Manuela Osterburg Ich danke Carola Stahl u. a. für das Auf- und Zusammenschreiben und Sabine Anderheiden für das wahrhaft überraschende Interview. Das Alltägliche zu sehen und in eine Form zu heben, die es dem Betrachter zur Verfügung stellt, habe sie sich zur Aufgabe gemacht. Entdeckt er das Ins-Besondere-gehobene-Alltägliche, kann er es mit den eigenen Erfahrungen und Erlebnissen besetzen und findet sich darin wieder. Und damit stellt ihre Kunst dem Betrachter ein Angebot für Möglichkeiten bereit, etwas von sich selbst in den Exponaten erzählen zu lassen. VOM ALLTAGSKRÖNCHEN UND DER REKONVALESZENS EINES GARTENZWERGES Zur Kunst der Manuela Osterburg So waren wir zu einer kleinen Austauschrunde geladen, ein Austausch über die Kunst der Manuela Osterburg – zu einem fürstlichen Frühstück! „Woher kommst Du?“, lautete die erste Frage an die Künstlerin. Wir erfuhren, dass sie in Hamm in Westfalen geboren, über berufliche Irrwege, die sich in einer achtjährigen Sparkassentätigkeit niederschlugen, in der ursprünglichen Idee Kunst zu studieren, zurückfand. (Irrwege zu benennen, sie als Realität, als notwendigen Störfaktor einer Entwicklung zu bezeichnen, gehört ebenso zu Manuela Osterburg, wie eine fürstliche Bewirtung.) „Welche Bedeutung hat Deine Kunst in Deinem Leben und wo war sie während der Zeit in der Sparkasse?“ „In diesen Jahren verbarg sie sich in einem großen Durst, in Hunger und Durst nach Ausstellungen, nach Reisen, danach zu sehen und zu erleben und all das auszudrücken.“ Viel probiert habe sie in dieser Zeit, gemalt und gezeichnet. Es galt – und das stellt auch die Bedeutung von Kunst in ihrem Leben dar – den eigenen Blick als einen anderen Blick auf das zu werfen, was ihr begegnet und dafür einen Ausdruck zu finden. „Ich begriff, dass die Suche nach einem adäquaten Ausdruck meiner Wahrnehmung zu mir gehörte – notwendig mein Leben bestimmte.“ 66 Wenn der adäquate Ausdruck für die Wahrnehmung aus der Vielfalt des Erlebten erwachsen soll, dann war eine Ausbildung nötig, die eine Plattform bot, die verschiedensten Ausdrucksmöglichkeiten auszuprobieren: Malerei, Zeichnung, Fotografie etc. „Eine Vielfalt, bei der ich mich nicht auf eine Ausdrucksform festlegen musste, die mir vielmehr den Einblick in unterschiedlichste Bereiche zum Programm erklärte.“ Manuela Osterburg bewarb sich an der Kunsthochschule Kassel und wurde genommen! „Was bedeutet in diesem Zusammenhang ‚Konzeptkunst‘?“ „Konzept bedeutet hier von einem Ort auszugehen, sich auf diesen einzulassen, gewissermaßen eine „Tatort-Analyse“ zu erstellen, zu den so gemachten Wahrnehmungen zu assoziieren, aus den Assoziationen ein Thema, für dieses Thema dann die Form des Ausdrucks zu finden. Nun gilt es, diese Form Realität werden zu lassen, sie „herzustellen“ und an den „Tat-Ort“ zurückzubringen. Dort muss das so entstandene Produkt so installiert werden, dass es im Betrachter eine Geschichte evoziert. So geschehen in Luxemburg, Saarburg, in und mit Osterburg und damit auch in Saarbrücken. Nicht umsonst ist Manuela Osterburg`s Zuckerschloss in jeder ihrer Ausstellung wie eine Signatur vertreten. „Ich fand in den Orten wahrhaft Märchenhaftes und Goldiges.“ Jeder und jede hat das Recht Prinzessin in der Burg ihres Wesens zu sein und so werden die unterschiedlichsten Wesenszüge benannt, golden auf ein Blatt gedruckt und mit einer goldenen Krone – einem Wappen gleich – veredelt. Da gibt es den „Sorgenden“ neben dem „Trunkenden“, die „Neugierige“ wie die „Neidvolle“ oder die „Zauberhafte“ und je nach persönlicher Zuordnung der Wesenszüge, findet sich für jeden Betrachter ein kleines goldenes Krönchen. In Luxemburg entstand die Reihung der Krönchen- und Wappendrucke – wiederholt auf profanen Papiertüten, die das „Königliche“ durch den Alltag schleppten. In Saarburg flüchtet es sich in Stube und Turmzimmer in die Einrichtung des Privaten. Hier zeigen sich die Attribute des Königlichen in stillen Tätigkeiten häuslicher Enge und so erscheinen die goldenen Krönchen gehäkelt auf dem stilisierten Kachelofen, als gäbe es für die persönlichkeitsbildenden und als königlichen erklärten Wesenszüge kein Entrinnen. Rapunzels Haar aus dem Fenster herabgelassen, erreicht nicht mehr die darunter liegende Etage. Hier in Saarbrücken verfolgt der Betrachter die sorgfältige Rekonvaleszenz des beschädigten Gartenzwerges: Gepflegt wird er, gebadet und gesalbt, gewärmt, umsorgt und geheilt. Er hat eine Aufgabe: in vier Truhen sind die goldenen Schätze aus Luxemburg und Saarburg mitgebracht. Ist er der rekonvaleszierte Gartenzwerg – der Hüter dieses Schatzes? 67
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