Presseaussendung 23. März 2016 Lastet BRIC-Rückgang auf CEE? Die Volkswirtschaften Zentral- und Osteuropas haben sich von den globalen Schwellenmärkten abgekoppelt • • • Die CEE-Volkswirtschaften profitieren von der aktuellen Phase ihrer Wirtschafts- und Finanzzyklen, von niedrigen Ölpreisen und von stabilen Währungen Trotz der Abschwächung des Zuflusses an EU-Mitteln sollte 2016 das Wirtschaftswachstum der CEE-Region mit 3,1% fast doppelt so hoch sein wie jenes des Euroraums (1,6%) Der Privatkonsum wird im laufenden Jahr in CEE der bedeutendste Wachstumstreiber sein 1 Die Wachstumsdynamik der Volkswirtschaften Zentral- und Osteuropas (CEE ) hat sich nun weitgehend von jener der globalen Schwellenmärkte (Global Emerging Markets), zu denen Brasilien, Russland, Indien und China 2 (BRICs genannt), aber auch Indonesien, Mexiko und die Türkei zählen, abgekoppelt. So lautet die Feststellung einer vom CEE Research Team der Erste Group jüngst veröffentlichten Studie („CEE'ing Past the BRICs“). „Die CEE-Länder einerseits und die globalen Schwellenmärkte andererseits befinden sich in unterschiedlichen Phasen ihres Konjunkturzyklus. Das ist der Hauptgrund dafür, dass die globale Wirtschaftsabschwächung diese beiden Gruppen unterschiedlich stark trifft“, erklärte Juraj Kotian, Head of CEE Macro/FI Research, einer der Verfasser der Studie. Im Zeitraum 2010 bis 2015 verzeichneten die globalen Schwellenmärkte dank hoher Rohstoffpreise und eines kräftigen Kreditwachstums eine sehr starke Dynamik, während das Wirtschaftswachstum in CEE vergleichsweise verhalten blieb, da die Länder der Region noch damit beschäftigt waren, ihre Leistungsbilanzen zu sanieren. Da die Volkswirtschaften im CEE-Raum ihr Potenzial erst in diesem Jahr oder 2017 voll ausschöpfen werden, bleiben sie noch weit vom Höhepunkt ihres Konjunkturzyklus entfernt. Aus diesem Grund sind die CEE-Märkte auch weniger gefährdet, von einem Konjunkturabschwung ähnlich hart wie in der Rezession des Jahres 2009 getroffen zu werden. Im Gegensatz dazu lag die wirtschaftliche Performance von Schwellenmärkten wie den BRICs in den letzten Jahren über ihrem Potenzial. Dazu weisen sie einen bemerkenswert hohen Beitrag der Investitionen zum BIP auf (derzeit nahezu 35% des BIP gegenüber 21% des BIP in CEE). 1 Die „CEE‘ing Past the BRICs“-Studie von Erste Research behandelt folgende Länder: Tschechien, Slowakei, Rumänien, Ungarn, Kroatien, Polen, Serbien und Slowenien. 2 Zusammen werden diese Märkte auf Englisch auch EAGLEs (emerging and growth-leading economies) genannt. 1/3 Neben des Einflusses des Konjunkturzyklus (zurückzuführen auf die obengenannten Output Gaps und Investitionsbeiträge) nennen die Analysten der Erste Group fünf weitere Faktoren, die zur Entkoppelung beitragen: Phase des Finanzzyklus: Die CEE-Länder befinden sich nicht nur in einer unterschiedlichen Phase des Konjunkturzyklus, sondern auch des Finanzzyklus, da ihre Volkswirtschaften eine kreditlose Erholung hinter sich haben. Ein solides Kreditwachstum und die Bereinigung der Bilanzen sind in CEE Anzeichen dafür, dass sich der Bestand an notleidenden Krediten (NPLs) in der Region stabilisiert hat oder sogar rückläufig ist. Im Gegensatz dazu könnte den globalen Schwellenmärkten nach dem starken Kreditwachstum der letzten fünf Jahre eine Verschlechterung der Kreditqualität ins Haus stehen. Niedrige Rohstoffpreise: Die CEE-Märkte, die ausgeprägte Nettoimporteure von Öl sind, profitieren vom Einbruch der Rohstoffpreise. Ein positiver Angebotsschock hat in CEE den Privatkonsum gestützt, gleichzeitig die Leistungsbilanzen der Region in Form gehalten und damit die Anfälligkeit der CEE-Länder gegenüber externen Schocks begrenzt. In den globalen Schwellenmärkten waren die Auswirkungen des Angebotsschocks unterschiedlich. Währungsentwicklungen: Die deutlichste Divergenz zwischen den CEE-Märkten und den globalen Schwellenmärkten wurde an der Entwicklung ihrer Währungen deutlich. Die CEE-Währungen sind in den vergangenen zwei Jahren relativ stabil geblieben und konnten die von China ausgehenden Turbulenzen abwettern, während die Währungen zahlreicher globaler Schwellenmärkte um 30 bis 50% abgewertet wurden. Entwicklung der Inflation: Ein weiterer prägnanter Unterschied zwischen globalen Schwellenmärkten und CEE zeigt sich in den divergenten Inflationsraten, die offensichtlich mit den Wechselkursentwicklungen in Zusammenhang stehen. In den letzten zwei Jahren haben die Verbraucher in CEE von der niedrigen Inflation (mit Inflationsraten um null Prozent) profitiert, was für die Haushalte eine höhere Kaufkraft bedeutete. Die Konsumenten der globalen Schwellenmärkte mussten hingegen mit einer Durchschnittsinflation von 4% und in manchen Fällen (z.B. Russland) sogar mit einer Teuerung in zweistelliger Höhe leben. Abflüsse von Finanzkapital: Im dritten Quartal 2015 mussten die globalen Schwellenmärkte – allen voran die BRICs und die Türkei – die stärksten Abflüsse an Finanzkapital seit 2008 hinnehmen. In der CEE-Region blieb das Durchschnittsvolumen der Finanzinvestitionen hingegen, insbesondere dank stetiger Zuflüsse nach Tschechien, stabil. Ungarn konnte aufgrund seines deutlichen Leistungsbilanzüberschusses die von Ausländern gehaltenen HUF-Schulden ohne wesentliche Auswirkung auf seine Währung weitgehend abbauen. Während die Länder Zentral- und Osteuropas sich in einer gänzlich anderen Situation als die meisten Schwellenmärkte befinden, darf man nicht außer Acht lassen, dass vom Wirtschaftsabschwung der globalen Schwellenländer über Handelskanäle und eine Eintrübung der Stimmung für CEE eine Ansteckungsgefahr ausgehen könnte. Allerdings erklärt dazu Zoltan Arokszallasi, Chief Analyst, CEE Macro/FI Research Team und Mitverfasser der Studie "CEE'ing Past the BRICs": „Unserer Einschätzung nach ist das Risiko einer Ansteckung relativ gering, da die CEE-Region im Export nicht über allzu starke direkte Handelsbeziehungen mit globalen Schwellenmärkten verfügt. Zudem sinkt die Abhängigkeit von ausländischen Kapitalzuflüssen in CEE in den letzten Jahren. Was den wirtschaftlichen Ausblick für die Region betrifft, ist für die CEE-Länder die Entwicklung der Wachstumsdynamik im Euroraum von viel größerer Bedeutung.“ Trotz der Abschwächung des Zuflusses an EU-Mitteln sollte 2016 das Wirtschaftswachstum der CEERegion mit 3,1% jenes des Euroraumes (1,6%) übertreffen Für das laufende Jahr erscheint der Wachstumsausblick für die CEE-Region etwas gedämpfter: Einerseits wird sich der Zufluss an EU-Mitteln vermutlich abschwächen, andererseits gibt es Fragezeichen bei der 2/3 Auslandsnachfrage. Der Privatkonsum sollte sich aufgrund solider Beschäftigungszuwächse und Reallohnsteigerungen jedoch noch weiter beleben. 2015 fiel die durchschnittliche Arbeitslosenquote in der CEERegion erstmals seit 2009 in den einstelligen Bereich. Für 2016 wird ein weiterer Rückgang erwartet. Da die CEELänder Nettoenergieimporteure sind, ist der jüngste Rückgang der Ölpreise für sie wachstumsfördernd. In einigen Ländern (Polen, Rumänien) trägt auch die finanzpolitische Lockerung zur Stärkung der Inlandsnachfrage bei. Eine länderweise Betrachtung zeigt, dass sich das BIP-Wachstum in Rumänien (Schätzung für 2016: 4,1%) und Serbien (1,5%) beschleunigen könnte, während Polen (3,6%) und die Slowakei (3,5%) ihre Wachstumsraten ungefähr beibehalten sollten. Rumänien könnte sich als das CEE-Land mit dem höchsten Wirtschaftswachstum erweisen, allerdings auf Kosten der finanzpolitischen Lockerung und der Aussicht auf eine straffere Geldpolitik. In Ungarn (2,2%) und insbesondere in Tschechien (2,5%) wird wegen eines rückläufigen Zustroms an EU-Mitteln eine Abschwächung erwartet. Eine gewisse Verlangsamung ist auch in Slowenien (1,9%) anzunehmen. Insgesamt sollten die Volkswirtschaften der CEE-Region 2016 im Durchschnitt um 3,1% expandieren. Obwohl die jährlichen Wachstumsprognosen für die globalen Schwellenmärkte in 2016 höher liegen (BRICs: 4,6%, EAGLES: 4,1%), ist es wichtig festzuhalten, dass diese Prognosen bereits Absenkungen, die von den führenden internationalen Finanzinstitutionen durchgeführt wurden, beinhalten. Das Wachstumsziel der BRICs wurde um 0,8pp und jenes der EAGLES um 0,6pp gegenüber früheren Schätzungen reduziert. Die Wachstumsprognosen der rohstoffexportierenden Länder wurden gar um 1,7pp nach unten revidiert. Im Gegensatz dazu wurden die Prognosen für CEE um 0,10pp hinaufgeschraubt, während jene der Eurozone um 0,1pp gesenkt wurden. Pressestelle Michael Mauritz (Leitung Konzernkommunikation) Carmen Staicu (Konzernpressesprecherin) Peter Klopf (Pressereferent) Tel: +43 50100 – 19603 Tel: +43 50100 – 11681 Tel. +43 50100 – 11676 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Diese Presseaussendung ist auch verfügbar unter: www.erstegroup.com/pressrelease Die Erste Group ist der führende Finanzdienstleister im östlichen Teil der EU. Rund 46.500 Mitarbeiter betreuen in rund 2.700 Filialen 15,8 Millionen Kunden in 7 Ländern (Österreich, Tschechien, Slowakei, Rumänien, Ungarn, Kroatien Serbien). Die Bilanzsumme der Erste Group betrug zum Jahresende 2015 199,7 Milliarden EUR, der Nettogewinn 968,2 Millionen EUR und die Kernkapitalquote (Basel III Vollanwendung) 12,3%. 3/3
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