Rundfunk Berlin Brandenburg Mo 15.06.2015 I 22:15 I OZON unterwegs Fisch-Kot als Pflanzendünger In einem Kreuzberger Innenhof wird wieder sauber, was aus Waschmaschine und Geschirrspüler kommt, voller Tenside und Fett. So sauber, dass Schleie sich darin wohlfühlen. Der Fischkot düngt dann die Erdbeeren im Gewächshaus. Ein ganzes Forschungspaket ist hier zusammen geschnürt, um Abwässer der Stadt zur Nahrungsmittelproduktion in der Stadt zu nutzen. Bald soll sogar Toilettenwasser zu Flüssigdünger werden. Und Wasser-Farm-Gewächshäuser könnten Berliner Dächer krönen. Manuskript des Beitrags: Mitten im Hof – ein kleines Klärwerk, ein Gewächshaus, ein Regenwasser-sammelbecken. Von tausend Quadratmetern Dachfläche läuft das Regenwasser hier zusammen, versickert langsam. So wird bei Starkregen die Kanalisation entlastet. Das Schilf verdunstet bei Hitze Feuchtigkeit. Sorgt für angenehme Kühle. Der Hof ist ein lebendiges Versuchslabor – mit den Abwässern von 250 Mietern. Selbst an ihre Hinterlassenschaften aus der Toilette will man demnächst ran. Schwarzwasser, das bisher in der Kanalisation verschwindet. Schon jetzt wird hier viel Wasser recycelt. Aus Waschbecken, Dusche und Wanne. Aber – und das ist das Besondere - auch Wasser aus der Waschmaschine - voller Tenside, Abwaschwasser - voller Fett. Erstmals in Deutschland wird hier solch hochbelastetes sogenanntes Grauwasser wieder aufbereitet. Vom Sammelbecken gelangt die Brühe in die Kläranlage nebenan. Zehn Kubikmeter Grauwasser durchlaufen täglich diese Plastiktanks. Im Inneren - unzählige Bakterien. An Schaumstoffwürfeln halten sie sich fest. Fressen alles, was biologisch abbaubar ist. Fachleute, Politiker staunen, wenn Umweltingenieur Erwin Nolde seine Anlage erklärt. Von Behälter zu Behälter wird das Wasser klarer. Und die Bakterien? Haben sie ihre Arbeit getan, ist‘s mit ihnen aus. UV-Licht tötet sie ab, desinfiziert das Wasser. Was am Ende rauskommt, hat nahezu Trinkwasserqualität. O-Ton Erwin Nolde: Umweltingenieur „Abwasser – das ist eine Ressource für Wasser, es ist eine Ressource für Energie und es ist eine Ressource für Nährstoffe. Und letzten Endes wollen wir uns ökologischer Verhalten als die konventionellen System, die auf dem Markt sind. Und wir wollen natürlich auch dazu beitragen, dass die Wasserkosten der Mieter beziehungsweise der Bewohner hier nicht teurer sondern niedriger wird.“ Den größten Teil dieses „Betriebswassers“ nutzen die Mieter wieder für die Toilettenspülung. Ein Teil des gereinigten Abwassers aber fließt in das benachbarte Gewächshaus. O-Ton Grit Bürgow: Projektleiterin „Wir haben uns überlegt, dass man daraus noch viel mehr machen kann, nämlich das man das gleichzeitig auch als Bewässerungswasser nutzt. Und in dem Fall halt für die Farmwirtschaft In der Stadt.“ Im ehemaligen Grauwasser fühlen sich Schleie wohl. Und weiter geht der Wasserfluss. Vom Fischtank in – Pflanzenbeete ohne Erde. Denn der Fischkot ist idealer Nährstoff für Erdbeeren und Gemüse. Seit einem Jahr testet die TU Berlin gemeinsam mit sechs Kooperationspartnern, wie der Kreislauf funktioniert. Das Grauwasser aus den Haushalten wird aufbereitet und fließt dann in die Aufzucht von Fischen und Pflanzen. Bald soll auch das Schwarzwasser aus der Toilette Pflanzen mit Nährstoffen versorgen. Weltweit wird am Schwarzwasser geforscht – wie hier am Fraunhofer Institut „Umsicht“ in Oberhausen. Immer wieder wird das Wasser gefiltert, um an das zu kommen, was die Wissenschaftler interessiert. . O-Ton Dr. Ilka Gehrke: Verfahrenstechnikerin „Das Toilettenabwasser ist nicht nur ekelig, sondern wir haben eine ganze Menge Nährstoffe drin, die man für die Pflanzendüngung verwenden kann. Das ist z.B. Stickstoff, Phosphor, Kalium. Und wir können daraus Flüssigdünger gewinnen.“ In einem Monat soll in Berlin-Kreuzberg der Probebetrieb beginnen. Gerade werden die Behälter für die Reinigung des Schwarzwassers installiert. Was hier im Kleinen getestet wird, soll einmal im Großen möglich sein. Auf den Dächern von Häusern. Schließlich heißt das ganze Projekt - „Roof Water - Farm“. O-Ton Dr. Grit Bürgow Projektleiterin „Wir haben in unserer Gebäudestudie mal dimensioniert, was wäre wenn unser Gewächshaus auf 400 Quadratmeter vergrößern und auf das Dach hier eines Gebäudes setzen würden. Das Ergebnis wäre a) dass es grundsätzlich technisch machbar ist und man könnte zusätzlich zirka 80 Prozent des Bedarfs an frischem Gemüse und frischem Fisch decken. Das wäre also im Endeffekt ein Beitrag zur lokalen Nahrungsmittelproduktion in der Stadt.“ Rund 12 Prozent aller Flachdächer Berlins - hier grün markiert - könnten für ein Gewächshaus geeignet sein. Ein Bericht von Iduna Wünschmann.
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