TECHNIK Lebensmittel Pharma Kosmetik Chemie Non Food Schongang für die Kekse Inno-tech verringert die Bruchquote beim Abfüllen von Bio-Süßwaren | Auch im Markt für biologisch erzeugte Süßwaren gelten die Prinzipien der Konsumgesellschaft. Die ökologisch arbeitende Traditionsmarke Bohlsener Mühle suchte deswegen nach einer behutsamen Abfüllung für bruchempfindliche Bio-Dauerbackwaren. Inno-tech löste das Problem beweglich. D er Bio-Markt boomt. Unabhängige Händler, Bio-Kost-Ketten wie Basics und Alnatura, selbst Discounter sind auf den Zug aufgesprungen, weil die Nachfrage wächst: Der Verbraucher vermutet hinter Bio gesund. Deswegen steigt er auch bei Süßwaren zusehends um auf Naschwerk, das auf ökologischer Basis hergestellt wird. Zwei Prozent beträgt gegenwärtig etwa der Marktanteil biologisch erzeugter Süßwaren. Fachleute geben dem Markt aber gewaltige Chancen. Uwe Lebens, stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises Internationale Süßwaren-Messe (AISM). “In vier bis fünf Jahren könnte er 20 Prozent erreichen.“ Am Anfang wares es die kleineren Unternehmen mit klassischen ökologischen Wurzeln, die auf Bio-Produkte setzten. Ein Beispiel ist die Bohlsener Mühle in der Nähe von Lüneburg. Der Umweltaktivist und Volkswirt Volker Krause lernte nach Übernahme der elterlichen Mühle zusätzlich den Beruf des Müllers. Er sah in einer ökologischen Strategie die einzige Überlebenschance für den kleinen Betrieb. Das war 1979, also ziemlich in den Anfängen der Öko-Bewegung. Krause setzte auf die Bedürfnisse der wenigen Bioläden und war damit einer der Pioniere der Bewegung. Produktideen bestanden bei Volker Krause von Anfang an. Die Rohstoffe bereiteten das Problem. Er leistete bei den Bauern in der Region Überzeugungsarbeit: Über 125 Landwirte, zumeist über Bioland zertifiziert, haben sich bis heute zu der ökologisch arbeitenden Erzeugergemeinschaft ÖkoKorn-Nord zusammengeschlossen und beliefern nicht nur die Bohlsener Mühle. Von ihnen kommen dennoch rund zwei Drittel der benötigten Kornmenge des Mühlenbetriebs. Die Mühle hat sich knapp in 30 Jahren seit der Umstellung zum mittelständischen Hersteller entwickelt: Aus einem traditionellen, handwerklichen Betrieb ist eine moderne Bäckerei und Mühle entstanden, die fast 200 verschiedene Produkte in Bio-Qualität herstellt. 300 Bioläden im Dreieck Hamburg, Hannover und Bremen beziehen Backwaren und Brote von der Mühle. Der Naturkostfachhandel, Bioläden und Ketten sind die Abnehmer für alle Kleinpackungen wie das neue in den Markt gebrachte Müsli oder Burger- und Falafel-Mischungen. Vom Naturkost-Hersteller kommen Getreide und Getreideerzeugnisse aus Deutschland aber auch Reis, Hülsenfrüchte & Ölsaaten aus aller Welt, Knabbergebäck wie Cracker oder das 2007 eingeführte »Snäckebrot«, daneben auch ausgefallene Produkte wie Einkorn, Einkornflocken oder Taboulé – alles muss verpackt werden. Gesehen wird die Bohlsener Mühle vor allem als Keksbäckerei. 20 verschiedene Sorten, meist auf Dinkelbasis, werden angeboten. Das Unternehmen gilt als Marktführer in dieser Produktrange. Der Schlauchbeutel bildet die Grundlage Eigene Mühle, eigene Frischebäckerei, eigene Backstraße: Der Betrieb in Bohlsen ist in hohem Maße eigenständig. (Foto: Bohlsener Mühle) 40]neue verpackung 8.2008 Auf mittlerweile zwei Backstraßen laufen die Produkte vom Band in die Verpackungsstraßen. Der Schlauchbeutel bildet hier die Grundlage hier die Grundlage der Verpackungstechnik. Entwickelt wird das Verpackungsdesign im eigenen Haus. Auf eine Agentur kann Marketingchefin Susanne Hintz zurzeit noch verzichten. Zum Einsatz kommt zur Umsetzung eine freiberufliche Grafikerin. Genutzt werden bei den Bohlsenern herkömmliche Folien; Bio-Folien befinden sich in der Erprobung. Einen Kundendruck in diese Richtung sieht das Unternehmen allerdings nicht: „Die Szene ist weicher geworden“, sagt Susanne Hintz. Die Verbraucher entsprechen nicht mehr dem Bild der alternativen Bewegung. Die grundlegenden Verpackungstugenden gelten deswegen auch hier: „Haltbarkeit, Sicherheit und optische Präsentation zählen“ ergänzt Susanne Hintz. Und Qualität. Kekse gelten generell als besonders bruchempfindlich. Das prinzipbedingte Fallen beim Abfüllen mit vertikalen Schlauchbeutelmaschinen enthält einen zerstörerischen Kern. Die Bruchquote muss aber dennoch möglichst niedrig gehalten werden. Denn auch dies ist ein Qualitätsaspekt, der bei der Kundschaft in die Waagschale fällt. Die entsprechende Lösung kommt von einem mittelständischen Maschinenbauer aus Hessen: Inno-tech in PohlheimHolzheim hat eine verstellbare Befüllung für die empfindlichen Süßwaren konstruiert. Roland Klein, Gesellschafter und Geschäftsführer, erläutert das Prinzip: „Wir haben eine Maschine entwickelt, die sich stufenlos im Neigungswinkel verstellen kann.“ Konkret bedeutet dies: Der Form-, Füll- und Verschließtrakt ist an eine bewegliche Metallrückwand montiert, die sich im Winkel bis zu 35 Grad schwenken lässt. Je nach Bruchempfindlichkeit der Kekse wird vom Bedienungspersonal am Touchscreen ein vorprogrammierter Winkel gewählt. Dies geschieht automatisch und häufig. Häufig läuft eine Produktion nicht länger als ein paar Stunden. Mehrere Wechsel am Tag sind durchaus üblich. Manchmal wird ein Rezeptur aber auch über zwei Tage im DreiSchicht-Betrieb gefahren. Um die gesamte Fülleinheit bewegen zu können ist die Montagewand am oberen Maschinenrahmen an einem Winkel montiert und lässt sich so wunschgemäß schwenken. Je nach Neigungswinkel rutschen die Kekse langsamer und somit 1. Die hohe Nachfrage bringt Investitionen: Ende 2007 wurde eine zweite Backstraße in Betrieb genommen. (Foto: Bohlsener Mühle) 2. Schräge Funktionswand in der Schlauchbeutelmaschine: Je nach Empfindlichkeit des Füllguts wird die Neigung verstellt. (Foto: Waßmann) 3. Einfach, aber wirksam: Am oberen Rahmen wird die Funktionswand der Schlauchbeutelmaschine schwenkbar aufgehängt. (Foto: Waßmann) 4. Empfindlich: Backwaren – hier Dinkel-Cracker – wollen auf Schlauchbeutelmaschinen sorgsam behandelt werden. auch sorgsamer in den vorgeformten Beutel. Im Prinzip bleiben dabei alle entscheidenden Schlauchbeutelaggregate in der gleichen Position und bedürfen deswegen keiner zusätzlichen Justierung mehr. Inno-tech reklamiert die Lösung mit der stabilen, funktionalen Trägerwand als einzigartig für sich. Ein parabolischer Fülltrichter erhöht in der Zuführung der Kekse die Abfüllgeschwindigkeit und senkt die Bruchquote weiter, weil die Produkte nicht mehr zusammenstoßen können, wenn sie zwischen den beiden Wänden in die Beutel rutschen. Das Form- und Füllaggregat arbeitet mit einer kontinuierlichen Geschwindigkeit, die zwischen 60 und 100 Takten/ Minute liegt. Zwei Anlagen des Typs Revo S wurden zum Ende letzten Jahres aus Mittelhessen in die Lüneburger Heide geliefert. Neben dem reinen Abfüllvorgang verfügt sie über jeweils zwei Etikettenspendersysteme für die Beutelfront und den Rücken. Per Thermotransfer werden zusätzlich produktspezifische Daten auf Folie oder Etikett gedruckt. Das MHD wird über ein Heißprägeaggregat von AC Codiergeräte aufgebracht. Zwölf verkaufte Anlagen schinen an den Schneckendosierer oder die Waage gefahren. Diese getaktete Anlage liegt im Leistungsbereich von 50 Beuteln pro Minute. Beide Maschinentypen spiegeln nach Ansicht von Rijk Prins „das moderne und innovative Maschinenkonzept“, dass sich gegenwärtig in den Typen der Generation REVO spiegelt. Die Maschinen sind nach Firmenangaben anwenderorientiert aufgebaut und auf hohe Flexibilität gezüchtet. Angeboten werden die Maschinen für den gesamten Bereich der Schlauchbeutelabfüllung. Inno-tech ist ein relativ junges Unternehmen. Gegründet wurde es 1992 von den beiden Gesellschaftern Klein und Prins. Zehn Mitarbeiter aus den anderen bekannten Schlauchbeutel-Fabrikationen Mittelhessens wagten den Absprung zum Newcomer. Mit der Maschinenfamilie REVO, insgesamt vier Typen, werden intermittierende und kontinuierliche Abfüllungen angeboten. Dazu kommt eine horizontale Verschließmaschine, auf der Standbodenbeutel mit verschiedenen Kopfverschlüssen laufen. Aus dem Startteam sind mittlerweile 50 Mitarbeiter geworden. Bislang gingen mehr als 800 Maschinen in alle Welt. Bernd Waßmann Von der Schlauchbeutelmaschine wurden bereits zwölf Anlagen verkauft. Unternehmensgründer Rijk Prins sieht zahlreiche weitere Einsatzmöglichkeiten: Brötchen und andere Backwaren, Schokoriegel oder -eier oder Snacks wie Zwiebelringe. Im Bereich TK-Kost denkt er an Tortellini. Bereits im Jahr 2003 wurde an die Mühle eine REVO Schlauchbeutelmaschine mit einer nachgeschalteten Beutelkopfverschließmaschine geliefert. Die wird für verschiedene Mehl-, Kornund Müsliarten eingesetzt. Eine Besonderheit auch hier: Schlauchbeutelmaschine und Verschließer sind auf Schienen montiert, damit man sie verfahren kann. Diese Beweglichkeit wird für unterschiedliche Abfüllverfahren benötigt. Je nach Bedarf werden die Ma- 4 1 2 3 neue verpackung 8.2008]41
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