Aus dem Dornröschenschlaf geweckt

WIRTSCHAFT 33
Neuö Zürcör Zäitung
Samstag, 12. März 2016
Der Flughafen Zürich
in Spendierlaune
Geldsegen für die Aktionäre auch in Zukunft
Die Flughafen Zürich AG
nimmt billigere Passagiergebühren in Kauf, doch es
besteht Spielraum. Die
Dividende wird aufgestockt.
WERNER ENZ
Das altertümlich wirkende Logo täuscht: VAT ist ein erfolgreicher Zulieferer der Halbleiterindustrie.
GIAN EHRENZELLER / KEYSTONE
Aus dem Dornröschenschlaf
geweckt
Die Industriefirma VAT erhofft sich dank dem Gang an die Börse mehr Publizität
Über 50 Jahre lang war der
führende Hersteller von
Vakuumventilen für die
Halbleiterindustrie, VAT,
zumeist in Familienbesitz. Nun
will sich das stark wachsende
Unternehmen aus dem St. Galler
Rheintal dem Publikum öffnen.
DOMINIK FELDGES, HAAG
Unscheinbarkeit scheint bei VAT Programm zu sein. Das Firmengelände des
an die Börse strebenden Zulieferers der
Halbleiterindustrie VAT in Haag bei
Buchs (SG) liegt versteckt neben der
Autobahn hinter einer Filiale der Do-ityourself-Handelskette Jumbo und einem Geschäft von Otto’s Warenposten.
Die Unternehmensbroschüre, die am
mit altem Mobiliar ausgestatteten Empfang aufliegt, ist mehrere Jahre alt und
spricht noch davon, dass die Gruppe im
Familienbesitz sei und heute mehr als
700 Mitarbeiter beschäftige.
Zu «einer Perle» gestossen
Effektiv arbeiten inzwischen fast 1200
Leute für den weltweit führenden Hersteller von Vakuumventilen, davon
allein gegen 800 in Haag. Kontrolliert
wird die Gruppe zurzeit noch von den
beiden Schweizer Beteiligungsgesellschaften Partners Group und Capvis,
welche die Kapitalmehrheit von den
Angehörigen des 2010 verstorbenen Firmengründers Siegfried Schertler im
Februar 2014 übernommen haben. Sie
seien zu «einer Perle» gestossen, sagen
der Geschäftsführer Heinz Kundert und
der Finanzchef Andreas Leutenegger
übereinstimmend im Gespräch. Beide
sind erst seit weniger als einem Jahr im
Amt und haben nun die Aufgabe, das
Unternehmen einer breiteren Öffentlichkeit vertraut zu machen.
Wie am Dienstag bekanntgeworden
ist, will sich VAT innerhalb der nächsten
sechs Monate an der SIX Swiss
Exchange dem Publikum öffnen und hat
sich dafür die Dienste der beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse sowie
dreier weiterer Finanzinstitute gesichert. Angesichts des attraktiven Profils
der Firma ist absehbar, dass die Kotierung auf reges Interesse stossen wird.
Noch liegt zwar kein Emissionsprospekt
vor, doch ist VAT offenbar nicht nur
finanziell grundsolide aufgestellt, sondern auch überdurchschnittlich leistungsfähig, was das Wachstum und die
Profitabilität betrifft. Noch nie in der
52-jährigen Firmengeschichte wurde ein
negativer Cashflow erwirtschaftet; bis
zum Eigentümerwechsel 2014 war die
Gruppe stets schuldenfrei. Auch die zurzeit noch ausgewiesene Verschuldung
sollte wegen des regen Mittelzuflusses
bald aus der Bilanz verschwinden.
2015 steigerte VAT den Umsatz um
13% auf 411 Mio. Fr. Im rund 40 Mrd. $
schweren Geschäft der Ausrüster des
Halbleitersektors ist die St. Galler Firma damit ein kleiner Anbieter. Doch ist
es ihr nach eigenen Angaben in den vergangenen vier Jahren gelungen, mit
durchschnittlich 10% pro Jahr das
Wachstum des für sie relevanten Gesamtmarkts um vier Prozentpunkte zu
übertreffen. VAT rechnet mit einer vergleichbaren Expansion bis 2020.
Ausbau primär in Asien
Dabei wird das Unternehmen seine
Aktivitäten jedoch vornehmlich in Malaysia ausbauen. Der Personalbestand
am dortigen Produktionsstandort soll
dieses Jahr von 90 auf 180 verdoppelt
werden und danach weiter steigen. VAT
plant aber keine Verlagerung von
Schweizer Arbeitsplätzen nach Asien,
wie Geschäftsführer Kundert betont. In
Haag, wo man auf eine hochmotivierte
Belegschaft zurückgreifen könne, bleibe
das Zentrum für die technologische
Weiterentwicklung und damit das «Powerhouse» der Firma, ergänzt der frühere
Chef der inzwischen als OC Oerlikon
firmierenden Unaxis-Gruppe.
VAT investiert jährlich rund 7% der
Verkäufe oder 30 Mio. Fr. in Forschung
und Entwicklung. Dieser Betrag allein
entspricht dem gesamten Umsatz des
nächstgrösseren Konkurrenten im Geschäft mit Vakuumventilen, die primär
von Halbleiterherstellern, aber auch für
Produktionsanlagen in der Bildschirmoder Solarindustrie nachgefragt werden.
Teure Luftfracht
Dank dem hohen Marktanteil, der bei
bestimmten Anwendungen gegen 100%
erreicht, hat die Firma in der Preisfestsetzung eine starke Position. Allerdings
hat sich der Schwerpunkt des Absatzmarktes noch deutlicher nach Asien verschoben. Rund 75% der mit VAT-Produkten versehenen Halbleiter-Produktions-Anlagen befinden sich in Fernost.
Die drei asiatischen Konzerne TSMC,
Samsung und Toshiba kontrollieren zusammen mit der US-Gruppe Intel rund
65% der weltweiten Chipherstellung.
Diese Konstellation lässt VAT keine
andere Wahl, als die Kundschaft verstärkt aus Asien heraus zu bedienen. Ein
Container ist auf dem Land- und Seeweg von Haag nach Malaysia oder Taiwan fünf bis sechs Wochen unterwegs.
Das dauert den meisten Abnehmern zu
lange, weshalb VAT die meisten Lieferungen von der Schweiz aus teuer per
Luftfracht abwickeln muss.
Thurgau Bodensee gewinnt
Swiss MICE Award 2016
in der Kategorie «Destination»
Der Flughafen Zürich steht fast schuldenfrei da und hat trotz dem Höhenflug
des Frankens ein weiteres solides Jahresergebnis abgeliefert. Der operative
Cashflow von 456,2 (Vorjahr: 460,7)
Mio. Fr. übertraf die laufenden Investitionen von 200 Mio. Fr. um mehr als das
Doppelte. Obschon ab dem kommenden dritten Quartal die Flughafengebühren im Jahrestakt um rund 40 Mio.
Fr. gesenkt werden, ist die Bilanz bombensicher, und die Ertragsaussichten
sind günstig.
Der Verwaltungsrat beantragt in der
Folge, die Ausschüttung um fast 130%
auf 31 Fr. je Aktie zu erhöhen. Nicht nur
das: Stets abhängig vom wirtschaftlichen
Umfeld, stünden die Zeichen gut, um
auch in den kommenden Jahren aus geäufneten Kapitaleinlagereserven Zu-
Flughafen Zürich AG in Zahlen
Geldwerte in Mio. Fr. (IFRS)
Umsatz
Aviation
Non-Aviation
Ebitda
Betriebsgewinn (Ebit)
in % der Umsatzleistung
Investitionen
Gewinn
Gewinn je Aktie (Fr.)
Dividende (Fr.)
Eigenkapital
Mitarbeiter
2014
963,5
575,0
388,5
523,5
294,6
30,6
254,1
205,9
33.52
13.50
2141
1707
2015
989,0
597,4
391,6
502,8
274,6
27,8
199,7
179,8
29.26
15+16 1
2212
1721
j%
2,6
3,9
0,8
–4,0
–6,8
–
–21,4
–12,7
–12,7
129,6
3,3
0,8
Antrag an die GV vom 28. April; Zusatzdividende aus den Kapitaleinlagereserven.
1
satz-Dividenden zu leisten. Was das laufende Jahr angeht, rechnet der Flughafen
mit einem Passagierwachstum von wiederum 3%; 2015 betrug die Zuwachsrate
3,2% auf 26,3 Mio. Kunden. Auch weil
die Swiss ihre Kapazitäten erhöht (siehe
Zusatz), sind 3% Wachstum realistisch.
Mit einem Seitenblick auf den stolzen
Frankenkurs hat das Senken der Passagiergebühren, wie es im Laufe des Jahres
wirksam wird, positive Nebeneffekte.
Im europäischen Vergleich ist Zürich
bekanntlich ein teures Pflaster. Der luftseitig von Duty-free und Restaurants
generierte Umsatz geriet denn auch ins
Stocken. Bereinigt um Sondereffekte,
steigerte der Flughafen den Reingewinn
2015 um fast 5% (auf 215 Mio. Fr.).
Rückstellungen für Schallschutz (97,1
Mio. Fr.) standen Entlastungen bei der
Pensionskasse (17,9 Mio. Fr.) und Gewinne aus Grundstückverkäufen (von
34,6 Mio. Fr.) in Zusammenhang mit
dem Projekt «The Circle» gegenüber.
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Swiss stockt auf
nz. V Da nun Langstreckenflugzeuge des
Typs Boeing 777-300ER (Extended
Range) zur Swiss-Flotte stossen, werden
Direktflüge zu vielen Destinationen
attraktiver. Im Sommerflugplan, der ab
Ende März gilt, werden Bangkok,
Hongkong, Los Angeles, Montreal, San
Francisco, São Paolo und Tel Aviv mit
der Boeing angeflogen. Neue Destinationen in Europa sind Alicante (ab
Zürich) und Lamezia Terme (ab Genf).
Weiter werden verschiedentlich die Wochen-Frequenzen erhöht, damit beispielsweise Krakau in Südpolen täglich
bedient. Insgesamt bietet Swiss 76 europäische und 26 interkontinentale Destinationen an; weiter wird die SwissSchwestergesellschaft Edelweiss Kapazitäten – auch wegen der Olympischen
Spiele in Rio de Janeiro – aufstocken.
Bachem in voller Blüte
Mehr Kapazitäten in den USA
ai. V Der auf Peptide spezialisierte
Pharmazulieferer Bachem hat den
Steigflug, der 2012 nach einer mehrjährigen Phase des Darbens eingeleitet
worden war, auch im vergangenen Jahr
fortgesetzt. Dem zweistelligen Umsatzplus stand indessen ein nur einstelliges
Gewinnwachstum gegenüber, was zur
Folge hatte, dass die Margen nachgaben
(vgl. Tabelle). Lässt man beim operativen Ertrag allerdings den ausserordentlichen Gewinn von 2 Mio. Fr. ausser
acht, der 2014 aus dem Verkauf einer
Produktlinie erzielt worden war, betrug
die Ebit-Avance 13,5%.
Der im März 2015 für 11 Mio. Fr.
akquirierte amerikanische Peptide-Hersteller APC hat 7 Mio. Fr. zum Umsatz
beigetragen und damit das Wachstum
von Bachem um insgesamt knapp 4 Prozentpunkte erhöht. Der Zukauf hat dem
Baselbieter Unternehmen erlaubt, die
Kapazitäten auszuweiten, ohne eigene
Anlagen bauen zu müssen. Allerdings
hat die Neuakquisition den Ebit um 0,9
Mio. $ belastet. – Der Umsatz, den
Bachem mit patentierten Wirkstoffen
erzielte (und der 84% des Totals ausmacht), verzeichnete ein Plus von 11,8%
auf 176 Mio. Fr. Der kleinere Bereich
der generischen Wirkstoffe und Forschungs-Chemikalien wuchs um 23,2%
auf 33 Mio. Fr.
Bachem in Zahlen
Geldwerte in Mio. Fr.
2014
Umsatz
183,9
Operativer Gewinn, Ebit
35,9
Ebit-Marge (%)
19,5
Ebitda
55,1
Ebitda-Marge (%)
29,9
Reingewinn
29,1
Gewinn in Fr. pro Aktie
2.15
Cashflow aus Geschäftstätig. 47,2
Eigenkapitalrendite (Roe, %)
8,5
Dividende in Fr. pro Aktie
2.00
Personalbestand
711
2015
208,6
38,5
18,5
56,8
27,2
31,8
2.35
61,4
9,1
2.25
859
thurgau-bodensee.ch
j%
13,4
7,3
–
3,2
–
9,5
9,3
30,1
–
12,5
20,8