[Stadt- (Markt-)] Gemeinde

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[Stadt- (Markt-)] Gemeinde ________
Ortspolizeiliche Verordnung1
über die Vermeidung von Lärm und sonstigen Belästigungen 2
Der Gemeinderat der Gemeinde ________ hat auf Grund § 33 NÖ
Gemeindeordnung 3 unbeschadet bestehender Gesetze und Verordnungen
des Bundes und des Landes Niederösterreich 4 in seiner Sitzung am __________
nachstehende ortspolizeiliche Verordnung beschlossen:
Inhaltsverzeichnis
1. Abschnitt: Allgemeiner Teil
§ 1 Ziele
§ 2 Geltungsbereich
§ 3 Begriffsbestimmungen
2. Abschnitt: Besonderer Teil
§ 4 Verbote
§ 5 Ausnahmen
§ 6 Verwaltungsübertretung
3. Abschnitt: Schlussbestimmungen
§ 7 Verfahren
§ 8 Aufhebung von Rechtsvorschriften
§ 9 Inkrafttreten
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Voraussetzung für die Erlassung einer ortspolizeilichen Verordnung ist, dass es sich um eine Angelegenheit des
eigenen Wirkungsbereiches handelt und unmittelbar zu erwartende, oder zur Beseitigung bestehende, das
örtliche Gemeinschaftsleben störende Missstände vorliegen. Die Verordnung darf nicht gegen Bundes- und
Landesgesetze verstoßen. Der VfGH erachtet es auch als Verstoß, wenn eine ortspolizeiliche Verordnung mit
einem Bundes- oder Landesgesetz (oder Verordnung) inhaltlich übereinstimmt (VfGH, VfSlg 14.384/1995).
Ortspolizeiliche Verordnungen sind verfassungsunmittelbare, gesetzesergänzende Verordnungen nach Art. 118
Abs. 6 B-VG (vgl. VfGH vom 7.12.1988, B 1289/88).
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Dieses Muster behandelt primär die Lärmvermeidung, kann jedoch auch für alle sonstigen ortspolizeilichen
Verordnungen entsprechend angewendet werden.
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§ 33 NÖ GdeO legt fest, dass ortspolizeiliche Verordnungen durch den Gemeinderat zu erlassen sind, sonst ist
der Gesetzestext deckungsgleich mit dem B-VG.
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Dies steht zwar ausdrücklich in Art. 118 Abs. 6 B-VG und in § 33 Abs. 2 NÖ GdeO, ist jedoch in Hinblick auf
eine bürgerverständliche Formulierung anzuführen.
Muster einer ortspolizeilichen Verordnung, Bezirkshauptmannschaft Baden, Ing. Mag. Florian Morgenbesser
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1. Abschnitt: Allgemeiner Teil
Ziele 5
§ 1. Ziel dieser Verordnung ist
1. die Einschränkung und Vermeidung von Lärmerzeugung und sonstiger
Belästigung .
2. die Sicherung und Erhöhung des Lebensstandards in der Gemeinde.
Geltungsbereich
§ 2. Diese Verordnung gilt für das gesamte Gemeindegebiet.
Begriffsbestimmungen
§ 3 Im Sinne dieser Verordnung gilt als
1. Nachtzeit: Die Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr.
2. lärmverursachende Bautätigkeit: Der Betrieb von Baumaschinen und der
Einsatz von Baugeräten, die geeignet sind im räumlichen Umfeld der Baustelle
unzumutbaren Lärm zu verursachen 6 .
3. Maschinen: Maschinen, die der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 4 der
Maschinen-Sicherheitsverordnung, BGBl. Nr. 306/1994 idF BGBl. II Nr. 282/2008,
entsprechen.
2. Abschnitt: Besonderer Teil
Verbote 7
§ 4. (1) Handlungen und Unterlassungen, die geeignet sind Menschen
durch Lärm, Staub, Geruch, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder
Spiegelung örtlich unzumutbar zu belästigen, sind verboten.
(2) Ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, ist nach der Flächenwidmung
im Sinne des NÖ Raumordnungsgesetzes und der sich daraus ergebenden
zulässigen Auswirkungen auf einen gesunden, normal empfindenden
Menschen zu beurteilen.
(3) Weicht die Flächenwidmung erheblich von den tatsächlich
gegebenen Verhältnissen ab, ist zur Beurteilung der örtlichen Zumutbarkeit
das räumliche Umfeld der Störungsquelle heranzuziehen.
(4) Als örtlich unzumutbar gilt jedenfalls 8
1. der Betrieb von treibstoffbetriebenen Maschinen zur Gartenpflege
während der Nachtzeit 9 sowie an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen.
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Unter den Zielen in § 1 kann in programmatischer Form der Sinn und Zweck der Verordnung dargestellt werden.
§ 1 ist keine Straf- oder Verbotsnorm, sondern soll erklärend in die Verordnung einleiten. Siehe zum Beispiel § 1
NÖ Grundverkehrsgesetz 2007 oder § 1 Forstgesetz 1975. Wenn durch die Gemeinde eine ausführliche
Behandlung dieses Themas vorgesehen ist, sollte dies als Präambel vor dem Verordnungstext geschehen.
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Damit soll klargestellt werden, dass etwas das Hämmern am Dach oder der Betrieb einer Estrichpumpe eine
lärmverursachende Bautätigkeit darstellt, das Verlegen einer Dämmung jedoch nicht.
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Die Verbote sind in der Form aufgebaut, dass in § 4 Abs. 1 dem System einer Verordnung entsprechend
eine generell abstrakte Regel aufgestellt wird, um sämtliche denkbaren und undenkbaren Fälle
abzudecken. In Abs. 2 und 3 wird diese Regel näher erläutert und soll durch den demonstrativen Katalog
in Abs. 3 eine umfassende praktische Anwendbarkeit erhalten. Der Katalog in Abs. 4 ist je nach den zu
regelnden Inhalten und Missständen in den Gemeinden zu erstellen.
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Die hier angeführten Beispiele können durch andere Maschinen und Tätigkeiten ersetzt bzw. ergänzt werden.
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in eventu kann auch je nach Tatbestand ein abweichender Zeitraum angegeben werden.
Muster einer ortspolizeilichen Verordnung, Bezirkshauptmannschaft Baden, Ing. Mag. Florian Morgenbesser
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2. der Betrieb von Säge-, Schleif- und Arbeitsmaschinen im Freien während
der Nachtzeit sowie an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen.
3. lärmverursachende Bautätigkeit in der Nachtzeit sowie an Sonn- und
gesetzlichen Feiertagen.
4. Lautsprecherwerbung, die nicht der Genehmigung nach
straßenrechtlichen Vorschriften bedarf 10 , in der Zeit von 20 Uhr bis 7 Uhr, sowie
von 12 Uhr bis 15 Uhr.
Ausnahmen
§ 5. (1) Die Bestimmungen nach § 4 gelten nicht für unerlässliche und
unaufschiebbare land- und forstwirtschaftliche Arbeiten.
(2) Der Bürgermeister kann im Einzelfall auf Antrag für lärmverursachende
Bautätigkeiten im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 3 eine Ausnahme vom Verbot nach §
4 Abs. 1 erteilen, wenn die Tätigkeit im öffentlichen Interesse gelegen ist, oder
ein erhebliches privates Interesse des Antragstellers gegeben ist und keine
Gesundheitsgefährdung dritter hiervon zu erwarten ist 11 .
Verwaltungsübertretung
§ 6. Wer einem Verbot nach § 4 zuwiderhandelt, begeht eine
Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 in
der jeweils geltenden Fassung.
3. Abschnitt: Schlussbestimmungen
Verfahren
§ 7. Die Bestrafung wegen Übertretungen nach § 6 obliegt dem
Bürgermeister als Strafbehörde erster Instanz.
Aufhebung von Rechtsvorschriften
§ 8. Mit Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung _______ außer
Kraft 12 .
Inkrafttreten
§ 9. Diese Verordnung tritt am _______ / mit dem auf die Kundmachung
folgenden Tag in Kraft.
Der Bürgermeister/
Die Bürgermeisterin
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Lautsprecherwerbung auf Straßen ist durch die Straßenbehörde zu genehmigen. Zeitliche Begrenzungen sind
durch Auflagen in den Bewilligungsbescheid aufzunehmen.
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Diese Bestimmung gilt als Muster für die Erteilung von Ausnahmen von dieser Verordnung. In ortspolizeilichen
Verordnungen ist entsprechend eingriffsnaher Gesetze bei Ermessensermächtigungen ein strenger Maßstab
anzulegen, weshalb in der Verordnung Richtlinien für die Ermessensübung enthalten sein müssen (siehe auch
VfGH, VfSlg 11.926/1988).
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Dieser Einbau einer formellen Derogation (= Aufhebung der alten Rechtsvorschrift) ist zu empfehlen, wenn
durch diese Verordnung mehrere bestehende Verordnungen aufgehoben werden sollen und dient vor allem auch
der Rechtssicherheit.
Muster einer ortspolizeilichen Verordnung, Bezirkshauptmannschaft Baden, Ing. Mag. Florian Morgenbesser
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Ergänzungen:
Das „Warmlaufenlassen“ von Kraftfahrzeugen ist unter dem Verbot der
Verursachung ungebührlichen Lärmes, Rauches, üblen Geruches und
schädlicher Luftverunreinigung nach § 102 Abs. 4 KFG geregelt, und stellt eine
Verwaltungsübertretung nach dem KFG dar.
Eine Regelung durch ortspolizeiliche Verordnung ist daher nicht zulässig und
auch nicht erforderlich.
Den Betrieb von Gastgärten regelt § 112 Abs. 3 Gewerbeordnung 1994. Diese
Bestimmung enthält auch eine Ermächtigung der Gemeinde zur Erlassung
einer Durchführungsverordnung nach Art. 18 Abs. 2 B-VG.
Die Hundehaltung ist in § 1a NÖ Polizeistrafgesetz geregelt. Gem. § 1a Abs. 7
und 8 NÖ PolStrG wird die Gemeinde zur Erlassung einer Durchführungsverordnung nach Art. 18 Abs. 2 B-VG in Hinblick auf die Leinen- und
Maulkorbpflicht ermächtigt.
Muster einer ortspolizeilichen Verordnung, Bezirkshauptmannschaft Baden, Ing. Mag. Florian Morgenbesser