Frequenzverschiebungen und Empfängerbandbreite bei digitalen LVS

Frequenzverschiebungen und Empfängerbandbreite bei digitalen LVS
Erschienen in The Avalanche Review Dezember 2004
Ältere, analoge Lawinenverschüttetensuchgeräte (LVS) sind anfällig für Verschiebungen der Frequenz beim
Senden. Diese Frequenzverschiebungen können ausgelöst werden durch Temperaturschwankungen, Alterung
und Schläge. Oft sind diese Verschiebungen so gross, dass diese LVS nicht mehr der aktuellen europäischen
Norm von 457 kHz für die Sendefrequenz entsprechen.
Zur Vergrösserung ihrer Empfangsreichweite arbeiten einige der neuen digitalen LVS mit schmalen
Frequenzbandbreiten. Dies reduziert ihre Empfangsleistung und Empfangsreichweite bei Sendern die nicht in der
Normfrequenz senden.
Zurzeit besteht noch kein internationaler Standard der die Empfängerbandbreite reglementiert. Ein solcher
Standard ist wünschenswert um die zuverlässige Zusammenarbeit zwischen alter und neuer Technologie zu
gewährleisten.
Anwender sollten die Empfängerbandbreite bei der Auswahl eines neuen, digitalen LVS mit berücksichtigen.
Anwender alter, analoger LVS sollten diese regelmässig auf Frequenztreue beim Senden überprüfen lassen und
den Wechsel auf ein modernes Gerät mit Quarzoszillator in Betracht ziehen.
Hintergrund
Im Jahr 2001 berichtete das französische Institut für Schnee- und Lawinenforschung ANENA das ein weit
verbreitetes, analoges LVS (A1) bei tiefen Temperaturen nicht innerhalb der europäischen Norm sendet. Laut
dem Bericht könnte mit diesem Gerät als Sender bei einigen der neuen digitalen LVS die Empfangsleistung
beeinträchtigt werden, speziell bei den Empfängern mit schmaler Frequenzbandbreite.
Im Jahr 2004 beauftragten Backcountry Access und Rescue Technology das unabhängige Labor Apex Wireless
mit der Untersuchung der Empfängerbandbreite der neusten Generation von digitalen LVS. Auch wurde die
Kompatibilität mit frequenzverschobenen Geräten, speziell (A1) untersucht.
Sendefrequenz
Seit 1996 ist der internationale Standard für die Sendefrequenz von LVS 457'000 Hertz (457kHz). Im Jahr 2001
änderte das europäische Komitee für Telekommunikationsstandards die Toleranz in der ETS 300 719 Norm von
457'000 + / - 100 Hz auf 457'000 + / - 80 Hz.
Abbildung 1: Verschiebung der Sendefrequenz bei abnehmender Temperatur, Gerät A1 wandert aus der
Normfrequenz, Labormessungen von ANENA 2001
Ein Grund für Frequenzverschiebungen liegt bei unterschiedlicher Hardware bei modernen LVS und solchen die
vor der Einführung der digitalen Technologie hergestellt wurden. Es ist nicht direkt ein Unterschied zwischen
analoger und digitaler Technologie. Der Unterschied besteht in den Komponenten die von den Herstellern zum
jeweiligen Zeitpunkt verwendet wurden. Die meisten älteren LVS verwenden keramische oder „X-cut“ Oszillatoren
zum Erzeugen des 457 kHz Signals. Diese Oszillatoren sind unzuverlässig in der Erzeugung eines Signals das
der neuen Norm entspricht und sie sind anfällig auf Frequenzverschiebungen durch Alterung,
Temperaturschwankungen und Schläge.
Die neue Generation der hybriden und digitalen LVS verwenden im Allgemeinen qualitativ bessere und teurere
Oszillatoren aus „AT-cut“ Quarzkristallen. Diese erweisen sich als zuverlässiger beim Senden innerhalb der Norm.
Empfängerbandbreite
Die Empfängerbandbreite ist das Mass der Empfindlichkeit eines LVS auf die Sendefrequenz die es empfängt.
Eine grössere Bandbreite heisst, dass der Empfänger einen breiteren Frequenzbereich empfangen kann.
Eine schmale Empfängerbandbreite kann die Reichweite beim Empfang eines Senders mit optimaler
Senderfrequenz vergrössern. Aber die Empfangsleistung kann beim Empfang eines in der Frequenz
verschobenen Signals stark abnehmen. Dies bedeutet eine empfindlich reduzierte Empfangsreichweite und
unzuverlässige Angaben.
Die Empfängerbandbreite wird bestimmt von der am stärksten empfangenen Frequenz und der „Steilheit“ des
Filters bei der Verarbeitung des Signals. Ein steiler Filter kann dazu führen das ein in der Frequenz verschobenes
Signal nicht empfangen wird.
Es gibt für die Empfängerbandbreite keinen verbindlichen europäischen oder nordamerikanischen Standard.
Einzig ANENA hält fest, dass alle Empfänger innerhalb des Bereichs von 457 kHz +/- 100Hz eine gleichmässige
Empfindlichkeit zeigen sollten.
Gemäss ANENA erfüllt nur Empfänger D1 das Kriterium einer gleichmässigen Empfindlichkeit innerhalb des
Bereichs von +/- 100 Hz. Der APEX Test zeigte grosse Unterschiede in der Bandbreite bei den verschiedenen
neuen LVS und inkonsistente Leistung beim Empfänger D5.
Abwärts Kompatibilität
Die Daten von APEX und ANENA lassen vermuten dass Kompatibilität ein Problem ist, wenn digitale Empfänger
mit schmaler Bandbreite gemeinsam mit Sendern die aus der Frequenz gedriftet sind verwendet werden. In
diesem Fall können die digitalen Empfänger mit schmaler Bandbreite eine tiefere oder unzuverlässige Reichweite
aufweisen und falsche Mehrfachverschüttungen anzeigen.
Abbildung 2: Die Messungen von APEX zeigen dass D1 die grösste Empfängerbandbreite aufweist und
am wenigsten empfindlich auf Frequenzverschiebungen ist. D2, D3 und D4 zeigen schmalere
Empfängerbandbreite, steilere Filter und sind weniger Kompatibel mit Sendern mit verschobener
Frequenz. D5 zeigte grosse Inkonsistenz je weiter die Frequenz des Senders aus der Norm wanderte,
deshalb konnte APEX die Bandbreite nicht bestimmen.
Um das Ausmass dieses Problems zu untersuchen, haben die Autoren 10 gebrauchte LVS A1 von
verschiedenen professionellen Institutionen (Pistendienste, Bergschulen) untersucht. Die ANENA Studie
untersuchte nur neue Geräte auf Temperaturempfindlichkeit, jetzt wurden gebrauchte Geräte getestet um die
Auswirkungen von Alterung und Gebrauch zu untersuchen.
APEX führte mit diesen gebrauchten Geräten Frequenzmessungen bei Raumtemperatur aus und fand grosse
Unterschiede in der Sendefrequenz. Zwei der zehn Geräte sendeten ausserhalb der Norm von +/- 80 Hz: Eines
bei -90 Hz und eines bei +423 Hz. Angesichts der kleinen Anzahl Geräte die untersucht wurden stellt sich die
Frage nach der Frequenzabweichung bei weiteren unter den rund 300'000 A1 LVS die zurzeit weltweit im
Gebrauch sind.
Anschliessend führten die Autoren Feldversuche mit dem +423Hz Sender durch, um die Auswirkung dieser
grossen Abweichung auf die Empfangsreichweite zu messen. Sender und Empfänger wurden koaxial
ausgerichtet und mit neuen Batterien versehen. Bei digitalen Empfängern wurde die maximale Reichweite
gemessen am Punkt wo konstante Distanz- und Richtungsanzeigen auftraten. Bei hybriden analog/digitalen
Empfängern wurde die maximale Reichweite festgelegt dort wo der hörbare Ton 60 Dezibel überschritt. Die
Resultate zeigen grosse Unterschiede in der Empfangsreichweite von 35 m bis 0 m. Empfänger D1 ist am
besten kompatibel mit dem um 423 Hz gedrifteten Sender, D5 ist am wenigsten kompatibel (kein Signal
empfangen).
Abbildung 3: Bei der Messung der Reichweite zeigte D1 zuverlässige Distanzangeben und kaum
reduzierte Reichweite. D5 empfing gar kein Signal. Die hybriden analog/digitalen Geräte (D2, D3, D4)
zeigten reduzierte Reichweiten und ungenaue Werte. Der getönte Bereich in der Grafik zeigt die
Zunahme des hörbaren, analogen Signals.
Schussfolgerungen
Alle modernen, digitalen LVS können die Auswirkung von temperaturbedingten Frequenzschwankungen
abfangen. Aber nicht alle können mit der zusätzlichen, kumulierten Auswirkung von Alterung und Schlägen
umgehen. Vor allem diese zwei Faktoren werden die Probleme mit Frequenzverschiebungen bei den
alternden analogen LVS weltweit immer mehr verstärken.
Die Autoren empfehlen die Schaffung eines internationalen Standards für die Empfängerbandbreite. Dieser
sollte eine gleich bleibende Empfindlichkeit innerhalb der alten und neuen Europäischen Norm vorschreiben.
Ebenfalls sollte der zuverlässige Empfang von Signalen die deutlich ausserhalb der Norm liegen
vorgeschrieben werden.
Anwender im professionellen und privaten Bereich sollten bei der Anschaffung von digitalen LVS grossen
Wert auf die Empfängerbandbreite legen. Analoge Geräte sollten ersetzt werden durch moderne Geräte mit
hochwertigen Quartzoszillatoren oder wenigstens regelmässig vom Hersteller überprüft werden.
Autoren: Bruce Edgerly Backcountry Access, John Hereford Rescue Technology, Übersetzung Gecko Supply
GmbH
Quellen: Johnson, Brian, Avalanche Beacon Frequency Characteristics Apex Wireless Inc, Sept 2004
Sivardière, François, Transceiver Tests; Laboratory Measurements, ANENA, März 2001