mehr unternehmergeist täte dem staat gut

IM FOKUS
«MEHR UNTERNEHMERGEIST
TÄTE DEM STAAT GUT»
Marc Thommen
(links) und Andreas
Felix würden gern
mithelfen, die Bau­branche in Bundesbern besser zu
vertreten. Foto: big
Die beiden Bauleute und Nationalratskandidaten Andreas
Felix (Graubünden) und Marc Thommen (Solothurn) über ihre
Motivation, ihr Zeitbudget und ihre Wahlkampfstrategien.
Bauleute sind rar in Bundesbern – meist-
halt zurückstellen. Und es braucht den Rück­
nehmen und mich so zu entlasten. Im Fall
genannter Grund: Zeitmangel. Sie treten
halt der Familie. Da meine zeitliche Belastung
einer Wahl bleibe ich vollumfänglich beim
trotzdem zur Wahl an. Wie bringen Sie
jetzt schon sehr hoch ist, habe ich ein Prinzip:
GBV angestellt und werde die Absenzen durch
­berufliches und politisches Engagement
Ich verbringe sechs Wochen Ferien pro Jahr
die Politik dem GBV abgelten.
unter einen Hut?
mit der Familie. Das ist mir sehr wichtig und
Thommen: Diese Frage habe ich mir vor der
daran werde ich auch zukünftig nichts ändern.
Was sind die grössten Unterschiede zwi-
Kandidatur auch gestellt. Klar, es braucht ein
Felix: Der Vorstand des Graubündnerischen
schen Politik und Unternehmensführung?
paar Umstellungen. Um Zeit für ein National­
Baumeisterverbands steht explizit hinter mei­
Thommen: In der Politik spielen ganz andere
ratsmandat zu haben, habe ich beispielsweise
nem politischen Engagement und gewährt
Mechanismen; alles dauert viel länger. Ich
«Sowohl in Politik wie im
Unternehmertum ist es wichtig,
dass man Leute begeistern kann.»
Marc Thommen
die operative Führung der W. Thommen AG
mir so den notwendi­
sage nicht, dass man den Staat wie ein Unter­
gen Handlungsspiel­
nehmen führen sollte, denn es gibt Unter­
raum, weil das En­
schiede. Doch eine Prise mehr Unternehmer­
gagement auch für
geist und unternehmerische Verantwortung
den GBV von Inter­
täten dem Staat sehr gut.
esse ist. Man muss
Felix: Dem stimme ich zu. Die Mitgliedunter­
sich aber bewusst
nehmen des GBV sind ausgeprägt gewerblich
sein, dass politische
strukturiert. Da sind, wie auch bei uns im GBV,
Arbeit oft auch Freizeit- und Wochenendarbeit
die Zuständigkeiten klar und die Entschei­
per 1. Juli 2015 abgegeben. Verschiedene mei­
ist. Meine Familie und mein Team beim GBV
dungswege kurz. Das ermöglicht rasche Ent­
ner Ideen und Pläne würde ich bei einer Wahl
sind bereit, mehr Auf­gaben als sonst zu über­
scheide. In der Politik geht es vielfach um das
6 Schweizer Bauwirtschaft Nr. 17 9.9.2015
IM FOKUS
Austrimmen mehrheitsfähiger Lösungen mit
in persönlichen Kontakt zu kommen. Darum
mit Werbeblachen. Offenbar mögen mich un­
vielen Beteiligten. Das braucht Nerven und
gehe ich oft auf die Strasse – ich verteile zum
sere Mitglieder so gut, dass sie mich am liebs­
kann dauern – für einen Unternehmer oft
Beispiel, mit Bauhelm und Leuchtweste be­
ten «aufhängen».
­unerträglich lang.
kleidet, am Bahnhof Gipfeli und Schöggeli.
Felix: In Graubünden sind
«Wir können einen Kontrapunkt
setzen zu den teils abstrusen
wirtschaftsfeindlichen Ideen.»
Andreas Felix
Wie wichtig sind die modernen Kanäle
auch die Nationalrats­
wie Facebook etc. im Wahlkampf?
wahlen weitgehend Per­
Thommen: Da kommt man heute nicht drum
sönlichkeitswahlen. Es ist
herum. Ich habe extra eine Homepage, einen
deshalb wichtig, zu den
Facebook- und einen Twitter-Account einge­
Leuten zu gehen und in
richtet. Ich würde diese Kanäle aber nicht
den Talschaften präsent
überbewerten. Bei einem Wahlkampf muss
zu sein. Darüber hinaus
man auf der Strasse präsent sein. Die Leute
Wie hält man das als Unternehmer aus?
fahren wir eine breite Inseratekampagne
wollen einen anfassen und spüren, dass man
Felix: Der Nationalrat hat 200 Sitze. Diese
und «schmücken» diverse Baustellenzäune
bereit ist, für etwas zu kämpfen.
­werden besetzt. Wenn nicht von Unterneh­
Felix: Das sehe ich genauso. Ich habe auch
mern oder unternehmerisch den­kenden Perso­
eine Homepage und ein Facebook-Profil er­
nen, dann mit Sicherheit von anderen. Diese
Erkenntnis hilft einem, Politik zu ertragen.
Thommen: Genau. Die Bauwirtschaft ist der­
zeit in Bern fast nicht vertreten. Das muss sich
­ändern, und das ist unsere Motivation, um als
Unternehmer Gas zu geben. Neben der unter­
schiedlichen Zeitdauer gibt es allerdings auch
Gemeinsamkeiten zwischen Politik und Unter­
nehmertum: In beiden Funktionen ist es wich­
tig, dass man Menschen begeistern und von
neuen Ideen überzeugen kann.
Wie machen Sie Wahlkampf?
Thommen: Hauptsächlich ganz klassisch mit
Inseraten, Plakaten, Blachen, Kinowerbung
für das jüngere Publikum, Give-Aways und
der Teilnahme an Wahlkampfanlässen. Wich­
Dazu muss ich in die Talschaften gehen.
Die «Schweizer Bauwirtschaft» begleitet in einer dreiteiligen Interview-Serie
die aussichtsreichsten Kandidaten, die
bei einer Wahl in den Nationalrat die
Anliegen des Baugewerbes in Bern mit
besonderem Engagement vertreten
wollen. Im ersten Tandem-Interview
wurden Martin Keller, Geschäftsführer
von Sika-Bau, und Josef Wiederkehr,
Inhaber der gleichnamigen Bauunternehmung, vorgestellt. In dieser Ausgabe kommen Andreas Felix, Geschäfts­
führer des Graubündnerischen Baumeisterverbands, und Marc Thommen,
Präsident der W. Thommen AG in Olten,
zu Wort. sbw
Wie organisieren Sie sich während des
Wahlkampfes?
Felix: Ich terminiere geschäftliche, politische
und private Aufgaben konsequent in meiner
Agenda. Wichtig ist: Ich buche alle Termine sel­
ber. Das hilft mir, den Überblick zu bewahren.
Meine Partei unterstützt mich bei der Disposi­
tion von Wahlveranstaltungen auch sehr gut.
Thommen: Ja, die Unterstützung durch die Par­
tei ist auch bei mir hervorragend. Ausserdem
habe ich ein gutes Wahlkampfteam, das sich
um alles Zeitaufwendige – wie etwa Inserate
schalten – kümmert, und ein Wahlkampfkomi­
tee. Natürlich habe ich sehr viele Termine in
Fortsetzung auf Seite 8 
C16733
A16372
fü
r I
un fug hr P
d en ar
Bo lo tn
de se er
nb W
el an
äg de
tig ist mir, mit den Wählerinnen und Wählern
stellt. Aber das Volk will spüren, wie man tickt.
Baumeister auf
dem Weg nach Bern
Biollay Spezialbau AG
Ein Unternehmen der Weibel-Gruppe
www.biollay-spezialbau.ch
ISO 9001
ISO 14001
OHSAS 18001
9.9.2015 Nr. 17 Schweizer Bauwirtschaft 7
meiner Agenda – allerdings sind es nur ein

paar wenige mehr als sonst. An den meisten
Steckbrief der beiden Kandidaten
Anlässen wäre ich auch präsent, wenn ich
Andreas Felix (1964), verheiratet
BDP GR
Geschäftsführer GBV, Grossrat, Parteipräsident BDP GR
Dipl. Architekt FH, Betriebswirtschaftsingenieur NDS
Hobbys: Jagd, Schiesssport, Velofahren, Langlauf, Skifahren –
«was ein Bündner halt so macht»
Wünsche: «Ich habe einen Job, der mir Freude macht. Ich fühle mich fit und wohl in
meinem Umfeld und bin zufrieden mit meinem Leben. Eigentlich kann ich mir nur
wünschen, dass alles so bleibt.»
www.andreas-felix.ch
www.facebook.com/pages/Andreas-Felix/1445107645788638
nicht im Wahlkampf wäre.
Wie stehen Ihre Chancen auf ein Mandat?
Thommen: Am liebsten bei 100 Prozent (lacht).
Doch die Konstellation im Kanton Solothurn
ist schwierig: Unsere Sitze wurden von sieben
auf sechs reduziert und alle Bisherigen treten
wieder an. Das heisst, dass sowieso schon
einer der Bisherigen über die Klinge springen
muss. Für Neueinsteiger und gar politische
Marc Thommen (1969), verheiratet, zwei Söhne (15 - und 13 -jährig)
FDP SO
Präsident der W. Thommen AG, Olten; FDP-Ortsparteipräsident Hägendorf
Dipl. Architekt HTL
Hobbys: Skifahren («vor allem im Bündnerland»), Tennis, Weltgeschichte
Wünsche: «Ich bin rundum glücklich. Wünsche habe ich höchstens für das Parlament. Erstens, dass da mehr Unternehmertum einzieht, zweitens, dass die Staatsangestellten das Geld ausgeben, als wäre es ihr eigenes, und drittens, dass die Schweiz
Partnern wie etwa der EU auf Augenhöhe begegnet und nicht gleich kuscht.»
www.marcthommen.ch
www.facebook.com/thommenmarc
Twitter: @ThommenMarc
Quereinsteiger wie mich wird es besonders
schwer. Doch wenn ich etwas mache, dann
richtig. Darum gebe ich Gas im Wahlkampf.
Mein persönliches Ziel ist ein Ersatzmandat.
Felix: Ziel meiner Partei ist, dass wir unseren
Sitz halten können. Wenn wir ihn verteidigen,
dann liegen meine Chancen bei 50 Prozent.
Angenommen, Sie werden gewählt: Mit
welchen Erwartungen fahren Sie nach
Bern?
Thommen: Mit sehr grossen – vor allem an
mich selbst. Natürlich bin ich nicht blauäugig
und weiss, dass der Politapparat träge ist.
Felix: Ich erwarte, dass ich mit meiner unauf­
zu entwickeln und diese auch umzusetzen.
Aber sicher ist auch, dass ich mich sehr aktiv
geregten und pragmatischen Art meine per­
Diese Fähigkeit wird mir auch in der Politik
einbringen möchte. Vor allem will ich Klartext
sönliche Grundhaltung und die Interessen der
helfen, um etwas bewegen zu können.
reden: Vieles ist hervorragend in der Schweiz,
Bauwirtschaft in Bern einbringen kann und
Felix: Grad die Welt verändern, können wir wohl
und dazu müssen wir Sorge tragen. Stichwort
auf diese Weise mithelfe, die Präsenz unserer
nicht – doch wir können einen Kontrapunkt
Wirtschaft, Sozialkosten oder Asylpolitik: Da
Branche in der Politik wieder zu stärken.
­setzen zu den teils abstrusen wirtschaftsfeind­
stehen wir vor grossen Herausforderungen,
Thommen: Was mir liegt, ist Menschen zusam­
lichen Ideen, die in Bundesbern herumgeistern.
und mutige Entscheide sind gefragt.
menzubringen, zuzuhören, im Team eine Idee
Interview: Birgit Günter
Holz
heute und morgen
Schweizer Holzprodukte
aus erster Hand –
Herstellung, Lagerung und
Service bester Qualität.
Dahinden Sägewerk AG
Sägewerk und Holzhandlung
CH-6016 Hellbühl
Telefon +41 (0)41 469 70 80
B16693
IM FOKUS
«Mehr Unternehmergeist täte dem Staat gut» l Fortsetzung von Seite 7
8 Schweizer Bauwirtschaft Nr. 17 9.9.2015
100% Schweizer Holz
www.dahinden-holz.ch
[email protected]