Der Experte verrät, wie er dabei vorgeht

Wild - Jagdpraxis
Wann,
wo, welche
Foto: Wolfgang Radenbach
Stücke
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WILD UND HUND | 7/2014
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SCHWARZWILD
Gerade die jagdlose Zeit im Frühjahr muss der Saujäger
nutzen, um später Wiesenschäden im Griff zu halten, sagt
Dr. Bartel Klein. Der Experte verrät, wie er dabei vorgeht.
Die Frühjahrsmonate werden in Bezug auf die
Schwarzwildjagd vielerorts unterschätzt. Zum einen
kann zu dieser Zeit die Grundlage, um Schäden zu
verringern, für das komplette Jagdjahr geschaffen
werden. Zum anderen ist sie ideal, um abgeschlagene, umherziehende Frischlinge beziehungsweise
Überläufer zu erlegen. Denn zum Winterende und
Frühlingsanfang sondern sich beschlagene Bachen
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zum Frischen ab. Die vorjährigen Frischlinge oder
angehenden Überläufer sind dann führungslos. Da
unerfahren, legen sie die von der Bache erlernte
Vorsicht und auch ihre Unstetigkeit ab.
Sie bummeln, gerne bereits bei Büchsenlicht, in
ihrem bisherigen Streifgebiet und darüber hinaus
herum. An Fraß- und Kirrplätzen stellen sie sich zeitiger und auch beständiger ein als in den Monaten
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Foto: Michael Migos
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Bache mit durchgefärbten Frischlingen: An gut angenommenen Kirr- oder Fraßplätzen kann es sinnvoll sein, zuerst die Bache zu
erlegen. Nicht selten kommen die Frischlinge in den Folgetagen wieder, sodass alle Stücke gestreckt werden können.
zuvor. Liegen Kirrplätze nahe am Tageseinstand der Sauen, werden diese am
Morgen gerne vorm Einschieben in die
Deckung aufgesucht.
Aufgrund mangelnder Erfahrung verknüpfen junge Sauen einen Schuss, Kirrgut und frische Menschenwittrung nicht
so schnell miteinander. Liegt ein beschossener Artgenosse im Knall, geschieht es
immer wieder, dass die anderen Stücke
nach geraumer Zeit sogar wiederkommen. Letzteres bietet bei etwas Geduld
und Schießfertigkeit die Chance, ein zweites Stück zu erlegen.
Spätestens ab der Feldbestellung ändert sich das Verhalten des Schwarzwildes. Anfangs wechselt es täglich am
Abend, überwiegend im letzten Büchsenlicht oder in der Dunkelheit, in die Felder
aus und am Morgen wieder zurück. Der
aufmerksame Jäger nutzt dann den Frühansitz am Rückwechsel. Bei Tageslicht
und damit guten Ansprechmöglichkeiten
bestehen beste Chancen auf Jagderfolg.
Das zunehmend frühere Licht am Morgen
erlaubt – anders als beim Abendansitz –,
dass die wieder verstärkt in die Feldflur
auswechselnden Sauen sauber angesprochen und erlegt werden können.
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Sobald das Schwarzwild in den Feldern
ausreichend Deckung findet, bezieht es
auch dort seinen Tageseinstand. Dazu
bieten besonders hochgewachsene Rapsfelder ideale Möglichkeiten. Spät frischende Bachen stecken gerne dort und richten
sich mit abgebissenen Rapsstängeln einen Wurfkessel her.
Zu dieser Zeit heißt es, die Gewohnheiten des Schwarzwildes durch Abfährten
und Suchen der Fraßplätze auszumachen. Leicht transportable Ansitzleitern
oder mobile Kanzeln werden an geeigneten Plätzen im Feld und unweit von Wechseln aufgestellt. Von dort bieten sich gute
Möglichkeiten, mit dem einen oder anderen Abschuss die Sauen aus schadgefährdeten Flächen zu vergrämen.
Spätestens vor der Maisaussaat sollte die Saujagd im Wald eingestellt werden. So wird das verstärkte Bedürfnis der
Schwarzkittel reduziert, auf die Flur auszuwechseln. Denn sie stellen sich dort
ein, wo sie die geringste Gefahr vermuten – also dort, wo es am wenigsten
knallt. Auf Wiesen und in der Feldflur
wird die Jagd hingegen intensiviert. Das
hat eine effektive Vergrämungswirkung
zur Folge.
Haben Sauen in der neu entstandenen
beziehungsweise zunehmenden Deckung
im Feld erst einmal Einzug gehalten, gestaltet sich die Jagd dort mit der Zeit immer problematischer. Daher ist es wichtig,
bereits im April und Mai, also bevor die
Felder optimale Einstände bieten, Sauen
in diesen Bereichen intensiv zu bejagen.
Dort hat auch der Abschuss eines kleinen
Frischlings – und mag dessen wirtschaftlicher Wert noch so gering sein – den Nutzen, größeren Feldschäden vorzubeugen.
Aber nicht nur das „Wie“ und „Wo“ ist
bei der Saujagd maßgebend dafür, wie
sich die Schadsituation im Revier darstellt. Das „Was“ ist entscheidend, um den
Bestand und damit auch die Schäden zu
reduzieren.
Die Zunahme des Schwarzwildes hat
zwischenzeitlich in fast allen Bundesländern zu dem ungeschriebenen Gesetz geführt, Bachen ab dem Zeitpunkt straffrei
erlegen zu können, sobald deren Frischlinge ihre Streifen verloren haben. Und
genau hier besteht zumindest in Revieren
mit einer entsprechenden Schadsituation
dringender Handlungsbedarf.
Für den Großteil der Jäger ist es aber
immer noch ehrrührig, ein Muttertier vor
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Foto: Michael Migos
Tipps zum Abschuss
Schon im jungen Frischlingsalter
kann man männliche Stücke am
Raufgehabe erkennen.
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der einen oder anderen erfahrenen Sau –
insofern deren Frischlinge durchgefärbt
sind – in Erwägung ziehen. Der Abschuss
einer Leitbache kann auch dann geboten
sein, wenn die Rottengrößen und Schäden
anwachsen. Denn der Verlust einer älteren
Bache verringert den Erfahrungsschatz
der Rotte erheblich und kann zudem zu
einer Aufspaltung des Verbands führen. So
lässt sich wesentlich leichter Strecke auf
die anderen Stücke machen.
Überall dort, wo Wildschäden als tragbar angesehen werden, sollte auf den Abschuss stärkerer Bachen oder Leitbachen
verzichtet werden. Dort gilt das Ziel, mit
der Bejagung eine gute Altersstruktur mit
einem hohen Anteil an reifen Stücken zu
schaffen.
Wir Jäger sind in der Pflicht, für eine
tragbare Schwarzwildpopulation zu
sorgen. Über das „Wie“ entscheidet
jeder Jäger selbst. Wegen des revierübergreifenden Streifverhaltens und
Schadenpotenzials des Schwarzwildes geht unsere Verantwortung
über die Grenzen des eigenen Reviers hinaus. Zusammengefasst haben wir in Problemgebieten deshalb die Aufgabe:
–die Schwarzwild-Strecke generell
zu steigern, auch um dadurch
den Abschussanteil potentieller
Zuwachsträger zu erhöhen.
– bei einer Wahlmöglichkeit bevorzugt Überläuferbachen und weibliche Frischlinge zu strecken.
–insbesondere nach Abschluss
der Erntemaßnahmen im Feld
zahlenmäßig mehr (Bei-)Bachen
zu erlegen.
– bei Drückjagden – zumindest bis
Mitte Januar – keine Abschussbeschränkungen gegenüber Bachen
auszusprechen.
– den individuellen Abschuss von
Leitbachen nicht auszuschließen.
– in Schadensgebieten kein Nachhaltigkeitsdenken hinsichtlich des
Vorkommens und der Strecke
von Schwarzwild zu hegen. Ein
vorübergehend geringer örtlicher
Bestand darf nicht dazu verleiten, die Jagd zu extensivieren.
Weibliche Frischlinge und Überläufer
stehen meist friedlich zusammen im Fraß.
Foto: Sylvain Cordier
Bei selektiven Abschüssen sollten aus einer Rotte idealerweise weibliche Frischlinge und nicht führende Überläufer­bachen
erlegt werden. Sie sind die Z
­ uwachsträger
von morgen und lassen sich gut ansprechen. Weibliche Überläufer und Frischlinge stehen meist friedlich im Fraß mit anderen Altersgenossen zusammen. Der fehlende Pinsel unterscheidet die Überläuferbache deutlich vom Keiler. Weibliche
Frischlinge sind im Regelfall etwas geringer als ihre männlichen Geschwister.
Frischlingskeiler hingegen sind bei der
Futteraufnahme mehr von Neid geprägt.
Sie kann man an ihrem Raufverhalten am
Futterplatz erkennen. Häufig haben sie dabei die Rückenborsten aufgestellt. Sie beißen schon im frühen Alter ihre weiblichen
Geschwister vom Fraß ab, was bei begrenzt
ausgebrachten Futtergaben – also an Kirrplätzen – gut zu beobachten ist. Ein zweitrangiger Abschuss männlicher Frischlinge ist überhaupt kein Problem, weil sie im
folgenden Jahr als herumziehende Überläuferkeiler relativ leicht zu erbeuten sind.
Leitbachen sind oft so erfahren, dass
sie etablierte Kirrplätze nicht mehr anwechseln. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass es dort in aller Regel knallt.
Das Annehmen eines Kirrplatzes erfolgt,
wenn überhaupt, dann erst nach Mitternacht. Wer dieses Verhalten in seinem
Revier beobachtet, sollte den Abschuss
Verantwortung
übernehmen
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der Rotte zu strecken. Diese Einstellung
wird besonders bei herbstlichen Drückjagden deutlich. Nach wie vor beschleicht heute noch viele Jäger ein ungutes Gefühl, wenn sie – zumindest in
Gesellschaft oder als Gast – eine Bache
erlegt haben.
In der heutigen Zeit, in der die unaufhörlich zunehmenden und sich ausbreitenden Schwarzwildbestände Probleme
und Sorgen bereiten, ist ein Umdenken
erforderlich. Bei anderen Schalenwildarten bejagen wir doch auch die Zuwachsträger. Beim Schwarzwild sind es nun
mal die vielen jungen wie alten Bachen,
die zu hohen Zuwachsraten, Wilddichten
und Schäden führen.
Auch die konservative Jägerschaft
muss die Gründe verinnerlichen, warum
in Regionen mit hohem Wildschadenaufkommen Bachen vor ihren durchgefärbten Frischlingen erlegt werden dürfen:
Sie entwickeln sich ab diesem Zeitpunkt
auch ohne Führung artgemäß körperlich
gut weiter. Sie kennen durch die Führung
ihrer Bache sämtliche Nahrungsquellen
und finden dank ihres ausgezeichneten
Geruchssinnes schnell und ohne Probleme neue Fraßplätze. Die milden Winter,
das reiche wie vielfältige Nahrungspo-
tenzial und massig Einstände optimieren
zudem ungemein deren Durchkommen.
Die „Fresssucht“ der Frischlinge, ihre
Unerfahrenheit und Bequemlichkeit verführt sie oft, solange an bestimmten
Stellen Futter vorhanden ist oder geboten
wird, diese Orte regelmäßig aufzusuchen. Das macht es relativ einfach, solche Frischlinge zu erbeuten.
che erlegt wurde. Dann heißt es aber auch
fleißig zu sein und möglichst alle Kujels zu
erlegen. Kommt man dem nicht nach, stellen sich die Frischlinge womöglich bald in
Getreide- oder Maisfeldern ein. Dort leben
sie wie im Schlaraffenland, bleiben oft wochenlang und können in dieser Zeit erheblichen Schaden anrichten.
Diese Tatsachen zu vermitteln, ist not-
empfehle ich, in der Hauptvegetationsund Reifezeit der Feldfrüchte bei führenden Bachen mit streifenlosen Frischlingen,
das Muttertier nicht vor dem Abschluss
der Erntemaßnahmen in der Flur zu erlegen. Solange besonders schadensgefährdete Felder nicht geerntet sind, tritt die
beste Vergrämungswirkung ein, wenn aus
einer intakten Rotte ein Frischling entnommen wird. Wird er in unmittelbarer Nähe
zur Bache erlegt, führt das in der Regel zu
einem wochenlangen Fernbleiben dieser
Rotte im Umfeld des Abschussortes. So
werden Wildschäden am wirksamsten eingegrenzt.
Der gezielte Abschuss reifer Bachen sollte grundsätzlich das letzte Mittel sein, um
die Schwarzwildbestände abzusenken.
Des Öfteren wird solchen Selektionsabschüssen entgegengehalten, dass das Erle-
wendig, um die Grundeinstellung vieler
Jäger „Führung bedeutet Schonung“
beim Schwarzwild differenzierter zu sehen. Denn diese Ansicht ist mit daran
schuld, dass relativ wenig Bachen geschossen werden.
Nun bedeutet die Möglichkeit, straffrei Bachen vor Frischlingen ohne Streifen schießen zu können, noch lange
nicht, dies tun zu müssen. Es liegt immer
im Ermessen des Einzelnen, was er für
richtig hält und was nicht.
Wer aber den Abschuss von Bachen in
Erwägung zieht, sollte das an einem Kirroder attraktiven, natürlichen Fraßplatz
machen. Wurde dieser von der Rotte zuvor wiederholt angenommen, ist die
Wahrscheinlichkeit groß, dass die Frischlinge wiederkommen, nachdem die Ba-
Bei allen zuvor gemachten Aussagen
Foto: Marlene Rautenberg
Noch ist der Raps nicht hoch genug, um den Sauen Deckung zu bieten.
Würde man in dieser Frühjahrs-Situation einen der Frischlinge
strecken, wäre es wahrscheinlich, dass die Rotte diesen Bereich auf
lange Zeit meidet.
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QQ U A L I T Y & C R A F T S M A N S H I P
F R O M S W E D E N S I N C E 19 5 0
gen einer Bache dazu führt, dass deren
im Wildbret stärkeren Frischlinge daraufhin sehr frühzeitig pubertieren würden. Sie würden als Frischlinge rauschig und von ihren männlichen Geschwistern oder anderen Keilern beschlagen. In der Folge stiegen die Zuwachsraten an und das Altersgefüge
geriete aus den Fugen. Das ist auch so!
Dennoch: Wer aus diesem Grund nicht
in Betracht zieht, Bachen zu schießen,
verkennt, dass heutzutage bei den guten Fraßverhältnissen auch in einer intakten Rotte meist schon die weiblichen Frischlinge beschlagen werden.
Mehr Bachen zu erlegen, ist daher in
Schadensgebieten nicht nur unbedenklich, sondern auch notwendig.
e
FILMTIPP
Lernen wie eine Sau
zu denken … mit Erfolg auf
Schwarzwild jagen
Der Autor: Dr. Bartel Klein, 1946 in Hof (Bayern) geboren, ehemaliger erster Vorsitzender der Hofer Jägerschaft, war viele Jahre Forstpräsident in
Sachsen. Seit seiner Pensionierung lebt der erfahrene Forstmann und passionierte Schwarz- wie Rehwildjäger mit über 50 Jahresjagdscheinen in
Münchberg.
In seinem DVD-Lehrfilm „Lernen wie eine Sau zu
denken … mit Erfolg auf Schwarzwild jagen“
beschreibt Dr. Klein, wie man das Verhalten der
Sauen entschlüsseln kann und bei der Jagd auf
Schwarzwild erfolgreich ist.
DVD „Lernen wie eine Sau zu denken ... mit Erfolg
auf Schwarzwild jagen“. Bezug: Dr. Bartel Klein,
Plösen 1, 95213 Münchberg, E-Mail: bartel.klein@
gmx.de, Laufzeit: ca. 120 Minuten, Preis: 25 Euro
(zzgl. Versand)
Eine schnittige Fleecejacke außen,
kuschlig-weiche Faser innen. Hier
dargestellt mit einer sehr bequemen
Baumwollhose aus der Vintage Serie.
Die Baumwolle ist speziell behandelt,
so dass sie eine Lederoptik bekommt.
Diese Kombination ist ideal für
Frühjahr/ Sommer oder einfach nur
schön in der Freizeit. Beide Artikel
sind für Damen und Herren erhältlich.
Erhältlich im gut sortierten Jagdfacheinzelhandel.
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Chevalier Sweden AB - Büro Deutschland
EMAIL: [email protected]
FON: 0163 - 596 5660. www.chevalier.se