Freitag, 2. Mai 2014 Theater 7 Szene zum Auftakt des «Zickenkriegs» um das Thema Schönheit. ein Unwetter als Warnung. Dieser göttliche Donner wird zum Auslöser einer Introspektion bei den Frauen. Darunter versteht man eine Selbstbeobachtung, die im besten Fall zur Selbsterkenntnis führt. Bei «Athen daheim» fordert Zeus die Frauen dazu auf, ihre Klagen vorzubringen – offen auszusprechen, was ihnen auf der Seele liegt. Am Anfang zieren sie sich noch, ihr Innerstes nach aussen zu kehren. Doch dann bricht es aus ihnen heraus, und es folgt die erhoffte kathartische Erfahrung. Indem sie ihren verdrängten Emotionen freien Lauf lassen, bewältigen sie die negativen Gefühle, welche sie bedrückt haben. Alltägliche und weniger alltägliche Klagen Da geht es einmal um die Frage, die schon Generationen von Jugendlichen bedrückt hat: «Warum verbieten die Eltern mir, meinen Weg zu gehen. Das ist unfair. Ist es so falsch, den eigenen Traum zu leben?» Eine andere – natürlich die schöne Helena – beklagt sich für einmal darüber, dass sie so hübsch sei. «Was ist denn das für eine Klage», wenden die anderen irritiert ein. Doch Helena fügt hinzu: «Eben weil mich alle nur für schön halten, nimmt mich niemand ernst.» Nun begreifen ihre «Kolleginnen» und sprechen der unterschätzten Schönen Mut zu: «Du bist schön als Mensch und brauchst die Schminke nicht.» Andere Themen, die in den Klagen der Frauen aufgegriffen werden, mögen zwar weniger alltäglich, aber gleichwohl verständlich sein: «Meine Eltern sind nicht meine Eltern», wird in «Athen daheim» auch das Thema Adoption aufgegriffen und wie Eltern und Kinder damit umgehen. «Es macht mich traurig und wütend zugleich» – dass ihr die Eltern eben erst spät die Wahrheit gesagt ha- ben. Dass Theater überzeichnet und überzeichnen soll, zeigt die nächste Klage: Eine Frau begehrt einen Mann. Doch der will nichts von ihr wissen. Denn da ist Anna im Weg. «Sie hat alles, was ich gerne hätte.» Und so darf man im Theater auch mal fies werden und die ungeliebten Nebenbuhlerin, die Diabetikerin ist, mit einem Zuckerschock ausser Gefecht setzen. «Langweilig», rufen die anderen bei der Klage der Journalistin, die zusammen mit ihrer Chefin in Arosa über die Einweihung des Bärenparks berichten soll – bis sie zu dem Punkt, an dem sie sich auf der anderen Seite des Zauns wiederfindet und der Bär sich an der Chefin zu schaffen macht. «Biss auf Biss und Schlag um Schlag. Da habe ich nur noch Blut gesehen.» Doch das «ist eben die Natur, die kann manchmal auch brutal sein». Athen daheim im Schanfigg Doch ganz so bitter mag «Athen daheim» nicht enden. Die negativen Gefühle werden, eben dadurch, dass die Mädchen ihnen freien Lauf gelassen haben, überwältigt. In schneeweissen Gewändern stellen sich die jungen Schauspielerinnen am Ende dem Publikum. Es folgt der Auftritt von Beat Inderbitzin und Jann Sprecher mit dem Schwyzerörgeli, vielleicht auch als äusseres Zeichen eines versöhnlichen Endes und zugleich als Zeichen der Verortung des Stücks im Schanfigg – der Heimat der Mädchen, die – von zwei literarischen Passagen abgesehen – denn auch in Mundart gespielt und «Athen» damit eben auch sprachlich «daheim» verortet haben. Bestimmt ist es den jungen Schauspielerinnen dadurch leichter gefallen, zum einen ihre eigenen Monologe zu schreiben und auf der Bühne ganz aus sich herauszugehen, ihrer Rolle wirklich Leben zu ge- ben. Dafür gab es vom Premierenpublikum in Langwies den verdienten lang anhaltenden Applaus, auch für die Kursleiter und alle anderen, die zum Gelingen dieses spannenden Projekts beigetragen haben.Wer weiss, ob und wie die Theater-Reise im nächsten Jahr weitergehen könnte. «Athen daheim», eine Produktion des Jungen Theater Graubünden in Zusammenarbeit mit Place4space. Es spielten: Irina Jäger, Selin Inderbitzin, Olivia Michael, Bruna Guimaras, Lorena Michael, Fiona Jäger. Kursleitung Christian Sprecher, Felicitas Heyerick. Dramaturgie Martina Mutzner. Bühne Corsin Zarn. Kostüme/ Maske Annina Schmid, Musik Beat Inderbitzin, Jann Sprecher. Licht Alex Giambonini. Assistent Fabio Rüegssegger. «Athen daheim» wird am 17. Mai um 13.30 Uhr in der Aula Thusis noch einmal aufgeführt. Olivia Michael verwandelte sich in Meroe.
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