sie nicht herumwackeln. (Zieht man sie zu früh heraus hann es zu noch gefährlicheren Blutungen kommen!) Überleben geht vor Sterilität: Wenn hellrotes Blut im Strahl herauspulst, fassen Sie notfalls eben in die Wunde und drücken sie das Blutgefäß zwischen Ihren Fingern zu. Besser als Verbluten lassen ist das alle mal. Danach haben Sie mehr Zeit sich zu überlegen, wie Sie die Blutung ordentlich versorgen können. 4. Gehirn, Rückenmark, Nerven Zeigen sich Lähmungen oder Krämpfe? Bewußtlosigkeit? Könnte die Wirbelsäule verletzt worden sein? Besondere Vorsicht beim Transport (s.u.) Wenn der Hund krampft versuchen durch Polstern und vielleicht eine Verbandrolle zwischen den Zähnen weitere Verletzungen zu verhindern. Aufpassen: wenn der Hund aufhört zu zappeln nach der Atmung sehen! 5. Verdauung, Urin-Ausscheidung Urin auffangen wenn möglich (Volle Harnblasen zerreißen bei Autounfällen oft). Alles was sich verändert oder irgendwie seltsam zeigt registrieren und dem Tierarzt berichten. Möglichst sogar aufschreiben. 6. Transport, Tragen: Wie im Kurs gezeigt, aber mit Rücksicht auf Verletzungen und Gesamtsituation improvisieren. Bei Verdacht auf Rückenmarksverletzung: möglichst ruhig liegend auf einem Brett o.ä. transportieren. Dabei gegen Herunterfallen sichern (Binden, Gurte, Stricke, einen Pullover mit den Ärmeln drum herum knoten...). Brüche vor dem Transport evtl. provisorisch schienen mit möglichst dickem Polster, damit es nicht so weh tut, wenn der Patient bewegt wird. 7. Ist mein Hund etwa schon tot? Atem- + Herz-Kreislauf-Stillstand + Schleimhäute weiß + die Pupillen weit und reagieren nicht auf blendendes Licht? Höchst wahrscheinlich tot. Mehrfach prüfen. Im Zweifel doch erst mal ein Wiederbelebungsversuch, bevor man aufgibt. (-> Reanimation) Schon kalt und steif aufgefunden (Unterkiefer lässt sich nicht mehr bewegen, evtl. schon versteifte Beine) und eingetrocknete wellige Augenoberfläche? Schon länger tot. Keine Hilfe mehr möglich. Reanimation: 1. Zunge rausziehen (Versuch den Atemreflex auszulösen) dabei nachsehen ob Atemwege frei sind. 2. rechte Seitenlage, Schlag auf Rippen hinter dem Ellbogen. "präcordialer Faustschlag" bringt manchmal das Herz dazu wieder anzuspringen (und die Atmung nebenbei auch). 3. Immer noch kein Puls und keine Atmung? Herz-Druckmassage und Mund-zu-Nase-Beatmung: 1-2x Beatmen: Lefzen dabei zuhalten. Lippen um die Nase schließen. Pusten daß sich der Brustkorb leicht hebt. Immer Zeit zum Ausatmen lassen. Auf den Brustkorb sehen damit man den Hund nicht zu stark beatmet. (Merksatz: "Nicht den Chihuahua wie einen Luftballon aufblasen." Dann 10-15x Herzdruckmassage (hinter dem Ellbogen auf dem Brustkorb, da wo man normalerweise den Herzspitzenstoß fühlt). Immer so weiter Beatmung und Herzdruckmassage im Wechsel! 4. nach etwa einer Minute mal innehalten und prüfen ob der Körper selbständig weiter macht. Wenn nicht: Reanimation bis der Tierarzt übernimmt (oder eindeutig der Tod eingetreten ist). Häufige Notfälle: 1. Atembehinderung stumpfe Gewalt (Halsband, Biß) hat den Kehlkopf beschädigt? Fremdkörper eingeatmet? Verletzung und Blut läuft rein in die Atemwege? Luftröhre zusammengeklappt (bes. bei kleinen Hunderassen)? Rauch läßt Schleimhaut zuschwellen? Vergiftungen duch ätzende Gase? Stromschlag (Vorsicht: erst Sicherung raus, dann den Hund anfassen)? Kopftrauma? Allergien/Insektenstiche? Wie sieht ein Hund mit Atemnot aus? Mit aufgerissenen Augen, den Kopf gesenkt, Ellbogen nach außen gestellt, den Bauch angespannt, ringt der Hund röchelnd bzw. pfeifend um jeden Atemzug. Würgendes Husten. Als Erstes die Ursache beseitigen! Wenn der Hals zu ist kann man nun mal nicht atmen. Wenn ein Fremdkörper im Hals feststeckt und den Hund zu ersticken droht (meist ein Ball oder Flummi), der sich partout nicht greifen läßt: Hund an den Hinterbeinen über Kopf halten und versuchen mit Rucken den Ball herauszu schütteln. Ist der Hund dafür zu groß: Heimlich-Maneuver versuchen. Hinter dem Hund stehend sich vorbeugen, die Hände unter dem Hund zusammenführen und direkt hinter der Stelle an der die Rippen beider Seiten zusammentreffen kurz und heftig nach oben und vorne zudrücken. Achtung: Das Heimlichmaneuver ist nicht ungefährlich für den Hund. Man kann dabei durchaus z.B. die Leber verletzen. Wenn der Hund noch am Fremdkörper vorbei atmen kann besser schnell zum Tierarzt. Atemwege sind wieder frei, aber er atmet trotzdem nicht von selbst? Künstl. Beatmung: Mund-zu-Nase ungefähr 8-12x/min. (Vorgehen dabei s.u. Reanimation) Sie bekommen den Ball absolut nicht aus dem Rachen oder der Hund erstickt weil ihm durch einen Insektenstich der Kehlkopf komplett zugeschwollen ist? Wenn wirklich keine Luft durch den Kehlkopf mehr durch geht (Mund-zu-Nase-Beatmungsversuch gescheitert): Sobald der Hund ohnmächtig ist versuchen sie den Luftröhrenschnitt wie im Kurs besprochen. Toter als tot geht nicht 2. Bisswunden d.h. Löcher, Gewebezerreißungen und -quetschungen Besteht akute Gefahr für das Leben? -Starke Blutungen? Lebenswichtige Funktionen gestört? Körperhöhlen eröffnet? -Sehr kleiner Hund durch großen Hund gebissen? Vorsicht: starke Quetschungen und innere Verletzungen sind auch ohne äußere Wunde möglich. Nur ein kleines Loch im Fell? - Aufpassen, nicht daß darunter doch eine Körperhöhle eröffnet wurde. Fell mal vorsichtig hin- und herschieben und schauen ob das Gewebe darunter noch ganz ist ( wichtig auch s. u. 4.). - Kleine Löcher schließen sich schnell, aber darunter können Bakterien unter Luftabschluß wuchern -> also auch kleine Wunden reinigen (z.B. Jodlösung ohne Alkohol oder Octenisept) und ein paar Tage beobachten ob es zu einer Entzündung/Schwellung kommt. Fieber messen. 3. Augenverletzungen - Dreck dürfen sie mit steriler isotoner Kochsalzlösung (NaCl-Lösung) ausspülen, Verletzungen dann schnell zum Tierarzt. Auch hier: nicht einfach einen Fremdkörper herausziehen, besser so wie er ist zum Arzt. - Heraushängende Augen mit feuchtem Tupfer (NaCl-Lösung) abdecken und mit der flachen Hand ganz sanft gegen den die Augenhöhle gepresst festhalten bis zum Tierarzt. Es darf kein Zug am Augennerv auftreten, sonst droht ein reflektorischer Atemstillstand. (So ein Augenprolaps passiert manchmal auch durch leichtere Stöße bei Hunderassen mit kleinen Köpfen und hervorstehenden Augen wie z.B. Pekinesen). 4. Brustkorbverletzungen Gefahr des Pneumothorax: Wenn der Hund nach einem Unfall (bes. Autounfall, Pferdetritt) Atembeschwerden entwickelt: ab zum Tierarzt, er könnte ersticken, weil seine Lunge zusammenfällt. Das ist auch ohne äußere Verletzung möglich! Manchmal erst Stunden nach dem Trauma. Besonders verdächtig ist auch wenn bei Berührung Luftblasen unter der Haut knistern (Luft könnte aus dem Brustraum duch ein Loch gekommen sein.) 5. Bauchhöhlenverletzungen -Es hängen Därme aus der Wunde? Mit lockerem Notverband ein weiteres Herausrutschen der Därme verhindern (Geht im Notfall auch eine Plasiktüte die man mit flachen Händen draufpresst!) Wenn vorhanden, Därme mit isotoner NaCl-Lösung feuchthalten, evtl. sogar Dreck damit abspülen. Nicht einfach dreckige Därme in den Bauch zurückstopfen, das macht Bauchfellentzündung. -Bauchdecke ist nach einem Unfall zu, aber der Bauch erscheint geschwollen und schmerzhaft? Verdacht auf innere Verletzungen! 6. Bewusstlosigkeit bei vorhandenem Puls und Atmung Stellen Sie sich vor sie kommen nach Hause und da liegt Ihr Hund und ist bewußtlos. - Herzproblem bekannt? Kreislaufsprobleme können zu Ohnmachten führen. - Hund blass und kalt? Verdacht auf innere Blutung, z.B. Milzruptur: Wenn kein Unfall passiert ist meist ein geplatzter Tumor, der Hund verblutet in die Bauchhöhle. Not-OP! Merke: Man kann nach der OP prima ohne Milz leben, ohne Blut in den Gefäßen lebt man leider nicht! 7. Erbrechen /Durchfall Zentrale Frage: wie geht es dem Hund dabei? - Wenn er fit ist und nur mal gespuckt hat oder mal einen dünnen Haufen gemacht hat: Abwarten, einen Tag fasten lassen und dann langsam in kleinen Portionen anfüttern. Aber die Symptome sollten spätestens nach drei Tagen verschwinden. Was länger dauert ist verdächtig. - Ist er schlapp? Droht Austrocknung weil viel Flüssigkeit verloren geht (Hautfalte aufziehen, sollte sofort wieder verstreichen)? Kommt Blut mit? Fieber? Lieber schnell zum Tierarzt. - Eben war noch alles gut, jetzt bricht er wie wild und wirkt schwer krank? Auch Wasser kommt sofort wieder raus. Von oben betrachtet sieht der Hundebauch verformt aus (als hätte er eine Football quer im Bauch): Verdacht auf Magendrehung! Höchste Lebensgefahr. Sofort zum Tierarzt und wenn es mitten in der Nacht ist, es geht um Minuten. -Heftige Bauchschmerzen, ganz harte Bauchdecke, kann keinen Druck auf den Bauch ertragen, kein Kotabsatz? (Evtl. auch noch vorher Fremdkörper verschluckt?): Verdacht auf Darmverschluß/Ileus. Lebensgefahr. Sofort zum Tierarzt. IMMER vorher beim Tierarzt/Tierklinik anrufen und den jeweiligen Notfall ankündigen. Der Tierarzt muss sich auf den Notfall vorbereiten, evtl. sogar Unterstützung für eine gößere OP anfordern. Er hat auch nur zwei Hände: Wenn er bereits einen anderen Notfall versorgt kann er Sie ggf. ohne Zeitverlust an den nächsten Kollegen verweisen. 8. Abgeschluckte Fremdkörper Kommt drauf an was... manches kommt hinten heraus. Anderes macht den Hund tot... Grundsätzlich: wenn Ihr Hund Fremdmaterial gefressen hat (oder sie auch nur vermuten, daß er welches gefressen hat): Symptome müssen nicht sofort sichtbar sein, also aufschreiben was gefressen wurde und wann. Und beobachten Sie in den nächsten Tagen genau jeden Haufen: es sollte besser alles schnell wieder herauskommen... Hat Ihr Hund spitze/scharfe Gegenstände (wie z.B. Schaschlikspieße, Zahnstocher) gefressen: sofort zum Tierarzt. Auch weiches Plastik kann durch die Verdauung hart und scharfkantig werden. Beobachten Sie genau ob sich Anzeichen für Bauchschmerzen zeigen. Auch an verschwundene Kleidungsstücke denken wenn Ihr Hund unklare Magen-DarmBeschwerden zeigt. Schon mancher Darmverschluß entstand letztlich durch eine verschluckte Socke oder Ähnliches (Füllwatte aus Plüschtieren). Fadenförmige Fremdkörper sind eine besondere Gefahr: - Ziehen Sie niemals an einem Faden der Ihrem Hund aus dem Maul oder dem After hängt. Der Faden kann leicht die dünne Schleimhaut zerschneiden. - Entlang fadenförmiger Fremdkörper reiht sich oft der Darm auf, der Faden sägt am Darm. Im Zweifel wird Ihr Tierarzt röntgen und ultraschallen müssen um über eine OP zu entscheiden. 9. Er humpelt, was tun? Wenn Ihr Hund sich mal vertreten hat, muss nicht immer gleich der Tierarzt ran. Wenn Ihr Hund nur etwas humpelt, kontrollieren Sie genau ob eine äußere Verletzung vorliegt. Alles ansehen und abtasten. Auch die Unterseite der Pfote und die Zehenzwischenräume nicht vergessen (Glasscherben und Getreidegrannen dringen oft durch einen kleinen Schnitt ein und verschwinden dann im Inneren der Pfotenballen). - Kleine oder oberflächliche Verletzungen reinigen und desinfizieren (Jod ohne Alkohol, Octenisept) und abdecken. Manchmal reicht ein kleines Pflaster, aber häufiger braucht man einen Pfotenverband um den Hund vom Lecken der Wunde abzuhalten. (Beim Pfotenverband niemals vergessen alle Zehen der Pfote gegeneinander zu Polstern, sonst machen die Druckstellen mehr Ärger als die Verletzung!) - Gelenkverletzungen mit eröffneter Gelenkhöhle: müssen immer vom Tierarzt versorgt werden, sonst drohen üble Folgeschäden. - Keine Verletzung zu finden aber er humpelt ein bischen. Vielleicht Gelenk verstaucht? Ein paar Tage Schonung (Leinenzwang) und ein bischen Traumeel. Wenn dann nicht gut: Tierarzt fragen. - Wenn er stark humpelt/nicht mehr auftritt/bei Berührung schreit/schnappt: könnte gebrochen sein. - Wenn Ihr Hund eine Erkrankung wie Arthrose hat, dann wird er sich wahrscheinlich öfter mal weh tun. Diese Gelenke sind natürlich anfälliger. Dann ist es sinnvoll einen schmerzstillenden Entzündungshemmer vorrätig zu halten. Wenn sich der Hund dann mal wieder vertritt können sie schnell reagieren. Fragen Sie einfach Ihren Tierarzt danach. - Gefahr bei Schmerzmittelgaben an verunfallte Hunde: wenn ein Knochen nur angebrochen ist und der Hund belastet unter Schmerzmittel das Bein -> Knochen bricht ganz durch. Also wenn der Hund plötzlich stark humpelt überlegen bevor man wirklich ein Schmerzmittel geben will, bevor man beim Tierarzt war.... 10. Hitzschlag Nicht nur im Auto, aber meistens. Im Sommer bleibt bitte kein Hund allein im Auto eingesperrt. Auch bei milden 20°C Außentemperatur kann sich ein Auto schnell in der Sonne aufheizen. Hunde können nicht wie wir schwitzen! Was passiert dabei? Überhitzung führt zu Schwellungen im Gehirn, Kehlkopfschwellung, die Blutgerinnung wird gestört....letztlich geht der Hund unter furchtbaren Schmerzen ein. Ab 42°C denaturiert nämlich Eiweiß. Auch das im Körper. Denken Sie an den Braten im Ofen oder das Steak in der Pfanne! Wenn sie einen solchen Hund aus einem geparkten Auto retten wollen und keine Ahnung haben wo der dusselige Besitzer ist: - Sorgen sie möglichst für Zeugen, rufen sie die Polizei. - Wenn Sie nicht mehr auf die Polizei warten können: zerschlagen Sie eine Türscheibe, nicht die Frontscheibe (Schaden klein halten damit Sie hinterher keinen Ärger bekommen). - Hund erscheint noch recht munter? Schleimhaut kontrollieren: wenn rot -> Gefahr! - Wenn der Hund schon kollabiert ist: Herz-Kreislauf und Atmung kontrollieren, ggf. Reanimation. - Kühlung des überhitzten Hundes: von unten aufsteigend mit Wasser abkühlen. Erst die Pfoten übergießen, dann langsam weiter hoch am Körper. (Nicht plötzlich einen Eimer drüber schütten!). NICHT: nasse Handtücher. Warum nicht? Weil durch das Fell unter dem nassen Tuch ein isolierendes Luftpolster entstehen kann: dann würde es dem Hund sogar noch heißer. Klattschnasse Handtücher auf ganz dünnem Fell mag ja vielleicht gehen, aber niemals auf dichtem Fell! Natürlich kann sich ein aufgeregter Hund der in der Sonne herumtobt auch mal überhitzen. Kühlen! 11. Vergiftungen Daß man wenn der Hund Rattengift oder Schneckenkorn gefressen hat sofort zum Tierarzt muss ist wohl selbstverständlich. Wenn man sich unsicher ist? Auch hin, logisch. Wie kommt man überhaupt auf den Vergiftungs-Verdacht? - Rattengift ist ein Blutgerinnungshemmer. Daher kommt es neben allgemeiner Störung des Allgemeinbefindens zu Blutungen. Blutiger Durchfall, Blutiges Erbrechen, Einblutungen in die Schleimhäute sind typisch. Das kann je nach Mittel und Dosis plötzlich losgehen oder auch eher schleichend. Wenn Sie also knallrote Flecken in den Schleimhäuten sehen: ALARM! - Schneckenkorn enthält oft Metaldehyd. Typisch sind Krampfanfälle zusammen mit toxischer Hyperthermie (eine Art Fieber). Dies setzt oft schon eine halbe Stunde nach der Aufnahme ein. Im Verlauf kommt es schnell zu schweren Störungen der Blutgerinnung (DIC). Sollte der Hund den ersten Tag überleben, so kann es später noch zu Leberversagen kommen. Einige wichtige Nahrungsmittel, die für Hunde giftig sind (obwohl für Menschen harmlos): Trauben/Rosinen -> Nierenversagen Kakao + Koffein -> Neurologische Ausfälle, Krampfanfälle (Eine Tafel dunkle Schokolade kann für eine mittelgroßen Hund reichen!) Xylitol (Birkenzucker, Süßstoff z.B. in Zahnpflegekaugummis) -> starke Insulinfreisetzung, daher tödlicher Unterzucker im Blut. (Wie ein Diabetiker dem man viel zu viel Insulin gespritzt hat). Zittern, neurologische Probleme, Torkeln, Zusammenbruch. Das geht sehr schnell und braucht nicht viele Kaugummis! Zwiebeln/Knoblauch -> hämolytische Anämie. Eine schleichende Vergiftung die oft nicht erkannt wird, da die Anzeichen einer Blutarmut anfangs eher vage sind: man fühlt sich müde, schlapp, ist schneller außer Atem. Einfach nicht so leistungsfähig. Wenn es zu viel wird bricht der Patient natürlich irgendwann zusammen und erstickt. Noch eine große Gefahr: Kühlerflüssigkeit (Ethylenglycol) Wenn beim Befüllen des Auto-Kühlers etwas daneben läuft immer gut aufwischen. Der Stoff schmeckt süß und wird von Tieren gerne aufgeleckt. -> erst rauschartige neurologische Symptome dann Nierenversagen. Schnell tödlich. Natürlich sind sehr viele andere Stoffe in unserer Umgebung ebenfalls giftig. Dies ist keine vollständige Liste! (Denken Sie nur an Medikamente, Giftpflanzen, Lampenöl...) Aber es sind die Stoffe die in der Praxis am häufigsten zu Vergiftungen führen. Haben sie einen "Staubsauger"-Hund der blitzartig alles frißt was herumliegt? Wie wäre es mit einem leichten Maulkorb zum Vergiftungsschutz? Es reicht ein selbstgenähter Beutel aus Fliegennetz an einem Halti. Oder auch ein leichter Rennmaulkorb wie ihn meine Windhunde haben. Wichtig ist daß der Hund das Maul öffnen und hecheln kann. Sie wollen richtig gut auf Notfälle vorbereitet sein? Lernen Sie Ihren eigenen Hund auch medizinisch kennen. Das ist viel besser als die ungefähren Referenzwerte die man in Büchern findet. Zählen Sie aus wie seine Puls- und Atemfrequenzen / Minute sind: 1. in Ruhe (beim Dösen) 2. nach zum Beispiel dem täglichen Spaziergang/Joggingrunde 3. nach heftigem Herumtoben (aber nicht beim Hecheln). Zählen Sie diese Werte mehrfach und bei verschiedenem Wetter. Schauen Sie auch mal auf die Uhr wann sich eine erhöhte Atemfrequenz nach Belastung wieder beruhigt. Aufschreiben nicht vergessen. Schauen Sie sich immer mal wieder die gesunde rosa Schleimhaut in Maul und Augenlidern an, damit Sie später einen Unterschied erkennen können. Fühlen Sie mal bewusst bei Ihrem gesunden Hund wie weich die Bauchdecke ist. Wie wollen Sie sonst später mal merken ob er mal Bauchweh hat? So bekommen Sie gute Vergleichswerte für Ihren eigenen Hund. Üben sie auch das Hineinsehen ins Maul, in die Ohren. Tasten Sie zwischen den Zehen,...dann kennt er das und hält hält im Notfall besser still. Vorerkrankungen, Rassedispositionen und Erbkrankheiten die den eigenen Hund betreffen sollte man besser kennen. Beispiele: - MDR1-Defekt -> Collies und ihre Mischlinge: Ein Gendefekt der zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Blut-Hirnschranke führt. Dadurch werden ansich harmlose Stoffe und Medikamente lebensgefährlich. Beispielsweise bestimmte Medikamentenreste in Pferdeäpfeln. Hat man einen Hund dieser Rassen so lohnt sich der Gentest. - Merle-Faktor: Hunde mit der schönen marmorartigen Merlescheckung haben häufiger Epilepsie oder andere neurologische Erkrankungen. - Magendrehung kommt häufiger bei großen, tiefbrüstigen Hunden vor. - Hunde mit kurzen Nasen (Möpse, Bulldogs, Boxer...) haben meist verengte Atemwege. - Erbliche Herzerkrankungen gibt es bei sehr vielen Hunderassen. Und wenn man erst die Symptome merkt ist es oft schon zu spät. .... Fragen Sie Iheren Tierarzt was für Ihren eigenen Hund in Frage kommt. Eine kleine Verbandstasche mit nur dem Nötigsten, die in die Jackentasche passt ist besser als ein großer schwerer Kasten mit vielen tollen Sachen, die man dann doch nicht mitschleppt. In einem kleinen Reißverschluß-Plastikbeutel: 1 Wundauflage 1 Polsterwatterolle 1 Kohäsive Binde 1 Binde (oder Stauschnur, auch als Maulschlinge) etwas Jod 1 fest verschlossene Spritze gefüllt mit steriler NaCL-Lösung (zum Augen oder Wunde reinigen) 1 kleine Schere/Taschenmesser/Skalpellklinge ggf. Notfallmedikamente bei bekannter Vorerkrankung (z.B. bei Wespenstichallergie) ein Zettel mit den Vergleichswerten Ihres eigenen Hundes Mehr passt nicht gut in eine Jackentasche und wird für den Alltag zu schwer und unbequem. Eine Taschenlampen-App hat heute eigentlich fast jedes Mobiltelefon, die ist wirklich hilfreich. Zu Hause kann man mehr Material aufbewahren: Schnelles 10sec. Thermometer, Pinzette, mehr isotone Kochsalz-Lösung, weiteres Verbandsmaterial, Ohrspül-Lösung, Lupe, Rasierer, Krallenschere, Baby-Shampoo/mildes Hundeshampoo um Chemikalien aus dem Fell zu waschen,... das sind alles nette hilfreiche Sachen die man aber nicht ständig mitschleppen muß. Wichtig ist letztlich, daß Sie im Notfall Ihren Hund ohne weitere Schäden nach Hause bzw. lebend und rechtzeitig zum Tierarzt bekommen. Tapfer bleiben, Sie schaffen das schon.
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