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WIRTSCHAFT
DAS SILBERNE BAND
DER SÄCHSISCHEN
INDUSTRIEGESCHICHTE
WIRTSCHAFT
Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern das
Schüren des Feuers.
Jean Jaurés,
franz. Philosoph und Politiker
Durch die Ausstellungshalle des Sächsischen Industriemuseums Chemnitz zieht sich ein langes silbernes Band. Gezackt
wie ein Blitz zieht es die Blicke der Besucher auf sich. Wie auf dem Laufsteg werden dort Objektensembles präsentiert,
Highlights herausragender sächsischer Erzeugnisse und Erfindungen, die die wichtigsten Industriezweige der bedeutenden
Industriegeschichte Sachsens widerspiegeln. Die Objekte bilden in Zeitsprüngen den technologischen Wandel ab und ermutigen den Besucher zum direkten Vergleich von historischen und zeitgenössischen Exponaten. Erstaunlich, was alles
aus Sachsen kommt und welche neuen Entwicklungen der Freistaat zu bieten hat.
N
ach einer fast einjährigen Schließzeit
und einem kompletten Umbau öffnete das Sächsische Industriemuseum
wieder seine Türen. Eine neue Dauerausstellung, gestaltet vom Architekturbüro
Space4 GmbH, bringt den Besuchern in
den Hallen des Museums mehr als zwei
Jahrhunderte Industriegeschichte näher.
Doch nicht nur die Geschichte wird im
Museum gezeigt, sondern auch das
Heute und Morgen in Industrie, Technik
und Forschung werden sichtbar. Der
Freistaat Sachsen hat die Einrichtung der
neuen dauerhaften Darstellung mit insgesamt 2 Millionen Euro gefördert – 2013
flossen 300.000 Euro und im letzten Jahr
1,7 Millionen Euro für die Umgestaltung
der mehr als zehn Jahre alten Exposition.
Damit setzt der Freistaat seine Unterstützung für den Zweckverband Sächsisches
Industriemuseum, dem auch das Besucherbergwerk Ehrenfriedersdorf, die
Energiefabrik Knappenrode sowie die
Tuchfabrik Gebr. Pfau in Crimmitschau
angehören, fort. In den ersten fünf Anfangsjahren hatte das Staatsministerium
für Wissenschaft und Kunst zunächst
auch als Mitglied im Zweckverband
agiert. Insgesamt flossen bisher zirka 23
Millionen Euro vom Freistaat, der mit
dem Geld hälftig die denkmalgerechte
Sanierung der einstigen Gießerei- und
Maschinenhalle unterstützt und auch
den Depotneubau mitgefördert hatte.
AUSGABE SOMMER 2015
„Es ist gut, dass dieser Ort sich
in der reichhaltigen sächsischen Museumslandschaft
dauerhaft als zentrales Schaufenster
für die sächsische Industriegeschichte etabliert hat.
Dieses Haus und seine neue Dauerausstellung
sind auch ein Beleg dafür,
welch wichtigen Stellenwert Chemnitz,
jenes sprichwörtliche ,sächsische Manchester‘,
in der Industriekultur der südwestsächsischen Region einnimmt.“
Dr. Eva-Maria Stange, Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst
WIRTSCHAFT
Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig,
zugleich Vorsitzende des
Zweckverbandes Sächsisches
Industriemuseum
In Anwesenheit des sächsischen Staatsministers für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und stellvertretenden Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen, Martin
Dulig, der Oberbürgermeisterin der Stadt
Chemnitz und Vorsitzenden des Zweckverbandes Sächsisches Industriemuseum,
Barbara Ludwig, Vertretern der Staatsministerien, des Landtages, Vertretern der
Stadt Chemnitz, Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur sowie einer Vielzahl von Leihgebern fand am
11. Juni 2015 die feierliche Wiedereröffnung der Dauerausstellung statt. „Das Industriemuseum ist ein großartiges Museum und erzählt wie kein anderes von
unserem Selbstverständnis als Wiege,
Schmiede und Zukunftslabor der Industrialisierung in Sachsen und Deutschland“,
so Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig,
die zugleich Vorsitzende des Zweckverbandes Sächsisches Industriemuseum ist,
in ihrer Begrüßungsansprache.
Highlight aus über 200 Jahren sächsischer Industriegeschichte ist auch der
Automobilbau. Vom Horch zum Volkswagen – so könnte man die einzigartige Geschichte in der Wirtschaftsregion Chemnitz-Zwickau kurz und bündig beschreiben.
Nicht nur, dass hier seit 1904 Pkw, Motorräder und Nutzfahrzeuge gefertigt werden,
auch zahlreiche Innovationen und legendäre Marken wie
„Horch“, „Audi“, „Wanderer“ und „DKW“ haben hier ihren Ursprung. Heute gehört
AUSGABE SOMMER 2015
Sachsen mit fünf Fahrzeug- bzw. Motorenwerken von Volkswagen, BMW und Porsche zu den deutschen Spitzenstandorten.
Die Automobilbranche steuert fast ein
Viertel zum Gesamtumsatz und über 35 %
zum Auslandsumsatz der sächsischen Industrie bei.
So verwunderte es zunächst, dass Andreas Kindschuh, Ensemblemitglied der
Oper Chemnitz, „Puppchen, Du bist mein
Martin Dulig,
Staatsminister für Wirtschaft,
Arbeit und Verkehr und stellvertretender Ministerpräsident
Thomas Früh,
Abteilungsleiter Kunst im
Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft
Prof. Dr. Helmuth Albrecht,
Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates für Industriekultur
in Sachsen
Josef Ramthun,
Geschäftsführer der Sachsen
Guss GmbH
Achim Dresler,
Stellvertretender Direktor im
Industriemuseum Chemnitz
Augenstern“ anstimmte und die Damen
des Balletts anhimmelte. Das Schmunzeln
der geladenen Gäste aber galt dem Erkennen der Zweideutigkeit. Denn „Puppchen“
wurde auch der niedliche kleine Wagen
genannt, mit dem die Chemnitzer Firma
Wanderer die Automobilproduktion aufnahm. So originell und ungewöhnlich der
Wagen mit den zwei Sitzen hintereinander
auch aussah, er schlug ein. Das Fahrzeug
„Wir wollen die Menschen nicht nur begeistern
mit der barocken Schönheit von Dresden oder
einem hippen Lebensstil in Leipzig, sondern auch
in die wirtschaftliche Herzkammer nach Chemnitz führen.“
Aus dem Grußwort zur Eröffnungsveranstaltung von Martin Dulig,
Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
und stellvertretender Ministerpräsident
galt als sehr robust, fuhr immerhin 70 km/h schnell
und galt auf Bergpässen als „Klettermaxe“. Der Erfolg des Kleinwagens basierte aber auch auf einem
geschickten Marketingcoup: In der 1913 uraufgeführten und sehr beliebten Operette „Die keusche
Susanne” von Jean Gilbert stand im 1. Akt ein Wanderer W3 als Requisite auf der Bühne, und der aus
der Operette stammende Evergreen „Puppchen, Du
bist mein Augenstern“ wurde zum Namensgeber.
AUSGABE SOMMER 2015
Die Ausstellungsbereiche
Die neue Dauerausstellung ist in Themenfelder untergliedert,
die keiner strengen Chronologie folgen, sondern wichtige
Bereiche der industriellen Welt, vom Bergbau und der Textilindustrie über den Maschinen- und Automobilbau bis hin zu
sozialen Folgen der Industrialisierung vorstellen. Mehr als
500 Exponate aus der eigenen Sammlung sowie von über 100
Leihgebern sind hier zu sehen.
„Das Industriemuseum ist ein starkes Symbol sächsischer Industriegeschichte.
Zahlreiche originale Maschinen, Exponate und spannende Geschichten machen die Entwicklung des Freistaats von der Textilbranche über Gießereien
und den Fahrzeugbau für Groß und Klein eindrucksvoll erlebbar.
Mit der neuen Dauerausstellung leistet das Museum einen wichtigen Beitrag
dazu, Geschichte und Wachstum des Landes und seiner Unternehmen über
Generationen hinweg zu bewahren.“
Aus dem Grußwort zur Eröffnungsveranstaltung von Martin Dulig,
Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
und stellvertretender Ministerpräsident
Im Themenfeld Leidenschaft und Vernunft wird einer von vielen sächsischen
Industriellen näher vorgestellt – der Ingenieur Jørgen Skafte Rasmussen (18781964). Mit seinem DKW-Konzern schrieb
Rasmussen nicht nur sächsische Geschichte. Ursprünglich unter dem Namen
Rasmussen & Ernst 1902 in Chemnitz gegründet, wurde das Unternehmen 1907
nach Zschopau im Erzgebirge verlegt.
Hergestellt und vertrieben wurden zunächst Abdampfentöler für Dampfkraftanlagen, Kotflügel und Fahrzeugbeleuchtungen, Vulkanisier-Apparate sowie
Zentrifugen aller Art. 1916 begann Firmengründer Jørgen Skafte Rasmussen
mit Experimenten zu einem Dampfkraftwagen, dessen Bezeichnung ‚DKW‘ er
sich schützen ließ. 1919 verlegte sich das
in Zschopauer Motorenwerke umbenannte Unternehmen auf den Bau von
kleinen Zweitaktmotoren. Verkaufsschlager des Jahres 1921 waren Fahrräder mit
Hilfsmotoren und einer Leistung von
1 PS, die auf dem Gepäckträger montiert
wurden und deshalb im Volksmund den
Beinamen Arschwärmer erhielten. Verkauft wurden sie äußerst erfolgreich un-
ter dem Slogan „DKW das kleine Wunder,
läuft bergauf wie andre runter!“ Ab 1922
waren die Zweitaktmotoren die Grundlage für den Beginn einer erfolgreichen
Motorradproduktion und schon Ende der
1920er-Jahre waren die Zschopauer Motorenwerke der weltgrößte Motorradproduzent.
1928 erschien der erste DKW Kleinwagen auf dem Markt. Die Automobile der
Frontantriebsreihe waren in Technik und
Design Spitzenprodukte und festigten den
ausgezeichneten Ruf des Unternehmens.
Seit der Wiedereröffnung präsentiert das
Sächsische Industriemuseum nun die in
Deutschland einzigartige private Sammlung von historischen Exponaten in denen
die Marke DKW steckt und die dem Haus
vom Enkel des Fahrzeugpioniers Jørgen
Skafte Rasmussen bereits 2011 geschenkt
wurde. Der bei Frankfurt am Main lebende
Enkel, der den Namen seines Großvaters
trägt, begründete seine Entscheidung damals damit, dass sein Großvater zwar in
Zschopau produzierte, aber die Auto
Union AG bis 1945 in Chemnitz ansässig
gewesen sei. So gehörten diese Autos ganz
einfach nach Chemnitz.
Eine Herzensangelegenheit – Jörgen
Skafte Rasmussen,
Enkel des Firmengründers, vor der Schenkung der einzigartigen
DKW-AutomobilSammlung mit mehr
als 20 Autos der 20erund 30er-Jahre, sowie
weiterer Entwicklungen seines Großvaters
AUSGABE SOMMER 2015
AUSGABE SOMMER 2015
WIRTSCHAFT
mehrere Öffnungen, in die man die Kugel
fallen lassen kann, aber nur eine führt
zum Ziel. Das ist der richtige Weg zu KSG.
Raik Jelitzki, Technologe im Fertigungszentrum Mechanik der KSG Leiterplatten
GmbH, fand es toll, im Team bei der Entwicklung das im Studium erworbene Wissen in einem interessanten Praxisprojekt
anwenden zu können. Es galt mehrere
werkstoffwissenschaftliche und konstruktive Probleme zu lösen, damit die Kugel
mit möglichst wenig Reibung durch die
Bahn rollt.
„Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Gut. Das ist bei uns kein leeres
Versprechen, sondern gelebte Überzeugung. Wir bringen unseren Mitarbeitern
eine hohe Wertschätzung entgegen – ein
Engagement, das man spürt. Und ein En-
Im Themenfeld Heute und Morgen
spiegeln sich die wirtschaftlich-technischen Errungenschaften aktueller Unternehmen des Freistaates Sachsen und
somit die Aktualität des Themas Industriekultur wider. In diesem InnovationsSchaufenster präsentiert sich auch die
KSG Leiterplatten GmbH, ein weltweit
renommierter Hightech-Produzent von
Leiterplatten mit langer Tradition. Die
KSG Leiterplatten GmbH mit Sitz im
sächsischen Gornsdorf ist mit 680 Mitarbeitern der drittgrößte Leiterplattenhersteller in Deutschland. In Europa belegt
man schon Platz vier.
Für die Ausstellung entwickelte ein
Team aus jungen Ingenieuren ein überdimensionales Modell einer Multilayer-Leiterplatte, in der die Leiterzüge als Kugelbahnen ausgefräst sind. Die Leiterplatte,
gedruckte Schaltung, Platine, oder neudeutsch „PCB“ (Printed Circuit Board)
gehört zur Entwicklung moderner Elektronik dazu und ist nahezu in jedem elektronischen Gerät enthalten. Ohne sie
könnte die Welt der Zukunft überhaupt
nicht existieren. Leiterplatten und die
Schaltkreise werden dabei immer komplexer und leistungsfähiger. Am Modell
kann anschaulich dargestellt werden, wie
die Elektronen bzw. Signale den Weg
durch die Leiterzüge nehmen. Es gibt
AUSGABE SOMMER 2015
AUSGABE SOMMER 2015
EREIGNIS
TIPP: TOP Sachsen App
im Apple-App-Store für iPad
downloaden
Du möchtest einen Einblick bekommen,
was Dich bei KSG erwartet? Dann schau Dir
den unterhaltsamen Film auf Deinem iPad an.
Vielleicht weckt er in Dir die Lust, auch
in die Elektronikbranche einzusteigen.
Dein Beruf – Deine Zukunft
ROUTE DER
INDUSTRIEKULTUR
Sachsen verfügt über eine beeindruckende Zahl von industriegeschichtlichen Denkmälern, die für eine Zeit stehen, in der Sachsen die stärkste Industrieregion Deutschlands war. Räumlich so dicht beieinander und quer durch alle Branchen findet man das
in keinem anderen Bundesland. Diese „Route der Industriekultur“ soll stärker touristisch erschlossen werden. Als erstes Objekt
der „Route der Industriekultur“ wurde bereits im Sommer 2014 das Sächsische Industriemuseum in Chemnitz mit einer Plakette
ausgezeichnet. Die Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen mbH hatte im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für
Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) 51 Zeugen des Industriezeitalters bis 1945 in der Broschüre „Industriekultur in Sachsen“
und in einer begleitenden Internetpräsenz zusammengefasst, um die industriellen Wurzeln Sachsens touristisch bekannter zu
machen. Mit dem Impuls zur „Route der Industriekultur“ entspricht das SMWA der Tourismusstrategie Sachsen 2020, die Position
Sachsens als Kulturreiseziel Nr. 1 in Deutschland zu stärken.
Fotos: Thomas Kunstmann
Planung, da die Kapazitäten in Gornsdorf
bereits ausgereizt sind.
Die Attraktivität des Unternehmens und
die Tatsache, dass die KSG Leiterplatten
GmbH die Benchmark für die Branche ist,
zeigt auch die Einladung des japanischen
Leiterplattenverbandes an Prof. Dr. Udo
Bechtloff nach Tokio. Anfang Juni 2015
referierte er auf der JPCA-Show als einer
der führenden Leiterplatten-Experten aus
Europa über den europäischen Leiterplattenmarkt. „Viele der japanischen Firmen
gründen derzeit Niederlassungen in Europa, weil sie ihre hiesigen Kunden direkt
vor Ort betreuen wollen“, weiß Prof. Dr.
Bechtloff. „Dafür sind sie sehr an Tipps
und Know-how von Experten aus der Region interessiert.“ Auch die alle zwei
Jahre in Chemnitz durchgeführten hoch
frequentierten Technologietage der KSG
sind für die Kunden äußerst attraktiv, wie
sich auch in diesem Jahr wieder eindrucksvoll herausstellte. Sie sind ein geeignetes Instrument, den Dialog zwischen
Hersteller und Kunde zu intensivieren. ■
Foto: Oliver Kaufmann
gagement, das sich auszahlt. Denn unsere
Mitarbeiter geben uns das Vertrauen gern
zurück – zum Wohle des gesamten Unternehmens“, resümiert Geschäftsführer
Prof. Dr. Udo Bechtloff und freut sich über
das Interesse der Gäste am Eröffnungstag.
Am Arbeitsmodell der Leiterplatten-Kugelbahn, einem spannenden Exponat und
als interaktive Station zum Ausprobieren
konzipiert, kann man schnell und verständlich erfahren, was warum wie funktioniert.
Seit der Reprivatisierung ist die KSG stetig gewachsen. Dieser Aufwärtstrend wird
sich auch weiterhin fortsetzen. Damit bieten sich zahlreiche Möglichkeiten eines
beruflichen Einstiegs und freie attraktive
Stellen – für Fachkräfte mit verschiedensten Qualifikationen, erstklassige Ingenieure und Führungskräfte. Aber auch
durch die Altersstruktur des Unternehmens bieten sich Chancen, denn in den
nächsten 4 bis 8 Jahren gehen ca. 60 Mitarbeiter in den Ruhestand. Außerdem ist
aktuell ein weiterer Standort in Sachsen in
AUSGABE SOMMER 2015
AUSGABE SOMMER 2015