Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Einheitlicher Bankenaufsichtsmechanismus bei der EZB (SSM) und erste Erfahrungen der deutschen Aufsicht Reinhold Vollbracht, Deutsche Bundesbank, Frankfurt am Main Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Bankenunion - Historie Interdependenz von Staaten und Banken 1.800 1.600 CDS Spreads Staaten und Banken 1.400 1.200 Portugal Bankindex 1.000 Portugal Staat Ireland Bankindex 800 Ireland Staat Italy Bankindex Italy Staat 600 Spain Bankindex Spain Staat 400 200 0 Reinhold Vollbracht Seite 2 Bankindex = gewichtetes Mittel der CDS Spreads der jeweils 3 größten Banken Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Das „Mammutprojekt“ Bankenunion Grundkonzeption/Definition Bankenunion Einheitlicher Aufsichtsmechanismus (SSM) Sanierungs- und Abwicklungsregime (SRM) - In Kraft getreten; vollumfängliche Übernahme der Aufgaben der EZB seit dem 4. November 2014 - Vollumfängliches Inkrafttreten Anfang 2016 Reinhold Vollbracht Seite 3 Gemeinsame Einlagensicherung (DGS) - Nicht prioritär, erfordert umfassende Fiskalunion Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Das Mammutprojekt „Bankenunion“ Die wichtigsten Ziele Entflechtung der negativen Rückkopplung zwischen Staaten und Banken höhere Widerstandsfähigkeit des europäischen Bankensektors Förderung der Integration der europäischen Finanzmärkte Einheitliche Aufsicht über die grenzüberschreitend tätigen Großbanken Nationale Rücksichtnahmen in der Aufsicht („home bias“) vermeiden Wettbewerbsgleichheit unter den europäischen Banken stärken Lösung des „too big too fail“-Problems durch Abwicklungsmechanismus Klare Haftungsregeln bei Bankinsolvenzen last but not least: EZB als Krisenmanager für Banken entlasten Reinhold Vollbracht Seite 4 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Die Bankenunion Einheitlicher Aufsichtsmechanismus Bankenunion Einheitlicher Aufsichtsmechanismus (SSM) Sanierungs- und Abwicklungsregime (SRM) - In Kraft getreten; vollumfängliche Übernahme der Aufgaben der EZB seit dem 4. November 2014 - Trilog-Verhandlungen im März 2014 beendet; in Kraft treten 2016 Reinhold Vollbracht Seite 5 Gemeinsame Einlagensicherung (DGS) - Nicht prioritär, erfordert umfassende Fiskalunion Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Einheitlicher Aufsichtsmechanismus Zuständigkeiten Single Supervisory Mechanism EZB Direkte Aufsicht über signifikante Banken Verantwortung für Funktionieren des gesamten SSM Nationale Aufsichtsbehörden Unterstützung bei der Aufsicht über sign. Banken Primär zuständig für Aufsicht über nicht signifikante Banken unter EZB-Oversight Indirekte Aufsicht … Signifikante Banken Reinhold Vollbracht Seite 6 … Nicht signifikante Banken Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Einheitlicher Aufsichtsmechanismus Zuständigkeiten im SSM Reinhold Vollbracht Seite 7 123 Ca. 3.500 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Single Supervisory Mechanism (SSM) Aufgaben der nationalen Aufsicht im Rahmen des SSM Nationale Aufsichtsbehörden (NCA)… • bringen nationales und regionales Spezialwissen ein • haben entsprechende Sprachkenntnisse • arbeiten an der Beaufsichtigung der bedeutenden Banken in den gemeinsamen Aufsichtsteams mit • bleiben Ansprechpartner für ca. 3.500 weniger bedeutsame Banken • treffen für diese die meisten Aufsichtsentscheidungen praktische Modalitäten für Zusammenarbeit von EZB und NCA in SSMRahmenverordnung konkretisiert Reinhold Vollbracht Seite 8 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Single Supervisory Mechanism (SSM) Organisationsstruktur in der EZB (I) Supervisory Board Chair: Danièle Nouy Vice-Chair: Sabine Lautenschläger 4 EZB-Vertreter & 19 NCA-Vertreter DG MicroPrudential Supervision I DG MicroPrudential Supervision II DG MicroPrudential Supervision III DG MicroPrudential Supervision IV Secretariat to the Supervisory Board Stefan Walter Ramón Quintana Jukka Vesala Korbinian Ibel Pedro Teixeira Indirekte Aufsicht über weniger bedeutende Institute Querschnittsund Expertenfunktionen Direkte Aufsicht über bedeutende Institute Reinhold Vollbracht Seite 9 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Single Supervisory Mechanism (SSM) Organisationsstruktur in der EZB (II) Direct Supervision Micro-prudential Supervision I Micro-prudential Supervision II Indirect Supervision Horizontal functions & specialised expertise Secretariat Micro-prudential Supervision III Micro-prudential Supervision IV Secretariat to the Supervisory Board Supervisory Oversight & NCA Relations Joint Supervisory Teams Joint Supervisory Teams 7 Divisions 8 Divisions ± 30 credit institutions ± 90 credit institutions Institutional & Sectoral Oversight Analysis & Methodological Support Authorisation Centralised onsite Inspections Crisis Management Planning & Coordination of SEP Supervisory Policies Enforcement & Sanctions Supervisory Quality Assurance Methodology & Standards Development Internal Models Decision-Making Process Decision-Making Policy COO Unit Risk Analysis • DGs-MS 1 und 2: Laufende Aufsicht über signifikante Banken über Joint Supervisory Teams (JSTs) • DG-MS 3: Indirekte Aufsicht über die nicht signifikanten Institute • DG-MS 4: Gewährleistung von Konsistenz, Identifikation von Risiken und Identifikation von bestpractices in Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsehern (expert network) Reinhold Vollbracht Seite 10 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Single Supervisory Mechanism (SSM) Rolle der JSTs Arbeitsweise • 1 JST je signifikanter Bank • Vorsitz durch JST-Koordinator aus der Genehmigung und Überprüfung von High-levelEntscheidungen EZB-Rat EZB • Durchführung der täglichen Aufsichtsarbeit, Umsetzung des jährlichen Aufsichtsprogramms und von Entschei- Signifikante Bank Supervisory Board dungen • Größe und Zusammensetzung variieren zwischen Instituten JSTs EZB-Management • Sub-Koordinatoren auf nationaler Ebene (DE: BaFin und Bundesbank) koordinieren Aufsicht für Einheiten in ihrem Land in Abstimmmung mit dem Querschnittsabteilungen JST-Koordinator • Vertiefte Integration zwischen EZB und NCAs Reinhold Vollbracht Seite 11 unterstützen JSTs JST-Koordinator (Vorsitz) Core JST Sub-Koordinatoren (unterstützen JST-Koordinator) Experten von NCAs und EZB Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Einheitlicher Aufsichtsmechanismus Entscheidungsfindung im SSM Reinhold Vollbracht Seite 12 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Einheitlicher Aufsichtsmechanismus Aufsichtshandbuch (SSM-Banken) ❙ Beschreibung der operativen Prozesse der Aufsicht im SSM Aufsichtsmodell ❙ Kernelemente Generelle Prinzipien für die Funktionsweise des SSM Prozesse für die Zusammenarbeit und Entscheidungsfindung Kooperation mit Nicht-Euro SSM-Staaten Beschreibung der Aufsicht über signifikante und nicht signifikante Institute Beschreibung von Kernaufsichtsprozessen (z.B. Erteilung von Zulassungen, bankgeschäftlichen Prüfungen, RAS) ❙ Kein Rechtstext wie Rahmenverordnung (s.u.) Reinhold Vollbracht Seite 13 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Einheitlicher Aufsichtsmechanismus Aufsichtshandbuch (nicht signifikante Banken) ❙ NCAs nehmen Aufsicht grundsätzlich eigenständig wahr (Ausnahmen) ❙ EZB hat generelle Oversight-Funktion Sicherstellung kohärenter Anwendung hochwertiger Aufsichtsstandards im gesamten SSM Regelmäßige Informationspflichten der NCA (z. B. Pflicht zur Notifizierung wichtiger Aufsichtsentscheidungen) EZB kann Verordnungen und Leitlinien erlassen, nach denen sich NCA richten müssen Recht der EZB, Aufsicht über einzelne nicht signifikante Institute zu übernehmen, wenn einheitliche Aufsichtsstandards verletzt werden Reinhold Vollbracht Seite 14 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Einheitlicher Aufsichtsmechanismus Was bedeutet indirekte Aufsicht durch EZB Zwei Elemente der indirekten Aufsicht durch die EZB: Systemaufsicht: durch Benchmarking der unterschiedlichen Aufsichtssysteme und – ansätze Defizite erkennen und analysieren; best practise Ansätze durchsetzen Instituts- und Sektoraufsicht: Priorisierung der Institute nach Risikogehalt; Bildung von „Intensitätsklassen“; mehrstufiger Aufsichtsansatz Hohe „Intensitätsklasse“: Banken mit erheblichen Auswirkungen auf das Finanzsystem im Krisenfall Identifizierung von Instituten, die gemeinsam ein Klumpenrisiko für das Finanzsystem darstellen können und im Krisenfall als Gruppe (Sektor) systemrelevant sein können => Reporting-Leitfaden für die nationalen Aufseher: regelt je nach Intensitätsstufe der Bank Meldeanforderungen etc. Reinhold Vollbracht Seite 15 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Less-significant Institutions (LSIs) Zuständigkeiten der EZB und der NCAs • Für LSIs bleibt der Großteil der aufsichtlichen Entscheidungsbefugnisse bei den nationalen Aufsichtsbehörden (NCAs – National Competent Authorities) • Ausnahmen: Erlaubnisverfahren (Antrag bei NCA einzureichen, Beschlussentwurf durch NCA), Erwerb qualifizierter Beteiligungen (NCA prüft und macht Entscheidungsvorschlag) • Die EZB übernimmt eine Überwachungs- und Koordinierungsfunktion mit der Möglichkeit, Leitlinien für die Überwachung durch die NCAs zu erlassen und LSIs im Einzelfall der direkten Aufsicht zu unterstellen. • EZB kann jederzeit von sich aus zur Sicherstellung der kohärenten Anwendung hoher Aufsichtsstandards die direkte Aufsicht auch über LSIs an sich ziehen. Art. 6 Abs. 5 SSM-Vo, z.B. falls NCA der Weisung der EZB nicht folgen sollte. Seltener Fall! Reinhold Vollbracht Seite 16 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Less-significant Institutions • Im Innenverhältnis der Aufsichtsinstanzen diverse Informationspflichten der NCAs gegenüber EZB (Art. 6 Abs. 7c SSM-Vo, Art. 96 ff. Rahmen-Vo) über wesentliche Aufsichtsverfahren über Entwürfe von wesentlichen Aufsichtsbeschlüssen o bei bedeutendem Einfluss auf das LSI o bei der Entlassung von Geschäftsleitern o Stellungnahme durch EZB möglich über drastische Verschlechterungen der Finanzlage bei LSIs jährliche Berichterstattung der NCAs hinsichtlich erlassener Maßnahmen EZB überwacht die Ausübung aufsichtlicher Maßnahmen und der wirtschaftlichen Entwicklung der LSIs durch ex-ante und ex-post Meldungen der NCAs Reinhold Vollbracht Seite 17 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Less-significant Institutions Grundelemente des Aufsichtsansatzes für LSIs • Grundprinzip im SSM ist ein homogener und einheitlicher Aufsichtsansatz (Principle 3 SSM-Guide) • Aufsichtsansatz orientiert sich am Proportionalitätsprinzip (Principle 7 SSM-Guide) • Systemische Bedeutung einer Bank („impact assessment“) • Risikoprofil („risk assessment“) • Grundelemente des „SREP“ grundsätzlich für SI und LSI gleich • Einschätzung des Risikoprofils auf Basis qualitativer und quantitativer Informationen (inkl. aufsichtlichem Expertenurteil) • Umfassende Berücksichtigung von ICAAP und ILAAP • Aufsichtliche Quantifizierung von Kapital- und Liquiditätsanforderungen SREP-Entscheidung Auch die Durchführung des SREP erfolgt unter Berücksichtigung der Proportionalität • • Sprachenregime • SSM-interne Sprache ist Englisch • Banken können grundsätzlich in ihrer Heimat-Amtssprache mit der Aufsicht kommunizieren Reinhold Vollbracht Seite 18 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 SSM-Aufsichtsansatz – SREP (Grundsätzliche Konzeption) Laufende Beaufsichtigung (qualitativ und quantitativ) Analyse Geschäftsmodell . . . Beurteilung Governance und Risikomanagement Kapitalbeurteilung (Basis u. a. ICAAP, Stresstests ) Liquiditätsbeurteilung (Basis u. a. ILAAP, Stresstests ) . . . . . . Gesamtbeurteilung SREP Aufsichtsmaßnahmen Quantitative Kapitalmaßnahmen Quantitative Liquiditätsmaßnahmen Supervisory Examination Programme Reinhold Vollbracht Seite 19 Andere Maßnahmen (qualitativ) Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Less-significant Institutions Aufsichtszyklus Riskoprofil Bewertung des Kontrollsystems Planung Bewertung der Risiken Laufende Überwachung Vor-Ort-Prüfungen Reinhold Vollbracht Seite 20 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Less-significant Institutions Zukünftige laufende Überwachung • LSI Aufsicht weiterhin dezentral in den Hauptverwaltungen der Bundesbank Vertrautheit mit den regionalen Verhältnissen • Bankgeschäftliche Prüfungen weiterhin durch Prüfer der Bundesbank Teilnahme an Prüfungen von EZB-Angehörigen möglich zum Erfahrungsaustausch • EZB hat die rechtliche Möglichkeit, Prüfungen auch bei LSIs an sich zu ziehen. • EZB erhält routinemäßig standardisierte Informationen über LSIs (z.B. jährlich) • Übergeordnete Aufsichtsstrategie der EZB • Perspektivisch stärker quantitativ ausgeprägter Aufsichtsansatz • Stärkere Vereinheitlichung der Aufsichtspraktiken auch im Bereich der LSI zu erwarten. Reinhold Vollbracht Seite 21 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Die Neue Aufsichtsarchitektur in Europa Aufgabenverteilung europäischer und nationaler Aufsichtsbehörden Mikroprudentielle Aufsicht Aufsicht Single Rule Book Makroprudentielle Aufsicht ESFS EZB European System of Financial Supervisors Signifikante Banken (120) Umsetzung des Single Rule Book Nationale Aufsicht Reinhold Vollbracht Seite 22 weniger signifikante Banken (ca. 3.500) Überwachung der Compliance durch nationale Aufsicht EBA ESRB EIOPA ESMA European Systemic Risk Board Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Single Supervisory Mechanism (SSM) Herausforderungen • Besonderheiten des deutschen Bankensystems vs. einheitliche Aufsicht im SSM • Umfangreiche Berichtspflichten und Informationsanforderungen an Banken • Sprachenregime • ….. Reinhold Vollbracht Seite 23 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Reinhold Vollbracht Seite 24 Risk-Symposium 2015 Frankfurt, der 24. September 2015 Disclaimer: Die in diesem Vortrag geäußerten Auffassungen und Einschätzungen sind die des Vortragenden und müssen nicht notwendiger Weise mit denen der Deutschen Bundesbank übereinstimmen. 25 Reinhold Vollbracht
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