Pro Dialog 8 Freitag/Samstag, 18./19. September 2015 Nr. 96-180D IM BLICK » ARZT UND PRAXISTEAM Der Krankenstand der elf Millionen AOK-Versicherten blieb 2014 mit einem Anstieg von 0,1 Prozentpunkten nahezu konstant. BERLIN. Jeder AOK-versicherte Ar- beitnehmer hat 2014 im Durchschnitt 18,9 Tage aufgrund einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Betrieb gefehlt. Damit beträgt der Krankenstand unter AOK-Versicherten 5,2 Prozent; im Vorjahr waren es 5,1 Prozent. Das geht aus dem Fehlzeiten-Report 2015 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hervor. Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen haben deutlich zugenommen. Sie legten nach einer Stagnation 2013 entsprechend dem vormals langjährigen Trend um 9,7 Prozent zu. Außerdem führen sie zu langen Ausfallzeiten. Mit durchschnittlich 25,2 Tagen je Fall dauerten sie 2014 mehr als doppelt so lange wie im Vorjahr (11,9 Tage). Weitere Ergebnisse des Reports: Geringe berufliche Qualifikation geht einher mit einem hohen Krankenstand. Beschäftigte ohne Berufsabschluss lagen mit einem Krankenstand von 6,0 Prozent an der Spitze. Bei Beschäftigten mit anerkannter Berufsausbildung betrug der Krankenstand im Schnitt 5,3 Prozent, Meister und Techniker kamen auf 4,1 Prozent. Hochschulabsolventen lagen bei lediglich 2,6 Prozent, Mitarbeiter mit Doktortitel gar nur bei 1,9 Prozent. Je unsicherer das Beschäftigungsverhältnis, desto geringer der Krankenstand: Für befristet Beschäftigte wurden 4,3 Prozent Krankenstand ermittelt, für unbefristet Beschäftigte 5,4 Prozent. Häufigster Anlass für Krankschreibungen waren auch 2014 wieder Atemwegserkrankungen (21 %). Am zweithäufigsten waren wie schon 2013 Muskel- und Skeletterkrankungen (16,9 %), danach folgten Verletzungen (7,9 %) und psychische Erkrankungen (5,2 %). Der Fehlzeiten-Report wird vom WIdO, der Uni Bielefeld und der Beuth Hochschule für Technik Berlin herausgegeben. Er informiert jährlich umfassend über die Krankenstandsentwicklung in der deutschen Wirtschaft. Schwerpunkt der jüngsten Ausgabe sind Beschäftigtengruppen, die bisher weniger im Fokus gestanden haben, etwa Fernfahrer, Außendienstmitarbeiter, Schichtarbeiter oder Pflegekräfte. (Ebert-Rall) Azubis meist wegen akuter Erkrankungen arbeitsunfähig Junge Menschen in der Ausbildung werden von ihrem Arzt meist wegen einer akuten Erkrankung krankgeschrieben, fallen dann in der Regel aber nur relativ kurze Zeit aus. Besonders oft bescheinigen Ärzte den Azubis in der Bundeshauptstadt Arbeitsunfähigkeit. Atemwegsinfekte häufigster Krankheitsgrund Arbeitsunfähigkeit nach Krankheitsart der Auszubildenden (Fälle je 100 AOK-Mitglieder) AOK-Versicherte ohne Auszubildende Auszubildende 31,0 Verletzungen 15,5 30,5 Muskel / Skelett 35,1 40,4 Verdauung 18,5 VON TAINA EBERT-RALL 93,8 Atemwege 40,2 BERLIN. Atemwegserkrankungen füh- ren die Liste der Arbeitsunfähigkeiten (AU) bei Auszubildenden an. Das geht aus dem Fehlzeiten-Report 2015 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hervor. Mit 93,8 der AU-Fälle je 100 AOK-Mitgliedern entfielen bei den Azubis auf diese Diagnosegruppe mehr als doppelt so viele Fälle wie bei den übrigen Beschäftigten, bei denen Erkältungen und andere Erkrankungen der Atemwege 40,2 Prozent der AU-Fälle ausmachten. Durchschnittlich 4,1 Tage fallen die krankgeschriebenen Azubis dann jeweils aus und bleiben damit deutlich kürzer auf dem Krankenlager als die übrigen AOKMitglieder mit 6,8 Tagen pro Krankschreibung. An zweiter Stelle stehen mit deutlichem Abstand die Verdauungserkrankungen: 40,4 AU-Fälle (Vergleichsgruppe: 18,9) sind bei den Azubis zu verzeichnen, die deswegen im Schnitt jeweils 3,9 Tage ausfallen (Vergleichsgruppe 7,3 Arbeitstage). Für 31 Prozent (Vergleichsgruppe: 15,5 Prozent) der an Auszubildende ausgestellten AU sind Verletzungen der Grund; sie führten im Berichtsjahr 2014 zu jeweils zehn (18,6) Krankheitstagen. Mehrheitlich gesundheitsbewusst Den Grund für die häufigen Ausfälle zum Beispiel wegen einer Erkältung vermutet Helmut Schröder, Mitherausgeber des Reports und stellvertretender WIdO-Geschäftsführer, auch im Freizeitverhalten der Jüngeren. „Die Freizeitaktivitäten der jungen Erwachsenen zeichnen sich durch mehr Kontakte zu anderen Menschen beispielsweise auf Konzerten oder Partys aus. Somit steigt eben auch das Ansteckungsrisiko“. In der Mehrzahl seien die Auszubildenden aber gesundheitsbewusst. Dennoch: Etwa jeder fünfte Azubi hat der Studie zufolge ein riskantes Gesundheitsverhalten, wie schlechte Ernährung, zu wenig Schlaf oder Suchtmittelkonsum. Herz / Kreislauf 6,0 8,3 13,2 Psyche 10,5 Quelle: Wido Fehlzeiten-Report 2015 Grafik: ÄrzteZeitung ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Von Seiten der Auszubildenden besteht ein hoher Bedarf an Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung. Unternehmen bietet sich die Chance, die Gesundheit ihrer Auszubildenden frühzeitig zu fördern. Helmut Schröder Mitherausgeber des Reports und stellvertretender WIdO-Geschäftsführer ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Am höchsten ist der Krankenstand der Azubis mit 6,3 Prozent in Berlin. Zum Vergleich: bei den AOK-Versicherten ohne Azubis beträgt der Krankenstand in der Bundeshauptstadt 5,2 Prozent. Am zweithöchsten fällt der Krankenstand unter Azubis in Brandenburg mit 5,1 (5,6) Prozent aus; es folgt Hessen mit 4,8 (5,6) Prozent. Eine Erklärung für den hohen Krankenstand in der Hauptstadt könnte nach Schröders Worten darin zu suchen sein, dass die Berliner Auszubildenden etwas älter sind als der Bundesdurchschnitt. Zugleich machen in Berlin beispielsweise auch mehr junge Menschen eine Ausbildung in Berufen des Hotel- und Gastronomiegewerbes oder als Köche. Diese Arbeiten seien auch bundesweit mit hohen Fehlzeiten verbunden. Im Bundesdurchschnitt beträgt der Krankenstand aller Auszubildenden mit AOK-Mitgliedschaft dem Report zufolge 4,3 Prozent. Zum Vergleich: Der Durchschnitt bezogen auf alle AOK-Versicherten beträgt 5,2 Prozent. Den höchsten Krankenstand aller AOK-Mitglieder weist demnach das Saarland auf (6,1 Prozent), den geringsten Bayern (4,5 Prozent). Auffällig sei die Diagnoseverteilung bei den Azubis in Berlin. Denn hier würden im Vergleich zum Bundesdurchschnitt fast doppelt so viele Fälle an psychischen sowie Muskel- und Skeletterkrankungen diagnostiziert. Die durchschnittliche Ausfalldauer sei bei den Berliner Azubis wiederum niedriger als im Bundesschnitt. Woran das liegt, sei noch nicht klar. Schröder: „Hier müssen wir mit der Hilfe von AU-Analysen aber auch Mitarbeiterbefragungen in den Betrieben noch herausfinden, wo der Schuh drückt.“ Für den aktuellen Fehlzeiten-Report mit dem Titel „Neue Wege für mehr Gesundheit – Qualitätsstandards für ein zielgruppenspezifisches Gesundheitsmanagement“ hat das WIdO in einer ersten bundesweit repräsentativen Erhebung 1295 Azubis befragt und deren Gesundheitsbewusstsein und -verhalten untersucht. Azubis offen für Prävention Ein Ergebnis: Betriebliche Gesundheitsförderung, die die Bedürfnisse von jungen Auszubildenden berücksichtigt, sollte möglichst früh im Erwerbsleben starten. Denn vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung haben Unternehmen zunehmend Schwierigkeiten, die vorhandenen Ausbildungsstellen zu besetzen. Gleichzeitig nutzen junge und gut ausgebildete Fachkräfte den Unternehmen nur, wenn sie gesund und leistungsfähig sind und auch bleiben. Die Befragung zeigt auch, dass die Azubis betrieblichen Gesundheitsangeboten gegenüber sehr aufgeschlossen sind. Fast drei Viertel finden betriebliche Angebote zur Gesundheitsförderung gut. Fast zwei Drittel würden speziell auf Azubis zugeschnittene betriebliche Angebote bevorzugen. ▼ ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Positive Bilanz für Wahltarife und Satzungsleistungen ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● AOK-TICKER Neun Monate nach Einführung neuer Satzungsleistungen – Früherkennung für Familien, erweitertes Hautkrebsscreening, Reiseschutzimpfungen – zieht der Verwaltungsrat der AOK Sachsen-Anhalt eine positive Bilanz. „Die neuen Leistungen werden gut angenommen. Bis 31. Juli haben rund 5 000 Versicherte diese genutzt“, heißt es. Auch die Bonusund Wahltarife der AOK Sachsen-Anhalt kommen gut an: Mehr als 52 000 Versicherte haben sich schon für einen dieser Tarife entschieden. ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Weitere Informationen zu den Leistungen der AOK Sachsen-Anhalt: www.aok.de/sachsen-anhalt ● ● © PETER ATKINS / FOTOLIA.COM Psychische Erkrankungen nehmen zu ● KRANKENSTAND Eine Serie in Kooperation von ÄrzteZeitung und AOK-Bundesverband AOK Baden-Württemberg informiert über Organspende Ab sofort werden Versicherte der AOK BadenWürttemberg wieder über das Thema Organspende aufgeklärt und bekommen gleichzeitig einen Organspendeausweis zugeschickt. „Es ist uns ein Anliegen, dass die Menschen sich aktiv für oder gegen eine Organspende entscheiden können und dies am besten auch im Organspendeausweis dokumentieren“, sagt Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg. Adressaten der Aktion sind mehr als 3,4 Millionen Versicherte, die mindestens 16 Jahre alt sind. Wer über die AOK-Kundenmagazine nicht erreicht wird, erhält die Informationen per Brief. ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● AOK Bayern einigt sich mit Zahnärzten auf Honorarplus Die AOK Bayern und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns haben sich auf eine Vergütungsvereinbarung für 2014, 2015 und 2016 geeinigt. Für 2014 wurde eine Erhöhung der Vergütung um 3,23 Prozent beschlossen. 2015 beträgt die Steigerung 2,53 Prozent. Die Erhöhung 2016 wird der vom Bundesgesundheitsministerium noch festzusetzenden Grundlohn-Veränderungsrate entsprechen. Zuschläge für zahnärztliche Besuche pflegebedürftiger Patienten werden bei Vorliegen einer Kooperationsvereinbarung mit einer Pflegeeinrichtung zusätzlich an die Zahnärzte ausgezahlt. Für Zahngesundheit gab die AOK Bayern voriges Jahr 810 Millionen Euro aus. ● ● ● ● ● ● ● Die Praxis-Serie ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Lesen Sie am 2. Oktober: Wie hat sich die Risikoprävention in Deutschlands Krankenhäusern in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? Und wie ist es um das klinische Risikomanagement (kRM) bestellt? Antworten gibt eine Studie zur Patientensicherheit. Kontakt: Haben Sie Fragen oder Anregungen an die AOK oder Themenwünsche für diese Seite? Dann schreiben Sie uns eine E-Mail an: [email protected].
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