Antwort - Landtag NRW

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode
Drucksache
16/11244
24.02.2016
Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 4327 vom 22. Januar 2016
des Abgeordneten Frank Herrmann PIRATEN
Drucksache 16/10873
Ermittlungen mit Funkzellenabfragen in Nordrhein-Westfalen
Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4327 mit Schreiben vom
23. Februar 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister
beantwortet.
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
Mit der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1549 wurde bekannt, dass die
Polizei NRW 10.330 Funkzellenabfragen im Zeitraum vom 7.12.2010 bis zum 28.8.2013
erfasst hat. Obwohl zehntausende Unschuldige von diesen Maßnahmen betroffen waren und
eine gesetzliche Pflicht zur Benachrichtigung besteht, gab es keine systematische
Benachrichtigung. Die Landesregierung konnte keinerlei Angaben dazu machen, ob und wie
sie technisch und organisatorisch sicherstellt, dass Sie die Benachrichtigungspflicht in der
Praxis einhält.
Auch die Antwort der Landesregierung, für eine Unterrichtung der Betroffenen seien
Anschlussinhaberfeststellungen notwendig, ist sachlich und technisch nicht korrekt. Die
Kontaktdaten der Betroffen werden durch die Funkzellenabfrage explizit erhoben, liegen der
Polizei vor und erlauben die formfreie Unterrichtung über den Eingriff in das
Telekommunikationsgeheimnis.
Datum des Originals: 23.02.2016/Ausgegeben: 29.02.2016
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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode
Drucksache 16/11244
1.
Wie viele nicht-individualisierte Funkzellenabfragen wurden in den Jahren 2013 bis
2015 in Nordrhein-Westfalen vorgenommen? (bitte aufschlüsseln nach Monat,
zugrunde liegendem Straftatbestand, veranlassender Behörde, Ort laut Anordnung,
Beginn und Ende der Maßnahme sowie die Summe der betroffenen
Kommunikationsvorgänge je Abfrage)
2.
Wie viele individuelle Funkzellenabfragen wurden in den Jahren 2013 bis 2015 in
Nordrhein-Westfalen vorgenommen? (bitte aufschlüsseln nach Monat, zugrunde
liegendem Straftatbestand, veranlassender Behörde, Beginn und Ende der
Maßnahme sowie die Summe der betroffenen Kommunikationsvorgänge je
Abfrage)
Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet.
Die zur Beantwortung der Fragen notwendigen Informationen sind kein Bestandteil
regelmäßiger Datenerhebungen und liegen dem Ministerium für Inneres und Kommunales
daher nicht vor.
Zur Beantwortung der Kleinen Anfrage müssten diese Daten speziell bei den nachgeordneten
Polizeibehörden erhoben werden. Dies ist in dem zur Beantwortung der Kleinen Anfrage
vorgesehenen Zeitraum nicht leistbar.
3.
Welche Informationen und Datenfelder werden aktuell bei über durchgeführte
Funkzellenabfragen insgesamt erhoben?
Bei einer Funkzellenabfrage werden der Polizei folgende Informationen und Datenfelder
mitgeteilt, soweit diese beim Diensteanbieter noch gespeichert sind.





4.
Nummer oder Kennung der beteiligten Anschlüsse oder der Endeinrichtung,
personenbezogene Berechtigungskennungen, bei Verwendung von Kundenkarten auch
die Kartennummer
Beginn und das Ende der jeweiligen Verbindung nach Datum und Uhrzeit und, soweit die
Entgelte davon abhängen, die übermittelten Datenmengen
den vom Nutzer in Anspruch genommenen Telekommunikationsdienst
Endpunkte von festgeschalteten Verbindungen, ihren Beginn und ihr Ende nach Datum
und Uhrzeit und, soweit die Entgelte davon abhängen, die übermittelten Datenmengen
sonstige zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Telekommunikation sowie zur
Entgeltabrechnung notwendige Verkehrsdaten
Wie wird aktuell sicherstellt, dass betroffene Personen, soweit § 101 Absatz 4 Satz
3 und 4 StPO nicht Anwendungen finden, über die Maßnahme zeitnah informiert
werden?
Die Strafprozessordnung sieht nicht vor, dass in allen Fällen, in denen § 101 Absatz 4 Satz 3
und 4 StPO keine Anwendung findet, die Betroffenen zeitnah zu benachrichtigen sind.
Vielmehr erfolgt die Benachrichtigung erst, wenn dies ohne Gefährdung des
Untersuchungszwecks, des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit und der persönlichen
Freiheit einer Person und von bedeutenden Vermögenswerten möglich ist (§ 101a Absatz 6
Satz 2 i. V. m. § 101 Absatz 5 Satz 1 StPO). Sobald dies der Fall ist, obliegt die
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Drucksache 16/11244
Benachrichtigung Betroffener eigenverantwortlich der jeweils zuständigen Staatsanwaltschaft
unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls.
5.
Plant die Landesregierung dem Vorbild des Landes Berlin zu folgen und alle
Betroffenen per SMS über die durchgeführten Funkzellenabfragen zu informieren?
Die unterschiedslose Benachrichtigung aller von einer Funkzellenabfrage Betroffenen sieht die
Strafprozessordnung nicht vor, da die Benachrichtigung unterbleiben kann, wenn die
betroffene Person von der Maßnahme nur unerheblich betroffen wurde und anzunehmen ist,
dass sie kein Interesse an einer Benachrichtigung hat (§ 101a Absatz 6 Satz 2 i. V. m. § 101
Absatz 4 Satz 4 StPO). Auch hierüber sowie über die Form der Benachrichtigung entscheidet
die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft unter Berücksichtigung der konkreten Umstände
des jeweiligen Einzelfalls. Nach Kenntnis der Landesregierung besteht in Berlin keine andere
Handhabung.
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