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Schermbecker Haarstudio
Ehemaliger Asylbewerber gibt Flüchtlingen eine Chance
SCHERMBECK Jungen Flüchtlingen aus Afghanistan bietet der Schermbecker Friseur Talib Hashim Muwafaq eine
berufliche Perspektive. Er selbst kam 2002 als Asylbewerber aus dem Irak.
AUTOR
Berthold Fehmer
Redaktion Dorsten
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ZUM ARTIKEL
Erstellt:
5. August 2015, 17:25 Uhr
Aktualisiert:
6. August 2015, 17:49 Uhr
Orte:
Schermbeck
THEMEN
Afghanistan, Ali Rasouli, Asylbewerber, Beruf und
Karriere, Fereshteh Sahadat, Flüchtlinge, Friseur,
Irak, Polizei, Saddam Hussein, Schüsse, Talib
Hashim Muwafaq, Taliban
Ali Rasouli (l.) ist vor vier Jahren aus Afghanistan geflohen. Talib Hshim Muwafaq hat sich dafür eingesetzt, dass Ali
Rasouli ab dem 1. September im Schermbecker Haarstudio arbeiten darf und ihm und seiner Familie eine Wohnung
besorgt. Foto: Berthold Fehmer
Amerikanischen, italienischen und deutschen Soldaten hatte er in Herat (Afghanistan)
die Haare geschnitten. Dafür erhielt Ali Rasouli (29) erst einen Drohbrief der Taliban.
Am Ende eine Kugel ins Bein. Mit seiner schwangeren Frau flüchtete er 2011 nach
Deutschland. Nun ist er froh, im „Schermbecker Haarstudio“ von Talib Hashim
Muwafag ab dem 1. September als Friseur arbeiten zu dürfen.
"Gut fürs Deutsch-Lernen"
Nach vier Jahren im Schermbecker Asylbewerberheim in Uefte können Rasouli und
seine Familie nun auch in einer eigenen Wohnung leben, die ihm Muwafaq zur
Verfügung stellt. Rasouli: „Da habe ich viel mehr Kontakt zu Deutschen, das ist gut fürs
Deutsch-Lernen.“ Rasoulis Frau ist wieder schwanger – das Umfeld sei dafür nun
wesentlich besser.
Einen Deutsch-Kurs hatte Rasouli, der den Friseur-Betrieb sowie Eltern und vier
Geschwister in Afghanistan zurücklassen musste („zu wenig Geld“), bislang nicht.
Ebenso wenig wie die Anerkennung als Flüchtling. Dennoch will er arbeiten und stellte
sich nach einem Tipp eines Bekannten bei Muwafaq vor. „Er macht gute Arbeit“, sagt
der: „Er hat hier im Laden seinem Kind die Haare geschnitten. Ein Kunde sah das, und
sagte, dass er von ihm auch die Haare geschnitten haben möchte.“
Geschicklichkeit
Muwafaq machte sich bei der Ausländerbehörde dafür stark, dass Rasouli bei ihm
arbeiten darf. Es ist nicht der erste Asylbewerber in seinem Betrieb. Fereshteh Sahadat
(19) ist im zweiten Lehrjahr und 2010 ebenfalls aus Afghanistan geflohen. Mit
Geschicklichkeit, Pragmatik, und Interesse für den Beruf überzeugte sie ebenfalls gleich
bei der ersten Vorstellung. „Sie sieht, was gemacht werden muss“, sagt Muwafaq.
Schüsse durchs Fenster
Was Fereshteh Sahadat zur Flucht aus Afghanistan bewegte, darüber mag sie nicht
sprechen. Ali Rasouli hat damit weniger Probleme. „Eines nachts, es muss so zwei, drei
Uhr gewesen sein, kamen drei Leute mit Motorrädern vor unser Haus gefahren. Sie
schossen mit Gewehren durch die Fenster und verschwanden wieder. Erst nach 20
Minuten kam die Polizei.“
"Das war die Hölle"
Muwafag sagt über seine Auszubildende und seinen künftigen Angestellten: „Ich denke
mich in ihre Situation hinein.“ Denn auch er floh 2002 aus seiner Heimat, dem Irak. In
den 80er-Jahren hatte Muwafaq dort Medizin studiert, musste dann im Krieg in Kuwait
kämpfen. „Das war die Hölle“, sagt Muwafaq. Es ist einer der wenigen Sätze, bei denen
er nicht lächelt. 1992 bis 1996 studierte er Wirtschaftsingenieurwesen – mit Abschluss.
Doch der wurde in Deutschland nicht anerkannt.
Perspektive schaffen
In Deutschland lernte er 2003 seine jetzige Frau kennen, eröffnete 2005 einen FriseurBetrieb in Recklinghausen und 2010 das „Schermbecker Haarstudio“, das er
mittlerweile an zwei Standorten (Kerkerfeld 18, Im Heetwinkel 3) betreibt. „Keine
Hoffnung auf Zukunft“, habe er für sich unter Saddam Hussein gesehen, sagt Muwafaq.
Dass junge Menschen eine Perspektive haben, ist ihm wichtig. Und dass Asylbewerber
in Deutschland Fuß fassen können. So hat er auch der Gemeinde Mithilfe angeboten,
wenn etwa ein Dolmetscher fehle.
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