6 Die Kopfweide – eine uralte Kulturform

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6 Die Kopfweide –
eine uralte Kulturform
Die Kopfweide ist eine alte Kulturform der Weidengewächse, bei welcher der Stamm stark eingekürzt wird und die Zweige regelmäßig geerntet
werden. Die nachwachsenden Triebe stehen
dann wie borstige Haare auf einem Kopf in die
Höhe.
Der Kopfweidenbestand in der Stadt Salzburg
mit seinen heute 450 Bäumen besitzt eine
durchgehend bis ins Mittelalter zurückreichende
Tradition. Soweit bekannt, bilden die Weiden am
Almkanal heute den größten und kulturhistorisch
ältesten Bestand Österreichs.
Seit der Bronzezeit wurden Zweige zum Winden
von Körben sowie für Ufersicherungen und für
Zäune verwendet. Auch die Wände und das
„Zaunsetzen im April“ aus dem Zyklus über das bäuerliche Leben, um 1700 (Foto Salzburg Museum)
Altes Haus am Almkanal, um 1912 (Foto Stadtarchiv
Salzburg /Fotosammlung Josef Kettenhuemer)
Eine Initiative des Stadtteilvereins Gneis
in dankenswerter Unterstützung durch:
Projektleiter Hans Huber · Gesamtgestaltung Werner Hölzl
„Gefache“ der zahlreichen mittelalterlichen
Fachwerkhäuser der Stadt Salzburg besaßen
einen Kern aus geflochtenen Weidenzweigen.
Das Wort „Wand“ leitet sich sprachlich von solchen gewundenen Zweigen ab. Samt den Blättern getrocknet waren Weidenzweige einst als
Winterfutter für das Vieh begehrt, bei mehrjährigem Schnittzyklus wurden Weidenäste als
Krüppel-Brennholz genutzt. Zudem hilft der
Baum durch sein Wurzelwerk die Uferböschungen zu sichern.
Heute dienen die Ruten der Kopfweiden noch
gelegentlich für Sicherungen im Wasserbau und
an Hängen. Darüber hinaus sind sie auch ein
beliebtes Material für Weidenhäuschen in Kindergärten und auf Kinderspielplätzen.
In der Kulturgeschichte galt die Weide lange als
Baum des Todes, der Trauer und der Sehnsucht.
Im Christlichen Lebenskreis wurden die Blütenstände der Weide (Palmkätzchen) zum Zeichen
von Tod und Auferstehung und seit Hippokrates
ist die fiebersenkende und entzündungshemmende Wirkung der Weidenrinde (Wirkstoff in
„Aspirin“) geschätzt.
Text Reinhard Medicus und Werner Hölzl
Korbflechter (Foto Verlag Anton Schroll & Co, Wien)